Ah fuck das ist immer das Blödste, was passieren kann...🤦🏽♀️ darum schreib ich nie auf der Seite sondern immer in den Notizen. Das funktioniert besser mit Dummheit.. x‘D
Die Minuten verflossen zu einer undeutsamen Ewigkeit, die keiner ihnen nehmen konnte und selbst wenn Aryana versucht hätte, sich über irgendwas anderes als Mitch Gedanken zu machen, wäre sie kläglich an ihrer nicht vorhandenen Denkkapazität gescheitert. Alles in ihr und ihr ganzer Körper war auf ihn fokussiert und sie war auch keineswegs bereit, auch nur eine Sekunde dieses Spieles mit jemand oder etwas anderem zu teilen als ihm. Alles, was er tat, lenkte sie von allem ab, woran sie nicht denken wollte. Und das machte den Moment noch viel perfekter. Nur er und sie auf diesem Bett und sie fühlte sich so lebendig wie seit Syrien nicht mehr. Seit dem Moment, in dem die Islamisten ihr Camp überrannt und sie festgehalten hatten, hatte sich ein Teil von ihr komplett taub angefühlt, war ein Bisschen gestorben. Als sie davon ausgehen musste, dass sie beide hinter diesen Mauern ihr Ende finden würden. Und ganz besonders seit ihr klar geworden war, dass selbst wenn sie die Schlacht überleben sollten, sie nicht mehr frei sein würden wie zuvor. Als sie dann in die Staaten geschifft wurden, nur um sich hier einem Prozess zu stellen, den sie nur verlieren konnten, war ein weiterer Teil ihres Herzens verstummt. Hatte nur noch weh getan. Bis heute. Jetzt, wo sie endlich wieder vereint waren und sich den Freuden eines Lebens, wie sie es bis hierher nie gekannt hatten, hingeben konnten. Wo sie endlich die Chance hatten, von Grund auf zu heilen. Nicht nur das, was im letzten Jahr alles kaputt gegangen war, sondern auch die tausend Wunden und schlecht verwachsenen Narben, das Trauma des Krieges. Und alles, was davor passiert war. In diesem Moment fühlte es sich an, als könnte wirklich alles endlich gut werden. Sie wusste nicht, wie lange es dauerte, bis Mitch seine Finger zurückzog und sie neben sich aufs Bett beförderte, nur Sekunden später aber direkt über ihr wieder auftauchte und sie seine feuchten Lippen spüren liess, die sie ebenso stürmisch mit ihren empfing. Es war aber auch vollkommen egal, wie viele Minuten inzwischen verstrichen waren, denn das Gefühl welches sie erfüllte, als er in sie eindrang, war ganz einfach schon wieder unbeschreiblich. So unbeschreiblich, dass ein weiteres ergebenes Stöhnen absolut alles war, was sie dazu von sich geben wollte und konnte. Aryana hob ihr Knie schon an, bevor seine Hand an ihrem Bein angelangt war und sie so definitiv dazu animierte, ihm noch ein Bisschen näher zu kommen - als wäre das überhaupt noch möglich. Sie passte die Bewegungen ihres Körpers denen seines Beckens an und obwohl sie sich nicht wirklich von seinen Lippen lösen wollte, wurde das mit den Küssen auf Dauer ziemlich schwierig. Darum war sie auch kaum traurig, als sein Mund zu ihrer Halsbeuge wanderte, sie es ihm entsprechend gleich tun konnte. Wobei die Küsse, die sie irgendwo auf seine Haut hauchte, eher schlecht noch wirklich als solche zu bezeichnen waren. Ihre Hände waren von seinem Kopf und seinen Haaren irgendwann über seine Schultern zu seinem Rücken gewandert. Ja, vielleicht hatte er an Masse verloren, seit sie zuletzt so nah beisammen gewesen waren. Aber gerade in dieser Position spürte sie die Muskeln, über die sich seine tätowierte Haut spannte, doch bestens unter ihren Fingerspitzen spielen. Und sie bog den Rücken liebend gern noch etwas mehr durch, um seine nackte Haut überall auf ihre prallen zu spüren, um ihn ganz bei sich zu haben. Ihre rechte Hand hatte sich mittlerweile wieder in die Haare an seinem Hinterkopf gegraben während die linke weiterhin undefinierbare Muster auf seinen Rücken malte. Parallel zu ihrem Liebesspiel wurden allerdings auch die Bahnen, die ihre Fingernägel zogen intensiver, würden möglicherweise die ein oder andere Spur hinterlassen. Nicht so, dass sein Shampoo ab heute für zwei Wochen auf der Haut brennen würde - sie hielt sich hier so dezent wie ihre Lust und Hingabe es eben zuliessen. Wobei Kontrolle ein zunehmend herausforderndes Thema wurde - selbst für die Brünette, die heute den eher weniger aktiven Part beim Sex vertrat. Nur war ihr das eben auch gerade ganz recht. Sie war so überwältigt von Emotionen - hauptsächlich natürlich von Liebe, Sehnsucht und Lust - dass sie komplett beschäftigt war damit, zu geniessen und alles in sich aufzusaugen, was sie hier und heute endlich wieder bekam. Sie würden von jetzt an mehr Zeit als je zuvor dafür haben, alle möglichen Stellungen auszuprobieren - alles nachzuholen, was sie verpasst hatten. Es bestand absolut keine Dringlichkeit darin, heute schon mehr als das, wonach ihnen eben spontan die Sinne standen, abzuhaken. Denn das reichte vollkommen aus, um sie zunehmend in den Siebten Himmel zu verbannen. Zusammen mit Mitch, an dessen Haut ihr heisser Atem begleitet von immer dichter gesätem Stöhnen stossweise abprallte, während sie sich in ihrer persönlichen Symphonie seinem Körper entgegen räkelte.
This is your life, it's do or die, the sun may never rise again, so be the light the vision. This is your life, it's slipping by, you try to run but fall again, you get back up that's living.
Ja, ich sollte mir das wirklich auch mal angewöhnen... Würde mir Nerven ersparen, die ich sowieso nicht habe. x'D __________
Ob wir noch viele solcher Momente haben würden? Solche, die mit keinem anderen zuvor auch nur ansatzweise vergleichbar waren? Wir hatten noch mehr als ein halbes Leben dazu Zeit mehr davon zu sammeln, aber ich wagte zumindest jetzt gerade stark zu bezweifeln, dass unsere Wiedervereinigung wirklich ernstzunehmende Konkurrenz kriegen würde. Für mich war es kaum vorstellbar, dass es mit uns beiden nach so einem heftigen Tief noch einmal so steil bergauf gehen konnte. Dass wir nochmal auf einem Hoch wie diesem hier schweben würden - aber ich ließ mich gerne auch vom Gegenteil überzeugen, wo ich mich von der vorherrschenden Euphorie gerade doch nur allzu beflügelt fühlte. Ich es zumindest bis jetzt sehr erfolgreich schaffte zu verdrängen, dass es definitiv irgendeinen Dämpfer, einen unschönen Haken für meine Freiheit geben musste. War gerade einfach vollkommen unwichtig, so wollte es mir zumindest das vor Freude überquellende Herz einreden und ich lies das ohne jegliche Gegenwehr zu, während Aryanas Haut förmlich an meiner klebte, sie sich mir nur noch mehr entgegen reckte. Ich nur noch die schöne Brünette dabei wahrnahm, wie sie sich zunehmend mehr in der Erregung verlor und mit all den lustvollen Lauten sämtliche meiner Sinne vernebelte. Mich immer enger in den Schleier aus purer Lust und Sehnsucht wickelte, nach dem ich mich so schrecklich gesehnt hatte. Das Kribbeln auf der Haut, das sich immer wieder von neuem ausbreitete, wenn ihr Atem sie streifte, gab der ohnehin schon von ausschließlich positiven, elektrisierenden Gefühlen getränkten Atmosphäre nur noch mehr Zunder. Ich selbst tat mir sicher nicht minder schwer damit noch wirklich gezielte Küsse auf ihre weiche Haut zu setzen, je länger wir hier zu Gange waren und so streiften meine Lippen letztendlich nur noch hier und da ihre Haut. Meine rechte Hand schob sich in der Zwischenzeit an ihren schmalen Nacken und hielt sie dort sanft fest, wobei ich ab und an mit dem Daumen über die empfindliche Haut unterhalb ihres Haaransatzes strich. Eben immer dann, wenn es das schwerer werdende Multitasking gerade zuließ. Es passierte unterbewusst, dass ich die Muskeln im oberen Rücken unter dem leichten Kratzen ihrer Finger noch zusätzlich anspannte. Vermutlich eine Reaktion meines Körpers auf den leichten Schmerz, den ich als durchweg anziehend empfand. Der mich noch zusätzlich reizte und anstachelte - als wäre das notwendig gewesen, sprang ich gerade doch auf jede noch so kleine Berührung der brünetten Schönheit sofort an. Eine Weile lang strich ich mit den Fingern der Hand an ihrem Bein noch auf und ab über ihre Haut, aber als ich dann langsam recht zielstrebig in Richtung Höhepunkt schipperte, hielt ich dort inne und der Griff an ihrem Oberschenkel verfestigte sich. Mein bis hierhin noch etwas dezenter eingestreutes Stöhnen wurde während der letzten, doch etwas unsanfteren Stöße lauter und ich drückte mich Aryana noch mehr entgegen, als das berauschende Gefühl letztlich über mich herein brach. Hielt sie mit beiden Händen fester - jedoch nicht in schmerzhaftem Ausmaß - als ich ihr noch ein letztes Mal mit der Hüfte entgegenkam, ehe der Orgasmus mich ziemlich bewegungsunfähig zurückließ. Mich nur mehr innehalten und das unvergleichliche Gefühl ausbaden ließ. Meine Finger lockerten sich schließlich langsam wieder, als der Höhepunkt verklungen war und mich wie so oft mit beschleunigtem Puls und etwas unregelmäßigem Atem zurückließ. Ich senkte meine Lippen für einen sanften Kuss auf die Schulter der jungen Frau unter mir, bevor ich mich mit dem Oberkörper erstmals wieder ein klein wenig mehr von ihr distanzierte, um sie ansehen zu können. Selbst mit leicht zerzaustem Haar und geröteten Wangen war sie so schön für mich wie keine andere und ich genoss es sie einen Moment lang einfach nur anzusehen und dabei meine Hand wieder aus ihrem Nacken zu ziehen, um ihr stattdessen über die erhitzte Wange zu streicheln. Mir dann einen des Sauerstoffmangels wegen noch recht kurzen, aber liebevollen Kuss von ihren Lippen zu stehlen. Danach lehnte ich meine Stirn an ihre und schloss die Augen, schwelgte noch kurz im Augenblick. "Ich hab dich so vermisst...", raunte ich ihr ein paar leise Worte zu, die schon seit unserem ersten Kuss in Freiheit darauf warteten, mal ausgesprochen zu werden. Dabei war Aryana sicher weniger weg gewesen, als das umgekehrt der Fall war. Sie hatte im Gegensatz zu mir bei den Besuchen im Gefängnis schließlich nicht irgendwann nur noch wie ein mürrischer, verbitterter Haufen menschlicher Abfall am Tisch gesessen, der nur so darauf wartete, irgendwas Zynisches zu erwidern. Obgleich ich wohl ewig so über der Brünetten ausharren und sie immer wieder einfach nur hätte ansehen können, würde ich mich wohl zeitnah wieder neben ihr ins Kissen schmeißen. Irgendwann tat einem der Ellbogen, der unter dem eigenen Körpergewicht hatte leiden müssen, ja doch weh und jetzt merkte ich auch langsam aber sicher, dass er gerne ein Wörtchen mitreden würde.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Also ich kanns schon empfehlen, ja.. x'D __________
Wenn Aryana so darüber nachdachte, gab es für Mitch und sie selbst absolut keine Möglichkeit mehr, sich auf irgendeine Art näher zu kommen, als sie sich in diesem Moment gerade waren. Ihre Körper klebten förmlich aneinander und doch spürte sie jede Berührung als hätten ihre Sinne eine vollkommen neue, ums Tausendfache verbesserte Aufnahmefähigkeit entwickelt. Sie spürte sein Finger in ihrem Nacken und seine Hand an ihrem Oberschenkel, spürte den Hauch seines Atems und die unregelmässigen Berührungen seiner Lippen an ihrer Halsbeuge. Und all das als Begleitung zu der immer intensiver werdenden Erregung raubte ihr langsam aber sicher den Verstand. Hätte sie bis hierhin noch irgendwelche Hemmungen mit sich herumgeschleppt, wären diese spätestens dann von ihr abgefallen, als Mitch offensichtlich zu den finalen Stössen ansetzte, sie langsam aber sicher in Richtung Höhepunkt trug. Es war möglich, dass ihre Erinnerungen an die letzten Male, die sie mit ihm geschlafen hatte - so oft war das aufgrund der sehr beschränkten Zeit ihrer Beziehung in der (mehr oder weniger) "Freiheit" im Übrigen noch gar nicht gewesen - verschwommen waren, aber Aryana war sich ziemlich sicher, dass sie sowas wie den Orgasmus, der kurzum folgte, noch nie zuvor empfunden hatte. Seine Hände, die sich an ihren Körper klammerten, seine Hitze und sein Stöhnen taten schliesslich den Rest. Dass liess sie Mitch auch ganz frei mit durch und durch hingegebenem Stöhnen erfahren, während ihr Rücken sich durchbog, sie mit geschlossenen Augen den Kopf in den Nacken legte, ihre Finger sich in seine Haut und seine Haare krallten und sie ganz in dem überwältigenden Gefühl versank, das sie mit einem Feuerwerk aus Sternen, Glück und Freude empfing. Der Moment, den sie teilten, um den Orgasmus gemeinsam zu geniessen, war vielleicht kurz. So kurz, wie solche Feuerwerke eben anhielten. Aber es war vollkommen egal. Denn auch, als das Gefühl langsam wieder abflachte, sie die Augen noch immer komplett überwältigt wieder aufschlug, war Mitch noch da und sie spürte seine Lippen an ihrer Schulter. Er richtete sich etwas auf und blickte sie an, als wäre sie sein grösster Schatz. Und allein dieser Blick hätte ausgereicht, um die Brünette komplett haltlos ein weiteres Mal in seinen Bann zu ziehen, ihm all ihre Liebe zuzusprechen, wenn sie dies nicht eh schon längst getan hätte. Allein diese Augen liessen sie innerlich immer wieder versprechen, dass sie ihn nie wieder loslassen durfte. Sie nie wieder ohne ihn leben wollte. Ohne die Hand an ihrer heissen Wange. Ohne die weichen Lippen, die gleich darauf ihren Mund streiften. Ohne die Stimme, die sie vernahm, als er noch einen Moment so dicht bei ihr verharrte, ihr das zuraunte, was sie sich gerade mit so viel Nachdruck bewiesen hatten. Dass sie einander brauchten. "Ich liebe dich...", flüsterte Aryana zurück. Meinte die drei Worte noch immer genauso ernst wie vor einem Jahr. Egal was in der Zwischenzeit alles passiere, sie würde ihn immer lieben. Ein Teil von ihr würde immer ihr gehören und er würde für immer einen Platz in ihrem Herzen behalten. Das wusste sie ganz sicher, weil er sich bis in ihr tiefstes Innerstes vorgekämpft hatte. Bis zu den Grundsteinen ihrer Seele - einem Ort, der von keiner der Handvoll Menschen, die ihn erreicht hatte, je wieder verlassen wurde. Er gehörte zu ihr und sie gehörte zu ihm. Für die Ewigkeit. Die Brünette wandte den Blick kaum von ihm ab, als er neben ihr ins Kissen sank. Sie angelte lediglich nach der Decke an ihrer Seite, die sie im Anschluss über ihre beiden nackten, leicht schwitzigen Körper zog. Eigentlich war es keineswegs Zeit, jetzt zu schlafen - es war immerhin früher Nachmittag. Aber das war ihr gerade herzlichst egal, denn alles, was sie wollte, war noch ein Bisschen hier in seinen Armen zu liegen, sich ganz ohne Zeitdruck an seine Brust zu kuscheln, wie sie das bisher viel zu selten je hatten tun können. Sie würde ihm später alles erzählen... Irgendwann, bevor der Abend die Wahrheit sowieso zwangsläufig mit sich brachte. Aber zuerst brauchte sie noch ein paar Minuten Ruhe und seine Nähe. Ein paar Minuten, um zu realisieren, dass das, was gerade passiert war, wirklich real war. Sie sich wiedergefunden hatten, besser, als je zuvor.
This is your life, it's do or die, the sun may never rise again, so be the light the vision. This is your life, it's slipping by, you try to run but fall again, you get back up that's living.
Meine Mundwinkel hoben sich von ganz allein an und meine Augen funkelten glücklich, als ich die wenigen, aber so wichtigen Worte von Aryana hörte. Ich hatte nie daran gezweifelt, dass sie mich wirklich liebte. Auch dann nicht, als ich sie ungewollt im letzten Jahr immer weiter von mir weggeschoben hatte, weil ich nicht einmal vor ihr all die negativen Gefühle zu verstecken geschafft hatte. Würde die Brünette mich nicht lieben, hätte sie schon vor einer halben Ewigkeit wieder Kehrt gemacht und mich in dem riesigen Haufen Scheiße sitzen lassen. Schließlich wäre all das, was wir schon zusammen durchgemacht hatten, für jeden normalen Menschen kaum auszuhalten, kaum machbar. Nur waren wir beide eben eher nicht normal und vor allem gaben wir unsere Herzen nicht leichtfertig an Jemanden ab. Die Brünette könnte vermutlich für Jahre auf die andere Seite der Erdhalbkugel verschwinden und ich würde trotzdem noch immer an sie denken. Sie würde niemals weg sein. Ohne sie wäre ich niemals bis hierhin gekommen. Wollte mir nicht einmal ausmalen, was für mehr als miserable Entscheidungen ich ohne Aryana womöglich noch getroffen hätte. Ich ließ mich erst einmal ins Kissen neben sie fallen, zögerte im Anschluss aber kein bisschen damit meinen Arm um sie zu legen, kaum hatte sie nach der Decke geangelt und sich danach an meine Brust gekuschelt. Erst dann, als sie vermeintlich ruhig lag und ich sie wieder in meinem Arm wusste, drehte ich meinen Kopf vermehrt in ihre Richtung. Atmete einmal ganz tief durch, sog den Duft ihres Haars ein. Schloss dabei die Augen wieder, wobei sich das schwache, aber aufrichtige Lächeln noch immer sehr tapfer auf meinen Lippen hielt. "Ich liebe dich auch.", murmelte ich ihr letztlich ein paar Worte zu, ehe ein gehauchter Kuss auf ihren Haaransatz folgte. Ich streichelte der hübschen, jungen Frau ein wenig über den Rücken. Wollte auch jetzt einfach gerne noch weiter ihre Haut unter meinen Fingern spüren, weil es vermutlich einfach noch ein kleines bisschen dauern würde, bis restlos in meinem Kopf angekommen war, dass ich sie endlich wieder für mich hatte. Dass es keine Mauer mehr gab, die sich bald erneut zwischen uns schieben, uns nicht zueinander lassen würde. Ich sie von nun an immer bei mir haben konnte, wenn ich das wollte. Wenn ich sie brauchte, was voraussichtlich doch ziemlich oft der Fall sein würde. Zwar hatte ich noch keinen Schimmer davon, was bereits in naher Zukunft auf mich wartete, aber ich bezweifelte dennoch nicht, dass ich erstmal ziemlich in der Luft hängen würde. Ich mochte ein selbstbewusster Mensch sein, der sich nach außen hin nur selten mit irgendwas schwer tat - der andererseits das letzte Jahr über sicherlich mehr als genug Selbstzweifel im Knast gesammelt hatte -, aber ich war mir vollauf bewusst darüber, dass dieser Neustart so leicht nicht werden konnte. Ganz gleich, was er nun alles für mich - uns - bereithielt. Unser Beziehungsflugzeug würde dabei bestimmt in ein paar ganz neue Turbulenzen geraten und wie genau wir damit umgingen blieb wohl abzuwarten. Jetzt gerade war aber absolut alles in bester Ordnung und deshalb wollte ich kaum zu viel Zeit damit verbringen über die unter Umständen lästige Zukunft nachzudenken. Stattdessen wollte ich lieber noch eine Kleinigkeit aus der Vergangenheit abhaken, die mir jetzt, wo ich zumindest wieder ein bisschen klarer zu denken vermochte, doch auf die Seele drückte. Es vergingen jedoch noch ein paar schweigsame Sekunden, in denen sich auch mein Puls endlich auf ein normales Maß reduzierte, bevor ich mich leise räusperte. "Hör mal, ich... tut mir leid, dass ich die letzte Zeit über so... na ja... ein Arschloch war. Du konntest sicher am wenigstens für meine... miese Laune.", gab ich eine leise, leicht stockende Entschuldigung von mir, ohne die leichten Streicheleinheiten an ihrem Rücken einzustellen. Ich war wohl einfach nicht besonders gut darin mich zu entschuldigen, hatte das auch in der Vergangenheit viel zu selten für meine Mitmenschen getan, hielt das in diesem Fall aber für mehr als angebracht. Laune war womöglich etwas sehr mild ausgedrückt, aber es reichte auch, wenn Aryana wusste, worauf ich hinaus wollte. Es war mir nur wichtig, dass meine eindeutig bessere Hälfte wusste, dass ich das bereute und eigentlich auch gar nicht gewollt hatte. Es waren nur leider nicht nur Wärter gewesen, die mich gewissermaßen in Handschellen gelegt hatten. Ich war zweifelsfrei auch nicht mehr Herr meiner Gefühle und Taten gewesen, was ein absolut unschöner Zustand war. Ich würde zwar nicht in Stein meißeln, dass ich nicht vielleicht nach wie vor leichter aus der Fassung zu bringen war als gewöhnlich, auch jetzt wo ich nicht mehr eingesperrt war, aber es schien schon bis zum jetzigen Zeitpunkt ein großer Teil der Anspannung von mir abgefallen zu sein. Das allein war definitiv ein Fortschritt und wenn ich jetzt noch zeitnah - am besten noch im Verlauf des Tages - an Kippen kam, würden wir auch von Entzugserscheinungen des beruhigenden Nikotins verschont bleiben.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Es war gar nicht in Worte zu fassen, wie unendlich gut es sich anfühlte, sich hier an seine Brust kuscheln zu können. Seine Arme zu spüren, die sich um ihren Körper legten, als wäre es das Natürlichste der Welt. Die Augen geschlossen halten zu können, weil niemand sie beobachtete, weil es keinen interessierte, was sie hier taten, weil keiner nächstens einen dummen Spruch fallen liess oder sogar intervenierte und sie zu trennen versuchte. Nein, Aryana war durch und durch entspannt bis in die Spitzen ihrer Zehen und Finger, konnte endlich, nach so langer Zeit, jeden Muskel entlasten und so tief durchatmen, wie sie es ewig nicht mehr getan hatte. Sie war endlich das Gefühl los, innerlich zu zerreissen, die tonnenschwere Last, die ihr aufs Herz gedrückt und ihr die Luft geraubt hatte, war weg. Seine Worte liessen auch ihre Mundwinkel versonnen nach oben wandern. Auch wenn sie eigentlich gewusst hatte, dass er noch immer das Gleiche empfand wie sie, war es doch durch und durch wundervoll, diese Bestätigung auch wörtlich zu bekommen. Es hatte in den letzten Monaten eben durchaus Momente gegeben, in denen sie daran gezweifelt hatte, dass ihre Beziehung diese Haftstrafe überstand. Auch wenn sie immer dafür gekämpft hatte und alles versucht hatte, ihn da raus zu bekommen, musste auch sie zwischendurch realistischerweise zugeben, dass die Chancen verdammt schlecht gestanden hatten. Sie hatte ihm seine Launen und zeitweisen Ausraster, von denen er ihr gelegentlich erzählt hatte, kaum übel nehmen können, hatte immerhin vollstes Verständnis dafür, dass man da drin ein Bisschen irre wurde. Das hiess aber noch lange nicht, dass all das sie komplett kalt gelassen hatte. Ihn so zu sehen, zu merken, wie er ihr immer mehr entglitt, war nicht schön gewesen. Und doch waren die Erinnerungen, genau wie das Gefängnis an sich, gerade so unendlich weit weg, dass sie sich keine Sekunde darum sorgen wollte. Lieber einfach die Nähe, Sicherheit, Streicheleinheiten und Zärtlichkeiten genoss, die sie gerade bekam. Bis Mitch's Stimme sich erneut leise erhob und ihre Aufmerksamkeit auf sich zog. Für eine Entschuldigung für ebendieses Verhalten, mit dem sie gerade gedanklich abgeschlossen hatte. Aryana lächelte und seufzte leise, drehte etwas den Kopf, um ihm einen sanften Kuss auf die nackte Brust zu hauchen. Dann streckte sie eine Hand aus, um ihm über die Wange zu streichen während sie zu ihm nach oben blinzelte. "Vergiss das... War ja auch gewissermassen nachvollziehbar, mit diesem Umfeld. Auch wenn ich sicherlich nicht mehr ewig aufm Mund gesessen hätte, wenns so weiter bergab gegangen wäre", murmelte sie, deutete dabei lächelnd ein Schulterzucken an. Sie war nicht unbedingt der Typ Mensch, der sich alles gefallen liess ohne etwas zu sagen und das wussten sie beide. Wenn sie ihn jetzt nicht rausbekommen hätte und die Situation sich in ähnlichem Muster weiterentwickelt hätte wie bisher, dann hätte sie ihm bestimmt irgendwann die Leviten gelesen und ihm klar gemacht, dass er sich mit diesem Verhalten bald eine neue Freundin suchen konnte. Aber dazu war es Gott sei Dank nicht gekommen, weil er - hoffentlich - gerade noch rechtzeitig rausgekommen war, um nicht wieder komplett in die Dunkelheit abzurutschen. "Können wir nur froh sein, dass das jetzt vorbei ist", schloss sie ihre Aussage, legte ihre Schläfe mit diesen Worten wieder an seine Brust.
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Kurz nach meiner Entschuldigung folgte ein Kuss auf meine Brust und danach spürte ich bald wieder Aryanas schmale Finger an meiner Wange. Das allein war sicher schon eine Antwort für sich, aber meine Augen fanden dennoch ganz automatisch zu ihren, als sie mit ihrem Blick nach meinem suchte. Sie ließ mich ein paar verständnisvolle Worte wissen, die für mich keinesfalls selbstverständlich waren. Denn auch, wenn es nachvollziehbar war, dass man im Knast ein bisschen - oder mehr - den Verstand verlor, gab mir das noch lange kein Recht dazu sie so zu behandeln. Es war einfach nicht richtig, war die Brünette doch der einzige Mensch, der sich um mich zu kümmern versucht und mich besucht hatte. Andererseits hätte ich vermutlich sowieso an Niemanden sonst einen der wenigen möglichen Besuche abgedrückt, wenn sonst noch Jemand hätte vorbeischauen wollen. Aryana hatte einfach Priorität. "Alles andere hätte auch nicht zu dir gepasst... rückblickend betrachtet wundert's mich, dass du dir das überhaupt so lang gefallen lassen hast.", stellte ich ein wenig nachdenklich fest, dass es doch eher ungewöhnlich war, dass die junge Frau die mauligen Gespräche mit mir überhaupt dermaßen lange mehr oder weniger kommentarlos akzeptiert hatte. Mich nicht in die Schranken gewiesen hatte, wie sie das sonst für gewöhnlich immer ziemlich schnell tat, wenn es ihr mit mir etwas zu bunt wurde. Einfach gewesen war ich schließlich noch nie, aber einfach war eben auch so gar nicht unser Ding. Vermutlich lag es am ehesten daran, dass sie nicht selbst einen schlimmeren Streit hatte provozieren wollen. Anders konnte ich mir nicht wirklich erklären, dass ich mit meinem Verhalten so einfach durchgekommen war. Dennoch wollte ich jetzt nur ungern zu lange über meine Knast-Vergangenheit nachdenken und lenkte das Thema deshalb zumindest ein bisschen um, um mich gedanklich nicht zu sehr daran aufzuhängen. Denn ja, ich war mehr als froh, dass all das jetzt einfach nur zu Ende war. Ich hier mit ihr liegen und den Moment in all seinen Kleinigkeiten genießen konnte. Kaum hatte sie ihren Kopf wieder abgelegt hob ich auch meinen zweiten Arm an, um meine Hand an ihre Schulter zu legen. Sie auch dort ein wenig mit dem Daumen zu streicheln, als könnte ich damit vielleicht zumindest ein bisschen was wieder gut machen. All den innerlichen Schmerz, den ich zweifelsfrei bis vor kurzem verursacht haben musste, ein wenig lindern. Worte und Taten selbst ließen sich leider nicht rückgängig machen. "Hast du's den anderan beiden eigentlich gesagt? Nicht, dass sie mir weiter Briefe schreiben.", dachte lieber über die Nachwirkungen meiner für mich sehr spontanen Freilassung nach. Ich wusste nicht, wie lang Aryanas diese Sache nun schon geplant und das gewusst hatte, ob sie mit ihrer Schwester und Victor darüber geredet hatte oder nicht. "Falls nicht, würd ich die überraschten Gesichter echt gern sehen.", sinnierte ich weiter vor mich hin und begann unwillkürlich wieder ein klein wenig zu grinsen, als ich den Blick Richtung Zimmerdecke anhob. Ich selbst konnte Überraschungen nicht immer gut leiden, erst recht nicht, wenn sie immense Veränderung im Leben bedeuteten. Aber für das Paar änderte sich eigentlich nichts, oder? In jedem Fall nicht so viel wie für Aryana und mich. Der Gedanke, einfach an ihrer Wohnungstür aufzutauchen, war für mich also sehr verlockend. Ich konnte schon jetzt vor meinem inneren Auge sehen, wie ihnen sämtliche Gesichtszüge entgleiten würden und im ersten Moment nicht viel mehr als pure Stille eintrat, während ich selbst vermutlich noch wesentlich breiter grinsen würde, als ich das jetzt gerade tat. Wäre also schon ein bisschen schade um genau diesen Moment, wenn sie es Faye und Victor doch schon gesagt hatte, aber das würde mir andererseits vielleicht blöde Fragen ersparen, die ich sowieso nicht beantworten wollte. Hatte vermutlich beides so seine Vor- und Nachteile.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Tja, warum hatte sie sich das wohl angetan? "Was Liebe mit Menschen macht...", sinnierte sie nur lächelnd auf seine Feststellung hin. Klar, sie hatte ein paar Mal bei den letzten Besuchen geglaubt, ihm nächstens mal die Arroganz aus dem offensichtlich nicht mehr voll denkfähigen Kopf predigen zu müssen. Anders liess sich das Verhalten ihr gegenüber, mit dem er es so selbstverständlich genommen hatte, dass sie Monat für Monat ihren Arsch in die Anstalt geschleppt hatte, ja kaum erklären. Aber ihr war ja doch ständig bewusst gewesen, dass sie jeweils nur diese eine Stunde gemeinsam hatten. Und der Gedanke daran, sich dann einen ganzen Monat lang nicht anständig aussprechen zu können, war am Ende noch immer negativer ins Gewicht gefallen, als sich das Ganze einfach anzuhören, zu schweigen und dabei die Augen zu verdrehen. Besonders mit dem Wissen, was hinter den verschlossenen Mauern der Anstalt so alles vor sich ging. Sie hatte ja nicht einmal gewusst, ob er bis zu ihrem nächsten Besuch überhaupt noch lebte oder irgendein Streit ihn ihr vorher komplett entreissen würde. Und einen solchen Abschied hätte sie sich niemals verziehen - weshalb sie doch ganz froh war, einfach einmal mehr die Klappe gehalten zu haben, als es für ihre Persönlichkeit im Normalfall üblich war. Die Tage waren eben auch so vorbeigezogen und seine Finger, die immer wieder sanft über ihre Haut strichen, bewiesen zusammen mit seinen Worten deutlich genug, dass es ihm wirklich leid tat und er sie wirklich noch liebte. Dass das hier irgendwie wieder gut werden konnte. Nicht so wie früher - aber das war eben auch nicht unbedingt falsch, denn früher waren sie zwei kaputte Wracks in Syrien gewesen und sie hoffte schwer, dass sie nicht zu bald wieder in dieses Land des Grauens zurückkehren mussten. Die Möglichkeit bestand natürlich, aber sie würde eine Menge dafür geben, sich an irgendeinen anderen x-beliebigen Ort dieser Welt verschiffen zu lassen. Wenn es nur nicht Syrien war. Seine Frage zu Faye und Victor holte Aryana erfolgreich aus ihren Zukunftshypothesen zurück und sofort breitete sich ein versonnenes Lächeln auf ihrem Gesicht aus. Wenn die beiden wüssten... Ja, die Vorstellung, plötzlich einfach so mit Mitch vor ihrer Tür zu stehen, war durchaus sehr verlockend. Und amüsant. Mal sehen, ob es dazu kommen sollte - heute ganz sicher noch nicht. Aber vielleicht morgen? Im Verlauf der nächsten Woche irgendwann? Wer weiss... "Nein... ich habs niemandem gesagt, weil ich mir viel zu unsicher darin war, ob das wirklich klappt...", gestand sie ihm, strich mit ihrer linken Hand, die mittlerweile von seiner Wange wieder etwas tiefer bis zu seiner Schulter gewandert war, sanft über seine Haut. "Ausserdem dachte ich, dass es vielleicht nett wäre, wenn ich zuerst dich einweihe... Nicht den Rest der Welt", Sie hatte die Worte ausgesprochen, bevor ihr klar geworden war, dass sie ihn damit fast zwangsläufig auf die Spur der Gründe für seinen Hafterlass gelockt hatte. Dabei wollte sie eigentlich lieber so lange wie möglich nicht darüber sprechen, hatte es soweit ganz gut verbannt. Eben so gut, dass sie erst in diesem Moment wieder daran gedacht hatte, dass mit der Botschaft Mitch ist frei fast zwingend eine gründliche Erklärung einhergehen musste. Die Erklärung, die sie eben noch keinem gegeben hatte, inklusive ihm. Sie befürchtete nicht unbedingt, dass er ihren Deal absolut beschissen fand - war sie doch weiterhin der felsenfesten Überzeugung, dass so gut wie alles besser war als 24 weitere Jahre im Knast. Theoretisch könnte er auch immer noch aussteigen - hatte für sich ja noch nicht unterschrieben - und zurück hinter Gitter. Aber das würde sie für ihren Teil dann definitiv sehr sehr schlecht wegstecken. Naja, wie gesagt glaubte sie aber nicht an diesen Verlauf der Dinge. Es war nur eben auch keine sonderlich erfreuliche Nachricht, die sie ihm noch zu überbringen hatte. Die mit der Tatsache einher ging, dass sie erneut lange Jahre damit verbringen würden, nicht zu hundert Prozent freie Menschen zu sein. Natürlich war jeder Mensch in einem mehrjährigen Vertrag ein Bisschen an seinen Arbeitgeber gebunden. Aber für sie gäbe es tatsächlich kein Entkommen, für mindestens sechs Jahre nicht. Und wieder wäre es ein Job, der sie privat ziemlich stark einschränken würde. War also ganz gut, dass sie sowas wie ein Privatleben sowieso kaum kannte.
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Auf ihre Feststellung bezüglich der sehr einflussreichen Gefühle hin konnte ich nur kaum hörbar in mich hineinseufzen. Wobei es mehr ein erleichtertes Seufzen darüber war, dass Aryana dank der Gefühle zu mir diese Tortur überhaupt erst so durchstehen hatte können. Es dermaßen lange durchgehalten hatte mich nicht anzuschnauzen, sondern stattdessen einfach zu akzeptieren, dass ich mich aufführte wie die Axt im Wald. Wobei akzeptieren nicht ganz der richtige Ausdruck war, hatte sie doch viel mehr getan als das. Hatte im Hintergrund daran gearbeitet, mich - und damit auch sich selbst - von diesen mentalen Höllenqualen zu erlösen. Ich war ihr nicht nur dankbar dafür, sondern auch stolz auf die hübsche Brünette. Stolz darauf, dass sie zu mir gehörte und trotz all der miserablen Umstände an meiner Seite geblieben war. Stolz auf die starke Bindung, die wir zueinander hatten und an die in meinen Augen kaum ein anderes Paar herankommen konnte. Vielleicht waren wir nicht perfekt, aber wer war das schon? Solange jeder des anderen Macken akzeptierte und gerne damit lebte, war das eben meine eigene, etwas andere Definition von perfekt. Aryana schien unseren beiden Langzeit-Wracks bisher noch nichts von meiner Rückkehr erzählt zu haben, was mir weiterhin die Aussicht auf die kleine Überraschung ließ. Offenbar hatte sie aber schon ein bisschen länger an spezifisch dieser Lösung festgehangen, oder zumindest klang das ihren Worten nach eben so. War schon nachvollziehbar, dass sie meine noch nicht sichere Entlassung nicht in die Welt hinausposaunt hatte, wenn es ihr noch unsicher damit erschien. Hätte ich dann wahrscheinlich an ihrer Stelle auch nicht anders gemacht. Außerdem wollte meine bessere Hälfte scheinbar am liebsten mich zuerst einweihen, was ebenfalls Sinn machte. Mir nur recht war, weil ich Dinge einfach gerne als erster erfuhr. Ganz besonders natürlich dann, wenn es dabei auch noch um meine eigene Person ging. Nur hatte ich bisher noch kein Sterbenswort darüber gehört, warum ich nun eigentlich wieder unter dem freien Anteil der Menschheit wandeln durfte. Natürlich war da nach wie vor der Wink mit dem Zaunpfahl des Wärters, als er mich in der Zelle aufgelesen hatte, aber dass mich augenscheinlich Irgendwer aus dem Knast gekauft hatte, reichte allein nicht ansatzweise für das erschließen des eigentlichen Sachverhalts dahinter aus. Dafür mangelte es mir ganz einfach rapide an Hinweisen, weshalb ich zwangsläufig nachfragen wollte. Gerade jetzt, wo wir das Gespräch mehr oder minder ohnehin schon darauf umgelenkt hatten. Ich hatte meine ersten Minuten in Freiheit zwar auch ohne dieses Wissen bestens überstanden, aber so langsam wüsste ich ja doch gerne mal, was es mit Alledem eigentlich auf sich hatte. "Und... wie hast du's jetzt gemacht?", hakte ich leicht gemurmelt nach, weil ich mir vielleicht doch nicht zu einhundert Prozent sicher damit war, ob ich es wirklich wissen wollte. Einfach weil ich eben nicht wusste, was nun der Haken an der ganzen Geschichte war und er mir vielleicht nicht gefallen würde. Mir den ruhigen Moment zerstörte, den ich nach all den turbulenten Monaten hinter mir mehr als gut gebrauchen konnte. Andererseits ließ sich meine Neugier aber sowieso immer nur schwer unterbuttern. Bevor die Brünette jedoch antworten konnte, richtete ich mich ein klein wenig mehr auf. Stützte mich doch erneut auf den Ellbogen, was sie zwangsläufig von meiner Brust rutschen und zurück ins Kissen sinken ließ. Aber ich wollte sie bei diesem Thema doch gerne direkt ansehen können, wobei ich die frei gebliebene Hand bald wieder an ihre Taille legte und dort sanft mit dem Daumen über ihre Haut strich. "Wenn du nicht heimlich ein paar Banken aufgeraubt hast, kann das Geld ja nicht von dir gewesen sein.", ließ ich Aryana noch wissen, dass ich um dieses eine, kleine Detail Bescheid wusste. Wobei es im Grunde so oder so nur logisch war, weil man ohne finanzielle Hilfsmittel nur selten bis gar nicht einer so langen Haftstrafe entgehen konnte. Wenn die Brünette also nicht neuerdings massenweise Koks vertickte oder anderweitig neben ihrem Trucker-Job eine hiesige Einnahmequelle organisiert hatte, musste der Schotter zwangsläufig von jemand Anderem kommen. Wer das war dürfte ich jetzt dann hoffentlich auch gleich erfahren. Im Idealfall inklusive dem Haken, der damit verbunden war. Den Ausgleich, den ich ziemlich sicher noch für die Freilassung erbringen musste, weil ich nicht glaubte, dass die junge Frau dafür auch schon gesorgt hatte.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Es dauerte wirklich nur eine ausgesprochen kurze Zeit, bis Mitch die entscheidende Frage auch schon stellte, die sie mit ihrer vorangehenden Aussage mehr oder weniger direkt eingeleitet hatte. Tjaaa. Sie hatte wirklich keine Lust, hier und jetzt darüber zu sprechen. Der Moment gerade eben war so schön gewesen und sie hätte die Ruhe liebend gerne noch etwas - oder auch sehr viel - länger genossen. Aber das stand mittlerweile nicht mehr zur Diskussion, denn selbst wenn sie nicht antworten würde und ihn auf später vertröstete, würden sie von jetzt an beide mit den Gedanken in der schleierhaften Zukunft hängen. Er, weil er ungern länger als bis jetzt im Unwissen badete und ihr Nicht-Reden ihn diesbezüglich sicher nicht ruhiger werden liess, und sie, weil sie längere ls nötig darüber nachdenken würde, wie sie ihm das denn zum geeigneten Zeitpunkt am besten mitteilen sollte. Also nein, sie würde seinen Geduldsfaden hier nicht unnötig strapazieren. Setzte dem Schweigen mit einem leicht bedauernden Seufzen ein Ende. "Nein... Hab keine Banken ausgeraubt... Habe vor einem Jahr den grössten Drogenbaron Mexikos geheiratet und ein Bisschen was von dem Geld, das er mir hin und wieder für neue Gucci-Taschen gesteckt hat, für dich gesparrt. Aber mach dir keine Sorgen, das ist nur eine Zweckheirat - lieben tu' ich nur dich und sein Geld", erfand sie kurzum sarkastisch wie eh und je ein schönes Märchen, das ein Bisschen leichter zu erzählen war als die Wahrheit an sich. Jetzt hob auch die Brünette den Kopf, um ihm ein kokettes Lächeln zu schenken. Dann kam aber wohl oder übel der Moment der Wahrheit, für den auch sie sich ein Bisschen aufrichtete, sich auf die Seite drehte und ihren Kopf auf ihrer Hand abstützte, um seinen Blick mit dem ihren auffangen zu können. "Naja... Nein, das Geld ist nicht von mir. Fast gar nichts davon, weil ich einfach selber nicht annähernd genügend gehabt hätte, um dich frei zu kaufen. Nicht nach allen unverhältnismässig hohen Geldstrafen, die ich für meine eigenen Vergehen - wie zum Beispiel deine Freundin zu sein - abzahlen musste... Und schon gar nicht bei dem kranken Betrag, den sie gefordert haben, um den Rest deiner Haftzeit auszusetzen", begann sie langsam, noch etwas um den heissen Brei herumredend, zu erzählen. Es folgte ein weiteres Seufzen, während sie die Worte so zurechtrückte, dass die Geschichte für ihn am Ende hoffentlich irgendwie Sinn machen würde. Aber so sicher war sie sich dabei auch nicht, es war halt an sich relativ irre, wie das alles zustande gekommen war. "Erinnerst du dich an meinen Besuch von vor ziemlich genau zwei Monaten? Der lief nämlich dezent scheisse. Es war das erste Mal, dass ich dich während der ganzen Stunde eigentlich nie habe Lachen sehen. Ich war verzweifelt, habe vielleicht in diesem Moment auch etwas die Hoffnung darauf verloren, dass ich es wirklich schaffen würde, dich da raus zu bekommen, bevor alles zu spät war. Ich habe schon gefühlt alles ausprobiert und nichts hat geklappt. Keiner wollte mir helfen - bis auf Victor und Faye vielleicht, aber ich bevorzugte, nicht zu oft mit ihnen darüber zu reden, da sie eh auch nichts ändern konnten. Nach diesem Besuch bin ich in eine Bar gegangen, natürlich alleine, und habe mich mit echt ätzendem Whiskey betrunken, um nicht die Nerven zu verlieren. Um einmal nicht darüber nachzudenken, wie ausweglos deine und meine Situation nunmal war. Tja, und wie ich so da gesessen bin, hat sich jemand zu mir gesellt. Trevor Fisher - keine Ahnung ob du ihn kennst, er war eigentlich jedes Mal da, wenn ich dich besucht habe. Hat die Tür nach draussen bewacht. Und mich jedes Mal mit Namen begrüsst und verabschiedet, als würden wir uns kennen. Was nicht der Fall war, soweit ich weiss. Naja, jedenfalls war Trevor an diesem Abend in der Bar - muss mir gefolgt sein oder was weiss ich... Er war da - und er hat mir ein Angebot gemacht. Naja, nicht direkt.. Aber er hat mir in Aussicht gestellt, dass sein Deal dir - und mir - Vierundzwanzig Jahre Folter sparen könnte", Aryana machte eine Pause, weil sie so viel Reden definitiv nicht mehr gewohnt war. Und das war eigentlich gerade mal die Einleitung gewesen... Ihre freie Hand fand wieder seine Wange, strich über seine weiche Haut, während ihre Augen noch immer auf seinen lagen, ihm alles verrieten, was sie gerade dachte. Die unterschwellige Unsicherheit, die leichte Nervosität, die sie empfand. Sie seufzte erneut, richtete sich dann definitiv auf und setzte sich neben ihm ins Bett, die Decke bis zu ihrer Brust hochziehend, als müsste sie sich für den nächsten Teil zumindest ein Bisschen vor ihm verstecken. "Den Mann, der letztendlich das Geld gezahlt hat, hab' ich noch nie getroffen. Dazu soll's im Übrigen heute Abend kommen, wenn er uns beiden das einmal genauer vorstellt, was er von uns dafür fordert. Und er wird auch noch deine Unterschrift auf dem Vertrag wollen, weil die ganze Mission sonst schon heute wieder abgeblasen wird... Naja. Zum Inhalt des Vertrages... den ich schon unterschrieben habe: Der sehr reiche Mann - William J. Easterlin - führt Trevors Angaben zufolge eine Privatarmee unter sich. Diese wird - gegen viel Geld - für Einsätze auf der ganzen Welt eingesetzt, operiert aber eigentlich immer von zu Hause aus. Einsatzgebiete sind - soweit ich weiss - alles, was eben Spezialeinheiten erfordert und nicht unbedingt von Staatsarmeen durchgeführt wird. Viel mehr Details habe ich um ehrlich zu sein bisher noch gar nicht bekommen... Easterlin muss die Prozesse verfolgt, sich Informationen zu unseren Einsätzen in der Army verschafft und sich so ein Bild zu uns gemacht haben, was ihn letztendlich zum Schluss hat kommen lassen, dass wir eine potenzielle Bereicherung für seine Truppen darstellen könnten. Darum hat Trevor von Anfang an meinen Namen gekannt, darum ist er mir gefolgt und darum wusste er, dass ich bei der Army war, bevor ich ihm davon erzählen konnte. Und darum haben sie mir ihre Hilfe angeboten. Mit dem Haken, dass wir uns verpflichten müssen... für eine Vertragsdauer von zwölf Jahren. Deine Haftstrafe durch zwei, weil wir ja beide dafür arbeiten würden... Eine Kündigung ist frühestens nach sechs Jahren möglich... Wenn wir dann den restlichen Betrag, den er für dich bezahlt und durch uns noch nicht wieder eingenommen hat, zurückzahlen", gegen Schluss war die Brünette immer leiser geworden und obwohl sie eigentlich seine Reaktion sehen und den Blick nicht abwenden wollte, waren ihre Augen zuletzt abgeschweift, blieben an der Bettdecke hängen, die sie zwischen ihre Finger klammerte. Sie kaute unbewusst auf ihrer Unterlippe herum, weil sie echt keine Ahnung hatte, was er davon halten würde. Wieder kämpfen. Möglicherweise wieder Krieg. Das, was sie eigentlich hinter sich hatten lassen wollen in etwas abgeänderter Form nochmal - für so lange Zeit. Sie hatte sich ja auch nicht gefreut, ganz am Anfang. Es hatte nach einem sehr schlechten Scherz geklungen, nach einem Schritt rückwärts. Aber je länger sie darüber nachgedacht hatte, umso weniger Kontras hatte sie sehen können. Sie bekam Mitch zurück. Konnte mit ihm zusammen einen gut bezahlten Job machen. Würde vor allem wieder etwas tun, was sie wirklich konnte, wofür sie ein gewisses Talent hatte, was sie forderte. Musste sich nicht mehr so krampfhaft darüber den Kopf zerbrechen, wie sie ihr Leben zurück in gesunde Bahnen leitete, was sie mit ihrer Zukunft anfangen sollte. Die einzigen drei Nachteile, die wirklich mehr oder weniger gravierend waren, war eben die lange Laufzeit des Vertrages, der sie wieder an eine fremde Macht binden würde, dass sie möglicherweise weiter Menschen töten musste, obwohl sie das nicht mehr hatte tun wollen und die Tatsache, dass Faye daran weniger als gar keinen Gefallen finden würde. Und das Letzte war das, was ihr wohl am meisten Kopfschmerzen bereitete.
This is your life, it's do or die, the sun may never rise again, so be the light the vision. This is your life, it's slipping by, you try to run but fall again, you get back up that's living.
Es dauerte nicht lange, bis Aryana zu einer Antwort ansetzte. Nur bargen ihre ersten Worte nicht viel mehr als Sarkasmus und Ironie und ich war mir nicht sicher, wie ich darauf reagieren sollte. Zog deshalb wohl nur etwas schief lächelnd die rechte Augenbraue nach oben, weil die kurze Geschichte zwar schon witzig war, aber eben sehr abwegig und noch dazu trug sie irgendwie nicht unbedingt zu meiner Beruhigung bei. Allerdings schien ihr danach dann tatsächlich der Sinn nach der Wahrheit zu stehen, weil sie sich ebenso wie ich etwas aufrichtete und ihre Position auf der Matratze veränderte. Meine Hand konnte zumindest bis dahin aber noch auf der mehr oder weniger selben Position an ihrer Seite verweilen. Ich begann jedem ihrer weiteren Worte aufmerksam mit den Ohren zu folgen, wobei erst einmal noch ein bisschen Drumherum folgte. Sie nicht gleich darauf zu sprechen kam, wem ich nun indirekt diese horrende Geldsumme schuldete, sondern mir erst einmal erzählte, wann sie davon das erste Mal Wind gekriegt hatte. Es schmerzte mich, dass die Brünette sich tatsächlich wegen mir zum Alkohol geflüchtet hatte, obwohl weder sie, noch ich selbst als regelmäßige Trinker zu bezeichnen wären. Der durchweg mies verlaufene Besuch bei mir hatte ihr also wirklich ziemlich quer im Magen liegen müssen. Allzu viel Zeit blieb jedoch gar nicht dafür, um mir darüber reumütige Gedanken zu machen, weil ziemlich schnell etwas - Jemand - anderes in den Mittelpunkt rückte. Irgendein Trevor Fisher. Ihrer Schilderung nach zu urteilen wahrscheinlich der grinsende Typ, der uns am Tor nach draußen noch über den Weg gelaufen war. Das würde zumindest ziemlich gut zu dem passen, was Aryana mir hier erzählte. Denn er schien es gewesen zu sein, der sie überhaupt erst auf diesen Pfad gebracht hatte. Ob ich mich nun eher dafür bei ihm bedanken sollte oder ihn in die Hölle schicken wollte, wusste ich an diesem Punkt noch nicht. Ich hielt den Blick in die Augen der jungen Frau neben mir sehr konsequent, während sie meine Wange entlang strich. Wie sie mich in diesem Moment ansah verunsicherte mich noch weiter darin, ob ich mit dem Ausgang dieser Geschichte glücklich sein würde. Natürlich waren Blicke noch immer keine Worte, aber Aryanas Augen erzählten mir hier gerade erstaunlich viel weniger Selbstsicherheit, als das normalerweise der Fall war. Ich liebte sie für den herausfordernden Schimmer in ihren Augen, für die manchmal darin aufblitzende Sturheit. Davon war gerade nicht wirklich viel zu sehen und ich kam nur noch dazu, die Frage "Ist er das grinsende Honigkuchenpferd am Tor gewesen? Hatte nie was mit ihm zu tun." zur ihr rüber zu murmeln, danach richtete sie sich schon auf und meine Hand glitt von ganz allein zwischen uns auf die Matratze. Sie wich mir damit noch weiter aus und das ungute Gefühl in meiner Magengegend verfestigte sich. Ich kannte sie so ganz einfach nicht und zu sagen, sie machte mir damit Angst, wäre schon übertrieben, aber es schien mir eine leise Vorwarnung dafür zu sein, dass gleich etwas kommen würde, das mir nicht gefallen würde. Meine Augen lagen noch immer unentwegt auf ihrem Gesicht, aber ich verharrte vorerst in meiner Position. Was auch ganz gut war, weil die Vorgeschichte zum eigentlichen Ziel jetzt beendet schien und sie mich förmlich mit den Informationen erschlug. Mir zuerst sagte, dass sie nicht mal wusste, mit wem genau sie diesen Pakt nun im Grunde geschlossen hatte. Das allein stieß mir um ehrlich zu sein schon ein wenig sauer auf. Sie könnte theoretisch einen Deal mit dem Teufel höchstpersönlich eingegangen sein und wusste es dann bis jetzt noch nicht mal. Also bis heute Abend zumindest, weil wir uns da dann scheinbar mit diesem ominösen Easterlin treffen würden. Ich bekam nicht mal einen einzigen, verdammten Tag, um überhaupt erstmal wieder halbwegs im Leben anzukommen. Mal durchzuatmen und vielleicht mal ein bisschen meine Gedanken zu sortieren. Nein, stattdessen mussten wir uns offenbar mit meinem Sponsor treffen und ich würde einen Vertrag unterschreiben müssen. Zugegeben konnte der Typ schon mal nicht blöd sein und hatte augenscheinlich reichlich Recherche betrieben, weil er sonst kaum wüsste, dass wir beide ein wirklich gutes, ziemlich unschlagbares Team waren, wenn es darauf ankam. Ob ich dabei auch mit dem Rest der Mannschaft gut kooperierte, schien jedoch irgendwie weniger seine Priorität zu sein. Er müsste ja wissen, dass ich meine eigenen Leute schon verraten hatte - deswegen saß ich ja im Knast. Oder er war einfach der festen Überzeugung, dass sowas nicht noch einmal passieren würde. War gar nicht so, als hätte ich vor erneut meinem eigenen Team den Rücken zu kehren, aber er ging damit schon ein Risiko ein. Er kannte mich ja genauso wenig, wie ich ihn. Wäre theoretisch gut möglich, dass ich die Aussage vor Gericht nur geheuchelt hätte, um eine mildere Strafe davonzutragen. War zwar nicht der Fall, würde aber zu meinem vorherigen, sehr egoistischen Alleingang passen. Zugegeben machte ich mir über die Tatsache, dass ich wieder ans Gewehr musste - in welcher Form nun auch immer, weil das wusste ja nicht mal Aryana so richtig -, noch mit am wenigsten Sorgen. Darin war ich zumindest wirklich gut und ich hätte auch gar nicht gewusst, was ich jetzt sonst mit mir und meinem Leben hätte anfangen sollen. Ich war also fast ein bisschen froh darüber, dass mir diese Entscheidung gleich mal abgenommen wurde. Während ich der Brünetten zugehört hatte, waren mir zunehmend mehr die Gesichtszüge entglitten. Nachdem sie aufgehört hatte zu reden klebte mein Blick eine kleine Weile vollkommen leer an den langen Haarsträhnen an ihrem Rücken. Es ging mir einfach unendlich viel auf einmal durch den Kopf und ich brauchte einen Moment, um auch nur ansatzweise wieder geradeaus denken zu können. Dann richtete ich mich schließlich ebenfalls zum Sitzen auf. Gab eine Mischung aus Seufzen und leisem, verzweifeltem in mich hinein lachen von mir, bevor ich den Kopf einen weiteren stummen Moment lang nach vorne in die Hände legte. Als würde mir die kurzzeitig Dunkelheit irgendwie dabei helfen, das alles besser zu begreifen. War natürlich Wunschdenken. "Lass mich das mal kurz zusammenfassen...", ich hob den Kopf wieder an, sah erstmal nur geradeaus. "...also du hast mehr oder weniger schon vor einer ganzen Weile meine kaputte Armee-Seele an irgendeinen reichen Sack verkauft, den du nicht mal kennst. Zu Bedingungen, die du auch nicht genau kennst... und du hast es die ganze Zeit über nicht einmal für nötig gehalten, mir das zu sagen? Oder zumindest mal anzudeuten, dass ich vielleicht raus komme? Hast du eigentlich eine Ahnung, wie beschissen viel inneren Frust-Monolog du mir damit erspart hättest? Ich fass' es echt nicht.", ließ ich in ein paar wenigen, recht energisch klingenden Sätzen sehr kompakt das frei, was mir gerade auf der Seele brannte. Drehte erst danach meinen Kopf in Aryanas Richtung und sah sie meiner Worte entsprechend zum einen ziemlich perplex, zum anderen aber durchaus ein wenig gereizt an. Sie hätte mir doch einfach nur ein winziges Fitzelchen Hoffnung zuwerfen müssen und ich hätte es mit Freuden geschluckt. Selbst, wenn am Ende nichts daraus geworden wäre, hätte ich mindestens ein paar Wochen lang den Ansatz eines Regenbogens am Himmel sehen können. Die Einzelhaft wäre so viel leichter zu ertragen gewesen, wenn ich gewusst hätte, dass es mit Glück nicht mehr lange so bleiben musste. Und wenn ich dafür wieder Soldat werden musste - vollkommen egal. Das war nicht mein Problem an dieser Geschichte... sondern eben mehr nur der ganze Rest drum herum.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Auf seine Zwischenfrage zu Trevor hatte Aryana nur leicht genickt. Das war ja auch ziemlich naheliegend, war nicht so, als hätte sie irgendeinen Wärter des Gefängnisses gemocht - da musste also definitiv ein anderer Grund Auslöser für ihr Grinsen gewesen sein. In diesem Fall eben die Vorgeschichte zu dem, was nun dazu geführt hatte, dass sie hier unbewacht in diesem Zimmer sassen. Sie wagte sich, nachdem sie die Geschichte beendet hatte, noch immer nicht wirklich, ihn wieder anzusehen. Bis er sich zum Sitzen aufrichtete und ihre Augen damit automatisch in seine Richtung zuckten, weil er sich bewegte. Das Geräusch, welches er von sich gab, gepaart mit seinem Gesichtsausdruck, lösten nicht unbedingt Komfort und Ruhe in ihr aus, liessen sie eher noch unsicherer auf ihrer Unterlippe herumbeissen. Hörte auch nicht wirklich damit auf, während er redete und ihr sein offensichtlicher Unmut gegenüber dieser Geschichte kundtat. Allerdings nicht aus den Gründen, die Aryana wirklich erwartet hatte. Nein, er liess das, was es sie beide kostete, ihn da raus zu haben, erstmal fast komplett aussen vor, um ihr viel mehr ihre ganze Herangehensweise an die Sache vorzuwerfen. Und das löste nun wiederum bei der Brünetten ein leises Seufzen aus. Sein Ernst..? DAS war, was ihn am meisten störte? Sie brauchte einen Moment, um ihrerseits wieder eine Antwort zusammen zu dichten, die nicht mehr oder weniger direkt zu einem Augenverdrehen gepasst hätte. Also begann sie zuerst beim Anfang seiner Worte, suchte mit ihrem Blick nach einer ganzen Weile zum ersten Mal wieder bewusst seine Augen. "Nein. Ich habe nicht deine kaputte Armee-Seele an irgendeinen reichen Sack verkauft, den ich nicht mal kenne, Mitch. Sondern meine. Du bist es nicht, der unterschreiben musste, bevor er alle nicht nur unwichtigen Details kannte, weil sonst genau gar nichts passiert wäre", stellte sie zuerst einmal klar, dass er noch immer sehr einfach aus dieser Sache raus kam. Er würde zwar zurück ins Gefängnis wandern, aber es war ihm durch und durch freigestellt, seine Haftstrafe dort abzusitzen. Weitere achtzehn Jahre lang. Weil sie sechs davon zwangsläufig übernehmen würde, mit ihrer Unterschrift. Aber dann konnte er sicher sein, dass sie nach sechs Jahren damit aufhörte.... Was sie auf seinen eigentlichen Vorwurf erwidern sollte, musste sie sich ebenfalls erstmal gut zurechtlegen. Ihm sollte nach ihrer Erklärung eigentlich klar sein, dass es dabei um nicht mal zwei Monate gegangen war. Natürlich waren zwei Monate eine verdammt lange Zeit, wenn man sie alleine mit sich selbst in Einzelhaft verbrachte. Aber es waren zwei Monate - gerechnet auf 25 Jahre. Zwei Monate konnte er 150 Mal absitzen, bis er auf diese Haftstrafe kam. Aryana atmete tief durch, blickte ihn - nicht mehr halb so unsicher wie zuvor - wieder an. Sie hatte ihre Erklärungen zu diesem Handeln und sie war nicht der Meinung, dass er ein Recht darauf hatte, ihr diesen Vorwurf wirklich zu machen. "Ich habe dir immer gesagt, dass ich dich raushole. Und ich habe es dir auch bei meinem letzten Besuch nochmal gesagt. Du wolltest nur gar nicht zuhören, weil du mir nicht geglaubt hast. Weil du zu beschäftigt damit warst, mir zu sagen, dass dein Leben beschissen ist und ich mich nicht genug darum bemühe, es besser zu machen", sie war sich nicht sicher, ob er sich daran erinnerte. Aber ziemlich genau das hatte er ihr tatsächlich gesagt. Er hatte mal wieder ganz unverfroren erzählt, was alles schief lief in dieser Anstalt, wer sich diesmal geprügelt hatte und was ihm in diesem Moment am meisten zusetzte. Und sie hatte versucht, ihm Dinge vorzuschlagen, die er tun könnte, um sich davon abzulenken. Klar, die Vorschläge waren möglicherweise schlecht gewesen, sie war noch nie in einer Anstalt gesessen. Aber auch dann hätte er nicht so darauf reagieren müssen, wie er es letztendlich eben getan hatte. Indem er ihr sarkastisch erklärt hatte, dass sie ihm ja jeden Tag einen Brief schreiben könnte. Aber ja nicht mal sie sich noch wirklich um ihn kümmere. Was absoluter Bullshit war, nur war ihm das in seiner miesen Laune wohl nicht ganz klar gewesen. "Wenn du mir hier also vorwerfen willst, Schuld daran zu sein, dass es dir im Gefängnis beschissen ging, dann darfst du das gerne sagen. Weil dann kannst du auch einfach dorthin zurück, wo du noch immer wärst und bleiben würdest, wenn ich nicht versucht hätte, die Risiken und Negativfolgen dieses Planes zu ignorieren, um dich raus zu holen", redete sie weiter. Bei den Gefängnisbesuchen hatte sie sich immer gut zurückgehalten, wenn er seine schlechte Laune kundgetan hatte. Aber hier sah sie dafür keinen Bedarf mehr, war definitiv der Meinung, lange genug nicht gesagt zu haben, wenn sie nicht einverstanden war mit dem, was er von sich gab. Aryana seufzte erneut, ehe sie zu der finalen Erklärung ihres Verhaltens ansetzte, nach der er ja mehr oder weniger gefragt hatte. "Ich habe es dir nicht gesagt, weil alles so unendlich unsicher und schwammig war. Weil ich erst nach meinem letzten Besuch bei dir überhaupt unterschrieben habe. Weil ich erst heute Morgen wirklich begriffen und geglaubt habe, dass es tatsächlich funktioniert hat. Und weil ich es dir bis jetzt nie hätte erklären können. Die Telefonate und Besuche werden überwacht, wie du bestens weisst. Ich konnte doch nicht riskieren, dass jemand davon Wind kriegt, der das nicht sollte. Ich wusste nicht, ob ich es dir überhaupt schon sagen durfte. Wie viel von diesen Gesprächen Trevor mitbekommen hätte. Und ich konnte nicht riskieren, dass es letztendlich daran scheitern würde. Ich dich nur, weil wir die paar Wochen nicht ausgehalten haben, weiterhin in dieser Hölle besuchen musste. Es tut mir wirklich leid, wenn ich dir damit das Leben schwerer gemacht habe, als es nötig war. Das wollte ich nicht. Aber ich war noch nie in dieser Situation und was ich am allerwenigsten wollte, war das zu vermasseln, was uns endlich da raus holen könnte", schloss sie ihre Erklärungen tatsächlich mit einer halben Entschuldigung, obwohl sie diese anfangs definitiv nicht geplant hatte. Nur wollte sie sich hier nicht mit Mitch streiten. Sie hatte nur ebenso wenig Lust, sich von ihm Dinge vorwerfen zu lassen, die er an ihrer Stelle kaum so viel optimaler gelöst hätte. Und wenn schon... Sie hatte wie gesagt einfach noch nie jemanden aus dem Gefängnis geholt.
This is your life, it's do or die, the sun may never rise again, so be the light the vision. This is your life, it's slipping by, you try to run but fall again, you get back up that's living.
Noch Frohe Weihnachten, Gwenülüüüü :D <3 __________
Mochte schon sein, aber sie war ja offenbar ziemlich stark davon ausgegangen, dass ich so oder so unterschreiben würde. Auch ohne mich jemals danach gefragt zu haben, was ich davon halten würde, wieder die eine oder andere Waffe in die Hand zu nehmen. Das hätte sie zumindest darin bestätigt, dass es für mich okay sein würde, dass ich mich noch einmal verpflichten musste, um dem Knast fernzubleiben. Stattdessen hatte Aryana nicht mal unterschwellig versucht sich danach zu erkundigen, ob es sich überhaupt lohnte mich für das Vertragsgespräch aus dem Gefängnis zu holen und ich fühlte mich was das anging dezent übergangen. "Ja, aber offenbar bist du ja der festen Überzeugung, dass ich unterschreibe... ohne, dass du mich mal danach gefragt hast, was ich davon halte wieder ins Gefecht zu ziehen. Du weißt schließlich fast so gut wie ich, was das letzte Mal passiert ist, als ich gedient habe... ich finde zumindest die Frage danach wäre unabhängig vom restlichen Zusammenhang echt angebracht gewesen.", grummelte ich vor mich hin, schloss meine Worte mit einem Kopfschütteln ab und sah danach dann einen Moment lang zur Seite weg. Was vielleicht auch besser für das war, was die Brünette mir danach an den Kopf warf. Berechtigterweise, weil ich mich ab einem gewissen Zeitpunkt ihr gegenüber wirklich wie der letzte Vollidiot aufgeführt hatte. Es würde ihr keine Menschenseele - inklusive mir selbst - übel nehmen, dass sie mir das hier jetzt noch einmal vor Augen hielt, obwohl ich mich schon dafür entschuldigt hatte. Auch, wenn sie damit eine schmale Klinge in meine Brust bohrte. Sie hatte jedes Recht dazu, mir etwas von dem Schmerz zurückzugeben, den ich bei ihr verursacht hatte und vielleicht war es auch besser für sie, wenn sie das mal raus ließ. Also schluckte ich diesen Teil kommentarlos. "Ich glaub eben nicht an verdammte Wunder. Es kann ja keiner ahnen, dass es tatsächlich Jemanden gibt, der dumm genug ist so eine hohe Kaution für mich zu zahlen. Wie wahrscheinlich ist sowas?", murrte ich nur weiter vor mich hin, zeigte mich insgesamt eher wenig einsichtig. Machen wir uns an diesem Punkt nichts vor: Ich war einfach wieder wesentlich leichter reizbar, als das vor meinem Gefängnisaufenthalt der Fall war. Auch wieder etwas blinder für mein Umfeld und mehr auf dem Egoismus-Trip, den Aryana mir vorher so erfolgreich abtrainiert hatte. Dementsprechend war es gerade vielleicht ohnehin ziemlich schwierig wirklich sachlich mit mir zu diskutieren, weil ich mich regelrecht an den Dingen aufhängte, die mir bei dieser Angelegenheit quer im Magen lagen. Querer, als sie das womöglich eigentlich tun sollten. Ich sollte mich darüber freuen endlich nicht mehr innerhalb der hohen Mauern festzusitzen. Zumindest mehr oder weniger Freiheit genießen konnte - so weit, wie das eben möglich war, wenn man einer Armee diente. Sollte mich freuen, dass es eben tatsächlich so funktioniert hatte, wie die Brünette sich das vorgestellt hatte, obwohl sie bis zuletzt so starke Zweifel daran gehabt zu haben schien. Nur fiel es mir inzwischen wieder deutlich leichter einfach alles in Frage zu stellen und es mir mies zu reden, statt mich einfach an den positiven Seiten daran zu erfreuen. Denn die überwiegten nüchtern betrachtet eindeutig. "Gott, nein. Natürlich kannst du nichts dafür, dass es mir da drin scheiße ging... ist schließlich meine eigene Schuld, dass ich da rein musste.", stellte ich zumindest etwas undeutlich klar, dass mir inzwischen bewusst war wie unberechtigt derartige Vorwürfe in Richtung der jungen Frau gewesen waren, kurz bevor ich den Kopf dann wieder zu jener rüberdrehte und sie ansah. Schließlich war sie die Einzige, die überhaupt zu mir gekommen war und das trotz der immer schlechter werdenden Umstände. Natürlich war ich auch um die Briefe von ihrer Schwester und dem dazugehörigen männlichen Anhang immer froh gewesen, aber das war eben auch nicht das gleiche, wie Jemanden vor sich stehen oder sitzen zu haben. Vielleicht hätte es mir rückblickend doch gut getan, wenn einer der anderen zwei Mal zu mir gekommen wäre. Wobei Faye gemeine Worte aus meiner Richtung vermutlich einfach geschluckt hätte und wieder gegangen wäre, nur um stattdessen zu Aryana zu gehen. Ob Victor mir eher ein paar wachrüttelnde Worte an den Kopf geworfen hätte, wenn ich zu ihm auch so unverschämt gewesen wäre? Vielleicht. Er war zwar an sich immer eher ruhig und vernünftig, aber dafür gab es sicher eine Grenze. So oder so war es jetzt leider eindeutig zu spät, um noch etwas daran zu ändern. Bis zu einem gewissen Punkt war es jetzt für mich sogar nachvollziehbar, dass sie Stillschweigen bewahrt hatte. Ich hielt es für eine ziemlich üble Grauzone einen ehemaligen Kriegsverbrecher für eine Armee - und sei sie privat, eben nicht staatsgebunden - aus dem Gefängnis frei zu kaufen. Aus diesem Blickwinkel gesehen hätte unter Umständen also tatsächlich Irgendjemand versucht, das Ganze zu unterbinden. Geld hin oder her, dagegen müssten die rechtschaffenen Leute dieses Landes definitiv etwas einzuwenden haben. Das klang einfach wie eine schon vorprogrammierte Vollkatastrophe. Selbst für mich und ich wusste ja, dass ich nicht vor hatte, wieder Irgendwas Schlimmes anzustellen. "Die paar Wochen...", wiederholte ich den Teil eines Satzes, der mir so gar nicht passte, ziemlich trocken und mit einem leisen Schnauben. Natürlich konnte die Brünette nur gar nicht wissen, was genau alles in meinem Kopf vorgegangen war, seit ich im Knast gesessen hatte. Konnte nicht wissen, wie weit mich allein dieses eine, viel zu lange Jahr mental getrieben hatte. Explizit eben die Einzelhaft zum Ende hin. Es war zwar schon offensichtlich, dass es mir mies ging - gelinde gesagt -, aber mehr dann eben auch nicht. Ich konnte nicht von ihr erwarten, dass sie meine Gedanken las. Mit mir selbst eingesperrt zu sein war für mich wohl nur schlimmer als jeder Krieg. "Dass du mir nicht alles erzählen wolltest versteh' ich noch... aber ich glaube nicht, dass irgendwas passiert wäre, wenn du mir einfach nur gesagt hättest, dass du Jemanden hast, der meine Kaution bezahlt. Wenn die keiner bezahlen dürfte, hätte der Richter keine ausgesetzt. Dann hätte ich mir zwar wahrscheinlich endlos den Kopf über die Umstände drum herum zerbrochen, aber das wäre echt besser gewesen als... das andere.", seufzte ich noch immer genervt klingend, drehte den Kopf dann erneut weg und sah stur geradeaus. Hob kurz darauf dann aber die rechte Hand, um mir damit über das angespannte Gesicht zu reiben. Dass ich noch kein Wort darüber verloren hatte, ob ich nun unterschreiben würde oder nicht, fiel mir dabei nicht einmal auf. Das war der eigentlich essentielle Teil dieser Angelegenheit, aber ich dachte darüber tatsächlich gar nicht erst nach. Trotz der mangelnden Details an Informationen zum erneuten Armee-Einzug. Alles war besser, als mich selbst wieder 24 Stunden am Tag ertragen zu müssen und dabei genau gar keine Ablenkung zu haben. Für mich zumindest - ob meine Mitmenschen das am Ende genauso sahen, sei mal dahingestellt.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Das wünsch ich dir auch Monülüüüüüü! :P <3 ________
Natürlich war sie der festen Überzeugung, dass er unterschreiben würde. So wie er über den Knast geredet hatte, wäre für ihn ja selbst Syrien persönlich eine zu bevorzugende Option für ihn. Sie hatte nur bis hierher nicht gewusst, wie er auf die Geschichte reagieren würde, was er von dieser Zukunft hielt. Und genau genommen wusste sie das noch immer nicht, da er sich ja lieber über ein wirklich unnötiges Detail ausliess, für das er sie hier anmotzen konnte. Spielte auch gar keine Rolle, wie relevant diese Sache nun für ihn gewesen wäre, denn Tatsache war schlichtweg, dass dieser Zug abgefahren war und sie es ihm nicht vor gerade eben gesagt hatte. Gut möglich, dass das nicht ganz korrekt gewesen war - sie hatte sich für diesen Umstand des zusätzlichen, unnötig langen Warten und Ausharren für ihn ja gerade eben entschuldigt. Aber vielleicht hatte sie eben auch ein Bisschen weit sich selbst zuliebe geschwiegen. Um sich vor der zusätzlichen Enttäuschung zu schützen, die zweifellos einem Fall ins Bodenlose gleichkommen wäre, wenn dieser Plan nicht aufgegangen wäre. Sie hatte ihm nicht erklären wollen müssen, dass sie gescheitert war und er weiter im Bau gesperrt blieb. Dass er noch mehr die Hoffnung darauf verlor, sie könnte es irgendwann tatsächlich schaffen. Auch wenn er jetzt sagte, dass das weniger schlimm für ihn gewesen wäre, als die Wochen der Dunkelheit, die hinter ihm lagen - sie war sich doch nicht wirklich sicher darin, ob das stimmte. Es wäre einfach grausam gewesen. Und Aryana glaubte nicht wirklich, einen anderen Weg zu wählen, wenn sie wieder in der gleichen Situation steckte. Aber das würde sie jetzt netterweise nicht noch extra erwähnen. Immerhin räumte er wenig später ein, dass es tatsächlich nicht ihre Schuld war, dass es ihm dezent scheisse gegangen war da drin. Beziehungsweise dass er überhaupt hinter Gitter gewandert war. Und das war wohl wahr. Sie hatte ihm seine Taten zwar - ausser am ersten Tag, nachdem sie davon erfahren hatte - nie wirklich vorgeworfen, auch wenn sie absolut nicht einverstanden war mit den Mitteln und Wegen, die er damals in seinen dunkelsten Stunden gewählt hatte. Und sie hätte ihm auch nie im Leben eine solche Strafe dafür auferlegt. Aber das hatte auch nicht sie entschieden - offensichtlich - sondern ein vollumfänglich nicht vorbelasteter Richter, der dieses Ausmass für fair und angemessen gehalten hatte. So entlockte seine Erkenntnis ihr nur ein trockenes Lachen, das insgesamt relativ deutlich äusserte, wie einverstanden sie ausschliesslich mit diesen paar Worten war. Mit dem ganzen Rest, der fast ausschliesslich aus Vorwürfen und Rumgemotze seinerseits verstand, hätte sie lieber anders geantwortet. Die Brünette verspürte gute Lust darauf, im gleichen Ton zurück zu zicken. Ihn zu fragen, wer genau er eigentlich zu sein glaubte, um hier so um sich zu schlagen, nachdem sie die nächsten sechs bis zwölf Jahre ihres Lebens für ihn aufgegeben hatte. Aber das würde zu nichts führen. Sie würde ganz sicher nicht für lange Zeit die sanfte Seele spielen, die sie gerade imitierte und die nun mit Freuden nochmal einen Schritt zurück ging, um ihm nicht erneut auf den Schlips zu treten. Aber für heute vielleicht. Weil sie wirklich keinen Ärger wollte und weil es ein schlechtes Omen wäre, wenn sie sich schon am Tag seiner Entlassung so heftig in die Haare kriegten, nur weil beide sich dauerhaft an ihren Argumenten festbissen. "Wie gesagt... Das tut mir leid und ich wollte es nicht schlimmer machen, als es eh schon war", wiederholte sie zunächst nur das, was er eigentlich schon wusste, aber seit vorhin bestens ignoriert hatte. "Ich würde es trotzdem ausserordentlich schätzen, wenn du dich jetzt nicht komplett an diesem einen Umstand aufhängen, sondern auch mal das Ganze betrachten würdest", begann sie möglichst diplomatisch, wenn auch mit deutlich hörbar sarkastisch angehauchtem Unterton weiterzureden. Versuchte ihn so von der, für ihn so schwer verdaulichen, Tatsache wegzulocken, dass er bis heute nichts von diesen Plänen gewusst hatte. "Immerhin bist du jetzt draussen. Und wenn dieser Tag sich nicht zum kompletten Reinfall entwickelt, bleibt das auch so. Dann sind die paar Wochen mit all ihren Abgründen und Tiefen Vergangenheit und du wirst das nie wieder erleben müssen. Findest du denn gar nicht, dass das deine Laune zumindest ein Fünkelchen ins Positive heben sollte? Oder möchtest du lieber, dass ich heute schon bereue, mich überhaupt darauf eingelassen zu haben?", fragte sie mehr oder weniger direkt nach seiner Reaktion auf das Gesamtpaket ihrer Geschichte. Aryana blickte ihn dabei auch wieder ziemlich offen an, hatte aufgehört, sich abzuwenden oder Emotionen vor ihm zu verstecken. Das brauchte sie ja auch nicht zu tun, wenn er es zugleich nicht für nötig hielt, sich mit den Vorwürfen gross zurück zu nehmen.
This is your life, it's do or die, the sun may never rise again, so be the light the vision. This is your life, it's slipping by, you try to run but fall again, you get back up that's living.
Ich glaubte jetzt wieder zu wissen, warum ich es vor meinem Einzug in die Army so vehement vermieden hatte, zu irgendeiner Frau eine enge Beziehung aufzubauen, die länger als höchstens ein paar Wochen hielt. Beziehungen und die dazugehörigen Auseinandersetzungen waren wahnsinnig anstrengend. Dass mir das im Grunde gerade nur so vorkam, weil ich aktuell einfach überall, wo ich eine Möglichkeit dazu sah, alles gerne tiefschwarz anmalte, kam deutlich weniger in meinem Hirn an, als all die negativen Gedankenzüge. Immerhin müssten jetzt ja eigentlich wieder bessere Tage kommen. Ich war frei, musste dafür nur noch ein bisschen Tinte aufs Papier schmieren und danach vermutlich so schnell wie möglich wieder fit werden. Damit sollte mein Körper mit passender Ernährung aber kaum ein Problem haben und die einzige Hürde im Augenblick war vermutlich ich selbst. Mein momentan in wirklich jeder Hinsicht ins Negative verschobene Weltbild, mit dem ich mir scheinbar auch gerne die Beziehung zu dem einzigen Menschen, der wirklich - noch - zu mir hielt, madig reden wollte. Gefängnismauern hinter sich lassen schön und gut, einen Teil meines Knastlebens hatte ich augenscheinlich aber mit mir nach draußen getragen. Die anfängliche Euphorie schien schon verflogen, während ich hier dabei war, Aryana das Leben schwer machen zu wollen. Mit Dingen, die man ihr vielleicht höchstens minimal ankreiden konnte. Unter der Prämisse, dass sie mich tatsächlich erfolgreich aus dem Gefängnis geholt hatte, vermutlich eher gar nicht. War mir nur in diesem Moment offenbar relativ egal. Wenigstens die zweite Entschuldigung und auch das, was danach noch kam, fanden mehr oder weniger den Weg über meinen gesamten Gehörgang entlang bis zu meinem Gehirn. Stießen da endlich Mal auf ein paar Synapsen, die das Ganze auch ernst nahmen und weder ignorieren, noch schlecht reden wollten. Deshalb ließ ich das Gesicht, nachdem ich den Blick der jungen Frau kurzzeitig erwidert hatte, einen langen Moment in meiner Handfläche liegen. Atmete dabei einmal leise seufzend etwas tiefer durch, während ich versuchte meinen schon wieder viel zu schweren Schädel in eine gerade Bahn zu rücken, die Gedanken zu sortieren. Deswegen sagte ich auch sicherlich eine Minute lang absolut gar nichts. Versuchte einfach nur schweigend den wie so oft in letzter Zeit mehr oder weniger grundlos anschwellenden Puls auf ein normales Maß zu reduzieren, mahlte dabei ab und an leicht mit den Kiefermuskeln. Ich hasste das. Meine gefühlt chronische Unfähigkeit dazu, mich und meine Gefühle im Griff zu halten. In manchen Situationen war es ja durchaus okay einfach das zu sagen, was einem zuerst durch den Kopf schwirrte, wenn es eben auch entsprechend Sinn machte. War hier nur nicht der Fall. Schließlich konnte sich keiner von uns beiden durch meine Vorwürfe die verlorene Zeit zurückkaufen. Das einzige, das daraus resultieren würde wenn ich so weitermachte, war, dass nicht nur ich hier so herumsaß, als hätte es die letzten zehn Tage an das Fenster meiner Zelle geregnet, in der ich gar nicht mehr saß. Sondern auch Aryana, die sich mein Geknurre hier gefallen lassen musste, als hätte sie davon nicht schon in den letzten Monaten genug von mir zu hören gekriegt. Ich seufzte noch einmal hörbar tiefer und strich mir dann in einer fließenden Bewegung die Haarsträhnen nach hinten aus dem Gesicht, die so ohne Haargel oder ähnliches gerne ein Eigenleben führten. Immerhin waren sie inzwischen fast trocken. "Ich will ja unterschreiben... und ganz bestimmt nicht zurück hinter Gitter. Aber das... erschlägt mich grade einfach.", murmelte ich nur mehr ein paar an sich vermutlich weiterhin wenig glücklich klingende Worte vor mich hin, bevor ich den Blick wieder in Aryanas' legte. Ich war einfach wahnsinnig dauergestresst und dass all die aufgebauten, negativen Emotionen plötzlich durch die bloße Anwesenheit der Brünetten wie weggeblasen waren, war scheinbar pures Wunschdenken. Hatte ja schon bei den Besuchen nach einer Weile nicht mehr funktioniert, also war das vielleicht auch gar kein Wunder. Die Mauern waren weg, aber meinen Kopf hatte der tonnenschwere Beton noch nicht verlassen. Blieb zu hoffen, dass er das bald tun würde. Wenn ich es tatsächlich neuerdings bevorzugte mich mit meiner Freundin zu streiten, statt sie als angenehmen Ausgleich wahrzunehmen, würde früher oder später womöglich nämlich nicht nur sie bereuen, mich wieder aus diesem Loch gezogen zu haben. Vielleicht gehörte ich einfach in dieses Loch, weil ich nicht für mehr zu gebrauchen war nach Allem, was ich getan und erlebt hatte... nein. Das war schon wieder die schiefe Gedankenbahn, oder? "Hoffentlich ist dieser Easterlin wenigstens kein kompletter Vollpfosten.", seufzte ich, was weniger auf seine Intelligenz und deutlich mehr auf seinen Charakter bezogen war. Immerhin schien er fähig zu sein viel Geld zu verdienen, sich damit eine ganze Armee zu finanzieren und das allein zeugte nicht gerade von Dummheit. Dass ich jedoch wirklich nicht gut mit Arschlöchern konnte, die in der Nahrungskette über mir standen, hatte ich mir an Warren unmissverständlich bewiesen. Ich ließ den Kopf ein weiteres Mal leicht nach vorne kippe, um mir mit Daumen und Zeigefinger die ungut kribbelnden Schläfen zu massieren. "Weißt du zufällig, wo der nächste Kippenautomat ist?", stellte ich Aryana schließlich noch eine eher zusammenhanglose Frage. Dass ich wieder rauchte hatte sie vermutlich schon mitbekommen. Man roch selbst dann, wenn man nur draußen rauchte, einfach zwangsläufig nach den Glimmstängeln, wenn man sie konsumierte. Aber dass ich mittlerweile bevorzugt deutlich mehr rauchte, als ich das früher noch im Krieg getan hatte, verschwieg ich ihr ganz gern. Es passte mir selbst nämlich auch nicht, dass ich ernsthaft wieder auf dieses Mittel zurückgriff, nachdem ich mir das Ganze schon wirklich gut abgewöhnt hatte. Lediglich ab und an mal eine einzige Zigarette zwischen meine Lippen geschoben hatte, statt mir gefühlt mit einer Schachtel pro Tag die Lunge und das Hirn zu vernebeln. Gut, das war natürlich auch übertrieben, aber solange ich problemlos an die Kippen rangekommen war, war es sicher eine halbe Schachtel am Tag gewesen. Deshalb war es auch nie in Frage gekommen mit den Drogendeals wieder aufzuhören, weil mir dann das Geld für die Zigaretten gefehlt hätte... und ich am Ende noch zu Schlimmerem gegriffen hätte, weil ich da ja noch leichter rangekommen wäre, wenn der ganze toxische Scheiß ohnehin durch meine Hände wanderte.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Gott was hatte sie sich hier bitte eingebrockt? Es fühlte sich wirklich so an, als wäre dieser Tag einfach nur wieder die nächste Bruchlandung in ihrem Leben, das grundsätzlich so ziemlich aus Bruchlandungen, falschen Entscheidungen und Katastrophen bestand. Sie hatte wirklich nicht damit gerechnet, sich weniger als zwei Stunden nachdem sie sich endlich wieder in den Armen halten konnten, schon mit Mitch zu streiten - aber genau soweit schiens gekommen zu sein. Und das fühlte sich schlimmer an als ein Schlag ins Gesicht. Das plötzliche Bewusstsein, dass seine kontinuierlich schlechter werdende Laune über die letzten Monate hin viel tiefer lag und gar nicht unbedingt an die Gefängnisumgebung gebunden war, riss mit einem Mal die sorgsam aufgebauten Leuchttürme der Hoffnung, dass jetzt alles gut werden konnte, nieder, als wären sie nie da gewesen. Natürlich hatte sie immer gewusst, dass das Eingesperrt-Sein ihm nicht gut tat, dass es ihn zwangsläufig wieder zurück in alte Muster versetzen würde. Aber sie hatte eben lieber daran festgehalten, dass er nicht mehr der gleiche Mensch war wie früher und dass er sicher alles tun würde, um auch nicht wieder so zu enden wie damals. Möglicherweise hatte er das auch getan. Nur schien der Rückfall doch nicht zu vermeiden gewesen zu sein... Nichtmal soweit, dass er sich daran erinnern könnte, wenigstens ihr nicht den Rücken zuzukehren. Wenigstens sie aus diesem alles ist scheisse und jeder Mensch hasst mich-Denken auszuschliessen. Nein, offenbar war er wie bei ihrem letzten Besuch auch Heute noch der Meinung, dass sie möglicherweise nicht wirklich nur gute Absichten vertrat, wenn es um ihn ging. Dass sie nicht wirklich an ihn dachte und an seinem Wohlergehen interessiert war. Und Aryana hatte absolut keine Ahnung, wie genau sie ihm denn bitte noch beweisen sollte, wie sehr sie ihn liebte und um ihn kämpfte, wenn er es nicht mal dann begriff, wenn sie so ziemlich alles für ihn aufgab. Klar, in ihrem Leben gab es nicht viel, dass sie opfern musste, um den Deal einzugehen, den sie vor sich hatten. Aber dass ihr Leben so leer aussah, wie es das momentan eben tat, hatte auch mit Mitch zu tun. Sie wollte ihm natürlich nicht die Schuld dafür geben, war ja nicht komplett desillusioniert und wusste bestens, dass sie zurück in diesem Land auch ohne ihn einen sehr schweren Start gehabt hätte. Nur hatten die Prozesse vor einem Jahr und die langen Monate mit dem Freund im Gefängnis ganz bestimmt auch nicht dabei geholfen, ihr Leben angenehmer zu gestalten. Aryana erwiderte nichts mehr auf seine Worte, weil sie nicht wusste, was sie darauf noch sagen sollte. Es war einleuchtend, dass er gerade dezent überfordert war. War nur auch nicht einfacher für sie. Dass er offenbar vorhatte, zu unterschreiben, war ebenfalls nicht weiter überraschend - besonders nicht nach seiner erneuten Ausführung der Hölle, die das Gefängnis für ihn dargestellt hatte. Und dass sie hoffen konnten, ihr zukünftiger Boss wäre weder ein Idiot noch ein Riesenarsch, wussten sie beide. So blieb sie einfach still, hatte den sehr ernüchterten Blick mittlerweile genau wie er abgewandt und blickte zur Seite aufs Kissen nieder. "Wenn du unten etwa dreihundert Meter nach Links die Strasse runter gehst, findest du 'ne Tankstelle wo du bestimmt was bekommst", beantwortete sie leise seine Frage nach den Zigaretten. Den Weg würde er bestimmt alleine finden, denn begleiten würde sie ihn kaum. Glaubte auch nicht, dass er das wollte. Wahrscheinlich wäre es sogar ganz gut, wenn er einmal alleine durchatmen ging und sie das Gleiche tun konnte. Sie unterstützte zwar seine Rauchergewohnheiten noch immer nicht, aber was spielte das hier und jetzt noch für eine Rolle? So wie sich die Dinge entwickelt zu haben schienen, wäre das sehr bald der kleinste Streitpunkt in ihrer Beziehung. Also durfte er gerne gehen und sich sein Nikotin holen. Aryana für ihren Teil liess sich langsam wieder zurück ins Kissen gleiten, zog die Decke noch weiter hoch und starrte zum Fenster raus. Da, wo alles noch immer genau so aussah wie gestern. War gestern ein besserer Tag gewesen? Nein, oder? Vor dreissig Minuten hatte sich Heute noch wie der beste Tag ihres Lebens angefühlt... Wie lustig, dass die ganze Magie so schnell schon wieder verflogen war...
This is your life, it's do or die, the sun may never rise again, so be the light the vision. This is your life, it's slipping by, you try to run but fall again, you get back up that's living.
der halbe Roman tut mir jetzt ein bisschen leid, aber ich war irgendwie im Fluss... und hey, er hat sogar ganze ZWEI Absätze! <.< XD ______
Dreihundert Meter klangen für mich gerade wie eine gefühlt ewig weite Strecke. Ich war insbesondere während der Zeit in der Armee oft etliche Kilometer am Stück gewandert und das nicht selten mit schwerem Gepäck dazu. Im Verhältnis dazu waren dreihundert Meter eigentlich eher nur sowas wie drei sehr große Schritte, aber die Außenplätze im Knast waren von einem solchen Durchmesser weit entfernt. Es waren da eher gefühlt fünf Quadratmeter, auf denen man mit den anderen Häftlingen auf der Stelle trat. Meine Wahrnehmung hatte sich durch das eine Jahr im Knast wirklich stark verändert. So oder so würde ich die paar hundert Meter jetzt aber liebend gerne hinter mir lassen, um uns allen damit einen Gefallen zu tun. Natürlich war Nikotin kein Wundermittel, das mich plötzlich die ausgeglichenste Ruhe selbst werden ließ, aber es half. Holte mich zumindest ein klein wenig auf den Teppich und vor allem bot das immer wieder am Stängel ziehen einfach eine körperliche Ablenkung im selben Moment. Es konnte in keinem Fall dabei schaden mich wieder auf den Boden der Tatsachen zurückzuholen - so weit, wie das aktuell eben möglich war. "Okay.", war das einzige Wort, das ich noch von mir gab, bevor ich vom Bett aufstand und Aryana dort zurückließ, um erneut rüber ins Badezimmer zu gehen. Ich vermied es unterbewusst, sie beim Aufstehen noch einmal anzusehen. Sie sah zwar ohnehin längst nicht mehr in meine Richtung, aber der Anblick hätte vermutlich nur weh getan. Obwohl ich ihn einzig selbst provoziert hatte, konnte ich damit sicherlich genauso wenig umgehen wie mit dem Rest. Im Bad angekommen blieb mir nur die graue, kurze Jogginghose zum Anziehen. Die übrigen Klamotten in der Waschmaschine waren aber immerhin fertig - ein Kurzwaschprogramm reichte völlig, sie waren ja nicht dreckig, sondern nur nicht mehr so ganz frisch - und so tat ich die zumindest schon mal in den nahen Wäschekorb, damit sie nicht in der Maschine liegen blieben. Roch auch nochmal daran, um sicherzugehen, dass der unangenehme Geruch weg war und suchte auch noch irgendwas halbwegs passendes für den späteren Besuch bei dem reichen Sack aus. Ich war Soldat, da ging ich jetzt mal nicht davon aus, dass ich mir extra noch einen Anzug besorgen musste, nur weil er wahrscheinlich einen trug. Ich lief ohnehin bald wieder gefühlt nur noch in Uniform rum, da war das mit Sicherheit überflüssig. Andererseits war mir auch ziemlich egal, was er nun von meinem Kleidungsstil hielt. Von einer ripped Jeans oder einem auffälligen Aufdruck würde ich wohl dennoch absehen, entschied mich für eine einfarbig schwarze Jeans und ein dunkelgrünes, schlichtes Shirt, bei dem lediglich der weiße Aufdruck des Markenlogos ins Auge fiel. Boxershorts und Socken wanderten auch noch auf die Heizung, um den Rest konnte ich mich nachher kümmern. Also versuchte ich nur noch mit dem kläglichen Haarwachs-Rest aus dem Urlaub meine Haare zum Halten zu kriegen, schnappte mir meinen Geldbeutel von der Ablage und ging weiter in den Flur. Es widerstrebte mir zwar extrem ohne Socken in die niedrigen Sneaker zu schlüpfen, aber wegen einem Paar fehlender Socken ging ich jetzt sicher nicht zurück zu Aryana. Es war auch noch nicht Hochsommer draußen, ein Shirt wäre also sicher angebracht gewesen, aber auch darüber sah ich gepflegt hinweg, als ich mir nur noch Aryanas Schlüssel angelte und die Treppen nach unten verschwand. Wie erwartet war es trotz der milden Sonnenstrahlen doch etwas kühl am Oberkörper, also stand ich draußen angekommen gar nicht erst lang vor der Haustür herum, sondern warf nur noch einen Blick auf die Hausnummer - nicht, dass ich später nicht mehr sicher wusste, wo ich rein musste - und ging dann los. Schlug den Weg nach links auf dem Bürgersteig ein und checkte auf den ersten Metern, wie viel Bargeld überhaupt noch in meinem Portemonnaie zu finden war. Für eine Schachtel würde das sicher ausreichen, aber mehr wohl nicht. Notfalls musste wohl die Karte herhalten, wobei mir jetzt zum ersten Mal auffiel, dass ich gar keinen Schimmer davon hatte, wie viel Geld sich auf meinem Konto befand. Wegen der vorherigen monatlichen Gehaltsauszahlungen hatte ich das gut im Blick gehabt, aber die gab es schon ein Jahr nicht mehr und ich konnte höchstens schätzen, nachdem ich den für meinen Geschmack zu teuren Anwalt und die Kosten für das Gerichtsverfahren bezahlt hatte. Außerdem würde sehr bald noch die Rechnung für meinen fast einjährigen Aufenthalt im Gefängnis ins Haus flattern. Womöglich hatten sie mir die Rechnung einfach deswegen nicht schon auf dem Heimweg in die Hand gedrückt, weil alles so schnell gegangen und sie dementsprechend noch nicht fertig ausgestellt war. Aber sie würde kommen und ich wollte wahrscheinlich noch gar nicht wissen, wie viel ich fürs eingesperrt sein hinlegen musste. Oder hatte Easterlin auch diese Summe schon beglichen? Ich hatte keine Ahnung, aber ein kurzer Blick aufs Konto wäre so oder so wirklich gut. An der Tankstelle angekommen hatte ich zumindest schon die Möglichkeit ein wenig Geld abzuheben, bevor ich mich nach den Kippen umsah. Im Gefängnis hatte ich nicht wählerisch sein dürfen, hatte einfach genommen was ich bekommen hatte, weswegen ich im ersten Moment mit der Auswahl tatsächlich überfordert war. Ich brauchte sicher fast fünf Minuten, bis ich mich für eine Sorte entschieden hatte. Damit ich zumindest ein paar Tage damit auskam, nahm ich aber gleich zwei Schachteln und ein Feuerzeug mit, verzog mich nach dem Bezahlen gleich wieder aus der Tankstelle. Ich distanzierte mich zuerst wieder von dem Gelände, bevor ich erneut stehenblieb und mir die erste Zigarette anzündete. Mit geschlossenen Augen ein paar Züge nahm und mich dabei an die nächstbeste Hauswand lehnte. Ich war draußen an der frischen Luft, ohne einen mehrere Meter hohen Zaun um mich herum zu haben. Hörte das vertraute Geräusch von einzelnen, vorbeifahrenden Autos. Tatsächlich auch das laute Geschnatter zweier Vögel, die sich in einer nahen Baumkrone scheinbar um irgendwas stritten. Spürte den lauen Frühsommerwind meine Brust kitzeln, weil ich die hässliche Gefängnisuniform nicht mehr tragen musste. Ich war frei. Das hatte ich Aryana zu verdanken - und dem reichen Schnösel - und ich war eigentlich auch wirklich dankbar dafür. Warum tat ich mir dann so schwer damit, gerade nicht vor Freude und neuer Lebensenergie zu platzen? Warum fühlte ich mich nach dem kurzen Hoch direkt nach dem Passieren der Gefängnismauern jetzt schon wieder so kaputt, so müde? Vielleicht lag es einfach daran, dass die Zukunft nicht wirklich rosig aussah. Krieg war nie etwas Gutes und sich einzumischen erst recht nicht. Oder es war einfach der Streit mit der Brünetten, der mich gerade räderte. Womöglich beides. Trotzdem war ich aber frei und das sogar mit Aryana zusammen, hätte sie es doch sicher erwähnt, wenn wir uns während der kommenden Dienstzeit wieder verstecken müssen würden. Wo blieb also die positive Energie, der Elan? Ich rauchte noch eine zweite Kippe hinterher, brauchte den Moment einfach. Ließ mir gefühlt eine Ewigkeit Zeit damit. Die innere Anspannung war nach wie vor nicht ganz weg, als ich mich schließlich wieder in Bewegung setzte, hatte aber immerhin ein bisschen nachgelassen. Auf dem Rückweg fragte ich noch eine ältere Passantin danach, ob meine Bank einen Standort in der Nähe hatte. Auch, ob es einen guten Laden gab, in dem ich an eine Gitarre rankommen konnte. Ich tat mir schwer damit meine Probleme anderen gegenüber in Worte zu fassen, es mittels passender Texte beim Singen loszuwerden fiel mir leichter. Als ich alle Infos hatte, die ich gewollt hatte, setzte ich den Heimweg unbeirrt vom schrägen Blick der Frau - den ich einfach mal der mangelnden Kleidung und den vielen Tattoos zuschrieb, vielleicht waren die Leute hier spießig - fort, wobei ich aber recht langsam und auch einen spontanen Umweg ging. Mir die Umgebung ziemlich genau ansah und dadurch versuchte, das Gefühl von wiedergewonnener Freiheit tiefer in mir aufzunehmen. Es wirkte immer noch so ein bisschen unwirklich zwei Kinder auf der gegenüberliegenden Straßenseite spielen zu sehen, als ich mein neues Zuhause nach etwa einer Stunde beinahe erreicht hatte. Deshalb hielt ich an der Haustür noch einmal inne, beobachtete sie einen Moment lang. Wünschte mir dabei, ich könnte mir ihre kindliche Unbekümmertheit eine Weile ausborgen. Bis sie mich bemerkten und mir der kleinere Junge zuwinkte. Ich zog lediglich den linken Mundwinkel nach oben und nickt ihm schwach zu, bevor ich mich abwendete und nach drinnen ging. Ich beneidete Kinder um ihre ungehinderte Weltoffenheit. Vermutlich würden sie auch dann noch keinen schlechten Menschen in mir sehen, wenn sie wussten, dass ich im Gefängnis gesessen hatte, solange ich einfach nur nett zu ihnen war. Warum ich nun darüber nachdachte, wusste ich nicht. Vielleicht fühlte ich mich ein bisschen von der Gesellschaft abgeschrieben... was zwar bis zu einem gewissen Grad nachvollziehbar, aber einfach ein hundsmiserables Gefühl war. Vermutlich sollte ich mich also bei Aryana entschuldigen, sobald ich die Wohnung betreten hatte. Sie war schließlich der einzige Mensch, der bisher noch zu mir halten wollte, ohne irgendeinen Profit daraus zu schlagen.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Kein Problem solange du von mir nicht so viel erwartest, ich lese gerne aber kreativ bin ich nicht so oft... x'D Und ich bin wirklich unglaublich stolz, dass du die Enter-Taste ganze zwei Mal gefunden hast, das hast du toll gemacht! XD ______
Und das war dann scheinbar alles, was er zum Thema noch zu sagen hatte. Ein simples Okay und er war weg. Sie wusste, dass er sie nicht einmal mehr angeschaut hatte - auch wenn sie den Blick in seine Richtung zu diesem Zeitpunkt genauso vermied. Es tat trotzdem weh. Alles davon. Wie er sie angefahren hatte. Sich nie dafür bedankt - wahrscheinlich nicht einmal daran gedacht - hatte, dass sie sich für ihn ebenfalls wieder für ein Leben im Krieg verpflichtete, obwohl sie nie wieder dorthin zurück hatte gehen wollen. Dass sie damit quasi die Hälfte seiner Haftstrafe übernahm. Natürlich vollkommen freiwillig und natürlich hatte sie sich mittlerweile selber ein paar Vorteile dieser Zukunft eingeredet, um wenigstens bedingt positiv darauf zuzugehen. Aber ein simples Danke, ein Zeichen dafür, dass er ihre Bemühungen zumindest ein Bisschen schätzte, wäre trotzdem schön gewesen. Schöner als alles, was er zu ihr gesagt hatte, seit sie auf dieses Thema zu sprechen gekommen waren. Und das war mehr als frustrierend... Sie hatte keine Luftsprünge erwartet, schon mit einem Schockmoment und gewissen Bedenken gerechnet, wenn er davon erfuhr. Aber das? Das war einfach nur grausam. Liess sie mehr von ihrem Leben in Frage stellen, als sie das eigentlich wollte. All die kritischen Gedanken und gemeinen Gefühle, die seine vermehrt abweisende Art in ihr ausgelöst hatten, die sie weggesperrt und auf die Gefängnisumgebung und den Stress in der Anstalt geschoben hatte, brachen nun wieder über sie ein, als wären sie nie fort gewesen. Du hast es doch gewusst. Es war doch immer klar. Du hast gesehen, wie er früher war, warum dachtest du, er wäre jetzt anders? Für dich? Oder sogar mit dir? Wegen dir? Wie konntest du glauben, dass das gut geht? Wie konntest du so lange an einer solchen Illusion festhalten? Als sässe er unschuldig im Knast und du wärst die Einzige, die die Wahrheit über ihn kennt. Die Einzige, die ihn versteht. Die Einzige, die er nicht hintergehen würde. Die Geräusche im Flur verstummten mit dem Moment, in dem die Tür ins Schloss fiel und sie wieder alleine war. So alleine wie nun schon ein ganzes Jahr. So elend wie gefühlt tausende Male zuvor. So einsam mit sich selbst. So einsam wie man nur dann sein konnte, wenn kein Einziger Mensch auf der ganzen Welt sie jemals verstehen würde. Nicht einmal dann, wenn sie ihre ganze Geschichte erzählte. Nicht einmal dann, wenn sie versuchen würde, ihre Gedanken zu erklären. Sie würde Tipps, verachtende Blicke und gut gemeinte Ratschläge erhalten, die sie nicht befolgen würde, weil sie darin noch nie gut gewesen war. Weil sie immer ihren eigenen, dummen Weg gegangen war, immer ihre eigenen, verhängnisvollen Entscheidungen getroffen hatte, damit sie am Ende nur sich selbst für die Ergebnisse aus all diesen Fehlern hassen konnte. Damit sie am Ende wieder hier war. Alleine. Hier, wo niemand ihr sagen konnte, er hätte sie ja gewarnt. Weil hier nur sie selbst war, mit all der Dunkelheit die ihr Herz schon wieder flutete, nachdem sie sie für einen halben Tag viel zu erfolgreich verbannt hatte. Eine Träne rann ihre Wange hinab und tropfte aufs Kissen, aber Aryana tat nichts, um sie zu stoppen. Das war nicht das erste Mal. Sie hatte erstaunlich oft geweint im letzten Jahr, viel öfter als je zuvor in ihrem Leben. Wozu hätte sie es auch vermeiden sollen, wenn niemand ihr zuschaute, niemand sie für diese Schwäche verurteilen konnte, weil niemand je davon erfuhr? Wenn niemand mehr zu ihr aufblickte, sie für niemanden mehr ein Vorbild darstellte? Warum sollte sie also nicht weinen. Hier, in diesem Zimmer, auf diesem Bett, in dieses Kissen, das noch immer nach dem einzigen Mann roch, den sie mit ihrem ganzen Herzen liebte. Vielleicht einfach zu sehr. Vielleicht waren ihre Ansprüche, ihre Vorstellungen, ihre Hoffnungen zu hoch. Das, was sie von ihm brauchte, weil sie alleine nicht mehr klar kam. Vielleicht hatte sie sich in diesem Jahr ein viel zu unrealistisches Bild von Mitch gemalt, eines, dem er niemals treu werden konnte. Weil sie etwas gebraucht hatte, für das es sich zu kämpfen lohnte. Vielleicht hatte sie einen der perfekten Momente von damals genommen und sich an dieses Ideal geklammert, das so nicht mehr existieren konnte, nachdem sie ein Jahr so weit auseinandergerissen worden waren. Nachdem er ein Jahr lang in der Hölle gesessen und sie in einer komplett verschiedenen Parallelwelt versucht hatte, sich wieder ein Leben aufzubauen und ihn zurück zu bekommen. Sie hatte langsam damit begonnen, die menschlichen Abgründe zu verstehen, die Victor und Faye zu den ewigen Klinikaufenthalten gezwungen hatten. Auch wenn sie nie an einem solchen Ort enden würde, weil sie wusste, dass selbst da keiner sie je verstehen und alle sie nur verurteilen würden. Aber sie begann zu begreifen, warum Faye ewig nur geweint hatte. Sie begann zu verstehen, warum Victor ihrer Schwester keine schlechten Nachrichten mehr auferlegen wollte. Sie fand plötzlich sogar Rechtfertigungen für die feinen, längst verblassten Narben an Faye's rechtem Unterarm. Es machte alles langsam Sinn. Und sie hasste alles immer mehr... Aryana blieb lange liegen - so lange, dass die Zeit längst gereicht hatte, um Mitch dreimal zur Tankstelle und zurück gehen zu lassen. Und doch war er noch immer nicht wieder da. Sie hatte bis jetzt kaum realisiert, dass er ungewöhnlich lange für den eigentlich sehr kurzen Weg brauchte. Aber ein Blick auf die Uhr - der im Grunde nichts brachte, weil sie nicht aufs Zifferblatt geschaut hatte, bevor er gegangen war - machte ihr doch klar, dass er so langsam wieder hier sein sollte, wenn er nur Kippen holen war. Sie beschloss, sich erstmal nichts dabei zu denken, aber doch wenigstens Mal damit aufzuhören, hier rumzuliegen und zu heulen, als würde sie das in dieser Situation weiterbringen. Also erhob sie sich schwerfällig, schälte sich aus der Decke um sich mit trägen Bewegungen wieder anzuziehen. Sie fühlte sich noch immer vollkommen taub, während sie im Anschluss das Bett machte und das Fenster weit aufriss, um den kühlen Wind von draussen das Zimmer fluten zu lassen. Die Brünette schlurfte ins Bad, wusch sich das Gesicht, um die salzigen Spuren von den Wangen zu wischen und um sich wenigstens von dem kalten Wasser ein gewisses Gefühl von Lebendigkeit einhauchen zu lassen. Funktionierte mehr nur so semi, aber das war egal. Mehr war ja kaum zu erwarten gewesen. Ihr starrer Blick blieb eine halbe Ewigkeit an den Klamotten hängen, die vor kurzer Zeit aus der Waschmaschine gezogen worden waren und ihr nun fast erneut eine Träne aus den Drüsen gedrückt hätten. Diesmal schüttelte sie stattdessen aber nur mühsam den Kopf, packte sich den Korb mit der Wäsche und trat damit auf den Balkon, wo sie den Ständer stellte und die wenigen Kleider, die Mitch überhaupt besass, über die Leinen hängte. Nicht, weil sie die perfekte Hausfrau spielen wollte, sondern einfach, weil sie nichts besseres zu tun hatte, weil diese Arbeit kein Denken erforderte. Oder vielleicht auch, weil sie sich dabei so wunderbar an das Gefühl klammern konnte, ihn irgendwie doch noch hier zu haben. Die Sachen in den Fingern zu halten, die, wenn sie es sich stark einbildete und ihr eigenes, daran haftende Waschmittel ignorierte, fast noch nach ihm rochen. Oder sich zumindest irgendwie nach ihm anfühlten. Dass sie sich zugleich an die Momente erinnern konnte, in denen er die Sachen in Australien getragen hatte, war ein interessanter Nebeneffekt, der zu seinem Teil nun wieder ihr totes Gehirn ankurbelte. Sie an all die Tage erinnerte, in denen er ganz anders gewesen war als vorhin im Bett. Ihr vor Augen führte, dass es nicht zwangsläufig so enden musste. Sie vielleicht einfach noch eine Weile durchhalten musste, bis er sich ebenfalls wieder daran erinnerte. Er wieder so werden konnte. Sie beide wieder so werden konnten... Die Wäsche war aufgehängt und weitere Minuten verstrichen. Und Mitch noch immer nicht da, obwohl nach ihrem Gefühl mittlerweile weit mehr als eine Dreiviertelstunde verstrichen sein müsste, seit er verschwunden war. Sie hatte bis jetzt keine Sekunde daran gezweifelt, dass er zurückkommen würde. Erstens, weil sie ihm nicht zutraute, sie wirklich so einfach sitzen zu lassen, mit nichts als einem trockenen Okay als Abschied. Zweitens, weil er dann seine Sachen wohl mitgenommen hätte. Und drittens, weil er sehr dumm wäre, eine weitere Strafverfolgung zu riskieren, indem er jetzt einfach davonrannte - und sehr dumm war Mitch nunmal wirklich nicht. Ein Blick auf die Tür verriet ihr auch, dass er ausserdem den Haustürschlüssel mitgenommen hätte, den er ja kaum brauchen würde, wenn er nicht plante, wieder durch diesen Eingang zu treten. So schloss sie eine geplante Flucht erstmal komplett aus. Aber er kam trotzdem nicht zurück. Und weil sie von rationalem Denken durch das ganze Rumgeheule und Gefühlschaos der letzten Stunden sehr weit entfernt war, sie ausserdem bekanntlich das Gen der chronischen Verlustängste in der Familie trug, machte sich plötzlich die nicht wirklich sanfte Panik, ihm könnte ja was zugestossen sein, in ihr breit. Was dann auch der Moment war, in dem sie nach ihrem Ersatzschlüssel griff und die Wohnung verliess, lediglich flüchtig hinter sich die Tür abschloss, ehe sie - noch immer barfuss - die Treppen runter stürzte. Unten die Haustür ebenfalls aufriss, um dann mehr oder weniger direkt mit dem Vermissten zu kollidieren, der ganz genau direkt vor ebendieser Tür stand. Sie hüpfte sofort wieder einen Schritt zurück und blickte ihn erschrocken an, wobei sich kurzum die Erleichterung in ihren Augen abzeichnete, als sie die eingezogene Luft wieder ausstiess. "Sorry, ich... ich hab mir... Bisschen Sorgen gemacht...", erklärte sie knapp ihren Gesamtzustand, wobei ihr noch während sie diesen Satz aussprach, klar wurde, dass sie das vielleicht nicht sagen sollte. Vielleicht wollte er nicht, dass sie sich Sorgen machte, weil er sich dann überwacht fühlte. Weil er es eher nicht schätzte, schon wieder jemanden zu haben, der die ganze Zeit überwachte, ob er sich an Regeln und Abmachungen hielt, ob er seinen Auslauf auch ja zeitlich aufs Minimum beschränkte. Auch wenn all das überhaupt nicht ihr Problem gewesen war.
This is your life, it's do or die, the sun may never rise again, so be the light the vision. This is your life, it's slipping by, you try to run but fall again, you get back up that's living.
ne ne, Aryana tut ja auch eher weniger. Außerdem erwarte ich grundsätzlich nie sowas wie eine Mindestlänge. x'D danke, danke. :3 XD ______
Kaum hatte ich Kehrt gemacht und war drauf und dran das Wohnhaus, das mir bis hierhin noch etwas fremd vorkam, wieder zu betreten, da kam mir Aryana entgegen. Meine kurzzeitig nach oben zuckenden Augenbrauen unterstrichen meinen überraschten Gesichtsausdruck unmissverständlich, hatte ich nun wirklich nicht damit gerechnet schon hier unten im Treppenhaus mit der Brünetten zusammenzustoßen. Sie schien im ersten Moment nicht viel weniger perplex zu sein, distanzierte sie sich doch fast schon reflexartig sofort wieder von mir. Wobei sie dann auch schon wieder einen ziemlich erleichterten Eindruck machte, den ich erst restlos deuten konnte, als sie zur Erklärung auch ein paar Worte veräußerte. Sorgen..? Ehrlich gesagt hatte ich wohl keine Sekunde lang darüber nachgedacht, was es in ihr auslösen könnte, wenn ich länger wegblieb, als das für die kurze Distanz notwendig war. Ob es die nicht vorhandene, vorübergehende Verabschiedung vielleicht auch noch schlimmer gemacht hatte. Womöglich lag das zum einen schlichtweg daran, dass ich nicht davon ausging, dass mich hier Jemand auf offener Straße erschoss, so wie das in Syrien durchaus hätte passieren können und zum anderen daran, dass ich in der letzten Stunde grundsätzlich bis zum Ende eher wenig an irgendwelche Konsequenzen meines Handelns gedacht hatte. Obwohl es definitiv angebracht gewesen wäre, war der knapp kommentierte Abgang ja nicht grade nett gewesen. Es fiel mir anscheinend nur schon kaum mehr auf, wenn ich mich unschön verhielt. Das war gerade in den letzten paar Wochen fast täglich der Fall gewesen, wo die Mundwinkel doch vehement am Boden geklebt hatten. Jetzt gerade fiel mir zum ersten Mal richtig bewusst auf, was ich damit schon wieder losgetreten hatte. Mit was für einem Gefühl ich Aryana mit diesem eisigen Abgang zurückgelassen hatte. Ja, ich hatte das unterschwellige Pieken in meiner eigenen Brust schon bemerkt, aber ich war wohl einfach ein weiteres Mal schrecklich abgestumpft. Würde mir wortwörtlich Jemand ein Messer in die Brust stechen, dann wäre das genauso schmerzhaft wie sonst theoretisch auch. In meinem Kopf hingegen hatten sich wohl wieder ein paar Mauern aufgetürmt, die da zumindest zwischen meiner Freundin und mir wirklich kein bisschen hingehörten. Die einen weiteren der tausend über Jahre hinweg aufgebauten Schutzmechanismen darstellten, aber für die Beziehung zu Aryana nichts als hinderlich waren. Das machte mir ihr Anblick doch ziemlich klar, wirkte sie in sich ziemlich aufgewühlt und das war ohne jeden Zweifel meine Schuld. Andernfalls müsste sie sich ja kaum Sorgen um mich machen. Worauf auch immer genau sich diese Sorge bezog. Hatte sie wirklich geglaubt, dass ich abhauen würde? Vielleicht. Konnte auch etwas anderes sein, das ihr bei meinem etwas längeren Verschwinden plötzlich Sorgen gemacht hatte. War aber für mich im Augenblick auch gar nicht so wichtig, was es genau gewesen war. Denn durch mein Auftauchen hatte ich ihre Bedenken erstickt und sie nicht in was auch immer bestätigt. Wäre auch echt die Krönung gewesen, nachdem ich sie vorhin so hatte sitzen - oder liegen - lassen. Ich schüttelte leicht den Kopf, als ich den Schritt, den sie sich vorher distanziert hatte, wieder zu ihr aufschloss. Wollte ihr damit schlichtweg meine noch folgenden Worte unterstreichen, weil die Sorge in dieser Hinsicht gerade wirklich unbegründet war. "Ich hab nur frische Luft gebraucht... hab noch einen Umweg gemacht und mich kurz mit Jemandem unterhalten.", erklärte ich mit doch deutlich ruhigerer Stimme als vorher zumindest grob, warum ich so lang weg gewesen war und suchte dabei auch bewusst ihren Blick. Wie lang eigentlich? Ich hatte weder ein Handy, noch eine Uhr dabei. So oder so war ich jetzt aber wieder Zuhause und hatte auf dem Weg keine Läden ausgeraubt oder andere dumme Sachen angestellt. War im Gunde nur ein ungeplant langer Spaziergang geworden. Bevor ich jedoch weitersprach hob ich mit einem leisen, kaum hörbaren Seufzen die rechte Hand, um sie an ihren Kiefer zu legen und mit dem Daumen die Kontur ihres Wangenknochen entlang zu streichen. "Ich wollte dich nicht so angehen, Aryana... und ich weiß eigentlich auch, dass du's nur gut gemeint hast. Und ich bin dir wirklich unendlich dankbar dafür, dass du mich da rausgeholt hast. Nur ist das alles...", ich machte eine kurze Pause, weil ich mir noch gar nicht sicher war, ob und was ich überhaupt noch sagen wollte. Eigentlich wäre mir nicht gerade wohl dabei sie tiefer in meinen kaputten Schädel sehen zu lassen, als sie das ohnehin schon tat. "...grade viel zu viel. Ich will den Neustart... mit dir zusammen. Aber ich brauch' einfach etwas Zeit... und muss wohl eine Weile an mir arbeiten, damit ich... wieder runterkomme.", redete ich so vor mich hin, wurde zum Ende etwas leiser und zuckte danach dann leicht mit den Schultern, sah nach unten weg. Ich fühlte mich wirklich nicht gut dabei, mir hier auch noch einzugestehen, dass ich schlichtweg die Kontrolle über mich verloren hatte. Ich hatte damit einen riesigen Schritt zurück in die Vergangenheit gemacht und es würde sicher eine Weile dauern, bis ich das wieder ansatzweise im Griff hatte. Wahrscheinlich war es schon irgendwie vorprogrammiert gewesen, dass ich als wandelnde, tickende Zeitbombe nicht ausschließlich positiv reagieren würde, wenn man mich ziemlich plötzlich in ein komplett neues Leben schmiss und prompt auch vor neue Herausforderungen stellte, obwohl ich mental kaum schon dazu bereit sein konnte. Nur war es eben eigentlich nicht Aryanas Schuld, dass ich momentan so gerne mit Worten - und mitunter wortwörtlich - um mich trat. Es ging jetzt eben auch nicht mehr anders. War jetzt so, wie es war und ich musste mich damit arrangieren, wenn ich nicht wieder hinter Gitter wollte... nur war das wirklich nicht einfach für mich. Genauso wie das wieder angefangene Gespräch hier, das mich fast schon wieder nach der nächsten Kippe greifen lassen wollte.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Ich habe meine eigene Mindest- bzw. eher Normallänge festgelegt, die ich meistens mehr oder weniger einhalte, damit ich mich so im Masse meiner Durchschnittsbeiträge halte... x'D Aber wenns viel zu Schreiben gibt, wird die offensichtlich auch gerne mal verdoppelt, ist glaub ich normal... x'D _________
Er verdrehte immerhin schonmal nicht die Augen und wirkte nicht schon wieder grundsätzlich genervt von ihren Worten, was sie innerlich aufatmen liess. Denn tatsächlich war das eine etwas dämliche Aussage gewesen, bei der sie vielleicht sogar verstanden hätte, wenn er nicht unbedingt erfreut darüber reagiert hätte. Eben weil es ziemlich kontrollierend klang, auch wenn das nicht ihre Absicht gewesen war. Aber Mitch schüttelte nur den Kopf und kam näher auf sie - oder auf die Tür - zu. Seine Worte liessen nun sie diejenige sein, die leicht den Kopf schüttelte. Er musste sich gar nicht dafür rechtfertigen, sie hatte sich sowas in die Richtung ja schon gedacht. Zumindest bis ihr Kopf auf Panik umgestellt hatte eben. "Ja ich... ich hab mir das schon gedacht, ist ja eigentlich nichts dabei...", winkte sie ab, weil sie für ihren Teil sich auch gar nicht weiter über die genannten Sorgen unterhalten wollte. Und weil sie nicht wollte, dass er glaubte, ihr alles erzählen zu müssen, was er getan hatte, weil sie ihm sonst nicht vertraute. Denn ihre plötzliche Angst, ihm könnte etwas zugestossen sein, war wirklich der einzige Grund dafür, dass sie hier unten an der Tür stand. Das dürfte er auch aus ihrem Blick lesen können, den er jetzt - im Gegensatz zur vorangehenden Situation im Schlafzimmer - auch tatsächlich wieder zu suchen schien. Aryana damit auch die Möglichkeit bot, ein Bisschen mehr von seinem eigenen Gemütszustand, seinen Gefühlen zu erkennen. Der Spaziergang schien seine Wirkung nicht verfehlt zu haben, wirkte Mitch doch alles in allem weitaus weniger gereizt und angespannt als vorhin. Was aber auch Grundlage für jede weitere sinnvolle Interaktion zwischen ihnen beiden war und das war dem jungen Mann sicherlich ebenso bewusst wie ihr selbst. Trotz dem offensichtlich besänftigten Gemüt trat Aryana einen automatischen Schritt zurück, als er die Hand nach ihr ausstreckte. Obwohl sie selber nicht wirklich wusste weshalb und es auch sofort wieder bereute. Sie wusste nicht, was ihr Unterbewusstsein erwartet hatte - Mitch hatte ihr ja zumindest physisch noch nie wehgetan, also dürfte das eher weniger der Grund sein - aber sie wollte ihm nicht das Gefühl geben, dass sie seine Nähe und Berührungen nicht wollte. Sie war gerade einfach offensichtlich genauso aufgewühlt wie er selbst, womit sich das irrationale Zurückweichen wohl auch irgendwie erklären liess. Noch während er redete, fanden ihre kurzzeitig abgedrifteten Augen wieder seinen Blick und sie hob ihre linke Hand, legte diese an sein Handgelenk. Nicht um seine Finger, weil sie wollte, dass diese zumindest einen winzigen Augenblick lang auf ihrer Haut liegen blieben. Weil sie ihr ein Bisschen der Hoffnung darauf zurückgaben, dass er nicht vergessen hatte, was sie gewesen waren und vielleicht, wenn sie sich wirklich bemühten, auch wieder sein konnten. Genau Gleiches bewirkte auch die Entschuldigung, die dann ziemlich unerwartet direkt hier zwischen Tür und Angel folgte. Sie hatte unterbewusst wieder angefangen, auf ihrer Unterlippe herum zu beissen und sich leicht an seine Hand zu klammern, als hätte sie Angst, er müsste schon wieder Kippen holen. Aryana nickte ein paar Mal, wollte ihm versichern, dass sie ihn verstand und dass er sich nicht rechtfertigen musste. Aber das sprach sie nicht aus, weil sie selber wusste, dass das ein Witz wäre. Weder konnte sie verstehen, was wirklich mit ihm passiert war, noch war sein Verhalten von Vorhin soweit okay, dass er sich nicht dafür entschuldigen sollte. "Komm... Wir gehen nach oben", hauchte sie etwas heiser, griff nun doch nach seiner Hand, um ihn so mit sich zurück in die Wohnung zu ziehen, die sie gerade so eilig verlassen hatte. Ihre Finger wirkten noch immer etwas zittrig, als sie den Schlüssel ins Schloss steckte und drehte, aber sie ignorierte das - genau wie ihre nackten Füsse - ganz geflissentlich, trat lieber einfach ein und liess Mitch die Tür hinter ihnen wieder zuschieben. Erst, als er seine Schuhe ausgezogen hatte und sie sich im Wohnzimmer wiederfanden, setzte sie mit ein paar Minuten Verspätung auf eine Erwiderung zu seiner Entschuldigung an. Auch wenn sie sich noch immer wie ein Stein im Schloss aus Glas fühlte und absolut nicht einschätzen konnte, was sie sagen durfte und was nicht, um tunlichst zu vermeiden, ihn noch einmal so auf die Palme zu bringen. "Ich weiss... dass du das nicht wolltest. Und ich weiss, dass es schwierig ist... Ich... vielleicht hätte ich nicht so viel auf einmal sagen sollen... das tut mir leid. Ich habe einfach nicht so weit überlegt...", murmelte sie mehr zu sich selbst, liess sich dabei langsam ins Polster des Sofas sinken, warf ihm immer mal wieder einen kurzen Blick zu. "Wir müssen uns wohl einfach.... langsam wieder aneinander gewöhnen. An diese Situation... An dieses Leben... Und wenn wir uns beide wirklich bemühen, dann... dann wird das bestimmt irgendwie", Aryana war sich mittlerweile nicht mal mehr sicher, ob sie mit Mitch oder mit sich selbst sprach. Oder mit beiden, weil sie sich einfach wünschte, diesem dummen Rat folgen zu können um möglichst bald zu dem Zustand zu kommen, in dem es irgendwie ging. Vorzugsweise irgendwie gut.
This is your life, it's do or die, the sun may never rise again, so be the light the vision. This is your life, it's slipping by, you try to run but fall again, you get back up that's living.
So weit hatte ich sie jetzt schon gebracht? Dass sie unterschwellig schon etwas zu viel Respekt vor mir hatte? Vielleicht war ihr kurzes Zurückweichen gar nicht so abwegig, wie es mir gerade vorkam. Auch, wenn ich ihr vorhin schon so nah gewesen war, wie es überhaupt möglich war, hatte ich ihr danach doch überdeutlich vermittelt, dass ich im Moment wohl nur wenig mit dem Mann gemeinsam hatte, den sie vor einem Jahr ins Gefängnis verabschiedet hatte. Was das anging wollte ich mir selbst auch gar nichts vormachen. Ich wusste schließlich am besten, dass ich gerade mit Vorsicht zu genießen war. Auch von Aryana, was mir leid tat. Sie hatte sich insbesondere den heutigen Tag sicher ganz anders vorgestellt und ich konnte irgendwelchen durchweg schönen Abbildern von mir und meinem Umfeld gerade schlichtweg nicht gerecht werden. Ich war schon froh, wenn ich - und vor allem Alles und Jeder um mich herum - das Gespräch mit Easterlin später heil überstand, sollte mir auch nur die Nase des Typen zu schief gewachsen sein. Immerhin beruhigte es mich wieder ein wenig, dass ich bald die schmalen Finger der Brünetten an meinem Handgelenk spüren konnte. Sie mir damit signalisierte, dass es doch okay war, sie anzufassen, weil sie meine Hand andererseits doch mit Sicherheit sofort wieder von sich weg geschoben hätte. So oder so fühlte sie sich aber noch sichtbar unwohl und ich ließ mich begleitet von einem schwachen Nicken meinerseits dazu animieren, ihr erst einmal nach oben zu folgen. Ich hatte mit meinen vorherigen Worten nur einfach nicht warten wollen, weil sie wichtig waren. Sowohl für mich selbst, um mir noch einmal klar zu machen, dass ich es hier mit Aryana und nicht irgendeinem anderen Häftling zu tun hatte, der diese Art von Streit zwangsweise gewohnt war. Mir klar zu machen, dass ich mich zusammenreißen müssen würde, wenn wir beide nicht in einer Katastrophe enden wollten. Nur war das momentan wirklich leichter gesagt, als getan. Während ich der jungen Frau nach oben folgte, fielen mir die nackten Füße auf. Es war nicht so, als würde ich lange darüber nachdenken, aber es vermittelte mir doch noch einmal deutlich, dass sie mit der Suche nach mir - die gar nicht erst zu einer solchen geworden war, weil ich schon da war - ziemlich überstürzt und wahrscheinlich rein instinktiv gehandelt hatte. Schließlich würde es kaum Sinn machen, wenn ich jetzt versuchen würde die Biege zu machen. Mit nicht mehr als Shorts, Sneakern, dem Geldbeutel, einem Feuerzeug und ein paar Glimmstängeln bewaffnet. Das hätte so nur schiefgehen können und wie gesagt - mir war wirklich nicht danach, noch ein weiteres Mal ins Gefängnis zu wandern. Jedenfalls setzte ich oben in der Wohnung angekommen meine Schritte fort, kaum war die Tür hinter mir zu und die Schuhe wieder weg. Barfuß fühlte sich definitiv gleich wieder besser an als Schuhe ohne Socken. Ich folgte Aryana ins Wohnzimmer, blieb aber noch einen Moment lang stehen, während ich ihr zuhörte. Wahrscheinlich weil die innere Unruhe eben noch immer da war. Mir trotz diesem Gefühl des Kaputt-seins sicher entweder ein langer Lauf - den ich bei meiner aktuellen Kondition kaum gut hinkriegen würde - oder ein paar Schläge gegen einen Boxsack, statt in Richtung eines anderen Menschen sicher gut getan hätten. Aber ich schenkte der jungen Frau so gut es ging meine Aufmerksamkeit, zuckte nach ihren ersten paar Worten ein weiteres Mal leicht mit den Schultern und trat dann ebenfalls den letzten Schritt ans Sofa heran, um mich unweit der Brünetten aufs Polster sinken zu lassen. "Konntest du ja nicht ahnen...", war alles, was ich dazu noch sagte. Woher sollte sie es auch besser wissen? Mal ganz davon abgesehen, dass ich auch gar nicht wusste, ob und wie viel es gebracht hätte, wenn sie mir diese ziemlich wichtige Neuigkeit nur stückweise überbracht hätte, statt mir alles auf einmal zu unterbreiten. Vielleicht wäre ich trotzdem aus den vorhin schon angeprangerten Gründen an die Decke gegangen, ich wusste es wirklich nicht. Konnte mich nicht mal selbst kalkulieren, wie sollte sie es dann erfolgreich tun? Das war ein Ding der Unmöglichkeit, das uns sicher noch einige Male miteinander anecken lassen würde. Zumindest ich für meinen Teil hielt das für unumgänglich. Denn ja, es schien wirklich, als müssten wir uns erst wieder aneinander gewöhnen. Uns die neue Version des jeweils anderen erst einmal genauer ansehen - wobei meine dabei sicher weitaus gravierender war -, bevor das mit uns überhaupt wieder richtig funktionieren konnte. Ich suchte mit meinen Fingern wieder nach Aryanas und verschränkte sie langsam miteinander, bevor ich sie direkt ansah. "Ich werd' mir Mühe geben... versprochen.", murmelte ich ihr nur mehr ein leises Versprechen zu, das ich trotz geringer Lautstärke aber durchaus ernst meinte. Strich ihr dabei ein klein wenig über den Handrücken - wohl auch, um mich selbst damit weiter zu beruhigen. Ich wollte sie nicht von mir wegtreiben, sie verlieren. Ohne sie kam ich hier doch erst recht nicht mehr zurecht, war die hübsche Brünette doch das einzige, kleine bisschen Halt, das mir in dieser Welt noch vergönnt war. Die einzige Konstante in den letzten beiden Jahren. Sie war immer da gewesen, war auch jetzt noch da und das sollte so bleiben. Sie war so ziemlich das einzig Gute, das mir im Leben passiert war und ich wüsste nicht, ob ich das letzte Jahr ohne sie überhaupt überlebt hätte. Ich musste sie festhalten, solange ich konnte... solange sie noch festgehalten werden wollte.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +