Aryana bekam im Augenwinkel mit, wie der Vertrag über den Tisch geschoben und direkt vor Mitch platziert wurde. Wie dieser im Anschluss auch das zweite Papier - das, welches schon mit ihrer eigenen Unterschrift versehen war - heranzog und die beiden akribisch zu lesen und vergleichen begann. Aber wirklich Gedanken machte sie sich darüber nicht. Ihr Kopf war schon wieder viel zu voll, schrie schon wieder viel zu laut von dem fatalen Fehler, den sie hier begangen hatte. Dass sie nicht nur ihr eigenes Grab geschaufelt, sondern auch die unfairsten Mittel dazu ergriffen hatte, Mitch ein Stück näher zu sich zurück zu ziehen. Dass sie diese Entscheidung unendlich oft bereuen würde. So oft, dass sie letztendlich daran zerbrechen würde. Aber natürlich erst, nachdem sie bereits ein weiteres Mal Leid in unvorstellbarem Ausmass angerichtet hatte - anders als in Syrien, aber kein Bisschen gerechter. Sie stellte schon jetzt, in diesem Moment, erneut ihr ganzes Leben in Frage. Wie sollte das also enden, wenn sie Easterlins Aufträge, die vom Niveau her bestenfalls Grauzone entsprachen, erfüllen sollte? Die Brünette hatte den Blick durchs Fenster hinter ihrem Gegenüber nach draussen gerichtet, irgendeinen Scheinwerfer als Fixpunkt ausgewählt, während sie die Minuten verstreichen liess. Wieder nahm sie den Wortwechsel der beiden Männer mehr nebensächlich als bewusst wahr, auch wenn sie bei der Aussage ihres Arbeitgebers doch beinahe trocken gelacht hätte. Sie konnten ihm also vertrauen - ausgerechnet ihm, nach dem, was er ihnen bisher erzählt hatte. Ja, klang nach einem durch und durch rechtschaffenen Menschen, der nichts Geringeres als ewiges Fegefeuer als treffende Strafe für Lug und Betrug sah. Bestens. Ihr Blick hatte sich mittlerweile vom Flutlicht gelöst und seinen Weg zurück in dieses Zimmer, in Easterlins Gesicht gefunden, welches sie nachdenklich musterte. Sie sah weiterhin davon ab, etwas zu sagen, weil es nichts gab, was es von ihrer Seite her noch anzufügen gab. Ausser, dass sie ihm jetzt schon schwören konnte, dass sie als Soldaten seiner kleinen Armee niemals mit ihm harmonieren würden. Und dass sie nach sechs Jahren hier verschwinden würden. Sechs Jahre. Sie mussten nur sechs Jahre überleben... Das Seufzen ihres Freundes hätte von ihrer eigenen Seele kommen können. Und als er schliesslich seine Unterschrift genauso irreversibel aufs Papier gekritzelt hatte, schloss sie doch für eine Sekunde die Augen, weil ihr Herzschlag sich beschleunigte, als wäre sie es gewesen, die gerade einen riesengrossen Fehler gemacht hatte. Aber sie durfte nicht so denken... Nicht jetzt schon... Easterlins Gesicht hellte sich indes ein weiteres Mal mit dieser koketten Freundlichkeit auf, als er die Verträge beide fast schon feierlich einsammelte und vom Tisch nahm. Mitchs Frage überging er ganz geschickt, indem er sich von seinem Stuhl erhob und zum Drucker in der Ecke spazierte, erstmal in aller Seelenruhe eine Kopie je Vertrag anfertigte. Als diese erstellt waren, kam er zurück zum Schreibtisch, schob ihnen beiden lächelnd die Kopie ihrer jeweiligen Verträge zu und wartete nach einem Nicken darauf, dass sie sich das Papier nahmen und sich aus den Stühlen bequemten. "Ja, das war alles", beendete er das sehr kurz ausgefallene Gespräch in dem Büro, als Aryana schon längst auf den Füssen stand, den Vertrag mit innerlich absolutem Widerwillen an sich nahm und sich in Richtung Tür bewegte. "Ich begleite Sie noch nach unten", erklärte Easterlin wenig überraschend, bevor er genau das zu tun ansetzte. Der kurze Weg zum Lift und die anschliessende Fahrt zurück ins Erdgeschoss waren in pechschwarzes Schweigen gehüllt und die Brünette war einfach nur froh, als sich die Türen unten wieder auseinander schoben. Hätte sie doch nächstens in den Fahrstuhl gekotzt, so dünn wie die Luft hier drin geworden war. Glücklicherweise sah der reiche Sack davon ab, sie bis ins Auto oder sogar bis ans Tor zu begleiten, blieb nach einigen Schritten in der Mitte des Eingangsbereiches stehen und streckte nacheinander sowohl Aryana als auch Mitch zum Abschied die Pfote hin. "Es war mir ein Vergnügen, Sie endlich persönlich kennen zu lernen und ich freue mich auf angenehme Zusammenarbeit. Ich erwarte sie am ersten Juni um 7:00 Uhr wieder hier. Bis dahin wünsche ich gute Erholung - und gewöhnen Sie sich nicht zu sehr ans Nichtstun", versuchte er zum Abschied noch lustig zu sein, zwinkerte Mitch dabei fast kumpelhaft zu. Aryana sah weiterhin gekonnt davon ab, das Lächeln oder irgendeine andere positive Gesichtsregung zu erwidern, gab lediglich ein sehr formales "Auf Wiedersehen", von sich, ehe sie sich abwandte, um zielstrebig den Weg zurück zu ihrem Auto zu gehen. Dort angekommen riskierte sie weiterhin keinen Blick auf ihre Umgebung, klemmte sich hinters Lenkrad, wartete gerade so lange, bis Mitch eingestiegen war und die Tür zugemacht hatte, ehe sie den Motor startete und das Fahrzeug vom Platz steuerte. Am Tor wurden sie glücklicherweise auch ohne weiteres Anhalten durchgewinkt, sodass sie sich kaum eine Minute nach der kalten Verabschiedung vom Teufel wieder mitten im Wald befanden und schnelle Kilometer zwischen sich und ihn brachten. Kaum waren sie ausser Sichtweite, war auch das Pokerface der jungen Frau Geschichte, die fast umgehend damit begonnen hatte, ihre Unterlippe mit ihren Zähnen zu malträtieren. Die Finger ihrer linken Hand trommelten lautlos auf dem Lenkrad herum und immer wieder schüttelte sie stumm den Kopf. Sowohl im Versuch, ihre wertlosen Gedankengänge zu unterbrechen, als auch in leichter Fassungslosigkeit darüber, an welchen menschlichen Abschaum sie nun schon wieder geraten waren. Sie hatte nach einer Stunde mit Easterlin schon die starke Vermutung, dass er sich in ihrem Leben zu nichts Geringerem als einer Reinkarnation von Lieutenant Warren entwickeln würde. Nur, dass diese Version weit intelligenter ausgefallen sein dürfte als die Erste. Ausserdem auch sehr viel schwerer zu beseitigen. Hier gab es keine Schlangen, die ihn unglücklicherweise beissen könnten... Niemanden, der ihnen eine solche Geschichte glauben würde...
This is your life, it's do or die, the sun may never rise again, so be the light the vision. This is your life, it's slipping by, you try to run but fall again, you get back up that's living.
Meine Mundwinkel waren inzwischen schon ein ganzes Stück abgesunken. Zwar hatten sie genetisch bedingt - und ein bisschen antrainiert - ohnehin immer eine leichte Tendenz nach unten, aber gerade war unmissverständlich sichtbar, dass ich mit meiner jetzigen Ausgangslage mehr als unzufrieden war. Dass ich nur unterschrieben hatte, weil ich ganz einfach nicht wusste, was ich sonst tun sollte, wo zurück in den Knast zu gehen und Aryana diese Sache alleine ausbaden zu lassen doch absolut keine Option war. Dementsprechend wortkarg blieb ich auch jetzt, wo Easterlin uns offiziell aus seinem Büro entließ, weil zumindest für den Anfang alles geklärt zu sein schien. Ich wäre ihm wirklich dankbar dafür gewesen, wenn er uns einfach allein wieder nach unten geschickt hätte. Stattdessen bereicherte er uns leider weiterhin mit seiner Anwesenheit, als ich mich ebenfalls bei Annahme der Vertragskopie aus dem Stuhl erhoben hatte und begleitete uns noch bis nach unten. Ich erwiderte den Händedruck zwangsweise, hätte seine Hand lieber ins Leere laufen lassen. Zumindest ein paar Manieren würde ich Easterlin gegenüber leider beibehalten müssen, wenn ich mir das Leben hier nicht noch schwerer machen wollte, als es das ohnehin schon werden würde. Allerdings bekam er auch an dieser Stelle lediglich ein Nicken von mir zum Abschied, weil ich nicht dafür hätte garantieren können, dass nicht eine mindestens ebenso freche Antwort über meine Lippen fand, wenn ich den Mund aufgemacht hätte. Außerdem war aus meinem inzwischen leicht gereizt funkelnden Blick deutlich zu sehen, dass er sich die dummen Witze sparen konnte. Ich sollte mich nicht ans Nichtstun gewöhnen. Als wüsste er nicht, dass ich die Kategorie Arbeitstier war, wäre ich sonst doch kaum so lange bei der Army geblieben und noch weniger hätte ich dann meinen Weg bis zu ihm hierher gefunden. Er konnte sich seine ach so freundliche Art also gerne sonst wohin schieben. Dennoch würde ich die mir übrigen Tage sicher nicht damit verbringen, von A nach B zu hetzen und mich zu stressen. Andererseits glaubte ich eher nicht, dass ich jetzt, wo wir Easterlin kennengelernt hatten, wirklich sowas wie Ruhe finden würde, wo der erste Arbeitstag unter seiner Flagge doch nicht gerade in weiter Ferne lag. Umso lieber wollte ich jetzt Distanz zu dem Ekelpaket kriegen und ging recht energischen Schrittes mit Aryana die restlichen Meter zurück bis zum Wagen, ließ mich dort auch ohne zu zögern auf den Beifahrersitz sinken. Schnallte mich noch an, während die Brünette bereits im Begriff war loszufahren und warf schließlich noch einen kurzen Blick über die Schulter aus der Heckscheibe, als wir die Basis schon ein paar Meter hinter uns gelassen hatten. Danach wanderte mein Blick zurück nach vorne und ich ließ mich etwas tiefer in den Sitz sinken, während ich den sich förmlich überschlagenden Gedanken nachhing und angespannt mit dem Kiefer mahlte. Mich unweigerlich in diese Angelegenheit hineinzusteigern begann, weil ich im Begriff war einen riesigen Schritt in meinem Leben zurück zu machen. Es schien alles wieder von vorne loszugehen. Erst eine Ausbildung, dann Einsätze und daran geknüpft schon bald nur noch blanke Frustration und Wut. Ich wollte gerne darauf hoffen, dass es leichter zu ertragen sein würde als das erste Mal, weil ich es jetzt wenigstens nicht so gut wie allein durchmachen musste. Dass ich Jemanden an meiner unmittelbaren Seite hatte, der meine Meinung teilte und der mir einen Ausgleich verschaffen konnte. Ich war mir nur nicht sicher, ob das genug sein würde. Ob das nicht eher darin resultieren würde, dass ich all meinen Ärger auf Aryana übertrug und sie damit nur von mir wegtrieb, obwohl wir uns ohnehin schon neu aneinander gewöhnen mussten, weil sich seit unserem letzten Moment in Freiheit so vieles geändert hatte. Wir auch einfach nicht mehr dieselben Menschen waren wie zuvor, im letzten Jahr beide durch unsere eigene Art von Hölle marschiert waren. Ich sah die ganze Zeit im Augenwinkel, dass die junge Frau hinter dem Steuer nicht weniger aufgewühlt war als ich selbst auch, nahm es aber erst ab etwa der Hälfte der Strecke wirklich wahr, weil ich an diesem Punkt die Gedanken relativ erfolglos abzuschütteln versuchte. Nicht jetzt schon ganz fleißig alles schwarz anmalen sollte - obwohl es das zweifelsohne ohnehin schon war, ohne, dass ich den Pinsel überhaupt in die Hand nahm. Ich drehte meinen Kopf etwas in Aryanas Richtung, kurz bevor ich die Hand nach ihrem Oberschenkel ausstreckte und langsam mit dem Daumen über den Stoff ihrer Hose strich. Wohl hauptsächlich als Geste dafür, dass ich ihr gerade nicht wieder die Schuld dafür in die Schuhe schob, mich hier irgendwo reingeritten zu haben. Dass ich inzwischen mehr das große Ganze betrachtete, auch wenn die Situation deswegen nicht weniger zu purer Scheiße wurde, die ich gerade liebend gern wieder mit einer Zigarette verschleiern würde. Nur hatte ich die wohl mitsamt Feuerzeug auf dem Fensterbrett am Balkon liegen lassen. Sagen tat ich aber weiterhin nichts, würde alles in meinem Zustand doch vermutlich nur extra-pessimistisch klingen, also verging auch der Rest der Fahrt schweigend und ich nahm meine Hand schließlich wieder zu mir zurück, als ich ausstieg. Schob sie noch auf dem Weg zur Haustür in die Hosentaschen und nahm sie erst wieder raus, als Aryana oben die Wohnungstür aufschloss und ich hinein ging, die Tür zum Hausflur hinter mir zumachte. Allerdings zog ich die Schuhe gar nicht erst aus, würden meine Füße mich doch gleich erstmal wieder nach draußen tragen. "Ist das einer von diesen Tagen, an denen du auch rauchst?", stellte ich der Brünetten eine geseufzte und eher rhetorische Frage, die eigentlich hatte witziger klingen sollen. Weniger niedergeschlagen, weniger frustriert. Es war nicht so als würde ich sie nun dazu animieren wollen, ihre zierlichen Finger ebenfalls in die Kippenschachtel zu stecken. Es war eher nur ein Wink mit dem Zaunpfahl dafür, dass ich gleich wieder nach draußen gehen würde. Ich warf der Brünetten im Türrahmen zum Wohnbereich also nur noch einen kurzen Blick über meine Schulter hinweg zu, bevor mich meine Füße weiter trugen. Tatsächlich erinnerte ich mich aber noch daran, dass die junge Frau sich schonmal eine Zigarette von mir hatte geben lassen. Vor einer halben Ewigkeit oben auf einem der Wachtürme, aber was das für ein Tag gewesen war, war mir entfallen. Wohl deshalb, weil wir ab einem gewissen Zeitpunkt wirklich oft zusammen da oben rumgestanden oder -gesessen hatten. Sollte es an dem Abend gewesen sein, wo sie mir eine Partnerschaft für den Mord an Warren vorgeschlagen hatte, wäre die Situation gerade aber nur allzu passend für eine Wiederholung.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Es gab wirklich nichts, was in diesem Moment zwischen ihnen zu sagen übrig blieb. Höchstens sowas wie Scheisse oder wir sitzen in der Scheisse, wobei sie sich das genauso gut sparen konnten wie den ganzen Rest auch, da sie es einfach beide bereits bestens wussten. Sowohl Mitch als auch Aryana war vollkommen bewusst, das sie weit entfernt von einer Ideallösung ihrer Situation spazierten, dass die nächsten Jahre verdammt schwierig sein und auf neuer Ebene alles von ihnen fordern würden. Es war Schwarz auf Weiss einfach nur die nächste Zerreissprobe, sowohl für ihre Beziehung als auch für sie Selbst. Moralisch fragwürdige Aktionen hatten zwar auch im Krieg ein Stück weit dazugehört - da waren sie aber wenigstens unter dem Diskurs zu rechtfertigen gewesen, dass die andere Seite ihnen das Gleiche angetan hätte, wenn sie nur ein Bisschen schneller auf die Idee gekommen wäre. Und dass sie dort eine Schlacht zu gewinnen hatten, die ihr Land kämpfen musste, solange es mit einem Fuss in diesem Krieg stand, der eigentlich dem Frieden dienen sollte. Aber das, was hier auf sie zukam, waren nicht zwingend Angelegenheiten ihres Staates und ihres Volkes. Sie würden auch nicht zwingend nur Menschen bekämpfen, die ihnen gegenüber grundsätzlich feindselig gestimmt waren. Und womit sie diese Aktionen dann moralisch rechtfertigen sollte, wusste Aryana beim besten Willen nicht. Wenn sie doch eigentlich nur dazu dienten, die dicken Taschen eines reichen Mannes noch ein Bisschen fetter zu machen. Da konnte er noch lange erzählen, er würde noble Zwecke wie Friedensstiftung, Gerechtigkeit und Schadensverminderung verfolgen - sie wussten alle, dass das nichts als brandschwarze Lügen waren, er ganz einfach nach Geld für sein kleines Imperium trachtete, damit dieses ihm im Gegenzug noch ein Bisschen mehr Geld ins Haus schaufelte. Aryanas rechte Hand schloss sich sehr bald nachdem die Hand ihres Freundes sich auf ihrem Bein eingefunden hatte um dessen Finger, verschränkte sie mit ihren Eigenen. Sie war froh, dass er sich nicht abwandte, was auch der ziemlich verlorene Blick, den sie ihm im Anschluss zuwarf, deutlich verriet. Erneute Vorwürfe seinerseits würde sie jetzt ganz bestimmt nicht einfach schlucken können. Entweder würde sie sofort losheulen oder ihn im Gegenzug anschreien und sanft darauf hinweisen, dass sie ohne die Scheisse, die sein früheres Ich abgezogen hatte, jetzt auch nicht hier wären. Er also mindestens genauso viel zu dem Schlamassel beigetragen hatte wie sie. Aber darüber dachte sie in diesem Moment überhaupt nicht nach. Sie hatte mit seinem Verrat in Syrien abgeschlossen, als sie zu der Rettungsaktion in den Hügeln aufgebrochen waren und Aryana hatte seit da bewusst mehr oder weniger komplett davon abgesehen, ihm dieses Verhalten in irgendeiner Art vorzuwerfen. Es wäre auch nicht fair, das jetzt oder jemals zu tun. Natürlich war es Mitch gewesen, der damals Scheisse gebaut hatte. Aber es war nicht der Mitch gewesen, den sie liebte, der hier neben ihr im Auto sass. Ihr Freund war der Mitch, der den Tod riskiert hatte, um ihre Schwester zu retten. Der ihr immer wieder gezeigt und gesagt hatte, dass er sich gebessert hatte und weiter bessern wollte. Der sie liebte und ihr das auch sagte. Der ihr Lieder sang, und sie zum Lachen brachte. Der sie akzeptierte, auch wenn sie ein genauso komplizierter Charakter war wie er selbst. Der einzige Mensch, für und mit dem sie das hier machen würde. Sie war froh, als der Wagen geparkt und sie wieder Zuhause waren, sie die Füsse auf den Asphalt schwingen und sich zurück in die stille Vertrautheit ihrer Wohnung begeben konnte, weil das doch merklich dazu beitrug, dass sie sich wieder ein Bisschen beruhigte, ihr Denken etwas rationaler wurde. Sie war schon dabei, die Schuhe auszuziehen, als sie sein Frage vernahm, die sie wieder in seine Richtung blicken liess. Bis jetzt hatte sie nicht daran gedacht, sich eine seiner Zigaretten zu gönnen, damit ihre Nerven mal von Hundertachtzig runter kamen. "Möglicherweise...", murmelte sie also nur, versuchte sich an einem kleinen Lächeln, das letztendlich eher in einer trüben Grimasse endete. Sie schob die Schuhe nun trotzdem erstmal von den Füssen, ehe ihr Weg sie zuerst ins Bad führte. Einfach nur, um sich hinter geschlossener Tür die Gesichtsnerven mit Eiswasser zu betäuben und dann geschlagene fünf Minuten in die dunklen Augen zu starren, die ihr im Spiegel entgegen blickten. Als würde sie so mit sich vereinbaren können, was sie tun müsste, um am Leben zu bleiben. Auch als sie das Bad wieder verliess, ging Aryana nicht direkt auf den Balkon, wo sie die Silhouette des jungen Mannes schon ausmachen konnte, sondern legte noch einen Zwischenstop in der Küche ein. Sie holte ein Glas, einige Eiswürfel und eine Flasche hervor und füllte sich definitiv mehr als die übliche Menge an Scotch ein, die normalerweise zum Genuss getrunken wurde. Es war nicht so, als würde sie das allzu häufig tun oder sich gar zur Alkoholikerin entwickeln. Aber es gab Tage, an denen Whiskey beinahe die einzige Option war, ihre Nerven irgendwie wieder zu beruhigen und Aryana war sich sehr sicher, dass heute einer dieser Tage war. Sie liess die Flasche neben dem Spülbecken stehen und ging mit dem Glas in Richtung Balkon. Dort blieb die Brünette noch einen Moment zögernd im Türrahmen stehen, als ihr Blick wieder den ihres Freundes einfing. "Willst du auch was?", fragte sie, weil ihr gerade klar geworden war, dass sie beim Füllen des Glases gar nicht daran gedacht hatte, dass sie nicht mehr alleine hier wohnte und ihr Mitbewohner keinesfalls einen leichteren Tag hinter sich hatte als sie.
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Wie bereits erwartet folgte nur noch eine knapp ausfallende Antwort seitens Aryana, die sich in diesem Moment wohl in etwa genauso schwer damit tat wie ich, was einen ernsthaft gut gelaunten Gesichtsausdruck anbelangte. War leider nur zu verständlich und so war das einzige, das mir in diesem Augenblick ansatzweise Trost spenden konnte, die Schachtel voll Zigaretten. Ich war mir schon sicher damit, dass es nicht bei einer bleiben würde, als ich meine Finger das erste Mal in die Schachtel schob und mir kurz darauf Kippe Nummer Eins anzündete. Ich legte beides zurück auf die Fensterbank, während ich den ersten Zug nahm und drehte mich dann zur offenen Seite des Balkons, um mich mit der freien Hand auf dem Geländer abzustützen und einen Moment lang die Augen zuzumachen. Als würde mir das irgendwie dabei helfen den Rauch in meiner Lunge noch tiefer zu inhalieren, weil das einfach wünschenswert wäre. Natürlich nicht für meine Gesundheit, aber für meinen Blutdruck und für meinen Kopf. Ich versuchte die kurze Zeit, in der ich noch allein die kühle Abendluft einatmete, möglichst effektiv dazu zu nutzen, wieder ein bisschen runterzukommen. Allein der rückblickende Gedanke an Easterlins letzte paar Worte und seine selbstgefällige Art waren an und für sich aber schon absolut kontraproduktiv dafür. Der Typ hatte die eine Stunde, die wir auf dem Gelände gewesen waren, wirklich sehr effektiv dazu genutzt sich förmlich in meinen Schädel einzubrennen und es war wahnsinnig schwer die Gedanken an die sehr unschöne, mit schnellen Schritten herannahenden Zukunft als Soldat in seinen Reihen aus meinem Kopf zu wischen. Ich war also doch ziemlich dankbar dafür, dass Aryana sich nicht zu viel Zeit damit ließ zu mir aufzuschließen. Wäre sie lieber drinnen geblieben wäre das natürlich auch in Ordnung, aber es war mir doch lieber, dass sie wieder zu mir aufschloss und mich nicht allein hier draußen stehen ließ. Ich sollte bei entsprechend vorhandenem Zündstoff momentan eben einfach eher nicht mit meinem Kopf allein gelassen werden, um Schlimmeres zu vermeiden. Ich merkte ja jetzt schon wieder, wie ich mich gedanklich in diese Sache hineinsteigerte - wobei das in diesem Fall sogar irgendwie angebracht war. Ich sah bereits zu Aryana, als sie im Türrahmen stehend eine Frage an mich richtete. Daraufhin fiel mein Blick auf das Glas in ihrer Hand, das auch ohne daran gerochen oder davon getrunken zu haben sehr sicher hochprozentigen Alkohol enthielt. Zwar hatte das flüssige Nervengift noch nie wirklich effektiv beim Lösen von Problemen geholfen, aber es würde vielleicht wenigstens ein bisschen dabei helfen wieder durchzuatmen. Ich würde ohnehin nicht viel davon brauchen, um einen Schwips zu kriegen. Zwar hatte ich einmal was von dem Selbstgebrannten im Knast probiert, aber das Zeug hatte ungefähr wie im Hals brennende Kotze geschmeckt. Demnach hatte ich es nach dem ersten Schluck auch nie wieder angerührt und war ab davon seit dem Urlaub in Australien trocken. Ich stieß mich leicht vom Geländer ab und nickte noch dabei ein klein wenig, bevor ich die kurze Distanz überbrückte und die Hand nach dem Glas in Aryanas Hand ausstreckte. Ich nahm es ihr ab und führte es ohne langen Umweg an meine Lippen. Im ersten Moment war der Alkoholgeschmack doch sehr penetrant und ich verzog unweigerlich ein klein wenig das Gesicht, weil es einfach ungewohnt war. Während die Brünette damit beschäftigt war mehr Nachschub zu holen und ich den ersten Schockmoment überwunden hatte, nahm ich noch einen weiteren, etwas größeren Schluck aus dem Glas und lehnte mich im Anschluss daran wieder mit der Hüfte ans Geländer. Dieses Mal allerdings der Balkontür zugewandt, um meine Freundin gleich wieder ins Auge fassen zu können, als sie mit mehr Alkohol bewaffnet erneut zu mir aufschloss. Bevor ich jedoch das Wort ergriff nahm ich noch einen Zug von der Zigarette. Hätte ich stattdessen eine Zigarre und einen wirklich teuren Tropfen in den Händen gehalten, hätte ich glatt auch als reicher Schnösel durchgehen können. "Okay, also... wie kommen wir dieses Mal aus der Sache raus? Ich glaub' nicht, dass ich dieses Gesicht 6 Jahre ertragen und mir dabei alles verkneifen kann.", stellte ich eine ironische angehauchte Frage, nachdem ich den Rauch wieder ausgeatmet hatte. Ich erwartete hierbei nicht wirklich einen sofortigen Plan von Aryana, hatte sie doch gerade erst ihre ganze Energie in meine Befreiung gesetzt. Außerdem wussten wir ohnehin viel zu wenig über Easterlin und seine Armee, um sowas wie einen ernsthaften Escape-Plan aufstellen zu können. Wir hatten noch absolut keinen Schimmer davon, wie die Struktur und die Abläufe dort aussahen. Im Grunde war das einzige, das wir mit Sicherheit wussten, dass dieses reiche Arschloch ein riesengroßes Problem war. Ich glaubte auch nicht, dass sechs Jahre wirklich ausreichen würden. Er wäre ja schön blöd, wenn er uns tatsächlich so viel Kohle auszahlen würde, dass wir mithilfe der Klausel im Vertrag nach genau sechs Jahren abzischen konnten. Wenn wir uns also nicht zu Tode arbeiten und die nächsten Jahre gar nichts voneinander haben wollten, musste früher oder später irgendeine andere Lösung her. Wie die aussehen sollte wusste ich selbst bisher nur leider genauso wenig wie Aryana auch. Die Frage hatte eben eher nur dazu gedient das wahrscheinlich ohnehin schon Offensichtliche zu offenbaren: Dass ich das so lange kaum durchhalten würde. Nicht, ohne den nächsten fatalen Ausraster an den Tag zu legen.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Die Brünette brauchte nicht lange auf eine Antwort zu warten. Es dauerte lediglich einen Moment, bis Mitch verstand, dass ihre Frage das Glas in ihrer Hand betraf, bevor er mit einem Nicken antwortete und der Alkohol gleich darauf den Konsumenten wechselte. Wenigstens stellte er keine Fragen oder warf ihr kritische Blicke zu, die ihr den Rauschmittelkonsum vorwarfen. Nicht, dass sie das von ihm erwartet hätte, während er sich hier Glimmstängel reinzog um seine Laune zu verbessern - aber sie hätte es eben auch einfach nicht hören wollen. Aryana drehte sich nochmal um, holte in der Küche ein zweites Glas hervor, füllte es mit ein paar Eiswürfeln - nicht zu viel, sie hatte keine Lust auf wässrigen Schnaps - und einer guten Portion Scotch. Damit bewaffnet führten ihre Beine sie wieder auf den Balkon, wo sie sich mit einem Seufzen auf die gut gepolsterte Zweier-Sitzbank gegenüber von Mitch sinken liess. Der Balkon war nicht riesig und neben dem Wäscheständer und der Bank wurde der Platz schon langsam knapp. Aber das war egal. Mehr brauchte sie auch nicht. Vielleicht irgendwann eine Pflanze, wenn sie glaubte, damit umgehen zu können. Jedenfalls war sie sich jetzt schon sehr sicher, dass sie trotz dem ganzen Luxus, der ihnen blühen würde, wenn sie sich in Easterlins Festung einquartieren liessen, alles an dieser Wohnung der Nähe zum Teufel vorziehen würde. Das mit dem erstmal Überlegen und sich später entscheiden was den Wohnort betraf, war in ihrem Kopf längst gestorben. Sie hatte sich entschieden und es würde sie wirklich erstaunen, wenn Mitch in dieser Hinsicht anderer Meinung wäre. Aryana gönnte sich jetzt erstmal selber einen oder zwei Schlücke der bernsteinfarbenen Flüssigkeit, rümpfte ihrerseits für eine Sekunde die Nase und drückte die Augen zu. Sie mochte Scotch - und Whiskey im Allgemeinen - zwar wirklich gerne, wie sich im letzten Jahr erneut bewiesen hatte. Der erste Schluck war trotzdem immer ein Bisschen gewöhnungsbedürftig und dabei stellte der heutige Tag für einmal keine Ausnahme dar. Seine Frage liess sie erneut seufzen, wobei sie sich mit der Antwort zunächst ordentlich Zeit liess. Ihr Blick war von seinem Gesicht abgefallen und irgendwo in die Ferne geschweift, fixierte einen der Sterne, die sich langsam am Himmel zu zeigen begannen, oder den Mond mit seinem fahlen Licht. Die Brünette hob das Glas ein weiteres Mal an ihre Lippen, bemühte sich darum, die Spannung zumindest soweit möglich aus ihren Gelenken und Muskeln zu vertreiben. "Nun...", murmelte sie dann, ohne ihre Augen wieder in die Gegenwart zurückfinden zu lassen. "entweder, wir überfallen doch noch eine Bank... Und bestechen ihn mit einem weit höheren Betrag an Geld, als den, den er für uns ausgegeben hat", begann sie mit ihrer ersten vielversprechenden Option zu sinnieren. Dann richtete sie sich zuerst nochmal im Polster auf, um sich nach der Zigarettenschachtel und dem daneben liegenden Feuerzeug auszustrecken und beides zu sich heran zu holen. Vielleicht war Rauchen in diesem Moment wirklich keine schlechte Idee. Sie nahm gerade so ziemlich alles sehr gerne an, was irgendwie eine leichte Beruhigung ihrer Nerven versprach. Als die Zigarette schliesslich zwischen ihren Lippen klemmte und Feuer gefangen hatte, legte sie Schachtel und Feuerzeug zurück, sass nun also mit dem Glas in der einen und dem Glimmstängel in der anderen Hand da und suchte den Himmel nach dem schönsten, weisesten Stern ab, der ihr Rat bieten konnte. Sie inhalierte den Rauch nicht so tief wie Mitch, weil sie davon ganz bestimmt sofort gehustet hätte und sie ausserdem nicht das primäre Ziel verfolgte, sich die Lunge zu teeren. Trotzdem hatte sie nach wenigen Minuten doch das Gefühl, wieder etwas geerdeter zu denken als vorhin auf dem Rückweg im Auto. "...oder wir finden zufällig erneut ein besonders giftiges Tier... Keine Schlange, aber vielleicht eine Spinne? Ein Skorpion? Das wär auch süss. Mein Sternzeichen...", träumte sie weniger als zwei Stunden nach ihrem ersten Zusammentreffen mit ihrem neuen Boss schon über dessen Tod vor sich hin. Es war sogar ein Lächeln aus ihren Worten zu hören. Eins, das zwar noch nicht auf ihrem Gesicht angekommen war, aber der Gedanke löste tatsächlich ein Bisschen Trost und Aufheiterung in ihr aus. Wobei das soweit wohl noch ziemlich unsinnige und ironische Hirngespinste gewesen waren. "Normalerweise bist du in dieser Beziehung für Mordpläne zuständig", gab sie weiter nicht wirklich ernst von sich. Sie sassen in der Scheisse und es gab wenig, was es daran zu rütteln gab. Wenn sie Easterlin früher als in Sechs Jahren entkommen wollten - was wirklich mehr als wünschenswert wäre - mussten sie sich jetzt eine endlos guten Plan ausdenken. "Grundsätzlich müssen wir einfach schlauer sein als er... Vielleicht können wir seine eigenen Waffen gegen ihn richten..? Uns erstmal mit seinem behinderten System vertraut machen... Er hat in seiner Festung bestimmt unzählige Werkzeuge, die sich ganz leicht zweckentfremden liessen... Die dummerweise auch ihn selbst treffen könnten...", ihre Stimme war leise - es wollte ja keiner riskieren, dass jemand mithörte. Und doch war deutlich herauszuhören, dass ihr Kopf trotz Alkohol und Nikotin langsam wieder hochfuhr, angestrengt darüber nachdachte, was sie für Möglichkeiten hatten. Easterlin war sicher bestens geschützt gegen so ziemlich jede Art von Attentat. Man hatte es ja heute schon deutlich genug gesehen, dass er sich selbst innerhalb der Mauern hinter einer Tür mit sieben Siegeln versteckte. Weder am Pförtner vorbei, noch in das Verwaltungsgebäude, auf sein Stockwerk oder in sein Büro wäre man ohne jeden der vier benötigten Schlüssel - in Form des zugelassenen Chips - gekommen. Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser, Easterlin war sich durch und durch bewusst, dass er wahrscheinlich einen hohen Anteil von Ex-Häftlingen beschäftigte. Dass sein Geld und seine Figur viele Menschen leicht dazu anstiften könnten, ihm an die Gurgel springen zu wollen. Er hatte viele Feinde und wusste das auch. Möglicherweise hatte er auch einfach nur Angst, dass sein Karma irgendwann mit vollem Ausmass ausholte und ihm eine reinhaute, von der er sich nie wieder erholen würde. "Nur müsste man sich wohl sehr gut mit ihm anfreunden, um überhaupt nah genug an ihn ran zu kommen...", gab Aryana ihre weiteren Gedankengänge bekannt, die noch immer Welten entfernt von einem stabilen Plan waren. Sie fühlte sich in diesem Moment wirklich beinahe an den Abend zurück versetzt, an dem sie Mitch mit ihrer Absicht, Warren aus dem Weg zu räumen, vertraut gemacht hatte. Den oder einen der darauffolgenden Tage, an denen sie gemeinsam nach einer Lösung für das Problem gesucht hatten.
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Die Zeit, in der Aryana noch damit beschäftigt war sich mental auf diese Art von Gespräch vorzubereiten, nutzte ich ganz eigennützig dazu noch das eine oder andere Mal an der Kippe zu ziehen und einen etwas kleineren Schluck Scotch in meinen Rachen fließen zu lassen. Eigentlich war diese Form von Alkohol wohl eher zum Genießen gedacht und auch aus der Hinsicht betrachtet, dass ich kaum viel davon brauchen würde, um etwas davon zu merken, sollte ich vielleicht etwas mehr Zeit zwischen den Schlücken verstreichen lassen. Andererseits würde es aber Niemanden kümmern, wenn ich morgen ein bisschen schwerer aus dem Bett kam und noch eine Stunde nach dem Aufwachen liegen blieb, statt direkt aufzustehen. War ja keiner mehr da, der mich aus den Federn scheuchte. Gerade wenn Aryana ebenso wenig der Sinn danach stehen würde sich aus den kuscheligen Laken zu begeben, konnte ich mich mit dem faulen Herumliegen wahrscheinlich doppelt gut arrangieren. War ein schöner Gedanke, jetzt nicht mehr alleine schlafen zu müssen, obwohl wir beide darin nicht mal wirklich Praxis hatten. Konnte in jedem Fall nur besser sein, als sich allein in der Zelle auf einer viel zu harten bis gefühlt nicht vorhandenen Matratze herumzuwälzen. Als die Brünette dann aber doch zu ein paar Worten ansetzte war ich gerade dabei die Asche von der Zigarette abzuschnippen. Ich hatte nur einen kurzen Blick über den Balkonrand geworfen, festgestellt, dass mir die Nachbarn unter uns egal waren und dann war die Asche ganz ungeniert hinter das Geländer gewandert. Es ging nicht wirklich Wind, aber ich glaubte nicht, dass alles auf den Balkon unter uns flattern würde. Wenn doch, dann hatten unsere Nachbarn jetzt eben Pech gehabt. Einen Aschenbecher für die nächste Zeit zu besorgen war sicher unsere kleinste Sorge. Denn Aryanas erste Vorschläge waren wie erwartet eher wenig ernst zu nehmen. Ich traute mir zwar wirklich Vieles zu, aber eine Bank auszurauben war dann vielleicht doch eine Nummer zu riskant. Der Justiz zu entkommen wäre dahingehend ziemlich unmöglich und ich würde schneller in den Knast zurück wandern, als ich überhaupt gucken konnte. Was die Sache mit den giftigen Tieren anbelangte entlockte sie mir aber tatsächlich sowas wie ein leises, belustigtes Schnauben. "Ich fürchte sowas kriecht uns hier eher nicht über den Weg... außerdem würd' ich ganz gern auf den Schock verzichten, den mir das blöde Vieh eingebrockt hat.", äußerte ich mich dazu und vor meinem inneren Auge rief ich noch einmal den Moment ab, als ich mit dem Scharfschützengewehr vor der Nase auf dem Boden liegend einen halben Herzinfakrt bekommen hatte, weil es im nahen Gestrüpp geraschelt hatte, kurz bevor sich das toxische Tier sichtbar davon geschlängelt hatte. Erst dann wurde mir überhaupt erst klar, dass ich keine Ahnung davon hatte, wann Aryana Geburtstag hatte. Zwar grenzte sie das Datum mit ihrem Sternzeichen auf einen Zeitraum ein, den ich im letzten Jahr definitiv im Knast verbracht hatte, aber zumindest davor hätten wir den schon mal feiern können. Andererseits hatte es während unserer Zeit bei der Army eben einfach wichtigere Dinge gegeben, als älter zu werden. Man alterte da gefühlt sowieso jeden Tag um ein ganzes Jahr. "Wann hast du eigentlich Geburtstag?", hakte ich also doch mit leicht nach oben gezogener Augenbraue nach. War nicht so als würde ich planen ihr von jetzt an dann immer eine große Überraschungsparty zu schmeißen - mal davon abgesehen, dass ich sowieso nicht wusste, wen ich außer Faye und Victor dazu hätte einladen sollten -, aber das war doch irgendwie so eine Sache, die man als Paar bestimmt voneinander wissen sollte. Vielleicht eher irrelevant bei unserem eigentlichen Gesprächsthema, aber wissen wollte ich es doch. "Musst du mich auch noch unter Druck setzen?", stellte ich der Brünetten noch eine rein rhetorische, sehr ironisch klingende Frage hinterher, als sie mich darauf hinwies, dass die Mordpläne bisher eher immer mein Part gewesen waren. Mit dem, was sie danach noch sagte, traf sie dann ziemlich genau meinen vorherigen Gedanken noch einmal auf den Kopf. Wir konnte eben einfach nichts gegen Jemanden ausrichten, den wir nicht kannten. Warren war ein offenes Buch gewesen. Vor allem deshalb, weil Aryana selbst viel mit ihm hatte zusammenarbeiten müssen und ich selbst ihn nach der Arbeit unter seinem Kommando eben auch gut gekannt hatte. Mindestens gewusst hatte, dass er nicht mit halb so viel Grips ausgestattet war, wie er es in seiner Position hätte sein sollen. "Sich in die vertrauenswürdigen, oberen Reihen hochzuarbeiten ist wiederum eher dein Part...", meinte ich, bevor ich erneut an der Kippe zog. Mein Problem damit war nämlich schlicht und ergreifend, dass meine Klappe zu groß war und ich sie selbst im ruhigen Zustand nur bedingt halten konnte. Wobei es unter Umständen vielleicht auch ausreichen würde sich mit Irgendjemandem anzufreunden, der auf der gleichen Etage arbeitete wie der Chef selbst. "So oder so müssen wir uns wohl erstmal einen Überblick verschaffen. Anders wird's nicht gehen.", hängte ich nachdenklich bestätigende Worte hinten an, als ich den Rauch wieder ausatmete. Man konnte eben nicht gegen einen Feind kämpfen, gegen den man genau gar nichts in der Hand hatte. Es würde uns beiden demnach nicht wirklich etwas anderes übrig bleiben, als erst einmal eine Weile damit zuzubringen einen Einblick in den gesamten Aufbau des Systems zu gewinnen. Uns währenddessen nach Möglichkeiten umzusehen, diesen reichen Idioten aus dem Weg zu schaffen. Vielleicht musste es gar nicht mal unbedingt Mord sein. Er bewegte sich mit seiner blöden Armee sicher ohnehin in einer nicht von jedem tolerierten Grauzone und auch, wenn er sicherlich die besten Anwälte des Landes in der Tasche hatte, würde er sich nicht gegen Alles schützen können, das ans Licht kommen könnte. Es blieb also abzuwarten, ob sein Ende wirklich in seinem Abdanken, oder nur im Knast enden würde. Wobei er bei letzterem womöglich doch mit Geld irgendwie wieder raus kam... also vielleicht doch lieber gleich Mord. Sicher war sicher.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Wow ich habe gerade gegoogelt, was Skorpion als Sternzeichen für Eigenschaften hat (bzw. wann Aryana denn Geburtstag haben könnte haha) und das passt sogar erstaunlich gut zu ihr.. x'D ___________
Trotz dem unendlichen Overflow an Gefühlen, die dieser Tag mit sich gebracht hatte und trotz der Tatsache, dass ihre Zukunft scheinbar tiefschwarz gezeichnet war, begann die Brünette so langsam damit, sich zu entspannen. Vielleicht lag es an dem Nikotin, das sie beständig weiter einatmete, vielleicht an dem Alkohol, der sich wie immer sehr schnell in ihrem Körper ausbreitete. Vielleicht auch einfach daran, dass sie wusste, wie machtlos sie in diesem Moment war und wie wenig sie gerade an dem Schicksal ändern konnte, welches sie sich so erfolgreich eingebrockt hatte. Oder es hatte mit der Vertrautheit dieser Situation zu tun, die es in Syrien nur zu oft gegeben hatte. Sie beide nach einem langen, turbulenten Tag, unter dem Dach der Sterne, während sie über das Elend der Welt sinnierten. Ja, das kam ihr wahrhaftig bekannt vor... Auf jeden Fall schafften seine Worte es tatsächlich, ihr ein leises Lachen zu entlocken, als ihre Augen wieder zu dem jungen Mann fanden. "Sag sowas nicht... Ich möchte ja nicht wissen, wo wir wären, wenn das blöde Vieh dich nicht erschrocken hätte", meinte sie sarkastisch - wollte sich wirklich nicht ausdenken, auf welche Lösung sie ohne die Schlange am Ende gekommen wären. Möglicherweise hätte Aryana im Prozess der Mordplanung auch einfach irgendwann die Geduld verloren und Warren nach einer weiteren Auseinandersetzung erwürgt, erstochen, erschossen, erschlagen... die Ideen waren schon sehr lebhaft da gewesen. Nur wäre sie dann mit grosser Sicherheit weggesperrt worden. Und Faye alleine im Krieg geblieben. Und weiter wollte sie gar nicht denken. Nein, die Schlange war schon gut platziert gewesen, hatte ihre Aufgabe im Lauf des Universums gewissenhaft wahrgenommen. Seine darauffolgende Frage liess gar nicht zu, dass das Lächeln aus ihrem Gesicht verflog, stattdessen wurde es noch etwas breiter und sie schüttelte etwas den Kopf. Nachdem sie sich einen weiteren Schluck Scotch gegönnt hatte, nannte sie ihm das erfragte Datum dann auch mit der Gegenfrage: "30. Oktober... Und du, mein kleines Sugarbaby?", wollte sie wissen, knüpfte damit bewusst an irgendeine alte Unterhaltung an, die in ihrem Kopf nachhallte. Wohl aus der Zeit, in der sie festgestellt hatte, dass ihr lieber Freund sogar jünger war als sie. Wahrscheinlich hatte sie sein Geburtsdatum also sogar schon mal gewusst... Nur war sie nicht besonders gut darin, sowas im Kopf zu behalten. Es reichte, wenn sie die Geburtstage ihrer Eltern und Geschwister kannte, alles andere sprengte den Rahmen. Dass er sich durch ihre Feststellung schon wieder gestresst fühlte, liess sie lächelnd mit den Augen rollen, ehe sie ein "Sorry, hab vergessen, dass du damit so unglaublich schlecht umgehen kannst", nachschob. Was natürlich genauso schwachsinnig war wie der Rest ihres Geredes. Wäre einer von ihnen nicht fähig, unter Druck weiterhin ausgezeichnet zu denken, wären sie sicherlich längst nicht mehr hier. Also nein, das sollte kein Problem für Mitch darstellen. Wobei sie mit der ihr zugeteilten Hälfte der Arbeit nicht minder unzufrieden war und sofort ein wenig einverstandenes Stöhnen von sich gab. "Boah ne, Einspruch... Hast du eine Ahnung, wie unendlich anstrengend sowas ist? Als hätte ich Nerven dafür übrig, mich mit diesem Abschaum anzufreunden...", beschwerte sie sich schon bevor sie auch nur einen Finger gerührt hatte. Das letzte Mal hatte sie auch nur darum so verbissen auf diesen Job und die Beförderungen hin gearbeitet, weil Warren einfach absolut unfähig gewesen war und sie nicht hatte zulassen können, dass er weiter so unnötig Soldaten verheizte, die dann genauso endeten wie ihr Bruder. Aber jetzt..? Ja, wahrscheinlich würde sie sich die Tür offen halten müssen, weil es schwer war, gegen jemanden zu kämpfen - oder jemanden auch nur kennen und verstehen zu lernen - zu dem man ein derart feindliches Verhältnis hatte. Es war eben leichter, an Leute heran zu kommen, mit denen man zumindest oberflächlich befreundet war. Aryana sah also durchaus - wenn auch äusserst widerwillig - ein, dass sie sich nicht von Tag eins an alles verspielen durfte. Dass sie - und nur weil das bei ihr noch immer grössere Erfolgschancen versprach als bei Mitch - versuchen müsste, sich ein kleines Bisschen beliebt zu machen. Aber es kotzte sie jetzt schon an. Alles davon, jede einzelne Begegnung und Aufgabe, die auf sie zukam.
This is your life, it's do or die, the sun may never rise again, so be the light the vision. This is your life, it's slipping by, you try to run but fall again, you get back up that's living.
Tatsächlich ist mir das vorhin auch aufgefallen, weil ich gegoogelt hab wann Skorpione so Geburtstag haben können (wobei ichs schon so ungefähr wusste, weil mein Dad einer ist x'D) und hab mich dann eeeetwas auf einer Seite verloren, wo zu jedem Sternzeichen halt einiges an Beschreibung stand. x'D Meine passt tatsächlich auch weitgehend zu mir, schon witzig irgendwie. ^^" ________
Ich nickte den Kopf leicht nach unten neigend, als Aryana mich darauf hinwies, dass die Schlange uns sehr gute Dienste erwiesen hatte und es durchaus sein könnte, dass wir irgendeine andere Dummheit begangen hätten, wenn ich keine Bekanntschaft mit ihr geschlossen hätte. Da war durchaus etwas Wahres dran und mit dem kurzen Schreck hatte es sich bis jetzt ja auch bestens leben lassen. Trotzdem war mir da kurzzeitig das Herz in die Hose gerutscht - man hatte ja danach an Warren sehr gut sehen könnten, wie elendig man an dieser Sorte von Gift krepierte und ich selbst konnte eben sehr gut darauf verzichten. "Auch wieder wahr.", stimmte ich der Brünetten was das anbelangte also zu. Alles andere hätte eben schlicht und ergreifend im Desaster enden können. Ich glaubte nicht, dass wir noch eine andere Lösung gefunden hätten, die dermaßen nach einem natürlichen Unfall aussah, wie es ein Schlangenbiss tat. Ganz egal, wie inszeniert der nun gewesen war - so stark wie die vermeintliche Bissstelle angeschwollen war, hatte man das selbst als Arzt so genau sicher ohnehin nicht sehen können. Aryana hatte also Ende Oktober Geburtstag. Vielleicht sollte ich mir den vorletzten Tag dieses Monats lieber irgendwo notieren, weil ich mir nicht sicher war, ob er andernfalls in meinem Kopf hängen bleiben würde. Gerade bei den turbulenten Monaten, die uns jetzt erwarteten. Sobald ich ein neues Handy hatte, wäre eine Eintragung im dortigen Terminkalender also mit Sicherheit sinnvoll. Vorausgesetzt ich vergaß nicht bis zum Kauf, dass ich mir den Tag hatte anstreichen wollen. Bevor ich ihr selbst eine Antwort auf die entsprechende Gegenfrage gab, zog ich allerdings erst ein letztes Mal an der Zigarette und drückte sie dann an einer der metallenen Stützen des Geländers aus, bevor ich sie nahe der Zigarettenschachtel auf dem Fensterbrett ablegte. Ich war kurz versucht schon nach der nächsten zu greifen, besann mich aber eines besseren und setzte mich stattdessen neben Aryana mit einem leichten Seufzen auf die Bank. Das Gespräch in Verbindung mit dem Alkohol und dem Nikotin lenkte mich doch relativ gut ab, vielleicht ließ sich die nächste Zigarette also auf nachher verschieben. Zumindest glaubte ich nicht, dass ich schon zeitnah ins Laken kippen würde, war ich gerade doch wirklich hellwach. "4. April... für dieses Jahr hast du also schon deine Ruhe, alte Schachtel.", grinste ich und lehnte mich etwas mehr zurück, um den frei gewordenen Arm entspannt hinter ihr auf der Lehne zu platzieren. Ich nahm dann erst einen weiteren Schluck von dem Scotch, bevor ich was das anging noch ein paar mehr Worte loswurde. "Heißt das ich muss dir jetzt was schenken, nur weil ich's weiß?", hakte ich mit einer Prise Sarkasmus nach. Mir persönlich lag nichts an materiellen Geschenken, wenn sie nicht wirklich sehr persönlich waren und deshalb eine Bedeutung hatten. Ich könnte mich also beispielsweise zu einem Tattoogutschein für sie überreden lassen, weil sie ihres meines Wissens nach noch nicht hatte und ich sowieso nach einem Tattoostudio suchen gehen würde, sobald ich Zeit und Nerven dafür fand, weil meine eigene Schlange noch auf einen Termin wartete. Aber ich hielt nichts davon sich jedes Jahr dann immer nur noch größere Geschenke zu machen und deshalb am Ende noch in stressigen Wahnsinn zu verfallen. Kleinigkeiten waren schon okay und bestimmt ganz nett, aber das war's dann auch. Allerdings würde es mich auch ziemlich wundern, wenn Aryana nun viel daran läge, waren wir beide eben doch eher praktisch veranlagte Menschen, worüber ich heilfroh war. "Ja, kann ich mir sehr gut vorstellen... genau deswegen ist das ja deine Aufgabe.", erinnerte ich die hübsche Brünette daran, weshalb der Part der geheuchelten Freundschaft definitiv nicht der meine werden würde. "Ich würd's dir ja abnehmen, aber wir wissen beide, dass das dann schiefgeht, bevor's überhaupt angefangen hat... wenn's nicht drum geht mir eine hübsche Frau mit Einfluss zu angeln bin ich da eine Niete, fürchte ich.", stellte ich abschließend fest und zuckte kaum merklich mit den Schultern. Immerhin hatte ich auch sie früher nicht selten angeblafft, wobei ich vor ihr zu Beginn zweifelsfrei weniger Respekt an den Tag gelegt hatte als beispielsweise dem Lieutenant gegenüber. Sicher auch mitunter deswegen, weil ich sie genauso wie sehr viele andere Männer im Camp als Frau einfach weniger ernst genommen hatte, bevor ich sie besser gekannt hatte, was wirklich dämlich und irgendein niederer Instinkt war. Sollte ich unter Easterlins Offizieren wieder auf eine Frau treffen war ich jetzt in jedem Fall schlauer und würde eher nicht dazu tendieren, sie zu unterschätzen. Es ließen sich mit so mancher schließlich gute Mordpläne schmieden. "Außerdem traut dieses Pack dir als ehemaligem Sergeant sicher eher als einem impulsiven Ex-Knasti mit Kontrollverlust.", gab ich ironisch auch noch zu Bedenken, dass allein meine Vorgeschichte nicht wirklich hilfreich wäre. Vielleicht hatte Aryana was das anging zumindest ein bisschen Glück und müsste dieses falsche Spiel nicht ewig lange mitspielen. Konnte damit aufhören, wenn wir erst einmal irgendwas Brauchbares in den Händen hatten. Vielleicht ließ es sich auch fast ganz umgehen, wenn wir eine andere gangbare Lösung zur Informationsbeschaffung fanden, aber bisher tat sich mir da noch keine auf. Blieb abzuwarten.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Ja, ich kannte die Merkmale von Skorpion schon so Bisschen, aber als ichs nochmal gelesen habe, ist mir erst bewusst geworden, dass es halt echt passt wie die Faust aufs Auge... Obwohl das absolut ungeplant war mit ihrem Geburtstag und ichs eigentlich nur so geschrieben habe. xD Aber ich find das auch eine total spannende Wissenschaft. Auch wenn die Grundzüge meines Sternzeichens nicht zu mir passen - wenn man dann mehr darüber liest, machst dann doch wieder Sinn... Ich wünschte mir nur, ich wäre so diszipliniert und ehrgeizig, wie mein Sternzeichen sagt, das würde mir echt helfen. x'D ________
Ja, tatsächlich hatte sie dieses Datum schon mal von ihm gehört. Wahrscheinlich in Verbindung mit Australien, als sie des Öfteren irgendwelche Kontakt- und Personendaten hinterlassen mussten. Oder im Krankenhaus, da war sowas ja auch immer besonders wichtig. Jedenfalls dürfte es jetzt gespeichert sein und sie würde es wohl kaum mehr vergessen - hoffte sie einfach mal. "Pass auf wie du mich nennst, ich erinner' dich in fünf Monaten daran, wenn du genauso alt bist", gab sie sarkastisch zu bedenken, dass er gar nicht so viel jünger war als sie. Dass sie sich dieses Jahr keine Gedanken mehr über Geschenke oder sogar Geburtstagsparties machen musste, fand sie eigentlich ganz gut. Auch wenn es schwer vorstellbar war, dass Mitch sich um sowas wirklich Gedanken machte oder sogar Erwartungen stellte. Das war allein aus dem Blickwinkel höchst unwahrscheinlich, dass sie sich schon so lange kannten und bis jetzt nicht gewusst hatten, wann überhaupt ihre Geburtstage waren. Was bei der Dauer ihrer Beziehung - und wenn diese noch so überschattet von Gefängniszeit und Army war - doch sehr unüblich war. "Uhm, excuse me? Du kennst mich wirklich schlecht, wenn du diese Frage noch stellen musst, Mitch", meinte sie gespielt empört auf die Frage nach den Geschenken. "Diamonds are a girl's best friend - oder hast du gedacht, Aryana Cooper stellt hiervon eine Ausnahme dar?", fuhr sie mit einer rhetorischen Frage fort, musterte ihn mit einem durchaus verschmitzten Seitenblick. Als ob sie sich tatsächlich sowas wie Schmuck von ihm oder irgendjemandem wünschen würde. Sie besass ja überhaupt keinen und würde auch nicht anfangen, welchen zu tragen, wenn sich das ändern würde. Es war einfach unpraktisch, den Körper mit diesem ganzen Klunkerzeug zu beschweren, also nein, Schmuck wünschte sie sich auf jeden Fall schon mal nicht. Und sonst hatte sie auch keine Ahnung, was Mitch ihr im materiellen Sinne denn schenken könnte. Gut, dass er noch ein paar Monate Zeit hatte, sich das ausgiebig zu überlegen um am Ende dann zum Schluss zu kommen, dass Aryana keine Geschenke brauchte, weil sie ja schon alles hatte, was man sich wünschen könnte. Nämlich ihn. Ja, so stellte sie sich seine Gedankengänge in etwa vor. Ihre Zigarette neigte sich mittlerweile ebenfalls langsam dem Ende zu und die Brünette drückte die Glut aus, bevor sie den Stummel neben der Bank auf den Boden legte. Konnte sie später einsammeln oder morgen, je nach dem, wann sie sich daran erinnerte. Sie lehnte sich wieder etwas zurück, rutschte dabei noch ein Stück näher zu Mitch, auch wenn die begrenzte Breite der Bank sowieso dazu führte, dass sie automatisch ziemlich nah beieinander sassen. Seine Argumente dafür, warum sie die bessere Option für Freundschaft mit dem Teufel war als er, waren ziemlich einleuchtend. Hatte sie sich ja auch schon gedacht, nur hiess das nicht, dass sie das irgendwie zufriedener mit ihrem Los stimmte. "Du musst dir aber trotzdem auch Mühe geben, wenn er sich mit mir anfreunden und mir vertrauen soll... Er wird sicherlich schwer davon ausgehen, dass ich dir gegenüber wenig Geheimnisse hege und mir so überhaupt nichts erzählen, wenn du dich absolut quer stellst... Ausser ich spiele wirklich wirklich gut. Aber darauf will ich nichts verwetten", gab sie Mitch die Regeln seiner Rolle zu bedenken, die ihm aber auch so hätten klar sein dürfen. Es würden keine leichten Wochen und Monate, schlimmstenfalls - und realistischerweise zu erwarten - auch Jahre werden, die sie unter dem Zepter des Arschlochs spielen mussten. Aber eigentlich wollte sie gar nicht mehr darüber nachdenken. Sie mussten trotz allem erstmal schauen, wie sich das alles entwickelte und wie ihre Möglichkeiten sich aufbauten. "Ich will mir echt nicht vorstellen, wie Faye die Scheisse aufnimmt...", murmelte sie ein paar Worte vor sich hin, die mit den ganzen Gedanken zur Zukunft schon wieder sehr penetrant in ihrem Kopf aufgetaucht waren und automatisch dazu führten, dass ihre Mundwinkel sich endgültig wieder nach unten absenkten. Sie würden es den beiden wohl in den nächsten Tagen nahebringen müssen. Wenn sie ihnen mitteilten, dass Mitch nicht mehr im Knast sass und innerhalb von Sekunden die Frage auftauchen würde, wie das denn überhaupt möglich war. Tja. Auch das hatte sie gewusst und ignoriert, als es darum gegangen war, ihren Freund endlich wieder zu sich zu holen. Würde ihre Schwester wohl zwangsläufig ein paar - oder eher sehr viele - Nerven kosten...
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Tja, kannste mal sehen was deine Intuition dir da Feines gesagt hat. :D Ist echt total interessant so an sich... meins passt bis auf ein oder zwei Grundzüge auch wirklich sehr gut zu mir. Und die zwei Dinge, die nicht passen, sind beides welche, die man sich durch den Umgang mit falschen Menschen irgendwann halt abtrainiert. x'D Also gut möglich, dass selbst die mal vorhanden waren. Bei mir steht auch wortwörtlich disziplinlos und ich hasse es, wie sehr das passt. Geb mir mal was von deinem Sternzeichen ab. <.< x'D ________
Ich kam nicht umher die Augen kurzzeitig nach oben zu rollen, wobei ich jedoch weiter schwach vor mich hin lächelte. "Oh ja, das wird sicher furchtbar.", schnaubte ich nur belustigt. Als würde es mich auch nur im Entferntesten kratzen, wenn sie mir irgendwann dann unter die Nase reiben würde, dass ich im Grunde schon genauso verbraucht war wie sie. Ich fühlte mich vor allem kopftechnisch momentan sowieso um ungefähr hundert Jahre gealtert, bis ich mich wieder jünger fühlen würde dauerte es sicher eine Weile. Mindestens so lange, bis ich körperlich wieder fit war und mein Kopf damit überhaupt erst wieder in eine gerade Bahn kommen konnte. Ich lachte leise in mich hinein, als sie dann mal eben kurz in die Rolle einer nach Geld und Glitzerzeug lechzenden Frau schlüpfte. War eben nur allzu ironisch. Vielleicht hatte sie in der Army ganz gut Geld verdient, aber das allein würde kaum ausreichen, um mich davon zu überzeugen, dass sie doch hier und da ganz gern mit goldenen Ketten geschmückt werden wollte. "Ich sag's dir ja ungern, aber ich fürchte da hast du dir den falschen Mann ausgesucht.", stimmte ich theatralisch seufzend in das allgemein kaum ernst gemeinte Gerede ein. Zur Unterstreichung dieser Aussage würde es wohl schon reichen, sie noch einmal darauf hinzuweisen, dass ich einen riesigen Schuldenberg vor mir herschob, der eine ganze Weile zur Begleichung brauchen würde. Mindestens so lange, bis Easterlin aus dem Weg und alle entsprechenden Dokumente diesbezüglich vernichtet waren. Letzteres kam auch mit auf meine To-Do-Liste, ließe es sich doch auch beim Ableben des reichen Sacks kaum anders umgehen, dass mir die Schulden erlassen wurden. Was teure Geschenke anbelangte wäre Aryana also zweifelsfrei besser mit unserem neuen Feind bedient, als mit mir. Aber halt auch einzig und allein in dieser Hinsicht, war der Kerl abgesehen von seinem Geld doch wirklich zum Kotzen - oder eben genau deswegen. Geld veränderte nicht selten den Charakter eines Menschen. Ich beobachtete zufrieden, wie die Brünette noch ein klein wenig näher zu mir herkam und nahm daraufhin dann die Hand von der Lehne, um sie stattdessen an ihre Schulter zu legen und unbewusst damit anzufangen, sie dort etwas zu streicheln. Dennoch kroch bald ein etwas schwereres Seufzen meine Kehle nach oben, weil ich nun wirklich keine große Lust dazu hatte diesem reichen Vollpfosten in den Arsch zu kriechen. Wobei ich ehrlich gesagt auch nicht glaubte, dass er mir das abkaufen würde, nachdem unser erstes Zusammentreffen doch gar nicht mal so gut gelaufen war. Zumindest wenn es nach mir ging. "Ich werd' mir Mühe damit geben ihm zumindest nicht einfach ins Gesicht zu schießen, ja.", meinte ich entsprechend ironisch, bevor das Glas erneut an meine Lippen wanderte. Vielleicht würde ich ihm zu Beginn vielleicht sogar lieber so weit aus dem Weg gehen wie möglich war. Zumindest so lange bis ich das Gefühl hatte, nicht mehr ganz so leicht in die Luft zu gehen. Das bestimmt der strenge Sportprogram könnte da langfristig wieder relativ gut Abhilfe schaffen. Blieb zumindest zu hoffen übrig. Was Aryanas Schwester anging ließ sich nur sehr wenig schön reden. Eher gar nichts. Wenn ich mich recht entsinnte, dann war Faye einfach nur sehr froh darüber gewesen, dass ihre Schwester nicht mit mir in Syrien verreckt war und jetzt eben nicht mehr im Krieg war. Zwar hatten Easterlins Worte auch eher nicht so geklungen, als würden wir für Einsätze längere Zeit am Stück oder gar Jahre im Ausland verbringen müssen, aber so oder so würden wir unweigerlich wieder ins Fadenkreuz von weiß Gott wem Alles rücken. "Ich bin zwar eigentlich eher ein Verfechter der unverblümten Wahrheit, aber vielleicht sollten wir ihr lieber nicht sagen, was das für ein Mensch ist, für den wir da arbeiten.", redete ich doch etwas nachdenklich vor mich hin. Es würde den Umstand, dass wir zusammen wieder hinters Gewehr stiegen, zwar an sich nicht abschwächen, aber es würde ihn zumindest nicht noch weiter verschlimmern, wenn Faye nicht wusste, womit genau wir es da zu tun hatten. Wobei wir - abgesehen von Easterlin - ja ohnehin auch selbst noch nicht genau wussten, was da auf und zukam. Wäre also sicher nicht sehr beruhigend für das kleine Nervenbündel, ihr mehr als nötig zu stecken.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Naja ich kann dir schlecht etwas abgeben, was ich selber nicht habe... :( Da musst du dir nen anderen Steinbock suchen, ich bin, zumindest was die bekanntesten Attribute angeht, zu grossen Teilen viel näher an Jungfrau oder Fischlein.. LEIDER. x'D ________
"Sicherlich. Dir ist das vielleicht nicht bewusst, aber ich bereite mich heute schon mental auf dein Gejammer in einem halben Jahr vor, wenn du dich bei mir über Rückenschmerzen und graue Haare ausheulen kommst", redete sie sarkastisch weiter über den signifikanten Altersunterschied, der ihr so viel mehr Lebenserfahrung und Leiden zuschrieb als ihm. Sie hatte die sinnlose Ironie ihrer Gespräche wirklich vermisst, weshalb sie nun auch kaum eine Chance entgehen liess, diese zurück zu bringen. Es hatte eben schon seit jeher zu ihrer Art zu kommunizieren dazugehört und war in den letzten Monaten mit den Gitterstäben zwischen ihnen immer seltener geworden. Aber die Gitterstäbe waren weg. Das war das Positive an diesem Tag. Und es war nicht zu unterschätzen, auch wenn sehr viel Scheisse damit verbunden war. Noch vor zwölf Stunden hatte es unvorstellbar gewirkt, an diesem Abend so dicht beieinander zu sitzen, während seine Hand über ihre Schulter strich und sie sich sachte an ihn lehnte. Das allein war purer Luxus verglichen mit den letzten zwölf Monaten und den Wochen im Krankenhaus, die dem voraus gegangen waren. Dort hatten sie es zwar zwischendurch auch getan, aber wirklich ihre Ruhe hatten sie nie geniessen dürfen. Immer war da der Hintergedanke gewesen, dass gleich jemand ohne Anmeldung ins Zimmer stürzen und sie wieder auseinander treiben konnte. Das war jetzt nicht mehr so. Hier kam keiner rein und störte sie. Oder jedenfalls mussten sie das ganz rational betrachtet nicht erwarten. Aryana lachte leise, als er ihr offenbarte, dass das mit den Diamanten zum Geburtstag wohl nichts wurde. "Bin schockiert. Dabei war ich mir so sicher, endlich den Einen gefunden zu haben", gab sie theatralisch zurück, gefolgt von einem traurigen Seufzen. "Tjaaa. Da hilft wohl nichts.. Dann muss ich leider die Scheidung einreichen", schob sie nach. Und Mitch konnte an dieser Stelle wirklich froh sein, sie nie geheiratet zu haben, da sowas doch einen absolut perfekten, überaus relevanten Scheidungsgrund darstellen würde. Er konnte ihr mindestens genauso dankbar dafür sein, dass sie diesen Plan der Trennung nicht ganz ernst meinte, wie sie ihm gegenüber zu ewigem Dank dafür verpflichtet war, dass er sich immerhin Mühe geben würde, Easterlin nicht bei der ersten Gelegenheit für jedermann offensichtlich umzulegen. "Das ist auch echt zuvorkommend von dir... Ich schätze deine Gutmütigkeit am heutigen Tag wirklich ganz besonders", erwiderte sie genauso sarkastisch. Sie sollte sich mit dem Schwachkopf anfreunden und Mitch musste sich gerade mal soweit zurückhalten, ihn nicht direkt abzuknallen? Ja. Wirklich nice. Hatte sie sich mal wieder einen ausgezeichneten Deal ausgehandelt. Darauf brauchte sie erstmal zwei Schlücke Scotch. Und für die Problematik, die daraufhin angesprochen wurde, bräuchte sie wohl eine ganze Flasche... Doch für den Moment beliess sie es erstmal lediglich bei einem dritten Schluck, bevor sie das Glas wieder absenkte und erneut ein schweres Seufzen von sich gab. "Nein, das sagen wir ihr ganz bestimmt nicht... Und auch sonst nur so viel wie sie unbedingt wissen wollen oder wissen müssen...", murmelte sie in sich hinein, massierte sich mit der freien Hand für einen Moment das Nasenbein. "Wann hast du vor, sie zu besuchen? Oder sie einzuladen, spielt ja letztendlich auch keine Rolle", fragte sie ihn, obwohl er sich diesbezüglich eher auch noch keinen Plan zurechtgelegt haben dürfte. Es würde sicherlich vor ihrem Stellenantritt passieren, aber ob das morgen oder in drei Tagen war, war absolut egal. Vielleicht wäre es sogar gut, es möglichst bald hinter sich zu bringen. Dann hatte Faye auch noch einen Moment Zeit, sich mit dem Gedanken abzufinden, bevor es wirklich soweit war. Inwiefern das irgendwas besser machte, war zwar fraglich, aber das zu beeinflussen lag dann nicht mehr in ihrer Macht.
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Toll Gweny, TOLL. Ich bin selber so'n voll unbrauchbarer Fisch, einer reicht mir. /._./ XD ________
Ich schüttelte nur leicht den Kopf, bevor Aryana postwendend eine Antwort bekam. "Die Rückenschmerzen hab ich jetzt schon. Die Pritsche in der Zelle war nicht gnädig zu mir.", ließ ich sie wissen, dass sie mir dann nur noch die grauen Haare vorhalten musste und den Rest getrost sein lassen konnte. Es würde sicher eine halbe Ewigkeit dauern, bis sich die über Monate hinweg entwickelten Verspannungen im Rücken - ganz besonders in den Schultern und im Nacken - wieder gelöst hatten. Den Job hatten die Umstände im Knast ihr also schon abgenommen, aber es blieben ihr ja noch die grauen Haare. Gott bewahre - ich war noch nicht mal dreißig, da wäre es doch schon ziemlich ärgerlich bereits mit dem Grau-Werden anzufangen. Was das anbelangte könnten wir von mir aus noch 10 Jahre waren. Gerne mehr. Auch die Scheidung unserer nach wie vor nicht geschlossenen Ehe würde für Aryana eher keine Sonnenseiten übrig haben. "Wenn du sie selber zahlst..?", erwiderte ich darauf noch eine ebenso scherzhafte, indirekte Frage. Um ehrlich zu sein hatte ich keinen Schimmer davon, was eine Scheidung heutzutage so kostete. Ich wusste nur, dass sie nicht umsonst war und die meisten Leute sich diesen Betrag wohl gerne ersparten. Ich selbst inklusive, selbstverständlich. Da spielte es auch gar keine Rolle, ob ich sie mir mit dem Betrag auf meinem Konto sogar noch leisten konnte. Nein, so leicht kam sie mir hier nicht aus unserer imaginären Ehe heraus. Das Thema Easterlin war für mich jetzt hingegen vorerst erledigt. Ich würde ihn schon nicht wirklich leichtsinnig umbringen, bei Warren hatte ich die Fassung so krass ja auch nicht verloren. Ich hatte so weit gespurt, wie es zum Überleben leider notwendig war. Nette Worte hatte aber auch der Fettsack nie von mir bekommen, weshalb Easterlin sich das besser nicht auf seine Wunschliste schreiben sollte. Ich bevorzugte dann wirklich den sicheren Bogen um ihn herum, zumindest eben in den ersten paar Wochen. Die anstehende Offenbarung Faye und Victor gegenüber hingegen ließ sich so leicht gerade nicht bei Seite schieben. Es war wohl unvermeidlich, dass dieses Thema Aryanas Laune dämpfte und allein schon deshalb kam ich selbst auch nicht unbeschadet davon. "Laut Vertrag dürfen wir ja sowieso eigentlich so gut wie gar nichts sagen… auch, wenn die beiden das vielleicht wenig interessiert. Ist ein Grund.", murmelte ich vor mich hin, zuckte dann ein klein wenig mit den Schultern und führte den Alkohol nachdenklich erneut an meine Lippen, weil er eben doch besser floss je mehr man davon trank. Wem sollten die beiden es schon erzählen und was hätten sie davon? Dieses Argument würde mindestens bei Faye also vermutlich wenig bis gar nicht ziehen. Ehrlich gesagt würde ich die Begegnung unter dem jetzigen Stichpunkt betrachtet doch sehr gerne umgehen. Dabei spielte es dann auch keine Rolle, wo wir letztendlich mit den beiden zusammentrafen. "Ist mir eigentlich ziemlich egal.", zeigte ich mich dahingehend entsprechend wenig entscheidungsfreudig. Zumindest auf den ersten Blick machte es keinen so großen Unterschied - oder doch? "Wobei… nein. Also wann ist mir egal, aber lass lieber uns zu den beiden rüberfahren… dann kann ich gehen, falls es mir zu... anstrengend wird.", gab ich dann doch noch zumindest was das anbelangte eine Tendenz von mir, die ganz einfach daher rührte, dass mich der Gedanke daran, dass Faye mir womöglich sofort die Schuld an alledem geben würde, gerade heimsuchte. Ob sie so weit gehen würde mir all das vorzuwerfen? Am Ende auch noch sagen würde, dass das alles meine Schuld war, weil ich Aryana nicht hatte gehen lassen wollen? Eigentlich hatte das nicht selten scheue Reh keine wirklich große Klappe, aber ich konnte nicht einschätzen wie es war, wenn sie wirklich aufgebracht war. Allein deswegen schon nicht, weil ich nicht wusste wie es ihr aktuell ging und wie leicht sie aus der Fassung zu bringen war. Allein der Gedanke daran, dass die sehr zierlich geratene Brünette mir irgendetwas dergleichen an den Kopf schmeißen würde, löste nicht weniger als pures Unbehagen in mir aus und deshalb sanken wohl auch meine Mundwinkel jetzt restlos ab. Natürlich war all das zu mindestens 50% meine Schuld - hätte ich nicht im Knast gesessen, müssten wir uns jetzt schließlich nicht Easterlin verpflichten. Aber ich hätte niemals versucht Aryana dazu zu überreden, wenn sie es nicht von sich aus hätte tun wollen. Es lag mir fern ihr eine Bürde aufzuerlegen, die gar nicht ihre war. Das hatte sie in diesem Fall selbst getan, auch wenn sie zu jenem Zeitpunkt noch nicht gewusst hatte, worauf genau sie sich eingelassen hatte. Hätte sie es nicht gewollt hätte ich sie niemals darum gebeten, es sich anders zu überleben. Nur würde das für Faye eben vielleicht gar keine Rolle spielen, wenn das Pech mal wieder auf meiner Seite war. Ich kam nicht umher das auszusprechen: "Sie wird mich hassen, oder?", murmelte ich eine Frage vor mich hin, sah dabei mit recht leerem Blick stur geradeaus.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Gut, das war schade, mit den Betten hatte er wohl wenig Glück gehabt die letzten Monate über. "Wenns schlimmer als in der Army war, gönn' ich dir eine persönliche Massage", erwiderte sie sarkastisch, wobei ihr ziemlich bald klar wurde, dass das wohl eine dumme Aussage gewesen war. Erstens, weil das rein subjektives, nicht überprüfbares Empfinden war und die Gefängnismauern, welche das Bett umgeben hatten, sicher nicht dazu beigetragen hatten, dass Mitch sich dort drin wohler gefühlt hatte und zweitens, weil seine bisherige Schilderungen der Anstalt kaum auf was Upgrade gegenüber den Feldbetten der Army hoffen liessen. Und das war schon echt traurig. Denn die Brünette hatte in den Zelten in Syrien auch wirklich nur darum einigermassen gut geschlafen, weil sie die Tage so lang und ausgefüllt gestaltet hatte, dass nachts an etwas anderes als Schlaf nicht mehr zu denken gewesen war. Aber gut, Mitch würde ihr sicherlich gleich erklären, wie wenig sie von harten Betten verstand. Und sie sollte nicht immer so schnell reden, wenn sie getrunken hatte. Dass sie die Scheidung nur bekam, wenn sie sie selber finanzierte, kam im Folgenden eher nicht überraschend. Sie wäre ja sowieso die, die dabei das fette Minus einfahren würde, wenn der Scheidung die übliche Gütertrennung folgte. "Irgendjemand muss den Part ja übernehmen...", seufzte sie darauf lediglich noch schief lächelnd. Das war eben einer dieser sehr guten Gründe, nicht zu heiraten. Wurde alles nur komplizierter und für kompliziert hatte sie keinen Kopf und keine Nerven. Und er auch nicht, weshalb sie am besten einfach gleich auf die Heirat und alles damit Verbundene verzichteten. Dass ihr Vertrag ihnen Schweigen vorschrieb, war tatsächlich ein Argument, wie Mitch erwähnte. Aber das Problem dabei nahm der junge Mann auch schon vor. Eines der Probleme jedenfalls. Es gab noch das andere, das damit verbunden war, dass es Faye letztendlich - zumindest im ersten Moment - komplett egal sein würde, in was für Schlachten sie sich einmischten und mit welchen Leuten sie sich anlegen mussten. Der Fakt, dass sie wieder kämpfte, würde ja schon ausreichen, der jungen Frau die Nerven zu rauben. Sie war zwar nicht mehr wirklich labil, hatte sich im letzten Jahr ziemlich gut erholt von dem psychischen Ruin, den der Krieg angerichtet hatte, aber Aryana wusste ganz genau, das eine solche Nachricht trotz allem wohl oder übel die Kraft besass, Faye wieder den Boden unter den Füssen weg zu reissen. Denn in dieser einen Sache waren sie sich beide sehr ähnlich: Die Familie und die Menschen, die sie liebten, waren ihre absoluten Schwachpunkte. Wie das halt so oft der Fall war bei allen Leuten, deren Seelen noch nicht komplett abgelöscht waren... "Ich rufe sie Morgen einfach mal an und frage, wies mit ihren Arbeitsplänen aussieht..", beschloss sie bezüglich des Datums. Sie waren ja für den Moment noch sehr flexibel. Alles, was momentan anstand, waren so administrative Dinge wie Mitchs Anmeldung bei der Gemeinde. Und natürlich der Gitarrenkauf. Aryanas Blick war ebenfalls wieder in die Ferne gerückt, auch während sie ihr Glas nochmal an ihre Lippen hob, die Flüssigkeit darin sich allmählich dem Ende zu neigte. Seine plötzliche, erst etwas zusammenhanglose Frage, liess sie einen Moment dezent verwirrt aus der Wäsche blicken. "Nein, warum sollte sie dich...", sie beendete den Satz nicht, weil ihr schon wieder gut alkoholisiertes Gehirn ihre Frage tatsächlich selbst beantworten konnte. Aber Faye würde ihn nicht hassen, würde ihm kaum die Schuld an allem geben, oder? "Ich weiss es nicht...", liess sie ihn die einzige Wahrheit hören. "Ich denke nicht... Faye weiss ganz genau, dass ich solche Entscheidungen gerne alleine treffe... Ausserdem wird sie eher mich dafür hassen, ihr das anzutun, nachdem sie das letzte Mal fast dafür gestorben ist, mich endlich wieder nach Hause zu holen...", schob Aryana mit der ursprünglichen Intention nach, ihn damit etwas zu beruhigen. Letztendlich führte es aber nur dazu, dass sie stattdessen sich selbst noch einmal sonnenklar vor Augen führte, wie gefühlt jede Entscheidung, die sie in ihrem Leben traf, irgendjemandem das Herz brechen musste. Und dieser jemand war aus genau keinem Grund schon wieder ihre Schwester, die überhaupt nichts dafür konnte. Ausgezeichnet.
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Ob sie wusste, dass dieses Angebot nur in eine Richtung laufen konnte? Vielleicht dachte Aryana erst richtig darüber nach, als sie mir ihre Worte schon unterbreitet hatte, denn eigentlich war meine Antwort darauf doch von vornherein ziemlich offensichtlich - um die Massage würde sie nicht rumkommen. Die Rückenschmerzen waren schließlich kein Hirngespinst und das Bett in der Zelle - egal in welcher - war allein deswegen schon unbequemer, weil es dem Körpergewicht ungefähr gar nicht nachgab. Ein Feldbett passte sich dem Körper wenigstens irgendwie ein bisschen an, was man von den Pritschen im Knast nicht erwarten konnte. Auf ein Lattenrost wartete man da nämlich sehr vergeblich - man könnte ja Teile davon rausnehmen und zur Waffe umfunktionieren - und die Matratzen waren gefühlt nicht vorhanden gewesen. Ohnehin auch schon so durchgelegen, dass man sie auch fast gleich ganz hätte weglassen können. "Brauchst du darauf eine Antwort oder soll ich mich gleich lang machen?", war dementsprechend auch Alles, was ich dazu sagte. Aber wenn das nicht ausreichen sollte, schilderte ich ihr mein Erlebnis mit dem Knastbett auch gerne noch ausführlicher. Selbstverständlich hatte ich nicht vor mich hier und jetzt sofort flach zu machen und das Shirt auszuziehen, aber sollte die Brünette wenn wir ins Bett gingen noch fit genug dafür sein, durfte sie mir liebend gerne die verspannten Muskeln durchkneten. Darum kam sie jetzt wohl nicht mehr rum, würde ich sie andernfalls doch auch morgen gleich wieder daran erinnern, dass sie das noch zu erledigen hatte. Unsere imaginäre Scheidung ließ mich nur noch ein letztes Mal leicht mit dem Kopf schütteln, bevor ich den letzten, etwas groß geratenen Schluck Scotch aus dem Glas filterte. Bald würde sicher auch von den Eiswürfeln nichts mehr übrig sein, aber ich war trotz des beißenden Alkohols froh den wässrigen Geschmack umgangen zu sein. Dass Aryana ihre Schwester, beziehungsweise Victor - wohl je nachdem, wer eben abnahm oder zuerst ran ging - einfach wegen dem Treffen kontaktieren und nachhaken würde, kommentierte ich nur noch mit einem knappen "Ja, mach das." und fing unterbewusst damit an, das leere Glas in meiner Hand zu drehen. Sah deshalb auch auf jenes hinunter, ohne es aber wirklich anzusehen. Meine Pseudo-Ehefrau brauchte offenbar einen kurzen Moment, um auf den Hintergedanken meiner letzten Aussage zu kommen und konnte mir im Anschluss daran auch nur minder die Befürchtung diesbezüglich nehmen. Es blieb wohl einfach zu hoffen, dass die jüngere Cooper nicht mich - oder zumindest eben nicht ausschließlich mich - für unseren erneuten Einzug in welche Kriege auch immer verantwortlich machte. Wenn doch konnte unsere Zusammenkunft sicherlich nur unangenehm werden… wobei sie das wahrscheinlich ohnehin wurde. Immerhin brachten wir keine frohe Botschaft, wenn man von meiner Freilassung absah. Unter dem Haken betrachtet, dass genau die aber der Grund für die wiederum schlechten Nachrichten war, war irgendwie nicht mal mehr die wirklich positiv. Außer für Aryana und mich eben. "Tja, egal wie man's dreht und wendet… die Umstände werden wohl nicht besser.", murmelte ich nachdenklich vor mich hin und löste dann den Arm von Aryanas Schultern. Zum einen, weil ich mit der Hand leichter das leere Glas auf die Fensterbank stellen konnte und zum anderen, weil ich mit jener Hand auch besser an die Zigaretten und das Feuerzeug kam. Es war einfach absolut kein angenehmer Gedanke, dass die Schwester meiner Freundin mich womöglich zum Teufel jagen würde. Damit zwangsläufig dann wahrscheinlich auch Victor, weil die beiden mehr nur ein einziges Herz und eine Seele waren. Tat man einem weh, erwischte man vermutlich zwangsläufig immer auch den anderen. Irgendwie hegte ich schon jetzt starke Zweifel daran, dass die beiden nach dem Gespräch meiner Freilassung noch irgendwas Positives abgewinnen können würden. War doch scheiße.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Dankeee, ich nehms als verfrühtes Geburtstagsgeschenk an... :P ________
Mitch bestätigte das, was sie mehr oder weniger schon gewusst hatte, ein paar Sekunden später mit einer eher rhetorischen Frage. Dann schuldete sie ihm dank ihrem Nicht-Nachdenken jetzt wohl eine Massage. "Warte ruhig damit, bis wir sowieso das Bett erreicht haben", lehnte sie das wohl wenig ernst gemeinte Angebot des sofortigen Hinlegen erstmal ab. Mal schauen, ob es heute noch dazu kommen würde. War auch gut möglich, dass er letztendlich gerne darauf verzichtete, weil eine Massage dank ihrem einen gut gefüllten Gläschen Scotch eventuell eher einem kleinen Experiment gleichkommen würde, welches spontan auch gut in eine andere Richtung als Entspannung fallen könnte. Mal sehen. In diesem Moment machte sie jedenfalls noch keine Anstalten, sich von der Bank zu erheben, sondern blieb weiterhin so entspannt wie ihr Kopf dies zuliess sitzen. Eigentlich gab es auch nicht mehr viel zu sagen, was das deutlich unliebsamere Thema des Abends betraf. Es würde sich zeigen, wie Faye und Victor auf die Wahrheit reagieren würde, aber dass diese Reaktion nicht besonders freudig ausfallen würde, war einfach vorprogrammiert. Das konnten sie sich, wie Mitch schon sagte, gar nicht schönreden. Darum liess die Brünette auch gleich ein weiteres schweres Seufzen vernehmen, während ihre Augen wieder den Sternenhimmel suchten. "Für uns hat diese Erde wohl keine Sonne ohne Wolken und Sturm übrig, hm?", stellte sie nüchtern fest, was längst offensichtlich war. Sie wusste nicht einmal, woran das liegen konnte. Hatten sie echt so viel falsch gemacht seit ihrer Geburt, dass sie die ganze Zeit in diese Teufelskreise geraten mussten? Mitch hatte schon mit seiner Kindheit wenig Glück gehabt, wie sollte er all dieses negative Karma also jemals verdient haben? Und bei ihr war es vom Tod ihres Vaters an auch beständig abwärts gegangen, ohne dass sie wirklich viel dazu hatte beitragen können. In welcher Welt war das bitte fair? Natürlich hatte Aryana Fehler gemacht, natürlich war ihre Laufbahn geprägt von falschen Entscheidungen und Problemen, die sie rückwirkend betrachtend ganz anders hätte lösen sollen. Aber so viel Pech wie sie gehabt hatte, war selbst damit doch kaum zu rechtfertigen. Oder? Oder war das die Strafe für all die Leben, die sie im Laufe des Krieges ohne mit der Wimper zu zucken beendet hatte? War auch möglich. Nur war es ja schon vor Syrien nicht gerade grossartig gelaufen. Es wäre nur vielleicht nie ganz so schlimm geworden. Sie hätte vielleicht nie ihren Bruder verloren. Ihre Schwester nie durch ein solches Trauma gezogen. Aber sie hätte auch Mitch nie kennengelernt. Und es brachte nichts, sich hier Gedanken darüber zu machen, was gewesen wäre, wenn sie einen komplett anderen Weg eingeschlagen hätte vor all den Jahren... Denn das hatte sie offensichtlich nicht und darum sassen sie jetzt gemeinsam hier und stellten das Elend dieser Welt in Frage. "Es ist einfach schade... dass es nie einfacher wird, weisst du? Egal... egal was wir tun. Egal wie wir es drehen... Immer wird es nur noch so viel... anstrengender... und komplizierter... Das macht mich echt fertig", murmelte Aryana etwas stockend vor sich hin. Sie würde diese Worte wohl nicht aussprechen, wenn sie vollkommen nüchtern wäre. Weil sie wusste, dass es nichts brachte, weil Mitch genauso wenig irgendwas an ihrer Lage ändern konnte. Aber das hatte der Alkohol eben so an sich: Er animierte sie jedes Mal, wenn sie dabei in Gesellschaft eines anderen Menschen war, dazu, Worte auszusprechen, die sie sonst für sich behalten oder noch nicht mal denken würde. Auch wenn es sinnlos war und sie grundsätzlich weder gerne Schwäche zeigte, noch gerne über Probleme jammerte. Vielleicht sollte sie besser einfach schlafen gehen, jetzt, wo sie den letzten Schluck ihres Whiskeys im Hals brennen spürte. Das würde zwar auch keine Probleme lösen, sie aber immerhin davor bewahren, Mitch weiter die Ohren vollzuheulen.
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wann genau hast duuuuuu? Meine Steinbock-Schwester hat auch in ein paar Tagen. xD ________
Wir schienen uns damit einig zu sein, dass es für alle Beteiligten besser war, wenn wir die Massage nicht hier auf dem Balkon praktizierten und sie aufs Bett verschoben. "Na gut, okay... so viel Geduld kann mein Rücken wahrscheinlich grade noch aufbringen.", waren meine letzten Worte bezüglich dieser Sache, während ich mir die Zigarette aus der Schachtel fischte und sie mir dann zwischen die Lippen schob, um sie anzuzünden. Danach wanderten die benötigten Utensilien zurück auf die Fensterbank und ich lauschte Aryanas noch folgenden Worten. Die waren zugegeben wirklich ungewohnt. Zwar wusste ich bestens, dass die Brünette zu einem etwas loseren Mundwerk als gewöhnlich tendierte, wenn ihr der Alkohol durch die Venen rauschte, aber das hatte sich letztes Mal eben eher in lustigen Aktionen geäußert. Ganz und gar nicht in dermaßen pessimistisch klingenden Aussagen und rhetorischen Fragen, war genau das sonst doch eigentlich eher mein Part. Also nicht, dass ich besonders viele meiner nicht selten negativ angehauchten Gedanken auch wirklich wörtlich nach außen trug, aber eigentlich war eher ich der Pessimist von uns beiden. Besonders schwierige Situationen forderten aber scheinbar auch von Aryana einen nicht allzu kleinen Tribut, der sich dank des Nervengifts jetzt auch in Worten äußerte. Ich hätte ihr wirklich gerne widersprochen, aber es ließ sich wirklich absolut gar nichts daran rütteln, dass wir beide hier tief in der Scheiße saßen und schon so einige Höllen in verschiedenster Form zusammen durchgemacht hatten. Ich konnte mich gar nicht mehr daran erinnern, wann mein Leben mal so richtig leicht gewesen war - von glücklich mal ganz zu schweigen. Vielleicht deshalb, weil es das nie war. So gar keine Familie zu haben machte eben auch keinen Spaß - ganz gleich, wie viel Ärger und Frust man mit jener haben konnte, wie sich bei den beiden Coopers für mich bestens ersichtlich zeigte. Als ich noch in Mali stationiert war, ja, da war alles ein bisschen einfacher gewesen. Da war ich noch nicht ganz so verbittert gewesen, da war der Dienst in der Army ein relativ leichter gewesen. Aber auch mit selten wirklich gefährlichen Situationen machte Krieg keinen Spaß und leicht war der Alltag dabei nie. Nur weniger zum Kotzen, als er das dann in Syrien gewesen war. Oder als er eben jetzt wieder wurde, nachdem ich ein paar Tage Zeit dazu bekam vom Grund wieder an die Oberfläche zu schwimmen. Nur, um dann eben erneut in den Lasten des Lebens zu ertrinken. Es schien, wie Aryana schon so schön sagte, irgendwie einfach kein Ende für uns beide zu geben. Vom Regen in die Traufe und von da aus weiter in die Strömung eines großen Flusses, nur um dann bei Sturm ins aufbrausende Meer gespült zu werden. Ob all das endlich ein Ende nehmen würde, wenn wir es tatsächlich schafften Easterlin zu entrinnen? Ganz gleich, ob nun erst nach sechs Jahren, weil wir keine andere Lösung als Geld für ihn fanden, oder schon früher... würde es etwas ändern? Vielleicht waren wir beide dann endlich mal wirklich frei. Vielleicht aber auch nicht - was wusste ich schon, was für eine Lösung wir für dieses Problem finden würden? Mit Pech würde uns das nur in unser nächstes, riesiges Problem schlittern lassen. Reichte auch schon, wenn bei der Umsetzung irgendwas schiefgehen würde und ich zurück in den Knast musste. Wir hatten auch für diese Angelegenheit mal wieder nur eine einzige Chance, die über Sieg oder Niederlage entscheiden würde. Es würde uns wohl Niemand übel nehmen, wenn wir wegen dieser ganzen Scheiße irgendwann noch vollkommen verrückt wurden - also mehr, als das ohnehin schon der Fall war. Ganz gesund im Kopf konnten wir schließlich nicht sein, wenn wir uns schon wieder eine solche Mord-Aktion in die Schädel setzten. Es schien fast als könnten wir gar nicht anders, als uns selbst fortwährend fast unmachbare Aufgaben zu stellen - Betonung hierbei aber auf fast. Ich zog einmal sehr lang an der Kippe, bevor ich mich mit den Ellenbogen nach vorne auf die Knie stützte und dabei schwer wieder ausatmete. "Vielleicht hat's nach Easterlin ja ein Ende.... ha, ha...", zeigte ich mich selbst erst einmal mit trockener Ironie nicht allzu optimistisch. Es wäre halt einfach nichts Neues, wenn es danach auch nur wieder in anderer Form irgendwie bergab gehen würde. "Keine Ahnung, man...", murmelte ich leise vor mich hin, während ich meinen eigenen Gedanken zu dem Thema nachhing. Hob die freie Hand und neigte den Kopf nach vorne, um mir durch die Haare nach hinten zu streichen. "...es muss einfach das Ende sein. Sonst müssen wir doch noch an den Arsch der Welt auswandern, wo uns kein Schwein findet. Kann nicht ewig so weitergehen...", murmelte ich weiter vor mich hin, kurz bevor ich ein weiteres Mal seufzte und den nächsten Zug nahm. Ich meine, wir beide hielten viel aus - wirklich verdammt viel, wären so einige andere Leute an unserer Stelle doch längst schon zehn Mal zerbrochen oder gestorben. Aber irgendwann würde es auch uns mal zu viel werden und das Maß war eigentlich jetzt schon zum Überlaufen voll, wie die aktuelle Situation allzu deutlich aufzeigte. Ich wollte zwar wirklich nicht flüchten, aber ich konnte genauso wenig den Rest meines Lebens damit verbringen darum zu kämpfen, auch nur in Freiheit atmen zu dürfen. Im Grunde war beides keine gute Option und genau deswegen musste der Schlag gegen Easterlin einfach das Finale allen Übels sein. Ich rieb mir noch ein letztes Mal über die Kopfhaut - was meine Haare etwas chaotisch zurückließ -, bevor ich mich aufrichtete und mich wieder nach hinten an die Rückenlehne kippen ließ. Mit den Fingern der freien Hand dann nach Aryanas' suchte, um sie miteinander zu verschränken. "Nur noch dieses Mal, Bonnie... danach sind wir frei. Koste es, was es wolle.", zeigte ich mich dann doch etwas entschlossener, unserem durchweg miserablen Schicksal entrinnen zu wollen und gab der Brünetten dank des Alkohols dabei einen unter Umständen wieder etwas zusammenhanglosen Spitznamen. Wenn man mich fragte, dann müssten wir beide rein theoretisch gesehen eigentlich sogar noch viel mehr Aufmerksamkeit kriegen, als jenes Verbrecherpärchen vor einigen Jahren. Was Bonnie und Clyde damals geleistet hatten war schon gewissermaßen erstaunlich, was wir beide hier abzogen aber viel mehr schon unglaublich. Ich hatte nicht umsonst mal Witze darüber gemacht, einen Film aus unserer Story machen zu wollen.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
nächste Freitag, also 15.1. :) Grüsse an deine Steinbock-Schwester, ich hoffe, sie ist disziplinierter als ich. x'D ______
Das war wirklich nett. Denn auch wenn er diese Geduld nicht hätte, würde sie es jetzt wohl kaum schaffen, sich auf die Beine zu quälen. Gerade sass sie nämlich echt tief in dieser Bank und streckte die Füsse dabei weit von sich, absolut ohne Intention, dies in naher Zukunft zu ändern. Also ja, die Massage rückte noch nicht ganz in Reichweite. Aryana blinzelte lieber weiter in die glitzernden Himmelskörper hinauf, wünschte sich für einen Moment wieder die Ruhe und Einsamkeit Australiens zurück. Oder auch den Nachthimmel Syriens - denn ihr Camp hatte ziemlich im Nichts gestanden, war umgeben von Wüste gewesen, was zu sehr wenig Lichtverschmutzung oder Lärm geführt hatte. Zumindest eben in der Nacht. Hier störten die Lichter der nahen Stadt doch stark, verbargen einen Grossteil der Sterne, die ihnen sonst entgegenfunkeln würden. Ausserdem waren selbst hier am eigentlich recht ruhigen Stadtrand immer wieder Motorgeräusche oder entfernte Stimmen zu hören. Oder irgendeiner ihrer Nachbarn, die Herumliefen, Musik anmachten oder was auch immer. Jedenfalls war es nicht so schön und still wie in den Ferien auf dem roten Planeten. Weder die Umgebung und die Natur, noch ihr Herzen oder ihr Kopf. Damals war sie nämlich wirklich erstaunlich entspannt gewesen, so entspannt, wie eine Ewigkeit davor und jemals seit da nicht mehr. Gerade mit dem Wissen, dass ihre Schwester für den Moment auch in Sicherheit war und es ihr gut ging. Sie hatte nicht gewusst, was auf sie zu kam, damals, als sie den Entschluss gefasst hatte, die Army zu verlassen. Sie hatte geglaubt, das Elend zusammen mit Mitch, Faye und Victor bald hinter sich zu lassen, hatte sich endlich bereit dazu gefühlt, wieder nach Hause zu kehren - oder vielleicht auch woanders hin zu ziehen, wer weiss. Vielleicht wären sie tatsächlich wieder nach Australien gegangen, für sehr viel mehr als zwei Wochen? Vielleicht hätten sie ein Haus gekauft im Outback, irgendwo, wo keiner sie nervte und sie in Ruhe Kängurus züchten konnten oder so. Der Gedanke liess sie beinahe lächeln, weil die Vorstellung allein so schön klang. So viel Frieden versprach. Vielleicht konnten sie das in sechs Jahren ja trotzdem noch tun? Wenn sie genug von der Hektik und Action des Alltags hatten - vielleicht wären sie in sechs Jahren bereit, dieses langweilige Leben anzutreten, das ihnen alles bot, was sie nie zuvor gehabt hatten. Es war fast schade, dass Mitchs Worte sie wieder aus dieser Fantasie zurückholten und ihre Gedanken erneut mit dem bescheuerten, unberechenbaren Kapitalisten vergiftet wurden. Aber er hatte ja Recht... Vielleicht nahm all das ein Ende, wenn sie es schafften, ihren Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Eben spätestens nach sechs Jahren. Es klang unwahrscheinlich, wenn man ihre bisherige Laufbahn betrachtete. Aber wenn sie aufgaben, würden sie kaputt gehen - schneller, als beide von ihnen gucken konnten. Sie wusste es ja eigentlich. Es wurde nur immer schwerer, an Hoffnungen festzuhalten, wenn diese so oft schon zerschmettert worden waren. Wenn jedes Seil, das ihr zur Rettung zugeworfen wurde, sich am Ende als Henkersknoten entpuppte. Aryana nickte leicht abwesend, sagte jedoch vorerst nichts, bis sie seine Finger an ihrer Hand spürte. Es war vielleicht nur eine kleine Geste, aber doch sagte sie so viel aus. Er versprach ihr ohne Worte, dass sie diesmal nicht alleine kämpfen musste, dass sie das zusammen durchstanden. Und sie wünschte sich so sehr, dass er damit Recht behielt und sie es wirklich schafften. Aryana blickte zu ihm auf, als seine Stimme erneut an ihr Ohr drang und ihr ein sehr müdes und dürftiges Lächeln, das sich eher nur an einem winzigen Zucken ihrer Mundwinkel zeigte, entlockte. "Ja. Nur noch dieses eine Mal...", bestätige sie seine Worte, streckte sich zu ihm aus, um ihm einen zärtlichen Kuss auf die Lippen zu hauchen. Dann lehnte sie sich wieder zurück, legte stattdessen ihren Kopf an seine Schulter. "Wir ziehen keinen Plan durch, der nicht mit hundertprozentiger Sicherheit gelingt, okay? Lieber warten wir sechs Jahre... Als schon wieder von einer Hölle in die nächste zu schlittern...", murmelte sie eine Bitte vor sich hin, die wahrscheinlich mehr als vernünftig war. Denn ob sie ein weiteres Desaster überstehen würden, war höchst fraglich. "Und während dieser Zeit planen wir das, was nachher folgen wird... Irgendein schönes Leben, das wir tatsächlich hinkriegen. Hier oder... an einem besseren Ort", flüsterte sie weiter, sprach damit die Gedanken an, die sie davor schon verfolgt hatte. Sie mussten sich irgendwo festhalten können, wenn es hässlich wurde, irgendwas haben, das ihnen zeigte, dass die Misere sich nicht für immer ziehen würde...
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Ah, dann hast du kurz vor meiner Schwester. & mach iiich x'D Sie hat zwar auch so ihre Durchhänger-Phasen, aber meistens is sie tatsächlich ziemlich diszipliniert, jap. ^^ ________
Wir hatten noch Alles irgendwie hinbekommen, oder? Gut, okay, dem Gefängnis hatte ich nicht entgehen können, aber das war eben schlicht und ergreifend meine eigene Schuld. Was all die anderen heiklen Situationen in den letzten Jahren anging, die Aryana und ich gemeinsam durchgestanden hatten, hatten wir als Team aber ausschließlich immer absolut hervorragend funktioniert. Wieso sollten wir es dieses Mal also nicht hinkriegen? Natürlich war der Fakt, dass Easterlin auf den ersten Blick ein ziemlich übermächtiger Gegner zu sein schien, nicht zu leugnen. Aber es hatte jeder so seine Schwachstellen und wenn wir uns nur intensiv genug mit ihm auseinandersetzten, dann würden wir auch seine finden. Irgendwelche kleinen Schlupflöcher, an die er bisher noch nie gedacht hatte. Und vielleicht ließen sich auch ein paar seiner eigenen, ach so hochmodernen Waffen gegen ihn ausrichten, wie die Brünette es vorhin schon angesprochen hatte. Es gab sicher irgendeinen Weg, der uns auch dieses Mal nach Rom führte - nur dass er leicht wurde, das war stark zu bezweifeln. Es wäre also wirklich besser, wenn wir uns zu einhundert Prozent sicher mit dem sein würden, was sich letzten Endes als unser Plan zur Beseitigung dieser Pest entpuppte. Es durfte da weder Zweifel geben, noch große Risiken. Denn wenn das schiefging, weil wir irgendetwas nicht bedacht oder unterschätzt hatten, dann war das für mich ohne jeden Zweifel sehr sicher die Endstation. Haltestelle Knast auf unbestimmte Zeit. Schon einmal zu 25 Jahren verknackt glaubte ich nicht, dass ich das nächste Mal für welches Verbrechen auch immer weniger als lebenslänglich kriegen würde. Ich konnte mir genau gar keine Fehltritte mehr leisten und auch Aryana dürfte nur sehr wenig Lust dazu haben hinter Gitter zu wandern, wo wir doch keinesfalls im gleichen Knast landen würden. Also nur noch dieses eine Mal stark sein, alle Sinne auf den Feind und seine Umgebung richten, ihn dann gezielt zur Strecke bringen und dann... ja, dann hatten wir vielleicht endlich mal unsere Ruhe. Wenn alles glatt lief und wir danach weder in irgendjemandes Schuld standen, noch anderweitige Verpflichtungen oder Bürden auferlegt bekamen, dann könnten wir endlich mal leben. Zusammen und ohne im Krieg oder auf der Flucht zu sein. Was genau ich mir darunter vorstellen sollte, das wusste ich ehrlich gesagt noch so gar nicht. Lag vermutlich daran, dass ich einfach nicht wusste, was ich mit mir selbst anfangen sollte, wenn ich kein Gewehr mehr in den Händen hielt. Aber das würde sich schon ergeben, wenn es erst einmal so weit war. Oder wir machten und eben schon vorher Gedanken darüber, wie es die junge Frau neben mir ansprach, als ich ihren Kuss sanft erwidert hatte. "Nein, keine Risikos... nicht mehr, als unumgänglich sind.", bestätigte ich Aryana mit einem milden Kopfschütteln darin, dass auch mir nicht der Sinn danach stand ein weiteres Mal absolut alles aufs Spiel zu setzen. Ich wollte sie nicht noch einmal verlieren, erst recht nicht für immer. Natürlich gab es fast immer ein gewisses Restrisiko, ganz gleich wie sicher ein Plan auch zu sein vermochte - aber mehr als das sollten wir einfach nicht in Kauf nehmen. "Ich fürchte da wirst du mir ein paar Denkanstöße geben müssen. Bisher bin ich mit dem Danach noch auf keinen grünen Zweig gekommen.", stellte ich nachdenklich fest, bevor ich die Kippe erneut anhob. Beim Ziehen und wieder Ausatmen drehte ich den Kopf jedoch von der Brünetten weg, wollte ich sie doch nicht mehr in den Qualm hüllen, als unvermeidbar war, wenn sie direkt neben mir saß. "Aber vielleicht lag das auch einfach an den erschlagenden Knastmauern.", schob ich noch ein paar Worte nach, bevor ich anfing Aryana leicht über den Handrücken zu streicheln. War zumindest nicht grade weit hergeholt - wie sollte man schon mit den Gedanken frei werden, wenn man die meisten Stunden des Tages eingesperrt mit wenig Hoffnung verbrachte? Womöglich würde mir also schon noch die eine oder andere Idee dazu kommen - jetzt, wo ich wieder deutlich mehr Freiheit hatte als zuvor. Mich frei bewegen konnte, mir nicht mehr permanent Gedanken um die Probleme innerhalb der Mauern machen musste. Dafür hatte ich zwar jetzt ein anderes, fettes Problem, aber dem musste ich mich nicht wieder allein stellen. Das würden wir zusammen machen. Genauso wie das, was danach kam.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Gut, nicht mehr als unumgänglich klang vertretbar in ihren Ohren. Grundsätzlich natürlich noch immer zu riskant, aber andere Optionen hatten sie einfach nicht. Selbst wenn sie tatsächlich sechs Jahre durchhielten, ohne vorher irgendwelche Massnahmen zur frühzeitigen Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses zu treffen, würden sie gewissermassen gefährlich leben. Laut Easterlin zwar keineswegs so gefährlich wie in Syrien und im Dienst einer Staatsarmee, aber trotzdem. Wo man sich Feinde mit Waffen schuf, war immer Risiko und Gefahr vorhanden. Sowohl für Verletzungen als auch für frühzeitiges Ableben, hatten sie lange genug miterlebt. So wie sie ihre zukünftigen Aufträge einschätzte, würde es wohl oft genug wieder um genau dieses Spielchen mit dem einfachen Ziel, der oder die zu sein, die zuerst den Abzug drückte, gehen. Es sei denn, Easterlin schleuste sie in seine andere Abteilung, die für die Informationsbeschaffung, ein - dann standen die Chancen, dass sie nicht ständig jemanden umlegen mussten, wohl etwas besser. Aber das würde sich zeigen und momentan war sie doch noch deutlich begeisterter vom Gedanken, diesem ganzen Theater ein früheres Ende zu setzen als das, welches es in sechs Jahren bestimmt finden würde. Dass sie die ganzen zwölf Jahre machten, für die Easterlin sie eingekauft hatte, daran glaubte wohl nicht mal der ätzende Krösus selbst. Und wenn, dann schätzte er sie wirklich komplett falsch ein und glaubte wahrscheinlich, dass sie sicherlich Gefallen daran finden würden, nach seiner Pfeife zu tanzen und seine dreckigen kleinen Missionen auszuführen, die mit Legalität und Moral eher wenig zu tun hatten. Würde sich alles zeigen... Dass Mitch noch nicht viele Gedanken an die weit weit entfernte Zukunft verschwendet hatte, erstaunte Aryana kein Bisschen. Wenn man eine Knastzeit von 25 Jahren aufgebrummt bekam, dann machte sowas auch wenig Sinn - führte wohl eher zu weiterer Depression, wenn man immer wieder merkte, wie unendlich weit weg solche Tage noch waren. Ausserdem veränderte sich in 25 Jahren wirklich alles. Die Welt drehte schnell und vieles was heute war, würde schon in zwei Jahren vollkommen veraltete Geschichte sein. Auf 25 Jahre zu planen, lohnte sich also kaum, jedenfalls nicht in Hinsicht der Planung eines neuen Lebens. Da waren sechs Jahre doch schon deutlich realistischer, wenn auch in dieser Zeit selbstverständlich alles passieren konnte. Sie es noch lange nicht gemeinsam auf die sichere Seite geschafft hatten. Aber die Gedanken, die darauf zwangsläufig folgen würden - wie sie bestens wusste, weil sie diesen Gang schon zu oft runter gegangen war - kappte sie heute sehr hastig, konzentrierte sich stattdessen sofort wieder auf die Worte, die Mitch ihr noch hatte zukommen lassen. "Hab ich mir schon gedacht... Aber wir haben ja genügend Zeit, uns jetzt und in Zukunft etwas zusammenzureimen... Zum Beispiel eine Antwort zu der grundsätzlichen Frage, ob wir in diesem Land bleiben wollen oder lieber ganz verreisen... Ich habe an Kängurufarmen in Australien gedacht... oder Reis ernten in China... Iglus bauen in Grönland... Spaghetti essen in Italien... oder alles davon in dieser Reihenfolge", träumte die Brünette leise vor sich hin. Sie hatte sich in ihrem Leben selten bis nie mit der Frage befasst, ob sie gerne noch die Welt sehen und einmal richtig Verreisen wollte. Irgendwie war dafür nie der richtige Moment gewesen und das hatte sie auch nicht gestört. Von ihr aus musste sie es auch in Zukunft nicht tun. Aber ob sie ihr ganzes restliches Leben in den Staaten verbringen wollte, falls sich ihr irgendwann eine andere Möglichkeit auftat, war doch überaus fraglich. Sie hielt einfach viel zu wenig von diesem Land, der Regierung, der Politik und der Mentalität, verband ausserdem zu viel schmerzliche Erinnerungen mit ihrer Heimat... Und wenn sie erstmal erfolgreich aus dieser Sache raus waren, wäre ein kompletter Neuanfang an einem Ort, mit dem sie gar nichts oder nur gute Erinnerungen verbanden, eine wirklich verlockende Option.
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Aryana schien alles andere als überrascht davon zu sein, dass ich mir bisher ungefähr genau gar keine brauchbaren Gedanken zum Thema gemeinsame Zukunft gemacht hatte. Es war aber eben auch wenig überraschend, war ein Gefängnis doch nicht gerade eine brauchbare Umgebung zum kreativ werden. Die Brünette hatte sich im Gegensatz zu mir wohl wenigstens schon ein paar essentielle Fragen dazu gestellt, oder sie fielen ihr jetzt gerade ein. Ich dachte einen Moment lang darüber nach, was mir lieber war - in den Vereinigten Staaten bleiben, oder doch lieber auswandern? Eigentlich gab es nicht wirklich viel, dass mich noch mit meinem Heimatland verband. Im Grunde gar nichts. Ich wusste inzwischen einfach viel zu gut, wie unendlich viel hier falsch lief - insbesondere natürlich in den Reihen des Militärs. Vielleicht war hier gar nicht alles schlecht, aber dass ich mich hier und da von meinem eigenen Land wirklich verraten gefühlt hatte - andernfalls hätte ich wohl kaum mit selbigem reagiert -, sorgte wohl fast grundsätzlich dafür, dass ich hier immer irgendwas zu meckern haben würde. Mich vielleicht auch niemals so Zuhause und Willkommen fühlen würde, wie es in einem anderen Land womöglich der Fall wäre, wenn ich mich dort erst einmal eingelebt hätte. In einem, wo ich keine Vorgeschichte hatte. Andernfalls war ich mir nicht sicher damit, welches Land mich überhaupt langfristig reinlassen würde. Kriegsverbrecher waren ziemlich sicher nirgends wirklich beliebt und ich konnte schlecht so tun, als hätte ich nie hinter Gittern gesessen. Außerdem musste dann natürlich auch ein guter Plan dafür her, womit wir unser Geld verdienen wollten, weil man ohne einer Arbeit nachgehen zu wollen wohl nirgends langfristig bleiben durfte - womit wir dann bei der Kängurufarm waren. Oder Reisernte in China. Oder Grönland. Ich schüttelte mich kaum merklich als Zeichen dafür, dass mir letzteres definitiv zu kalt war. "Bitte kein Grönland...", war also mein erster Kommentar zu der ganzen Sache. Ich könnte mich zwar sicher zu einem kurzen Urlaub in eisigen Gefilden überreden lassen, aber längerfristig dort zu bleiben lag mir ziemlich fern. Ich hatte wenig Lust darauf mich jeden Tag mit zehn Schichten Klamotten bekleiden zu müssen, um vor der Haustür nicht zu erfrieren. Nein, dann wirklich lieber wieder australische Sonne. Oder italienische. "...aber hierbleiben will ich nicht unbedingt, wenn du dir wirklich was anderes vorstellen kannst. Ich hab die Schnauze von den Staaten irgendwie ziemlich voll.", stellte ich weiterhin recht nachdenklich fest und warf ihr einen kurzen Seitenblick zu, bevor ich wieder geradeaus sah und der nächste Zug an der Zigarette folgte. Ich spielte damit wohl hauptsächlich auf Faye an. Aryana schien zwar zum Rest ihrer Familie nicht wirklich viel Kontakt zu haben, aber irgendwie konnte ich mir gar nicht so recht vorstellen, dass sie ihre Schwester gerne hier zurücklassen wollte. Natürlich wären wir beide nach dem Auswandern nicht ganz aus der Welt, aber es war eben schon ein immenser Unterschied, ob man sich nach ein paar Stunden Autofahrt oder nach einem mehrstündigen, unter Umständen auch teuren Flug sehen konnte. Das war eine Frage, die ich mir glücklicherweise nicht stellen musste. Es war natürlich nicht so, als wären mir unsere beiden Softies nicht auch ein kleines bisschen ans Herz gewachsen, aber ich kam eben auch gut ohne sie klar. Aryana war die einzige Person auf dem Globus, die ich nicht mehr missen wollte. "Nach Australien würde ich so oder so schon gerne nochmal... natürlich nur wegen den flauschigen Kängurus.", meinte ich weiter, wobei der zweite Satz wieder dezent sarkastisch klang. Die Sonneninsel war einfach grundsätzlich schön - die Leute da hatten eine ganz andere Mentalität als hier, die Landschaft auf dem Kontinent war herrlich abwechslungsreich und ich verband damit einfach auch die schöne Reise, an die ich immer gerne zurückdachte. Ausschließlich mit einer Kängurufarm ließe sich nur vielleicht nicht so gut Geld verdienen. Nicht, dass Geld alles war, aber ich wollte nur ungern am Existenzminimum kratzen und mich ständig fragen müssen, ob ich mir das teure Steak im Supermarkt gerade wirklich leisten konnte. Wobei ich theoretisch auch einfach einen Jagdschein machen und mir mein Fleisch selbst jagen gehen könnte. Genug Praxis mit Schusswaffen hatte ich allemal und dann wusste ich wenigstens, wo mein Fleisch herkam. Vegetarier werden kam eher nicht in Frage. "Auf jeden Fall will ich irgendwohin, wo's warm ist... aber ich kann mich bestimmt auch zu einem Trip in abartige Minusgrade überreden, wenn du unbedingt dein Iglu haben willst.", zeigte ich mich eindeutig eher wärmeren Gebieten auf dem Planeten zugewandt. Vielleicht war ich die syrische Hitze auch einfach schon so gewohnt, dass mir alles andere kalt vorkam. Wobei ich mich im Winter noch nie besonders wohlgefühlt hatte. Konnte aber auch daran liegen, dass die kindlichen Arschlöcher im Heim mich immer gerne mit Schneebällen drangsaliert hatten. Oder daran, dass ich mir auf dem Weg zur Schule immer so den Arsch abgefroren hatte, weil ich oft lieber allein gelaufen war, als den Bus zu nehmen. Hatte zwar immer gut eine Stunde gedauert, mir aber noch mehr psychischen Stress erspart.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +