Ja, da hatte sie recht. Wenn du hier einmal feststecktest, dann ließ dich die Army auch nur ungern wieder gehen. Es sei denn, du hattest lebensbedrohliche Verletzungen oder warst aus psychischer Sicht nicht mehr zu gebrauchen. Die hatten hier nämlich ungern Psychopathen, obwohl sie sich eben genau diese hier heran züchtete. Es war leider nicht selten, dass Veterane - meist erst, wenn sie wieder Zuhause waren - letztendlich vollkommen wahnsinnig wurden, weil sie nicht verarbeiten konnten, was sie die Jahre über gesehen hatten. Weil sie nicht wussten, wie sie ein Leben nach dem Krieg überhaupt noch führen sollten. Nicht zuletzt auch deshalb, weil sie der Regierung egal waren, sobald sie nicht mehr brauchbar waren. Sie bekamen die notwendigen Operationen - was danach mit ihnen passierte, war dem Land vollkommen gleich. Hoch gepriesen an der Front und danach wie Müll achtlos in die Ecke geworfen. Viele verarmten, verloren ihre Familien und landeten vollkommen hilflos auf der Straße. Diese Zahl stieg jährlich, aber genauso wie für die Gefallenen interessierte man sich letztendlich nicht dafür. Es war ja nicht deren Problem. "Wem sagst du das..." seufzte ich leise, mehr an mich selbst gewandt, während ich ihre Umarmung erwiderte, die sich dann langsam wieder lockerte. Schloss die Augen wieder für einen Moment, als Faye damit anfing, mit ihren Fingern über meine Brust zu wandern. Nebenher lauschte ich ihren Worten. Worte, die so viel Verständnis und Aufrichtigkeit zeigten, wie ich es schon so lange missen musste. Die einzigen Personen, die ich nach ein paar Wochen nach meinem damaligen Krankenhausaufenthalt noch mit meinem Trauma und allgemein den vielen Gedanken und Bildern in meinem Kopf belästigt hatte, waren die Therapeuten. Aber wann hatte ich das letzte Mal mit Jemandem, der es nicht aus beruflichen Gründen tat, über den ganzen Mist in meinem Schädel geredet? Meine Eltern und auch meine Schwester wussten zwar, was ich gesehen und erlebt hatte, aber es tat ihnen - zumindest schien es so - sogar noch mehr weh als mir, wenn sie gesagt bekamen, wie sehr sich der Sohn, Bruder mit sich selbst quälen musste. Ich wollte sie nicht mehr kaputt machen, ihnen meine Bürde nicht auch noch auferlegen, hatten sie mit mir als psychischem Pflegefall - blöd ausgedrückt - doch so oder so schon mehr als genug zu tun. Das war der Punkt, an dem ich Aryana einfach unheimlich gut verstehen konnte. Manchmal war es besser, wenn man nicht Alles erzählte. Gut, Faye zumindest einen Ansatz zu geben, warum und wie er gestorben war, wäre trotzdem angebracht, das zweifelte ich keineswegs an. Aber ein paar Details zu verschweigen oder zu verschleiern würde die junge Brünette hier bei mir vor noch Schlimmerem bewahren. Andererseits litt sie unter dem Unwissen ja auch so furchtbar... die Angelegenheit war eine verdammte Zwickmühle und je länger ich darüber nachdachte, desto schwieriger schien es zu werden, mir eine klare Meinung darüber zu bilden. "Ja, das... find' ich gut." stimmte ich Faye nach all dem Gedanken-Wirrwarr auch wörtlich zu und es bildete sich für kurze Zeit ein schwaches, aber sichtbar aufrichtiges Lächeln auf meinen Lippen. Inzwischen waren die Augen auch wieder offen und ich sah zu der zierlichen jungen Frau runter. "Ich bin mir fast sicher, dass du das jetzt wieder nicht hören willst, aber... trotzdem danke, Faye. Ich glaub' du kannst dir nicht ansatzweise vorstellen, wie lang es her ist, dass mich irgendwer mal halbwegs... normal behandelt hat. Das... tut einfach gut." sprach ich dann schlicht aus, was ich dachte, ohne den Blick wieder von ihr abzuwenden. Meine Finger strichen währenddessen unbewusst weiter durch ihren Nacken, bedeckt von den dunklen Strähnen ihres Haars.
Ich konnte es ihr nicht mal wirklich verübeln, dass ich zu den Soldaten gehörte, die nicht davon wussten. Einfach deshalb, weil ich mich selbst ja am besten kannte. Mich nach außen hin ganz gerne mal eher wie ein Arschloch aufführte und es am Respekt durchaus haderte, wenn mir gerade danach war, den Mund mal wieder etwas zu weit aufzumachen. Interessant war es aber trotzdem, wie sie mich eben einschätzte, denn die Geschichte hier verriet mir doch Einiges darüber. Dass ich Aryana wegen sowas an Irgendwen verpfeifen würde, das erschien mir selber nicht mal unbedingt weit hergeholt, ich konnte ihre Argwohn durchaus verstehen. Aber momentan stand es nicht wirklich auf meinem Plan, sie irgendwie aus dem Weg räumen zu wollen, schließlich machte sie mir - was die oberen Ämter anging - mit Abstand am wenigsten Probleme. Sie ging mir zwar mit ihrer Art manchmal ziemlich auf die Nerven und ich stellte durchaus immernoch in Frage, ob sie in ihrem Amt als Sergeant richtig war, aber solang es nur das war sollte es mir recht sein, wenn sie Briefe kritzelte und abschickte. Selbst, wenn es nur ein heißer Tropfen auf dem Stein war, der Familie aus dem eigentlichen Elend nicht heraus half, war es eine gute Sache - und gute Sachen mochte ich. Eigentlich mochte ich Alles, was die Symptome des Kriegs bei den Beteiligten auch nur ansatzweise zu lindern vermochte. "Ich weiß schon was du meinst und kanns auch nachvollziehen. Aber was Sachen wie die Briefe angeht bin ich wohl ziemlich der Letzte, der dir das irgendwo ankreidet." stellte ich auch noch einmal wörtlich fest, drehte den müde werdenden Kopf langsam wieder in ihre Richtung. "Mir ist klar, dass ich ein ziemliches Arschloch sein kann, wenn der Wind dafür grade in die richtige Richtung weht. Aber das... nein." Ich wars nicht anders gewohnt, als dass ohne Wissen über mich spekuliert wurde. Das war überall so, die Gesellschaft hatte sich einfach dahingehend entwickelt und selbst hier im Krieg war das nicht viel anders. Man baute lieber vorsorglich Anderen gegenüber ein paar Mauern auf, als Gefahr zu laufen, selbst verletzt zu werden - ganz gleich, ob es berechtigt war. Und bei mir... hach ja, ich war halt einfach eine Wundertüte. Entweder ich war der Teufel in Person oder dein bester Freund, Grauzonen dazwischen existierten nur Wenigen gegenüber. Hier war das momentan aber so ein Fall. Auf Aryanas folgende Worte hin, biss ich mir einmal kurz unbewusst auf die Unterlippe. Erst denken und dann reden, Mitch, sonst wirft sie am Ende gleich was nach dir. Es brannten mir vielerlei Wörter auf der Zunge, die ich niemals so wie in meinen Gedanken formuliert wiedergeben sollte und durfte, um mich nicht hinter Gitter zu befördern. Es war schon fast auch eine Last, so viel zu wissen - ha, ha. "Wie soll ich dir das beantworten, wenn ich nicht weiß, was du Alles für dich behältst? Ich lauf' dir ja nicht den ganzen Tag hinterher im Camp und ich bin sicher mit die letzte Adresse, an der du fröhlich drauf los plaudern wirst." meinte ich erst einmal nur, machte dann einige Sekunden lang eine Schweigepause und konnte mir anschließend ein paar weitere Worte aber nicht verkneifen. "Weißt du... ich bin schon seeehr lange hier, Aryana. Ich werd' das jetzt hier nicht wörtlich aussprechen, weil wir glaube ich beide wissen, wovon ich rede... aber ich hoffe, dass du dir wirklich im Klaren darüber bist, was du für eine Aufgabe hast und nicht.. persönliche Ziele darauf Einfluss haben lässt, welche Aktionen du wie ausführst." Jetzt hatte ich eben doch wieder Etwas gesagt, was ich mir vermutlich lieber weiter nur in Gedanken hätte sagen sollen. Aber ich war leider einfach nicht der Typ dafür, einfach den Mund zu halten, wenn ein paar bestimmte Wörtchen ganz dringend wohin mussten. Mein Blick ruhte noch immer auf ihr, wenn auch wieder etwas entspannter. Ich sah sie weder anklagend an, noch so, als würde ich sie ins Kreuzverhör nehmen wollen. Streng genommen erwartete ich nicht einmal eine Antwort auf meine Worte, ihre Gesichtszüge verrieten mir in der Regel ja auch genug. Im Grunde gab es vermutlich auch nur zwei Möglichkeiten, was mich jetzt erwartete: Entweder pures Entsetzen oder ein sehr betretenes Schweigen.
Erleichterung drückte nicht mal ansatzweise das aus, was Faye fühlte, als Victor sich einverstanden zeigte, ab und zu mit ihr über alles zu reden. Über all das, was keiner wirklich aussprechen wollte. Was keiner verstand ausser denen, die diese Hölle miterlebten. Die den Weg noch nicht gefunden hatten, ihre Seelen so sehr von dem Geschehen abzuschirmen, dass es nicht mehr wehtat. Dass es keine Alpträume mehr hervorrief und keine Tränen mehr auslöste. So wie Victor. So wie Faye. Sie blickte zu ihm auf, sah sein Lächeln, dass sie schwach aber voller Dankbarkeit erwiderte. Noch immer waren ihre Wangen tränenüberströmt, aber langsam, sehr langsam, beruhigte sie sich und die Dämme schlossen sich wieder. Er war so lieb. Sie wusste nicht warum, aber er gab ihr das Gefühl, nicht vollkommen fehl am Platz zu sein. Während andere sie wohl nur schulterzuckend angeschaut und gefragt hätten, was sie sich denn gedacht hatte, was hier passieren würde, schien er mitzufühlen, warum es ihr so ging. Er verstand, warum sie hergekommen war und jetzt trotzdem heulend in seinen Armen lag. Sie wandte den Blick wieder ab, als er sich vollkommen überflüssigerweise noch bei ihr bedankte für… ja, sie wusste nicht wirklich für was. Dafür, dass sie ihn behandelte wie einen normalen Menschen? Weil sie spätestens nach heute wusste, was dieser Ort mit einer Person machen konnte? Sie streckte die Hand aus, die auf seiner Brust gelegen hatte, legte ihre Finger an seine Schläfe und betrachtete eingehend sein Gesicht. „Du musst dich nicht bedanken…“, murmelte sie, auch wenn er das sicher schon wusste, seinen Worten nach zu urteilen. „Es ist beruhigend zu wissen, dass ich nicht alleine bin. Ich sollte mich viel eher bei dir bedanken… Auch wenn du das genauso wenig hören willst“, ihre Fingerspitzen strichen über seine Wange hinab, glitten über die Haut, berührten sie dabei aber trotzdem kaum. Sie wusste selber nicht, woher ihr plötzliches Bedürfnis, ihn zu berühren, kam. Aber Zärtlichkeit und Nähe heilten viele Wunden, machten Einiges leichter. Es half ihr, die Einsamkeit zu verdrängen und sie fühlte sich weniger alleine, während sie an ihn gelehnt auf ihrem Bett sass. Sie wollte gar nicht mehr als diese Nähe. Aber so wie es jetzt war, trockneten endlich ihre Tränen und der Takt, in dem ihr Herz gegen ihre Rippen hämmerte, schien sich allmählich zu regulieren. Morgen würde der Wahnsinn weiter gehen. Aber jetzt, in diesem kleinen Moment, auf diesem unpersönlichen Feldbett, in diesem Camp mitten in der Hölle - hier, in Victors Armen, schien die Welt langsam wieder in ihre Fugen zurück zu fallen. Und das hatte sie ihm zu verdanken, auch wenn er das nicht glauben wollte.
Es war ihr nicht einmal darum gegangen, dass sie glaubte, er wollte sie verpfeifen. Sie hielt den Ball, was ihre nicht ganz legalen Aktivitäten anging, grundsätzlich einfach lieber ein Bisschen flach. Und bisher hatte sie nie mit Mitch über irgendwelche Verstorbenen sinniert, weshalb er nun mal nicht die Adresse war, an die sie sich zuerst gewandt hätte, wenn sie noch irgendwelche „Beiträge“ gesucht hätte. „Das hat nichts mit dir persönlich zu tun. Es ist mir einfach lieber, wenn nicht jeder es weiss und darum frage ich meistens erstmal die, die dem Anschein nach einen besonderen Draht zu den Verstorbenen hatten…“, stellte sie klar. Jetzt wusste er es ja doch… Wenn sie ihm so unglaublich misstrauen würde, dann hätte sie es ihm auch jetzt nicht gesagt. Sie hatte schon ein kleines Bisschen weniger entspannt an der Brüstung gestanden, als er ihre nicht vorhandene Offenheit angesprochen hatte. Sie spielte mit dem Gedanken, ihm irgendwas zu erzählen, wobei sie aber auch nicht wirklich wusste, was sie Mitch denn wirklich wissen lassen wollte. Aber dann zerschmetterte er die Ruhe endgültig mit einer verdammten Bombe. Aryana verschlug es schlicht die Sprache, als er eine Sache zum Thema zog, von der sie sich so sicher gewesen war, dass er sie nicht mal wusste. Ein leises, fassungsloses Keuchen kam über ihre Lippen, ihre Hände ballten sich zu Fäusten, öffneten sich wieder und zogen sich erneut zusammen, und es kostete ihr alle Willenskraft, die sie aufbieten konnte, um ihm nicht hier und jetzt eine zu scheuern für diese derart ungerechtfertigte Aussage. „Ist das... dein... dein gottverdammter Ernst, Mitch?! Soll das der Grund sein, weshalb du meine Führungsqualitäten anzweifelst?! Wegen... wegen...“, sie war vollkommen von der Rolle, konnte seine Vermutung schlicht nicht aussprechen. Aryana schüttelte fassungslos den Kopf. Persönliche Ziele..! Er glaubte echt, sie würde hier irgendwas riskieren auf Grund ihrer persönlichen Zielen..!! Was zur Hölle machte sie falsch, dass er einen solchen Verdacht überhaupt zulassen konnte?! Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals, während sie mühsam gegen den Ausbruch all der Emotionen ankämpfte, die sie seit dem Tod ihres Bruders nicht mehr im Griff hatte. Niemand sprach dieses Thema jemals ihr gegenüber an. Sie war wirklich davon ausgegangen, dass das ein Geheimnis war. Aber wenn Mitch es wusste, wussten es dann alle?! Es änderte theoretisch nichts, aber es fühlte sich für die Brünette an, als würde man einen Teil von ihr, einen sehr gut gehüteten Teil von ihr, eines ihrer tiefstreichenden Geheimnisse, einfach so dem ganzen Camp auftischen. Noch immer öffneten und schlossen sich ihre Fäuste im Versuch, einen klaren Gedanken zu fassen. Aber es wollte Aryana kaum gelingen. Er hatte gut gezielt und das Messer tief gestochen. Dieser Mann glaubte, sie würde ihre Männer riskieren für etwas so simples wie Rache, obwohl das der Wahrheit ungefähr am wenigsten entsprach. Aryana blickte kein einziges Mal in seine Richtung, starrte in die Leere und krallte ihre Fingernägel in die Handflächen, presste ihre bebenden Lippen zusammen. „Du glaubst, ich würde hier dem Pfad der selbstgerechten Rache folgen… Wie… wie kann dir nicht auffallen, wie falsch das klingt?! Denkst du wirklich, ich würde für Rache die Leben all dieser Soldaten riskieren?? Damit… damit noch so viel mehr… Merkst du es denn nicht??“, sie konnte es nicht aussprechen, sie konnte nicht dran denken. Und trotzdem geisterte er in ihrem Kopf rum wie ein nicht zu verscheuchendes Gespenst, eine gejagte Seele, die keine Ruhe finden konnte. Und er fragte sie, was sie getan hatte. Warum Mitch wohl mit solchen Vermutungen erschien. Wie es nicht auffallen konnte, dass sie ihre Leute nicht sterben sehen konnte - wie sehr es sie jedes Mal zerriss. Ob sie sich wirklich bemühte. Ob sie wirklich alles gab… Und Aryana wusste es weniger als je zuvor.
This is your life, it's do or die, the sun may never rise again, so be the light the vision. This is your life, it's slipping by, you try to run but fall again, you get back up that's living.
Richtig, ich musste nicht. Es war nicht notwendig, sich für so Etwas eigentlich Banales zu bedanken, aber ich hatte es trotzdem getan und wenn Faye Pech hatte, dann musste sie sich das auch noch viel öfter anhören in Zukunft. Da kam sie dann nicht drum herum, wenn sie mir nicht auf welche Art auch immer den Mund verbot. Sei es nun durch eine ihrer beiden Hände oder eines der viel zu dünnen Kissen, mit denen wir uns hier zufrieden geben mussten, weil die Army auf Komfort bekanntlich nicht allzu viel Wert legte. Leider. Besserer Schlaf könnte durchaus auch zu ausgeruhteren Soldaten führen, die dadurch bessere Leistungen brachten. Aber ich vergaß - das hier war eher wie täglicher Drill im Knast als wie ein kleiner Urlaub auf dem Land mitten im Nirgendwo. Man wollte ja nur ungern den Anschein erwecken, dass hier Irgendwas mal angenehm und bequem sein konnte. Außer das hier gerade. Faye ließ mich durch ihre Anwesenheit zumindest ein kleines bisschen von dem vergessen, das in mir tägliche Unruhe und Schmerz auslöste. Selbst, wenn es nur für die ein, zwei Stunden war, die wir für gewöhnlich teilten, bevor der jeweils Andere in sein Zelt zurück musste. Ein kurzer Seitenblick auf den kleinen, sehr simpel gestalteten Wecker auf dem kahlen Metallgestell von Nachttisch - nicht, als wäre der nötig, so laut wie das Horn morgens erklang, um uns aus den Betten zu schmeißen - verriet mir unmissverständlich, dass ich mich auch eigentlich bald mal auf den Rückweg machen sollte. Aber ich wollte nicht. Kein Stück. Nada. Veto. Nein. "Wir müssen uns also beide nicht bedanken, machen es aber trotzdem. Gut." stellte ich doch etwas belustigt mit einem Lächeln fest, dass wir wohl beide einfach zu gut erzogen worden waren und Dankbarkeit offen zeigten, im Gegensatz zu so vielen Anderen. Zugegeben hatte mich schon die Berührung an der Schläfe kurzzeitig irritiert. Sie kam zwar nicht aus dem Nichts, wo wir hier doch jetzt schon eine ganze Weile quasi kuschelnd herumsaßen und uns unterhielten, aber irgendwie.. keine Ahnung, es war trotzdem sehr komisch für mich und ich wusste auch ehrlich nicht recht, was ich davon halten sollte, als ihre Finger den Weg nach weiter unten zu meiner Wange suchten. Es war nicht so, dass ich es als unangenehm empfand, eher ganz im Gegenteil - ich hatte derartige Nähe einfach schon viel zu lange missen müssen. Es war nur dieser miese, fiese, kleine Hintergedanke da, der mir das Ganze madig reden musste. Bild' dir da jetzt bloß Nichts drauf ein, ja? Du wolltest nur mit ihr befreundet sein, schon vergessen? Sieht das nach blanker Freundschaft für dich aus, hm? Herrgott, ich fing schon wieder an gedanklich Selbstgespräche zu führen. Noch so eine Sache, die ich mir gekonnt in den letzten beiden Jahren selbst beigebracht hatte, nur damit mein zwanghafter innerer Monolog noch unangenehmer wurde. Ich mahlte unterbewusst etwas mit dem Kiefer, ließ den Blick nach unten sinken, wo er sowohl über den Stoff von Fayes Klamotten, als auch über den meiner eigenen wanderte. Hauptsache jetzt nicht direkt ansehen, weil ich nur allzu anfällig für dumme, naive Aktionen in solchen Situationen war. Das war wohl auch der Grund dafür, weshalb die Hand an ihrem Rücken ein kleines Stück weit unter ihrem Shirt verschwand, auf dessen Stoff sie zuvor noch geruht hatte. Nicht, dass ich meine Finger sonst wo hinwandern ließ, aber sie waren doch ziemlich eindeutig nicht mehr auf dem Stoff, sondern auf der Haut darunter und streichelte sie ein wenig. "Wo wir schon bei Ehrlichkeit sind - ich hab echt nur wenig bis absolut gar keine Lust, zu gehen." seufzte ich leise, warf noch einen Seitenblick auf die Zahlen der digitalen Anzeige des Funkweckers, während ich die zierliche junge Frau eng bei mir hielt. Wäre ich vernünftig, hätte ich vermutlich eher gesagt, dass ich mich demnächst auf den Weg machen musste und würde. War ich vernünftig? Nein, dank der X Emotionen des heutigen Tages wohl nicht. Vielleicht tat mir Faye aber auch einfach gleich den Gefallen - es würde zwar viel, mir gefallen aber ganz bestimmt nicht - mir zu sagen, dass ich streng genommen eigentlich keine andere Wahl hatte als zu gehen, das vorgeschrieben war, bla, bla, bla...
Ah, oder doch irgendwie beides - erst Schweigen, dann der wirbelnde Tornado. Ehrlich gesagt rechnete ich fast mit einem Fausthieb, so aktiv wie sich ihre Hände da gerade am räkeln waren. Es kam aber Nichts und wäre es doch so gewesen, wäre ich darauf vorbereitet gewesen. Ich hatte gute Reflexe und längere Arme als die junge Frau hier vor mir. Das garantierte mir zwar keine hundertprozentige Sicherheit über den Ausgang einer theoretischen Ohrfeige, aber die Chancen auf eine erfolgreiche Abwehr waren nicht zu gering. Mein Blick lag für eine kurze Zeit nur auf ihren Händen, wie sie diese immer wieder verkrampft anspannte und dann wieder auflockerte, bevor sie wieder nach oben zu dem wutentbrannten, entsetzten Gesicht schweiften. Ich konnte diese Reaktion verstehen, immerhin hatte ich ihr da gerade eine Sache unterboten, auf die eine sehr allergische Antwort quasi vorprogrammiert war. Wäre es mein toter Bruder, hätte ich auch von 0 auf 1800 hochgefahren. Tja, ich hatte nie einen Bruder gehabt, weder einen lebendigen, noch einen toten - Punkt für mich, haha. Ich blieb ruhig. Immerhin wurde meinerseits hier gerade kein Nerv oder wunder Punkt getroffen, also ließ ich sie einfach ihre fünf wilden Minuten haben, während ich weiter an die Brüstung gelehnt dastand und mich herzlich wenig von ihrem aufbrausenden Tonfall beeinflussen ließ. Es war bei Weitem nicht das erste Mal, dass mich irgendwer anschrie, die Liste war was das anging vermutlich ziemlich endlos. Das hatte schon damals in meiner Kindheit angefangen und irgendwie, irgendwann lernte man, das nicht zu sehr an sich rankommen zu lassen. Wobei es wohl wirklich sehr auf die Situation ankam, ob ich mich mitreißen ließ, oder die Ruhe bewahren konnte. Es war ja bekannt, dass ich ziemlich schnell zur tickenden Zeitbombe werden konnte - gerade aber nicht, erst einmal zumindest. Kam darauf an, was sie mir im Folgenden vielleicht noch an den Kopf werfen würde oder eben auch nicht. Mal sehen. "Ich unterstelle dir gar Nichts, Aryana." erwiderte ich nach wie vor recht ruhig, aber mit leicht kratziger Stimme - die blöde Raucherei. Ich räusperte mich leicht, bevor ich fortfuhr, den wie fast immer eher kühlen Blick weiter in ihre Richtung gewandt. "Ich habe lediglich gesagt, dass ich hoffe, dass es nicht so ist. Es ist leicht im Krieg ein wenig den Verstand zu verlieren, das wird dir wohl kaum fremd sein. Immerhin zeigst du mir hier gerade mehr als deutlich, dass das immernoch ein verdammt wunder Punkt bei dir ist - nicht, dass das nicht normal wäre, sowas verarbeitet man nicht mal eben einfach so." faselte ich weiter, machte eine meine Worte unterstützende Handbewegung. "Gefühle verschleiern Jedem mal die Sicht - solange deine klar bleibt, will ich mich gar nicht beschweren... ich hab einfach auch schon zu Viele hier sterben sehen... und für Andere mag das vielleicht ein Grund sein, ja. Solange du keinen Mist baust, der da seine Ursache haben könnte, ist die Welt für mich aber mehr oder weniger in Ordnung." schloss ich schulterzuckend ab, bevor ich wieder in die Ferne sah. Naja, so in Ordnung wie die Welt in einem verbitterten Krieg halt sein konnte. Es gab Gründe, warum ich ihre Führungsqualitäten anzweifelte, ja. Mehrere sogar. Dieser hier war aber eigentlich mehr nur ein unliebsamer Hintergedanke meinerseits, denn bisher hatte sie ja Nichts in dieser Richtung passieren lassen oder zumindest war mir Nichts aufgefallen. Es war eben die gute, alte Skepsis, die mich diesbezüglich keinesfalls ruhig schlafen lassen wollte, obwohl sie bis dato keinen Grund dazu hatte. Dieses antrainierte Misstrauen hatte halt auch seine Kehrseiten, vor Allem aber gezwungenermaßen für meine Mitmenschen.
Ein kleines Lächeln spiegelte sich bei seinen Worten auf ihrem Gesicht. Dann war das ja geklärt und sie würden sich einfach weiterhin jedes Mal bedanken, wenn sie sich gegenseitig Grund dazu gaben. Und das dürfte oft genug vorkommen, denn wie gerade mal wieder so überdeutlich klar wurde, brauchten sie einander noch mehr, als ihnen das bisher bewusst gewesen war. Sie brauchten sich, um nicht verrückt zu werden, um sich immer wieder die verdrehte Wahrheit in Gedanken zurecht zu rücken, um zu merken, dass ihre Gefühle in Ordnung waren und sie diese Trauer, so grausam sie sich auch anfühlte, zulassen konnten. Faye würde nie so stark sein wie ihre Schwester, nie so verbissen, so fokussiert. Aber das musste sie auch nicht. Sie durfte sich selbst bleiben und ihre Emotionen fühlen und diesen Ort hassen. Nicht immer, aber immer dann, wenn sie alleine mit Victor in einem Zelt sass und die Realität um sie für einige Momente stumm verblasste. Sie merkte, dass seine Reaktion auf ihre Hand eher zurückhaltend ausfiel. Aber sie hatte sowieso nichts weiter vorgehabt, weshalb ihre Finger einfach nur still liegen blieben, während sie ihn anschaute und er ihren Blick mied. Vielleicht entlockte er ihr damit sogar nochmal ein klitzekleines Lächeln, wer weiss. Nicht, weil sie es so lustig fand. Aber halt ein Bisschen süss. Ihr entging auch nicht, dass seine Hand irgendwann beiläufig unter ihr Shirt gerutscht war. Eigentlich war da gar nichts dabei, da er ihren Rücken schon unzählige Male berührt hatte, bei einer der vielen Massagen der letzten beiden Wochen. Aber es war letztendlich der ausschlaggebende Grund, der sie dazu veranlasste, ihre Hand nicht von seiner Wange zu nehmen, sondern viel eher weiterhin sanft über seine weiche Haut zu streichen. Bis er was sagte, womit sie soweit absolut einverstanden war. Und trotzdem legte sie ihm mit einem leisen „Schsch“, den Zeigefinger auf den Mund. „Du kannst jetzt sowieso nicht gehen… bleib… bleib einfach bei mir, Einsamkeit hat gute Träume selten gefördert“, murmelte sie, wobei ihre andere Hand, die noch immer um seinen Oberkörper lag, ihn automatisch nochmal näher zu sich zog. Wer würde das schon merken..? Wer würde schon was sagen… Wegen einmal…
Sie konnte ihm gar nicht wirklich zuhören. Seine Worte waren dämlich. Wenn er das Gefühl hatte, ihr sagen zu müssen, dass er hoffte, sie würde keinen Mist bauen, dann schrie das ja nur so nach absolutem Misstrauen! Dann zeigte das doch schon so deutlich, dass er ihr alles zutraute, weil sie offenbar nicht den Anschein machte, klug genug zu sein, sowas niemals zu tun! Er hatte zu viele hier sterben sehen. Nein wirklich. „Mitch, das ist absoluter Bullshit“, zischte sie in die immer dunkler wirkende Nachtluft hinaus. „Glaub mir, ich…. ich habe selber genügend... Brüder und Schwestern sterben sehen… So viele… Wenn ich ein Ziel aus diesem… diesem… Vorkommnis gezogen habe… dann ist es nicht Rache. Eher das Gegenteil“, offenbarte sie die Wahrheit, mit der er anfangen konnte, was er wollte. „Rache ist was Persönliches… Ich werde nie, nie auch nur einen von euch in diese Sache reinziehen… Nie.“, ja, das war ein Versprechen und der Ton ihrer Stimme verriet das wohl sehr deutlich. Weshalb sie auch eine längere Pause brauchte, um sich weitere Worte zurecht zu legen. Sich zu überlegen, was sie dem Dunkelhaarigen erzählen konnte. Was ihn nicht zu ihrem mächtigsten Feind machte und ihm doch die Sicherheit gab, dass sie keine Dummheiten plante. Am liebsten würde sie gar nichts mehr sagen. Aber diese Option würde sie nur wieder zu der verschlossenen Aryana machen, die ihre Geheimnisse nicht teilte, ihre Pläne, ihre Visionen. Aber um ihre Geheimnisse brauchte sie sich gerade eh nicht zu sorgen. Wer weiss, wie viele davon schon so bekannt waren wie dieses hier? "Mein einziges Ziel… alles, was am Ende eines Tages für mich zählt… sind die Soldaten… Sind all diejenigen, die einen weiteren Tag näher an ihre Heimkehr gekommen sind… Einen weiteren Tag näher an ihre Sicherheit… Ich will keine… keine Brüder mehr beerdigen. Aber es ist so schwierig“, ihre Stimme zitterte und sie hasste sich dafür. Für diese Schwäche. Diese Emotionen. Diese so eindeutigen Zeichen, dass ihre Familie ein absolutes Tabuthema war. Dabei wusste Mitch nicht mal, warum Juli gestorben war. Er verstand nicht mal die Hälfte ihrer Wahrheit. Und sie würde es ihm nicht erklären. Sie erklärte es keinem, weil es zu sehr wehtat, es auszusprechen. Weil es niemanden was anging ausser denen, die es miterlebt hatten. An deren Händen das Blut klebte, das ihr bis ans Ende ihres Lebens fehlen würde. Als würde die Wunde jeden Tag frisch aufreissen, wenn sie an ihn dachte. Also immer… Aryana war einen Schritt zur Seite getreten, weiter in Richtung der Ecke des Turms. Sie öffnete und schloss ihre Fäuste weiterhin. Ihre Brust hob und senkte sich noch immer viel zu schnell. Und die Bilder erdrückten sie. Und sie hasste Mitch dafür, dass er dieses Thema so rücksichtslos angerissen hatte. Er wollte, dass sie schwach war... Warum?? "Woher... woher weisst du das?? Und wer sonst erzählt Märchen dazu?", fragte sie mühsam, leise. Es spielte keine Rolle. Aber sie musste es wissen. Keiner sollte sie je wieder so überraschen wie er.
This is your life, it's do or die, the sun may never rise again, so be the light the vision. This is your life, it's slipping by, you try to run but fall again, you get back up that's living.
[Ja, Faye... wegen einmal. Es bleibt ganz bestimmt bei dem einen Mal, ich bin mir siiiiiiiiiiiiiicher XD]
Also kein Rauswurf. Kein 'du solltest aber besser los' oder 'es gibt da leider so eine Regel'[/i]. Gar Nichts, nicht mal der kleinste Wink in eben diese Richtung. Stattdessen sagte Faye mir, dass ich gar nicht gehen konnte. Erst noch die sachte Streicheleinheit an der Wange, an die die mich doch langsam zu gewöhnen begann, dann der fast schon tadelnde Finger an den Lippen. Ja, was kam ich überhaupt auf den Gedanken heute noch zu gehen? Gehört ja verboten sowas - oder so. Dank des meine Aufmerksamkeit erregenden Zeigefingers an meinen Lippen sah ich die junge Frau inzwischen wieder an, stahl sich doch für einen kurzen Moment ein leichtes Grinsen in meine Gesichtszüge. "Ihr Wunsch sei mir Befehl, werte Königin." erwiderte ich spaßeshalber ziemlich hochtrabend, kurz bevor ich leicht den Kopf schüttelte. Aber sie hatte eben ganz einfach Recht. Ich wusste, dass ich in meinem eigenen Bett wohl kaum ein Auge zu bekommen würde, weil die Einsamkeit die unliebsamen Gedanken gern in Windeseile wieder zurückbrachte. Es würde auch heute nicht anders sein und ich hegte starke Zweifel daran, dass Faye gut schlafen würde, wenn ich jetzt ging. Zwar konnte ich nicht in ihren Kopf sehen, aber sie war noch immer sehr aufgewühlt, die Gedanken an den heutigen Tag noch viel zu frisch, zu präsent, um eine wirklich erholsame Nacht prophezeien zu können. Ich legte meinen Arm im Gegenzug auch wieder enger um ihren Körper, wobei das Shirt unweigerlich ein Stück weiter hoch rutschte, während die Hand in ihrem Nacken für einen Moment etwas nach vorne wanderte und die Kontur ihres Kiefers nachzeichnete, als meine Lippen noch ein leichtes Lächeln zierte. Dann ließ ich die Hand aber sinken und wendete den Blick noch einmal ab, um die Augen über das Bett rechts und links neben uns schweifen zu lassen. Mir fiel tatsächlich jetzt erst wirklich auf, dass das zu zweit aber ziemlich eng werden würde. Logischerweise war das Bett hier nicht dafür konzipiert zwei Leute darin bequem nächtigen lassen zu können und ich allein brauchte mit den breiten Schulter und einer Körpergröße von schon fast zwei Metern halt eigentlich fast die ganze Fläche für mich allein. Noch dazu gab es nur eine Decke und ich war Meister darin, Bettdecken im Laufe der Nacht nur noch für mich beanspruchen zu wollen. "Das wird aber ziemlich eng... also wenn du mich nicht auf den Boden verbannen willst, müssen wir stapeln." witzelte ich, bevor ich mit leicht schief gelegtem Kopf wieder in Fayes Augen blickte. "Außerdem bin ich 'ne wandelnde Heizung." Ich schlief nicht umsonst meistens lediglich in Boxershorts, ich schwitzte sonst ganz einfach. Selbst hier, wo es nachts auch ungemütlich werden konnte, wenn die Temperaturen im Vergleich zum Tag gefühlt auf arktische Temperaturen sinken konnten. Natürlich trug die gut isolierende Decke da ihren Teil zu bei und auch die Betten an sich ließen nur sehr wenig Wärme entweichen. Es musste schon wirklich sehr kalt werden, bis ich mir im Bett freiwillig mehr anzog. Oder Faye würde eben diesen Anspruch stellen. Ich käme dem zwar natürlich nach, weil mir schwitzen immernoch lieber wäre, als in mein eigenes Bett zurück zu müssen... aber angenehm wär's nicht.
Der willentlich von mir ausgelöste Sturm tobte noch eine Weile weiter vor sich hin und ich ließ ihn einfach vorüberziehen. Viel dagegen machen konnte ich vermutlich eh nicht - klar könnte ich irgendwie versuchen, Aryana gut zuzureden, aber ich glaubte um ehrlich zu sein einfach nicht, dass das Wirkung zeigen würde. Dafür war sie gerade viel zu sehr in ihrer Verletzlichkeit gefangen, war vermutlich auch gar nicht wirklich fähig, Etwas wie beruhigende Worte anzunehmen. Der Schmerz saß wohl nach wie vor einfach zu tief und ich verübelte es ihr nicht, dass sie so - gelinde gesagt - gereizt darauf reagierte, dass ich es zur Sprache gebracht hatte. Stürme bekämpfte man nicht, man ließ sie vorüberziehen. Gerade wohl die angenehmste Taktik für mich, wenn ich sie nicht noch wütender machen wollte. Deswegen hörte ich ihr, wenn auch mit abgewendetem Blick, weiterhin zu und es klang schon so, als würde sie das Alles auch ernst meinen, als wäre es die Wahrheit. Als würde sie quasi Alles darauf schwören, dass meine unterschwellig eingeschobene Vermutung absolut nicht der Realität entsprach und sie ihr Bestes versuchen würde, um das auch weiterhin so beizubehalten. Zu versuchen, so Viele wie möglich hier heil nach Hause entlassen zu können. Dafür zu Sorgen, dass der ganze Scheiß hier irgendwann ein Ende finden würde, ohne zig weitere amerikanische Trupps dem Untergang zu weihen. Wenn es nur so einfach wäre - denn das war es nicht, wie der Brünetten hier wohl auch schmerzlich bewusst war. "Aryana... beruhig' dich. Einatmen, wieder ausatmen. Wenn du das sagst, dann glaub' ich dir das auch." erwiderte ich weiterhin besonnen und zuckte mit den Schultern, drehte meinen Kopf dann langsam wieder in ihre Richtung und musterte sie kurz. Natürlich war das gar nicht so einfach, wie ich das eben hingestellt hatte. Sie konnte mein Misstrauen ihr gegenüber nicht mit einem Fingerschnippen oder ein paar simplen Worten auslöschen, so funktionierte das bei mir nicht. Ich brauchte darauf folgende Taten, darauf folgende Ergebnisse, und so weiter - eben ein Realist mit Hang zum Pessimismus, wenn er es für nötig hielt, der eines Besseren belehrt werden musste, damit er zu glauben begann. "Spekulieren kann ich viel, wenn der Tag lang ist, aber bringen tut mir das Nichts. Deswegen war es ganz einfach gut zu hören, dass dein Standpunkt was das angeht klar ist. Mehr wollte ich gar nicht." redete ich weiter, räusperte mich dann noch einmal leicht. Die Luft wurde langsam kühl und meine Stimme dann oft dünner. Keine Ahnung woran das lag, ob mein Rachen damit einfach nicht klar kam, weil er den heißen Rauch der Zigaretten gewohnt war oder so. Aber es war so. Als Aryana dann mehr oder minder von mir wollte, dass ich ihr Namen lieferte, stieß ich doch einen etwas belustigten Laut aus. Ein leichtes Schauben, das allein wohl schon ziemlich deutlich machte, dass ich ihr keine Namen nennen würde. "Ich bin damals kurz nachdem das passiert ist hier aufgekreuzt. Du hast überwiegend immer ziemlich scheiße ausgesehen, ich hab mich ganz einfach nur gefragt weshalb und es hat nicht besonders lang gedauert, bis ich jemanden gefunden habe, der mir zumindest grob sagen konnte, woran das lag." schilderte ich den Hergang diesbezüglich, kurz bevor ich die Arme vor der Brust verschränkte und das Kinn etwas anhob. "Aber wenn du jetzt ehrlich von mir willst, dass ich irgendwelche Namen in den Dreck ziehe, muss ich dich enttäuschen. Ich kann dir sagen, dass es fast nur unterbelichtete Vollpfosten sind, die nicht der Rede wert sind... mehr aber auch nicht. Es ist nicht so, dass sich jeden Tag irgendwer das Maul darüber zerreißt, falls du das denkst." meinte ich langsam, der Tonfall jetzt wieder etwas nüchterner, trockener. "Und der Kerl, der es mir erzählt hat, ist inzwischen auch tot. Von dem brauchst du also Nichts mehr zu befürchten." Es war bitterer Sarkasmus, der meine erstmal letzten Worte durchtränkte. Es unterstrich mir nur ein weiteres Mal, dass jeder mit dem du dich mal eben so ein bisschen unterhieltst, am nächsten Tag genauso gut schon tot sein konnte. Jeder hier war vergänglich, wie im Handumdrehen einfach ausgelöscht.
So gefiel ihr das schon besser. Er würde also nicht den Heimweg antreten, sondern die ganze Nacht direkt hier bei ihr liegen bleiben. Doch, das war ein mehr als beruhigender Gedanke, weshalb sofort ein zufriedenes Gewinnerlächeln ihre Gesichtszüge erfüllte. „Das ist alles, was ich hören wollte“, meinte sie leise, blickte ihn erleichtert an, während seine Hand, die sanft ihr Kinn runter strich, ein vielleicht etwas irritierendes Kribbeln hinterliess. Nicht unangenehm… Aber eben so, dass sie seine Berührung das erste Mal auf eine etwas andere Weise wahrnahm, als es vielleicht richtig oder gut wäre. Erst als er das Platzproblem, welchem sie gleich unweigerlich gegenüberstanden, ansprach, konnte sie den Blick, der etwas zu konzentriert sein Gesicht abgetastet hatte, losreissen, um stattdessen ebenfalls die Schlafsituation zu begutachten. „Was?? Nein, natürlich schläfst du nicht im gleichen Bett, was glaubst du denn?!“, gab sie gespielt entsetzt von sich, schüttelte verständnislos den Kopf. Allerdings spielte sie das Spielchen nur ganz kurz, lächelte ihn dann schon wieder so eindeutig amüsiert an, dass ihre verheulten roten Augen in einem wahrlich absurden Kontrast zum Rest ihres Gesichtsausdruckes standen. „Spass, das passt schon. Ich kann mich ganz gut klein machen“, beruhigte Faye den jungen Mann umgehend, schloss ihn erneut in eine enge Umarmung, kuschelte sich an seine Brust, als möchte sie ihm beweisen, wie klein sie doch war. „Und Heizungen sind gut. Die Nächte hier sind kalt“, nuschelte sie in Victors Shirt, hatte ihr Gesicht so vergraben, dass er sie wohl kaum mehr verstand. Er würde hier bleiben. Zumindest für diese eine Nacht wäre sie nicht allein. Zumindest für diese eine Nacht spürte sie die Wärme und Nähe eines Menschen, die sie davor bewahrten, verrückt zu werden und sich mit ihren eigenen Fantasien und Gedanken in den Wahnsinn zu treiben. Das war mehr, als sie sich noch vor einer Stunde hätte erhoffen können.
Einatmen, wieder ausatmen. Was zur Hölle..? Das sagte wohl auch ihr ziemlich irritierter Blick, der auf diesen Ratschlag in seine Richtung flog. Ja, Mitch, sogar sie wusste tatsächlich, wie Lungen funktionierten. Sie atmete im Übrigen auch. Zwar schnell, aber doch noch vollkommen im grünen Bereich. Sie lauschte seinen Worten, während ihre Augen sich wieder am Horizont verfingen. Zwischen all den Sternen, die die unendliche Zahl der Verstorbenen widerspiegelten. Im Grunde genommen brachte es ihr nichts, zu wissen, dass er ihr glaubte. Seine Meinung war nicht das, was sie belastete. Er konnte sie hassen, er konnte sie als unfähig abstempeln, das war ihr alles egal. Was sie wirklich getroffen hatte, war die simple Tatsache, dass er solche Vermutungen überhaupt erst anstellte. Das ihre Handlungen, ihr Wesen, ihre täglichen Entscheidungen solche Anschuldigungen zuliessen. Sie hatte gedacht, sie würde alles tun, was in ihrer Macht stand, um sie alle zu retten. Aber wenn das wirklich so wäre, dann würde Mitch das doch sehen und nicht erst von ihr hören müssen? War es möglich, dass sie irgendeinen Teil von sich selbst verloren hatte? Dass sie einen Teil ihres Denkens nicht mehr steuern konnte und dieser Teil nach Rache schrie? Nein. Sie wollte Rache, das stimmte schon. Aber nicht so, wie er glaubte. Nicht an den Menschen, die er als logisch betrachten mochte. Sie wollte Rache an jemand ganz anderem, aber diese Wahrheit würde sie ihm nicht auch noch auftischen. Er erklärte ihr den Grund für sein Wissen ziemlich einfach. Es lag schlicht daran, dass er länger hier war als die meisten anderen. Darauf hätte sie selber kommen können…. Aber sie erinnerte sich schlecht an die Zeit nach dem Fall. All das war in einer einzigen, tödlichen Migräne verpackt, die sie sich nicht antun konnte, weshalb sie auch nicht darüber nachdenken würde. Dass die anderen, die es wussten, nicht die hellsten Kerzen auf der Torte waren, war wiederum wenig beruhigend. Genau die waren es doch, die gerne plauderten… „Es geht nicht darum, dass ich Namen hören will… Ich möchte nur nicht, dass jeder das weiss. Es ist meine Vergangenheit, die Geschichte meiner Familie. Wir sollten wie all die anderen auch selber entscheiden können, ob wir diese mit dem Camp teilen möchten oder nicht…“, murmelte sie vor sich hin, stiess sich unruhig von der Brüstung weg, um vom einen Bein aufs andere zu treten. Sie wollte schreien. Ihr Herz schien sich sieben Mal verdreht und verknotet zu haben in den letzten Minuten, fühlte sich an wie ein einziger schmerzender Klumpen in ihrer Brust. Wieso hatte er sie auf ihren Bruder bringen müssen..? Warum jetzt, als würde sie nicht sowieso jeden Tag so viele Male an ihn denken und den Verlust wieder wie eine klaffende Wunde, ein Loch in ihrer Seele, spüren? Aryana blickte weiterhin nicht zu Mitch sondern auf den Boden, auf die Seite, überall hin, nur nicht in seine Richtung. Sie sollte gehen... er wusste längst genug, sollte sie in diesem Zustand gar nicht sehen. Er sollte gar nicht wissen, wie es ihr gerade ging. Wie fest es ihr wehtat, wie sehr es ihr die Luft abschnürte.
This is your life, it's do or die, the sun may never rise again, so be the light the vision. This is your life, it's slipping by, you try to run but fall again, you get back up that's living.
Ja ne, wie kam ich da eigentlich drauf? Könnte unter Umständen ganz vielleicht ein winziges kleines bisschen daran liegen, dass Faye seit Minuten... inzwischen wohl schon Stunden förmlich an meinem Oberkörper festklebte. Nicht, als hätte ich was dagegen. Aber es brachte mich eben doch zu der starken Annahme, dass sie mich wohl kaum urplötzlich über die Bettkante und runter auf den kalten, sehr unbequemen Boden schubsen würde. Aber gut, wir wussten hier ja auch beide, dass die Brünette diese völlig überzogene Antwort natürlich nicht ernst gemeint hatte. "Ich glaube, dass ich mich sonst vermutlich die ganze Nacht über den schmerzenden Rücken beschweren würde und du dann sowieso nicht schlafen könntest." erwiderte ich scherzhaft und mein Tonfall sollte klar machen, dass ich es wohl ebenso wenig ernst meinte - obwohl das durchaus so passieren würde, wenn es der Fall wäre. Inzwischen hatten die Phantomschmerzen am Rücken zwar wieder nachgelassen, weil die schmerzlichen Ereignisse nicht so präsent in meinen Gedanken waren, aber spätestens da unten würde er wohl volles Rohr zurückkommen. Wäre unschön, wollte ich dementsprechend nur ungern. Da wäre dann echt die Frage, ob das eigene Bett inklusive Einsamkeit das größere oder kleinere Übel wäre. Ich hob meine jetzt noch freie Hand wieder auf Fayes Kopfhöhe an und strich ihr am Hinterkopf leicht durchs Haar. Ihre letzten Worte konnte ich kaum verstehen und musste sie gedanklich Revue passieren lassen, um sie richtig zuzuordnen und zu erschließen. Die junge Frau wurde immer leiser beim Reden und noch dazu wurden ihre Worte gekonnt von meinem Oberkörper gedämpft. "Redest du mit mir oder mit dem Shirt?" fragte ich sie ironisch, grinste ein klein wenig. Es war einfach schön zu merken, wie wohl Faye sich in meiner Nähe fühlte, sie mehr denn je suchte. "Aber schön, dass wir uns da einig sind." nuschelte ich ihr ins Haar, hatte den Kopf nach vorne gesenkt und die Augen für einen Moment geschlossen. Nein, trotzdem keine Flashbacks. Ich war noch nicht vollkommen entspannt, aber dennoch kehrte immer weiter die Gelassenheit in mich ein und das hatte ich dem Krümel hier direkt vor mir zu verdanken.
Da hatte sie auch Recht. War nicht so, dass ich das anders sah. Aber was diese Sache anging unterschied sich dieses Camp hier kaum von einer gewöhnlichen Highschool - man sah sich jeden Tag und tauschte sich aus. Auch über Dinge, die einen selbst oder das Gegenüber nicht wirklich etwas angingen. Über die man rein moralisch gesehen weder reden, noch darüber spekulieren sollte. Aber gelangweilte Soldaten unterschieden sich in dieser Hinsicht so gut wie gar nicht von durch die Schule gefrusteten Teenagern. Ich würde nicht Alle über einen Kamm scheren, weil es hier durchaus auch vernünftige Menschen gab. Ich glaube auch, dass so mancher einfach gar nicht erst richtig darüber nachdachte, was er sagte oder verbreitete. Es war einfacher erst zu reden und im Nachhinein darüber nachzudenken - so kam es mir angesichts der Begebenheiten hier zumindest vor. Ich redete ja selbst gerne Mal, ohne vorher lange drüber nachzudenken. Allerdings weniger über die persönlichen Dinge Anderer, es kamen eher ungünstige Fragen oder anderweitige Tatsachen dabei raus, die mich dann in ungünstige Lagen brachten. Letzteres war irgendwie sowas wie meine Spezialität, haha. "Ich fürchte darüber hast du nicht wirklich die Macht.." seufzte ich leise und atmete dann einmal etwas tiefer durch, weil das Gespräch hier doch langsam recht anstrengend wurde. Das war zwar zu 90% meine eigene Schuld, aber das hieß ja nicht, dass es mir gefallen musste. "Ich hab's aber Niemandem gesagt. Nur, damit du's weißt." meinte ich dann abschließend mit ruhiger Stimmlage. Das entsprach so auch tatsächlich der Wahrheit. Ich log' hin und wieder gerne, um mich vor unangenehmen Gesprächen oder Taten zu drücken und wenn mir danach war, dann zog ich auch schon Mal Andere runter. Das war hier aber nicht der Fall. Mir würde auch auf Anhieb kein einziger guter Grund einfallen, weshalb ich irgendwem Aryanas toten Bruder auf die Nase binden sollte. Hatte ich Nichts von und sie genauso wenig. Wir mochten nicht immer einer Meinung sein und uns auf ziemlich verschiedenen Ebenen bewegen, aber unnötig eins reinwürgen musste ich der jungen Frau trotzdem nicht. Ich konnte wirklich fies und hinterlistig sein, wenn ich einen Grund dafür hatte, aber der war hier nicht vorhanden. Ich senkte den linken Arm wieder und mit den Fingern der rechten Hand massierte ich mir für einige Sekunden die leicht pochenden Schläfen, wodurch mein Gesicht verdeckt war.
"Ach, ich hör nichts, wenn ich träume, mach dir also keine Sorgen um meinen Schönheitsschlaf", winkte Faye gutmütig ab, wobei natürlich vollkommen ausser Frage stand, wo Victor wirklich nächtigen würde. Und das wäre direkt hier, auf dem Bett, neben ihr - sehr dicht an ihrer Seite, damit keines ihrer beiden Gehirne auch nur dran denken könnte, sich so komplett alleine zu fühlen wie sonst immer. Nein, heute Nacht würden sie gut schlafen. Sie hatte den schlimmsten Tag seit Beginn ihrer Armykarriere und er wohl den schlimmsten Tag seit seiner Rückkehr in den Krieg erlebt - aber heute Nacht würden die Alpträume fern bleiben. Ein leises, zufriedenes Seufzen entwich den Lippen der Brünetten, als er ihr durch die Haare strich, sie sofort noch ein weiteres Stückchen der Anspannung fallen lassen konnte, die sie bis jetzt noch nicht losgeworden war. Mit seiner nicht ganz ernst gemeinten Frage, entlockte er ihr tatsächlich gar ein leises Lachen, das ebenso durch sein Shirt gedämpft wurde, wie ihre vorhergehenden Worte. "Mit deinem Nippel, Victor, was sonst", antwortete sie eindeutig sarkastisch, aber genauso undeutlich wie zuvor. Ein paar Minuten blieb sie noch so eng an ihn gekuschelt sitzen, dann drehte sie den Kopf in seine Richtung, blickte ihn an, wobei sie seinem Gesicht unweigerlich sehr nahe war, da er dieses bis eben noch in ihren Haaren vergraben hatte. Ihre Augen suchten in seinen nach... sie wusste nicht wirklich, wonach sie suchten... Nach seiner Seele. Den Gefühlen darin. Den Verletzungen und der Heilung. Aber sie glitten weiter, noch bevor Faye wirklich fündig geworden war, wanderten vollkommen selbstständig zu seinen Lippen, wo sie wieder hängen blieben. An seinen vollen, schönen, mit Sicherheit perfekten, weichen Lippen. Mach nichts Dummes, Faye... Nichts, was diesen Moment zerstört... Nichts, was du dann wieder bereust... Ein kleines Bisschen näherte sie sich seinem Gesicht. Aber sie hielt wieder inne, tat es nicht. Sie waren im Krieg. Sie könnten beide morgen sterben. Das war nicht der Grund, warum sie hier war. Und sie brauchte Victor, sie konnte ihn nicht mit einer solchen Dummheit verscheuchen. Also nahm sie sich zusammen. Drückte ihre Schläfe wieder gegen seine Brust und liess ihre Augen zufallen, bevor diese sie zu noch mehr unangebrachten Gedanken verleiteten. Schlafen sollten sie, nichts sonst. Nur schlafen.
Damit lag er möglicherweise goldrichtig. Wenn sie entscheiden könnte, wer von ihrer Geschichte wusste und wer nicht, dann würde sie Mitch nämlich ganz bestimmt eher auf die 'nicht' Liste setzen. Und das hatte nicht mal wirklich was mit seiner Persönlichkeit zu tun, als viel mehr mit der Tatsache, dass sie dann wohl so ziemlich niemanden davon wissen lassen würde. Weil es so ziemlich niemanden was anging und sie schlicht nicht das Bedürfnis hatte, sich für irgendwen so angreifbar zu machen, sich diese Verletzlichkeit zu geben. Das war ihr eigenes Problem, etwas, womit sie alleine klar kommen musste. Und da ihr keiner helfen konnte, brauchte es auch wirklich niemand zu erfahren. Immerhin beteuerte Mitch, die Wahrheit nicht selber weiterverbreitet zu haben. Und das war wohl die Einzige halbwegs positive Nachricht, welche ihr in den letzten paar Minuten zu Ohren gekommen war. Sie nickte bedächtig, erwiderte aber nichts, weil es nichts mehr zu sagen gab. Vielleicht ein Danke. Aber danach fühlte sie sich wirklich nicht. Es verlangte jetzt auch nicht unbedingt ein Danke, wenn jemand kund tat, zumindest in dieser Hinsicht ein anständiger Mensch gewesen zu sein.. Also sparte sie sich eher unbewusst den Atem, beschäftigte sich stattdessen mit dem wütenden Sturm in ihrem Kopf. Sie hatte sich wieder an die Brüstung gelehnt, stützte sich auf das kalte Metall und blickte nach draussen, ohne was zu sehen. Alles, was sie gerade wirklich sah - und das viel zu deutlich und immer wieder - war ihr Bruder, waren die Erinnerungen an diesen schrecklichsten Tag ihres Lebens. Den Moment. als sie gehört hatte, dass etwas nicht gut lief auf der Mission, von welcher er Teil gewesen war. Das Gefühl, als die Überlebenden zurück ins Camp gefahren waren. Und der Anblick, welcher sich ihr geboten hatte, nachdem sie sich zu ihm vorgekämpft hatte. Seinen blutüberströmten Körper. Das schlagartige Wissen, dass es zu spät war und das zeitgleiche Nicht-Wahrhaben-Wollen, den unbeugsamen Willen, ihn zurück zu holen und die nicht vorhandene Bereitschaft, ihn gehen zu lassen. Aber es war sinnlos. Sie hatte es da schon gewusst. Aryana hatte ihr Gesicht in ihre Hände gebettet, versuchte mühsam, sich auf andere Gedanken zu bringen. Aber ihr Gehirn war träge und festgefahren, nicht bereit, das zu vergessen, was passiert war. „Wo warst du vorher? Bevor du in dieses Camp gekommen bist?“, fragte sie irgendwann, Minuten später, leise. Es hatte so wenig mit dem vorgängigen Thema zu tun, dass es absolut eindeutig ein mühsamer Versuch seitens der Brünetten war, auf andere Gedanken zu kommen. Aber er hatte gesagt, er war seit vier oder fünf Jahren nicht mehr über längere Zeit Zuhause gewesen. Ihr Bruder war vor einem Jahr und acht Monaten gestorben. Also war Mitch vorher woanders stationiert.
This is your life, it's do or die, the sun may never rise again, so be the light the vision. This is your life, it's slipping by, you try to run but fall again, you get back up that's living.
Ah, achso, natürlich. Mit meinem Nippel, hätte ich ja selbst drauf kommen können. Der antwortete zwar selten und zuhören konnte er wohl auch nicht, aber ja. Der Nippel wars. "Klar, hätt' ich selbst drauf kommen können." erwiderte ich ironisch, nachdem ich leise aufgelacht hatte und grinste noch kurze Zeit vor mich hin, genoss dann die nächsten paar Minuten voll Stille ebenso sehr wie die, in denen wir uns unterhielten. Dabei war letztendlich eigentlich sogar auch egal, worüber wir uns unterhielten. Ob es ernstere Themen waren wie heute zuvor, oder die lockeren Neckereien und Witze. Beides hatte im Endeffekt einen positiven Einfluss auf mich. Ich stellte die leichten Streicheleinheiten während der kurzzeitigen Ruhe gar nicht ein, führte sie unbewusst einfach fort, während ich mit geschlossenen Augen innehielt. So lang, bis Faye sich wieder regte und ich den Kopf unweigerlich minimal anhob, um sie in der Bewegung nicht zu hindern. Allerdings hob ich ihn dabei nicht ansatzweise weit genug an, um den folgenden, ziemlich aufwühlenden Moment zu unterbinden. Denn eben dieser zeigte mir nur zu deutlich, auf was für dünnem Eis ich mich hier bewegte. Es hätte vermutlich selbst ein Blinder in unseren Augen sehen können, dass sich unsere Gedanken in diesem Moment nicht wirklich voneinander unterschieden. Ein Teil von meinem inneren Ich war auch fast beleidigt und enttäuscht, als die junge Frau den Blick und auch den Kopf wieder gänzlich senkte, um sich erneut an meiner Brust zu verkriechen, nachdem sie meinem Gesicht noch eine Sekunde vorher so nah gewesen war. Der darauffolgende Moment ließ meinen Kopf kurzzeitig Achterbahn fahren. Der eine Teil von mir wollte nur allzu gern ihr Kinn wieder anheben und da weitermachen, wo sie eben gestockt und aufgehört hatte. Dem wieder anderen Teil wurde hingegen schmerzlich bewusst, wie beschissen die Situation im Grunde war - sei es nun dem emotionalen Abend und Moment geschuldet oder nicht, aber wir wollten beide mehr als das Gekuschel. Genauso wie wir aber auch beide zu wissen schienen, dass das unfassbar dumm und unvernünftig wäre. Dass uns dieses mehr als nur Freundschaft in eine heikle Situation bringen und vermutlich nur Schwierigkeiten in Zukunft machen würde - auch Mal ganz davon abgesehen, dass Fayes Schwester ganz sicher nicht davon begeistert wäre, wenn sie durch wen oder was auch immer Wind davon bekam. Im Grunde hätte sie sogar die Pflicht, das nach oben weiterzugeben, immerhin waren Liebeleien in welcher Form auch immer strikt verboten. Das würde uns zwar nicht postwendend nach Hause verfrachten, hatte aber durchaus seine Folgen in Form von Geldstrafen, Verwarnungen und mit Pech auch das Versetzen von einem von uns in ein anderes Camp. In genau diesem Moment hätte ich wahnsinnig gern wieder den Kopf an die Stange hinter mir geknallt, ließ es aber bleiben. "Wir sollten schlafen, hm..?" murmelte ich stattdessen recht undeutlich nur zu Faye runter, bevor ich mich ein klein wenig von ihr distanzierte, um die Hände an den unteren Saum meines Shirt zu legen. Ich hob es erst ein Stück bis zur Brust an, bevor ich die Arme doch wieder sinken ließ. "Oder stört dich das..?" hakte ich dann doch sicherheitshalber nochmal nach. Sie kannte meinen Oberkörper, hatte ihn oft genug massiert. Aber es war für sie womöglich doch etwas Anderes, wenn sie eben diesem näher war als sonst. Keine Ahnung, ich war einfach zu sehr Gentleman, um mir sowas ohne vorherige Frage rauszunehmen.
Es war mir wohl genauso recht wie der jungen Frau mir gegenüber, dass sie ganz gekonnt das Thema wechselte. Das lag mit ihrer Frage zwar immernoch auf der amerikanischen Armee, aber spezifischer bei mir. Das war mir allemal lieber als jetzt noch eine Stunde weiter über sie zu reden, weil ihr Gefühlsausbruch eben doch langsam anstrengend wurde. Aryana versuchte runter zu kommen und das war für mich in dieser Form auch vollkommen in Ordnung. Immerhin würde meine Antwort darauf nicht wirklich Etwas enthalten, das sie nicht wahrscheinlich auch in meiner Dienstakte finden konnte. Es war ja nur mein Werdegang bei der Army, mehr nicht. Allzu viele verschiedene Gebiete hatte ich dazu auch gar nicht in den letzten Jahren abklappern müssen. "Bevor ich hierher kam war ich eineinhalb Jahre in Mali, wo wir einfach dafür sorgen sollten, dass sich die Gemüter nicht noch weiter erhitzen. Schüsse in unsere Richtung waren da im Vergleich zu hier eine Rarität, wirklich der Himmel auf Erden. Danach wurde ich zwei Quartiere weiter nördlich von hier eingesetzt, wo es dann auch ziemlich schnell viel übler wurde als da, wo ich vorher war. Die Station war dann aber weitgehend sicher und hier wurden mehr Männer gebraucht - zack, hier bin ich." erklärte ich ihr nachdem ich meine Hand wieder hatte sinken lassen die Kurzfassung von meiner Zeit in der Army, denn nach mehr hatte sie ja auch gar nicht gefragt. Wollte Cooper irgendwas noch genauer wissen, dann musste sie halt weiter fragen. Ich war der Zieh-Mir-Die-Informationen-Aus-Der-Nase-Typ von Mensch. Von Nichts kam bei mir eben auch nichts. Ich zuckte leicht mit den Schultern. "Aber trotz Allem bereu' ich's nicht hier zu sein." stellte ich eher nur an mich selbst gewandt, leise gemurmelt fest, als ich den Blick wieder in die Ferne richtete.
Der Ausdruck seiner Augen hatte sich wohl kaum von dem ihren unterschieden, was sie gemerkt hätte, wenn sie sich nicht umgehend wieder an seiner Brust ‘versteckt’ hätte. Sie wusste es ja auch so… Es war besser, ihn nicht zu küssen, es war besser, diese Freundschaft niemals zu mehr als einer Freundschaft werden zu lassen. Sie hatten zu viel zu verlieren. Das hier war der falsche Moment dafür. Sie hätten sich zu Hause kennen lernen sollen… Dann wären sie jetzt womöglich beide nicht hier, weil sie schon vorher klüger gewesen wären. Weil ihnen klar gewesen wäre, dass dieser Krieg sie nur zerstören würde. Aber jetzt waren sie nun mal da. Und sie würden diese Grenze zwischen Freundschaft und mehr nie überschreiten dürfen. Nicht nur, weil es verboten war, sondern schlicht auch einfach, weil sie sich damit so unglaublich verletzlich machten. Was, wenn einem von ihnen was zustiess? Es wäre so schon schlimm genug… Faye war froh, als seine leise Aufforderung sie zurück ins Hier und Jetzt beförderte, sie die Gedanken für den Moment somit los war. Sie löste sich eher widerwillig von seiner Brust, als er kurz darauf sein Shirt anhob, aber nochmal wissen wollte, ob das okay für sie war. „Klar“, nickte sie sofort, blickte ihn noch einen Moment mit einem dezent wehmütigen Lächeln an, welches sehr deutlich all die ungesagten Worte ausdrückte, die zwischen ihnen im Raum standen. Dann wandte sie sich ab, holte ihre Schlafsachen unter dem Kopfkissen hervor und zog sich kurzerhand mit dem Rücken zu ihm das Shirt über den Kopf. Sie löste den BH, um sich gleich darauf in das lockere Schlafshirt zu hüllen, erhob sich vom Bett, tauschte die Hose gegen bequeme Shorts und löste ihr Haargummi, um es auf den Nachttisch zu legen. Als sie fertig war und ihre anderen Kleider sorgfältig gefaltet und weggeräumt hatte, drehte sie sich wieder dem Bett zu, blickte Victor mit einem nun fast etwas schüchternen Lächeln an. Und für einen Moment wusste selbst sie nichts zu sagen, fuhr sich einmal durch die dunklen Locken und schob dann die Bettdecke zur Seite, um sich kurzum darunter zu verkriechen. Ihre Augen fanden sofort wieder seine, als sie die Decke für ihn ein zweites Mal zurückschlug. „Na komm, ich warte auf meine Heizung“, forderte Faye ihn ungeduldig dazu auf, sich zu ihr zu legen. Kaum zwei Minuten weg und schon vermisste sie seine Nähe. Was hatte sie sich da bloss eingebrockt…
Sie war wirklich froh, dass er ohne gross zu zögern eine kleine Zusammenfassung seiner Armykarriere auftischte, sie sich so sehr gut auf seine Worte und knappen Anhaltspunkte fixieren konnte. Er war also in Mali gewesen… Das musste wie eine andere Welt sein. Natürlich ebenfalls keineswegs ungefährlich - auch dort starben Menschen - aber eben anders. Sie war ja selber noch nicht mal zwei Jahre hier, an der Front, wo der Krieg am grausamsten wütete und am meisten Tribute forderte. Aber sie würde im Gegensatz zu Mitch alles geben, um diesen Ort zu vergessen und alle Erinnerungen aus ihrem Kopf zu löschen, das Geschehene rückgängig zu machen und dann von hier zu fliehen. Ein weiterer Punkt, in dem sie und er sich so grundlegend unterschieden. Es sollte sie nicht mal mehr überraschen. „Was genau an diesem Ort gibt dir denn das Gefühl, gerne hier zu sein?“, wollte sie leise wissen, blickte genau wie er in die Ferne und nicht zu ihrem Gesprächspartner. Es konnte auch sein, dass seine Worte was anderes bedeutet hatten, als dass sie soeben interpretiert hatte. Aber Aryana war sich sicher, dass er sie in diesem Fall sehr schnell korrigiert haben würde, was auch der Grund war, dass sie ihre Vermutung überhaupt erst ausgesprochen hatte. Vielleicht war das auch ein persönliches Problem von ihrer Seite, dass sie dieses Land und ihre Arbeit so sehr hasste. Wie eine Droge, die man verabscheute - von der man aber doch nie loskommen würde. Vielleicht war sie die Einzige, die eigentlich lieber nach Hause würde, es aber gleichzeitig niemals tun würde oder tun könnte. Dabei war Mitch wohl fast genauso lange bei der Army wie sie - oder länger, sie wusste ja nicht, wann sein Training angefangen hatte. So viele Jahre und so viel gesehen und noch immer nicht genug… Das erschien ihr durchaus absurd. Es sei denn, er hätte einen Grund zu bleiben. Wie sie. Oder Warren. Auch wenn die Gründe von ihr und Warren sich unterschieden wie Tag und Nacht...
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Waruuuum? Warum hatte ich diese unglaublich ungeliebte Gabe mich immer wieder in ungünstige Situationen wie diese zu manövrieren? Nicht, als wäre Faye daran gänzlich unschuldig, das jetzt nicht, aber es war eben unfassbar naiv zu glauben, dass man so viel Zeit mit ein und dem selben Menschen verbringen konnte, ohne dass dabei irgendwann was in genau dieser Richtung hier passierte. Dass man auf dem Weg war Gefühle zu entwickeln, die in der Army mehr als unpassend waren. Allgemein in jeglichem Arbeitsverhältnis, es sei denn man baute sich bewusst gemeinsam Etwas auf und war sein eigener Chef. Aber hier in der Armee war das gleich doppelt bescheuert. Vermutlich sollte ich einfach ganz unauffällig versuchen zukünftig nicht mehr ganz so oft bei der jungen Frau zu sein. Nach bestem Wissen und Gewissen auch zu ausgiebige Kuscheleinheiten sein lassen - Übernachtungen inbegriffen. Ich fürchtete nur, dass mir das schwer fallen würde, besonders an Tagen wie dem heutigen. Zumal ich noch nie gut darin gewesen war zu verstecken, was ich dachte oder fühlte. Das war nicht mein Ding. Ich war nicht der Typ Badboy, der ganz easy die kalte Schulter zeigte und so tat als ob Nichts wäre. Ich wusste nicht, wie ich die aktuelle Situation gut hätte in Worte fassen können, aber ich fühlte mich doch kurze Zeit recht unbehaglich. Nachdem ich Fayes 'Okay' bekommen hatte zog ich mir ohne weiteres Zögern das Tanktop aus, wobei ich aber doch kurz das Gesicht verzog, weil das mit dem angeschossenen Arm ziemlich weh tat. Für einen Augenblick lang besah ich mir dann die genähte Hautstelle, bevor ich im Augenwinkel den kurzzeitig entblößten Rücken der jungen Frau sah und meine Augen vollkommen automatisch davon angezogen wurden. Sie hätte auch einfach unattraktiv sein können, so gar nicht mein Typ. Es würde die ganze Sache hier so viel leichter machen. Als ihr zierlicher Oberkörper wieder in Stoff gehüllt war schüttelte ich kaum merklich den Kopf und zog anschließend in Ruhe die Hose aus. Sowohl das Oberteil, als auch die Hose ließ ich schlicht direkt neben dem Bett fallen. Ich würde vor dem morgendlichen Appell hier weg und zurück in meinem Zelt sein müssen, würde also sowieso keiner zu Gesicht bekommen, sofern ich nicht unplanmäßig zu lang hier blieb. Ich erwiderte ihr vorheriges Lächeln eher etwas verhalten, als sie meine direkte Anwesenheit forderte. "Wir wollen ja nicht, dass du frierst.." gab ich eine gemurmelte Antwort von mir, als ich schließlich zu der Brünetten unter die Bettdecke kroch. Bevor ich mich aber wirklich wieder vollstens ihr - oder doch lieber dem Schlaf - widmete, kam ich noch einem fixen Gedanken nach. Zwar wusste ich nicht, wie gut oder wie lange ich schlafen würde, aber Safety first - deshalb beugte ich mich nochmal über Faye hinweg - wobei ich ihr unweigerlich wieder ein bisschen viel zu nah kam - zu dem Wecker, der wohl bei Jedem hier der gleiche war, und stellte ihn auf 4 Uhr. Das war eine halbe Stunde bevor die ersten hier von den Toten wieder aufstanden, in der Zeit sollte ich es also wohl schaffen noch irgendwie ungesehen zurück zu meinem Zelt zu kommen. "So, jetzt aber." sagte ich, als ich den Funkwecker wieder bei Seite stellte und ließ mich dann zurück ins Kissen sinken, machte es mir langsam aber sicher bequem. Wie selbstverständlich streckte ich dann meinen Arm nach Faye aus, damit sie näher kommen konnte ohne eben diesen im Weg zu haben.
Das war eine wirklich gute Frage und um ehrlich zu sein hatte ich darauf keine brauchbare Antwort. Bisher hatte mich noch nie Jemand genau danach gefragt. War ich denn gerne hier? Ja und nein. Ja, weil ich wusste, dass ich es einfach gut konnte. Wenn es um Schüsse auf weite Distanz ging machte mir so gut wie Niemand was vor und ich geriet eigentlich auch in noch so brenzligen Situationen nie in Hektik oder gar Panik. Ich war fähig den Kugelhagel und auch explodierende Minen vollkommen auszublenden, nur um einen Atemzug auszusetzen und dann in aller Ruhe abzudrücken. Klar geriet auch ich mal unter Zeitdruck, das war im Krieg schlichtweg unumgänglich, aber soweit es möglich war, war ich ein absoluter Ruhepol. Einerseits war das gut, weil ich dann immer vollen Zugriff auf meine gesamte Konzentration hatte, aber andererseits zeigte das leider auch deutlich wie sehr ich inzwischen abgestumpft war. Es war fast Alles nur noch Routine, selbst heftigere Schießereien, weil es ganz einfach nicht grade selten war, dass hier Jemand das Feuer auf uns eröffnete. Zwar war ich immernoch lieber so als wie unser traumatisiertes Angsthäschen sofort Panik zu schieben, wenn es mal lauter wurde... aber gut war es eigentlich trotzdem nicht. Nein, weil ich den Krieg an sich und besonders die strategisch momentan wirklich dumme Kriegsführung der Amerikaner verabscheute. Aber was hatte ich an anderen Auswahlmöglichkeiten? Es war vermutlich gerade für Jemanden wie mich nicht unbedingt leicht wieder in ein normales Leben zurückzukehren - auch mal ganz davon abgesehen, dass ich Zuhause gar keines mehr hatte. Bis auf meine kahl eingerichtete Wohnung wartete in den Staaten Niemand mehr auf mich, weil selbst die letzten der damaligen Freunde inzwischen abgedankt hatten. Schon gar nicht mehr damit rechneten, dass ich überhaupt irgendwann zurückkam, sondern eher irgendwo von Kugeln durchlöchert wurde. Die wären so oder so aber ohnehin kein guter Umgang für mich und würden mich wahrscheinlich nur wieder mit in den ganzen Dreck ziehen, den ich damals bewusst hinter mir gelassen hatte. "Ich weiß nicht, ob ich gerne hier bin. Aber trotzdem tausend Mal lieber als zurück in den USA, wo ich wirklich Nichts habe. Hier hab' ich Freunde und eine Aufgabe, die ich gut beherrsche. Wie lang ich erstere noch behalte wenn das so weiter geht ist zwar fraglich, aber..." Ich zuckte etwas ratlos mit den Schultern, hatte Aryana mich mit dieser Frage doch wieder stark zum Nachdenken angeregt und zugegeben ins Straucheln gebracht. "...ich würde nicht mal theoretisch wieder zurück in ein 0815-Leben finden. Das ist Nichts für mich. Ich hab zu viel gesehen um wieder so blind wie die... normalen Leute vor mich hin leben zu können." faselte ich weiter vor mich hin, seufzte leise und dehnte mir dann kurz ein wenig den angespannten Nacken. Doch, ja, für mich blieb das Gespräch damit weiterhin irgendwie anstrengend.
Natürlich entging der Brünetten nicht, dass sein Lächeln etwas verblasst war. Dass er dank ihrem Fast-Kuss nicht mehr so entspannt war wie die kurze Zeit davor. Aber sie fragte nicht nach und sie sagte nichts dazu, weil es schlicht nichts zu sagen gab. Es war eine Scheiss-Situation, in die sie sich erfolgreich hinein manövrierten, aber irgendwie war es auch schon zu spät für einen Rückzieher. Wenn er sich ab jetzt oder ab morgen plötzlich von ihr distanzieren würde, konnte sie zu hundert Prozent voraussagen, dass es sie verletzen würde. Wenn er es nicht tat und sich auch sonst nicht plötzlich was Grundlegendes änderte, konnte sie zu hundert Prozent voraussagen, dass sie Gefühle entwickeln würde, die so verdammt gefährlich und verboten waren, dass sie nur schwer zu berechnende - möglicherweise fatale - Folgen mit sich ziehen würden. Und wenn sie so weitermachten wie bisher, dabei aber gekonnt Grenzen einhielten, die sie selber setzten, dann würden sie immer wieder in Momente wie diesen schlittern, die ihnen aufzeigten, was sie haben könnten, wenn sie nicht hier wären. Grausam. Faye hatte unbewusst die Luft angehalten, als er sich über sie gebeugt hatte, um den Wecker zu stellen. Zu. Nah. Ihr Blick glitt verstohlen über seinen nackten Oberkörper, während er konzentriert auf den Wecker schaute. Verdammt. Das war alles, was es dazu zu sagen gab. Kaum hatte er angekündigt, fertig zu sein, wandte sie den Blick schnell ab und als er neben ihr aufs Bett zurück sank, entwich ihren Lungen leise der angestaute Atem. Fast hätte sie einen Moment gezögert, als er die Arme öffnete, um für sie Platz zu machen. Aber nur fast, denn in Wirklichkeit sehnte sie sich viel zu sehr nach seiner Nähe und kuschelte sich trotz den tausend Alarmglocken eng an seine Brust. Sie wollten nicht alleine sein... Darum schlief Victor in ihrem Bett... bei ihr. Und wenn er schon da war konnte sie sich nicht erlauben, dass nicht vollkommen auszukosten. "Gute Nacht, Victor... Danke, dass du hier bleibst", murmelte sie leise, ehe sie auch schon die Augen schloss. Es war spät. Schlafen wäre wirklich von Vorteil.
Es dauerte einen ganzen Moment, bis er ihr eine Antwort nannte. Sie konnte es ihm kaum verübeln, hätte sie selber wohl auch nicht unbedingt schneller die richtigen Worte auf eine solche Frage zusammengekratzt. Es war wieder was ziemlich Persönliches, wieder was, bei dem er eher mal aufpassen musste, um nicht Dinge über sich zu verraten, die er ihr ganz bestimmt nicht offenbaren wollte. Aber er antwortete doch und sie lauschte seinen Worten durchaus interessiert. Sie konnte Vieles davon verstehen. Nicht alles, aber auch Aryana kannte die Gewissheit, hier besser zurecht zu kommen als zu Hause, sehr gut. Auch sie litt unter dem Gefühl, in der Heimat nichts mehr zu haben und von niemandem mehr verstanden zu werden. Es war zwar nicht der Grund, warum sie hier blieb, aber sicher doch auch nicht unschuldig an ihren Entscheidungen. "Macht Sinn...", antwortete sie also schlicht, ohne nicht mehr viel darauf zu sagen zu wissen. Sie war des Fragens müde, sie war dieses Tages müde und hegte die starke Vermutung, dass es Mitch genauso erging. Und sie hatte nicht das Bedürfnis, ihn an einem Tag wie diesem noch ewig mit Fragen zu löchern, die ihnen beiden nichts bringen würden, sie nur Nerven kosten und ihnen Kopfschmerzen bescheren würden. Sie waren beide nicht auf diesen Turm gekommen, um zu reden. Nun hatten sie es trotzdem getan. Aber wirklich gut geendet - oder gar geholfen - hatte es nicht. Aryana blieb noch einige Minuten stumm in ihrer Ecke stehen, überblickte die Landschaft und versuchte das, was sie schon die ganze Zeit tun wollte. Den Sturm in ihrem Kopf zu beruhigen, sich von den Gedanken und Zweifel zu befreien, die sie wieder befallen hatten. Es war eine aussichtslose Aufgabe, aber immerhin ein Bisschen Ruhe konnte sie in ihr Gemüt bringen, bevor sie sich nach einer Viertelstunde abwandte, um langsam den Rückweg zu ihrem Bett anzutreten. "Gute Nacht, Mitch", verabschiedete sie sich schlicht, nickte ihm noch kurz zu, ehe sie auch schon weg war.
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"Schlaf gut, Faye.." war Alles, was ich noch zu der jungen Frau runter murmelte, bevor ich die Augen zu machte und einfach versuchte zu schlafen. Tatsächlich dauerte es aber doch noch ein paar Minuten, bis ich dann letztendlich einschlief, weil ich noch eine Weile unliebsamen Gedanken nachging. Es war einfach fragwürdig, wie wir das jetzt in Zukunft regeln würden. Es ließ sich nicht einfach mal eben so ausblenden oder gar vergessen, dass da 'dieser Moment' gewesen war. Trotz der erneuten Unruhe in meinem Kopf führte die körperliche Nähe der Brünetten in meinem Arm aber dennoch dazu, dass ich nicht zu lange zum Einschlafen brauchte und den Rest der kurzen Nacht auch ganz durch schlief. Fern blieben die Alpträume nicht, aber sie waren deutlich weniger präsent als sonst. Ob ich von Irgendwem auf mein nächtliches Verschwinden angesprochen wurde, als ich nach einem wehmütigen Blick auf die wegen dem Wecker leise vor sich hin grummelnde, aber weiter schlafende Faye am frühen Morgen zurück in mein Zelt ging? Ja, aber darauf hatte ich schon vorher wetten können, immerhin lebte ich da mit Kerlen zusammen, die mir spätestens jetzt absolut nicht mehr glauben wollten, dass da Nichts gelaufen war. Die folgenden Tage vergingen wie fast immer recht schnell. Es frustete mich, dass ich weiterhin wegen des angeschossenen Arms nur einseitig trainieren konnte, weil der Streifschuss noch keine Anspannung vertrug, dabei hätte ich den Sport ganzheitlich so dringend als Ausgleich gebraucht. Es war nicht so, dass ich Faye weniger mochte als vorher, das Problem war eher das Gegenteil davon. Das war auch der Grund dafür, weshalb ich mich nicht mehr ganz so häufig mit ihr traf wie vor dem merkwürdigen... zu-viel-Moment, wo wir doch beinahe jeden zweiten Abend irgendwo zusammen herumgesessen hatten. Ich mied die Brünette nicht gänzlich, weil ich das ganz einfach nicht wollte und mein Kopf das auch absolut nicht vertragen hätte. Ich brauchte sie hier als Freundin, um nicht wieder am Rad zu drehen. Dass unser Zusammenleben, auch unsere Gespräche im Vergleich zu vorher doch ein klein wenig distanzierter waren, tat mir selber irgendwo weh, aber ich konnte nicht einfach so... naja, nachgeben. Das letzte was ich wollte, war, dass bei Einem von uns Beiden die Welt im Kopf noch mehr zusammenbrach, weil dem jeweils Anderen etwas zustieß oder Schlimmeres. Ich ärgerte mich so sehr über mich selbst, dass ich es überhaupt so weit hatte kommen lassen, denn ich merkte wenn wir draußen unterwegs waren selbst leider schon, dass die Was-Auch-Immer-Beziehung zwischen uns beiden mein Handeln und meine Aufmerksamkeit schon geringfügig beeinflusste. Es passierte nicht wirklich etwas außergewöhnlich Schlimmes in den vergangenen Tagen - ja, ich hatte darauf bestanden nach 5 Tagen Auszeit wieder mit raus zu fahren, um gar nicht erst wirklich eine spürbare Pause aufkommen zu lassen -, nur eine kleine und verhältnismäßig harmlose Schießerei ohne Verletzte, doch selbst da hatte ich schon öfter als sonst möglichst unauffällig prüfende Blicke in Fayes Richtung geworfen. Hieß also im Endeffekt, dass mich die jetzige Situation über kurz oder lang auch in den psychischen Ruin treiben würde. Das Leben meinte es wohl auch heute, 17 Tage nach dem Unglück mit der Mine, einfach nicht gut mit mir. Es war schon später am Abend, als ich nur mit den Badeschlappen an den Füßen, der staubigen Hose an den Beinen, mit frischen Klamotten und Handtuch über der rechten Schulter auf dem Weg zu den Duschen war. Das ebenfalls dreckige T-Shirt hatte ich gleich im Zelt gelassen. Zwar mussten wir unsere Duschen momentan Dank eines Wasserrohrbruchs mit den Frauen teilen, aber deren Duschzeit müsste schon seit gut 20 Minuten vorbei sein, wenn ich mich nicht irrte. Deswegen schob ich auch ohne Vorahnung einfach die Tür zu dem kleinen Gebäude auf, wobei mir doch gleich ein leises, kaum hörbares Schluchzen von irgendwo weiter hinten aus dem Raum entgegen kam. Ich wusste es nur zu gut einzuordnen, weshalb ich nochmal einen Schritt zurückging, um einen prüfenden Blick auf das Pappschild an der Eingangstür warf. Doch, ich war schon richtig, eigentlich sollte sich hier keine Frau mehr aufhalten. Für einen Moment lang überlegte ich angestrengt, ob ich einfach still sein und wieder gehen sollte, weil es doch quasi vorprogrammiert war, dass es unangenehm werden würde, wenn ich hier mit Faye sprach. Aber ich brachte es nicht übers Herz die junge Frau hier so zurück zu lassen, weshalb ich still seufzte und doch wieder eintrat. Mir kam ein nicht gerade lautes, aber doch deutlich hörbares "Faye..?" über die Lippen, bevor ich meine Klamotten erstmal in der Nähe der Waschbecken deponierte.
Es war gut, dass Aryana gar nicht viel dazu sagte. Denn auch das war einfach eine Sache, über die ich jetzt nicht unbedingt gern mit ihr geredet hätte, falls ich überhaupt noch ein weiteres Wort darüber verloren hätte. Eine der Sachen, die recht persönlich waren und hier so gut wie Niemanden etwas angingen, außer ein oder zwei ausgewählte Freunde, denen ich mein vollstes Vertrauen schenkte. Oh Wunder - Aryana gehörte nicht dazu. Deswegen war es wohl auch ganz gut, dass die eigentlich sowieso nicht geplante Rede-Session für heute ihr Ende fand und die junge Frau sich verabschiedete. Ich ließ ihr ebenfalls noch ein knappes "Gute Nacht." zukommen und hielt mich selbst wohl auch nur noch eine oder zwei Minuten länger auf dem Aussichtspunkt auf, bevor ich den Weg zu meinem Feldbett antrat. Die Nacht war jetzt schon wieder eindeutig zu kurz, um sie noch als ausreichend erholsam einstufen zu können, weshalb ich mich doch ziemlich zügig auf den Rückweg machte, um Schlafen zu gehen. Die nächsten Tage vergingen zügig. Ausnahmsweise kam nämlich mal eine sogar in meinen Augen taugliche Idee von den alten Säcken auf den oberen Stühlen. Ein paar ausgewählte Soldaten sollten losziehen und den IS aus einer nahegelegenen Stadt vertreiben. An die Hügel kamen wir nicht heran, aber die Arschlöcher hatten sich auch in weiten Teilen dieser Stadt ein ausgefeiltes Netz und festes Lager aufgebaut, von dem aus sie gerne den einen oder anderen Angriff in unsere Richtung steuerten. Wir täten also wirklich gut daran dieses Nest auszuheben und damit auch der verbliebenen Bevölkerung dort wieder Luft zum Atmen zu geben. Letztere war der einzige Haken an der Geschichte und es blieb zu hoffen, dass keine oder zumindest so wenig wie möglich Unbeteiligte bei der Mission involviert oder umgebracht wurden. Geplant wurde der Einsatz nun schon über eineinhalb Wochen und inzwischen waren wir - ja, ich gehörte auch zu den "armen Hunden", die mit mussten, wobei ich eigentlich sogar ziemlich froh darüber war, mal wieder raus zu kommen - seit vier Tagen am Rand der Stadt, hatten dort eine kleine Basis in und um ein altes ungenutztes Gebäude errichtet, denn ganz ohne ging es nicht. Das allein war schon eine nicht ungefährliche Aufgabe gewesen, hatten wir dabei durchaus mit Schüssen in unsere Richtung zu rechnen und immer wieder zurück geschlagen. Aber bisher gab es keine Verluste und Alles lief soweit nach Plan, wofür allein ich auch schon drei Kreuze machte. Inzwischen war es gegen 19.30 Uhr am Abend, die Sonne ging stetig weiter unter und wir bereiteten uns langsam aber sicher auf den Vormarsch vor, der in der einbrechenden Nacht erfolgen sollte. Zum Einen, weil zu dieser Zeit schlicht deutlich weniger Zivilisten unterwegs waren und zum Anderen, weil wir bei den Nachtsicht-Optimierten-Waffen technisch doch noch etwas überlegen waren und einen kleinen Vorteil hatten. Außerdem waren auch die Straßen weitgehend vollkommen ruhig, es ließ sich also deutlich früher hören, wenn etwas Unvorhergesehenes passieren sollte. Ich legte mir im Gehen noch die gepanzerte Weste passgenau an - lebensmüde war ich nämlich noch nicht -, während ich auf dem Weg zu dem kleinen aber feinen Versammlungsraum war, wo letzte Instruktionen erfolgen sollten. Dort zog ich mir einen der alten Stühle heran - ebenfalls drei Kreuze, wenn keiner davon dem Gewicht eines Soldaten nachgab - und unterhielt mich noch für zwei Minuten lang mit einem Kollegen neben mir, bevor Aryana eintraf.
Faye hatte ihre Gedanken ziemlich effizient abgeschaltet an diesem Abend. Es gab diverse Einschlafübungen, die sie in ihrem Leben gelernt hatte. Sie funktionierten nicht immer, aber wenn sie sich nur auf Victors Herzschlag und diese betäubenden Gedanken konzentrierte, war sie doch ziemlich bald eingeschlafen. Die nächsten Tage waren irgendwie kaum einfacher geworden. Es verletzte sie, zu sehen, dass Victor sich gewissermassen von ihr fern zu halten versuchte. Nicht immer. aber zu oft für ihren Geschmack. Natürlich hütete auch die Brünette sich sehr bald ebenfalls gekonnt davor, ihm zu nahe zu kommen. An dieser Stelle war es wohl überflüssig, zu erwähnen, dass er kein zweites Mal bei ihr geschlafen hatte, sie sich lieber jeder in seinem eigenen Bett nächtelang von einer Seite auf die andere wälzten. Faye verstand ihn ja. Sie wusste, dass es das Beste war. Sie wusste, dass sie nur so gegen den Fehler kämpfen konnten, sich plötzlich zu verlieben, sich so unglaublich verletzlich zu machen. Aber was sollte sie bitte gegen den Schmerz tun, der sich an ihr Herz klammerte, seit dem Abend, an dem sie ihn nicht geküsst hatte? Diese tausend Hätte ich nur und Was wäre wenn’s… Aryana hatte ihr erst am Abend vor der Bekanntgabe der aufkommenden Sondermission mitgeteilt, dass sie diese leiten würde. Dass Faye hier bleiben würde. Und es hatte der jungen Brünetten buchstäblich die Luft aus den Lungen gesaugt bevor sie verzweifelt darum gebettelt hatte, dass Aryana hier bleiben oder Faye mitreisen durfte. Doch ihre Schwester hatte zwei klare Antworten auf diese Fragen gehabt: Nein und Niemals. Das hatte Faye endgültig den Boden unter den Füssen weggerissen und sie hatte erstmal zwei Nächte kein Auge zugetan. Als dann der Tag gekommen war, an dem ihre Schwester mit den anderen abgereist war, hatte Faye den Morgen mit Kotzen verbracht. Und seit da ging es ihr eigentlich nicht wirklich besser. Sie arbeitete so viel sie konnte, wollte überall helfen, wo sie sich irgendwie nützlich machen konnte. Auch bei Dingen, die mit Medizin so gar nichts mehr zu tun hatten. Hauptsache Ablenkung. Hauptsache, die Gedanken schwiegen, wurden übertönt von dem Lärm der Waffen, mit denen sie ihre Schiesskünste trainierte, Tag für Tag. So auch heute. Aber die Schiessübungen waren irgendwann gemacht. Dylan, der sie dabei begleitet hatte, wurde müde. Meinte, dass sie besser auch mal Pause machen müsste. Aber erst mit der Nennung der Uhrzeit, machte er ihr schliesslich bewusst, dass sie wirklich aufhören sollte. Zumindest, falls sie noch duschen wollte. Und das hatte sie schon vor. Also legte sie die Waffe sorgsam in ihr Zelt, sammelte die Kleider und das andere nötige Zeug ein, um die Duschräume zehn Minuten vor Ablauf der Duschzeit zu erreichen. Und eigentlich hätte sie auch längst wieder draussen sein sollen, bevor die Uhr eine volle Stunde anzeigte. Aber das Wasser, welches auf ihre nackte Haut prasselte, wusch nicht nur den Schmutz von ihrer Haut sondern auch die Ablenkung aus ihren Poren, an die sie sich so mühsam geklammert hatten. Der schwache Druck des Wassers machte es schwer, ihre Situation zu ignorieren, die Umgebung, in welcher sie sich befand. Die Duschkabine ohne Vorhang, mit diesen hässlichen, hellgrünen Wänden. Ein Camp in einem Kriegsgebiet voller Menschen, die sie tot sehen wollten. Und ihre Schwester war einfach rausgefahren. Um sie zu finden, diese Menschen, die nach ihrem Leben trachteten. So. Dumm!! Faye konnte die Tränen kein weiteres Mal an diesem Tag zurückdrängen. Und gleich darauf auch die Schluchzer nicht mehr, während sie ihre Stirn an die Rückwand der Dusche presste, im Versuch, nicht den Verstand zu verlieren. Sie hatte nicht gemerkt, wie viel Zeit vergangen war. Sie hatte vergessen, dass sie sich hatte beeilen wollen. Drängte nur weiter ihren Kopf gegen diese verdammte, hässliche Wand, während das Wasser in seinem feinen Strahl auf ihren langsam aber sicher aufgeweichten Körper plätscherte. Und dann hörte sie ihren Namen, fuhr zusammen und machte sofort die Dusche aus. Ihre Arme hatten sich automatisch schützend um ihren nackten Körper gelegt, als sie die Luft angehalten hatte. Fuck fuck fuck. Sie sollte gar nicht hier sein, wie hatte sie sich so vergessen können?! Sie streckte sich nach ihrem viel zu kleinen Tuch aus, wickelte sich damit ein, blieb aber stehen, wo sie war. „Es… es tut mir leid, ich hab… ich geh gleich raus“, teilte sie Victor mit möglichst klarer Stimme mit, zog die Nase hoch und zwang sich dazu, die Schluchzer zu schlucken und den Schwindel, der ihren Kopf fest im Griff hatte, seit sie sich von der Wand gelöst hatte, zu ignorieren. Stattdessen stolperte sie aus der hintersten der Kabinen, um - ohne einen Blick nach vorne zu werfen, während sie hoffte, dass Victor sie dabei ganz einfach nicht sah - ihre Klamotten einzusammeln. Sie war so dumm! Fast so dumm wie ihre Schwester - nur etwas weniger lebensmüde.
Die folgenden Tage waren schnell zusammengefasst da weitgehend ereignislos. Bis auf die Planung ihres nächsten Einsatzes eben. Die Idee dazu war zu grossen Teilen auf ihrem Mist gewachsen. Weil sie es satt war, zuzuschauen, nichts zu tun, während immer mal ein paar ihrer Soldaten abgeschlachtet wurden. Es tat ganz einfach weh und sie konnte nicht länger einfach rumsitzen und das alles so akzeptieren, wie es eben passierte. Also hatte sie mit vielen Leuten gesprochen. Zuletzt, als sie den Plan schon soweit ausgefeilt hatte, um kaum mehr ohne wirklich triftigen Grund ein 'Nein' erwarten zu müssen, war sie zu Warren gegangen. Und für einmal, nach ziemlich langer Zeit, waren sie sich endlich wieder einig, darauf bauen zu können, den Versuch wagen zu wollen. Sie hatten die Mission eng mit einem Camp etwas weiter südlich von ihnen geplant. Somit waren nicht nur Männer aus ihrem vertrauten Zug mit dabei, sondern auch solche, die sie eigentlich kaum bis gar nicht kannte. Aber das spielte keine Rolle. Es waren alles kampferprobte Kerle, mit genügend Grips, um das hier durchziehen zu können. Und das war auch nötig, denn Überleben war das Ziel, welches sie unmissverständlich an die erste Stelle gesetzt hatte. Faye hatte einen mittelschweren Nervenzusammenbruch erlitten, als sie von der Nachricht erfahren hatte. Und Aryana hatte ihr versprochen, lebend zurück zu kehren. Sie war eine Frau, die bedingungslos zu ihrem Wort stand und sie hatte nicht vor, es genau jetzt zu brechen. Denn die Auswirkungen, die ihr Tod auf ihre Schwester haben würde, kannte Aryana nur zu genau. Sie wusste, wie Faye sich fühlte. Aber sie konnte trotzdem nicht bei ihr bleiben… Und sie mitzunehmen hatte sie aus rein egoistischen Gründen strikte abgelehnt. Faye war nicht kampferprobt. Sie würde sterben. Und das im Gegenzug, würde Aryana zu einem Monster machen, welches zuerst ihre ganzen Truppen und dann sich selbst ins Verderben ritt. Sie wusste es, auch wenn sie es nicht zugab. Aber das musste sie auch nicht. Jeder wusste, dass sie Faye niemals an einen Ort wie diesen mitnehmen würde. Zu verdammt gefährlich… Sie hatte die Augen geschlossen und in einem leeren Zimmer ohne Fenster auf dem Boden gesessen. Sie hatte nachgedacht und ihre Gedanken geordnet. Sie hatte sich entspannt und jeden Muskel ihres Körpers auf das vorbereitet, was kam. Sie hatte ihren Verstand geweckt und ihre Sinne geschärft. Und sie hatte Faye ein weiteres Mal geschworen, das zu überleben. Dann war sie in den Raum mit ihrer versammelten Truppe getreten, um das letzte Briefing über die Bühne zu bringen. Ihre Strategie war relativ einfach, aber effizient. Sie würden sich dem Gebäude von verschiedenen Seiten nähern und dabei die einzelnen Strassen gegen aussen abriegeln, bis ihre Feinde praktisch in ihrer Mitte gefangen waren. Das wussten alle hier, und doch legte sie es ihnen wie immer ein weiteres Mal ans Herzen. „…und wenn der Morgen kommt, seid ihr alle wieder hier. Das ist eure erste Priorität - Überleben. Ich will keinen sinnlos sterben sehen, weil er das Risiko unterschätzt hat. Jeder hier weiss, worauf wir uns vorbereitet haben und jeder hier weiss, was passieren kann. Passt auf. Und nehmt die verdammte Teufelsburg auseinander. Auf eure Posten“, viel mehr gabs nicht mehr zu sagen, seitens der Brünetten, die ihre Soldaten mit einem knappen Nicken zum Abmarsch aufforderte. Sie selber hatte ihre Waffen umgeschnallt und verliess hinter den anderen den Raum. Atmete die kühler werdende Nachtluft tief ein, bevor sie los gingen. Keine Fehler. Das war ihre persönliche Regel. Fehler waren tödlich - an Tagen wie diesen immer.
This is your life, it's do or die, the sun may never rise again, so be the light the vision. This is your life, it's slipping by, you try to run but fall again, you get back up that's living.
Der Versuch der jungen Frau sich möglichst Nichts anmerken zu lassen scheiterte ziemlich kläglich. Ihre Stimme war leicht brüchig, gedämpft und sie stammelte. Allein daraus konnte man schon deutlich hören, dass Faye geweint hatte. Dass sie vollkommen aufgewühlt und durch den Wind war. Ich wusste zwar nicht, wie lange sie jetzt schon hier war, aber sie konnte wohl von Glück reden, dass ich der erste Kerl war, der auf die Idee gekommen war jetzt duschen zu gehen. Jeder Andere hätte sich vermutlich einen Spaß aus der ganzen Situation hier gemacht und sie mit Pech noch tagelang deshalb aufgezogen. Ob ich selbst das jetzt als Glück aus meiner Sicht sehen konnte... keine Ahnung, ehrlich nicht. Ich wusste nicht, was ich hiervon halten sollte und das änderte sich auch nicht als ich im Spiegel über dem Waschbecken sah, wie die junge Frau spärlich bekleidet aus der Kabine taumelte. Ich mochte ja ein Gentleman sein, aber ich war trotzdem auch einfach nur ein Mann. Noch dazu einer, der sich seit einer gefühlten halben Ewigkeit Nichts mehr gegönnt hatte. Ich versuchte ja wirklich nicht hinzusehen, aber es war furchtbar anstrengend und so schweifte mein Blick doch immer wieder zum Spiegel, bevor ich ihn tief durchatmend nach unten auf meine Hände abwendete, die ich verkrampft auf den Waschbeckenrand stützte. Sie könnten bei der Army doch auch einfach mal Badehandtücher verteilen statt diesen gefühlt nur halben Handtüchern - als würde das Irgendwas hiervon leichter erträglich machen... Ich hätte wirklich lieber Kehrt machen sollen, ertappte ich mich jetzt doch fast durchgängig bei Gedanken, die ich nicht haben sollte. Deshalb schüttelte ich auch kaum sichtbar den Kopf und strich mir die Haare nach hinten zurück, als ich mich wieder aufrichtete und langsam umdrehte, den Blick möglichst überall hin, aber nicht auf die junge Frau gerichtet. Ich schlüpfte gerade aus den einfarbig schwarzen Schlappen und öffnete den Mund, um Etwas zu erwidern, als ich durch eins der winzigen, gekippten Fenster über Kopfhöhe zu meiner rechten Stimmen von draußen hörte. Männliche, die ich zwar nur teilweise zuordnen konnte, aber stetig näher kamen. Mein Blick fing dann ziemlich hektisch an den Raum nach Etwas abzusuchen, das in irgendeiner Art und Weise taugen könnte, um den Henkel der Tür zu verbarrikadieren. Die waren ja nicht bescheuert und ließen einen Schlüssel in der Tür stecken. In der schmalen Nische mit Putzutensilien unweit der Waschbecken wurde ich dann fündig und ich konnte selber wohl gar nicht so schnell gucken, wie ich von A nach B hechtete und gerade so noch rechtzeitig an der Tür ankam. Kaum war der Stiel des Wischmops zwischen Tür und Henkel verkeilt, versuchte Jemand die schwere Metalltür zu öffnen und ich bedeutete Faye - obwohl sie sicher noch halbwegs fähig war die Situation einzuordnen - mit einem Blick und dem Zeigefinger an den Lippen, einfach still zu sein. Ich konnte es mir vermutlich noch viel weniger als die junge Frau selbst erlauben, hier mit ihr gesehen zu werden. Mal davon abgesehen, dass ihre Schwester mich ganz sicher dafür hassen würde, konnte ich mir in meiner Lage einfach absolut Nichts mehr erlauben, hatte schon eine - wenn auch nur mündliche - Abmahnung des Sergeants kassiert. Ich wollte ja keinen der Jungs, die gerade sichtlich verwirrt waren, warum die Tür sich nicht öffnen ließ, voreingenommen des Petzens beschuldigen, aber ich war nicht in der Position das Risiko einzugehen. Zumal es Faye sicher auch ganz recht war, wenn die Typen keinen Blick auf sie werfen konnten - sichtlich aufgebracht und noch dazu wenig bis gar nicht bekleidet. Die Verwirrung hielt an und wich etwas weniger als zwei Minuten später einfach der Akzeptanz, weshalb sie langsam den Rückweg antraten und die Stimmen wieder versiegten. Erst dann bemerkte ich, dass ich den Atem angehalten hatte und stieß die Luft hörbar wieder aus, bevor ich mir mit den Händen über das Gesicht strich. "Sammel' dich erstmal, bevor du wieder raus gehst.." richtete ich mein Wort dann erstmals wieder an die junge Frau am Ende der Duschkabinenreihe, überging die Situation von gerade eben ganz gekonnt, weil wir ziemlich sicher beide sehr gut wussten, weshalb ich das getan hatte. Dann ging ich zu besagtem Fenster, das mir eben den Arsch gerettet hatte, um es zu schließen. Konnte ich die Anderen draußen hören, konnte man uns hier drin theoretisch leider auch von draußen hören. "Es ist wegen deiner Schwester, hm..?" fügte ich noch ein paar Worte, eine leise Vermutung an, weil ich drückendes Schweigen gerne vermeiden wollte, war der Moment hier sowieso schon wieder so absolut unangenehm. Noch währenddessen ging ich zurück zu meinen Sachen, um zum Einen die dreckige Stoffhose loszuwerden und zum Anderen nach meinem Handtuch zu greifen, welches Ich kurz darauf über den oberen Rand der ersten Duschkabine warf. Ich musste wirklich nicht noch näher an die Brünette heran, wenn ich die Situation so gut es ging im Griff behalten wollte. Mich beschlich das ungute Gefühl, dass der Abstand, den ich bewusst gehalten hatte, es nur noch schwieriger machte dem Ganzen zu widerstehen.
Im Grunde sagte Aryana uns natürlich Nichts mehr, was wir nicht schon einmal gehört hatten. Wir Alle kannten den Plan, waren ihn schon mehrfach durchgegangen und trotzdem tat es mir persönlich immer wieder gut, ihn vor dem eigentlichen Einsatz noch ein weiteres Mal zu hören. Ihn sich vollkommen in meinem Kopf ausbreiten und keine anderen störenden Gedanken mehr hinein kommen zu lassen, bis die Aktion vollendet - oder nur beendet, eben je nachdem - war. Die Strategie mochte simpel sein, war aber sowieso so ziemlich die einzige Möglichkeit, Alles möglichst sicher über die Bühne zu bringen. Es hatten noch andere Vorgehensweisen zur Debatte gestanden, aber die hier schien weiterhin die beste zu sein. Nach der letzten Instruktion, den letzten Anordnungen seitens Cooper, erfolgten schon bald die Griffe zu den Waffen und wir machten uns auf den Weg. Erst in zwei größeren Gruppen, die sie schließlich aber jeweils nochmal durch drei teilten, als wir ausschwärmten, um das Gebiet so gut wie nur irgendwie möglich abdecken zu können. Die Straßen waren wie vorhergesehen ruhig, bis dato keinerlei Fahrzeuge unterwegs und auch Zivilisten liefen uns bis jetzt noch nicht über den Weg. Vielleicht waren die auch einfach schlau genug, aus unserem Anrücken direkt an die Stadt ihre Schlüsse zu ziehen und blieben deshalb freiwillig lieber Zuhause. Fast zwanzig Minuten konnten wir ungehindert vor rücken, bevor ich den ersten, wenn auch schallgedämpften Schuss hörte, der unweit von uns auf den Boden traf, woraufhin ich mich reflexartig näher an die Hauswand hinter mir drückte. Ich warf einen Blick durch das Visier des Maschinengewehrs und suchte umliegende Gebäude, offene Fenster nach dem Schützen ab. Als er erneut schießen wollte und deshalb den Kopf über den unteren Rand des Fensterrahmens hob, entdeckte ich ihn und knippste ihm ohne zu zögern mit einem gezielten Kopfschuss das Licht aus. Im Gegensatz zu uns waren die Idioten meistens naiv genug, keine Helme zu tragen. Letztere hielten zwar nicht allen Kalibern stand, aber waren immernoch besser als sein essentiellstes Lebensorgan einfach so leichtfertig dem Tod auszusetzen. Wir legten dann noch ein paar weitere Meter zurück, bevor es mit der Ruhe ein endgültiges Ende hatte und sie erbarmungslos das Feuer eröffneten. Direkt auf der Straße war ich für meinen Geschmack aber viel zu ungeschützt, weshalb ich kurzerhand wenige Schritte weiter vor machte und ein Fenster zu meiner linken mit dem direkt an der schwarzen Jacke - ja, heute mal nicht in Tarnfarben, was ich persönlich echt angenehm fand - angebrachten Schoner geschützten Ellenbogen einschlug. Ich schwang mich ins Innere des Gebäudes und entging damit knapp einer hinter mir vorbei zischenden Kugel, der ich aber nicht einmal wirklich Beachtung schenkte. Stattdessen ging ich weiter zum nächsten Fenster mit besserer Position und versuchte von dort aus das Feuer zu erwidern. Die Scheibe schoss ich ebenfalls einfach kaputt, weil ich für das ordnungsgemäße Öffnen eines Fensters nun wirklich keine Zeit hatte. Der Gegner ging jetzt sehr aggressiv vor, aber bisher schafften wir sie noch ganz gut in Schach zu halten, weshalb ich einfach immer wieder tief durchatmete und dann gezielt Schüsse abfeuerte, ohne auch nur darüber nachdenken zu müssen.
Es war wirklich kaum zu glauben, wie unvorsichtig sie war. Grundsätzlich heulte sie nirgendwo ausser in ihrem Zelt, auch wenn man ihr momentan wohl trotzdem dauerhaft ansah, dass sie nicht gerade in Höchstform war. Solche emotionalen Zusammenbrüche in der Dusche waren einfach nur dumm. Was sollte bitte jeder denken, der sie hörte oder sah?? Faye war bewusst, dass sie auch ohne Nervenzusammenbrüche nicht als sonderlich starkes Glied dieser Gruppe galt. Dass sie sich davor hüten sollte, sich noch mehr Blösse zu geben. Noch dazu genau dann, wenn sie ihre Duschen mit den Männer teilten – sie konnte ja Gott danken, dass genau Victor vor all seinen Kollegen hier eingetroffen war! Mühsam versuchte sie, das Handtuch an Ort und Stelle zu halten, während sie nach ihren Kleidern fischte. Aber nicht lange, denn plötzlich erklangen draussen Stimmen von Männern, die beständig näher kamen. Und Faye hielt genau wie Victor die Luft an, starrte in seine Richtung, während er es irgendwie schaffte, rechtzeitig die Tür zu verbarrikadieren. Er hätte es ihr nicht sagen müssen – denn selbstverständlich kam sie selber auf die Idee, jetzt keinen Mucks von sich zu geben. Stattdessen trat sie auf Zehenspitzen rückwärts zurück in die Duschkabine und wartete mit pochendem Herzen darauf, dass die Stimmen sich wieder entfernten. Und immerhin das schien heute gut für sie zu laufen, denn die Männer gaben nach ein paar zittrigen Minuten auf und verschwanden motzend wieder. Faye blieb wo sie war, versteckte sich weiter hinter dem grünen Plastikvorhang, welcher ihre Kabine von der nächsten trennte. Sie fühlte sich verdammt unwohl in dieses kleine Handtuch gewickelt und hatte das dringende Bedürfnis, sich anzuziehen. Denn im Grunde war das genau eine der Situationen, vor denen sie sich und Victor hatte bewahren wollen. Die alles nur noch schlimmer machten. Sie machte alles kaputt und konnte gar nicht damit anfangen, sich zu entschuldigen, während sie sich benahm wie eine kleine Schlampe. Victors Ratschlag war wahrscheinlich gut gemeint, aber wirklich helfen tat ihr das kaum. Sie wollte nicht hier sein. Sie wollte nicht diese Freundschaft, die ihnen eigentlich so wichtig war, zerstören, weil sie ihre Nerven nicht im Griff hatte. Sie wollte nicht heulen und sie wollte ihn nicht in eine weitere, einfach nur unangenehme Situation schleifen. Also blieb sie wo sie war, während er… irgendwas machte. Das Fenster schloss und sowas halt. Eigentlich wäre es am besten, sie würde jetzt gleich verschwinden, auch wenn Victor ihr gerade das Gegenteil geraten hatte. Wenn sie genau jetzt durch die Tür schlüpfte, dann wäre sie wahrscheinlich weg, bevor der Nächste auf dem Weg zu den Duschen sie sah. Aber sie war noch praktisch nackt. Und sie wagte sich nicht ein zweites Mal aus dem Schatten ihrer Kabine, um ihre Kleider zu holen. Nicht, solange Victor irgendwo herumschlich und sie das alles nur noch schlimmer machen konnte. Faye vernahm seine leisen Worten, die ihr automatisch wieder den Hals zuschnürten und ihr noch so viel mehr Tränen in die Augen trieben. Mühsam schluckte sie ein paar Mal, um zu verhindern, dass auch nur ein einziger Schluchzer zu hören war. Ihre Hände zitterten vor Aufregung und weil sie so verbissen gegen das Weinen kämpfte, welches ihren Körper bis eben so fest im Griff hatte. So dauerte es auch einige lange Minuten, bis sie sich die passenden Worte für eine Antwort zurechtgelegt hatte. „Es ist ein… ein Bisschen schwierig… im Moment“, gab sie leise zu, kämpfte gegen das Zittern ihrer Stimme genauso stark wie gegen die Tränen in ihren Augen. Sie versuchte wirklich, kein Drama aus ihrer absolut eindeutigen Verstimmung zu machen. Sie wollte nicht wieder ein Klotz an Victors Bein sein, hatte nicht vor, das zu seinem Problem zu machen. Es reichte, dass sie hier so absolut schwach vor sich hin geheult und er das mitbekommen hatte. Also war es eben nur ein Bisschen schwierig. Und sie ein Bisschen zu dramatisch und ein Bisschen zu nackt für dieses Gespräch. "Ich... ich komm schon klar, Victor. Irgendwie geht es immer...", sie wickelte das Tuch neu um ihren Körper, trat mit zaghaften Schritten und absichtlich von ihm abgewandt, aus der Kabine, um sich ihre Klamotten zu fischen und sich damit wieder hinter dem Plastik zu verstecken. "Ich kann auch gleich gehen. Es kommt keiner mehr - und wenn doch, dann hab ich mich verlaufen", bemühte sie sich darum, diesen Abend nicht noch unangenehmer für sie beide zu gestalten. Ihre Stimme klang belegt und sie zog immer wieder die Nase hoch. Aber dass sie geweint hatte - oder weinte - wusste er sowieso, da konnte sie schlecht noch ein Geheimnis draus machen.
Es ging ziemlich lange ganz gut. Sie kamen unbemerkt - oder jedenfalls ungehindert - voran und schliesslich hatte jeder seine Position in ihrer Formation eingenommen. Dann dauerte es aber nicht mehr sehr lange, bis die Ruhe ein ziemlich abruptes Ende nahm. Erst fielen die Schüsse nur vereinzelt, dann immer häufiger und schliesslich wurde es immer schwerer, zu eruieren, hinter welchen Mauern ihre Gegner mit den Waffen lauerten. Aber noch hatten sie die Situation soweit unter Kontrolle und ihr Funkgerät bestätigte das stetige Vordringen ihrer Truppen. Denn es gab einen eindeutigen Vorteil, wenn man sich in feindlichem Gebiet befand: Die Gegner würden erst im äussersten Notfall auf die Idee kommen, gröbere Geschütze als die Schüsse ihrer Waffen aufzufahren, da dies ein ziemlich grosses Risiko mit sich trug, ihre eigenen Leute zu treffen. Sie hingegen wussten ganz genau, wo ihre Kollegen sich gerade befanden und wo ganz sicher nicht. Sobald sie also nahe genug am Lager ihrer Feinde waren - bei den zwei grossen Gebäuden in der Mitte ihrer Umzingelung, die als Festung des IS galten - konnten sie Granaten werfen. Sie konnten die Mausefalle anzünden und ausräuchern, bis das Gesindel wie Ratten nach draussen kroch. Das war auch mehr oder weniger der Plan - mit viel Handlungsspielraum, je nach dem, wie sich dieser Kampf bis dahin entwickelte. Es galt nämlich mit allen Mitteln zu verhindern, dass sie einfach durch irgendwelche unterirdischen Tunnel, die mit grosser Wahrscheinlichkeit irgendwo hier bestanden, flohen. Und dann mussten sie auch unbedingt jeden dingfest machen, der nach draussen flüchtete, da ihre Gegner für ihre Kamikaze-Attacken mehr als bekannt waren. Aber das war noch einige Minuten oder Stunden weg. Gerade mussten sie viel mehr darum sorgen, nicht abgeknallt zu werden und trotzdem vorzudringen. Zu verhindern, dass sich die Schweine zu tief in ihre Löcher zurückzogen. Aryana hatte ziemlich nahe bei Mitch in einem Hauseingang Schutz gefunden, feuerte immer wieder in die Richtung, aus der die Schüsse auf sie nieder hagelten. Sie atmete tief durch, schoss, dachte nur daran, wo ihr nächstes Ziel war und wie sie dorthin kam. Es ging minutenlang so weiter, während das Adrenalin durch ihr Blut rauschte wie eine Droge, sie trotz der langsam gänzlich einkehrenden Dunkelheit hellwach bleiben liess. Sie erwischten viele ihrer Gegner, so viele, dass die Schüsse für einen Moment ein Bisschen weniger wurden und Aryana sich aus dem Schutz der Hausmauer hervorwagte, um sich fünfzig Meter weiter vorwärts, fünfzig Meter näher zu ihrem Ziel, zu kämpfen. Die anderen taten es ihr gleich, zumindest die, die sie in ihren Augenwinkel sehen konnte. Die, die sie im Funkgerät hörte. Alle kamen vorwärts, nicht schnell, aber beständig. Sie gaben denjenigen Rückendeckung, die rannten, warteten dann wieder, während sie die Schüsse ihrer Gegner einordneten und die Dunkelheit zu ihrer stärksten Waffe machten. Sie erreichten die Häuser nicht so schnell wie erhofft, aber trotzdem in absehbarer Zeit. Und Aryana gab nach kurzer Funkrücksprache ohne zu Zögern den Befehl zum Abwurf der Granaten. Und zwar so weit wie möglich ins Erdgeschoss. Denn wie gesagt - eventuelle Tunnels sollten gar nicht mehr zur Auswahl stehen, für jeden, der diesem sehr bald brennenden Chaos entfliehen wollte.
This is your life, it's do or die, the sun may never rise again, so be the light the vision. This is your life, it's slipping by, you try to run but fall again, you get back up that's living.
Ja, wem sagte sie das... "etwas schwierig im Moment" war eine ziemlich gute Beschreibung für das, was die letzten Tage und Wochen immer wieder in meinem Schädel hoch und runter gerattert war. Dass die junge Frau so fertig mit den Nerven war, schob mir nur noch mehr ein schlechtes Gewissen zu, als ich es ohnehin schon hatte, weil ich sie etwas auf Distanz geschoben hatte. Faye hatte schon genug damit zu tun nicht permanent daran zu denken, dass ihrer Schwester gerade womöglich sonst was passieren konnte und sie nicht in ihrer Nähe war, um... was auch immer eben zu verhindern. Dann kam auch noch die merkwürdige Anspannung zwischen uns dazu und ich konnte sehr gut sehen und hören, wozu das jetzt geführt hatte. Auch ihr nach weiteren unerbittlichen Sekunden des Schweigens noch folgendes 'Irgendwie geht es immer' machte es absolut nicht leichter erträglich für mich. Sonst hatte ich der jungen Frau immer mit noch so simplen Worten und Gesten, Umarmungen oder einer Massage helfen können, die unliebsamen Gedanken weitgehend loszuwerden. Mit auch nur Irgendwas. Und jetzt? Ich wusste, warum das Alles so plötzlich weg war und weshalb wir es beide so gekonnt vermieden, es ganz einfach totschwiegen, aber es schien mich hier drinnen sekündlich mehr zu zerreißen. In meinem Kopf stritten sich vehement die beiden Parteien weiter. Die vernünftige, die 'Ja' zu ihrem folgenden Vorschlag einfach gleich zu gehen sagen wollte, um so weit es ging Alles zu vermeiden, was sonst rein theoretisch gesehen passieren konnte. Dann war da eben aber auch noch die andere Hälfte, die sich in den letzten Tagen immer mehr zu behaupten versuchte. Die, die mir einreden wollte, dass die Brünette sich ebenso sehr wie ich danach sehnte, dass wir die unsichtbare Barriere einfach bei Seite schoben und da weiter machten, wo wir so abrupt aufgehört hatten. Selbst, wenn es weiterhin nur Umarmungen oder anderweitige, kleine Berührungen wären, die mich erwarten würden und nicht mehr. Meine Nerven waren zum Zerreißen gespannt und ich wusste absolut nicht mehr, welche Gedanken nun angebracht waren und welche nicht, mein Kopf war das reinste Minenfeld. Während ich also einfach schweigend in der Kabine stand, noch immer mit den Boxershorts an den Hüften, lehnte ich meinen Kopf an die kalten Fliesen und biss mir leicht in die rechte Faust, bevor ich sie kurz darauf wieder sinken ließ. Lieber hätte ich sie einfach gegen die Fliesen geschlagen, um die Gedanken durch anhaltenden Schmerz zu ersetzen. Und eben gerade weil mein Hirn gerade so gar nicht auf einen brauchbaren Nenner kam, erfolgte wohl die folgende Scheiß-Drauf-Kurzschlussreaktion. Meine Füße trugen mich mit jetzt wie leer gefegtem Kopf doch ziemlich zielstrebig weiter hinter in den Raum. Dorthin, wo Faye eben noch ihre Klamotten eingesammelt hatte. Ehe ich mich versah stand ich direkt vor ihr und nahm ihren Kopf in meine Hände, wobei der Daumen der rechten Hand ihr einmal über die noch leicht feuchte Wange strich. Meine Augen fixierten die ihren, die noch sichtlich gerötet waren. "Es tut mir leid..." murmelte ich kaum hörbar vor mich hin, wobei ich ihr mit meinem Gesicht schon ziemlich nahe war. Was genau eigentlich? War ja nicht nur meine Schuld, dass es so war, wie es... naja, jetzt gerade wahr. "Aber ich... ich kann nicht mehr..." Irgendwie kam da gerade nichts Brauchbares bei raus. Ich fand absolut nicht die Worte, die ich finden wollte, während mir das Herz schon bis zum Hals schlug. Deshalb dauerte es auch nur noch zwei ewig lange Sekunden, in denen ich sie weiterhin direkt ansah, bevor ich das letzte bisschen Distanz einfach überbrückte, die Augen schloss und meine Lippen sachte, aber nicht zögerlich mit den ihren verschloss, was den Sturm in meinem Kopf für den Moment gänzlich niederlegte. Ich wollte mich ihr nicht ohne Widerrede zu dulden aufdrängen, hielt deshalb nach dem Kuss noch einmal kurz inne, suchte erneut ihren Blick. Falls Faye immernoch gehen wollte, würde ich sie lassen. Nicht, ohne dabei gewissermaßen Selbsthass zu entwickeln, aber wenn sie das nicht wollte, würde ich sie ohne zu murren ziehen lassen.
Langsam aber sicher ging es weiter vorwärts. In meinen Augen spielte es keine große Rolle, ob wir nun eine Minute mehr oder weniger bis zu deren Hauptbasis kamen, solange dabei Alles so weit wie möglich glatt lief. Natürlich durften wir uns auch nicht zu viel Zeit lassen, weil die Fluchtgefahr ja durchaus bestand, aber lieber einen oder zwei der Anderen entwischen lassen, als den nächsten Soldaten aus den eigenen Reihen vom Boden kratzen zu müssen. Soweit ich wusste, was das hier ja auch unsere oberste Priorität und der schienen wir erfolgreich Folge leisten zu können. Denn als wir dann das Quartier der Arschlöcher mehr oder minder direkt vor der Nase hatten war meines Wissens noch Niemand zu Schaden gekommen - sofern ich das beurteilen konnte in meiner Position, ein allsehendes Auge für die Kameraden, die weiter entfernt standen, hatte ich natürlich nicht und bei dem hohen Geräuschpegel der Schüsse um uns herum konnte ich auch die Funksprüche nur teilweise hören. Aber es lief gut und deshalb zündeten etliche Soldaten um mich herum und auch weiter entfernt ihre Granaten, zogen den Sicherheitsmechanismus heraus und warfen sie direkt ins Gebäude - ich nicht, weil sehr gezieltes Werfen eher nicht meine Stärke war. Weit werfen war nicht das Problem, aber wenn es darum ging Fenster oder Türen zu treffen... nein, das überließ ich dann lieber den talentierteren Kameraden um mich herum. Zum Großteil landeten sie auch wie geplant direkt im unteren Geschoss, was die Schüsse aus dieser Richtung für kurze Zeit auch komplett stumm werden ließ. Während ich im Schutz einer niedrigeren Mauer eines kleinen Vorgartens weiter durchs Visier meines Gewehrs sah, versuchten viele der IS-Soldaten noch aus den Mauern des Gebäudes zu flüchten, bevor es einstürzen würde. In ihrer Panik wurden einige von ihnen dabei auch unvorsichtig und stürzten blind aus dem Gebäude, was für uns die perfekte Gelegenheit war, noch so vielen wie möglich das Leben auszulöschen, während im Hintergrund die Granaten ihre volle Kraft zum Besten gaben. War wie immer sehr unangenehm für die Ohren, aber nach kurzem Innehalten wieder halbwegs gut auszublenden. Die Mauern des Gebäudes gaben Stück für Stück nach und brachen in den Flammen zusammen. Von den wenigen, die sich sicher vor den Explosionen gerettet hatten, fielen jetzt noch weiterhin ein paar Schüsse. Es dauerte aber gar nicht lange, bis auch diese stetig immer weniger wurden und es letztendlich auch tatsächlich wieder ruhig wurde. Nur das laute Knistern der hohen Flammen und weiterhin fallende Mauerbrocken des eben noch vorhanden gewesenen Gebäudes waren zu hören, die Schüsse selbst waren aber versiegt. Ich hielt meine Position und sah noch gut eine halbe Minute weiterhin durch das Visier der Waffe, um eventuell übrig gebliebene Nachzügler - die ich der Granaten wegen für unwahrscheinlich hielt, aber man wusste leider nie - noch ausschalten zu können. Aber es blieb weiterhin ruhig, weshalb mein Blick dann zu der nur wenige Meter weit entfernten Aryana glitt.
Es kam keine Antwort und sie konnte nicht anders, als ihre Worte nochmal in ihrem Kopf durchzugehen, um den eindeutigen Fehler darin zu finden - den Grund, warum er jetzt still blieb. Das war es doch, was sie hatte sagen müssen… oder nicht? Dass sie ging. Dass sie klar kam, dass er sich kein Gewissen machen sollte und alles wieder gut werden würde, sie ihn dazu nicht brauchte, es irgendwie selber schaffte. Das war es doch, was sie die letzten Wochen über immer gesagt hatten. Dass es nicht so schlimm war. Dass sie ihre Probleme unter Kontrolle hatten. Faye stand in der nassen Duschkabine, mit tropfenden Haaren und ihren frischen Kleidern auf dem Arm, irgendwie planlos, irgendwie verloren, als sie plötzlich seine Schritte hörte und ihr Herz augenblicklich ein drittes Mal viel zu nervös zu pochen begann. Sie klammerte sich an das Handtuch, blickte sich schutzsuchend um, weil er ganz offensichtlich vergessen haben musste, dass sie noch nicht angezogen war. Aber da stand er auch schon vor ihr. Wich keinen Meter zurück, als er sie sah, sondern bettete ihr Gesicht in seine Hände und Faye schaute ihn einfach nur aus grossen Augen an. Es tat ihm leid?? Was denn?? Dass sie dumm war? Dass sie sich vor zwei Wochen im Zelt nicht hatte zusammenreissen können? Sie schüttelte leicht den Kopf, als möchte sie darauf protestieren, doch brachte kein Wort über die Lippen. Und dann war die Frage, wer woran die Schuld trug, auch vollkommen hinfällig. Denn Victor beschloss, die Grenze endlich und unwiderruflich zu überschreiten und das zu tun, was sie sich offenbar beide seit Wochen gewünscht hatten. Ja, sie konnte auch nicht mehr. Und genau das schrien ihre Lippen ihm geradezu entgegen, als sie den Kuss mit all der angestauten Sehnsucht erwiderte, die sie über die ganzen langen Wochen aufgebaut hatte. Verdammt sie konnte nicht länger so tun, als wäre das nicht genau das, was sie wollte. Und wenn er beschloss, diese Barriere aufzuheben, würde sie mehr als bereitwillig das genau Gleiche tun. Faye schnappte leicht nach Luft, als er sich so bald schon wieder von ihr löste, um ihr stattdessen wieder in die Augen zu blicken. Aber es gab noch immer nicht mehr zu sagen, als ihre Augen von selbst aussprachen. All die Worte, die Entschuldigungen, die leisen Bitten… Sie brauchte es nicht beim Namen zu nennen, lehnte stattdessen ihre Stirn an seine, hob den rechten Arm, mit dem sie bis eben noch ihre Kleider festgehalten hatte, die nun auf den nassen Boden verteilt lagen. Ihre Hand legte sich an seinen Hinterkopf, strich durch seine Haare und zog Victor noch näher. "Bleib... bei mir... bitte", flüsterte sie an seine Lippen, während sich erneut Tränen aus ihren Augenwinkel lösten. Denen sie aber keinerlei Beachtung schenkte, weil Faye viel zu beschäftigt damit war, ihre Lippen wieder auf seine zu legen. Den Kuss von gerade eben fortführte, als hätte er nie geendet.
Der Lärm war wie immer ohrenbetäubend und würde Einigen wohl für viele Tage einen Tinnitus setzen. Aber Aryana beobachtete alles aus ihrer Deckung, betrachtete jedes Detail der Explosion und der einstürzenden Häuser. Und obwohl sie so gut wie keine euphorischen Persönlichkeitszüge mit sich trug, bildete sich für ein paar kurze Sekunden ein erleichtertes Lächeln auf ihrem Gesicht. Es hatte geklappt. Eine Hölle weniger in diesem Land. Vielleicht keine grosse, aber das war es nicht, was zählte. Nun galt es aber, alle wieder in Sicherheit zu bringen, denn mit dem Vergeltungsschlag des IS war nicht zu spassen. Er würde härter denn je ausfallen und wenn sie sich nicht rechtzeitig hinter die Mauern eines Camps zurück bewegten, würden sie alle nicht leben, um den Sieg dieser Nacht zu feiern. Aryana liess den Blick weiter über die lodernden Flammen gleiten. Fasziniert von der Zerstörungskraft des Feuers. Aber es würde bald ausgehen, hatte nichts, worauf es nach den Überresten der Ruinen übergreifen konnte. Oder jedenfalls konnten sie hier nicht mehr dafür sorgen, ein Feuer zu löschen, denn Aryana wies umgehend alle Truppen zum Rückzug an, sobald sie sich sicher war, die Arbeit getan zu haben. Sie hatte keine Ahnung, nicht mal ne Schätzung, wie viele Gegner sie zur Strecke gebracht hatten heute. Aber das Quartier hier war wichtig für sie. Sie konnten stolz darauf sein, es dem Erdboden gleich gemacht zu haben. Jedenfalls später oder morgen konnten sie stolz sein. Gerade galt noch immer ihre volle Konzentration den Strassen, durch die sie sich zurück schlängelten. Sie war sich sicher, dass jemand vom IS Verstärkung angefordert haben musste. Also standen die Chancen, dass der Kampf wirklich schon vorbei war, doch noch nicht so positiv, wie sie sich das vielleicht wünschten. Und genau darum wies sie die Männer erneut dazu an, wachsam zu bleiben und schneller zu laufen.
This is your life, it's do or die, the sun may never rise again, so be the light the vision. This is your life, it's slipping by, you try to run but fall again, you get back up that's living.
Das brauchte sie mir nun wirklich kein zweites Mal mehr zu sagen. Wohl das letzte, was mir jetzt in den Sinn kommen würde, wäre einfach wieder zu gehen und Faye alleine zu lassen. Es war mir egal, wie riskant es war, sich noch über längere Zeit hier mit ihr aufzuhalten, würde doch früher oder später sicher irgendwer Nachhaken gehen, warum die Duschen nicht wie sonst noch bis 21.30 Uhr offen waren. Ob jetzt womöglich auch die zweite Anlage gesperrt worden war, weil auch da irgendeine Leitung den Geist aufgegeben hatte oder ob sich da einfach Jemand einen Spaß erlaubt. Es spielte im Hier und Jetzt keine Rollen mehr, weshalb ich mich ohne weitere Gedanken diesbezüglich aufkommen zu lassen einfach wieder auf den folgenden Kuss einließ, auf den ich schon viel zu lange hatte warten müssen. Unweigerlich hatte ich schon darüber sinniert, wie es wohl wäre die junge Frau hier direkt vor mir zu küssen - gut, ja, vielleicht auch etwas mehr, ich wollte mich hier nicht selbst anlügen, war eben auch nur ein gerne mal von seinem Testosteron beeinflusster, junger Mann. Aber das musste ich jetzt nicht mehr, konnte ich Fayes unfassbar weiche, sinnliche Lippen doch endlich auf den meinen spüren und es war mindestens genauso gut, wie ich es mir vorgestellt hatte. Ich ließ all die aufgestauten Gefühle einfach überlaufen, weshalb der Kuss auch schon sehr bald deutlich intensiver, leidenschaftlicher wurde. Meine linke Hand blieb weiterhin an ihrer Wange, während die rechte langsam aber stetig abwärts wanderte. Erst seitlich über den Hals, weiter runter über ihre schmale, nackte Schulter, noch ein Stück weit über ihren Oberarm und dann lösten sich meine Finger dort kurzzeitig von ihrer Haut. Allerdings nur, um weiter unten wieder anzusetzen. Meine Finger stahlen sich durch den schmalen Spalt, den das viel zu kleine Handtuch an der von Faye eher mittig am Oberkörper geknoteten Stelle ließ. Der Knoten selbst lockerte sich dadurch schon ein wenig, war er ohnehin ziemlich arg unter Spannung, weil das Handtuch schlicht zu kurz und zu klein war, sich jetzt auch noch mein Arm dazwischen, darunter schob und meine Hand auf Taillenhöhe an Fayes Rücken auf ihrer Haut lag, um sie an mich zu drücken. Damit auch ja auch nicht nur ein Zentimeter zu viel Platz zwischen uns war, ich duldete keinerlei Abstand mehr. Davon hatten wir in den letzten Wochen mehr als genug gehabt, es gab Einiges nachzuholen - also wenn es nach mir ging, aber ich war mir eigentlich auch sehr sicher, dass die Brünette das kein bisschen anders sah. Dazu waren die Signale, die von ihr ausgingen, doch viel zu eindeutig.
Gut, also ab zurück zum eigenen Camp. Ich nickte quasi für mich selbst, bevor wir umdrehten und den Rückweg antraten. Anfangs lief das auch wie geplant und wir kamen ohne Zwischenfälle voran, wobei mein Blick jedoch unaufhörlich weiter die Umgebung nach eventuellem Feindpotenzial absuchte. Denn es war, wenn man mich fragte, ganz einfach viel zu still. Es war zu einfach gewesen und nur sehr unwahrscheinlich würde jetzt so gar Nichts mehr passieren. Der IS war nicht dafür bekannt, seine Stellungen mehr oder minder kampflos einfach so aufzugeben, viel mehr war sture Verbissenheit deren Ding, ganz gleich welche Folgen und Kosten das dann hatte. Als wir dann schon über die Hälfte des Weges hinter uns hatten hörte ich erst entfernte Schüsse und dann Aryanas Funkgerät, das eine hektische, fast panische Stimme verlauten ließ. Es waren nicht mehr Viele auf dem Posten, den wir vorübergehend am Ende der Stadt bezogen hatten. Oder zumindest waren es nicht genug, denn wie der Kerl am anderen Ende der Leitung klar verlauten ließ, steckten sie da jetzt ziemlich in der Patsche, wurden angegriffen. Tatsächlich dauerte es nach seinen gehetzten Worten dann nicht mehr lang, bis die Kugeln auch auf uns wieder nieder hagelten. Überwiegend kamen sie direkt von vorne, wollten uns den Weg zum Lager damit abschneiden, was im ersten Augenblick auch fabelhaft funktionierte. Wir mussten notgedrungen wieder Schutz suchen und inne halten, erst einmal die Feinde lokalisieren. Die meisten schienen sich wieder im Erdgeschoss und dem ersten Stock der umliegenden Gebäude zu befinden und waren ein halbwegs leichtes Ziel, aber nicht alle. Es schienen sich aber auch einige der gegnerischen Soldaten direkt auf den flachen Dächern zu befinden und waren damit kaum einsehbar, hatten absolute Pool-Position und boten nur wenig bis gar keine Angriffsfläche. Ohne selbst ein oder zwei Stockwerke höher zu gehen würden wir die nicht erwischen können. Deshalb warf ich über meine linke Schulter hinweg einen Blick durch ein kleines Fenster des Gebäudes hinter mir, welches mir momentan Schutz bot. Ja, da war eine Treppe in unmittelbarer Nähe. "Ich geh' hoch." teilte ich Aryana lautstark mit, damit sie sich meiner Position im Folgenden bewusst war und hechtete dann zur der nur wenige Meter weit entfernten Haustür, trat sie ohne Rücksicht ein - was nicht schwer war, besonders robust schien das Schloss nicht gewesen zu sein. Mit aufmerksam durchs Visier schweifendem Blick arbeitete ich mich zur Treppe vor und ging diese langsam nach oben, den Finger am Abzug. Es war schwer mit den geschädigten Ohren deutlich zu hören, ob im ersten Stock noch jemand war, weshalb ich momentan auf meine Sicht beschränkt war. Aber der erste Stock war leer - bis auf ein paar Zivilisten, die sich unter ihren Betten und Tischen verkrochen hatten und leise vor sich hin wimmerten. Ein kleines Mädchen weinte im Arm ihrer Mutter leise vor sich hin und alle, auch ihre scheinbar ältere Schwester und ihr Vater, sahen mich angsterfüllt an. Ich bedeutete ihnen mit beschwichtigender Handgeste, dass sie vor mir Nichts zu befürchten hatten und dass sie weiterhin leise sein sollten. Die Mutter nickte, bevor sie den Kopf ihrer Tochter wieder an ihre Brust bettete und ihr übers Haar streichelte. Dann sah ich mich nach einer Möglichkeit um, aufs Dach zu kommen und entdeckte einen Raum weiter die Luke nach oben, die lediglich mit einer etwas instabil aussehenden Holzleiter erreichbar war. Ich atmete tief durch und wechselte das Sturmgewehr durch die Pistole aus, hängte mir ersteres über den Rücken, entsicherte dann die deutlich kleinere Handfeuerwaffe. Noch einmal tief durchatmen, dann ging ich möglichst leise die Leiter nach oben, die Pistole dabei permanent auf die Öffnung in der Decke gerichtet, während die Streben unter meinen Füßen knarzende Geräusche von sich gaben. Kaum streckte ich vorsichtig den Kopf durch die offene Luke, betätigte ich das erste Mal die schallgedämpfte Pistole. Noch auf der Leiter stehend schaltete ich einen der gegnerischen Soldaten in unmittelbarer Nähe aus, bevor ich mich durch die nicht unbedingt große Öffnung nach oben aufs Dach hob. Noch möglichst klein in der Hocke sitzend wechselte ich wieder zum Sturmgewehr. Mich schien bis dato sonst hier oben noch Niemand bemerkt zu haben, weshalb ich mich ungestört bis hinter die niedrige Mauer am Rand des Daches fortbewegen konnte. Von dort aus ließ ich mir auch keineswegs lange Zeit, die nervigen Pestbeulen auf den umliegenden Dächern ins Visier zu nehmen und sie abzuschießen. Sie fingen zwar an, sich auch in meine Richtung zu wehren und verzögerten damit meinen Schachzug an sich, aber retten tat sie das trotzdem nicht.
Es war ihr wohl selten so egal gewesen, wie verboten ihr Handeln in einem Moment gerade war. Wenn jemand sie erwischte, hätten sie beide ein Problem. Mit grösster Wahrscheinlichkeit sogar ein ziemlich grosses. Nicht auszudenken, was Aryana sagen würde. Und doch wäre sie noch lange das kleinere Problem, denn sie würde es zwar kaum gutheissen, aber Faye kannte ihre Schwester gut. Mehr als die dringliche Aufforderung, solche Scheisse augenblicklich zu unterlassen, würden sie von der Brünetten nicht zu hören bekommen. Vielleicht später, wenn sie ihr in einem dieser netten Einzelgespräche erklären würde, dass solche Gefühle und Ablenkung sie angreifbar und schwach machten. Wahrscheinlich würde sie sogar zu Victor, um ihm das Gleiche ans Herz zu legen und ihm mit einer mittelmässigen Drohung fest anzuraten, sich von Faye fernzuhalten. Das wars dann aber. Wenn hingegen Warren oder weiss der Teufel wer das hörte… Faye kam nicht weiter mit der Überlegung, da seine Lippen jegliche negativen Gedanken zu dieser Entscheidung hier verblassen liessen, ihre ganze Aufmerksamkeit forderten. Und die Brünette war mehr als gerne dazu bereit, ihm diese zu schenken. Sanft aber bestimmt suchte ihre Zunge nach seiner und ihre Finger vergruben sich tiefer in seinen Haaren. Dieser Moment hatte sie seit Wochen jeden Abend bis in den Schlaf gejagt, wie könnte sie also nicht jede Sekunde davon aufs Vollste auskosten wollen? Ihre linke Hand strich über seine Schulter, auch sie zog Victor noch näher an sich heran, während sie die Arme nach ihm ausstreckte, ihre Finger nun über die definierten Muskeln auf seinem Rücken strichen. Und weil sie sich ihm so entgegen reckte und ihr Herz dabei aus ihrer Brust zu hüpfen drohte, löste sich das Tuch um ihren Körper immer mehr, bis es nur noch dank der Tatsache, dass sie so nah beieinander standen, die Stellung hielt. Wollte sie, dass es zu Boden glitt? Wollte sie, dass er sie nackt sah? Dass er auf all die Gedanken kam, die so viel weiter gingen als diese Küsse? Ihre Lippen und ihr ganzer Körper schrie ein lautes, deutliches Ja. Aber sie war sich nicht wirklich sicher. Da war so vieles, das er nicht wusste… So vieles, was keiner wusste, so vieles, was diese Frage so kompliziert machte. Nur, dass selbst Faye in diesem Moment nicht daran denken konnte, weil seine Lippen sich anfühlten wie eine Droge, von der sie nie genug bekommen würde. Es war so gefährlich und sie war trotzdem so leicht dafür zu begeistern gewesen. Weil sie sich so sehr nach ihm gesehnt hatte. Obwohl sie nie offiziell das Bedürfnis geäussert hatte, ihn zu küssen, hatte sich ihre Seele die ganzen Wochen über so sehr nach ihm ausgestreckt. Nach der Nähe und der Zärtlichkeit, der Liebe und dem Vertrauen. Nach all den Dingen, die ihr keiner hier schenken durfte und die sie doch am meisten begehrte.
Natürlich war es zu einfach gewesen. Natürlich hatte sie den nächsten Angriff erwartet. Aber was hätte sie schon gegen den winzigen Teil ihrer Seele tun sollen, der so hartnäckig gehofft hatte, es würde nicht passieren? Das Funkgerät jammerte zuerst, dann begann der rücksichtslose Kugelhagel. Aryana befahl unmittelbar allen verbleibenden Truppen, sich in Deckung zu bringen - für alle, die noch nicht selber schlau genug gewesen waren, genau das zu tun. Was ausgesprochen wenige waren. Sie hörte Mitchs Worte, nickte ihm mit einem sehr schlichten „Ziel’ gut“, zu, ehe sie direkt ein paar der anderen Soldaten, die für ihre herausragenden Sniper-Qualitäten bekannt waren, dazu anwies, nach Möglichkeit Chilis Beispiel zu folgen. Dann versuchte sie im Schutz einer Garage den Kontakt mit dem Posten am Ende der Stadt aufrecht zu erhalten, auch wenn die Karten für die verbleibenden Männer dort zusehends verschissener aussahen. Und noch während Aryana versuchte, klare Anweisungen durch das Funkgerät zu geben, dröhnte das eindeutige und finale Einschlagen eines Sprengkörpers durch die Leitung. Und dann Totenstille - die Verbindung war abgebrochen. Sehr gut möglich, dass von ihrem Lager überhaupt nichts mehr übrig war. Sie fluchte nicht, schloss lediglich für eine Sekunde die Augen und presste das Funkgerät an ihre Stirn. Das war nicht ihr Plan gewesen. Nicht. ihre. verdammte. Idee. Mehr als eine Sekunde konnte sie sich aber nicht herausnehmen, denn das alles war mit dem einen Schlag noch lange nicht beendet. Aryana führt ihren Mund wieder näher ans Mikrofon, forderte umgehend Verstärkung von der nächsten Basis, welche knapp zwanzig Minuten von dieser Stadt entfernt lag. Aber zwanzig Minuten waren viel Zeit, während ein Mensch Sekunden zählte. Und sie wollte hier keine Männer verlieren. Keinen Einzigen. Dieses Ziel hatte sie zwar wahrscheinlich schon überschritten, so wie die Geräusche des Funkgeräts von vorhin zu deuten waren, aber sie musste alles daran setzen, nicht noch weiter davon abzukommen. Auch wenn die Umstände jetzt erschwert waren, da sie sich in einem bewohnten Viertel mit Häuser voller Zivilisten befanden. Sie konnten keine Granaten mehr werfen, wenn damit das nicht kalkulierbare Risiko von Kollateralschäden so unheilvoll in der Luft lag. Also galt es, gut zu zielen und sich so gut wie möglich zu verteidigen, ohne Verluste einzufahren. Mittlerweile lag auch noch zusätzlich das ohrenbetäubende Pfeifen der Sirenen, welche die Zivilisten sofort dazu aufforderte, sich in ihre Bunker zurückzuziehen, in der Luft. Aber es war keine Bomberwarnung, soviel konnte Aryana aus den schrillen Klängen lesen. Und das war die gute Nachricht. Denn es wäre dem IS zweifellos zuzutrauen, dass sie hier gleich die Stadt dem Erdboden gleich machten, bloss weil sie ihre örtliche Stellung verloren hatten. Die Brünette presste erneut für eine Sekunde die Augen zu, ehe sie sich wieder auf die Bewegungen und die Schüsse draussen konzentrierte. Laufend durchs Visier ihrer Waffe schielte und gezielt den Finger an den Auslöser setzte, wenn sie glaubte, was gesehen zu haben. Es war nicht einfach in der Dunkelheit. Aber es war nicht nur für sie nicht einfach. Und das blieb weiterhin ihr Vorteil, während sie die Stellung hielten, sich immer wieder ein Bisschen bewegten, um sich nicht zu festen Zielen zu machen. Es konnte nicht mehr lange dauern. Nicht mehr lange und die Verstärkung traf ein. Nicht mehr lange und dieses Zittern nahm ein Ende. Ein Zischen durchschnitt die Luft. Aryana wusste, was es war, noch bevor nur ein Haus weiter links die Granate explodierte, Splitter in alle Richtungen setzte und einen schmerzerfüllten Schrei nach sich zog. Sanders. Er war da gewesen, sie hatte ihn vor wenigen Minuten hinter sich gesehen. Ohne lange zu zögern blickte sie sich um. Es war dunkel, wirklich dunkel draussen. Kein Licht erhellte die Strasse. Und es waren vielleicht fünfzehn Meter zum nächsten Hauseingang. Fünfzehn riskante Meter aber es war nicht so, als hätte sie eine Wahl. Aryana hatte schon seit zwei Minuten keinen Schuss mehr abgegeben, keiner achtete auf ihr Fenster, ihre Tür, aus der sie nun rausstürzte, um geduckt in Sanders Richtung zu eilen. Sie blieb nicht unentdeckt… War immerhin soweit die Einzige, die sich gerade auf offener Strasse bewegte. Aber die Schüsse kamen erst, als sie ihr Ziel fast erreicht hatte. Und wieder mal war es mehr Glück als Verstand, dass sie es bis zum nächsten Haus schaffte, durch die halb eingestürzten Wände nach drinnen laufen konnte. Das Wohnzimmer, in dem er lag, war voller aufgewirbeltem Rauch und sie entdeckte Sanders erst, nachdem sie sich mühsam in dem Chaos umgeschaut hatte. Irgendwo hinten in einer Ecke sass er, über Andrews regungslosen Körper gebeugt, während er stöhnend seine Hände an seine eigene Hüfte presste. Aus unzähligen Wunden an seinem Körper drang Blut, aber er selber hatte wohl Glück gehabt, aus guter Deckung geschossen zu haben. Selbst diese schien seinen Körper nur sehr einseitig gegen die Splitter der Granate geschützt zu haben, aber er lebte noch. Noch. Wie sie alle. Ausser Andrews. Und ausser der fremden Frau, welche nur wenige Meter entfernt in verdrehter Position halb über einer Kommode lag, einen tödlichen Splitter tief in die Schläfe gebohrt.
This is your life, it's do or die, the sun may never rise again, so be the light the vision. This is your life, it's slipping by, you try to run but fall again, you get back up that's living.