Herrgott, man konnte auch aus wirklich Allem ein Drama machen. Frauen ganz besonders. Noch ein Grund mehr, weshalb sowas in der Führungsposition ganz klar ungeeignet war, obwohl mir Aryanas Schwester hier noch schlimmer vorkam, als besagter Sergeant selbst. Frauen hatten im Krieg einfach Nichts verloren, waren unnötig hinderlich. "Wenn es um mein Leben und das der anderen geht... dann nein, kann er das nicht. Ich möchte nicht wegen einem Kerl mit Traumata im Sarg landen, während meine Kollegen neben mir begraben werden." gab ich jetzt doch leicht grummelnd zurück, ließ die Kippe in den Sand fallen und trat sie aus, bevor ich sie leicht verscharrte. War wohl eher kein ausgewiesener Raucherplatz, aber dass ich darauf etwas gab wäre auch was Neues. "Gerade du solltest das verstehen, Faye. Du bist hier doch die, die sich heute am allerwenigsten hätte wehren können. Hätte er gar nicht mehr angefangen zu schießen, hätte das heute nämlich auch ganz anders ausgehen können." sagte ich, vollkommen verständnislos gegenüber ihrer forschen Anschuldigungen. Also doch, ich verstand sie schon, akzeptierte ihre Meinung - aber egal war sie mir im Endeffekt dann halt trotzdem. Ich stieß mich dann ganz locker von der Wand ab, als wäre die Welt vollkommen in Ordnung und blieb direkt neben der jungen Frau aber noch einmal stehen, legte ihr die Hand auf die Schulter. "Erzähls ruhig deiner Schwester... aber vergiss nicht, dass du auch hier gestanden warst, hm?" meinte ich noch recht nah bei ihrem Ohr, ehe ich ihr einen leichten Schulterklopfer gab und mich leise vor mich hin summend vom Bürogebäude entfernte. Ich meine, klar, sie konnte schon auf Alles schwören, dass sie nichts gehört hatte und ihre Schwester würde ihr das vermutlich auch so glauben, kannte sie schließlich lange. Aber im Endeffekt stand dann mein Wort gegen ihres und Aryana oblag es nicht zu entscheiden, wer von uns beiden recht hatte. Also konnte die Brünette das ruhig versuchen, aber nicht ohne dass ich sie mit in die Scheiße zog. Darauf konnte sie Gift nehmen.
+ .Sie benehmen sich wie Hunde, die bellen und nicht beißen und für solche Kläffer hab' ich keine Zeit. +
Sie war sich nicht unbedingt sicher, ob sie die richtige Entscheidung getroffen hatte. Aber sie würde wohl einmal mehr ihrem Bauchgefühl vertrauen müssen und dieses hatte sich über die Jahre als ausserordentlich zuverlässig erwiesen. Wenn er doch nochmal so zögerte wie heute, dann konnte sie nur dafür beten, dass die Situation ebenso glimpflich ausgehen würde. Und dann flog Victor zweifellos nach Hause. „Gut. Danke für deine Ehrlichkeit. Das war aber alles für den Moment, du kannst gehen“, erwiderte sie auf sein Angebot, blickte ihn an, während er sich schliesslich erhob, um zur Tür zu treten. Bevor er diese aber erreicht hatte, hielt Aryana ihn nochmal an. "Warum bist du zurückgekommen..? Nach all den Jahren?“, die Frage brannte ihr schon die ganze Zeit auf der Zunge. Er brauchte ja nicht zu antworten, wenn er darüber nicht reden wollte. Dass die Antwort mehr ihrem persönlichen Interesse als der Kriegsführung diente, lag immerhin auf der Hand. Sie wollte es wissen, weil es für sie nur zwei Erklärungen gab. Entweder floh er vor irgendwas, das zu Hause geschehen war, beziehungsweise ihm keine Ruhe hatte lassen wollen, oder er hatte eine offene Rechnung mit diesem Krieg, hatte damit noch nicht abgeschlossen. Oder es lag wirklich an dem, was er im Auto gesagt hatte und man wurde die Geschehnisse nie wieder los, die einem schon hier Nacht für Nacht den Schlaf raubten. Aber daran wollte sie noch nicht glauben. Sie hatte noch immer die Hoffnung, dass das alles irgendwann vorbei war. Wahrscheinlich eine dämliche Illusion - denn wie sollte sie vergessen, wenn es stets Erinnerungen waren, an die sie sich am meisten klammerte?
Als ob er jetzt, da er dem Gespräch gelauscht hatte, im Ernstfall irgendwie sicherer wäre als zuvor. Er hatte immerhin schon vorher gewusst, dass Victor offenbar ein Problem hatte und dieses möglicherweise wieder auftreten könnte. Egal, was er jetzt gehört hatte, viel mehr Wissen als genau das, konnte er kaum dazu gewonnen haben. Aber gut, jetzt war es zu spät und sie sprach mit einer Wand, also sagte sie nichts mehr dazu. Als er ihre angebliche Hilflosigkeit ansprach, schürzte sie allerdings nicht sehr zufrieden die Lippen und wandte ihren dunklen Blick fast schon trotzig der Zeltstadt zu ihrer Rechten zu. Sie konnte schon schiessen, so wars ja nicht. Vielleicht nicht so perfekt wie er als Sniper, aber ihre Treffsicherheit war doch mit am Höchsten gewesen beim Training. Aber sie hasste es. Und wenn sie ehrlich war, fürchtete sie sich ganz einfach davor, jemanden zu treffen, zu verletzen oder gar zu töten. Denn das ging so komplett gegen ihre Natur, dass sie genau wusste, wie sehr es sie selber zerstören würde. Also war es eben nur die Notfalllösung, was sie Mitch aber jetzt nicht zu erklären brauchte. Womit Faye auch auf diese Aussage still blieb. Offenbar hatte der gute Herr letztendlich doch genug gehört, verliess seinen Platz an der Wand, um zu gehen. Natürlich nicht ganz ohne Zwischenstop. Die Brünette schlug seine Hand unverzüglich von ihrer Schulter, als er sich wagte, sie genau dort abzulegen. Sie hasste es, ungefragt angefasst zu werden, auf welche Art auch immer. Ganz besonders von Menschen, die sie nicht wirklich mochte - wie den hier. Also konnte er seine Finger bei sich behalten und einfach gehen, denn auch diese Aussage - viel zu nah an ihrem Ohr - interessierte sie nicht. Sie blickte ihn lediglich relativ unbeeindruckt an. „Und der Luftschacht wird trotzdem umgebaut“, raunte sie nur zurück, gerade so laut genug für sie beide. Und ihrer Schwester würde sie es auch erzählen, zu genau diesem Zweck. Ganz offensichtlich hatte Mitch nämlich gewusst, dass er von hier aus Lauschen konnte, was in ihr den Verdacht weckte, dass er es nicht zum ersten Mal getan hatte. Und das war eine Information, die weitaus mehr wert war, als alles, was der junge Mann vorhin mitgehört haben dürfte. Sollte er ruhig denken, dass sie dumm war... Letztendlich war er derjenige, der zu unvorsichtig gewesen war, nicht sie.
This is your life, it's do or die, the sun may never rise again, so be the light the vision. This is your life, it's slipping by, you try to run but fall again, you get back up that's living.
Ich nickte noch einmal und lächelte schwach, bevor ich mich dann auch schon vom Stuhl erhob und zwar nicht hastig, aber doch gezielt wieder die Tür aufsuchte. Als meine Hand auf der Klinke lag erklang die weibliche Stimme hinter mir aber unerwartet doch noch einmal. Nichr unnedingt zu meiner Freude, wie ich feststellte, als ich merkte, was sie noch von mir wollte. Ich mahlte mit dem kantigen Kiefer, führten ihre Worte bei mir doch zu erneuter Anspannung. Ich wägte allerdings nicht zu lange ab, ob Aryana darauf eine Antwort bekommen sollte oder lieber nicht. Denn die Frage war für ihr weiteres Vorgehen hier nicht von Bedeutung, rein persönlich. "Ein Andermal, okay? Ich muss das von vorhin erstmal noch verarbeiten." gab ich ihr vorerst keine Auskunft darüber, was denn jetzt der genaue Grund für meine Wiederkehr war. Ich hatte gerade genügend mit mir selbst zu tun und auch, wenn ich bei der jungen Frau von der Sympathie her ein gutes Gefühl hatte, war ich dazu jetzt noch nicht bereit. So ließ ich ihr noch ein entschuldigendes Lächeln über meine Schulter hinweg zukommen, bevor ich dann aus dem Büro trat und die Tür leise hinter mir schloss. Dann atmete ich erst einmal tief durch, schloss für einen kurzen Moment die Augen, bevor ich dann wieder nach draußen in die Hitze trat.
Auf ihre letzten Worte hin lachte ich nur noch kurz auf, bevor ich zurück zu meinem Zelt ging. Das war nur so eine höhnische Antwort darauf, dass mir diese Tatsache so gar nicht passte. Es würden nämlich mit sehr großer Sicherheit auch sämtliche anderen Schächte geschlossen werden, die mir sonst zu Gute gekommen waren. Es würde mir das Erlangen von Informationen deutlich erschweren und das schmeckte mir nicht. Es gab zwar andere Mittel und Wege um zu bekommen, was ich wollte, aber das erforderte gelegentlich auch nett zu sein. Jemandem in den Arsch zu kriechen. Nicht umsonst hatte ich gute Connections zu sämtlichen hier zuständigen Führungspersonen - Aryana natürlich ausgenommen und die würde ich wohl auch nur knacken können, wenn ich über die von mir selbst festgesetzte Grenze ging.
[Nicht wundern warum da oben im post Text fehlt... Mir ist ein Missgeschick passiert am Handy, als ich wegen den Bannern kopieren wollte. *facepalm*]
+ .Sie benehmen sich wie Hunde, die bellen und nicht beißen und für solche Kläffer hab' ich keine Zeit. +
Sorry mann, sitz seit gefühlt drei Stunden hier dran… .____. __________
Keine Antwort… Schade. War aber irgendwie auch zu erwarten gewesen, denn warum sollte er ihr genau das anvertrauen, was ihm offenbar am meisten zu schaffen machte? Vor wenigen Stunden hatte er sie zum ersten Mal gesehen und sie war seine Vorgesetzte - da gab es wenig Platz für irgendwelche persönlichen Gespräche. Aber Aryana war direkt und ausserdem sehr daran gewohnt, dass sie nichts bekam, wen sie nicht darum bat. Da waren einfache Antworten eben inbegriffen. Nun aber zurück an die Arbeit, denn kaum hatte er seine Entscheidung - die sie mit einem kleinen aber verständnisvollen Lächeln entgegennahm - kundgetan, war Victor verschwunden. Das liess ihr jetzt noch ungefähr 45 Minuten bis zum nächsten Gespräch mit Chef und Oberchef… Aryana gähnte und streckte müde die verspannten Glieder von sich, als auch schon das nächste Klopfen an ihrer Tür ertönte. Gleich darauf steckte niemand Geringeres als ihre Schwester den Kopf ins Büro, um ihr einige eher schwer verdauliche Breaking News aufzutischen. Na ganz toll. Noch mehr Probleme! Also konnte wohl fast jedes Büro hier ziemlich einfach abgehört werden. Und eine ganz bestimmte Person schien sogar schon Erfahrung damit zu haben. Sie würde gerne sofort zu dem netten Mann laufen, um ihn einfach mal so ganz aus der Luft gegriffen danach zu fragen, genau wie viele Meetings er so schon belauscht hatte. Wie viele geheimen oder privaten Informationen er schon geholt hatte. Und was er dann damit angefangen hatte… Sie wollte nicht, das Mitch ein Spion war. Sie wollte nicht, dass irgendwer in ihrem Zug ein Spion war. Denn vielleicht war Aryana nicht mit jedem Mann hier super befreundet und auf einer Wellenlänge, aber das war okay, solange sie ihre Arbeit gut machten und dafür sorgten, dass dabei weder sie selber noch sonst wer aus dem Team den Löffel abgab. Sie wollte diesen Männer vertrauen und zwar jedem Einzelnen. Was wohl bedeutete, dass sie Mitch ordentlich unter die Lupe nehmen musste, um das weiter garantieren zu können. Aber erstmal konnte sie brav dem Major und Warren mitteilen, dass ihre Luftschächte eine beschissene Konstruktion waren und sofort sowohl hier als auch in den anderen Camps umgebaut werden sollten.
Faye hatte sehr gewissenhaft dafür gesorgt, dass ihre Drohung so bald wie möglich wahr gemacht wurde. Aryana war alles andere als erfreut über die Neuigkeiten gewesen, auch wenn sie beide die mögliche Verbindung zwischen dem Informationsleck und Mitchs Neugierde nicht ausgesprochen hatten. Es hing trotzdem still in der Luft, da die Vermutung auf einen Spion in den eigenen Reihen bekannt war. Nicht unbedingt im ganzen Camp, da sowas nur Misstrauen fördern und den Teamgeist zerstören würde, aber Aryana hatte es Faye gestern Abend erzählt, nach den dunklen Neuigkeiten aus dem benachbarten Camp. Als Faye das Büro wieder verliess, war sie nachdenklich genug um erstmal keine weitere Ablenkung mehr zu benötigen. Sie verbrachte den Rest des Nachmittags damit, bei einigen Soldaten vorbeizuschauen, die sich die letzten Tage mit verschiedenen Leiden rumgeschlagen hatten. Und irgendwann nach dem Essen wurde es auch endlich kühler, als sich die Sonne hinter den Hügeln verkroch. Als die Dunkelheit schliesslich langsam auch das Camp einnahm, dauerte es wie immer nicht lange, bis das Feuer angezündet wurde und dann wiederum dauerte es nicht lange, bis die Brünette sich an dessen Rand einfand. Sie mochte das kontrollierte Zusammenspiel, welches die Flammen vorgaukelten, einfach zu sehr, als dass sie sich davon fern halten würde. Und grundsätzlich war sie nunmal ein geselliger Mensch, harmoniebedürftig wie sonst was. Kurz: Perfekt für diesen Ort haha.
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[aaaaaaalles gut, Dude :D bin eh eingepennt gestern x'D]
Den Rest des Tages nutzte ich ganz einfach dazu, mich im Camp zurechtzufinden. Genau zu wissen, wo ich was fand, war einfach für einen reibungslosen Arbeitsablauf essentiell und Fehler leisten konnte ich mir jetzt erst recht keine mehr. Einer meiner Kameraden war so nett etwas von seiner freien Zeit zu opfern und mir eine grobe Führung übers Gelände zu geben. Danach ordnete ich noch meinen eigenen Kram, befasste mich auch noch einige Minuten lang mit der Waffe, die ich heute in den Händen gehalten hatte. Auch, wenn ich mir ziemlich sicher war, dass es nichts brachte, weil ich es ohnehin schon eine Milliarde Mal getan hatte, wiederholte ich den heute im Wagen gescheiterten Ablauf einige Male. Natürlich funktionierte jetzt alles einwandfrei und so blieb mir Nichts weiter zu tun, als mich seelisch auf das nächste Mal vorzubereiten, sofern das irgendwie möglich war. Es würde vermutlich noch eine ganze Weile dauern, bis ich wieder ruhig nach einer Waffe greifen konnte, wenn schon Kugelhagel um mich herum stattfand. Als dann langsam die Nacht hereinbrach schienen sich alle auf den Weg zum Lagerfeuer zu machen, weshalb ich mich ganz einfach von zweien meiner Mitbewohner in Schlepptau nehmen ließ. Während Mitch schon in einem Campingstuhl saß und scheinbar dabei war eine Gitarre zu stimmen, wurden mir noch ein paar weitere Stühle in die Hand gedrückt, die ich die letzten Meter zum Feuer trug. Sie fanden schnell Abnehmer, unter anderem Faye war einer von ihnen und nachdem ich sämtliche Stühle verteilt hatte - bis auf einen für mich selbst - klappte ich meinen auseinander, bevor ich mich damit einfach neben Faye platzierte. "Ich bin mal so frei.." begrüßte ich sie indirekt, als ich mich in den Stoffsitz sinken ließ und atmete dann einmal durch, bevor ich es mir richtig bequem machte und Mitch auf der anderen Seite des Feuers anfing Gitarre zu spielen. Ein wenig grotesk, dass gerade er derjenige war, aber nun gut, ich kannte ihn kaum und würde des öfteren noch Neues über ihn erfahren.
Den Rest des Nachmittags verbrachte ich überwiegend damit, mich über das Geschehene zu ärgern und zu überleben, wie ich dann am besten von nun an vorgehen würde. Zu einem festen Entschluss kam ich aber nicht, hielt mir stattdessen mehrere Optionen offen, die ich nach und nach antesten müssen würde, um den Idealweg zu finden. Den, der am wenigsten auffiel und bei dem mich die Nervensäge nicht noch einmal erwischen konnte. Im besten Fall war das auch der einfachste Weg, aber dafür standen die Chancen vermutlich eher schlecht. Vorerst sollte ich mich langsam mal wieder entspannen, stand vollkommen unter Strom, weshalb ich es einigen der Kompanie gleich tat und mich in der Dunkelheit ans Feuer gesellte. Inklusive meiner Freundin, der Gitarre, die mich schon ein paar Jahre im Krieg begleitete. Ich hatte von einem ehemaligen guten Freund - Rest in Peace, Andrew - in der freien Zeit im Camp gelernt, wie man spielte und seine Angehörigen hatten mir seine Gitarre überlassen wollen. Zum einen weil sie damit Nichts anfangen konnten und zum Anderen, weil ich geäußert hatte, sie als Andenken gerne behalten zu wollen, wenn das eben in Ordnung ginge. Gesungen hatte ich in meiner Jugend tatsächlich recht häufig, war ich vor meinem Einzug in die Army doch auf die glorreiche Idee gekommen, eine Band zu gründen. Hat natürlich nicht lange gehalten, aber das war wohl bei den meisten so. Meine Stimme war trotzdem gut und über die letzten Jahre auch noch tiefer und rauer geworden, was durchaus Charme hatte, wenn man so wollte. So stimmte ich die Saiten noch kurz ein, bevor ich zu spielen begann und kurz darauf auch den Gesang dazu einstimmte. Nicht laut, aber doch hörbar. So kam ich nach ein paar Minuten doch schon ganz gut zur Ruhe, konnte die gereizten Nerven wieder besänftigen.
+ .Sie benehmen sich wie Hunde, die bellen und nicht beißen und für solche Kläffer hab' ich keine Zeit. +
Lächelnd und mit einem gut erzogenen ‘Danke’ nahm sie einen der Stühle entgegen, die Victor angeschleppt hatte. Sie fand es schön, dass er sich direkt vom ersten Tag an zu ihnen gesellte und damit schonmal eine gewisse Offenheit und Teamgeist bewies. Dass er sich neben sie setzte, war ihr ebenfalls durchaus recht und wieder zierte ein fröhliches Lächeln ihr Gesicht. „Klar, ich hab den Platz für dich freigehalten“, grinste Faye und deutete mit einer ausladenden Geste auf genau den Fleck, wo sein Stuhl nun im Staub stand. In Wirklichkeit hatte sie den Platz natürlich überhaupt nicht freigehalten und war einfach gerade erst hergekommen. Wie er im Übrigen ja bestens wusste, da er den Stuhl angeschleppt hatte, auf dem ihr Hintern sich breit machte. Als die Gitarrenklänge einsetzten, blickte die Brünette nachdenklich, fast träumerisch, aber durchaus zufrieden in die Flammen. Sie konnte bestens ignorieren, dass es Mitch war, dessen Finger über die Saiten glitten, dass sie sich heute nicht gerade beliebt gemacht hatte bei ihm. Und umgekehrt auch nicht. Denn irgendwie waren das sowieso zwei verschiedene Menschen, die hier Gitarre spielten oder private Gespräche belauschten. „Wie hast du deinen ersten Tag so überstanden?“, fragte sie irgendwann an Victor gewandt, als ihre Gedanken ganz von alleine wieder zu dem jungen Mann neben ihr wanderten. Die Frage war nicht mal auf die Szene im Auto bezogen oder so. Mehr darauf, wie es sich anfühlte, nach so langer Zeit wieder im Krieg zu sein. Sie stellte es sich zugegebenermassen sehr schrecklich vor...
Auch das zweite Meeting dieses Tages mit dem Lieutenant und dem Major hatte sie nicht wirklich weiter gebracht. Aryana hatte das Thema Lüftungsschächte ziemlich zentral und mit dringendem Handlungsbedarf angesprochen und tatsächlich würde man morgen schon dafür sorgen, dass diesbezüglich Änderungen vorgenommen wurden. So rasch wie möglich und nicht nur hier. Auch hatte sie von dem Angriff in ihrem Gebiet erzählt, ihren Verdacht, dass sich in den Hügeln eine ganze Menge Scheisse verstecken dürfte, kundgetan. Morgen würde ein Team hinfahren müssen, ein nicht zu kleines und vor allem gut ausgerüstetes Team, in minensicheren Fahrzeugen. Ihr gefiel der Gedanke nicht, Menschen da hin zu schicken. Aber die beiden anderen empfanden das als beste Lösung und somit war sie in Unterzahl. Wenigstens konnte sie die vorgängige, sehr gründliche Erforschung des Gebietes aus der Luft aushandeln, was immerhin ein Bisschen Sicherheit gewährleistete… Am Abend beschloss sie, trotz ihrer langsam aufkommenden Müdigkeit, noch einen Abstecher zum Lagerfeuer zu machen. Sie mochte die Jungs hier im Camp wirklich gerne - zumindest den grössten Teil davon. Und sie verbrachte gerne Zeit mit ihnen, besonders Off-Duty, wenn alles etwas lockerer war. Zudem hatte sie das Bedürfnis, mit Mitch zu sprechen und der war ganz bestimmt dort zu finden, wo seine Gitarre am besten gehört wurde. Es waren vielleicht so um die zwanzig Leute beim Feuer, als sie dazustiess und sich mit einem freien Stuhl kurzerhand direkt neben Mitch setzte. Wie der Zufall es so wollte, war der Platz nämlich noch frei. Eine Weile lauschte sie stumm der Musik und seiner Stimme, die zugegeben wirklich ziemlich betörend klang. Talent hatte er auf jeden Fall. Als er zwischen zwei Liedern eine etwas längere Pause einlegte, drehte sie doch langsam den Kopf in seine Richtung, mit einem entspannten Lächeln auf ihrem Gesicht. „Weisst du… wenn man dich einfach so im Alltag an der Front trifft, würde man wirklich nicht denken, dass du Abends mit der Gitarre vorm Lagerfeuer sitzt und so gefühlvoll singst…“, meinte sie, fast etwas versonnen. Und ja, Aryana war durchaus bewusst, dass er sie nicht wirklich mochte. Wenn er also nur eine Bemerkung in diese Richtung machte oder der Klang seiner Stimme ihr deutlich verriet, dass sie sich verpissen sollte, würde sie das tun. Sie hatte keine Lust auf Streit.
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Ja, natürlich hatte sie das. Ich lachte leise auf, was schnell wieder verklang und für einen Moment lang kehrte Stille zwischen uns beiden ein. Das Feuer hatte eine doch leicht beruhigende Wirkung, obwohl das Knistern des Holzes selbst so unrhythmisch war. So genoss ich einfach die einkehrende Ruhe, die nur gelegentlich von ein paar leisen Stimmen unterbrochen wurde. Die Gitarre im Hintergrund war fast schon eins mit dem Lagerfeuer, das eine konnte irgendwie nicht ohne das Andere. Schließlich erklang aber doch wieder Aryanas Stimme und ich drehte den Kopf zur Seite, um sie besser ansehen zu können. Naja, der erste Tag war... gelinde gesagt wohl echt scheiße gelaufen. Klar, es hätte noch schlimmer und mit Rausschmiss enden können, aber das wäre dann wirklich worst case gewesen. "Naja... ging schon. Hätte wohl besser laufen können, aber man kann nicht Alles haben." antwortete ich erstmal nur, zuckte ein klein wenig mit den recht breiten Schultern, die in einen einfarbig schwarzen Pullover gepackt waren. Ich schob dessen Ärmel ein wenig weiter nach oben, weil es doch recht warm hier direkt am Feuer war, bevor ich noch ein paar Worte hinzufügte. "Denke aber ich werd' gut klar kommen. Die Anderen im Zelt sind echt in Ordnung, das ist mit das Wichtigste - langfristig gesehen." gab ich noch eine kleine Randinfo, damit das ganze nicht so kalt wirkte. Ich würde ihr jetzt ungerne sämtliche Details des missglückten ersten Tages erläutern, was ihr vermutlich sowieso zu viel wäre. Da hob ich lieber eine Kleinigkeit hervor, die ich als positiv empfunden hatte. "Und wie kommst du hier zurecht? Bist ja auch noch nicht lange da.." stellte ich ihr eine Gegenfrage, die ihrer vorherigen recht ähnlich war, nur eben an ihre Person angepasst. Ich erinnerte mich noch gut an meine ersten Tage in meinem ersten Auslandseinsatz, wie euphorisch ich da noch gewesen war. Wie versessen darauf zu erfahren, wie es denn nun wirklich war, wenn man an der Front stand. Heute würde ich Alles dafür geben, diese Erfahrung niemals gemacht zu haben.
Es wunderte mich zugegeben schon allein die Tatsache, dass die Chefin nicht gleich mit der Tür ins Haus fiel, als sie sich neben mich fallen ließ. Sie schwieg erstmal eine ganze Weile und auch, als sie dann letztendlich den Mund aufmachte und mich ansprach, hörte ich da keinerlei Anschuldigungen, was mich unumstößlich zu dem Gedanken trieb, dass hier irgendetwas absolut nicht mit rechten Dingen zuging. Ich war mir echt sicher, dass ihre Schwester geplaudert hatte, also warum war sie so ungewohnt.. nett? Das war ja eben fast schon ein richtiges Kompliment gewesen. Aber spielen? Das konnte ich ziemlich gut. Wenn sie also dachte, dass sie so irgendwas aus mir herausbekommen würde, das ihr vielleicht helfen konnte... na, dann wollten wir ihr halt spielerisch beibringen, dass das Ganze so nicht lief. "Grenzt schon an Schizophrenie, was?" erwiderte ich also durchaus sarkastisch, aber es klang dabei gar nicht Mal böse oder abweisend, während ich sie ansah. Dann wollten wir das Gespräch mal weiterspinnen. Zwar war ich mir recht sicher, dass es mir persönlich oder meinen Auftraggebern nicht wirklich etwas nutzen würde, aber vielleicht brachte es mir wenigstens Spaß, etwas Aufheiterung, Belustigung. "Der Kerl mit der Waffe nimmt das Alles sehr ernst, der hier ist eher am Chillen... aber ich glaube nicht, dass irgendwer hier nicht anders ist als sonst, wenn er auf jemanden schießen soll." redete ich einfach so weiter vor mich hin, stellte die Gitarre an meinen Stuhl gelehnt auf dem Boden ab, gönnte ihr ein Päuschen, während ich die Hände ineinander faltete und auf den Schoß legte. Der Blick drehte auch wieder in Richtung Feuer ab und ruhte dort erst einmal ganz entspannt.
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Ja okay, die Frage war eventuell ein Bisschen unsensibel gewesen..? Sie hatte ja gewusst, dass sein Tag nicht ganz so toll gewesen war. War quasi neben ihm gehockt, als er den Aussetzer gehabt hatte und wusste, dass das ein Gespräch mit ihrer Schwester nach sich gezogen hatte. „Ach, das ist Morgen schon vergessen und wenn du dich erstmal wieder ein Bisschen eingefunden hast, wirst du dich sicher bald wohl fühlen. Gerade mit guten Mitbewohner“, lächelte sie sorglos, als gäbe es tatsächlich ein Wohlfühlen an diesem Ort. Nicht, dass sie es bisher gefunden hätte aber naja, hope dies last. Sie dachte gar nicht darüber nach, irgendwie weiter nachzufragen, da sie seine Privatsphäre dafür viel zu sehr respektierte. Ausserdem lenkte er das Gespräch mit einer offenen Gegenfrage geschickt von sich weg auf sie. Faye zuckte etwas zögerlich mit den schmalen Schultern. „Naja… Im Grunde genommen, mache ich das Gleiche wie zu Hause.. Nur unter erschwerten Umständen... Aber es wird wohl noch eine Weile dauern, bis ich mich tatsächlich eingelebt habe, meine Ideologien und Wunschvorstellungen mal ein Bisschen ablegen kann“, kam eine etwas verschleierte und zaghafte Antwort ihrerseits. Sie konnte ihm oder irgendwem sonst hier ja schlecht erzählen, dass sie nicht hier sein wollte, diesen Ort hasste und das Grauen, das alles Tag für Tag überschattete. Dass ihr die ständige Gefahr die Nerven raubte und sie jede Nacht mit Pillen gegen die Schlaflosigkeit kämpfte, die sie Abends überfiel. Dass sie sich vor dem zu Bett gehen mindestens genauso fürchtete wie vor dem Aufstehen und dass sie so ziemlich alles von zu Hause vermisste. Die Sache war bloss, dass sie alle Dinge dieser Welt nicht so sehr vermissen konnte, wie sie zu Hause ihre Schwester vermisst hatte…
Ihr entging die Verwirrung nicht, die ihn für den Bruchteil eines Augenblicks erfüllte, als sie ihn so harmlos ansprach. Wahrscheinlich läuteten bei ihm schon alle Alarmglocken, wenn sie nur den Mund aufmachte. Dabei war sie doch gar keine solche Hexe… Meistens jedenfalls nicht. Und sie kam ganz sicher nicht zu ihm ans Lagerfeuer, um ihn zu fragen, warum er bei Luftschächten rumhing und Gespräche belauschte. Oder um herauszufinden, wie oft er das schon getan hatte. Oder was er mit den gewonnenen Informationen anstellte. Oder ob er wusste, wo die verschollenen Zwölf Mann des anderen Zuges waren. Nein nein, manchmal sehnte sich sogar das gut gepanzerte Herz der Brünetten ganz einfach nur nach Unterhaltung, Lockerheit, Freude. Aryanas Lächeln wurde breiter, als er schliesslich seine Stimme wiedergefunden hatte und gekonnt sarkastisch antwortete. „Solange du die beiden gezielt trennen kannst und nicht plötzlich auf dem Schlachtfeld eine Gitarre auspackst, ist ein Bisschen Schizophrenie doch vollkommen in Ordnung“, meinte sie entspannt, betrachtete das Instrument einen Moment, bevor er es vorübergehend wegpackte. Innerlich kam sie ja nicht umhin, die Schizophrenie noch mit einer anderen, etwas weniger harmlosen Version dieses Mannes zu verbinden, die vor ihrem inneren Auge sehr lebhaft herumtanzte. Die, die dem Feind fröhlich alle Informationen über zukünftige Angriffe und Schwachstellen zuzwitscherte, während die andere Version im Kampf an der Seite seiner Landesmänner stand, sie verteidigte, als wäre nicht er es, der sie verraten hatte. Aber das behielt sie für sich - natürlich.
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Ja, sie würde das vielleicht so schnell vergessen können... ich wohl eher nicht, war mir noch nie zuvor ein derartiger Patzer passiert. Die guten Mitbewohner würden zwar durchaus zu helfen wissen, hatten sie mich doch wirklich gut aufgenommen und auf andere Gedanken gebracht, aber auch die konnten die unliebsamen Gedanken nicht ausradieren. Vielleicht für einige Stunden mal bei Seite schieben, aber mehr dann leider auch nicht. Wohl oder übel musste ich mich zukünftig also weiterhin damit arrangieren, dass sich die Gedanken abermals in meinem Kopf abspielten. Ich betete einfach mal im Stillen darum, dass mein nächster Einsatz besser verlief und ich nicht wieder eine derartige Blockade bekommen würde. Denn es war immernoch besser mich hier mit dem Trauma herumzuschlagen, als Zuhause, wo mich absolut niemand auch nur ansatzweise verstehen konnte. Nicht nachvollziehen konnte, wie es war, wenn man Mitmenschen in unmittelbarer Nähe sterben sah und dabei selber ebenso in Lebensgefahr schwebte. Schon wieder driftete ich viel zu weit ab, weshalb ich mich selber zu positiveren Gedanken ermahnte. Immerhin war das Beisammensein hier nicht dazu gedacht die Moral weiter sinken zu lassen. So nickte ich auf ihre Worte hin, lächelte schwach. "Ja, du hast wahrscheinlich recht." erwiderte ich noch auf ihre ersten Worte, bevor ich den noch folgenden zuhörte. Sie hatte es wohl nicht leichter als ich selbst, konnte sich noch nicht so recht an das Alles hier gewöhnen. "Ja, als Ärztin ist der Krieg an sich wohl etwas... widersprüchlich zur Arbeit." sagte ich etwas nachdenklich, hatte mir darüber vorher tatsächlich noch nie wirklich Gedanken gemacht. Aber stimmte schon -sie hatte diesen Berufsweg wohl eher eingeschlagen, um den Menschen zu helfen und nicht, um einen Krieg zu unterstützen. Ganz gleich, ob sie hier auf der moralisch richtigen Seite kämpfte oder nicht, waren wir hier doch stationiert, um den unbeteiligten Einwohnern im Bürgerkrieg zu helfen, soweit es ging Sicherheit zu bieten.
War das etwa keine gute Idee? Ich nahm einfach die Gitarre statt ein Gewehr mit und zog dann eine bühnenreife Show ab, indem ich einem nach dem anderen damit auf den Kopf schlug, dabei jeglichen Kugeln mit akrobatischen Sprüngen im Zirkuskostüm auswich oder so. Witzige Vorstellung, aber eher nicht in der Realität umsetzbar. Also auch mal ganz davon abgesehen, dass das so gar nicht meinem Charakter entsprach, natürlich. "Ach, ich dachte eigentlich, dass das gute Stück ein hervorragendes Schutzschild sein müsste." erwiderte ich mit weiterhin nur so vor Sarkasmus triefenden Worten. "Vielleicht kann ein fröhliches Lied die Gegener ja umstimmen, einen Versuch ist es Wert." beendete ich das ironische Gerede mit ein paar letzten lockeren Worten, bevor ich leicht den Kopf schüttelte. Nein, das Erinnerungsstück würde ganz sicher nicht seinen Weg aufs Schlachtfeld finden, da brauchte sich Aryana eher keine Gedanken drüber zu machen. Tat sie natürlich auch nicht. Immerhin war ihr ja selbst aufgefallen, dass ich meine Arbeite viel zu ernst nahm, um so einen Schabernack zu treiben, mal ganz davon abgesehen, dass das unweigerlich zum Rausschmiss führen würde. Im Krieg war kein Platz für solche Scherze.
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Aryana schüttelte erneut lächelnd den Kopf. Er konnte ja ganz nett sein - wenn er mal damit aufhörte, sie wie eine zurückgebliebene Nuss zu behandeln und mit seinen Blicken jede ihrer Qualitäten in Frage zu stellen und sie mehr oder weniger direkt in die Küche zu wünschen. Ihr war natürlich kaum entgangen, dass er eindeutig was gegen Frauen im Krieg - besonders in Führungspositionen - hatte. Es wäre auch echt schwer zu übersehen an ihrer Stelle. „Du darfst das alles natürlich gerne ausprobieren, aber bitte in einem Moment, in dem niemand auf dein Leben oder deinen Feuerschutz angewiesen ist“, teilte Aryana ihm bereitwillig mit, einfach, damit er wusste, dass sie absolut für Experimente wie Gitarren im Kreuzfeuer zu haben war. „Ach und sag mir vorher, was ich ins Protokoll schreiben soll - und auf deine Todesanzeige“, bat sie mit einem süffisanten Lächeln, welches sie ihm mit einem netten Seitenblick schenkte. Eine Weile blickte sie still ins Feuer, liess sich von den Flammen ablenken, die langsam den Sturm in ihrem Kopf beruhigten. Und das war bitter nötig, wie jeden Abend eigentlich. Sie hasste es, wenn sie im Bett lag und noch immer nicht abgeschaltet hatte. Auch wenn sie mittlerweile ihre eigenen, ziemlich effektiven Methoden hatten, um runter zu fahren und zu schlafen - fast überall. Denn Schlaf war für eine konstante Leistung mindestens ebenso wichtig wie Essen und Trinken. „Was ist denn dein Lieblingslied, Mitch? Du spielst fast jeden Abend, aber ich habe noch immer nicht herausgefunden, welche Melodien du öfter wiederholst“, wollte sie wissen, wohl zu seinem Erstaunen - und möglicherweise auch Missmut - noch nicht gewillt, hier und jetzt zu Schweigen oder zu Gehen. Wie gesagt, sobald er Anzeichen zeigte, dass sie ihn nervte, würde sie gehen. Aber bisher war dem nicht so gewesen.
Nein, wahrscheinlich hatte sie nicht recht, so lange wie er für diese Antwort gebraucht hatte. Aber es gab auch nichts mehr dazu zu sagen, weshalb sie eben genau das tat- nichts mehr sagen. Lediglich ein kleines, aufmunterndes Lächeln folgte zum Abschluss des Themas. Sie wollte nicht, dass er dachte, sie würde das alles zu locker nehmen. Denn das tat sie sicher nicht, wusste sie doch sehr gut, wie schwierig es sein konnte, mit Traumata umzugehen. Und das nicht nur aus den Lehrgängen ihres Studiums sondern auch aus der ein oder anderen eigenen Lebenserfahrung, die sie lieber nicht gemacht hätte. Sie blickte erneut zu ihm, als er die Kontroverse in ihrer Arbeit ansprach, musste dann aber erstmal auf was anderes antworten. „Ich bin nicht Ärztin, Victor, was denkst du denn, wie alt ich bin?!“, grinste sie dann kopfschüttelnd, boxte ihn leicht in den Oberarm. Wenn sie Ärztin hätte werden wollen, hätte sie die Ausbildung kaum vor Dreissig beendet gehabt. Also wäre sie noch lange lange Zeit nicht hier. „Ich bin ‘nur’ Rettungssanitäterin. Plus Zusatzausbildung in der Army eben. Gut genug, dass ich dich am Leben halten kann, aber zu schlecht, um dafür noch ordentlich mehr Schotter zu verdienen“, erklärte sie kurz den kleinen aber feinen Unterschied. Ärzte waren meistens nicht als einfache Medics stationiert, sondern in grösseren Camps zugange. Glaubte sie, sie hatte sich nicht so genau damit befasst, da es schlicht irrelevant war für sie. „Aber ja, etwas widersprüchlich trifft es ganz gut“, fügte sie schulterzuckend an, zeichnete mit der Spitze ihres Schuhs ein paar Muster in den staubigen Grund. „Ganz ehrlich: ich bin nur froh, solange ich nicht schiessen muss“, sie erwähnte nicht, wie sehr sie sich davor sträubte. Aber wahrscheinlich sagte die Tatsache, dass sie es überhaupt aussprach, schon Einiges aus.
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War in meinen Augen ja eigentlich alles dasselbe. Sie konnte mehr beim Erste Hilfe leisten tun als ich, also war sie Arzt. Natürlich bekam jeder der amerikanischen Soldaten einen intensiven Erste-Hilfe-Kurs, damit wir schon vor Eintreffen der Sanitäter etwas gegen etwaige Verletzungen tun konnten. Schließlich sollte es so wenige Verluste wie nur möglich geben, da war das essentiell. Aber verglichen mit jemandem mit ärztlicher Ausbilsung in welcher Form auch immer war unser Wissen natürlich begrenzt und mehr als ein Druckverband war da nicht wirklich möglich. Das bekamen wir allesamt hin, aber da war dann halt auch Sense. "Jetzt wird mir auch klar, warum das mit dem Staubkorn im Auge bei dir Nichts wird." neckte ich sie zurück und piekte sie als Echo für den Schulterschlag in die Seite, grinste neckisch vor mich hin und behielt sie erstmal im Blick, wollte ich vermeindliche Gegenattacken doch zügig abwehren können. Ganz der Soldat eben. Dann kamen noch ein paar weitere Worte ihrerseits, die ich nachvollziehen konnte. Auf jemanden zu schießen war nicht angenehm, egal wie sehr das eigene Leben dabei bedroht wurde oder wie sehr man unter Druck stand. Bei mir war - wenn nicht gerade das geliebte Trauma einsetzte - das Alles schon total automatisiert und ich dachte gar nicht mehr darüber nach. Wenn, dann nur vereinzelt im Nachhinein. "Ich wünsch' dir echt, dass dus nie machen musst." antwortete ich ehrlich, seufzte innerlich. Danach war irgendwie Alles anders geworden, so nach den ersten Schuss... "Also bleib vielleicht lieber in Mitchs Windschatten, als in meinem." fügte ich sarkastisch noch ein paar Worte hinzu, damit es nicht zu ernst wurde. Das wollte ich einfach nicht, war ich doch eher hier um zu entspannen, nicht um zu grübeln. Und Hey, mich selbst auf die Schippe zu nehmen half mir vielleicht, das Ganze besser zu verarbeiten.
Soso, ich durfte das also einfach mal ausprobieren? Wahrscheinlich wäre es ihr am Ende wirklich noch ganz recht, wenn ich dabei etwas abbekam. Einfach deshalb, weil ich hier ziemlich der Einzige zu sein schien, der ihre Position gerne in Frage stellte. Dass ich daraus auch kein Geheimnis machen wollte war zudem noch sehr offensichtlich. Alles in Allem sprach nahezu Alles dagegen, dass wir beide hier saßen und uns feiedlich unterhalten konnten und doch waren bisher noch keine Köpfe ins Feuer gerollt. Mal sehen, ob das so blieb. "Das mit dem Grabstein muss ich mir in der Gegend hier sicherheitshalber sowieso langsam mal überlegen." antwortete ich schon wahrheitsgemäß, aber der Sarkasmus verstummte auch nicht dabei trotzdem nicht ganz. Das anschließende Schweigen kam mir ganz gelegen... So hatte ich Zeit, mir die nächsten Lieder zu überlegen und nebenher noch eine Zigarette bei einem guten Freund zu schnorren. Eigentlich war nur eine pro Tag angesetzt, aber der Nachmittag war einfach scheiße gewesen, also gönnte ich mir das jetzt. Als Aryana dann erneut ihr Wort an mich richtete, sah ich zu ihr rüber, musste kurz nachdenken und hatte einen dementsprechenden Gesichtsausdruck. "Da gibts mehrere... Eins von ihnen ist Carry On My Wayward Son von Kansas, ein alter Klassiker. Aktuell mag ich die Imagine Dragons auch ganz gerne.. Aber das wechselt immer nach Laune." erklärte ich dann und zuclte mit den Schultern. Ich fand das Gespräch nach wie vor merkwürdig, gab mich aber einfach mal so normal wie möglich.
Ein helles Lachen entwich ihrem Mund und Faye gab ein, auf seine Bemerkung bezogenes, empörtes „Hey!“, von sich. Und dann zuckte sie erstmal ordentlich zusammen, obwohl sie lachte, als er sie einfach so piekste. Sie wollte es ihm jetzt nicht unbedingt unter die Nase reiben, aber sie war verdammt berührungsempfindlich und noch dazu kitzlig. Wenn er sie also piekste, musste er gut und gerne damit rechnen, dass ein zuckender Arm ihm einmal unabsichtlich die Nase eindreschte. Aber kein Problem, sie würde sie daraufhin ja gleich wieder richten können, haha. „Ich sagte keine Ärztin, nicht behindert!“, lachte sie weiter, schenkte ihm zur Strafe auch ein Seitenpiekser, wobei dieser wohl weitaus weniger effektive Wirkung zeigen dürfte, da Victor durchaus darauf vorbereitet war. Das ernstere Thema mit dem Schiessen, sorgte dann schon eher für ein Stirnrunzeln und ein unsicheres Schweigen ihrerseits. „Das… hoff ich auch“, meinte sie zögerlicher als nötig. Und auf seine Bemerkung mit Mitch verdrehte sie leicht die Augen. „Ich weiss nicht, ob das eine gute Idee wäre. Er mag mich aus bestimmten Gründen nicht sonderlich“, erwiderte Faye leise, so dass nur er es hören konnte. Sie erläuterte aber auch nicht näher, warum das so war. Natürlich nicht, sie konnte Victor ja schlecht unter die Nase reiben, was heute Nachmittag passiert war, was würde er denn dann denken? Dass sie gelauscht hatte, würde er denken, so wie Mitch es vorausgesagt hatte.
Nein, sie war nicht der Meinung, dass der junge Mann sich wirklich mit ner Gitarre in eine Schlacht begeben sollte und sie wünschte ihm auch nicht den Tod. So war sie nicht. Jedenfalls dann nicht, wenn sich der Verdacht mit der Spionage nicht bewahrheitete… Denn dann würde sie für nichts mehr garantieren können. Der Kerl, der da den falschen Leuten geheime Informationen steckte, durch die schon so viele ihrer Landesmänner das Leben verloren hatten, verdiente nämlich weitaus Grausameres, als mit einer Gitarre im Krieg zu stehen. „Ach, sag sowas nicht. Wir sterben alle irgendwann und Grabsteine sind wertlos“, tat sie seine Bemerkung mit dem Grabstein zu Nichte, winkte mit der Hand ab. Aryana redete nicht gerne darüber, dass sie hier alle weitaus grössere Chancen hatten, bald zu sterben als zu Hause in Amerika. Das war eine Tatsache, die sie gut und gerne ignorieren konnte. Nicht, dass sie es nicht wahrhaben würde. Aber man brauchte es nicht noch weiter zu betonen. Jeder hier kannte das Risiko auch ohne zusätzliche Erinnerung. Sie störte sich nicht an der Zigarette, die Mitch gesteckt bekam und die bald darauf einen leichten Tabakgeruch verströmte. Sie rauchte zwar selber nicht, aber sie würde keinem hier irgendwas vorenthalten, das die Nerven beruhigte. Es war absolut verständlich, zu rauchen, auch wenn es schwer war, an Zigaretten zu kommen. Sie nickte bei seinen Lieblingslieder versonnen, während ein Lächeln ihre Mundwinkel ganz schwach nach oben zog, ein trauriger Schatten ihre Augen erfüllte. Sie hätte für einen Moment tatsächlich gerne ebenfalls eine Kippe zwischen den Zähnen, um einen Zug für die Nerven zu nehmen. Carry On My Wayward Son - das Lied, welches ihren Bruder sein ganzes Leben begleitet hatte, quasi bis ins Grab. Denn auch er hatte es am Abend im Camp gesungen. Und davor zu Hause damit und mit seinen Ghettoblaster das ganze Haus zum Beben gebracht. Ach je… Was für ein merkwürdiger Zufall. „Das ist jedenfalls keine schlechte Auswahl. Kannst du es spielen? Jetzt?“, das war eine kleine, nette Bitte. Und der Ton ihrer Stimme war schon fast sanft dabei.
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Ah, er mochte sie also nicht. Naja, ich war mir ehrlich gesagt bei seinem schroffen Gerede auch gar nicht sicher, ob er überhaupt Irgendwen mögen konnte. Es gab zwar auch bei mir durchaus Momente, in denen ich abweisend war und entsprechend agierte, aber nicht... naja, so eben. So völlig kalt und ignorant, wobei er jetzt hier am Feuer wieder ganz anders aussah. Wirkte ruhig und entspannt, nicht mehr wie von der Tarantel gestochen jede Sekunde bereit zum Abdrücken. Fast so, als hätte man ihn gegen einen Zwillingsbruder ausgetauscht. Aber vielleicht dachte ich das auch nur, weil ich ihn nicht kannte. Womöglich sollte ich mich auch mal mit ihm unterhalten. Irgendwann, wenn mir danach zu Mute war und er nicht von vornherein aussah, als würde er mich beim ersten Wort gleich abstechen. Da war die richtige Zeit und auch der richtige Ort gefragt. "Mag er überhaupt irgendwen..?" stellte ich eine eher trockene, indirekte Frage recht leise und auch mehr an mich selbst gewandt, als an Faye. Nach diesen Worten wurde ich doch wieder etwas nachdenklicher und schwieg, sah stumm in das Feuer und merkte ganz nebenbei, dass Mitch wohl wieder angefangen hatte zu spielen. Seine Stimme und die Gitarrenklänge säuselten so ganz gemächlich im Hintergrund vor sich hin, verliehen dem Feuer noch die Kirsche auf der Sahnehaube. Was würde ich jetzt für Waffeln geben... oder ein netten Eisbecher... ja, ich mochte gutes Essen und wenn ich ehrlich war, dann fiel es mir hin und wieder echt schwer, nicht zu viel Süßes in mich reinzustopfen. Das war aber Pflicht, wenn ich meinen Körper so behalten und keine Speckrollen aufbauen wollte. Im Krieg gab es sowas ohnehin nicht, hier war eher Dosenfutter und alles Andere, was praktisch war, angesagt. Auf dem Schlachtfeld konnten wir froh sein, wenns überhaupt Rationen gab, streckte sich eine blöde Situation über viele Stunden oder gar mehrere Tage hinweg. Ich erinnerte mich auch daran, dass ich verdammt ausgehungert und ziemlich kraftlos gewesen war, als mir dieses blöde Trauma verpasst worden war... apropos, nicht schon wieder dahin abschwenken, gottverdammt nochmal. "Danke übrigens.." fing ich leicht gemurmelt wieder an zu reden, drehte meinen Kopf zu ihr rüber. "...für das im Wagen. Schätze du hast damit vielleicht das eine oder andere Leben gerettet." vollendete ich meinen Satz, bevor ich wieder nach vorn in die Flammen sah. Es war mir zwar unangenehm, aber irgendwie verspürte ich trotzdem den Drang dazu, mich dafür zu bedanken. Wer weiß, ob ich überhaupt noch angefangen hätte zu schießen, mich zu bewegen, hätte Faye ihre Hand bei sich behalten.
Ihr Gesichtsausdruck verriet ein eher gemischtes Gefühl bei Erwähnung des ersten Songs. Das führte mich zu der Annahme, dass die junge Frau wohl irgendwas damit verband - ebenso wie ich, schließlich hörte ich das Lied nicht grundlos oft und gerne. Zugegeben, ich als ziemlich neugierige Person wollte schon gerne wissen, was es bei ihr war. Nicht, weil ich unschöne Erinnerungen bei ihr wecken wollte - ausnahmsweise, weil ich halt gerade im positiven Mood war -, sondern einfach nur der nicht stillbaren Neugier wegen. Es gab im Grunde eigentlich Nichts, was ich nicht wissen wollte. Gut, die merkwürdigen Fetische mancher Menschen konnten mir gestohlen bleiben, sowas eben, aber sonst konnte mein Hirn förmlich nicht genug Informationen aufsaugen. Ein Grund mehr, warum ich meinen Zweitjob mehr als gut genug machte. Bisher zumindest, mal sehen, wie das weitergehen würde. Jedenfalls nickte ich einmal, nachdem ich für einen Moment lang Aryanas Gesichtsausdruck gemustert hatte. Dann zog ich ein letztes Mal recht lange an der Kippe, was den Stängel zum Ende brachte, ehe ich ihn einfach ins Feuer warf. "Jo, kriegen wir hin." bestätigte ich ihr auch noch einmal wörtlich, dass ich das keine schlechte Idee fand und griff dann erneut nach dem Hals der Gitarre, platzierte sie bequem auf meinem Schoß. Fast schon ohne überhaupt nachdenken zu müssen fing ich wieder an zu singen und zu spielen, konnte den Text und die Gitarrengriffe seit einer halben Ewigkeit schon auswendig. Es war eines der ersten Lieder, die ich auf dem Ding auswendig gelernt hatte und inzwischen war ich auch nicht mehr der Einzige, der den Song auswendig kannte. Nachdem gut das halbe Lied vorbei war sang der Eine oder Andere verhalten mit, konnten sich mit dem Text hier wohl doch Einige identifizieren.
Gute Frage. Wusste sie aber nicht, weshalb wieder ein nicht sehr aussagekräftiges Schulterzucken folgte. Zugegeben - es war ihr auch ein Bisschen egal, ob Mitch hier Freunde hatte. Also klar, ein paar hatte er bestimmt, denn ganz alleine war keiner und das war auch besser so. Aber in der Beliebtheitsrangliste - ja, sowas existierte natürlich absolut hier - thronte er vielleicht nicht gerade auf einem der vorderen Plätze. Faye war also nicht sonderlich traurig, wenn ihr Leben nicht zu oft von ihm abhing. Auch wenn er im Kampf bisher noch nie Schwäche gezeigt hatte, als sie dabei war. Eher im Gegenteil - er bewies sich als äusserst geschickt. Und doch war er wütend auf sie und das war eine schlechte Vorlage für so ziemlich alles, was mit Risiko verbunden war und gegenseitiges Vertrauen erforderte. Ihr wäre es deutlich lieber, wenn er immer so ausgeglichen wäre wie er sich gerade gab, hier am Lagerfeuer mit einer Gitarre in den Händen und einem neuen Lied auf den Lippen, welches ihr unvermittelt einen süssen Stich ins Herz versetzte. Sofort fand ihr Blick den ihrer Schwester, die sie übers Feuer hinweg schon längst anschaute. Hatte sie das Lied etwa gewünscht? Ein nicht ganz unbeschwertes Lächeln zeigte sich auf ihrem Gesicht, zeigte sich auf ihren beiden Gesichtern. Sie hielten sich praktisch gegenseitig den Spiegel vor. Hm. Wie früher. Als sie sich gemeinsam darüber aufgeregt hatten, dass Julians Musik niemals schwieg. Und jetzt war sie still, für immer verstummt, und sie wünschten sich nichts sehnlicher, als dass sie zurückkommen würde, mit ihm. Verrückte Welt. Faye riss den Blick von ihrer Schwester los, um sich stattdessen Victor zu zuwenden, der wieder das Wort an sie gerichtet hatte, sie so erfolgreich zurück ins Hier und Jetzt befördert hatte. Sie schüttelte leicht den Kopf. „Das war nichts… Du hättest das auch so geschafft“, murmelte sie leise, blickte ihn aber ernst an, weil sie wollte, dass er es glaubte. "Und ausserdem… Genau darum bin ich doch hier. Um das ein oder andere Leben zu retten“, fügte sie dann an, während sich ihre Gesichtszüge sanft entspannten. Sie sah doch, dass es ihm unangenehm war. Er sollte sich nicht dafür bedanken müssen, dass sie praktisch nichts getan hatte...
Aus all den Milliarden von Liedern, die diese Welt zu bieten hatte, hatte er genau dieses genannt… Das war doch verrückt. Sie wusste, dass sie sich zusammenreissen sollte, aufhören sollte, so viele Emotionen zu zeigen - gerade dann, wenn er ihr Gesicht so genau musterte. Wohl, weil ihm kaum entgangen war, was sich darauf abgespielt hatte, als er den Songtitel genannt hatte und sie sich diesen gewünscht hatte. Aber sie hatte das Lied schon so lange nicht mehr gehört… Schnell richtete sie den Blick zurück aufs Feuer, als er die Gitarre wieder auf seinen Schoss bettete. Ihre Augen suchten Faye, und tatsächlich brauchte sie nur Sekunden zu warten, da hatte ihre Schwester das Lied erkannt und schaute sie mit einem eindeutig genauso emotionslastigen Blick an wie umgekehrt. Da waren zu viele Erinnerungen mit diesen Tonfolgen verbunden und verdammt, Mitch’s Stimme passte einfach perfekt zum Text! Sie legte die Arm um ihren Körper, als sie spürte, wie sich die Gänsehaut darauf bildete. Und während Faye offenbar durch ein Gespräch wieder abgelenkt wurde, blickte Aryana stumm is lodernde Feuer, sah das Holz dahinter und den Boden darunter. Und den Rauch darüber und alles, was sich noch unendlich viel weiter entfernt befand, jenseits aller Flammen. Einige Männer stimmten ins Lied ein und vielleicht vielleicht war es möglich, dass eine hartnäckige Träne in ihrem linken Augenwinkel glitzerte, die nicht hatte versteckt bleiben wollen, sich aber auch nicht wagte, weiter hervor zu treten. Sie konnte hier ja schlecht vor all diesen Leuten heulen. Aber gehen wollte sie auch nicht. Nicht, während Mitch noch immer diese Töne spielte. So blieb sie still sitzen, blinzelte ab und zu verstohlen das Wasser weg, das natürlich nur vom Rauch des Feuers stammte. Sie schaute ihn nicht an, als die Musik langsam wieder ausklang. Wollte nicht, dass er noch mehr aus ihrem Gesicht lesen konnte, als vorhin schon. Deshalb hauchte sie auch lediglich ein leises „Danke, das war schön“, in Richtung des Feuers. Denn das war es wirklich.
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[jaaaa den hat er XD erst war ich ja skeptisch ob er mich nicht stört, aaaaaber irgendwie passt der ja doch zu seinem schmalen Gesicht ^^ aber ja, er könnte vermutlich auch Zuhälter sein, hahahaha XDDD ]
Ja, ich kannte das Lied auch. Hörte es nicht oft oder regelmäßig, aber es war mir durchaus ein Begriff. Mitunter deshalb, weil es in einer Serie vorkam, die ich früher sehr gerne geschaut hatte. Bevor die ganze Geschichte mit der Army angefangen und ich für sowas gar nicht mehr wirklich Zeit gehabt hatte. Klar war ich, als ich in den USA stationiert gewesen war, öfter Mal an den Wochenende Zuhause gewesen und da auch teilweise vor dem Fernseher gesessen, aber doch eher wenig. Da hatten Unternehmungen mit Freunden und die eine oder andere kleine Party immer nicht fehlen dürfen, um vom Alltag wegzukommen. Tja, mit am Wochenende mal schnell nach Hause fahren war jetzt nicht mehr, das konnte man sich hier als allererstes gleich mal abschminken. Es würde Monate, vielleicht auch noch Jahre dauern, bis wir den Krieg so weit geschlichtet hatten, dass ein Teil der Soldaten mal Urlaub Zuhause machen oder komplett abgesetzt werden könnte. Seufz. Ich merkte wohl, dass Faye neben mir der Musik etwas mehr Gehör geschenkt hatte als ich selbst, aber sie richtete ihre Aufmerksamkeit doch recht gezielt wieder auf mich, nachdem ich geredet hatte. Aber ihr Gesichtsausdruck schien nicht mehr so locker wie zuvor, brauchte noch ein paar Sekunden, um sich wieder etwas zu entspannen. Ich kam aber nicht umher ein leises Seufzen auszustoßen, nachdem sie mir sagte, dass ich das doch auch Alleine hingekriegt hätte. Es war wirklich faszinierend wie sicher sie das aussprach, kannte sie mich doch nicht einmal wirklich und schien trotzdem der Meinung zu sein, dass ich es auch alleine auf die Kette gekriegt hätte. Ehrlich gesagt glaubte ich da aber nicht wirklich dran, schließlich wusste ich selbst am allerbesten wie mies es um meine Psyche momentan noch stand. Dass ich einen ordentlichen Knacks weg hatte. "Vielleicht sollte das nächste Mal wenn wir ausrücken jemand eine kleine Sprühflasche mit Wasser mitnehmen... nur so für den Fall." zog ich das Ganze ein wenig ins lächerliche und grinste schief, verglich mich dabei quasi mit einer Katze, die schon wieder nicht hören wollte und was Dummes anstellte. Das half mir wenigstens ein bisschen dabei, mich nicht selbst für diesen miserablen Patzer zu hassen.
Ich konnte nicht verneinen, dass mir die Musik immer unheimlich viel zurückgab. Wirkte ich auch sonst meist völlig kalt, genervt oder emotionslos, wenn es um den ernsten Krieg ging, der da draußen vor dem Tor immer auf uns wartete, brachten mich der Klang der Gitarre und meiner eigenen Stimme doch wirklich immer runter von dem eisigen Thron, auf dem ich sonst zu sitzen schien. Das Singen gab mir einfach die Möglichkeit, meinen oft hinter verschlossenen Toren sitzenden Emotionen ein wenig Raum zu geben und sie gehen, von mir abfallen zu lassen. Das war unheimlich viel Wert und umso ärgerlicher würde es sein, wenn die erste Saite der Gitarre reißen würde. Die waren uralt, eigentlich war es schon nur noch eine Frage der Zeit, aber ich verdrängte diesen Gedanken meistens gekonnt. Beim Stimmen war ich schön vorsichtig, das würde das Ganze also hoffentlich noch etwas herauszögern. Auf jeden Fall wäre das zweifelsohne besser für alle der hier beteiligten, die mich aushalten mussten, haha. Aber die Stimmung - gerade die von der jungen Frau unmittelbar neben mir - schien jetzt gedrückt, was ich so nicht stehen lassen wollte und ich hatte doch hier von Allem gerade am ehesten die Macht dazu, etwas daran zu ändern. So spielte ich fast nahtlos weiter, ließ nur zwei oder drei Sekunden frei, um mit den Händen umzugreifen. Also ließ ich 'Feel Invincible' von Skillet erklingen, um die Moral wieder etwas anzuheben und weil ich auch dieses Lied nicht zum ersten Mal spielte, stimmten wieder ein paar mit ein. Rodriguez lieferte mir sogar die fehlende Zweitstimme, die ursprünglich von einer Frau gesungen wurde, aber da war die Auswahl hier ja bekanntlich sehr begrenzt. Ich tat mir mit den höheren Tönen sonst eh etwas schwerer als mit den tiefen, einfach wegen meiner Stimmlage. Aber so ging das ganz gut und es zeichnete sich auf dem einen oder anderen Gesicht anschließend wieder ein Lächeln ab, was ich doch zufrieden lächelnd wahrnahm, bevor ich das hölzerne Instrument wieder bei Seite stellte. "Wenn du sonst ab und zu Liedwünsche hast.. bin offen für fast Alles, sofern ich die Gitarrengriffe irgendwie hinkriege." ließ ich noch ein paar Worte in Richtung von Aryana verlauten, sah nur einmal kurz zu ihr rüber, dann wieder in die gleichmäßig hohen Flammen.
Sehr geil. xD Ja er kann sich schon sehen lassen, so isses nicht. xD Aber jaa haha, vielleicht wird er das ja dann im nächsten Leben… x’D _____________
Faye legte etwas den Kopf schief und blickte ihn ziemlich kritisch an bei seinem Vorschlag, „Ach komm… So schlimm bist du sicher nicht. Das passiert nicht wieder, war nur ein... Einstiegsfehler“, er sollte aufhören, sich hier selber so runter zu machen. Sogar Aryana hatte gesagt, dass er danach wirklich gut geschossen hatte. Faye konnte das selber schlecht beurteilen, da sie bekanntlich in die andere Richtung geblickt hatte. Aber wenn ihre Schwester das sagte, musste es doch wahr sein. Ausserdem: Wieso ritt er hier so drauf rum?? Er wollte doch sicher nicht, dass sie irgendwelche Fragen zum Thema stellte, also würde er gut daran tun, es einfach stecken zu lassen und irgendwas anderes anzusprechen. Von ihr aus konnten sie schon über seinen Patzer heute reden. Aber dann hätte sie gerne eine Erklärung. Statt nun aber noch länger dabei zu bleiben, wechselte sie kurzerhand selber das Thema. Hoffte schwer, damit nicht ins nächste Fettnäpfchen zu schlittern. Denn die Vergangenheit dürfte bei ihm dünnes Eis sein, vermutete sie jedenfalls. Aber sie würde es wohl schnell merken, wenn er nicht reden wollte. Und dann würde sie sofort wieder schweigen. „Wie lange bist du denn schon bei der Army? Das ist ja nicht dein erster Einsatz, nehm ich an?“, fragte sie mit gewisser Vorsicht weiter. Nein, sie hatte wie gesagt keine Informationen zu den Neuankömmlingen gelesen, wusste nur das über Victor, was er ihr bisher gesagt hatte. Also praktisch nichts. Sie nahm einfach mal an, dass er nicht zum ersten Mal im Krieg war, weil er sich dafür zu schnell im Camp zurechtgefunden hatte. Aber falls doch, würde sie es ja gleich erfahren.
Wahrscheinlich war es sehr gut, dass er sofort mit einem anderen Lied weitermachte, dessen Text sie nicht so runterzog wie das Letzte. Sie brauchte einen Moment, um sich wieder zu fangen. Aber darin war sie über die Jahre recht gut geworden, weshalb sie mit einem lautlosen Seufzen die Hände von ihren Knien abstiess und sich wieder in ihrem Stuhl zurücklehnte. Still seiner Stimme und der Gitarre lauschte, bis auch dieses Lied ein Ende fand. Nachdenklich aber zufrieden blickte sie ins Feuer und als er das Wort wieder an sie richtete, zurück zu Mitchell. Wieder bildete sich ein etwas spitzbübisches Lächeln auf ihrem Gesicht. Wer hätte gedacht, dass er ihr jemals ein so freundliches Angebot machte? Sie auf jeden Fall nicht. Aber dieser Abend am Feuer entwickelte sich doch als ziemlich teamfördernd - zwischen ihr und dem jungen Mann jedenfalls. Dort, wo es wohl fast am häufigsten Komplikationen gab. Sie wurden vielleicht nicht gleich Freunde, aber dass er sie nicht einfach abgewiesen hatte, sich sogar fast ein wenig nett mit ihr unterhielt, machte ihn schon ein wenig sympathischer. Aber ja, gerade brauchte er ja auch keine Befehle von ihr zu akzeptieren, was ihn vielleicht auch glücklicher stimmte. „Dankeschön, ich werde darauf zurückkommen“, lächelte sie und liess eine kurze Pause folgen. „Du hast echt Talent, Mitch. Und eine tolle Stimme“, liess sie ihn ehrlich wissen, auch wenn ihm das wohl schon länger bewusst war. Sonst würde er es ja nicht immer wieder tun. Er bräuchte eigentlich nur noch einen Youtube Kanal und wäre über Nacht ein Star - ein singender Soldat mitten im Krieg wäre nämlich zweifellos gefundenes Futter für all die Talentscouts. Aber nein, besser nicht. Den Gedanken würde sie jetzt auch nicht aussprechen, da sie das Kompliment nicht ins Lächerliche ziehen wollte, wo es doch ernst gemeint war.
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[wurde jetz nich lang aber ich bin müde und Kopfaua und meh :(]
Nein, war ich auch nicht. Bis zu diesem gewissen Wendepunkt in meiner Army-Karriere war ich ein ziemlich guter Schütze gewesen, hatte auch bei taktisch schwierigeren Missionen des öfteren Mal die entscheidende Initiative getroffen oder maßgebliche Schüsse beigesteuert. Ich war gut in dem, was ich hier tat - eigentlich eben. Es war ja auch okay gewesen, nachdem ich mich aus der Schockstarre hatte lösen können... dank Faye eben, auch wenn sie meinen Dank diesbezüglich nicht annehmen wollte. Ja, vielleicht hätte ich diesen Moment selbst auch noch überwinden können. Aber wann oder wie konnte eben keiner wissen, weshalb ich umso dankbarer dafür war, dass ich wieder zu mir gekommen war bevor Irgendjemandem etwas zugestoßen war. Womöglich hätte ich mir sogar selbst noch eine Kugel eingefangen und wäre psychisch dann endgültig den Bach runter gegangen. Mal gut, dass wir das nicht herausfinden mussten. Ich löste mich erst von dem unliebsamen Gedanken, als Faye erneut noch einmal ihr Wort an mich richtete, mir eine Frage stellte. Darüber musste ich nicht lange nachdenken, war mir das Datum meines Einzugs doch quasi wie ins Gedächtnis gebrannt. "Also bei der Army seit ich 18 bin. Auslandseinsätze haben mit 19 dann angefangen... bis ich 22 war." listete ich ihr ganz grob auf, wie das Zeitfenster in etwa gewesen war. Ich hielt es für unnötig, ihr mehr Einzelheiten zu erzählen. Was ich genau für Lehrgänge absolviert hatte und so weiter, das war jetzt nicht unbedingt relevant. Die entsprechende Gegenfrage brauchte ich der jungen Frau auch nicht zu stellen, schließlich wusste ich seit wann sie hier war - seit ein paar Tagen und genau so verhielt sie sich auch noch, eben ein bisschen wie ein kleiner Grünschnabel. "Also im Gegensatz zu dir bin ich was das angeht schon ein alter Hase." fügte ich sarkastisch noch ein paar Worte an und grinste leicht.
Talentiert war ich vielleicht ein bisschen, ja. Das hatte ich zwar anfangs nicht recht glauben wollen, aber nachdem mir das inzwischen des öfteren Mal gesagt worden war, musste da dann vermutlich auch ein bisschen Wahrheit drin stecken. Zwar war Talent meiner Meinung nach einfach nur tagtägliches Üben und viel Ehrgeiz, aber da teilten sich die Ansichten wohl. Ich nickte ihr zu, als ich mich wieder etwas tiefer in den Sitz sinken ließ und mir dann noch ein "Danke." über die Lippen kam. Dann hob ich die Hände hinter den Kopf, wo ich die Finger kreuzte, um eine angenehme Nackenstütze zu haben. War schon anstrengend hier so zu sitzen, haha. "Womöglich sollte ich doch lieber verschwinden und wieder eine Band gründen." ergänzte ich noch, wobei der Sarkasmus dabei aber nicht zu überhören war. Natürlich meinte ich das nicht ernst, war ich zum einen nicht der Typ dafür Hoffnungen in so eine Dummheit zu stecken. Außerdem konnte man nicht einfach mal eben so aus der Army verschwinden, immerhin hatte ich mich verpflichtet. Aussitzen musste ich den Mist hier wohl oder übel also sowieso. Aber vielleicht hatte es ja schon früher ein Ende, als ich dachte und ich würde irgendwo anders hin versetzt werden. Angesichts der Tatsache, dass Aryana mich wegen der Spionage-Geschichte insgeheim sicher schon im Fadenkreuz hatte, wäre das vermutlich der angenehmste Ausgang der Geschichte für mich. Aber das Leben war kein Wunschkonzert - der Krieg noch weniger.
Keeeiiin Problem, lange Beiträge sind nicht wichtig :3 ______
Seit Achtzehn also. Und dann mit 22 Schluss. Diese zwei Sätze reichten vollkommen aus, um ihr direkt die nächsten zwei Fragen auf die Zunge zu legen... Es war nicht so, als würde sie sich Mühe geben, ihn hier ins Kreuzverhör zu nehmen. Und ihr fiel schon auf, dass hauptsächlich sie die Fragen stellte. Und dass das wohl bedeutete, dass Victor eher der verschlossene Typ war und nicht gerne persönliche Gespräche führte. Aber die riesige Neugier lag nunmal in der Familie und in dieser Hinsicht verfolgte Faye auch die gleichen Prinzipien wie ihre Schwester - Fragen wurden einfach mal gestellt und die andere Person konnte dann gut selber entscheiden, ob das nun zu persönlich war oder ob eine Antwort folgen sollte. Sie lächelte und blickte kurz etwas verlegen zur Seite, als er seine jahrelange Erfahrung mit ihrer verglich - die quasi nicht vorhanden war. Faye wurde nicht sehr gerne darauf angesprochen... Denn er war nicht der Erste, der was dazu sagte. Dabei sollten die lieben Männer hier doch einfach nur froh sein, überhaupt jemanden im Lager zu haben, der sie in der Not auch verarzten oder ihr Leben retten könnte. Und die Erfahrung würde zwangsläufig kommen mit der Zeit. Auch nach dieser Wortfolge blieb Faye erstmal einen Moment still, hauptsächlich, um sich die nächsten Worte zurecht zu legen, die schon wieder eine ernstere Richtung einschlugen, als es vielleicht gut war. Hoffentlich redete er nach heute Abend überhaupt noch mit ihr. Wäre schade, wenn sie ihn gleich vergraueln würde, wo er doch sonst so nett wirkte. „Und wie alt bist du jetzt?“, stellte sie erstmal die etwas freche erste Frage, die nicht halb so persönlich war wie die zweite. Begleitet wurden diese Worte auch noch von einem Lächeln, während sie sein Gesicht musterte, als würde sie die Antwort gerade schätzen wollen. „Und... warum hast du mit 22 aufgehört?“, folgte wenig später ziemlich viel leiser - fast ein Bisschen kleinlaut und schüchtern - die zweite Frage. „Du musst es mir nicht sagen, wenn du nicht willst. Es ist nicht so wichtig..“, schob sie gleich nach. Nur für den Fall, dass er schon innerlich die Augen verdrehte über ihre viel zu vielen Fragen.
Hmmm… Verschwinden und eine Band gründen, war natürlich eine Idee. Und Aryana kam nicht drum herum, sich tatsächlich für einen Moment Gedanken darüber zu machen, ob sie das gut oder schlecht finden würde. Wenn er einfach ging (so einfach wäre das ja dann auch wieder nicht, nebenbei bemerkt), wäre sie ihren wahrscheinlich Hauptverdächtigen in der Spionagegeschichte los. Und vielleicht vielleicht wären sie auch tatsächlich das Problem los - falls er denn wirklich ihr Informationsleck war. Zudem hätte sie einen Mann weniger im Trupp, der nicht damit klar kam, eine Frau in einer Führungsposition zu respektieren. Ihr zu vertrauen. Von daher wäre sie nicht so besonders traurig. Allerdings war Mitch ihr bester Sniper und ein ausgezeichneter Stratege, fürs Team und im Kampf wäre es also doch ein Verlust. Naja, da das hier nur ein Hirngespinst und lockeres Gerede war, brauchte sie sich eigentlich auch keinen Kopf darüber zu machen. „Du würdest uns doch alle vermissen, wenn du einfach abhauen würdest“, erwiderte sie auf seine Worte, wobei der Sarkasmus in ihrer Stimme noch deutlicher herauszuhören war als je zuvor an diesem Abend. „Besonders mich“, fügte sie an und ihr rechter Mundwinkel hob sich zu einem schrägen Grinsen, mit dem sie ihn bedachte. Oder so.
This is your life, it's do or die, the sun may never rise again, so be the light the vision. This is your life, it's slipping by, you try to run but fall again, you get back up that's living.
Ich konnte Faye ansehen, dass sie neugierig darauf war zu erfahren, was den ganzen Heckmeck von heute Nachmittag überhaupt ausgelöst hatte. Was die Ursache dafür war, dass ich mich selbst so extrem kritisch sah, mir den Fehler einfach nicht verzeihen konnte. Aber bevor sie mir eine entsprechende Frage stellte, wollte die Brünette noch etwas Anderes von mir wissen. Dabei fiel mir dann auf wie schnell es doch tatsächlich auf die harte Dreißig zuging, die ich eigentlich nicht erreichen wollte. Ein paar Jährchen hatte ich zwar schon noch Zeit, aber die vergingen bekanntlich gerne wie im Flug. Man hatte nie genug Zeit. Aber was wollte man auch mit mehr Zeit... Wunden heilen konnte sie nicht. Das hatte ich selbst schmerzlich feststellen müssen, sonst wäre ich immerhin nicht hier. "26 mittlerweile... wenn der Rücken verspannt ist fühl ich mich aber gerne mal schon wie 35." sagte ich sarkastisch, lächelte etwas schief, bevor dann diese eine Frage kam. Eine Frage, die ich nicht hatte hören wollen. Die nach einer Information verlangte, die ich absolut nicht gerne in Worte fasste, weil es noch immer so furchtbar wehtat. Die Erinnerungen daran mich so auffraßen, dass ich oft nicht schlafen konnte. Dass immer diese gewisse innerliche Unruhe in mir herrschte, wie ein Sturm der zwar immer wieder abflachte, aber nie wirklich aufhörte. Ich war mir auch nicht ganz sicher, was genau Faye nun mit der Information anfangen wollte, aber ich glaubte nicht, dass sie mich verurteilen würde. Sie schien mir vernünftig zu sein, andererseits hatte Sympathie allein mich schon so oft getäuscht... gerade bei Frauen. Ziemlich viele von Ihnen perfektionierten nämlich gerne ihr Schauspiel, ungeachtet der Gefühle, die sie womöglich damit verletzen konnten. Ich hatte den Blick gesenkt, sah auf den staubigen Boden vor mir und ließ den Blick dann nur einmal kurz nach links und wieder nach rechts schwenken. "Nicht hier... zu viele Ohren." gab ich eine nur eher gemurmelte Antwort, die wesentlich gedämpfter ausfiel als die vorherige. Nach reiflicher Überlegung war mir klar, dass sie die Frage genauso gut einfach ihrer Schwester stellen könnte. Offiziell dürfte die ihr zwar keine Antwort geben, aber es waren Schwestern. Da galten grundsätzlich andere Gesetze und nicht die allgemein öffentlich rechtlichen. "Suchs dir aus." fügte ich noch ein paar ebenso leise Worte hinzu, die einfach darauf bezogen war, ob sie es jetzt erfahren und damit ein paar Meter weit weg gehen wollte - wohin auch immer, die Stühle waren ja tragbar -, oder ob sie auf die Antwort noch warten wollte und wir einfach erst einmal sitzen blieben. Mein Gesichtsausdruck war zwar nicht ganz neutral, womöglich minimal wehleidig, aber es war mir doch lieber, wenn ich es ihr selbst sagen konnte, als wenn sie es früher oder später woanders her erfuhr. Über zehn Ecken, wo bei jeder eine neue falsche 'Wahrheit' hinzu kam.
Ja, besonders sie. Es war ja gar nicht mal so, dass ich irgendwie persönlich Etwas gegen die junge Frau hatte. Ehrlich nicht, ich war ja kein Frauenfeind oder sonst was in der Richtung. Aber mit ihrer Position kam ich eben nicht gut zurecht. Man konnte mich da womöglich altmodisch nennen, war es für mich eben einfach der Kerl, der im Haus - oder auf dem Schlachtfeld - das Sagen haben musste. Was Andere davon hielten war mir dabei schlichtweg vollkommen egal, sie mussten meine Meinung ja nicht teilen und aufzwingen tat ich sie auch Niemandem - dazu stehen tat ich aber trotzdem. Die junge Frau konnte zwar manchmal auf die Nerven gehen und vor Allem war sie mir einen Ticken zu schlau, war ich doch jetzt in ihrem Visier, aber im Grunde war sie bestimmt in Ordnung. "Keine Sorge... um dich wirklich auf dem Kieker zu haben kenn' ich dich zu wenig, Aryana. Aber der Kommandanten-Tonfall würde mir kein bisschen fehlen, nein." gab ich ihr weiterhin recht beschwingt eine lockere Antwort, hatte doch gerade ganz einfach gute Laune. Bisher hatte die Chefin es ja noch nicht geschafft sie mir zu nehmen. Sagte sie nichts Dummes, das mir in welcher Form auch immer nicht in den Kram passte, würde das auch vorerst so bleiben. Musik war eben doch immer wieder Balsam für die Seele und war sie noch so angespannt und gereizt - half immer. Bei mir zumindest.
26.. Machte Sinn, wenn er, wie er heute Nachmittag schon mal gesagt hatte, vier Jahre lang zu Hause gewesen war. Und jetzt zurückgekehrt. Was konnte es für Gründe geben, nach vier Jahren wieder in den Krieg zu gehen, wenn man es doch erstmal rausgeschafft hatte? Für sie gäbe es ja wohl nur einen Einzigen. Und das war derjenige, der sie schon jetzt hierher gebracht hatte. Aber das würde kein zweites Mal passieren, denn wenn sie ihre Schwester erstmal wieder nach Hause geschleppt hatte, würde sie sie irgendwo festbinden, von wo sie nicht mehr wegkam. Damit sie nie, nie wieder auf so bescheuerte Ideen kam. Doch das war noch weit entfernt, war ihr auch klar… Leider. „Kannst dich gerne bei mir melden, wenn du dich mal wieder zehn Jahre jünger fühlen möchtest… Ich hab Zusatzseminare in Massage und Manueller Therapie besucht, vielleicht kann ich dir helfen“, erwiderte sie und zuckte schwach lächelnd mit den Schultern. Nein, das bot sie jetzt nicht unbedingt jedem an. Aber er hätte es sich durchaus verdient, nach diesem Tag und den vielen neugierigen Fragen ihrerseits. Besonders mit der nächsten war Faye wohl eindeutig einen Schritt zu weit gegangen. Sie sah sein Gesicht von der Seite, sie wusste, dass er nicht darüber reden wollte. Aber anstatt sie einfach mit einem Kopfschütteln abzuwimmeln, folgte dann ein leises, mehr oder weniger eindeutiges Angebot, die Antwort doch zu bekommen. Nur nicht hier. Die junge Brünette zögerte allerdings einen Augenblick, bevor sie sich entschieden hatte. Sie wollte ihn nicht unbedingt dazu drängen, ihr irgendwas zu erzählen, was er lieber für sich behielt. Aber das hatte sie ihm schon gesagt. Ausserdem hatte sie das starke Gefühl, dass der Grund, weshalb er heute Nachmittag den kleinen Ausfall gehabt hatte, viel mit dem Ereignis zu tun hatte, demzufolge er aus der Army ausgetreten war. Also war das, was sie hier erfahren konnte, im Grunde genommen genau die Information, die Mitch heute Nachmittag schon abgehört hatte. Hm. Damals hatte sie es nicht wissen wollen, weil sie es wenn dann lieber von ihm persönlich erfuhr. „Wir können auch über was anderes reden…“, murmelte Faye dem jungen Mann ein weiteres Mal zu, erhob sich dabei aber schon von ihrem Stuhl, um sich eben von den vielen Ohren hier zu entfernen.
Doch, so entspannt hatte sie sich wohl noch nie mit ihm unterhalten. Nicht weiter verwunderlich, denn Mitch würde wohl niemals freiwillig das Gespräch mit ihr suchen und sie hatte sich bisher auch nicht unbedingt darum gerissen. Auch wenn es wichtig war, dass man mit seinen Kollegen im Reinen war, dass eine gewisse Freundschaft- und Vertrauensbasis da war, hatte sie nie viel Sinn darin gesehen, diese bei Mitch zu suchen. Sie wusste ja, was sein Problem war. Er sprach es hier und jetzt gleich wieder aus. Es war ihr Status, die kleine Marke, die ihre Uniform in der Mitte ihres Brustbeins schmückte. Er liess sich nicht gerne was sagen, schon gar nicht von einer Frau. Dass sie diesen Titel keineswegs in den Arsch geschoben bekommen hatte, ignorierte er dabei gekonnt. Sie verdiente den Status genau wie jeder Mann, der ihn trug - auch wenn diese meistens bis immer ein paar Jahre älter waren. Sie verdiente das, genau wie Mitch es verdiente, als bester Sniper bezeichnet zu werden. Es waren Titel, die man nicht einfach so bekam sondern für die man arbeitete und gearbeitet hatte. „Das ist… so unglaublich beruhigend zu wissen“, erwiderte sie, ohne das schiefe Grinsen abzulegen. „Ich melde mich bei dir, sollte ich jemals die Marke abgeben. Vielleicht können wir dann ja endlich Freunde werden“, alles eher unwahrscheinlich - also dass sie die Marke abgab und dass sie jemals wirklich Freunde wurden. Aber wer weiss? Das Leben war voller Überraschungen.
This is your life, it's do or die, the sun may never rise again, so be the light the vision. This is your life, it's slipping by, you try to run but fall again, you get back up that's living.