Vielleicht war faul auch das falsche Wort gewesen. Vielleicht war es auch als Intelligenz zu bezeichnen, einen Weg nicht zweimal gehen zu müssen, bloss weil man das Geld im Auto hatte liegen lassen. Aber darauf ging sie nicht weiter ein, zuckte nur schwer mit den Schultern und gab ein Seufzen von sich. "Ich passe mich meiner Umgebung an, Mitch... Und die ist definitiv faul und träge und verschlafen", beschrieb sie ihre Nachbarschaft mit ein paar Worten, die wohl nur so halbwegs der Wahrheit entsprachen. Aryana kannte die Menschen, die um sie herum wohnten, überhaupt gar nicht. Niemanden davon. Sie sprach mit keinem und suchte keine Freunde, also waren das nichts als Annahmen und Unterstellungen, die sie hier aussprach. Aber das wusste Mitch ja nicht. Auch wenn er sich wohl, rein aufgrund ihres einzelgängerischen Charakters, gut vorstellen könnte, dass sie ihre Nachbaren kaum kannte. Wäre sie auf diese Leute zugegangen, um sich vorzustellen und Freunde zu suchen - dann, ja dann hätte sie definitiv neue Züge entwickelt. War aber ja nicht der Fall. Sie ging mit Mitch zum Automaten rüber, wartete geduldig, während er seine Auswahl traf, wobei ihre voller Aufmerksamkeit auch hier weniger den Snacks als ihrem Freund selbst galt. Einfach nur darum bemüht, alles in sich aufzunehmen, was sie nur bekommen konnte, jede kleine Regung seines Gesichtes, das Zucken seiner Mundwinkel und der forschende Blick seiner Augen, während er abschätzte, welche süsse oder salzige Leckerei den Dollarschein am meisten wert war. Schliesslich hatte er seine Auswahl getroffen und die zwei Artikel fielen ins Ausgabefach, welchem Mitch sie kurzum entnahm. Und Aryana hätte viel darum gegeben, dem Stimmungskiller gleich darauf die Fresse zu polieren oder ihn auch ganz einfach und diplomatisch vom Sprechen abzuhalten. Aber sie hatte nicht erwartet, dass sich jemand streiten wollte, ausgerechnet hier, in diesem Raum überhaupt wagte, auch nur eine einzige solche Bemerkung gegenüber einem Mithäftling fallen zu lassen. Aber scheinbar lebten hier nicht alle nach den gleichen Regeln - oder überhaupt nach irgendwelchen Regeln - denn sie hörte die stichelnden Worte von Rechts deutlich genug. Was absolut ausreichte, um ihre volle Aufmerksamkeit in diese Richtung schweifen zu lassen, den Mann aus schmalen Augen anzublitzen, während Mitch gefühlt ihre Hand zerquetschte. Dies verhinderte sie allerdings mit genügend Gegendruck erfolgreich, wobei Aryana ganz sicher nicht vorhatte, diese Worte einfach auf sich und Mitch sitzen zu lassen. Dazu war sie nicht gemacht. Sie wollte auch keinen Streit provozieren, aber wenigstens ein paar ebenso leise gezischten, giftigen Worte zurück zu schleudern, konnte ihr keiner verbieten. "Keine Angst, ich habe meine Wahl getroffen und gehe nicht mit Idioten mit, Arschgesicht“, fauchte sie dem unbekannten Häftling entgegen, ehe sie sich aber rasch genug mit Mitch abwandte um zurück zu ihrem Tisch zu gehen. Auf die Entschuldigung seitens ihres Freundes ging die Brünette aber gar nicht ein. Beziehungsweise schüttelte sie nur sachte den Kopf, die Augenbrauen noch immer gereizt in die Mitte gezogen. "Wer war das? Ist das einer der Idioten, denen du die blauen Flecken und Verletzungen verdankst?", wollte sie wissen, obwohl es vielleicht besser wäre, das Thema gar nicht erst anzuschneiden. Was wollte sie auch machen? Zu dem Pisser zurückgehen und ihm die Leviten lesen? Ihm eine reinhauen und hoffen, dass sie dann nicht direkt Hausverbot für die nächsten siebenundzwanzig Jahre bekam? Riskant und dämlich. Aber sie würde es trotzdem sehr, sehr gerne tun. Alleine deshalb, weil der Idiot ihnen soeben erfolgreich wieder die Stimmung vermiest hatte.
Schon klar, dass er nicht wusste, was sie mit perfekt meinte. Da spielte sicherlich auch eine Menge subjektives Empfinden ihrerseits rein. Aber Victor war verständnisvoll, er war zuvorkommend, er trug sie praktisch immer auf Händen, liebte sie wie wahrscheinlich niemand sie je zuvor geliebt hatte. Er hörte ihr zu, gab ihr Rat, war da, wenn sie ihn brauchte, half ihr zu stehen, wenn sie selber mal wieder kurz vor dem Kollaps stand, stützte sie in schwierigen Zeiten und trug sie selbst dann, wenn er selber kaum mehr vorwärts konnte. Er war nunmal alles, was sie sich in einem Mann wünschen könnte. Ganz gleich wie psychisch zerstört der Krieg im Zusammenspiel mit dem IS ihn hinterlassen hatten. Und genau darum - weil sie sah, wie perfekt er war und wie viele Fehler, Schwächen und Macken im Gegenzug sie selbst ausmachten, waren sie jetzt an diesem Punkt. Und seine Worte fühlten sich an wie die nächsten Messer in ihrer Seele. Sie stachen so tief, weil da seit Monaten keine Schutzmauer mehr stand, weil alles, was sich auch nur eventuell als Kritik identifizieren liess, ungefiltert in ihr Herz gelang. Weil die Medikamente nicht wirkten, ihre Emotionen nicht gedämpft wurden, weil sie müde war und jede Art von Depression fast zwingend dazu führte, dass sich ein Mensch ständig hinterfragte, sich sicher war, nie gut genug zu sein oder zu werden und dabei alles, was negativ sein könnte, als Bestätigung des eigenen Versagens hinnahm. Sie versuchte, einen nicht allzu bestürzten Gesichtsausdruck zu tragen. Versuchte, hinter das zu sehen, was an seinen Worten nach einem Vorwurf geklungen hatte. Weil sie wusste, dass es das nicht gewesen war. Eigentlich. Aber genau so war es eben an ihre Ohren gelangt, genau so hatte es ihr Herz getroffen und genau so wollte es ihr unweigerlich schon wieder die Tränen in die Augen treiben. Diesmal so, dass sie nicht so leicht dagegen ankam, die feuchten Augenwinkel und Wangen also vorprogrammiert waren. Sie konnte minutenlang überhaupt nichts darauf erwidern, weil da der Teil in ihr war, der ihn anschreien wollte, ihm sagen wollte, dass sie verdammt noch mal seit Wochen versuchte, vorwärts zu kommen. Versuchte, die Therapien zu nutzen. Versuchte, besser, irgendwie gesund zu werden. Denn das tat sie wirklich. Aber es reichte bis jetzt eben einfach nicht und sie war noch immer hier. Es gab niemanden, den das mehr frustrierte, als sie selbst. Da war auch noch ein anderer Teil, der sich unter der Bettdecke verkriechen und heulen wollte. Ein Dritter, der gerne aus dem Fenster gesprungen wäre. Und ein vierter, ziemlich starker Teil, der am liebsten diesen Raum und dieses Haus verlassen hätte, vor Victors Urteil, seinen Blicken, diesem Ort und ihren Problemen wegrennen wollte. Sie wollte weder, dass er sah, wie es ihr ging - an diesem ganzen Nachmittag hatte sie das schon nicht erklären wollen, man sah ja bestens, wozu das Reden nun geführt hatte - noch, dass er sie wieder beim Weinen, Schwach sein, Zurückfallen und Kaputtgehen beobachtete. Dass er sich in seiner Aussage, dass sie den Arsch nicht hochbekam und nicht vorwärts kam, bestätigt sah. Aber Faye konnte nichts tun, ausser sich selbst zu sagen, dass sie aufhören sollte, hier ein solches Drama zu veranstalten. Wegen Problemen, die vermutlich wirklich, wie er gesagt hatte, gar nicht existierten. So war alles, was kaum hörbar über ihre Lippen kam, ein sehr schwaches "Okay.", das dieses Gespräch von ihrer Seite aus beendete. Sie konnte nichts mehr sagen - es gab nichts mehr zu sagen. Sie hatte ihm erklärt, was ihr Problem war, er hatte ihr erklärt, was ihr Problem war... ihr Blick war verschwommen und egal, wie hastig sie die Tränen wegwischte, sie kamen doch immer wieder nach. Und der Kloss in ihrem Hals, mit dem sie die Schluchzer und die elende Verzweiflung, der sie langsam so unendlich müde war, zurückdrängte, wurde unerträglich, schnürte ihr immer mehr die Luft ab. Fayes Blick war längst von Victor abgefallen und zurück auf den Boden geglitten, von wo aus sie ihn nun wieder etwas anhob. Aber nur so weit, dass sie ihre Jacke ausfindig machen konnte, welche sie im Anschluss hastig über ihren Arm warf, ehe sie auch schon in Richtung Tür stolperte. "Ich... muss nochmal raus... N-nur kurz...", war die ganze Erklärung, die sie erstickt von sich gab, bevor sie sich abwandte um aus dem Zimmer zu fliehen. Sie wollte nicht vor ihm und ihren Problemen wegrennen, wirklich nicht. Aber sie konnte unmöglich hier bleiben, spürte förmlich, wie die Wände näher kamen und ihr schwindlig wurde, sie keine Luft mehr bekam, weil ihr Kopf sich einmal mehr noch viel verrücktere Dinge ausmalte, als hier wirklich vor sich gingen. Sie brauchte frische Luft um zu denken, um seine Worte zu verstehen, um darüber nachzudenken, was sie tun musste, um endlich den Durchbruch zu schaffen, von dem er gesprochen hatte. Der so unendlich fern wirkte, obwohl sie seit Monaten versuchte, ihn zu erreichen. Sie hasste es. Diesen Ort, diese elendige Reise, dieses niemals Vorankommen, diese ätzenden Bemühungen, den sinnlosen Kampf. Ihren Kopf und ihre Gedanken, ihren Körper und sich selbst. Und je länger sie all das hasste, umso sinnloser wurde es auch. Umso einfacher wirkte es, einfach aufzuhören. Endlich für Ruhe zu sorgen und die ewige Qual zu beenden. Sie konnte es nicht tun, wegen Victor und Aryana... Aber war es das wirklich wert? Waren Victor und Aryana wirklich glücklicher, wenn sie ihr immer länger dabei zusehen konnten, wie die Krankheit sie langsam zerfrass und sie niemals loszulassen schien, immer mehr von ihr stahl, obwohl sie versuchte, nichts mehr zu geben..?
This is your life, it's do or die, the sun may never rise again, so be the light the vision. This is your life, it's slipping by, you try to run but fall again, you get back up that's living.
Im Grunde war wohl eher ich der Idiot. Ganz nüchtern betrachtet gäbe es schließlich eine weit bessere Wahl als mich, wenn sie sich nur umsehen würde. Aber ich war froh, dass sie es nicht tat. Dass sie selbst in diesem durchweg hässlichen Umfeld noch zu mir hielt und damit gleich mit jeglichen Zweifeln seitens Ausstehender aufräumte. Noch so eine Sache, für die ich ihr gerade unheimlich dankbar war. Auch deshalb, weil ich mich selbst nicht im Stande sah irgendwas zu erwidern, das nicht überaus hässlich geworden wäre. Weil er ganz gleich, was ich sagen würde, nicht nachgeben, sondern es nach einer Antwort nur noch schlimmer machen würde. Deshalb schien mir schnell zum Tisch zurück zu gehen die beste und einzige Option zu sein. Ich konnte es mir schlicht nicht leisten hier vor Zivilisten die Nerven zu verlieren. Da könnte ich noch so viele Wärter schmieren und es gäbe trotzdem zu viele Augenzeugen, um mich nicht unmittelbar danach in Einzelhaft zu stecken. Das wäre mein Ruin, also bekam er die Quittung irgendwann später. Ob es besser war stattdessen Aryanas Frage zu beantworten... damit war ich mir auch nicht sicher. Es wäre mir lieber sie so wenig über die Umstände hier wissen zu lassen, wie nur irgendwie möglich war. Sie sollte sich nicht mehr Sorgen um mich machen, als sie das wohl ohnehin schon tat. Das hatten ihre Augen in dem Moment, als sie mich gesehen hatte, viel zu deutlich gemacht. Also ließ ich mir mit der Antwort so lange Zeit, bis ich mich letztlich am Tisch niedergelassen hatte und die beiden kleinen Tüten dort ablegte. Ich löste meine Hand erneut von Aryanas, um zumindest die Tüte mit dem Erdnussbutterzeug aufzureißen. Nicht nur, weil ich den Süßkram gerne essen wollte, sondern auch um mich nebenbei damit abzulenken. So musste ich die Brünette außerdem nicht direkt ansehen, während ich zu einer Antwort ansetzte. "Er gehört zu einer Gruppe Veteranen... die suchen sich jede Möglichkeit um ihre PTSD's an Irgendjemandem auszulassen und ich bin... quasi ein gefundenes Fressen.", erklärte ich der jungen Frau gegenüber bemüht ruhig ganz grob den Umstand. Es war kein großes Geheimnis, das viele Veteranen, die psychische Störungen aus ihrer Zeit bei der Army mitgenommen hatten, später im normalen Leben dann komplett durchdrehten und irgendwelche Straftaten begangen. Das konnte von Erregung öffentlichen Ärgernissen, über Diebstahl bis zu Mord vermutlich auch alles sein. Dass sich eine ganze Gruppierung solcher Leute nicht unbedingt gut tat, sondern sich nur gegenseitig weiter hochpushte, war kaum verwunderlich. Ich hatte selbst zwar zweifelsfrei auch einige Schäden aus meiner Kriegszeit davongetragen, aber die hatten wirklich einen an der Klatsche. "Ich hab aber ein paar Leute gefunden, die mir so weit es geht den Rücken freihalten... es ist schon besser geworden als am Anfang.", hängte ich noch ein paar mehr gemurmelte Worte hinten an, als ich einen der Peanut Butter Cups aus der Verpackung zog und ihn mir kurz darauf schon in den Mund schob. Besser war hierbei ziemlich relativ, aber ich steckte wohl deutlich weniger Schläge ein, als ich das vorher tun musste. Der Preis dafür war zwar kein schöner, aber mit etwas Glück und Geschick kam ich so zumindest lebend aus den 25 Jahren heraus. Das war alles, was zählte, oder?
Es dauerte kaum ein paar Sekunden, bis ich mir wünschte nichts von Alledem gesagt zu haben. Dass ich nicht gewollt hatte, dass sie wieder zu weinen anfing - was ja leider so gar keine Seltenheit war, aber für gewöhnlich war ich eher nicht der Grund dafür -, war wohl überflüssig zu erwähnen. Dass ich ihr nicht weh tun wollte, nur weil sie mir vorher vielleicht auch ein bisschen mit einer sehr indirekten Unterstellung weh getan hatte, die rein aus ihrer Angst rührte mich zu verlieren. Nur war ich momentan selbst eben auch weit davon entfernt psychisch stabil genug dafür zu sein, solche Dinge nicht unmittelbar an mich herankommen zu lassen. Das war dann, wie ich darauf reagierte - ich suchte etwas Abstand und sagte instinktiv nicht selten Dinge, die ich mir sonst oft verkniff, um unterbewusst genau diese Distanz aufrechtzuerhalten und die betroffene Person daran zu hindern, sofort wieder herzukommen. Leider war das hier und jetzt nichts als absolut kontraproduktiv, jene Abwehrhaltung einzunehmen und selbst wieder ein kleines Stück ins Schneckenhaus zu kriechen, nur weil die Situation gerade schrecklich unangenehm war. Schon unzählige Therapeuten hatten mir bis zum heutigen Tage davon abgeraten diesem Mechanismus in meinem Hirn nachzugeben, aber das war einfach eine Sache, die ich bis heute nicht hinbekam. Vermutlich auch nie hinbekommen würde, so oft wie ich daran inzwischen schon gescheitert war. Vielleicht hatte ich nichts gesagt, das nicht der Wahrheit entsprochen hatte, aber falsch gewesen war es sicher trotzdem. An sich wäre es vielleicht okay gewesen, Faye irgendwann mal darauf hinzuweisen, dass sie gezielt nach dem Knopf suchen musste, aber nicht hier und jetzt in dieser denkbar ungünstige Situation. Denn eigentlich war es absolut vorprogrammiert gewesen, dass sie dann einen Ausweg suchen würde. So, wie sie es in letzter Zeit eben sehr oft tat, wenn etwas unangenehm wurde. Ich könnte mich gerade also mehr als einmal dafür ohrfeigen, dass ich geredet hatte ohne zu denken. Man konnte Worte schließlich nicht mehr zurücknehmen, wenn man sie erst einmal ausgesprochen hatte und ich hatte Faye weh getan, obwohl dass das so ziemlich das letzte war, das ich wollte. Immer. Als sie sich bereits zur Tür umdrehte machte ich noch einen Schritt in ihre Richtung und hob die Hand ein klein wenig an. Wollte sie daran hindern, jetzt zu gehen, aber mir kam ja doch nichts über die Lippen und so fiel die Tür schon bald hinter ihr ins Schloss. Dann stand ich da. Für einige Sekunden oder eher mehrere Minuten, in denen ich mit leerem Blick den Boden anvisierte. Ich würde ihr gern nachgehen. Ihr sagen, dass ich ihr damit nicht hatte weh tun wollen, aber ich wusste selbst leider nur allzu gut, dass es häufig das beste in solchen Situationen war, beiden Parteien erst einmal etwas Freiraum zu geben. Mit weiteren Worten so lange abzuwarten, bis Faye sich ein wenig beruhigt hatte und im besten Fall auch nicht mehr weinte. Trotzdem hatte ich gleichzeitig auch Angst davor sie dermaßen aufgewühlt draußen allein zu lassen. Dass Niemand bei ihr war, falls sie jetzt auf denkbar dumme Ideen kommen könnte. Ich saß zwischen den Stühlen und wusste nicht, wie ich auf beide gleichzeitig raufklettern konnte. Aber die leise Angst ließ mich nicht los und so verließ ich das Zimmer schließlich ebenfalls. Nicht, um nach draußen zu gehen, sondern um die Pflegerstation anzusteuern. Dort saß eine ältere, etwas pummelige Frau am Fenster der durchsichtigen Plexiglasscheibe und kümmerte sich gerade um irgendwelche Unterlagen. Ich sagte nichts, aber sie nahm meine Präsenz wahr und sah mit einem Lächeln zu mir auf. "Ist alles in Ordnung, Victor?", fragte sie ruhig nach und es dauerte kaum eine Sekunde, bis ich den Kopf schüttelte. "Nein, ich... Faye ist rausgegangen und es geht ihr nicht gut. Ich... hab Angst.", offenbarte ich ziemlich wirr, was mir auf die Seele drückte. Ich fühlte mich gerade wirklich wie ein verlorenes Kind, dass einen seiner Kindergärtner um Rat oder Hilfe fragte. "Warum sehen sie nicht nach ihr?", fragte sie weiter, stand in der Zwischenzeit aber langsam von ihrem Bürostuhl auf. "Wir haben uns... gestritten... irgendwie. Ich glaube nicht, dass sie mich bei sich haben will. Ich hab was... Dummes gesagt.", formte ich das Problem weiter und seufzte leise. Ich wusste nicht recht, ob man es wirklich als einen richtigen Streit deklarieren konnte, aber es ging zumindest in diese Richtung. "Ist gut. Ich schau mich nach ihr um.", nahm Mrs Thompson meine Bedenken mit einem Nicken an und drehte sich dann zu ihrer Jacke am Kleiderhaken um. Sie war nett, eine ganz ruhige Seele. "Ich kann das übernehmen.", durchschnitt unweit hinter mir eine Stimme die Luft, die ich gerade wirklich nicht hören wollte. Bevor die Pflegerin Mitte 40 also etwas darauf hätte erwidern und die Arbeit abgeben können, drehte ich meinen Kopf zu Cece und gab ein plötzlich sehr bestimmt klingendes "Nein, kannst du nicht." von mir. Alles, aber bloß das nicht. Die beiden Frauen tauschten kurz einen Blick aus und dann setzte Mrs Thompson ihren Weg nach draußen unbeirrt vor. "Was ist denn los?", fragte Cecilia mich sichtlich verwirrt, weil wir uns vorhin noch ganz normal unterhalten hatten und sie meine Reaktion offenbar nicht einordnen konnte. "Geht dich nichts an.", war aber alles, was ich vorerst recht patzig dazu sagte, bevor ich mich auf den Rückweg zum unweit gelegenen Zimmer machte. Ich warf noch einen kurzen Blick über meine Schulter, um sicher zu gehen, dass sie mir nicht folgte, ehe ich mich ins Zimmer verkroch. Das mit dem vor Problemen weglaufen konnte ich nämlich auch ziemlich gut, wenn ich wollte.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Ihre Miene hatte sich wenig überraschend ebenfalls ziemlich schnell wieder verdunkelt, seit dem Zusammentreffen mit dem feindseligen Mithäftling. Eigentlich liess sie sich sehr ungern von solchen Gestalten die Laune verderben, aber gerade hatte sich das wohl nicht vermeiden lassen. Sie machte sich eben Sorgen um Mitch und Feinde innerhalb dieser Gefängnismauern verbesserten ihr Vertrauen in sein Wohlbefinden leider kaum. Es war auch schwer zu übersehen, dass er ihre Frage eigentlich lieber nicht beantworten wollte. Und wahrscheinlich war das verständlich, denn offensichtlich war der andere kein Freund und über Feinde und Probleme redeten sie beide nicht gerne - war wohl so eine Gemeinsamkeit, die sie verband. Ob gut oder schlecht sei dahingestellt, aber sie behielten solche Umstände beide am liebsten für sich, befassten sich selbst mit ihren eigenen Problemen und schafften diese wann immer möglich auch selber aus der Welt. Ausserdem wollten sie ihre ohnehin schon sehr gefährdete Beziehung natürlich nicht auch noch mit sowas belasten. Aryana verstand also bestens, warum es so lange dauerte, bis Mitch irgendeine wage Antwort von sich gab, während er sich mit der Snackpackung ablenkte. Sie wollte eigentlich nicht hören, dass es hier drin offenbar eine ganze Gruppierung gab, die wahrscheinlich ziemlich vehement gegen einen ehemaligen Verräter ihrer Kameraden kämpfte. Denn natürlich sahen Veteranen in Mitch den ultimativen Abschaum der Gesellschaft, ihren grössten Feind und quittierten seine Wenigkeit mit nichts als Abscheu, Verachtung und Hass. Und natürlich sahen sie nicht, dass er nicht mehr diese Person war. Weil sie manchmal echt glaubte, die absolut einzige Person zu sein, die das verstand. Bis auf Victor und Faye vielleicht, die es auch gesehen hatten. Aber das brachte Mitch eben hier drin nicht viel... Aryana streckte sich nach der geöffneten Packung Peanut Butter Cups aus, entzog diese seinen Fingern und nahm sie zu sich. Sie verschränkte ihre Hände vor den Süssigkeiten, während sie sich etwas vornüber auf den Tisch, in seine Richtung lehnte. "Okay. Das ist beschissen. Es ist beschissen, dass sie nicht verstehen, dass du deine Strafe längst bekommen hast. Es ist beschissen, dass ihr euch hier drin prügelt, als wäre es irgendeine Strasse der Bronx, mitten in der Nacht. Es ist beschissen, dass manche Leute noch immer glauben, Gott spielen und andere für vergangene Fehler verurteilen zu müssen. Aber ich denke nicht, dass wir uns darüber unterhalten müssen. Ich werde mir stärker den je darüber den Kopf zerbrechen, wie ich dich hier wieder raus bekomme und irgendwann, irgendwie schaff ich das auch. Aber die eine Stunde, die ich mit dir verbringen darf, möchte ich lieber nicht dazu nutzen, Gründe zu sammeln, um mir hinterher noch mehr Sorgen zu machen", bestimmte sie weniger nur für ihn als viel mehr auch für sich selbst, dass sie sich nicht weiter über die beschissenen Zustände in dieser Haftanstalt unterhalten sollten. Denn sie konnte nichts daran ändern, egal, was sie versuchen würde. Eine Verlegung war einfach hochgradig unwahrscheinlich - und die Hoffnung auf bessere Umstände in einem anderen Gefängnis verschwindend gering. Also mussten sie sich mit dem hier arrangieren und wahrscheinlich tat Mitch tatsächlich gut daran, gewisse Dinge ihr gegenüber Geheimnisse bleiben zu lassen. "Hast du denn auch was Schönes zu erzählen? Einfach... irgendwas? Wenn dus schaffst, bekommst du vielleicht auch wieder ein Stück Schokolade zurück", meinte sie nach einem kurzen Blick auf die Cups vor ihr, die sie ihm ja theoretisch schon wieder zurückgeben würde - vorausgesetzt er verdiente sie sich auch. Ihr Kopf lag leicht schräg, als ihre Augen die seinen fanden, wieder deutlich entspannter und mit dem angedeuteten Anflug eines sanften Lächelns. Auch ihre Hand hatte Aryana zurück in seine Richtung gestreckt, um die Chance auf dieses winzig kleine Bisschen Körperkontakt nicht ungenutzt verstreichen zu lassen.
Im Flur versuchte sie noch, nicht durch zu schnelle Bewegungen irgendwie Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Nicht, dass da überhaupt wer rumlungerte zu dieser Stunde, aber Rennen war auf diesen Gängen meist nicht sehr gerne gesehen, beziehungsweise zog fast zwangsläufig Fragen nach sich, wenn ein Pfleger einem dabei zusah. Also war es eher zügiger Laufschritt, der sie zur Ausgangstür leitete, die sie durch den Tränenschleier hindurch anpeilte, aufstiess und nach draussen trat. Unmittelbar schlug ihr ein kühler Wind entgegen, weil der Sommer sich eben schon länger von diesem Land verabschiedet hatte. Es wurde auch schon langsam dunkel und die Wolken am Himmel hatten irgendeinen düsteren Farbton zwischen grau und blau angenommen, der die Stimmung in ihrem Herzen ziemlich gut widerspiegelte. Fehlte nur noch der Sturm, das Gewitter, die Blitze, das ewige, dunkle Grollen des Donners im Hintergrund, der ihr Angst machte, wenn sie versuchte, stark zu sein. Aber Stark Sein war gerade nicht ihre Absicht, denn dafür war es zu spät. Und nun, wo sie den Garten erreicht hatte, gab es auch wirklich überhaupt keinen Grund mehr, sich zusammenzureissen. Zumindest war das die Meinung ihres Herzens und ihrer Tränenkanäle, die sofort jegliche Barrieren einstürzen liessen, sie mit Bächen auf den Wangen und ständigen Schluchzern, die ihren Körper beben liessen, beschenkte. Sie zitterte sowieso schon vor Aufregung - die Kälte half denkbar wenig, dem entgegen zu wirken. Faye entfernte sich immer weiter von dem Gebäude, ohne wirklich zu merken, wie ihre Füsse sie unaufhörlich davon trugen, mehr und mehr Distanz zwischen sie und diesen Ort brachten, der sie mit den dunkelsten Seiten ihrer Seele konfrontierte. Jeden Tag. Immer wieder. So wie vorhin. Dabei war sie noch nicht mal ein eifersüchtiger Mensch, eigentlich. Zumindest bis heute nie gewesen. Aber ihr Selbstbewusstsein hatte in ihrem Leben auch noch nie einen solchen Tiefpunkt erreicht, war noch nie so sehr auf Tauchstation gegangen. Also war das wahrscheinlich einfach nur der nächste verschissene Nebeneffekt ihres Absturzes. Angst, dass tatsächlich eine Pflegerin ohne böse Absichten ihr ihren Freund wegnahm. Nichts als erbärmliche Paranoia. Es tat ihr wirklich leid, dies überhaupt gedacht und dann auch noch ausgesprochen zu haben. Es tat ihr leid, Victor einmal mehr bewiesen zu haben, dass ihr Kopf nicht mehr denken konnte, dass ihre Seele noch immer in Schwarz tauchte. Dass sie ihm so offensichtlich aufgezeigt hatte, dass sie gefühlt noch am gleichen Punkt stand, wie vor drei Monaten. Es tat ihr leid, ihn schon wieder enttäuscht zu haben und sie war dieses ewige Spielchen so unendlich müde. Normalerweise sprach er nicht aus, was er dachte, wenn sie mal wieder versagte. Aber spätestens jetzt kannte sie seine Bedenken diesbezüglich ja doch. Und er hatte Recht. Sie kam nicht voran. Vielleicht versuchte sie es wirklich nicht stark genug. Und vielleicht war sie auch einfach nicht stark genug. Faye war längst am Rande des Grundstückes angelangt. Und theoretisch wusste sie auch, dass sie zu dieser Tageszeit nicht mehr darüber hinaus gehen durfte. Dass sie hier bleiben sollte, wenn sie keine weitere Inspizierung ihres psychischen Zustandes riskieren wollte. Wenn sie keine Fragen aufwerfen wollte, was wirklich nicht in ihrem Interesse stand. Aber sie hatte kaum gemerkt, dass sie die Grenze überschritten hatte, war zu tief in ihren Gedanken versunken, die dunkler waren als die Nacht, die diesen Ort bald erreicht haben dürfte. Wenn sie austickte und jemand sie dabei erwischte, dann würde sie zurück in die geschlossene Anstalt wandern. Und zwar ziemlich schnell. Das wollte sie nicht. Und doch drehten sich ihre Gedanken um Seile und Schlingen, Messer und Klingen, Klippen und Sprünge, ewige Stille und den endgültigen Frieden, den ihre Seele auf keine andere Art und Weise mehr zu erreichen schien. Und es dauerte ewig lange Minuten, bis sie endlich einen anderen Gedanken fassen konnte. Den einzigen Gedanken, der sich neben all der Dunkelheit überhaupt manchmal noch Gehör zu verschaffen vermochte. Victor und Aryana. Und Faye fasste einen Entschluss. Ein letztes Mal. Sie würde es noch ein Mal versuchen - noch vier Wochen. Sie würde ihren Arsch hochkriegen und alles versuchen, alles und noch viel mehr, mehr als sie es bisher je geschafft hatte. Und wenn sie in vier Wochen noch immer an diesem Punkt stand, noch immer nichts als Frustration, Trauer und endloser Sorge verbreitete, dann war es das nicht wert. Dann würde sie sowohl ihre Schwester als auch den Mann, den sie so unfassbar und mehr als alles andere liebte endlich von dieser Last befreien. Und sich selbst. "Faye?!", die Stimme klang besorgt - noch so eine - und möglicherweise etwas ausser Atem. Die Brünette konnte sich kaum daran erinnern, auf den Hügel geflohen zu sein, den die Pflegerin nun hinaufstieg. Hatte keine Ahnung, wie lange Mrs Thompson gesucht haben musste, wie lange sie schon draussen war. Ihr Körper war kalt, aber sie nahm das Zittern kaum mehr wahr. Die Tränen waren versiegt, ihre Wangen höchstens noch von den verräterischen, salzigen Spuren überzogen, die zusammen mit dem Rot ihrer Augen erklärten, womit sie sich mal wieder beschäftigt hatte. Faye wandte sich erschrocken um und eilte der Frau entgegen. "Es tut mir leid, ich wollte nicht weg, wirklich nicht! Ich wäre gleich zurückgekommen, habe nur ein Bisschen... die Zeit vergessen", redete sie sich bemüht gefasst aus ihrem kleinen Abstecher zum Hügel raus. Sie wollte nicht schon wieder ein Gespräch, nicht schon wieder erklären müssen, nicht schon wieder schräg angeschaut werden, als würde man Fehler in jeder einzelnen Aussage ihrerseits suchen müssen. Und das Gute an Mrs Thompson war, dass sie sich auch erstmal nicht weiter darum kümmerte, was genau Faye hier draussen getan hatte, sondern viel mehr damit beschäftigt war, sie umgehend zurück zum Haus zu begleiten und ihr dort, kaum hatten sie die Eingangstür passiert, eine der dort gestapelten Decken um die Schultern zu legen. "Brauchen Sie noch was, Faye? Eine Tasse Tee? Möchten Sie reden?", bot die Pflegerin nun ihre Dienste an, während ihr altbekannter, prüfende Blick das Gesicht der jungen Frau nach Auffälligkeiten und verräterischen Emotionen scannte. Aber Faye hatte sich für einmal ausgesprochen gut im Griff, während sie sofort bestimmt den Kopf schüttelte. "Nein, ich würde gerne einfach schlafen gehen...", offenbarte sie ihre Pläne für den verbleibenden Rest des Tages, war schon dabei, den Rückweg zu ihrem Zimmer anzutreten. Natürlich war ihr klar, dass dieser kleine Ausfall ein Gespräch nach sich ziehen würde, sie war ja nicht dumm. Aber Mrs Thompson war Pflegerin, sie würde das alles als Auffälligkeit in Fayes ellenlangem Dossier notieren, was es dann ultimativ zum Problem der morgigen Psychologen machte. Also konnte sie sich noch eine ganze Nacht lang überlegen, welche Ausreden sie auftischen wollte. "Faye? Wenn Sie ein eigenes Zimmer für diese Nacht bevorzugen, dürfen Sie das jederzeit sagen, ja?", mit dieser Aussage löste die ältere Frau im ersten Moment deutliche Verwirrung auf dem Gesicht der Brünetten aus. Es dauerte einige Sekunden, bis sie verstanden hatte, was das bedeutete - dass höchstwahrscheinlich Victor irgendwas gesagt haben musste. Aber sie wollte kein eigenes Zimmer. Nicht jetzt. "Nein, ich... möchte nicht. Ausser Victor hat... etwas in die Richtung gewünscht, natürlich...", murmelte sie zurück, wartete lediglich noch das schwache Lächeln, begleitete von einem leichten Kopfschütteln ab, ehe sie sich mit einem "Okay. Gute Nacht, Mrs Thompson. Entschuldigen Sie meinen... Ausflug", verabschiedete. Faye hatte die Decke noch immer eng um ihren Körper geschlungen, als sie vor der Tür ihres Zimmers stand und noch einmal tief durchatmete. In einem Monat wäre alles anders. Alles besser. Sie klopfte zweimal, schob die Tür dann aber ohne abzuwarten auf. Und kaum war sie eingetreten und das Schloss hinter ihr wieder eingeklinkt, rutschten auch schon die vier schweren Worte über ihre Lippen, die sie diesem Mann nicht oft genug sagen konnte, so anstrengend wie sie sein Leben ständig machte. "Es tut mir leid", und das meinte sie ernst. Jedes Mal. Aber besonders jetzt. Sie würde es besser machen, dieses Mal. Endlich.
This is your life, it's do or die, the sun may never rise again, so be the light the vision. This is your life, it's slipping by, you try to run but fall again, you get back up that's living.
Zack, da war die Süßigkeit auch schon weg, kaum war mir der erste Cup auf der Zunge zergangen. Aryana griff nach der Packung und verbarrikadierte sie hinter ihren Händen, damit ich auch ja gar nicht erst wieder rankam. Unweigerlich wanderte meine rechte Augenbraue nach oben, weil ich im ersten Moment wohl schlichtweg nicht verstand, was sie damit bezwecken wollte. Die Fragezeichen in meinem Kopf hielten auch weiterhin an, als sie zu reden begann. Sie erzählte mir da schließlich nichts, was ich nicht ohnehin schon wusste. Erst gegen Ende ihrer kleinen Ansprache kam Licht ins Dunkle und ihr kleiner Diebstahl schien Sinn zu ergeben. Ich versank wohl nur allzu leicht noch tiefer in eine negative Gedankenrichtung, wenn ich lediglich die Süßigkeiten mit den Augen anvisierte und nicht die junge Frau auf der anderen Seite des Tisches. Allerdings glaubte ich wohl nach wie vor nicht wirklich daran, dass es irgendeinen Weg dafür gab mich aus dem Knast zu holen. Ich wüsste zumindest nicht, wer auf die Schnapsidee kommen sollte mich hier rauszuholen, war das verprügelt werden allein kaum ein Grund dafür. Es bekam schließlich fast jeder hier immer mal wieder eine Faust oder gar Schlimmeres zu spüren, wenn man mal die führenden Köpfe der Gruppen hier drin bei Seite ließ. Aber ich ließ diese Sache, die sich von mir lediglich realistisch bis pessimistisch und kein Stück optimistisch sehen ließ, einfach unkommentiert. Hoffte vielleicht stillschweigend, dass die Brünette eine genauso unmögliche Möglichkeit schaffte, wie wir das damals in den Hügeln getan hatten, aber das war's. Aryana gab mir auch gleich noch einen weiteren Anreiz dafür, lieber wieder auf ein deutlich besseres Gesprächsthema umzuschwenken, indem sie mir den Süßkram weiterhin vorenthielt - unter der Auflage, dass ich ihn nur wieder bekam, wenn ich denn auch irgendwas Schönes zu erzählen hatte. Ich kam nicht umher ihr einen kurzen Ist das dein Ernst?-Blick zuzuwerfen, der aber lediglich der Geschichte mit den Peanut Butter Cups galt. Im Grunde hatte sie schließlich meinen vollen Zuspruch dafür lieber nicht weiter über all die miesen Dinge innerhalb dieser Gefängnismauern zu reden, sondern stattdessen auf ein besseres Thema umzuschwenken. Allerdings musste ich wohl wieder erst ein paar Sekunden über eine Antwort nachdenken, weil es hier drin halt nicht viel Schönes gab. Ich nutzte die Zwischenzeit aber schon einmal dazu, um nach Aryanas Fingern zu greifen. "Hmm... also mein Zellengenosse ist tatsächlich ganz in Ordnung.", setzte ich etwas planlos dazu an der Brünetten Dinge aufzuzählen, die hier drin eben nicht nur schlecht waren. Zwar war der Kerl ein bisschen anders schräg als ich selbst - wegen dem etwas längeren Drogenkonsum seinerseits, war meine Vermutung -, aber man konnte gut mit ihm reden und ich fürchtete eher nicht mehr, dass er mich des Nachts erstoch, wenn ich ausnahmsweise mal sowas wie ruhig schlief. Wir verstanden uns gut, solange ich ihn aus meinen eigenen Problemen hier drin heraus hielt und er weiter sein Eigenbrötler-Knastleben führen konnte. "Und ich hab zwangsweise bei der Arbeit hier gelernt, wie man Fußbälle knüpft.", hängte ich noch eine zweite Sache an. Ich glaubte zwar kaum, dass sich dieses Können irgendwann mal als relevant für mich herausstellen würde, aber das war eine der wenigen Arbeiten hier drin, die zumindest fast Spaß machte. Lag für mich persönlich vermutlich weniger an der Arbeit an sich begründet, bei der man sich leicht mal fluchend in die Finger stach und mehr an dem Hintergrund jener. Ich war selbst in einem spärlich von der Regierung finanzierten Kinderheim aufgewachsen und da fühlte es sich gut an, wenn ich die Zeit hier drin dazu nutzen konnte, für andere Waisen - oder Verstoßene, an dieser Stelle nochmal herzlichen Dank an meine Nicht-Eltern - einen kleinen Unterschied zu machen. Die Fußbälle wurden im Anschluss an mehrere Heime in der Region gespendet und dafür leistete ich tatsächlich gern einen Beitrag. War nur blöd, dass die Menge begrenzt war und früher oder später sicherlich wieder ein unliebsamerer Job winkte.
War das jetzt auch dumm gewesen? Vielleicht hätte ich den Gang zur Pflegestation sein lassen sollen. Eigentlich glaubte ich nicht, dass die ältere Pflegerin Faye auf irgendeine Art und Weise auf die Nerven gehen würde, wenn sie sie denn überhaupt fand, aber vielleicht irrte ich mich damit auch. Die zierliche Brünette konnte es jetzt ganz bestimmt nicht brauchen, dass ihr jetzt noch Jemand unangenehme Fragen stellte oder sie übermäßig bemutterte. Die Angst um sie hatte mich für diese Eventualitäten wohl im ersten Moment blind gemacht und rückgängig machen konnte ich es jetzt auch nicht mehr. Ebenso wie die Worte, die ich ihr vorher an den Kopf geworfen hatte. Dennoch musste ich einfach sehen, dass es ihr gut ging - so weit, wie das aktuell eben möglich war. Sollte Mrs Thompson wider ihrer sonst so einfühlsamen Art also auf Faye eingeredet und sie damit genervt haben, dann tat mir das sicher leid und sie durfte im Nachhinein deshalb gerne sauer auf mich sein. Nur nicht dafür, dass ich mich um sie sorgte. Je später es wurde und je länger ich allein im Zimmer war, desto unaushaltsamer wurden die Einsamkeit und auch die Angst. Ich hatte mich zwischenzeitlich einfach auf einen der Stühle an dem kleinen Tisch im Zimmer gesetzt, stand dann aber doch wieder auf und fing an ziellos im Raum hin und her zu wandern, weil die innere Unruhe einfach ein Ventil nach draußen brauchte. Ein oder zwei Mal, wenn ich an der Wand entlang kam, kroch auch das dringende Bedürfnis in mir hoch die unnachgiebige Mauer zumindest für einen Schlag zum Boxsack umzufunktionieren. Oder zumindest den hölzernen Schrank daneben, der sicher etwas mehr nachgegeben und eine weniger schlimme Verletzung hinterlassen hätte. Nicht aus Wut, mehr nur aus blanker Verzweiflung und wegen all der Selbstvorwürfe, die sich in meinem Kopf und damit auch unmittelbar in meinem Herzen ausbreiteten. Mich langsam aber sicher zu erdrücken drohten. Ich wusste nicht wohin mit den Emotionen und Gedanken, besann mich aber dennoch dazu, meine Hand unversehrt zu lassen. Erstens, weil ich nicht wollte, dass es Irgendjemandem auffiel und ich danach gefragt wurde - allen voran Faye, die sich bestimmt die Schuld dafür geben würde, dann dicht gefolgt von Psychologen oder dem Sportbegleiter, der sich wundern würde, warum mir die Hand weh tat und die Haut abgeschürft war, wenn er mich morgen wieder drangsalieren würde. Und zweitens, weil ich meinen Gefühlen nicht so viel Macht geben wollte. Sie kontrolliert loszuwerden - eben beispielsweise mit Sport, einem Spaziergang oder einem Gespräch darüber - war der eigentlich richtige Weg und nicht, sie wie ein Teenager aus Frust wortwörtlich an die Wand zu klatschen und sich damit nur selbst noch mehr zu schaden. Also setzte ich mich letztlich mit einem schweren Seufzen ans Fußende des Betts und legte den Kopf in die Hände. Atmete ganz bewusst immer wieder etwas tiefer durch und ich hatte keine Ahnung, wie lang ich letztendlich noch genau so dort gesessen hatte, bis es schier nach einer Unendlichkeit an der Tür klopfte. Ich hob ruckartig den Kopf an und ließ die Hände sinken, richtete mich insgesamt etwas mehr auf. Es dauerte nach dem Klopfen auch gar nicht lange, bis ich dann das kleine Häufchen Elend zu Gesicht bekam und ohne Umschweife von der Bettkante aufstand. Noch während ich die paar wenigen Schritte, die uns noch voneinander trennten, auf sie zuging, begann ich sie flüchtig zu mustern. Viel mehr als die Decke konnte ich leider nicht sehen und die ließ mich lediglich darauf schließen, dass ihr draußen vermutlich kalt geworden war. Aber hätte sie irgendwelche Dummheiten gemacht, dann stünde sie jetzt sicherlich nicht hier, sondern säße mindestens auf der Krankenstation des Hauses oder im schlimmsten Fall in einem Krankenhaus. Dass sie noch weit davon entfernt war glücklich auszusehen und dass sie wahrscheinlich fror, schienen für den Augenblick ihre einzigen Beschwerden zu sein und das beruhigte mich weitgehend. Meine Befürchtungen bezüglich ihrer körperlichen Unversehrtheit konnten demnach weichen und rollten zumindest einen Teil des Gewichts auf meinen Schultern gleich mit runter. Ich war mir nicht sicher, worauf Fayes Entschuldigung sich jetzt spezifisch bezog oder ob sie jene nur allgemein aussprach, aber ich schüttelte ganz leicht den Kopf, als ich bei ihr ankam. "Nicht...", unterstrich ich die Geste auch noch mit einem leisen Wort, als ich meine rechte Hand an ihre Wange hob. Wir hatten uns schließlich vorhin beide nicht besonders vorbildlich verhalten. Für einen Moment lang musterte ich ihren Blick, ihr Gesicht. Wusste gar nicht, was ich mit den Augen eigentlich genau suchte, aber ich fand es nicht und legte deshalb meinen linken Arm um das kleine Deckenknäuel, um Faye vorsichtig an meine Brust zu ziehen. "Nur nicht mehr weglaufen, okay..? Ich hab mir... wirklich Sorgen um dich gemacht.", murmelte ich ihr zu und schloss dann einen Moment lang die Augen. Atmete noch ein weiteres Mal etwas tiefer durch, wenn auch nur leise. Ich konnte mir wohl noch so oft einreden, dass ich was die Psyche anbelangte langsam stabiler wurde - Faye würde trotzdem immer mein Kryptonit bleiben, das Alles ganz schnell aus dem Gleichgewicht kippte. Ganz egal wie gut ich die Balance kurz zuvor noch gehalten hatte.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Sie glaubte gerne daran, dass sie einen Weg finden würde, Mitch wieder nach draussen zu holen. Zumindest jetzt gerade, hier bei ihm. Daheim, wenn sie alleine in der kleinen, spärlich eingerichteten und definitiv nicht behaglich oder warm dekorierten Wohnung sass, sah die Sache auch schon wieder ganz anders aus. Dort war es weitaus schwieriger, irgendwie Hoffnung aus dem nichts zu schöpfen, welches sie Tag für Tag umgab. Aber auch diese Gedanken kappte die Brünette erfolgreich, blickte zurück zu Mitch und wartete doch ziemlich gespannt auf das, was an einem Gefängnis auch immer positiv sein mochte. Er musste schon einen Moment nachdenken, aber wider ihrer Zweifel, begann der junge Mann dann doch zu sprechen und fand am Ende sogar zwei Dinge, die nicht ganz zu hundert Prozent beschissen waren. Das war doch ein guter Anfang, fand sie. Und dasselbe sagte wohl auch ihr Gesichtsausdruck aus, der sich zu einem zarten Gewinnerlächeln verzog. "Na wundervoll. Ist er da? Dein Zellengenosse, mein ich. Oder irgendein anderer Kerl, den du wenigstens nicht direkt hasst", fragte sie interessiert, wenn auch schon wieder sarkastisch angehaucht nach, auch wenn es wohl ein etwas zu grosser Zufall wäre, wenn ausgerechnet sein Mitbewohner zur gleichen Stunde Besuch empfangen würde wie Mitch. Aber man weiss ja nie. Aryana würde sicherlich auch nicht Zeit damit verschwenden, sich mit fremden Menschen zu unterhalten hier, also spielte das alles letztendlich auch keine Rolle. Fussbälle knüpfen klang jetzt nicht wie etwas, das die junge Frau unbedingt noch lernen wollte in ihrem Leben, aber wenn es Mitch zumindest ein Bisschen bei Laune hielt, konnte sie sich ganz gut damit anfreunden. "Kann man die kaufen? Ich kann zwar nicht wirklich Fussball spielen und hab eigentlich keinen Bedarf, aber vielleicht sollte ich mir ja auch mal ein Hobby beschaffen - Zwecks sozialer Kontakte wäre Fussball jedenfalls keine schlechte Idee...", das meinte sie möglicherweise nicht ganz ernst, auch wenn ihre Worte der Wahrheit entsprachen. Sie hatte nunmal so gut wie kein Sozial- oder Privatleben, aber es war stark zu bezweifeln, ob sie das überhaupt ändern wollte. Schon gar nicht mit Fussball... Aber der Gedanke an einen Ball, den Mitch selbst gefertigt hatte, fand sie trotzdem nicht so scheisse. Was auch immer sie dann damit anstellen würde. Aryana fischte mit den Fingern ihrer freien Hand eine Erdnussbuttertasse aus der Packung und streckte sich damit über den Tisch hinweg zu Mitch, erhob sich sogar vom Stuhl, nur um ihm die Schokolade grinsend direkt in den Mund zu schieben. Eventuell strichen ihre Finger dabei auch ganz beiläufig voller Sehnsucht über seine weichen Lippen. Die Lippen, die sie so vermisste und die sie nicht küssen durfte, weil er sich sonst mit dem Duft der Freiheit ansteckte. Oder was auch immer der total dämliche Grund dafür war, dass sie sich nicht näher sein konnten.
Ihr war schon bewusst, dass er sie musterte. Wohl um möglicherweise nicht ganz unbegründete Befürchtungen aus dem Weg zu räumen, dass sie draussen auf dumme Ideen gekommen war und sich was angetan hatte. Und sie war unendlich froh darum, es nicht getan zu haben, allein um ihn damit jetzt nicht schon wieder enttäuscht und besorgt zu haben. Es war wahrscheinlich dämlich, auf sowas stolz zu sein - aber für Faye war es doch sowas wie ein kleiner Gewinn. Denn auch wenn sie es ewig nicht mehr getan hatte, so war die Versuchung definitiv da gewesen. Natürlich wurden ihr hier jegliche Mittel zur Selbstverletzung ziemlich vehement verwehrt, aber irgendwie hätte sie es doch schaffen können, wenn sie gewollt hätte. Und sei es nur mit einem spitzen Stein oder einem Ast da draussen gewesen... Es war nicht unmöglich. Aber sie war ganz zurückgekommen. Vielleicht zu spät und offensichtlich hatte sie Victor damit schon wieder unnötigem Stress und Angst ausgesetzt. Und das tat ihr auch leid. Nur wollte er genau das scheinbar nicht wirklich hören. Natürlich nicht. Sie beide waren Meister darin, sich selbst jegliche Schuld an allen Umständen zu geben, um stattdessen die Fehler der jeweils anderen Person zu ignorieren. Sie blickte zu dem jungen Mann auf, als er sie erneut musterte. Sah in seine wundervollen Augen und das Zucken ihrer Mundwinkel deutete ein sanftes Lächeln an, bevor sie ihren Kopf an seine Brust bettete und selber für einen Moment die Augen schloss. "Nein... ich laufe nicht mehr weg...", murmelte sie vor sich hin und ihre Stimme klang genau so, wie sie sich fühlte. Unendlich erleichtert. Sie hatte endlich das Gefühl, wieder atmen zu können. Ihr Blick hatte sich geklärt und es war, als hätte sie nach einer Ewigkeit eine dreckbeschmierte Brille abgelegt, um die Farben der Welt wieder klar sehen zu können. Denn egal, was im nächsten Monat passierte, dieses elendige Vor-Sich-Hin-Seuchen hatte ein Ende. Egal, worauf es letztendlich hinauslief - und natürlich hoffte sie mit aller Kraft auf einen positiven Ausgang, auf eine Zukunft mit Victor - in vier Wochen wäre alles anders. "Du hattest schon Recht, Victor... Ich muss was ändern. Und glaub mir, diesmal werde ich das auch tun. Diesmal wird alles gut...", ihre Stimme war leise, aber ungewohnt ruhig. Vielleicht zu entspannt, wenn man gleichzeitig die Frau vor Augen hatte, die vor kaum einer Stunde aus diesem Zimmer nach draussen geflohen war. Aber Faye war zurückgekommen. Und sie stand hier in Victors Armen, da wo sie immer bleiben wollte. Und an diesem Wunsch würde sich niemals etwas ändern, egal, was sie sich gegenseitig noch alles sagen würden, egal, was passierte. "Gehen wir schlafen? Oder kuscheln?", fragte sie leise, hob dabei den Kopf, um zu ihm nach oben zu blinzeln. Ihr war noch immer kalt, aber eine Bettdecke und seine Wärme würden das bestimmt sehr schnell beheben können. Und genau danach verlangte in diesem Augenblick alles in ihr - nach seiner Nähe und einem Bisschen Zuneigung. Nach all den schönen Dingen, die sie zu lange nicht mehr richtig genossen hatte. All den Gründen, das Leiden zu überleben und nur niemals aufzugeben.
This is your life, it's do or die, the sun may never rise again, so be the light the vision. This is your life, it's slipping by, you try to run but fall again, you get back up that's living.
Ich wusste nicht ob er hier war, hegte aber starke Zweifel daran. Normalerweise redete mein Mitbewohner nämlich immer schon Stunden vorher nur noch davon, dass er seine Frau und seinen Sohn wiedersehen würde. Wenn er Besuch bekam, dann wusste ich das also in der Regel schon sobald ich am Morgen die Augen aufschlug. Er war dann wie ausgewechselt, weil er sich so darauf freute und konnte kaum mehr still sitzen, bis es endlich soweit war. War also unwahrscheinlich, dass er auch hier im Raum saß und das heute noch mit keinem Sterbenswort erwähnt hatte, aber ich warf um sicher zu gehen dennoch einen flüchtigen Blick über all die einheitlich gekleideten Insassen. Letztlich schüttelte ich leicht den Kopf und sah dann wieder zu Aryana. Meine Antwort fasste sich mit den ruhigen Worten "Nein, keiner da." eher sehr oberflächlich, was den simplen Grund hatte, dass es sonst nicht wirklich Leute hier drin gab, die ich mit freundlichen Worten begrüßte oder umgekehrt. Deshalb war wohl auch das ein Thema, das ich besser nicht vertiefte und lieber einen Bogen herum machte. Man war entweder mein Zellengenosse, eine rein funktionale Person oder man war Jemand, den ich nicht leiden konnte. Irgendwelche Grauzonen gab es da nicht und ich hielt es bis jetzt auch für besser, mich auf diesen einzigen, etwas engeren Kontakt zu beschränken. Je weniger die Anderen über mich wussten, desto weniger konnten sie mir in der Psyche herumstochern. Reichte schon, dass mir jetzt sicher immer wieder Worte bezüglich Aryana um die Ohren fliegen würden, da musste ich ihnen nicht noch mehr Gründe liefern. Jene Brünette setzte nach ihren folgenden Worten auch schon dazu an, mir die wohlverdiente Belohnung für meine offenbar zufriedenstellende Antwort zu überreichen. Stand sogar vom Stuhl auf, was zwangsweise erneut den Blick des hochgradig nervtötenden Wachmanns an der Seite auf uns lotste, aber er sagte nichts. Nicht, als ich den Mund öffnete, um die Süßigkeit kurz darauf schon auf meiner Zunge schmecken zu können. Auch nicht, als ich Aryanas Finger an meinen Lippen spürte und unweigerlich etwas zu grinsen anfing. Es erinnerte mich einfach ein bisschen an früher. Zwar konnte ich mich nicht daran erinnern, dass die junge Frau mich schon jemals zuvor gefüttert hatte, aber ihre Finger hatten mir schon oft übers Gesicht gestrichen - seltener auch über die Lippen. Letztere hatten wir für gewöhnlich nur lieber anders genutzt. Für den Moment, in dem ich mit dem Peanut Butter Cup und dem in mich hinein grinsen beschäftigt war, vergaß ich aufgrund der aufkommenden Erinnerungen wohl auch kurzzeitig, dass die junge Frau mir vor Überreichen der Süßigkeit noch eine Frage gestellt hatte, auf die ich unter Umständen mal antworten sollte. "Ich glaub nicht, sind für 'ne Spende... aber wir sortieren immer mal schlechte Flicken aus. Also wenn du damit leben kannst, dass er nicht ganz rund ist und wahrscheinlich ein bisschen eiert... dann kann ich dir sogar einen schenken.", erwiderte ich gen Ende hin recht sarkastisch, ohne dass das Grinsen auf meinen Lippen verklang. Es war immer noch faszinierend für mich, dass die Brünette kaum mehr als ein paar simple Berührungen oder Worte dazu brauchte, um meine Stimmung anzuheben. Vielleicht hielt das nicht mehr lange an, wenn sie erst einmal weg war, aber bis dahin war die Welt dann ein bisschen weniger gegen mich und damit ein bisschen mehr in Ordnung. "Ich kann mir dich irgendwie immer noch schwer zwischen Zivilisten vorstellen.", stellte ich dann noch fest, wobei der sarkastische Unterton wohl blieb, weil ich mich mit ihm einfach wohler fühlte und in alte Gewohnheiten rutschte. Aryana in einem Fußballteam - mit einem Ball, der unvorhersehbare Linien einschlug - war in jedem Fall ein eher schräger Gedanke. Zumal ich auch glaubte, dass sie sich mit kaum einer anderen Position als der des Kapitäns zufrieden geben konnte, wenn es zu viele unfähige Mitspieler gab, denen sie regelmäßig die Leviten lesen musste.
Fayes Stimme klang in jedem Fall schon besser als vor ihrem Ausflug. Nicht mehr so weinerlich, nicht mehr gedrückt und sie sprach auch verhältnismäßig klar. Ein bisschen fragte ich mich schon, woher das jetzt genau kam. Natürlich war sie eine Weile lang draußen gewesen und vielleicht war es wirklich nur frische Luft, die sie gebraucht hatte, um ihr Hirn mal wieder leerzufegen und den Bezug zu den eigentlich wichtigen Dingen wiederzufinden. Manchmal reichte das schon. Womöglich hatte sie doch eine kleine Weile mit der pummeligen Pflegerin geredet - auf positive und nicht nervtötende Art und Weise, meine ich. Vielleicht war es auch einfach eine Kombination aus beidem, aber ich hatte eher nicht vor, jetzt nachzufragen. Das letzte Mal war das ziemlich in die Hose gegangen und wenn es Irgendetwas gab, worüber Faye mit mir reden wollte, dann wusste sie, dass ich immer ein aufmerksames Paar offene Ohren für sie hatte. Also nahm ich den positiven Stimmungswechsel erst einmal einfach so hin. Wo auch immer sie den neuen Mut jetzt so plötzlich hernahm, allzu verkehrt konnte er auf den ersten Blick für mich nicht sein. Ich lächelte schwach, wenn auch vielleicht noch ein bisschen nachdenklich und irritiert. "Ich bin stolz auf dich, Kleines.", ließ ich meine unterschwelligen Bedenken außen vor und versuchte es stattdessen mit positiver Bestärkung, hauchte ihr im Anschluss daran noch einen flüchtigen Kuss auf den Haaransatz. Dass sie sich neue Ziele setzte war schließlich etwas Gutes. Zu erreichende Meilensteine waren ein wichtiger Punkt dabei seine psychische Erkrankung einzudämmen und zu lernen damit umzugehen. Neben Routine war das eines der wichtigsten Dinge, die einem beim wieder hoch kommen halfen. Hätte ich allerdings gewusst, dass es sich bei diesem neuen Ziel seitens der Brünetten potenziell auch um Suizid handeln konnte, falls sie ein weiteres Mal das Gefühl dabei kriegen sollte Niemanden - inklusive sich selbst - zufrieden stellen zu können, hätte ich wohl ganz anders reagiert. Ich sah automatisch zu Faye hinab, als sich ihr Kopf bewegte und fing ihren Blick mit meinem ein. Ihre leisen Fragen ließen das Lächeln auf meinen Lippen noch ein wenig breiter werden und ich nickte entschieden. "Beides. Lass' mich nur nochmal kurz ins Bad, dann muss ich später nicht mehr aufstehen.", beantwortete ich ihre Fragen und strich ihr noch einmal sanft über die Wange, bevor ich mich langsam von ihr löste und mit einem letzten Blick in ihre Richtung das Badezimmer aufsuchte. Ich wollte mich nicht jetzt an sie kuscheln und später nochmal aus dem Bett kriechen müssen, also erledigte ich das Notwendigste eben einfach jetzt, um diese kleine Unannehmlichkeit zu umgehen. Dauerte sicher auch nicht länger als fünf Minuten und im Grunde auch nur deshalb mehr als drei, weil ich noch mal kurz vor dem Spiegel innehielt. Als chronisch depressiver Mensch neigte ich schlichtweg dazu absolut alles mehr in Frage zu stellen, als es ein anderer Mensch tun würde und ich kam nicht umher, mir noch einmal kurz Gedanken über Fayes Worte zu machen, während ich mich selbst betrachtete. Mit einem schwachen, aber endgültigen Kopfschütteln zwang ich mich dann aber doch dazu, einfach damit aufzuhören. Ich hatte mir schon oft genug positive Momente damit kaputt gemacht, sie nur lange und oft genug zu hinterfragen und Fehler darin zu suchen, also sollte ich das ganz einfach bleiben lassen. Stattdessen verließ ich das Bad wieder und zog mir das Shirt schon über den Kopf, als ich den Türrahmen passierte. Tauschte im Anschluss auch die Hose noch gegen bequeme, lockere Shorts und schmiss die überflüssigen Klamotten in die Wäschebox, bevor ich zu Fayes Bett aufschloss. War im Grunde absolut egal, für welches der Betten wir uns entscheiden, weil beide gleichermaßen eigentlich zu schmal für zwei Personen waren - trotzdem immer noch breiter, als die Feldbetten bei der Army und vor allem bequemer. Also kroch ich kurzerhand einfach zu Faye ins Bett und bekam damit jetzt endlich die Kuscheleinheit, die ich eigentlich schon vor Stunden gebraucht hatte.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Gut, keine Freunde, die sie kennenlernen konnte. War auch in Ordnung, da sie wie gesagt eigentlich auch nicht wirklich das Bedürfnis hatte, sich mit jemandem abgesehen von ihrem Lieblingsmann zu unterhalten. Ausserdem hatte sie auch nicht erwartet, dass er hier Freunde suchte oder fand. Vielleicht eines Tages, wenn er zu lange hier drin war und das Verlangen nach sozialen Kontakten zu gross wurde. Aber das wäre auch überraschend, Mitch hatte immerhin Jahre seines Lebens im Alleingang absolviert und nie wirklich Probleme damit gehabt. Zumindest keine von denen sie wusste. Es sei denn, man wollte die Fehler seiner Vergangenheit mit Einsamkeit begründen, was vielleicht gar nicht sooo weit hergeholt war. Aber eben, sie waren beide Einzelgänger und ihrer Meinung nach konnte das auch ganz einfach ein angeborener Charakterzug ihrer Persönlichkeiten sein und musste nichts mit schwerer Kindheit, Trauma, Verletzungen etc. zu tun haben. So war das Thema für sie erstmal gegessen. Aryana beschäftigte sich sowieso deutlich lieber mit dem Grinsen auf seinem Gesicht als mit den unschönen Umständen des Gefängnislebens, womit ihr die Aufwärtsbewegung seiner Mundwinkel im Anschluss sehr gelegen kam. Ihr entging nicht, dass die kleine Fütterung beim Aufpasser an der Wand ein paar Zuckungen auslöste, aber solange der gute Herr da einfach den Mund hielt, ging ihr das sehr gepflegt am Arsch vorbei. Sie liess ihre Hand ja auch nicht übermässig lang über das Gesicht ihres Freundes wandern. Auf jeden Fall nicht halb so lang, wie sie das gerne getan hätte, bevor sie sich zurück auf den nicht besonders komfortablen Stuhl sinken liess. Sie hatten sich nicht so viel Mühe mit der Einrichtung dieses Ortes gegeben, wenn man Aryana fragte. Ihre Ansprüche waren auch keineswegs besonders hoch, aber der hässliche, eindeutig zu selten gewischte oder schlichtweg zu alte Boden, wirkte zusammen mit der abgenutzten Tisch- und Stuhleinrichtung und den kahlen Wänden etwa minus vierhundert Prozent einladend. Naja. Zurück zum Wesentlichen, das für die Brünette eigentlich nur aus der einen Person bestand, die ihr gegenüber wieder ein paar von Sarkasmus geprägten Worte fallen liess, die ihr mittlerweile etwas abgeschwachte Lächeln wieder zum leichten Grinsen wachsen liess. «Ich würd’ mich endlos über einen nicht ganz runden Fussball freuen, der aus schlechten Flicken besteht und dem Gefängnis entsprungen ist, Mitch… Auch bin ich mir sicher, dass ich damit meine überragenden Künste im Fussballspielen ganz wundervoll ausbauen kann», brachte sie ebenso sarkastisch ihre Freude zum Ausdruck. Seine Bedenken zu ihrem Leben als Normalbürgerin konnte sie tatsächlich ziemlich gut nachvollziehen. «Glaub mir, mir geht’s gleich», antwortete sie also wiederum begleitet von viel Sarkasmus. «Man könnte meinen, nach drei Monaten hätte ich mich an diesen Alltag, von dem alle immer sprechen, gewöhnt… Aber ich kann dich beruhigen, so ist es nicht», hängte sie im gleichen Ton an, was er wohl schon erwartet hatte. Dieses Leben war nichts für sie und das hatte sie immer gewusst. Es war ja nicht nur Julians Drängen gewesen, das sie zur Army gezogen hatte. Nein, sie hatte auch ganz einfach selber genug von normal und langweilig gehabt. Dass sie nun also mehr oder weniger von der Gesellschaft dazu aufgefordert wurde, wieder da einzusteigen, wo sie nicht mehr hatte sein wollen, war eben auch nur unglückliches Schicksal. Vielleicht würde sie daran auch noch was ändern. Ziemlich sicher würde sie das. Aber nicht heute und morgen, wo sie noch immer damit beschäftigt war, überhaupt anzukommen und ihre Prioritäten zu ordnen, ihrem Leben einen Sinn zu geben, der über die viel zu selten erlaubten Gefängnisbesuche hinaus ging.
Hm. Vielleicht war es dazu noch ein Bisschen früh. Vielleicht sollte er noch nicht stolz auf sie sein, solange sie das Elend noch nicht definitiv überstanden hatte. Aber das behielt sie lieber für sich. Sie wollte ihm nicht schon wieder Sorgen bereiten und das, was sie draussen mit sich selbst abgemacht hatte, würde niemals über ihre Lippen an die Ohren der Welt gelangen. Das würde sie keinem erzählen, egal, wie viel die Psychologen wieder fragten. In diesem Moment hatte sie sich auch noch keine Gedanken darüber gemacht, dass es gar nicht so abwegig war, dass einer von den Studierten sehr wohl hinter die Wahrheit ihres Stimmungswandels kommen könnte. Dass es tatsächlich gar nicht so ungewöhnlich für suizidgefährdete Menschen war, kurz vor ihrem Tod - eben dann, wenn sie den Frieden mit sich selbst gefunden hatten, wenn sie ein Ende in dem Leiden sahen und wussten, dass sie nicht mehr ewig so weitermachen mussten - plötzlich scheinbar Fortschritte zu machen und glücklicher zu wirken, weniger sorgenvoll, weniger traurig. Aber daran dachte Faye nicht. Sie lächelte nur vor sich hin, als sie seine Worte hörte, seine Lippen an ihrer Stirn spürte. Als er sich schliesslich abwandte und, gefolgt von ihren Blicken, das Badezimmer aufsuchte. Einen Moment blieb die Brünette noch stehen, atmete ein paar Mal tief durch und schloss auch nochmal für ein paar Sekunden die Augen. Dann setzte sie sich in Bewegung, faltete die Decke ordentlich zusammen und legte sie auf den Stuhl neben der Tür, damit sie sie Morgen an ihren Platz zurückbringen konnte. Sie schälte sich ein Bisschen wie in Zeitlupe aus ihren Klamotten, obwohl ihr Kopf von einer angenehmen Leere erfüllt blieb. Legte die Sachen auf dem anderen Stuhl ab und zog sich stattdessen ein weites Shirt über, das seinen Zweck als Nachthemd seit ein paar Tagen wieder eingenommen hatte. Wenn Victor bei ihr schlief, was mittlerweile ja wieder fast immer der Fall war, brauchte sie auch keinen Schlafanzug der Extraklasse mehr - die Decke und seine Nähe reichten vollkommen aus um sie auch des Nachts gut warm zu halten. So kuschelte sie sich also unter die Decke und wartete die paar Minuten ab, die er noch im Bad brauchte. Dauerte dann auch nicht lange, bis er genau diesen kleinen Raum verliess und stattdessen zu ihr aufschloss, seinen Platz an ihrer Seite einnahm, der für immer für ihn reserviert bleiben würde. Faye liess kaum eine halbe Sekunde verstreichen, da klebte sie auch schon an seiner Brust, legte ein Bein über die seinen und ihren Arm um ihn, bis sie so dicht bei ihm lag, wie es im Liegen eben möglich war. Und wie aus dem Nichts kam ihr plötzlich der Gedanke an den Moment, in dem sie sich zuletzt noch näher als so gewesen waren. Das letzte Mal Sex war ewig her - natürlich. Und sie würde ganz sicher nicht von einer Klippe springen, bevor sie versucht hatte, ihre langsam totgeglaubten Glückshormone damit zu wecken. Vielleicht war es ja auch einfach das Oxytocin, was ihr fehlte. Zugegeben, das war eine sehr einfache Lösung, aber wer wusste das schon? Faye pflanzte ein paar zärtliche Küsse an seiner Brust, ehe sie nochmal zu ihm nach oben schaute. "Wir sollten wieder mit unserer Liste anfangen, Victor. All die Dinge aufschreiben, die wir machen wollen. Und nicht nur das, sondern alles, was uns glücklich machen könnte. Alles, was uns mal glücklich gemacht hat. Und dann sollten wir diese Dinge nicht nur aufschreiben, sondern auch tun... Vielleicht klappt ja etwas davon", redete sie ihre Gedanken vor sich hin. Inwiefern sie eine solche Liste zustande bringen und auch wirklich abarbeiten konnten, wusste sie natürlich nicht. Aber vielleicht wäre es sinnvoll. Den Versuch jedenfalls wert.
This is your life, it's do or die, the sun may never rise again, so be the light the vision. This is your life, it's slipping by, you try to run but fall again, you get back up that's living.
Ich hing noch einen kurzen Moment länger an den Gedanken an Aryana im Fußballtrikot fest. An Disziplin für das regelmäßige Training dürfte es ihr kaum mangeln, war ein bisschen einen Ball durch die Gegend zu kicken doch nicht ansatzweise so anstrengend für der Alltag bei der Army. Aber die Vorstellung, wie sie das Spiel mehr Nerven als was Anderes kostete, war witzig. Auch gewissermaßen anregend, wenn man sich die Shorts deutlich kürzer vorstellte, als sie es normalerweise wären. Allerdings kappte ich den Gedanken an dieser Stelle dann doch lieber. Es gab zwar noch wenige Gefängnisse in den Staaten, die Intimbesuche nach einer langen Zeitspanne voll guter Führung zuließen, aber in den meisten Einrichtungen war das längst wieder verboten. Zu viel Potenzial für das Einschmuggeln von kleinen Waffen oder Drogen - als würde man nicht auch ohne an den Kram rankommen, wenn man es wirklich wollte. Gab ja genug zu bestechende Wärter. Daran zu denken, dass ich erst gefühlt in zwei Jahrhunderten wieder innigen Körperkontakt mit der Brünetten haben konnte, wenn wir beide schon so gar nicht mehr in der Blüte unseres Lebens standen, war absolut frustrierend. Ich blieb also besser wieder bei dem Ballspiel. "Naja, zum Fußballspielen reicht er vielleicht nicht ganz... aber du kannst ihn deinen Mitspielern an den Kopf schmeißen, wenn sie dich nerven. Ich kann ihn ja extra handlich machen.", stieg ich weiterhin auf die Witz-Schiene ein. War aber auch einfach eine Sache, die man gar nicht ernst nehmen konnte. Aryana und ständig einem Ball hinterher laufen passte irgendwie einfach nicht zusammen. Da schien mir die Theorie, dass sie Jemanden mit einem Ball abwarf, doch gleich wesentlich wahrscheinlicher. Mussten ja keine Mitspieler sein, die Nachbarn taten es auch. Um sich hingegen an den Alltag zu gewöhnen hatte die junge Frau noch eine ganze Menge Zeit. Oder eben dafür eine andere Option zu finden, welche die Rückkehr zur Army ausschloss. In ihre vorherige Position käme sie nach dem ganzen Eklat noch weniger zurück als überhaupt, wollten die sie doch jetzt ganz bestimmt nicht mehr haben. "Ernährst du dich jetzt eigentlich nur noch Fast Food oder versuchst du kochen zu lernen?", stellte ich belustigt eine Frage zu ihrem neuen Alltag, fing nebenher unterbewusst wieder damit an ihr über den Handrücken zu streichen. Der Gedanke daran, wie die Brünette Tag für Tag in der Küche stand, um sich dem Kochen näher zu bringen, damit sie sich nicht ernähren musste wie ein fauler Teenager, war nämlich fast noch lustiger als der mit dem Fußball. Ich konnte es mir auch einfach nur schwer vorstellen. Vielleicht steckte sie dabei regelmäßig fast die Küche in Brand oder fluchte ununterbrochen vor sich hin. Unter Umständen auch beides. Nach eigener Aussage war es um ihre Kochkünste bisher ja noch eher schlecht bestellt und ich konnte mir durchaus vorstellen, dass sie lieber auf leichte Alternativen zurückgriff. "Eigentlich kannst du die Zeit dann auch gleich dazu nutzen, um die Reisröllchen zu üben, die du mir noch schuldest.", wies ich sie unschuldig blinzelnd darauf hin, dass ich die Geschichte mit dem Sushi nicht vergessen würde. Wahrscheinlich auch in 25 Jahren nicht, aber das galt sicher für fast Alles, das mit Aryana in Verbindung stand. Hier im Knast hatte ich erst recht genug Zeit dafür mir all die schönen Momente mir ihr wieder und wieder ins Gedächtnis zu rufen. "Hast du eigentlich 'nen Job?", hakte ich weiter nach, weil auch Arbeit für sehr viele Menschen einen großen Teil des Alltags beinhaltete. Die Optik der jungen Frau ließ auch nicht darauf schließen, dass sie aktuell in einem Pappkarton am Straßenrand wohnte und eine Wohnung wollte finanziert werden. Ich glaubte zwar nicht, dass sie ihr ganzes Erspartes an den Staat hatte abtreten müssen, aber den Rest davon mit der Zeit aufzubrauchen wäre auch nicht ideal.
Lange auf besagte Kuscheleinheit warten musste ich definitiv nicht, war Faye doch sofort eng bei mir und ließ damit auch schon das nächste Lächeln auf meine Lippen kommen. Es gab mir einfach jedes Mal aufs Neue ein bisschen mehr Normalität zurück, die mir sonst momentan so vergeblich im Leben fehlte. Dass ich langsam gut erkennbare Fortschritte mit der Therapie machte war ja schön und gut, aber das half einem später auch nur bedingt zurück ins normale Leben. Als ich das letzte Mal aus der Klapse entlassen worden war, was fast ein Jahr gedauert hatte - Suizidgefährdung und sowas -, war ich danach ins nächste Loch gefallen, weil ich nicht wusste wohin mit mir. Kein Job funktionierte, von den Flashbacks inklusive dem chronischen Rückenschmerz geplagt war ich immer noch und es war zwar wie so oft lieb von meiner Mutter gemeint, aber ihre überfürsorgliche Ader war auch sehr bald absolut furchtbar und nervtötend gewesen, weil sie ein schlechtes Gefühl dafür hatte wann Hilfe angebracht war und wann nicht. Es blieb also zu hoffen, dass Faye mir dieses Mal dabei helfen konnte den Kopf nicht wieder zu verlieren, sobald wir zurück in Freiheit waren und prinzipiell alle Möglichkeiten der Welt hatten. Dieses Mal hatte ich mit ihr eine Perspektive im Leben, die ich nicht wegwerfen wollte und auch einen groben Plan dafür, was ich ungeachtet unserer Beziehung noch schaffen wollte. Das war eine Sache, die mir das letzte Mal gefehlt hatte. Während es inzwischen wieder normal war, dass Faye sich an mich kuschelte, waren es all die kleinen Küsse auf meiner Brust eher weniger und ich fragte mich ja doch unweigerlich ein weiteres Mal, woher sie die plötzliche Euphorie nahm - was nicht hieß, dass ich die zarten Berührungen ihrer Lippen nicht genoss. Ganz im Gegenteil. Ich würde ihr nur trotzdem wahnsinnig gern in den Kopf sehen können, um mich zu vergewissern dass wirklich alles okay war und sie ihre eigentlichen Gefühle nicht nur überspielte. Oder sie jetzt zusätzlich auch noch eine bipolare Störung zu entwickeln begann. "Dann...", setzte ich zu einem Satz an, bevor ich meinen Blick von ihr löste und zu dem Nachtkästchen neben dem Bett wandern ließ. Während ich den anderen Arm längst schon um Fayes zierlichen Körper gelegt hatte streckte sich die freie Hand nach der oberen Schublade aus. Jeder hier hatte ein kleines, sehr handliches Notizbuch für sich selbst, das man wohl auf unterschiedlichste Art und Weise nutzen konnte. Sei es nun für Notizen der Einzel- und Gruppentherapien selbst, ein Tagebuch oder einfach ein mit kleinen Zeichnungen vollgekritzeltes Ding. War wohl Jedem selbst überlassen, was er damit machte und ich wusste nicht, ob Faye ihres nutzte. Wenn, dann tat sie es wohl eher, wenn ich nicht da war, aber ich hatte bisher auch nicht wirklich aktiv darauf geachtet. Mein eigenes hielt überwiegend nur für Notizen her, aber das der jungen Frau war ohne aufzustehen greifbar, also nahm ich es inklusive dem beigeklemmten Kugelschreiber heraus und hielt es ihr entgegen. Theoretisch konnte man es sicher einfach umdrehen und von der Rückseite aus mit der Liste anfangen, damit wir ihren eigenen Notizen nicht früher später in die Quere kamen, falls schon was in dem kleinen Buch mit festem Einband geschrieben stand. "...fang' an.", vollendete ich den bereits vor einigen Sekunden angefangenen Satz. Wir redeten bisher immer nur darüber, aber aufgeschrieben hatten wir hier in der Psychiatrie noch gar nichts. War auch so eine Sache, die wir dringend ändern sollten. Selbst, wenn es nur eine oder zwei Sachen waren, die Faye oder mir jetzt spontan dazu einfielen und die sie dementsprechend aufschreiben konnte - war in jedem Fall schon mal besser als gar nichts und ein Anfang. Ich hielt zur Not auch gern mit der Brust als Schreibunterlage her.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Aryana rollte kurz mit den Augen, als Mitch seine weiteren Gedanken und Anregungen zum Thema Fussball äusserte. Allerdings war das mit der ernsten Mimik gerade überhaupt nicht ihr Ding, weshalb sich nur Sekunden später auch schon wieder ein breites Grinsen auf ihrem Gesicht einfand. "Miiiitch, wie war das nochmal mit der Aggressionsbewältigung??", fragte sie gespielt frustriert, als wäre er ein kleiner Junge, der schon wieder einen essenziellen Teil des Lebens vergessen hatte. "Wenn ich jemandem einen Fussball made by you an den Kopf schmeisse, steht die Person im Anschluss wohl ein Weilchen nicht mehr auf. Und sowas macht man nicht. Zumindest nicht in meiner Welt, in der man nicht von Schwerverbrecher umgeben ist", erklärte sie pragmatisch das Problem in seiner Vorstellung. Sie brauchte hier ja nicht zu erwähnen, dass es eigentlich ganz andere Gründe gab, weshalb sie niemanden abwerfen würde... Erstens, weil sie ganz sicher nie einem Fussballverein beitreten würde und zweitens, weil sie selbst dann, wenn Fall Eins trotzdem eintreffen sollte, niemanden mit einem Ball verletzen würde, weil dies das Risiko einer unnötigen Diskussion, für die sie keinen Nerv hatte, zu gross wachsen liess. Also musste er das Kopfkino das bleiben lassen, was es eben war: Eine kleine Fantasie. Der Themenwechsel von Hobby zu Ernährung, fühlte sich in ihrem Kopf etwas holprig an, was wohl daran lag, dass sie seine Frage so gar nicht erwartet hatte. Aber auch das liess nach kurzem Stocken das Grinsen auf ihrem Gesicht nur breiter werden. "Ich versuche, bei mehr oder weniger gesundem Fast Food zu bleiben, danke der Nachfrage", antwortete sie, blickte ihn mit leicht funkelnden Augen an. Nein, zu kochen hatte sie tatsächlich noch nicht begonnen. Zumindest nicht wirklich. "Ganz ehrlich: die zwei-drei Male, als ich mich an Pasta versucht habe, ist mir jedes Mal das Wasser übergekocht. Jedes. Mal, Mitch. Ich musste in voller Härte feststellen: Das ist einfach nichts für mich. Und damit hab ich nun meinen Frieden geschlossen", erzählte sie von der Handvoll Küchen-Eklaten, die sie mittlerweile zum Glück hinter sich hatte und denen sie keineswegs nachtrauerte. Es gab ja Gott sei Dank genügend Läden, die Kochen konnten - da brauchte sie das nicht auch noch zu lernen. Und sie achtete schon darauf, dass es nicht nur Scheisse war, die sie zu sich nahm. Auch wenn ihre Ansprüche dank der Army wirklich nicht hoch waren, so stand sie eben weder auf KFC, McDonalds, Burger King noch auf Wendys. Was wohl auch gut so war, da sie sonst in kürzester Zeit aufgehen würde wie ein frisches Brot im Ofen. Seinen Vorschlag mit dem Üben von Sushi-Rollen konnte sie also getrost noch etwas nach hinten verschieben. "Ich werde keinen Tag zu früh damit anfangen, sonst bin ich gestorben, wenn du raus bist. Tod durch Sushi-Schneiden oder was auch immer - ich möcht's nicht erleben", stellte sie kopfschüttelnd für sich fest. Die Chancen standen zwar gut, dass sie ihm diesen Gefallen eines Tages in ferner Zukunft machen würde, aber jetzt schon damit anfangen würde sie sicherlich nicht. Mitch liess ihr gar keine Zeit, mal darüber nachzudenken, ihm noch ein Stück der Schokolade zu gönnen. Stattdessen stellte er auch schon die nächste Frage, diesmal zu ihrer Beschäftigung neben Kochen und Fussballspielen. Aryanas Blick rutschte kurz auf die Tischplatte ab, ehe sie leicht mit den Schultern zuckte und ihn lächelnd wieder anschaute. "Ja, hab ich. Ich bin bei einem Logistikunternehmen angestellt. Fahr' Bisschen durch die Gegend, den ganzen Tag lang", erneut zuckte sie mit den Schultern. "Kein Traumjob, aber ich kann viele Stunden machen, bekomme genug Geld zum Leben und vor allem geht mir niemand den ganzen Tag auf die Nerven. Das ist ziemlich wertvoll, zumindest für den Anfang", erklärte sie ihm knapp ihre Tätigkeit, zu der es auch nicht viel mehr zu sagen gab als das. Hauptsache Arbeit und Geld und ihre Ruhe.
Offenbar fand ihre Idee Anklang bei dem jungen Mann, der sich kurzum zu regen begann. Erst wusste sie nicht genau, was er jetzt vorhatte, aber es dauerte nicht lange, da fand das Notizbuch seinen Weg in ihr Blickfeld. Sie brauchte das Ding eigentlich schon ewig nicht mehr, hatte nur ganz am Anfang noch ein paar Sachen reingeschrieben, festgehalten. Aber mit der Zeit hatte sie ein gewisses Misstrauen entwickelt und die Befürchtung, dass jemand trotz aller Vertraulichkeit plötzlich einen Blick hinter den Einband werfen könnte, hatte sie erfolgreich davon abgehalten, mit dem Schreiben fortzufahren. Also hatte sie überhaupt nichts dagegen einzuwenden, das Heft nun für andere Zwecke weiterzuverwenden. Vielleicht würde sie irgendwann auch selber wieder was schreiben wollen. Aber erstens hatte das Heft viele Seiten und zweitens gab es auch noch eine Million anderer Hefte und Bücher auf dieser Welt, die sie dazu nutzen konnte. Faye richtete sich etwas auf - auch wenn sie sich eigentlich nicht unbedingt von ihrem Freund lösen wollte. Sie tat es trotzdem so weit, dass sie das Notizheft neben Victors Oberkörper auf dem Bett ablegen konnte und dabei auch noch im Stande war, zu schreiben. Und dann musste sie aber doch erstmal denken, was sie mit einem leisen "hm...", kundtat. "ich denke, ich fange mit den Dingen an, die uns mal glücklich gemacht haben... das sollte das Einfachste sein", erklärte sie nach einigen Sekunden Stille sowas wie ihren Plan für das weitere Vorgehen. Es sollte nicht so schwierig sein, an die Momente zurückzudenken, in denen sie ganz sicher Glück gespürt hatte. Weitaus einfacher als sich das vorzustellen, was noch kommen könnte und ihnen vielleicht eines Tages Freude brachte, jedenfalls. Erneut musste sie einen Moment lang nachdenken, weil auch das nicht so leicht war wie erhofft. Aber dann begann sie schliesslich zu schreiben, in kurzen Stichworten, all die Momente, in denen sie in ihren Erinnerungen lachten. deine Küsse, war schliesslich das Erste, was sie mit einem leichten Lächeln aufs Papier brachte, ohne dabei zu Victor zu blicken. Jedes 'ich liebe dich' - ebenfalls ziemlich essenziell etwas, das sie durchaus glücklich gemacht hatte und ziemlich sicher auch noch immer machte. Stundenlange Gespräche oder Massagen ja, an diese frühen Erinnerungen ihrer Beziehung dachte sie doch auch sehr gerne zurück. Die Ausfahrt zum Aussichtspunkt im Wald in unseren ersten Ferien zu Hause - das war schon ziemlich spezifisch, aber sie wusste, dass es sehr schön gewesen war. Genau wie das, was dann gefolgt hatte. Sex. Faye hatte kurz gezögert, bevor der Stift die drei Buchstaben aufs Papier gebracht hatte. Aber sie fand doch, dass sie da hin gehörten. Körperkontakt, Intimität und Zärtlichkeiten waren immer sehr wichtige Teile ihrer Beziehung gewesen und hatten sie immer glücklich gemacht. Also ja, auch Sex. Sie hob leicht eine Augenbraue an, schielte zu Victor hoch, während ein etwas verschmitztes Lächeln ihre Mundwinkel umspielte. "Du bist dran", hauchte sie leise, wartete dann darauf, dass er ebenfalls seinen Beitrag leistete um die Seite noch etwas hilfreicher zu gestalten.
This is your life, it's do or die, the sun may never rise again, so be the light the vision. This is your life, it's slipping by, you try to run but fall again, you get back up that's living.
Ach was, Jemandem einen Ball an den Kopf zu werfen zählte für mich nicht unbedingt zu aggressivem Verhalten. Man musste es ja nicht damit übertreiben und eine gerade, harte Flugbahn nehmen, sondern konnte auf eine leicht gebogene zurückgreifen. Dann fiel er mehr an den Kopf, als dass er geworfen war und hinterließ potenziell auch keinen Dauerschaden, während er den Getroffenen trotzdem noch freundlich daran erinnerte, dass er mindestens ein Idiot war. "Ach komm schon. Du kannst ja auch einfach... sanft werfen. Erfüllt trotzdem seinen Zweck und hinterlässt weniger Spuren.", unterbreitete ich ihr weiterhin grinsend mit leicht schief gelegtem Kopf eine etwas mildere Methode dazu, einen Ball nach einem Mitmenschen zu werfen. Wobei ich wiederum eher nicht glaubte, dass das so von mir umsetzbar wäre, wenn mich Jemand wirklich wütend machte. Vielleicht würde ich den Ball nicht an den Kopf werfen, weil das doch unter Umständen unschöne Schäden verursachen würde, aber irgendein anderes Körperteil tat es auch. Ich war als Kind in den Sportstunden auch oft ziemlich hart abgeworfen worden und stand auf mysteriöse Weise immer noch auf beiden Beinen. So schnell brachte einen das nicht um. Dass Aryana sich noch immer nicht freiwillig an den Herd stellte, wenn es nicht wirklich sein musste, überraschte mich wenig. War einfach ziemlich vorhersehbar und konnte ich ihr kaum übel nehmen, weil ich selbst auch keine Lust hätte mich nur um zu kochen für etliche Minuten am Herd aufzuhalten. Ich mochte gutes Essen gerne, gar keine Frage - was das angeht war Australien hier und da auch der Himmel auf Erden gewesen. Aber dafür so viel Lebenszeit verschwenden, wenn mir kochen nicht mal Spaß machte? Hatte mich schon im Kinderheim genervt, wenn ich mich am Küchendienst beteiligen musste und hatte den so oft es ging mit jemand Anderem getauscht. Hatte nur leider nicht immer hingehauen und sich vor Aufgaben vehement zu drücken war auch nicht gut angekommen, also war es irgendwann zu Zwangsdienst einmal im Monat für eine Woche für mich geworden. Dass ich da am liebsten auf die Barrikaden hatte gehen wollen, musste ich wohl kaum erwähnen. Ich kam nicht drum herum leise in mich hineinzulachen, als die Brünette mir offenbarte, dass ihr das Wasser ständig überkocht war und allein das sicher schon für mehr als genug Frustration ihrerseits gesorgt hatte. Ein bisschen Schadenfreude durfte sein. "Ok ok, dann wirklich lieber noch kein Sushi.", lenkte ich grinsend ein. Immerhin brauchte ich die junge Frau noch und wollte nun wirklich nicht, dass sie mir durch irgendeinen blöden Küchenunfall genommen wurde, bevor wir überhaupt noch einmal die Chance dazu hatten sowas wie ein gemeinsames Leben zu führen. Mal ganz davon abgesehen, dass es auch mein vollkommener, psychischer Ruin wäre, wenn sie plötzlich nicht mehr da wäre. "Außerdem würd' ich dich vermissen, wenn du dem Messer zum Opfer fällst... also bleib lieber beim Nicht-Kochen.", milderte ich das vorherige, etwas schadenfrohe Lachen mit ein paar Worten wieder ab und hob dabei auch ihre Hand an. Beugte mich ein bisschen nach vorne, um sie auf den Handrücken zu küssen. War vermutlich eigentlich auch nicht erlaubt, aber der Kerl an der Wand hielt weiterhin die Klappe. Ob das noch negativ auf mich zurückfallen würde, wusste ich dann später irgendwann. Irgendwie hatte ich wenig damit gerechnet, dass die Brünette zur Truckerin wurde, sah sie dementsprechend auch kurzzeitig mit hochgezogener Augenbraue an, als unsere Hände längst zurück auf dem Tisch lagen. Aber wieso nicht? Wenn sie das Gefühl hatte, dass ihr das Konzept dabei an sich ganz gut tat, weil sie Niemanden an der Backe hatte, der ihr auf die Nerven ging - Bälle werfen kam für sie ja nicht in Frage -, dann hieß ich das natürlich gut. "Ja, kann ich nachvollziehen... mehr Ruhe hätte ich hier auch oft gern.", meinte ich und nickte ein klein wenig, ohne den Blick von ihren Augen abzuwenden. Klar, das war jetzt kein Traumjob für ewig, aber ich würde hier drin so einiges dafür geben, ab und zu einfach mal nur meine Ruhe zu haben.
Faye schien glücklicherweise nichts dagegen zu haben jetzt gleich mit dem Aufschreiben zu beginnen, statt es erstmal wieder auf irgendwann anders zu verschieben. Wir nahmen uns damit gerade einfach den Rat eines Psychologen hier zu Herzen, der mir immer wieder verdeutlichte, dass es nicht nur entscheidend war über wichtige Schritte nachzudenken, sondern sie eben auch zu gehen. Auch nicht erst nach einiger Zeit, wenn es potenziell sogar sofort möglich war sich an die Umsetzung zu machen. Wir hatten jetzt gerade Zeit und wenn noch keiner von uns beiden todmüde war, dann sollten wir es also besser gleich wirklich aufschreiben und nicht wieder nur darüber philosophieren, so wie wir das sonst öfter taten. Die Brünette musste sich dafür zwar von mir lösen, aber das war für mich nicht weiter schlimm, solange sie zum Schlafengehen später wieder herkam. Stattdessen folgte ich dem kleinen Notizbuch mit meinem Blick bis aufs Bett und sah dann lächelnd zu meiner besseren Hälfte, als sie mir ihr weiteres Vorgehen schilderte. Das nickte ich mit den knappen, eher leisen Worten "Ja, mach das." erst einmal nur ab und war dann wohl doch ziemlich neugierig darauf, was sie zu Papier bringen würde. Darauf musste ich erst noch einen Augenblick warten, aber ich war ja glücklicherweise ein mit viel Geduld gesegneter Mensch. Letztlich fand ein Wort nach dem anderen seinen Weg in das Buch und je weiter die Brünette fortschritt, desto breiter wurde das Lächeln auf meinen Lippen. Ich musste unweigerlich an all die schönen Momente denken, die wir schon zusammen erlebt hatten. Rückblickend betrachtet war es wohl auch ziemlich witzig, dass ich am Anfang in die Massagen und endlosen Gespräche wirklich nicht viel hinein interpretiert hatte, obwohl wir beide schon damals komplett auf einer Wellenlänge geschwommen waren. Außerdem kannte ich mich selbst eigentlich auch gut genug, um zu wissen, dass all das gar nicht wirklich anders hätte enden können, als dass ich mehr als rein freundschaftliche Gefühle für Faye entwickelte. War also sehr fragwürdig, warum ich damals so vehement versucht hatte mir einzureden, dass das Blödsinn war, weil man sich in der Army halt eigentlich nicht verliebte. Inzwischen war ich viel mehr froh darüber, dass ich die Finger ja doch nicht von der jungen Frau hatte lassen können, wobei meine Gedanken unweigerlich auch noch zu den Armeeduschen schwenkten. Dabei schlich sich auch für zwei oder drei Sekunden ein leichtes Grinsen auf meine Lippen. War schön gewesen. Vielleicht nicht gerade das perfekte erste Mal Sex miteinander, wie es im Buche stand, aber es hatte sich trotzdem unfassbar gut angefühlt und es war schade, dass wir seitdem nicht mehr zusammen unter einer Dusche hatten stehen können. Würde wohl ein Punkt auf der Liste werden, allerdings unabhängig davon, ob wir dabei Sex hatten oder nicht. War schließlich auch ohne schön, wenn auch dank der langen Phase ohne derartige Intimität vielleicht ein bisschen Folter für meinen männlichen Hormonspiegel. Apropos - kaum hatte ich den Gedanken zu Ende geführt, da schrieb Faye auch noch einen letzten Punkt auf die Liste, mit dem ich ihrerseits irgendwie gar nicht gerechnet hatte. Ich wusste nicht weshalb. Vielleicht, weil ich nicht geglaubt hatte, dass sie daran momentan überhaupt auch nur einen einzigen Gedanken verschwendete, weil sie andere Sorgen hatte. Das war ja auch einer der Gründe dafür, warum ich ihr dahingehend kein bisschen Druck machen wollte. Deswegen kam das jetzt eben überraschend und genau so sah ich die junge Frau auch einen Moment lang an, als sie beiläufig zu mir hochsah. "Ich hätte nicht gedacht, dass du daran denkst.", kommentierte ich den letzten Punkt auf der Liste ehrlich, wenn auch leicht gemurmelt und sah sie noch einen Moment lang an. Im Anschluss wendete ich mich Faye noch mehr zu indem ich mich auf die Seite drehte, weil sich das Schreiben anders schwierig gestalten würde. So konnte ich mich zumindest mit dem Ellbogen aufstützen und im gleichen Atemzug mit jener Hand schreiben, wenn sie sowieso schon auf dem Polster lag. Zusammen zu duschen wurde unweigerlich zum ersten Punkt, weil mir das schon im Kopf rumgeschwirrt war. Nebeneinander am Lagerfeuer zu sitzen war der nächste Punkt. Natürlich fiel auch das gewissermaßen unter lange Gespräche, aber es war in meinen Augen noch mal etwas anderes, wenn man dabei nicht nur im Zelt herumhockte, sondern an einem wärmenden, knisternden Feuer saß und zwischendurch mal hoch in den Sternenhimmel sah. Wäre sicher noch besser, wenn wir weiterhin Jemanden dabei hätten, der ein paar Lieder dazu sang. Mitch musste da leider passen. Aber bevor ich die Liste weiterführte, wollte ich erst noch ein paar Worte einwerfen. "Du merkst selbst, dass sich davon theoretisch eigentlich wirklich viel schon jetzt umsetzen lässt, oder?", sagte ich ruhig und sah wieder zu Faye. Klar, das mit dem alleinigen Ausflug würde natürlich schwierig werden, solange wir hier festsaßen. Sich an Gruppenausflügen zu beteiligen wäre schließlich absolut nicht das Gleiche, aber über letzteres ließ sich vielleicht mal ein Lagerfeuer vorschlagen. Dabei wären wir dann zwar auch nicht allein, aber das waren wir in der Army am Sammelplatz auch nie gewesen. Womöglich würde ich also einfach mal fragen, ob sich das irgendwie einbringen ließ. Den Rest brauchte ich wohl gar nicht zu erwähnen. Küsse, liebevolle Worte und auch Massagen ließen sich in unseren freien Minuten immer bewerkstelligen - sofern Faye zu letzterem eben bereit war, was wohl auch für die Duschgeschichte und den Sex galt. Ich war bei Alledem nämlich nicht der Punkt, an dem es letztendlich scheiterte. Natürlich war ihr Rücken immer noch ein bisschen unschön anzusehen - weniger optisch und viel mehr mental -, aber damit kam ich schon klar. Zumal ich ihn ja prinzipiell auch gar nicht ansehen musste, wenn man eine Massage speziell für den Rücken der Brünetten mal außen vor ließ. Alles Andere ging auch ohne, wenn sie nicht wollte, dass ich ihren Rücken zu oft zu Gesicht bekam, weil sie sich damit noch zu unwohl fühlte.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Aryana hob leicht eine Augenbraue an. Sanft werfen. Wenn jemand sie genervt hatte? Eher unwahrscheinlich. Sie hatte zwar ihre Aggressionen und Emotionen meistens sehr gut im Griff - was anderes hätte sie sich die letzten Jahre über auch nicht erlauben können - aber wenn sie den Ball schon werfen würde, dann bitte auch gleich richtig. Also nicht sanft. "Ich weiss nicht, denke nicht, dass ich mich damit anfreunden kann", meinte sie wenig überzeugt, gefolgt von einer kurzen Pause. "Ich habe mich ein Bisschen zu gut daran gewohnt, Leute, die nicht in meinem Team spielen wollen, auf die ein oder andere Weise zu beseitigen", fügte sie ein Stück leiser an, so, dass es nur Mitch hören dürfte. Für jemanden, der ihre Vergangenheit bei der Army nicht kannte, mochte das sonst nämlich ziemlich falsch klingen und das wollte sie lieber nicht riskieren. Aryana blickte gespielt genervt aber mit eindeutig noch immer vorhandenem Grinsen zu Mitch, als dieser sie dafür auslachte, dass sie offenbar nicht mal mit Pastawasser klar kam. Es war ja schon ziemlich lächerlich und das war ihr bestens bekannt. "Ich möchte dich ja mal sehen, ganz einsam und verlassen in einer Küche, die dich offenbar hasst und mit jedem möglichen Mittel töten will", murmelte sie sarkastisch in sich hinein, tat damit ihre Vermutung kund, dass ihre Unfähigkeit zu Kochen viel eher an der Küche als an ihren Talenten liegen musste. Umso zufriedener zeigte sie sich auch im Anschluss, als ihr Freund ihr die Herstellung seiner Reisröllchen wieder ausredete. War gut, sie hatte sich auch noch ganz und gar nicht dazu bereit gefühlt, irgendwas für seine Rückkehr und das Ende seiner Knast-Zeit zu üben. Dazu war es einfach wirklich noch zu früh, egal was für ein Szenario sie sich ausmalen wollte. Mitch kam noch lange nicht zu ihr zurück und sie wollte nicht heulend ein Bisschen Reis und Fisch auf Seegras verteilen, während sie an ihn dachte und an sein Gesicht, wenn er ihr dabei nur zuschauen könnte. Das würde sie höchstens runterziehen und einen Grund mehr um traurig oder angepisst zu sein, brauchte Aryana wirklich am allerwenigsten. Aryana beobachtete Mitch grinsend dabei, wie er ihre Hand küsste, sie einen Moment seine weichen Lippen an ihrer Haut spürte. Wobei genau das letztendlich auch dazu führte, dass sich das Grinsen wieder zu einem Lächeln verschmälerte, während sie darüber sinnierte, wie es sein könnte, ihn endlich wieder unbeschwert küssen zu können. Auf die Lippen. Ohne Zeitlimite. Ohne Aufpasser. Drei Monate und sie sehnte sich schon so endlos nach ihm. Das war wahrscheinlich zu früh... Viel zu früh. Sie hatte erst Einundneunzig Striche gemalt. 91 von 9125. Noch hundert Mal diese Ewigkeit... Und sie durfte nicht daran denken, war froh, dass sie kurz davor noch über ihren neuen Job zu reden begonnen hatten, den sie nun zurück in ihren Kopf holte. "Ja, es ist tatsächlich ziemlich gemütlich. Natürlich hast du die Zeiten, zu denen die Ware vor Ort sein sollte - aber mehr als Fahren kannst du letztendlich ja doch nicht. Darum ja... Passt für den Moment ganz gut. Hauptsache Arbeit", erwiderte sie mit einem Schulterzucken mehr für sich selbst, um die unliebsamen Gedanken definitiv ein weiteres Mal zu verscheuchen.
Seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, war Victor mit allem einverstanden, was durch den Stift in ihrer Hand den Weg aufs Papier fand. Das war gut, dann hatte sie wenigstens nicht auch noch eine verdrehte Erinnerung an schön und fröhlich. Hatte sie auch nicht erwartet, aber irgendwie wäre es auch nicht überraschend gekommen, wenn es eben so gewesen wäre. Nicht so überraschend wie ihr letztes Wort für Victor jedenfalls. Faye lächelte etwas zögerlich und hob eine Schulter an, hatte schon wieder damit begonnen, ihre Lippe mit ihren Zähnen zu bearbeiten. "Ich... Ich habe nicht vergessen, wie es mal war, Victor... Nur weil ich jetzt... so bin", murmelte sie zurück, auch wenn er eigentlich keine Antwort verlangt hatte. Aber es war nunmal so. Es war immer schön gewesen, gut gewesen, sie hatten es immer genossen. Ausser vielleicht dieses eine Mal, nachdem Faye viel zu viele Regeln missachtet und Prinzipien über Bord geworfen hatte, nur um zurück zu Victor und Aryana zu kommen. Aber das war keiner der Momente, die sie in ihrem Leben geliebt hatte, also wollte sie hier und jetzt nicht weiter darüber nachdenken. Höchstens an Victor, der trotz allem, was sie getan hatte, obwohl sie ihn so sehr verletzt hatte, zu ihr zurückgekommen war. Sie wieder angenommen und geliebt hatte und dies bis heute tat. Ja, er hatte sie vor einer Stunde ziemlich verständnislos angeschaut, als sie ihn und das Wort 'Perfekt' in einem Satz gebraucht hatte. Aber für Faye war er das eben wirklich. Für sie war er alles was sie wollte, sich wünschte, alles, was sie sich erträumte und so viel mehr. Faye folgte dem Stift, den Victor über das Papier zog. Liebte die Gedanken, die er festhielt, die Erinnerungen, die mit den paar wenigen Worten verbunden waren. Denn auch das waren ausnahmslos schöne Bilder, an die sie gerne dachte. Das gemeinsame Duschen verband sie - wie er ziemlich sicher auch - mit dem Beginn ihrer Liebe. Und obwohl der Container mit den Sanitäranlagen wohl mit zu den unromantischsten Orten gehörte, die sie beide während ihrer Army Zeit gefunden hatten, so war die Erinnerung doch in nichts als guten Gefühlen gehüllt. Auch am Feuer sitzen war typisch für die Army, die Anfänge ihrer Beziehung gewesen. Und es war schön gewesen, mit den anderen, die den Tag überlebt hatten, mit Aryana, Mitch, seiner Gitarre, den leisen Liedern und den Sternen über ihnen. Victor riss sie aus ihren Gedanken, als sie seine Blicke wieder auf sich spürte und gleich darauf die leisen Worte vernahm. Er hatte schon recht. Ihre Augen lagen ruhig auf seinen, vielleicht leicht fragend. Sie wusste, was er meinte, aber das war auch nicht die Frage, die sie sich stellte. Nur war heute nicht der Moment für ewige Zweifel, dauerhaftes Überdenken, bis sie sich jede Freude schlachtgeredet hatte. Sie wollte nicht schon wieder ihre Intuition, ihr Bauchgefühl mit Sorgen und Bedenken zum Schweigen bringen. Sie wollte leben. Und sie wollte, dass er auch lebte. Dass sie das Glück wieder spürte und die Liebe und das volle Leben. So wie damals, als sie sich geküsst hatten, ohne zu denken. Als all das so einfach gewesen war. Wahrscheinlich war es das Einzige gewesen, was in der Army für sie einfach gewesen war - das Einzige, was so klaren Sinn ergeben hatte. Aber sie wollte das nicht verloren haben. Einige Sekunden verstrichen, dann beugte die Brünette sich langsam vor. Schloss die Augen, bevor ihre Lippen auf seine trafen. Der Kuss war sanft, aber voller Sehnsucht. Und Faye hatte nicht vor, ihn so schnell wieder ein Ende finden zu lassen. Beugte sich etwas näher zu Victor, die linke Hand legte sich an seine Seite, strich seine warme Haut auf und ab.
This is your life, it's do or die, the sun may never rise again, so be the light the vision. This is your life, it's slipping by, you try to run but fall again, you get back up that's living.
Das mit dem keine halben Sachen machen war zweifelsfrei auch eines der Dinge, die wir gemeinsam hatten. Aryana schien sich genauso wenig mit einem sanften Wurf anfreunden zu können, wie ich im Ernstfall eben auch. Sie hängte auch noch ein paar Worte mehr hinten dran, die mich unterschwellig nickend den Kopf hin und her wiegen ließen, während ich in Richtung der kahlen, weißen Decke über uns sah. "Touché... ich behalt' den Ball wohl doch lieber. So aus Sicherheitsgründen.", gab ich ihr vollumfänglich damit Recht, dass die Angelegenheit mit dem Werfen vielleicht gleich gänzlich gebannt werden sollte, um etwaige Kollateralschäden im Voraus auszumerzen. Der leicht sarkastische Unterton blieb dabei aber gerade gegen Ende bestehen. Vermutlich hauptsächlich für mich selbst. Je weniger ich an die Zeit bei der Army zurückdachte und stattdessen Witze machte, desto besser. Wenn ich dadurch die gefühlt täglich steigende Anspannung in meinen Schultern etwas betäuben konnte, war mir das nur allzu recht. Mit der Killer-Küche brachte die Brünette mich dann aber doch noch ein weiteres Mal dazu, leise zu lachen. Die Vorstellung davon war einfach wahnsinnig unterhaltsam. Wie die Küchenschränke sich plötzlich wie von Zauberhand öffneten und ihr auch noch allerhand Küchengeschirr entgegenwarfen, während sie einfach nur friedlich versuchte das Wasser am Überkochen zu hindern, was letztendlich selbstverständlich scheiterte. "Uuuh, ja... die tödliche Killerküche. Nehm' dich in Zukunft besser in Acht vor den fliegenden Messern und Tellern.", nahm ich sie breit grinsend weiter auf den Arm, wobei ich das wie so oft kein bisschen böse meinte. Aber ich vermisste das. Wie wir uns einfach eine halbe Ewigkeit in den Armen lagen und uns dabei gegenseitig so gar nicht ernst nahmen. Natürlich blieb uns ersteres hier konsequent verwehrt, aber ich klammerte mich gern an die Möglichkeit zumindest ein paar Witze zu machen, um meine Laune für Aryana oben zu halten und vielleicht sogar nach ihrem Besuch noch eine kleine Weile lang etwas davon zu behalten. Zumindest so lange, bis wieder irgendein Arschloch anfing mir auf die ohnehin so strapazierten Nerven zu gehen. Wenigstens schien der Lastwagen Aryana nicht auch umbringen zu wollen. Mit dem hatte sie Frieden geschlossen. "Ist schön, dass du zumindest mit der Arbeit gut zurecht kommst...", war wohl vorerst alles, was ich mit einem Lächeln dazu noch sagte. Denn ich freute mich wirklich darüber, dass zumindest nicht ausschließlich alles schlecht im Leben der jungen Frau war. Natürlich hakte es an einem der wichtigsten Punkte ganz gewaltig - soziales, stabiles Umfeld -, aber ich war der letzte Mensch auf diesem Planeten, der ihr sagen würde sie solle doch mehr rausgehen und neue Leute kennenlernen, wenn ich das selbst doch genauso wenig tun würde. Ich wandte den Blick einen Moment lang von ihr ab und streifte die Uhr an der Wand mit meinem Blick, die mich gekonnt daran erinnerte, dass die Zeit natürlich förmlich davonflug, wenn ich mich mal für ein paar Minuten lang nicht mehr nur scheiße fühlte. Wir hatten schon noch ein bisschen Zeit, aber trotzdem verging sie halt zu schnell. "Willst du später... lieber einen Kuss oder noch eine Umarmung?", hakte ich nach, weil mir der dann anstehende Abschied unweigerlich in den Sinn kam. Es ging ja auch so mehr oder weniger beides, nur konnte ich mir durchaus vorstellen, dass der Trottel an der Wand bei einem Kuss sicher pingeliger mit der Sekundenregel war, als bei einer blanken Umarmung. Vielleicht gäbe es auch noch andere Gründe aus Aryanas Sicht, die irgendwie mehr dafür sprachen, es weiter bei einer Umarmung zu lassen, die ich nur nicht sah. Aber ich war bereit dazu mich dabei einfach ganz nach ihr zu richten, solange sie mich nicht ganz ohne Körperkontakt verlassen wollte.
Ich hatte nicht wirklich mit einer Antwort auf meine überraschte Feststellung gerechnet oder gar eine erwartet, aber es tat doch ganz gut, dass Faye noch etwas darauf erwiderte. Mir mit ein paar wenigen Worten versicherte, dass sie die Erinnerungen an ein frühes Uns nicht verloren oder vergessen hatte. Denn hin und wieder kam es mir durchaus so vor als wäre es anders - auch, wenn ich wusste, dass es wohl nie die Absicht der Brünetten war, mir dieses Gefühl zu geben. Es hatte sich nicht vermeiden lassen in den Zeiten, in denen sie sich so restlos von mir abgeschottet hatte und umso glücklicher war ich darüber, dass das jetzt wieder anders war. Deshalb verbreiterte sich das Lächeln auf meinen Lippen bei jenen Worten unweigerlich für ein paar Sekunden. Vielleicht würde sie ab jetzt ja einfach wieder ein bisschen öfter daran zurückdenken, wo wir all das mit ein paar simplen Worten auf Papier doch scheinbar aufzuarbeiten begonnen hatten. Ich hielt den Blick in Fayes Augen nach meiner indirekten Frage weiterhin konstant, wobei mir durchaus auffiel, dass sie kurzzeitig über etwas nachzugrübeln schien, von dem ich nicht so recht wusste, was es war. Aber ich gab ihr die paar Sekunden Zeit, die sie offenbar dafür brauchte, wie immer gern und wartete geduldig auf eine Antwort. Diese fiel dann nur gar nicht wörtlich aus, wie ich es eher erwartet hatte, sondern bildete sich aus einem Kuss, in den ich zu Beginn nicht wirklich mehr hineininterpretierte. Mir fiel schon auf, dass er sich anders anfühlte als die meistens eher kurzen Küsse, die wir sonst miteinander teilten - aber ich hatte mit schon jetzt eigentlich eher nicht jetzt sofort, sondern viel mehr irgendwann demnächst gemeint. Wenn sie sich eben bereit dazu fühlte, einen Schritt in diese Richtung zu machen. Nur endete der Kuss, den ich nur allzu gern mit der gleichen Liebe wie immer erwiderte, gar nicht mehr und in Verbindung mit dem leicht kribbelnden Streicheln an meiner Seite machte es dann nach einer kleinen Weile, in der ich meine freie Hand an ihre Wange gelegt hatte, doch noch Klick. Im ersten Augenblick verlangsamte ich den Kuss vollkommen unbewusst, weil ich mich unweigerlich schon wieder danach fragen musste, was jetzt plötzlich in sie gefahren war. Woher sie aus dem Nichts all die Energie und innere Kraft nahm, wo sie vorhin nach dem Gespräch - vollkommen zu Recht - doch noch so kaputt gewirkt hatte. Eigentlich wusste ich, dass dieser komplette Sinneswandel ein bisschen komisch war und ich dem vielleicht lieber mal auf den Grund gehen sollte... aber ich wollte nicht. Jetzt noch viel weniger als vorhin im Badezimmer. Ich sehnte mich so unendlich danach endlich wieder richtig Eins mit Faye zu sein und mich nicht mehr jeden Tag geschickt um die Punkte, an denen es noch hakte, herumwinden zu müssen, dass ich die Gedanken an mögliche Abers erfolgreich nach wenigen Sekunden im Keim erstickte. Darauffolgend wurde der Kuss von meiner Seite aus auch etwas leidenschaftlicher und ich löste die Finger, die ihr eben noch über die Wange gestrichen hatten, für kurze Zeit noch einmal von ihr, um damit nach dem Notizbuch und dem Stift zu greifen, der mir in der Zwischenzeit längst aus der Hand gefallen war. Es war wohl ein ziemlicher Balanceakt für das Buch so, wie ich es auf der Kante des Nachttisches ablegte - weil ich in dieser Position schlichtweg nicht weiter mit der Hand hinter mich kam, ohne mich mehr von Faye zu lösen -, auch liegen zu bleiben. Aber erst einmal kam mir kein Sturz von dem Block und dem Stift zu Ohren - als hätte das was geändert -, also widmete ich mich gänzlich der jungen Frau vor mir. Rückte noch etwas näher auf der Matratze zu ihr hin und streckte die Hand wieder nach ihr aus. Erst legte ich sie nur an ihrer noch schmaler gewordenen Taille ab, strich dann aber doch langsam über den Stoff des zu groß geratenen Shirts weiter nach unten. Bis zu ihrer Hüfte und von da aus runter zu ihrem nackten Oberschenkel. Ich strich dort ein paar Mal zärtlich an der Haut auf und ab, bevor ich vorsichtig nach Fays Bein griff und es über meine Hüfte legte. Unweigerlich zog ich sie damit noch näher an mich heran und teilte daraufhin einfühlsam ihre Lippen mit meiner Zunge.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Und jetzt bekam sie gar keinen Ball mehr..? Das fand sie aber auch nicht ganz so toll. "Dann aber bitte wenigstens ein selbstgenähtes Herz aus Flicken zum Aufhängen. Oder dich in Lebensgrösse, damit ich dich nachts neben mich ins Bett legen kann und das Gefühl habe, komplett dem Wahnsinn zu verfallen", nein, an Fantasie fehlte es ihr nicht. Aryana würde schon noch eine gute Idee finden, mit der er sie beim nächsten Besuch überraschen konnte, daran zweifelte sie nicht. Aber bis dahin unterhielten sie sich weiter über dumme Sachen wie ihre nicht sehr vertrauenswürdige Küche. Die hatte immerhin den entscheidenden Vorteil, Mitch zum Lachen zu bringen. Und damit auf jeden Fall auch Aryana selber, deren Gesicht weiterhin von einem breiten Grinsen geschmückt blieb. "Ich versuch's, ich versuch's. Solche Naturgewalten sind aber nicht zu unterschätzen", gab sie einen weiteren sarkastischen Kommentar von sich, der die Hinterlistigkeit ihrer Küche nur noch einmal unterstrich. Dass die Arbeit als einsame Ausnahme in ihrem Leben keine Probleme machte, konnte sie auch als eindeutigen Vorteil abhaken. Es war momentan eben wirklich eines der wenigen Themen, die sie nicht alle Nerven kosteten. Mitch sprach im Anschluss nach einem flüchtigen Blick auf die Uhr nämlich auch schon wieder eines der Paradebeispiele für die Beschissenheit ihres Lebens an. Der Abschied von ihm, der zwangsläufig schon bald wieder bevorstand. Einen Kuss oder eine Umarmung, Aryana, mehr gibts nicht. Sie verzog kurz das Gesicht, weil ihr das Ganze einfach so überhaupt nicht zusagte. Sie wollte eine Umarmung - eine lange noch dazu - und sie wollte definitiv auch eine Million Küsse. Also dauerte es auch einen Moment, bis ihre nicht wirklich motivierte Antwort schliesslich folgte. "Von mir aus können wir das Oder gerne weglassen", kam sie nicht umhin, diese Tatsache, die er genau wie sie überhaupt nicht beeinflussen konnte, unnötigerweise und mit reichlich Sarkasmus zu erwähnen. "Aber da mir dieser Wunsch kaum gewährt wird, wäre wenigstens ein Kuss nach drei Monaten schon irgendwie schön...", fügte sie dann die Worte an, nach denen er eigentlich gefragt hatte. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass Mitch selber anderer Meinung wäre oder lieber auf die Umarmung gesetzt hätte. Letztendlich spielte es aber auch wirklich keine Rolle. Beides würde viel zu kurz ausfallen und beides bedeutete nicht annähernd das Mass an Körperkontakt, nach dem sie beide sich sehnten. Und sie war kurz davor, wieder ins Trübsal blasen überzugehen. Darum beendete sie ihre Gedankengänge um die Situation nicht fern von jetzt schnell wieder, holte stattdessen einen weiteren Erdnusscup hervor, mit dem sie vor Mitchs Gesicht herumfuchtelte. "Nicht, dass du ihn dir mit dieser Frage verdient hättest... Aber dein Gesicht gefällt mir besser, wenn du nicht aussiehst, als wärst du ein Schneemann, dem ein zu heisser Sommer bevorsteht", brachte sie einen selbstverständlich absolut zutreffenden Vergleich. Dass Schneemänner erstens keine Gefühle hatten und sich zweitens sowieso vor jedem Sommer auflösten, liess sie hier und heute mal unbeachtet. Die Kernaussage hier war ja sowieso bekannt. Nämlich, dass er sie und die Schokolade bitte mindestens anlächeln sollte, weil sie ihre Hand sonst wieder zurückziehen würde, ohne ihm die Süssigkeit zu überlassen.
Was machte sie hier eigentlich? Das fragte sie sich doch trotz all der Küsse, die das Denken eigentlich verunmöglichen sollten, immer wieder. Aber egal, wie oft der Gedanke wieder einen Weg in ihren Kopf fand, sie schob ihn genauso oft wieder beiseite. Weil sie sich und Victor das nicht verderben wollte, weil sie wissen musste, ob es sich noch so anfühlen konnte wie früher. Und weil sie tief drin ganz genau wusste, wie sehr sie beide das hier endlich wieder brauchten. Faye versuchte weitgehend zu ignorieren, dass Victor einen Moment fast gezögert hatte - wenn man es denn so nennen wollte - als er realisiert haben musste, wonach ihr jetzt plötzlich der Sinn stand. Man konnte es ihm ja keineswegs verdenken, nachdem sie die letzten Monate damit verbracht hatte, alles, was über ein paar simple Küsse hinausging, vehement abzuwehren und sowas gar nicht erst zum Thema werden zu lassen. Also war es wohl nur verständlich, dass er etwas überrascht war, nicht ganz sicher einordnen konnte, woher ihr plötzlicher Sinneswandel kam. Ausserdem war es auch wirklich nur eine kurze Verlangsamung des Kusses gewesen, während seine Hand noch immer an ihrer Wange lag. Kaum hatte er die Überraschung überwunden, wurden seine Küsse nämlich stattdessen nur intensiver, er räumte das Schreibzeug aus dem Weg, kam näher zu ihr und gleich darauf spürte sie seine Hand an ihrer Seite. Und während sie die Küsse noch etwas vorsichtig aber ebenso voller Sehnsucht, mit dem innigen Wunsch an ihren Kopf, heute für einmal nicht zu versagen, erwiderte, wanderte seine Hand weiter abwärts, bis sie auf ihrem nackten Bein lag. Es war nicht zu verhindern, dass ihr Körper sich automatisch verspannte und sich nicht ganz damit einverstanden zeigte, an diesem Ort fremde Finger zu spüren, nachdem die ganzen vergangenen Monate über niemand sie so berührt hatte. Victors Hände hatten innerhalb klaren Grenzen bleiben müssen, die sich aus ihrem Kopf, ihren Armen und höchstens Mal noch ihrem Rücken und ihren Seiten geschlossen hatten. Alles andere war eine gefühlte Ewigkeit Tabu gewesen. Bis heute. Heute durfte er ihr Bein wieder anfassen, durfte sie näher an ihn heranziehen, indem er ihr Bein um seine Hüfte legte, wo sie sich sofort ganz automatisch dichter an seinen Körper schmiegte. Heute wollte sie, dass seine Zunge die ihre traf, dass sie sich küssten, bis ihnen der Atem fehlte. Heute wollte sie, dass er wieder alles von ihr bekam - weil es alles war, was er verdiente. Sie hatte sich darum gesorgt, dass er ihr plötzlich eine andere Frau vorziehen könnte. Weil sie wusste, dass sie ihm nicht gerecht war, dass er mehr verdiente, als sie ihm gegeben hatte. Und das wollte sie nicht mehr, sie wollte ihm wieder alles geben, bis der Gedanke, dass er sich irgendwas lieber woanders holen würde, wo das Leben einfacher wäre, für sie genauso absurd klingen würde, wie für ihn. Sie wollte besser werden, sie wollte, dass er in ihr wieder das sah, was sie für ihn mal gewesen war. Und sie wollte, dass sie so beide den Weg zurück zum Glück fanden. Dass es so weiterging und irgendwann auch so endete. Mit ihnen im Glück. Faye erwiderte die Küsse gefühlvoll aber mit derselben Intensität wie er sie ihr entgegen brachte. Versuchte so möglichst, die Anspannung ihres Körpers zu überspielen, damit er sich davon nicht irritiert fühlte. Ihre Hand hatte eine Weile seine Seite auf und ab gestrichen, war dann zu seiner Brust gewandert, die sie ebenfalls mit sanften Streicheleinheiten überzogen hatte und dann wieder zurück über seine Seite zu seinem Rücken, mit der Absicht, ihm so noch etwas näher zu kommen. Sie wusste nicht, ob sie ihr Shirt wirklich ausziehen wollte. Aber sie wollte seine Haut spüren und zwar auf ihrem Körper. Überall. Und wenn er sie trotz allem lieben konnte, auch dann, wenn ihm Knochen anstelle von Kurven entgegenstanden, spätestens dann sollte sie endlich aufhören, jemals wieder an seiner ewigen Liebe zu zweifeln.
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Ein Herz? Oder gar meine Person in Lebensgröße? Ich zog die Augenbrauen ein bisschen zusammen und auch nach oben, weshalb sie unweigerlich meine Stirn in Falten legte. Klang beides kompliziert und aufwendig, wobei das Herz zweifelsfrei sehr viel weniger Zeit in Anspruch nehmen würde. Mich selbst mit den Flicken ins lebensgroßem Nachbau herzustellen wäre ein ziemlich schräges Mammutprojekt, zu dem ich sehr sicher auch gar keine Zeit haben würde. Ich wusste ja nicht mal, ob ich für einen Ball oder ein Herz genug freie Minuten während der Arbeitszeit aufbringen konnte, weil ich außerhalb davon ziemlich sicher nicht in den Arbeitsraum durfte. Aber vielleicht bekam ich das ja trotzdem irgendwie hin - Aryana zu Liebe. "Mit dem kitschigen Herz kann ich mich vielleicht anfreunden.", ließ ich die Brünette an meinen Gedanken teilhaben und zuckte dann kaum sichtlich mit den breiten Schultern. "Aber ich versprech' lieber noch nichts... mich haben die Bälle am Anfang schon viele Nerven gekostet.", hängte ich noch ein paar ironische Worte hinten an. Sicher würde es nicht ganz einfach werden ein paar passende Flicken für ein Herz zu finden und ich müsste ziemlich sicher welche zuschneiden, aber gut - mal sehen, was Aryana und mir die kaputten Flicken in Zukunft brachten. "Aber so schwer wie dein Kampf mit der Küche wird's kaum sein.", neckte ich die junge Frau noch ein letztes Mal wegen ihrer nicht vorhandenen Kochfähigkeit, womit das Thema für mich aber ziemlich sicher gegessen war. Wenn ich irgendwann nach etlichen, viel zu langen Jahren wieder auf freiem Fuß war, konnte ich mich selbst ja auch noch einmal davon überzeugen, wie sehr die Küche auf Krieg aus war. Vermutlich würde ich ähnlich bald wie Aryana aufgeben, daran hatte ich keine großen Zweifel. Was den Abschied anging waren wir uns ziemlich einig. Es war zweifelsfrei scheiße, dass wir einander nicht mal für eine einzige Minute in den Armen liegen konnten, aber darüber zu lange nachzudenken wäre sicher nicht gut für meine Laune und die war erst vor ein paar Minuten wieder gut geworden. Die Tendenz der jungen Frau ging so wie meine eigene zu einem Kuss. "Gut, dann wird's ein eindeutig zu kurzer Kuss.", stimmte ich ihr noch wörtlich mit einem schwachen Nicken zu. Ich war ganz froh darum, dass sie meine Aufmerksamkeit auf etwas anderes als den Abschied legte, indem sie erneut nach der Tüte mit dem Süßkram griff. Meine Augen folgten ihren Fingern und glitten aber bald zurück zu ihrem Gesicht, als sie mich darauf aufmerksam machte, dass sie für ernste Gespräche nach wie vor nicht zu haben war. Das ließ mich unweigerlich wieder ein klein wenig grinsen, war der Vergleich doch ziemlich dämlich - im positiven Sinne. Aber bevor ich etwas darauf antwortete, streckte ich mich erst einmal nach der Süßigkeit, um sie Aryana mit den Zähnen abzunehmen. Kurz darauf war der Cup auch schon in meinem Mund verschwunden und ich setzte noch während mir die Schokolade im Mund zerging bereits zum Reden an. Wir waren hier im Gefängnis, Manieren waren ziemlich überbewertet. "Also eigentlich wär ich über ein bisschen mehr Sonne ganz froh. Ich vermisse Syrien kein Stück, aber hier drin ist es teilweise echt scheiß kalt.", meinte ich wahrheitsgemäß, wenn auch wieder gewissermaßen ironisch. Es war in jedem Gefängnis abseits der Sommermonate ziemlich kühl. Das hatte den simplen Hintergrund, dass leicht frierende Sträflinge sich lieber unter ihrer Decke in der Zelle verkrochen, als für Ärger zu sorgen - funktionierte zumindest in meinem Trakt aber nur mäßig. Außerdem dämmte das sich verbreitende Keime etwas ein. Die Klamotten, die ich am Körper trug, waren nicht besonders dick und dementsprechend rebellierten meine Nippel nicht selten. "Ach ja, das mit den Nippelpiercings hat sich jetzt übrigens von selbst erledigt... durfte sie nicht drin lassen.", ließ ich Aryana sarkastisch wissen, dass sie sich schon mal daran gewöhnen konnte, dass ich jetzt kein Metall mehr am Oberkörper trug. Wir hatten uns ja schon in Australien darüber unterhalten und dass ich sie vielleicht irgendwann herausnehmen wollte, hatte sich jetzt zwangsweise schon selbst in die Wege geleitet. Nochmal nachstechen lassen würde ich mir die definitiv nicht.
Ich wünschte wirklich wir müssten uns nicht noch ein weiteres mal mit einem komischen Mal Sex auseinandersetzen. Mir hatte das eine Mal nach Fayes Ausrutscher - mild ausgedrückt - wirklich gereicht, auch wenn dabei im Grunde nur der erste Part richtige Überwindung gekostet hatte. Ich vermutete, dass es dieses Mal ähnlich sein würde und wir nur erstmal an den Punkt kommen mussten, an dem wir uns beide fallen lassen konnten. Natürlich war es dieses Mal eher andersherum, war es gerade doch viel mehr an Faye und weniger an mir festzumachen, ob die Sache hier schiefging oder eben nicht. Aber ich konnte zumindest versuchen ihr das alles irgendwie so wenig unangenehm wie nur möglich zu machen. Wahrscheinlich würde ich sie ohnehin insgesamt etwas vorsichtiger anfassen, als ich das normalerweise tun würde, weil sie so dünn geworden war. Natürlich war sie trotzdem kein Zahnstocher, der mal eben so unter zu viel Krafteinwirkung in der Mitte auseinanderbrach - dazu war der menschliche Körper dann doch eindeutig zu widerstandsfähig -, aber ich wollte ihr nun mal wirklich nicht weh tun. Außerdem entging mir auch nicht, dass sie sich situationsbedingt etwas verkrampfte und wenn sie das nicht nach einer Weile ablegen konnte, war das hier womöglich doch keine so gute Idee. Aber solange es noch keinen triftigen Grund dafür gab diesen Versuch schon im Keim zu ersticken, würde ich einfach versuchen mich ihr bedacht weiter anzunähern, statt sie mit all der angestauten Sehnsucht förmlich zu überrollen. Meine Sinne verfolgten angeregt sämtliche der leicht kribbelnden Spuren, die Faye mit ihren Fingern auf meiner Haut hinterließ. Mir schließlich auch über jene Streicheleinheiten noch etwas näher kam, was mich in den nächsten Kuss unweigerlich ein kleines bisschen hineinlächeln ließ. Es mochte auf den ersten Blick ein absolut winziges Detail sein, aber für mich bedeutete jeder Hauch Eigeninitiative von ihr gerade nicht weniger als die ganze Welt. Eine kleine Weile lang strich ihr erstmal nur weiter über den Oberschenkel, bevor meine Finger sich erneut langsam an ihrer Haut nach oben schoben und sich an ihrer Hüfte dann auch unter das weite Shirt stahlen. Erst nur ein bisschen, dann stetig etwas weiter. Ich hielt zwischenzeitlich mit der Hand immer wieder inne, weil sich das Shirt bei dem Unterfangen stückweise mit nach oben schob und dadurch immer mehr von Fayes Haut freilag. Ihr stückweise immer nackter werdender Bauch auf meinen Oberkörper traf, bis meine Hand an ihren Rippen lag und damit auch nur mehr ihre Brust noch verborgen blieb. Ja, die Rippen... natürlich fühlte sich Fayes Körper vollkommen anders an, als noch vor ein paar Monaten und ich müsste lügen, um zu sagen, dass sie mir vorher nicht besser gefallen hatte. Das war vielleicht ein unschöner Beigeschmack an unserem Vorhaben, aber darum ging es hierbei nicht - ich hatte mich schließlich nicht nur in Faye verliebt, weil sie für die Army eindeutig viel zu schön war, sondern weil ich mich mit ihr so verbunden fühlte wie mit niemand anderem sonst. Daran konnten auch ein paar Kilo weniger nichts ändern, aber ich wollte der Brünetten dort dennoch nicht zu lange über die Haut - und die Knochen - streicheln für den Fall, dass ihr das unangenehm war. Also löste ich meine Finger nach einem letzten Streicheln von ihrem Brustkorb, um mich danach langsam etwas mehr über sie zu beugen und damit einen Positionswechsel anzustreben. Wenn wir hier beide auf der Seite herumlagen würde es mit dem Ausziehen schwierig werden und so verdonnerte ich Faye auf sanftem Wege dazu, sich auf den Rücken fallen zu lassen. Mir kam es ganz gelegen, dass ich mich etwas aufrichten musste, um mich um das Shirt zu kümmern, weil mir langsam die Luft zum atmen ausging, hatten die leidenschaftlichen Küsse doch bis jetzt noch kein Ende gefunden. Ich griff dann aber auch alsbald nach dem Saum ihres Shirts, damit wir zumindest darüber beide nicht zu lange nachdachten. Das letzte Mal war das schließlich nicht wirklich schön gewesen. Ich war zwar nicht hektisch oder gar grob, zog der Brünetten den Stoff aber bestimmt über den Kopf. Danach hätte ich sie mir zwar gerne etwas genauer angesehen, aber ich ließ es bewusst bleiben, damit sie sich unter den Blicken nicht irgendwie unwohl fühlen musste und beugte mich stattdessen erneut zu ihr runter. Stützte mich mit den Armen links und rechts von ihr ab, woraufhin sich unsere Oberkörper flüchtig streiften. Ich küsste sie ein weiteres Mal und es war nur ein einzelner, recht langsamer und zärtlicher Kuss - danach hielt ich mit meinen Lippen dicht bei ihren inne. Wollte damit die stumme Frage danach formulieren, ob so weit denn überhaupt noch alles okay für Faye war. Verlangte nach einer indirekten Bestätigung dafür, indem sie einfach nur wieder auf mich zu kam. Denn wenn sie sich an diesem Punkt schon hochgradig unwohl fühlte, sollten wir das Ganze vielleicht eher bleiben lassen, statt Schlimmeres zu provozieren.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Gut, dann sollte es also das Herz werden, wunderbar! Damit war die Brünette offensichtlich zufrieden, wie das Grinsen auf ihrem Gesicht gefolgt von einem knappen Nicken so schön offenlegte. Auch wenn er ihr gleich noch eine Dämpfer verpasste, indem er anfügte, dass sie sich wohl doch besser noch nicht zu sehr freuen sollte. Naja. Sie tat es trotzdem, irgendwas würde er im Verlauf der nächsten Monate und Jahre sicher einmal für sie anfertigen können - hatte ja noch Zeit. "Ein paar Nerven deinerseits bin ich ja wohl hoffentlich noch wert", meinte sie sarkastisch. Verglichen mit den Nerven, die sie ihn früher gekostet hatte, dürfte das jetzt ja fast heilig sein. Sie wollte ihn ja auch nicht zu sehr in Anspruch nehmen - nicht, dass es letztendlich darauf hinauslief, dass er die Nerven fürs Basteln des Herzens brauchte und im Anschluss nicht mehr hatte, wenn einer seiner Freunde hier drin ihn etwas zu sehr provozierte. Aber gut. Er würde schon wissen, wie er seine Kräfte einteilen wollte. Offenbar war Mitch einverstanden, wenigstens einen kurzen Kuss in die Verabschiedung einzubauen. Mehr lag ja auch gar nicht drin. Aber immerhin das würden sie sich irgendwie erkämpfen. Wäre ja noch schöner, wenn sie hier wieder rausspazieren müsste, ohne sich überhaupt einen Kuss von den Lippen ihres Geliebten ergattert zu haben... Genau den Lippen, die gleich im Anschluss die nächste Süssigkeit von ihren Fingern stahlen. Und ihr dann ziemlich hemmungslos und ohne Essen und Sprechen zu trennen erzählten, was er wirklich von Wärme halten würde. Aryana hörte ihm lächelnd zu, wobei sie bisher wirklich noch nicht darüber nachgedacht hatte, wie die Klimabedingungen in einem Gefängnis wohl ausfielen. Alles andere hatte sie tausend Mal durchdacht - egal ob es um Mitchs Zelle, seine Mithäftlinge, das Essen, die Duschen, die Freizeitgestaltung, den Aussenraum oder die Arbeitsbeschäftigung ging. Aber dass es zu allem, was sie sich schon zusammengereimt hatte, hinzu auch noch kalt war, klang echt nochmal nach einem Minuspunkt dieser Anstalt. "Das ist echt beschissen... Aber ich kann dich immerhin soweit beruhigen, dass es draussen auch nicht mehr besonders warm ist. Der Herbst steht eindeutig vor der Tür oder hat schon angefangen. Momentan sind alle im Halloween- und Kürbisfieber... Und dann bin da ich und ich hab noch nicht mal mein Kostüm zusammen", Aryana rollte theatralisch mit den Augen, als wäre das ein ernstzunehmendes Problem für sie. Als hätte sie auch nur in einer einzigen Sekunde darüber nachgedacht, tatsächlich an irgendeine Halloween-bezogene Party zu gehen. Überhaupt an eine Party zu gehen, eigentlich. Da waren immerhin Menschen. Verrückte Menschen, die keine Ahnung vom Leben hatten und mit denen sie ganz sicher nicht umgehen konnte. Klang also nichts als grausam. Dass Mitch einen Teil seiner Körperkunst ablegen musste, quittierte sie mit einem kurzen Schmollmund. "Dann sind wir erstmal froh drum, dass du mit Tattoos keinen verletzen kannst, was?", meinte sie schulterzuckend, ehe ihr ein anderer Gedanke kam. "Ach und bitte komm' mir niemals auf die dumme Idee, dir hier drin irgendeine minderwertige Gefängnismalerei stechen zu lassen", fügte sie an, weil sie von solchen Sträflingstattoos nunmal echt nicht viel hielt. Bestenfalls würde es sich entzünden und er im Anschluss eine Narbe davontragen. Nicht optimal.
Faye versuchte sich ganz von den Küssen und seinen zart über ihre Haut streichelnden Fingern einnehmen zu lassen. Sich nur auf das zu konzentrieren - und auf das, was ihr Herz dabei empfand. Liebe. Sehnsucht. Das Bedürfnis nach immer mehr von ihm. Das Verlangen nach dem, was sie mal hatten. Der Wunsch nach Normalität. Den Durst nach der Unbefangenheit und Sorglosigkeit, mit der sie sich mal bewegt hatte. Nicht wie das steife Brett, das ihr Körper schon wieder zu werden drohte, wenn Victor sie nur am falschen Ort berührte. Wobei diese falschen Orte früher eben gar nie existiert hatten und es auch jetzt nicht tun sollten. Sie wollte glauben, dass er sie trotz allem noch liebte, sie sich nicht verstecken musste, er sie nicht wegen irgendeinem Detail an ihrem Körper verstossen würde. Nicht wegen der Narben an ihrem Rücken und auch nicht wegen der Rippen, die seine Fingerkuppen soeben erreicht hatten und nun zwangsläufig freilegen würden, wie das schutzbietende Shirt immer weiter nach oben wanderte. Aber Victor stellte die Küsse auch jetzt nicht ein, liess sich nicht anmerken, was er spüren konnte und dabei empfand. Und dafür war Faye ihm erneut unendlich dankbar. Auch kam es ihr ganz gelegen, als der junge Mann sie schliesslich zurück auf die Matratze schob, bis sie unter ihm lag und ihre Lippen somit für einen Moment getrennt blieben, was ihr ein paar dringend benötigte, tiefere Atemzüge erlaubte. Ihr Herz klopfte viel zu sehr und sie war definitiv nervös - was nicht unbedingt von Vorteil war in ihrer Situation. Und trotzdem schlüpfte sie - sich selbst und ihren Gedanken trotzend - aus dem Shirt, als Victor ihr dieses über den Kopf zog. Machte keine Anstalten, irgendwas dagegen zu haben, sondern war einfach nur froh, dass er gleich darauf wieder direkt über ihr war. Seine nackte Haut auf ihrem Oberkörper fühlte sich vertraut an, obwohl sie genau das am wenigsten erwartet hatte. Sie hatte eher damit gerechnet, dass gleich wieder alle Sicherungen, die ihre geistige Gesundheit mehr oder weniger erfolgreich bewahrten, durchbrennen würden und sie sich in einer Ecke des Bettes zu einem Ball kugeln und heulen würde. Aber noch passierte nichts davon und auch wenn ihr Herz hämmerte, als hätte sie nie zuvor mit ihm geschlafen, wollte sie, dass er näher kam, bei ihr blieb. Dass sie nur nicht zu lange darüber nachdenken musste, was alles schief gehen könnte, was er alles sehen könnte - warum er plötzlich die Lust verlieren könnte. Sie musste sich einfach nur erfolgreich davon ablenken, musste ihren leicht zitternden Körper davon überzeugen, dass alles, was passierte, gut für sie war. Die Brünette legte ihre Hände an Victors Wangen, streckte sich ihm entgegen, bis ihre Lippen wieder vereint waren. Wahrscheinlich war es ein riskantes Spiel, die Stimmen in ihrem Kopf einfach mit Küssen zu betäuben, die Ängste in ihrem Bauch zu ignorieren, weil sie sich diese eine Sache nicht kaputt machen lassen wollte. Möglicherweise könnte das dazu führen, dass am Ende doch alles ins Wasser fiel, weil sie mal wieder eine plötzlich aufflammende Emotion nicht in den Griff bekam. Aber sie wollte gar nicht daran denken, wollte nur seine Lippen auf den ihren spüren und seine Haut unter ihren Händen, die wieder ununterbrochen über seinen Rücken strichen. Als müsste sie sich versichern, dass er vollkommen echt und ungefährlich war, dass er Victor war, der ihr niemals etwas zuleide getan hätte, ihr nie Schmerzen zugefügt hatte und sie nie hatte verletzen wollen. Ihre Finger strichen auf und ab in sanften Kreisen und Muster, viele Sekunden, bis sie plötzlich am Bund seiner Shorts ankamen und sich nach kurzer Unsicherheit genau da einhakten. Letztendlich war es wieder irgendeine Störung ihres Verhaltens die verhinderte, dass sie ihm die Hose wirklich auszog - obwohl ihre Intentionen ziemlich eindeutig waren. Nur war da eben noch immer dieses Zögern, das leise Zittern. Nicht in ihrem Willen, aber in ihrem Kopf, ihrem Körper. Denn egal auf welchem Hoch sie sich gerade befand, egal, wie sehr sie Victor und sich selbst vorgab, das hier zu wollen und gut zu finden - da war trotzdem noch ihre Psyche, die sich nun wochenlang so erfolgreich gegen alles Schöne gesträubt hatte. Die heute ganz bestimmt nicht so einfach aufgeben würde, bloss weil sie sich selbst eine Deadline gesetzt hatte. So einfach war es nicht... so einfach war es nie.
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Aryanas folgender Kommentar ließ mich nicht weniger als ziemlich übertrieben die Augen verdrehen. Wir beide wussten schließlich sehr gut, dass sie mir deutlich mehr wert war als ein paar läppische Nerven. Ich würde nicht weniger als für die hübsche Brünette draufgehen, wenn es notwendig war. War ja auch nicht so als hätte ich das nicht schon sehr deutlich unter Beweis gestellt und seit unserem Alleingang in die Hügel hatte sich daran auch absolut gar nichts geändert. "Es ist auch weniger so, als würde ich die Nerven nicht für dich opfern wollen... aber es ist eben fragwürdig, wie witzig die Wärter es finden, wenn ich laut vor mich hin fluche oder mit Irgendwas um mich werfe. Aber mal sehen... ich find' schon irgendeinen Weg.", meinte ich nur noch schulterzuckend. Am liebsten würde ich das Zeug ja einfach mit in meine Zelle nehmen, um dort eine Beschäftigung zu haben, während ich nicht anderweitig hinaus konnte, aber dass das nicht wirklich zur Debatte stand war wohl überflüssig zu erwähnen. Vielleicht durfte ich immer ein paar wenige Minuten am Ende der Arbeitszeit für Aryanas zukünftiges Geschenk nutzen, wenn ich das Soll schon vorher voll hatte. Das würde zwar bedeuten mich durchaus ein bisschen beeilen zu müssen, aber wenn mir das dann genug Freiraum gab war es das sicherlich wert. Allein schon wegen des Lächelns der jungen Frau mir gegenüber. Dass es draußen auch nicht mehr besonders warm war, war mir nicht entgangen. Besonders viel Freigang gab es in meinen Augen für Insassen hier drinnen zwar nicht, aber wenn ich konnte, dann nutzte ich den gerne. Er half dabei nicht ganz durchzudrehen. Nicht zuletzt wegen den fest installierten Gerüsten, die noch einige Sportübungen mehr außerhalb Trainings mit dem eigenen Körpergewicht möglich machten, das ich überwiegend in der Zelle am Laufen hielt. Natürlich war das bei Weitem nicht so gut wie die Ausrüstung bei der Army oder gar der eines Fitnessstudios, aber es reichte um etwas von der überschüssigen Energie loszuwerden, die durch das viele Rumhocken in den Zellen zwangsweise zu Stande kam. "Das is schade... in einem Kürbiskostüm würdest du bestimmt witzig aussehen.", stimmte ich grinsend in die Halloweengeschichte mit ein, während ich mir parallel eben genau das vorstellte. Aryana in einem ziemlich runden, breiten, knallorangen Kürbiskonstüm, während sie sich noch eine Art Stiel als Hut aufsetzte, um das Bild zu komplettieren. Noch besser gefallen würde mir aber sicher ein anderes, eher knappes Kostüm in ganz anderer Richtung. Schien wirklich so als würde mir die Enthaltsamkeit jetzt, wo sie erst einmal für einige Wochen so angenehm unterbrochen worden war, deutlich schwerer fallen. War also echt super, dass ich ganze 25 Jahre Zeit dazu hatte, mich von Neuem daran zu gewöhnen. War weiß Gott nicht so, als wäre das eines meiner Hauptprobleme in diesem Saftladen, aber es war ein weiterer, sehr unangenehmer Beigeschmack, auf den ich wirklich nur allzu gern verzichtet hätte. Was die Piercings anbelangte bekam ich eine verzogene Unterlippe zu sehen und musste allein wegen diesem Anblick gleich wieder ein bisschen grinsen. Je mehr Worte die junge Frau dann noch über dieses Thema verlor, desto breiter wurde das Grinsen. Ach, wollte sie keine Tattoos in meinem Gesicht? War ja nur allzu typisch für Häftlinge, dass sie sich für jeden gleich auf den ersten Blick sichtbar brandmarkten. Natürlich auf vollkommen unhygienische, selten schöne Art und Weise. "Ach, keine schlecht gestochene Knastträne unterm Augen?" Ich deutete mit dem Zeigefinger unter meinen rechten Augenwinkel. "Oder doch gleich lieber irgendein unlesbarer Schriftzug über der Augenbraue?", machte ich noch einen zweiten, sehr ironischen Vorschlag und zeichnete mit Daumen und Zeigefinger die Haut oberhalb meiner Augenbraue nach. "Keine Sorge, da kann ich dich beruhigen. Ich hab zu viel Kohle für gute Tätowierer ausgegeben, um mir den Körper jetzt mit Tattoonarben zu verschandeln. Ich warte mit der Schlange also lieber, bis ich wieder draußen bin.", schilderte ich Aryana dann glaubhaft, dass sie sich darüber wirklich keine Gedanken machen musste. Ich liebte meinen Körper und würde sicherlich nicht auf die Idee kommen ihn mir zu verschandeln. Die Schlange, die für uns beide und unseren bisher unkaputtbaren Zusammenhalt stehen sollte, stand inzwischen ganz fest auf meinem weiteren Körperkult-Plan.
Es war wohl einfach unvermeidbar, dass Faye weiterhin eher recht verspannt wirkte. Das war im Grunde auch relativ vorhersehbar gewesen. Es war nun mal sehr unwahrscheinlich, dass sie sich bei all den Komplexe, die sie ihrem eigenen Körper gegenüber in der letzten Zeit entwickelt hatte, nun einfach einen Schalter beliebig umlegen und sich entspannen konnte. Sie kam mir zwar für erneute Küsse ganz aus freien Stücken entgegen, aber neben den zärtlichen, wohltuenden Berührungen ihrer Finger schien das dann auch schon mehr oder weniger alles gewesen zu sein. Ich hatte gedacht, dass das alles an Bestätigung war, was ich brauchte, um weiterzumachen. Allerdings irritierte es mich wohl doch ziemlich, dass sich ihre schmalen Finger nur in den Bund der kurzen Hose einhakten, statt in irgendeiner Form weiter zu wandern. Ja sogar ein wenig zitterten, was mich zumindest innerlich ein weiteres Mal stocken ließ. Normalerweise wäre das wohl der Punkt gewesen, an dem meine Klamotten ein Stück tiefer gezogen wurden oder sich die Finger ihren weiteren Weg in meine Boxershorts suchten. Aber es passierte nichts und das ließ mich unweigerlich erneut in Frage stellen, ob und wie ich weitermachen sollte. Denn es fiel mir schwer gänzlich zu ignorieren, dass Faye sich ohne Frage nach wie vor bis zu einem gewissen Punkt unwohl in ihrer Haut fühlte. Ich war mir auch nicht sicher damit, ob ich dagegen überhaupt irgendwas tun konnte oder wir das beide so hinnehmen mussten. Oder die Sache vielleicht doch besser abgeblasen werden sollte, um es nicht noch schlimmer zu machen, auch wenn ich nur sehr ungern noch einen weiteren Rückschlag einstecken wollte, weil wir davon schon mehr als genug hatten verkraften müssen. Es war wirklich schwierig und die Gedanken überschlugen sich förmlich in meinem Kopf, während ich die Küsse mit Faye fortsetzte. Dabei auch die Finger meiner linken Hand nach ihrem Kiefer ausstreckte und sanft ihre Haut streichelte. Dann war es Zeit für eine Entscheidung, um nicht noch mehr Unsicherheiten in der jungen Frau zu wecken, indem ich nichts mehr weiter tat, als sie zu küssen und ich betete darum, dass ich die getroffene Wahl nicht bereuen würde. Aber ich entschied mich dafür, alles irgendwie so normal wie nur möglich zu gestalten, um nicht das Gefühl bei Faye zu wecken, dass jetzt irgendwas anders war. Ich sie nicht mehr begehren und sie von der Bettkante stoßen würde, sobald ich sie nur eine Sekunde zu lang ansah. So war es schließlich nicht, also wollte ich ihr auch keine Anreize dafür geben genau so zu denken. Sie war perfekt. Das war sie schon immer und das würde sie in meinen Augen auch immer bleiben. Also nutzte ich die Finger, die ohnehin schon an Fayes Kiefer lagen, um sanft nach ihrem Kinn zu greifen und ihren Kopf etwas zur Seite zu drehen, damit ich besser an ihren Hals kam. Küsste mich an dem mir zugewandten Kiefer bis zu ihrem Ohr, bevor ich auch ihren Hals mit meinen Lippen zu touchieren begann. Dabei verlagerte ich ganz allgemein schon deutlich mehr Gewicht auf meine rechte Körperhälfte, während sich meine linke Hand langsam von ihrem Gesicht löste und ich mit jenen Fingern ein wenig über ihre Schulter strich. Danach noch ein bisschen an ihrem Oberarm, bevor sich die Finger an ihre Taille legten und von da aus recht stetig, aber durchweg zärtlich wieder an ihrem Körper nach oben schoben. Ich legte meine Hand vorsichtig an ihre Brust und ja, auch die fühlte sich wegen des Gewichtsverlusts ein bisschen anders an, als ich es gewohnt war. Aber das war okay und ich ließ mich davon nicht beirren, als ich sie sanft zu massieren begann, ab und an auch hauchzart ihren Nippel mit meinen Fingern streifte. Die Küsse an ihrem Hals ließ ich dabei gar nicht abreißen, wobei unweigerlich auch immer wieder mein Atem in kurzen Pausen ihre Haut streifte. Erst nach einer kleinen Weile ließ ich von der Oberweite der Brünetten ab und suchte erneut mit meinen Lippen nach ihren, um sie in den nächsten Kuss zu verwickeln. Wahrscheinlich hauptsächlich, um sie ein bisschen davon abzulenken, dass meine Hand tiefer wanderte. Über ihren Bauch weiter abwärts strich, bis ich an dem spärlichen Rest Unterwäsche ankam. Ich strich erst einen Moment lang oberhalb des Saums an ihrer Haut entlang und dabei rutschte ich mit dem rechten Bein wieder außen neben ihres, um die linke Hand nicht komplett verrenken zu müssen, als sich meine Finger langsam unter den Stoff ihres Slips schoben und sich zu ihrer Körpermitte vorarbeiteten. Vielleicht konnte sie den Kopf eher ausmachen, wenn sich ihre Erregung steigerte... und wenn nicht, dann sah ich hierfür wohl ganz allgemein langsam nur wenig Hoffnung. Denn Faye war noch immer angespannt und wenn sie so krampfhaft, ja fast schon ängstlich unter mir lag, dann brauchte ich nicht weiterzumachen. Es würde weder Faye, noch mir selbst Spaß machen, wenn sie permanent so wirkte, als würde sie das alles entweder gar nicht richtig wollen oder als würde sie jeden Moment doch noch die Flucht ergreifen. Ich würde nicht mit einer Frau schlafen, die den Eindruck erweckte darauf nur begrenzt Lust zu haben. Zwar wollte ich nichts mehr, als endlich wieder auf unser früheres Level an Liebe und Intimität heranzukommen, aber nicht um jeden Preis.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Das Augenverdrehen seitens ihres Freundes löste bei der jungen Brünetten ein nur noch breiteres Grinsen aus. Es hatte eben bis heute seinen ganz eigenen Reiz, die Geduld dieses Mannes ein Bisschen zu strapazieren, ihn ab und an daran zu erinnern, wie unendlich nervig sie eigentlich sein konnte und wie dankbar er ihr sein sollte, dass sie ihm dies nicht ständig demonstrierte. Sie war nicht unbedingt eine Zicke oder hatte sonstige - in der Gesellschaft oft als typisch weiblich angepriesenen - Allüren, wenn es um Streit oder allgemein das Zusammenleben mit einem Mann ging. Aber ein Bisschen nerven sollte trotzdem drinliegen. So wies aussah, konnte Mitch ja glücklicherweise auch bestens damit umgehen, legte ihr gleich darauf auch schon wieder nahe, dass das schon irgendwie funktionieren würde mit dem Herz. Oder was auch immer es letztendlich sein würde, sie liess sich diesbezüglich ausnahmsweise gerne überraschen. Dass sie noch nicht bereit für Halloween war, schien ihn genauso zu treffen wie sie selbst, so wie er im Anschluss ihrem imaginären Kürbiskostüm nachtrauerte. Nun war Aryana es, die theatralisch die Augen verdrehte, ohne dabei das Grinsen abzulegen. Die Vorstellung des Kostüms war dazu auch einfach deutlich zu gut. "Ich glaub' ich muss mir doch noch eins besorgen. Jetzt, wo du mich mir diese wunderbaren Bilder im Kopf beschert hast... Ich schick' dir ein Foto wenns soweit ist", liess sie ihn von ihrem Vorhaben wissen. Mal schauen - wenn die Dinger nicht jegliches Budget sprengten, standen die Chancen, dass sie diesen Plan tatsächlich durchzog, sogar ziemlich gut. Und sei es nur für die Vorstellung seines Lachens, wenn er das dämliche Foto in den Händen hielt. Es würde ihr einen Moment in ihrem zugegeben eher tristen Alltag schenken, in dem sie Mitch trotz der Distanz und Unerreichbarkeit nahe sein konnte. Einen Moment, den sie nur für ihn leben würde. Während sie sich in den perfekten, kugelrunden, leuchtend orangefarbenen Halloweenkürbis verwandelte, lediglich um diesem Mann im Gefängnis ein Lachen zu entlocken. Doch, möglicherweise würde sie das wirklich machen. Vielleicht entdeckte sie dabei ja ihre Liebe zu Schminke und Verkleidungen oder so, wäre ja nur ein weiterer Pluspunkt - ein neues Hobby. Auf jeden Fall wäre die orangene Farbe in ihrem Gesicht deutlich weniger permanent als die schwarze Gefängnistinte, von der im Anschluss die Rede war. Und das war auch gut so, denn keines von beidem würde sich auf Dauer gut auf ihrer Haut machen. "Nein und nein. Es sei denn, der unlesbare Schriftzug lässt sich am Ende doch noch irgendwie zu Aryana ist die aller aller Allerbeste entziffern. Dann vielleicht", brachte sie wieder das ironische Namenstattoo für die Verewigung ihrer eigenen Person auf dem Körper ihres Freundes ins Spiel. Aber Mitch beruhigte ihre nicht wirklich besorgten Nerven gleich darauf sowieso schon mit ein paar weiteren Worten, die sie doch sehr glücklich stimmten. Was deutlich aus ihrem Gesicht zu lesen war. "Eine schön gestochene Schlange irgendwann in Zukunft klingt gut... vielleicht kann ich mich dafür sogar ebenfalls begeistern", meinte sie zufrieden, legte damit den Gedanken offen, dass sie tatsächlich selbst auch schon über ein entsprechendes Tattoo unter ihrer Haut nachgedacht hatte, seit Mitch dieses im Krankenhaus erwähnt hatte. Müsste ja nicht identisch mit dem sein, welches er sich stechen liess. Es reichte, wenn es sie selbst an das erinnerte, was sie zusammen geschafft und überlebt hatten. Die verdammte syrische Hölle. Für das hier.
Sie wollte das wirklich. Sie wollte mit ihm schlafen, nackt unter ihm liegen, seine Berührungen geniessen und ihre Finger über jeden Zentimeter seiner Haut wandern lassen. Ihn küssen, als wäre es alles, was sie hatten, ihn lieben, als hätten sie die Hölle nie gesehen. Sie wollte es so sehr und doch konnte sie ihren Kopf nicht abschalten. Trotzdem hatte sie Zweifel, Sorgen, Angst. Angst, die sie nicht begründen konnte, die das Zittern ihrer Finger auslöste, obwohl sie sich eigentlich sicher war, dass ihre Hände nichts Falsches taten. Es waren die unergründlichen Tiefen ihrer Psyche, die ihr hier den nächsten Streich spielten, die drohten, ihr einen weiteren verzweifelten Versuch zurück in die Normalität zunichte zu machen. Aber sie wollte nicht aufgeben, Victor und sich selbst heute nicht enttäuschen. Sie wollte heute endlich besser vorwärts kommen wie er es gesagt hatte. Und doch blieben ihre Finger eine halbe Ewigkeit am Bund seiner Hose hängen. Fielen sogar wieder davon ab, als sie die Augen schloss, während er ihre Halsbeuge mit Küssen bedeckte. Sie spürte seine Hand an ihrer Brust und auch das fühlte sich gut an. Fast wie früher... Sie wollte, dass er sie berührte. Dass es für ihn so werden konnte, wie es mal gewesen war. Sie wollte ihn nicht mit ihrem Zögern irritieren, nicht mit der Anspannung, die in ihren Knochen sass, obwohl sie sie längst hatte ablegen wollen. Faye wusste, dass Victor es spürte, alles davon. Ihre ganzen Unsicherheiten und Fragen, die Ängste und die Spannung. Auch wenn er sich nichts anmerken liess und seine Hand trotz ihres pochenden Herzens nach einer Weile über ihren Bauch nach unten wanderte. Und weil sie ihn kannte wie kaum einen anderen Menschen in ihrem Leben, weil sie wusste, dass er das alles wahrnahm und wozu ihn diese Informationen zwangsläufig bringen würden, war ihr auch klar, dass sie handeln sollte. Dass es so nie funktionieren würde. Aber Faye hielt noch immer eisern daran fest, dass sie die Schlacht in ihrem Kopf heute nicht ein weiteres Mal verlieren konnte. Dass sie diesen Rückschlag nicht verkraften würden und danach sonst alles nur noch schlimmer werden würde. Noch verkrampfter. Weil Victor noch weniger wissen würde, was er eigentlich noch tun durfte und was nicht. Und weil sie noch mehr Angst vor sich selbst und ihm und Berührungen und seinen Gedanken über sie haben würde. Das wollte sie nicht. Aber am allerwenigsten wollte sie Victor enttäuschen. Ihm ein weiteres Mal vorführen, wie sie den Arsch nicht hochkriegte. Faye hatte die Augen noch immer geschlossen, die Lippen noch immer auf seinen. Aber sie wusste, dass er bald aufgeben würde, wenn sie sich nicht entspannte. Und da ihr Körper ihr nicht zuhören wollte, fasste sie einen anderen Entschluss, liess ihre Hände wieder seinen Körper aufwärts wandern, bis sie schliesslich an seinen Wangen lagen. Dann löste sie sich sanft von seinen Lippen, wartete, bis er die Augen aufschlug und sich ihre Blicke trafen. "Vielleicht... anders", hauchte sie zwei Worte, die Erklärung genug dafür sein sollten, dass sie so tatsächlich nichts hinbekam. Sie hoffte nur, dass er überhaupt noch Geduld hatte und den Willen, ihr eine weiter Chance zu gewähren, als sie sich unter ihm zu regen begann. Ihm ziemlich bald deutlich machte, dass sie einen Positionswechsel beabsichtigte, der ihn für einen Moment in die passivere Rolle setzen würde. Gleich darauf fand Faye sich auch schon über ihm wieder und auch wenn ihre Bewegungen weiterhin vorsichtig und eher scheu waren, war sie sich deutlich sicherer in ihrem Vorhaben, schien einen halbwegs entwickelten Plan zu verfolgen, statt nur verspannt in der Matratze zu liegen. Zuerst trafen ihre Lippen wieder auf seine, damit er die Augen schloss und nicht zu sehr irgendwas von dem hinterfragte, was sie ewig nicht getan hatte. Aber es dauerte diesmal nicht halb so lange, bis ihre Hände von seiner Brust, wo sie erneut einen Moment verweilt hatten, abwärts wanderten. Und jetzt war das Zögern auch mehr nur noch ein kurzes Aufbegehren ihres Geistes, bevor sie seine Hose schliesslich endgültig in Richtung Füsse schob. Während ihre Lippen noch immer auf seinen lagen, fand ihre linke Hand den Weg zurück zu seiner Mitte, legten sich - weiterhin vorsichtig aber kaum zögerlich - um sein Glied, bewegten sich langsam an seinem Schaft auf und ab. Eine kurze Weile blieb die Brünette dabei, liess das nicht nur auf ihn sondern auch auf sich selbst wirken. Aber tatsächlich schien ihr Plan soweit aufzugehen und es war wie erwartet nicht seine Nacktheit, nicht sein Körper, die in ihr diese Anspannung und Nervosität ausgelöst hatten. Sie küsste sich über seinen Kiefer zu seinem Hals bis zu seinem Ohr, hauchte ein paar leise Worte in dieses, bevor sie sich erneut aufrichtete. "Halt die Augen noch einen Moment zu, okay? Nur bis... keine Ahnung", ja, sehr genaue Definition. Aber sie hatte nicht mal für sich selbst eine Zeitspanne definiert, bevor sie sich schliesslich nach unten bewegte, seine Kleidungsstücke dabei ganz entfernte und neben dem Bett verschwinden liess. Faye schob seine Beine etwas auseinander, um sich dazwischen zu knien, beugte sich schliesslich nach unten, wo ihre Hand den gleichen Platz einfand wie zuvor, bevor sich auch ihre Lippen sanft um sein bestes Stück legten. Alles, was sie tat, blieb im Vergleich zu früher eher langsam und vorsichtig. Aber die Anspannung und Unsicherheit im Körper und Verhalten der Brünetten wichen langsam aber sicher von ihr. Zumindest so lange sie sich mit ihm und nicht mit sich selbst auseinandersetzte, schien alles langsam besser zu werden.
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Oh, na da würde ich ganz bestimmt nicht nein sagen. Ich war mir sehr sicher, dass es hier drin kaum sowas wie eine Halloween-Party geben würde und tatsächlich hatte ich die früher ganz witzig gefunden - auch, wenn ich mich selbst tatsächlich nie verkleidet hatte, weil ich nicht wirklich einen Sinn darin sah. War für mich nicht weniger Kommerz als Weihnachten auch, aber ich bewunderte manche Leute durchaus für ihre Kreativität bei der Kostümwahl. Ein Kürbis war an sich zwar vielleicht nichts außergewöhnliches und bediente doch ein ziemliches Klischee, aber es wäre ganz sicher herrlich anzusehen. Ich kannte Aryana inzwischen zwar auch in zivil, aber gewohnt war ich die Armyklamotten an ihrem Körper und da bot ein solches Kostüm einfach eine herrlich drastische Abwechslung im positiven Sinne. Eine, die mich noch dazu ziemlich sicher breit grinsen oder eher sogar lachen lassen würde. Ich nahm jedes kleine bisschen an guter Unterhaltung, dass ich hier im Knast kriegen konnte und das schien auch der Brünetten bewusst zu sein. "Kann's kaum erwarten.", pflichtete ich ihr mit einem angetanen Grinsen und einem Nicken bei. Hätte ich die Möglichkeit dazu würde ich sie auch liebend gerne bei der Kostümsuche unterstützen, einfach nur um den Anblick genießen zu können. Allerdings war sie bei aktuellem Stand wohl leider ganz auf sich allein gestellt. Wenigstens war die Überraschung für mich in diesem Fall größer, weil ich bis zum Schluss nicht wusste, was eigentlich auf mich zukam. Wie bereits erwartet war Aryana nicht sonderlich begeistert von etwaigen Tattoos in meinem Gesicht, aber da waren wir uns zum Glück ja ebenso einig wie auch mit dem Halloweenkostüm. Ich hatte tatsächlich auch noch nie vorgehabt mir das Gesicht zu tätowieren. Ich liebte die permanente Farbe unter der Haut wirklich, aber da zog ich die Grenze. Seitlich und hinten am Kopf hatte sie bei meinem Undercut ihren Reiz, aber direkt im Gesicht? Brauchte und wollte ich nicht. "Dann lieber gar keins.", neckte ich die junge Frau gegenüber noch ein bisschen weiter, ohne dass das Grinsen abklang. Nein, für ihren Namen unter meiner Haut würde ich mich wohl weiterhin nicht begeistern können, im Gegensatz zu der symbolisch für uns stehenden Schlange. Was das anging schien ich auch gar nicht der einzige zu sein, was meine Augenbrauen für einen Moment überrascht nach oben wandern ließ. Sie dachte tatsächlich daran, sich auch Tinte unter die Haut bringen zu lassen? Zugegeben kam das jetzt wohl ziemlich unerwartet, wo sie bisher doch noch gar keine Tattoos hatte - was ich ja auch gar nicht schlimm fand. Nur weil ich selbst damit zugekleistert war, erwartete ich das keinesfalls automatisch von ihr und sie war auch ohne permanente Körperbemalung wahnsinnig attraktiv. Wenn sie sich diesem Körperkult aber auch anschließen wollte - und sei es nur mit einem einzigen Tattoo -, dann würde ich sie ganz bestimmt nicht davon abhalten. "Ehrlich? Ich hab nicht wirklich damit gerechnet, dass du irgendwann mal mit dem Gedanken spielst dir auch was stechen zu lassen... ich bin trotzdem ganz bestimmt der letzte, der dich davon abhält.", gab ich der Brünetten meine Gedanken preis, obwohl sie ziemlich sicher bereits zuvor aus meinen Gesichtszügen hatte lesen können, dass ich gewissermaßen ein bisschen überrascht davon war. "Aber lass' mich dich vorwarnen... wenn man erstmal angefangen hat, bleibt's selten bei einem einzigen. Überleg's dir also lieber gründlich.", warnte ich Aryana recht sarkastisch vor. Ich glaubte zwar kaum, dass sie so enden würde wie ich selbst, aber man fand ja doch immer wieder was, das man gerne verewigen würde. Selbst wenn es nur eine Kleinigkeit war. Viele kleine Tattoos ergaben irgendwann schließlich auch eine beachtliche Summe. Ich streckte jetzt erstmal die freie Hand nach der Tüte mit dem süßen Naschkram aus, um zu testen, ob ich noch immer gewisse Bedingungen erfüllen musste, um da ranzukommen. Unterhielten wir uns nicht schon lange genug gut gelaunt, dass ich mir die ganze Tüte damit verdient hatte? Meine Laune war schließlich schon lang nicht mehr so gut gewesen.
So gut wie alles, was ich tat, war irgendwie ziemlich vergebens. Es war nicht so, als würde das jetzt irgendwie an meinem Ego kratzen. Ich wusste schließlich, dass ich durchaus fähig dazu war Faye in Stimmung zu bringen und das alles hier einfach nur der aktuellen Situation und eben ihrem momentan noch ziemlich verwirrtem Kopf entsprang. Das änderte aber nichts daran, dass das mehr frustrierend als irgendwas anderes war und hätte die Brünette jetzt nicht die Eigeninitiative ergriffen, wäre es das ziemlich sicher gewesen. Frust war nun wirklich nicht das, was ich mit unserem Sex in Verbindung bringen wollte und womöglich musste die junge Frau auch einfach noch so einige Haken in ihrer Denkweise beseitigen, damit das hier irgendwie wirklich so richtig reibungslos funktionieren konnte. Ich hatte weiß Gott nicht erwartet, dass wir auf Anhieb auf körperlicher Ebene perfekt zueinander finden konnten, weil das unter den gegebenen Umständen ganz einfach utopisch war, aber das hier... naja, war doch irgendwie noch schlechter als erwartet und weil es wahrscheinlich auch gar nicht mehr so viel merkwürdiger und schlimmer hätte werden können, ließ ich Faye jetzt einfach machen. Ließ mich ohne irgendetwas zu erwidern zurück ins Kissen fallen, als sie mir das mit ein paar wenigen Worten und Gesten bedeutete. Verfolgte ihre zierlichen Finger auf meiner Haut mit den Sinnen, während ich die Küsse erwiderte. Dieses Mal machten sie auch nicht wieder endgültig Halt an meinen Klamotten, sondern beseitigten sie im Vergleich zu vorher doch deutlich bestimmter. Faye schien sich mit dem aktiveren Part irgendwie leichter zu tun, suchte sich ihre Hand daraufhin doch schon bald die nächste Beschäftigung und es floss unweigerlich ein erregter Laut meinerseits in den folgenden Kuss hinein. Es war nach so vielen Monaten der Abstinenz wohl auch wirklich nicht besonders schwer mich in Fahrt zu kriegen. Vielleicht war die Brünette insgesamt noch immer eher vorsichtig für ihre Verhältnisse, aber das tat dem nicht wirklich einen Abbruch. Ich schob meine rechte Hand in ihren Nacken und hielt sie bei mir, als ich die sie doch für einen Moment wieder ein wenig ungehaltener küsste. Als sie sich dann aber von meinen Lippen löste neigte ich den Kopf aus Gewohnheit in die entgegengesetzte Richtung, damit sie problemlos auch an meinem Hals ein paar leicht kribbelnde, zarte Küsse setzen konnte. Die dann folgenden Worte ihrerseits passten mir wohl nicht wirklich in den Kram, einfach weil ich sie gerne ansah. Immer und überall, jedoch ganz besonders dann, wenn wir uns liebten. Aber ich wusste, wo diese Bitte herkam und welchen Zweck sie damit verfolgte, also nickte ich schwach und hauchte noch ein kaum hörbares "Okay.", bevor sie sich weiter von mir löste und meine Finger damit automatisch von ihrem Hals glitten. Ich hatte ja glücklicherweise ungeachtet meiner Augen noch weitere Sinne, die dazu imstande waren ihren folgenden Handgriffen zu folgen und es sollte auch nicht lang dauern, bis meine Klamotten dann gänzlich Adieu sagten und Faye insgesamt ein ganzes Stück tiefer wanderte. Ich ahnte schon worauf das hinauslief noch bevor sich ihre Lippen schließlich um meinen Schwanz legten. Bis zu diesem Punkt hatte ich es noch wirklich unterdrücken müssen die Augen nicht doch mal aufzumachen, aber bei dem erweiterten Vorspiel sank mein Kopf dann von ganz allein noch ein Stück mehr in den Nacken. Es war einfach angenehm intensiv und schon bald rollte ein leises Stöhnen über meine leicht geöffneten Lippen. Meine Hand streckte ich trotzdem wieder nach ihr aus und legte sie nur locker an ihren Hals, um sie in ihrer Bewegung nicht zu irritieren, während mein Daumen jedoch vor ihrem Ohr lag. Wenn ich sie schon nicht ansehen konnte, keine Blicke mit ihr tauschen konnte, dann wollte ich wenigstens auf diese Weise symbolisieren, dass ich ganz bei ihr war. Eine Weile ließ ich die Brünette absolut angetan damit weitermachen, schien sie ihr erfolgreiches Handeln doch irgendwie stückweise etwas sicherer werden zu lassen, aber ewig damit fortfahren lassen konnte ich sie nicht ohne, dass ich kam. Ich sehnte zwar wirklich einen von ihr hervorgerufenen Orgasmus herbei, aber ich musste gar nicht erst darüber nachdenken, dass ich mich wirklich schlecht damit fühlen würde, wenn sie genau gar nichts hiervon hatte außer ein paar schrecklich verkrampfte Minuten ohne jegliches Hochgefühl. Wenn es denn irgendwie möglich war sollten wir die Sache hier nicht nur ausschließlich zu meinen Gunsten abschließen, weshalb ich Faye mit der Hand an ihrem Hals letztlich sanft zum Innehalten zwang. Sie mit der Hand am Kinn sachte dazu animierte zu mir zurückzukommen, nachdem sie von meinem besten Stück abgelassen hatte. Ich kam ihr dabei auch mit noch immer geschlossenen Augen ein Stück weit entgegen, indem ich mich mit dem freien Arm nach hinten abstützte und mich dadurch etwas aufrichtete. Ich schlug die Lider erst für einen Moment auf, als sie mit ihrem Gesicht wieder vor meinem war, um mir einen kurzen Blick in ihre schönen Augen zu erhaschen. Dann schloss ich die Augen wieder und lehnte meine Stirn an ihre. "Fang an... bitte.", raunte ich ihr ein paar leise Worte an ihr Lippen, kurz bevor ich mir einen Kuss stahl und ihr dabei mit dem Daumen den Kiefer entlang strich. Vielleicht hatte Faye noch immer Gründe dafür sich damit nicht wohlzufühlen und es besser sein zu lassen. Ich würde das schon verstehen, nur... wäre das dann wohl in etwa vergleichbar mit dem Moment unseres ersten Kusses damals in der Armydusche. Ich hatte nicht sicher gewusst, ob ich einen Dämpfer bekam und hätte es auch verstanden, wenn sie mich nicht hätte gewähren lassen. Ich hätte damit leben können, aber schwer zu verkraften wäre es trotzdem gewesen. Genauso wie jetzt auch.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Ja, sie konnte es auch kaum erwarten. Allerdings würde er wohl auf einen Besuch von ihr warten müssen, bei dem sie ihm zur Abwechslung eben ein Bild von ihr im Kürbiskostüm anstelle eines der raren Pärchenfotos bringen konnte. Denn sie wollte seinen Gesichtsausdruck wirklich nicht verpassen, wenn er den Anblick zum ersten Mal genoss. Sie würde ja sogar direkt im Kostüm hierherkommen und ihn überraschen - aber Aryana bezweifelte stark, dass hier irgendjemand ihr in Form eines fetten, leuchtenden Kürbis' Einlass gewähren würde. War wohl eher nicht gefängniskonform, mit dem Risiko von endlos vielen Waffen im Inneren des orangen Bauches. "Ich werde mich an die Arbeit machen, sobald ich zuhause bin", versprach sie grinsend, auch wenn sie heute sicher nicht mehr auf die Suche nach einem passenden Anzug gehen würde. Spielte für ihn ja auch nicht wirklich eine Rolle, er würde eh erst in einer Ewigkeit die Chance bekommen, das Bild zu sehen. Dass er noch immer nichts von einem Tattoo in Form ihres Namens wissen wollte, fand sie zwar mittelmässig schade, war aber auch nicht weiter überraschend. Nicht so überraschend wie für ihn offenbar die Neuigkeit war, dass sie selbst mit einem Tattoo liebäugelte. Klar hatte sie bis heute keins, aber Aryana war ja nicht grundsätzlich gegen Tinte unter der Haut - wie man bestens erkennen konnte, sonst hätte sie sich von allen Männer dieser Welt sicher nicht ausgerechnet Mitch ausgesucht. Sie hatte lediglich bis heute nie das Bedürfnis verspürt, sich selber was stechen zu lassen. Aber Zeiten ändern sich eben. Sie hatte auch nie das Bedürfnis verspürt, eine Strafanstalt von innen zu sehen, zum Beispiel. Oder sich in dieser Gegend irgendwo niederzulassen. Alleine eine Wohnung zu haben und diese als Zuhause zu bezeichnen, obwohl sie sich überhaupt nicht danach anfühlte. Wobei man sich hier wohl fragen konnte, ob es irgendeinen Ort dieser Welt gab, den die Brünette noch als Zuhause identifizieren konnte... Dieses Gefühl war wohl irgendwo zwischen Kindheit und Army verloren gegangen. Aber genug abgeschweift. "Naja, momentan bin ich mir noch nichtmal sicher, wo ichs mir stechen lassen möchte. Also weder die Körperstelle noch der oder die Tätowiererin. Von daher muss ich mir erstmal sowieso noch sehr viele Gedanken machen...", erklärte sie, dass das Stechen nicht unbedingt direkt bevorstand. Und ja, war gut möglich, dass es am Ende nicht bei der einen Schlange bleiben würde. Mitch war zwar sicher schon jetzt einer der wichtigsten Menschen in ihrem Leben, aber doch nicht ganz der Einzige, der ihr je was bedeutet hatte. Stichwort Familie - da dürfe also durchaus auch irgendwann ein Tattoowunsch aufkommen, wenn sie erstmal angefangen hatte. Hatte aber alles Zeit. Sein Versuch, ihr die Süssigkeiten nun ohne überhaupt was zu sagen abzunehmen, beäugte Aryana eher kritisch, wobei sie die freie Hand direkt noch dichter um die Packungen schloss, sie so aus seiner Reichweite zog. "Denkst du wirklich, du kannst dich selber besser füttern als ich das kann?", fragte sie mit einem fast schon beleidigten Unterton, ehe sie das nächste Stück Schokolade aus der Packung zog, nachdenklich betrachtete und ihm dann auch dieses in den Mund schob. Sie war ja der Meinung, dass sie ihren Job ganz gut machte. Und letztendlich würde er den Rest ja sowieso mitnehmen können, falls sie mit der Fütterung vor Ende dieses viel zu kurzen Treffens noch nicht ganz fertig waren. Sie würde ihm schon nichts wegnehmen.
Sie hatte nicht unbedingt damit gerechnet, dass er sie von ihrem Vorhaben abhalten möchte oder er sonst irgendwelche Einsprachen anbringen würde. Schon nur darum nicht, weil sie wusste, dass er sie nicht noch weiter verunsichern wollte. Aber die eindeutig angetanen Laute, die leicht gedämpft über seine Lippen rollten, sowie die Hand an ihrem Hals, bedeuteten ihr doch sehr eindeutig und ohne Zweifel zu hinterlassen, dass sie zumindest in diesem einen Moment alles richtig machte. Dass sie sich wenigstens wirklich nicht darum sorgen musste, irgendwas von dem verlernt zu haben, was sie vor Monaten noch um Einiges regelmässiger zu tun gepflegt hatten. Und das half ihr wirklich viel dabei, die negativen Gedanken und Unsicherheiten langsam fallen zu lassen. Es war nichts falsch gewesen von dem, was er davor getan hatte. Aber als sie unter ihm gelegen hatte, hatte scheinbar nichts ihren Kopf betäuben können. Und zumindest in diesem Moment war das anders und sie konnte sich ganz auf das einlassen, was sie hier tat und empfand. Immer wieder glitten ihre Blicke zu Victor nach oben, der sich durchgehend an ihre Bitte hielt, sie zumindest jetzt noch nicht anzuschauen. Er sah genau so aus wie er es in den Erinnerungen getan hatte, die sie dazu gebracht hatten, vorhin die drei Buchstaben auf das weisse Papier zu kritzeln. Und das war wunderbar. Erst als seine Hand an ihrem Hals sie dazu anwies, liess sie langsam mit ihren Lippen von seinem besten Stück ab, richtete sich wieder auf und kniete sich stattdessen über seinen Bauch, bis sie zu ihm nach oben zurück gelangte. Ein kurzer Blick in seine Augen und die drei leisen Worte seinerseits genügten, um der Brünetten tatsächlich wieder ein kleines Lächeln aufs Gesicht zu zaubern. Dieses floss auch in den folgenden Kuss mit ein, welchen sie gleich noch etwas ausdehnte. Weil sie heute eben so unendlich liebesbedürftig war. Schliesslich wollte sie aber weder Victor noch sich selbst eine weitere Ewigkeit auf die Folter spannen, richtete sich nach einem letzten kurzen Kuss nochmal etwas weiter auf, um endlich aus aus ihrem Slip zu schlüpfen und im Anschluss dann vorsichtig auf ihn abzusinken, seinen Schwanz langsam in sich aufzunehmen, bevor sie sich erneut zu viele Gedanken darüber machte. Dabei kroch ein leises Stöhnen über ihre Lippen, die im Gegensatz zu ihren geschlossenen Augen nun leicht offen standen. Ihre Füssen rutschten ganz automatisch ein Stück weit unter Victors Körper, bevor die Brünette auch hier erstmal ziemlich vorsichtig ihr Becken zu bewegen begann. Zuerst kreisend und schliesslich abwechselnd dazu auch auf und ab, bis sie sich in einem passenden Rhythmus wiederfand, sich dabei wieder weiter in Richtung Victors Oberkörper beugte. Trotz der Tatsache, dass sie ihre Unterlippe zwischen ihre Zähne geklemmt hatte, rutschten Faye immer wieder gedämpfte Laute der Lust nach draussen. Aber das war gut. Sie hatte ewig nichts mehr in diese Richtung empfunden, gespürt. Hatte sogar eine Weile daran gezweifelt, je wieder solche Bedürfnisse zu entwickeln. Vielleicht fühlte sie sich hier und heute noch lange nicht so frei und ungebunden wie damals, als Sex mit Victor alles ausser psychisch anstrengend gewesen war. Aber sie sah es doch eindeutig als Schritt in die richtige Richtung, hoffte nur, dass er das auch sah. Dass er sah, dass sie wirklich versuchte, Fortschritte zu machen. Sonst hätte sie spätestens dann, als sie fast nackt unter ihm gelegen hatte und ihr Kopf ihr nicht hatte gehorchen wollen, aufgegeben. Aber das hatte sie nicht. Weil er mehr von ihr verdiente, als ein halber Versuch auf das, was mal gewesen war.
This is your life, it's do or die, the sun may never rise again, so be the light the vision. This is your life, it's slipping by, you try to run but fall again, you get back up that's living.
Nicht weniger als genau das hatte ich quasi hören wollen. Aryana in Kürbisform war gerade wirklich Musik in meinen Ohren und da freute es mich natürlich, dass sie sich sehr bald darum kümmern würde - unabhängig davon, ob es eben wirklich gleich nach dem Besuch hier war. Schließlich würde sie einen ganzen Monat Zeit dazu haben sich um diese Angelegenheit zu kümmern, da musste sie das nicht zwangsweise heute noch erledigen. Es würde mich natürlich trotzdem freuen, wenn sie mir schon ein paar Neuigkeiten darüber erzählen konnte, wenn ich sie in spätestens einer Woche anrief. Ich ließ mir gerne sämtliche Details des Kostüms durchgeben, um schon ein möglichst originalgetreues Bild davon in meinem Kopf zu formen, bis ich das Foto schließlich kriegen würde. Das würde vor dem nächsten Besuch der Brünette kaum passieren - ich ging mal nicht davon aus, dass sie extra deshalb nun einen Brief in den Knast schicken wollte, wo sie doch nicht einmal weit weg wohnen dürfte - und bis dahin waren meiner Fantasie wohl kaum irgendwelche Grenzen gesetzt. Davon hatte ich ja auch nicht unbedingt wenig. Scheinbar hatte sich der Gedanke an ein Tattoo bei der Brünetten jedoch noch nicht so weit verfestigt, dass sie schon wusste wo genau sie es hinhaben wollte und wer die Tattoonadeln in der Hand halten würde, um die Tinte unter ihre Haut zu bringen. Aber wenn sie es wirklich wollte, dann würde sie spätestens dann, wenn sie die Ungeduld diesbezüglich packte, wohl recht schnell Lösungen dafür finden. Außerdem konnte der Tätowierer ihr bedingt auch bei der Auswahl einer entsprechenden Stelle helfen. Wenn es ein Fachmann war würde er ihr sicherlich zu helfen wissen. Außerdem war das Design wohl auch ein Stück weit von der Körperstelle abhängig. "Such dir am besten zuerst den Tätowierer... der kann dir mit dem anderen Problem nämlich in der Regel ganz gut helfen und sagt dir auch ehrlich wo's blöd aussehen würde.", meinte ich nur schulterzuckend, war was das anging eben einfach ein alter Hase. Ich persönlich war da wohl auch einfach ein sehr unkomplizierter Kunde, ließ dem Auserwählten künstlerisch freie Hand, einigte mich lediglich grob aufs Motiv und den Stil. Ließ ihn danach einfach mal zeichnen und sagte ihm dann, ob mich noch etwas daran störte oder im Idealfall eben nicht. "Aber falls es spontan doch der ganze Rücken wird warn' mich bitte vor, damit ich nicht rückwärts vom Bett kippe.", hängte ich noch ein paar durchweg sarkastische Worte an, die sich auf die ferne Zukunft bezogen. Ich hielt es auch für grundlegend unwahrscheinlich, dass die Brünette gleich ein sehr großflächiges Tattoo mit mehreren Sitzungen anstrebte. Falls doch, dass wollte ich aber bitte im Idealfall bildlich vorgewarnt werden, damit ich eben nicht rückwärts taumelte, wenn ich sie das nächste Mal in gefühlt tausend Jahren auszog. Natürlich sollte das mit den Erdnussbuttercups inklusive Selbstbedienung weiterhin nichts werden, denn Aryana zog die Tüte gleich wieder aus meiner Reichweite und ich ließ mit einem gespielt geknickten Seufzen kurzzeitig den Kopf nach vorne kippen. Als sie sich entsprechend zu Wort meldete hob ich jenen allerdings auch gleich wieder an. Sollte nicht lange dauern, bis auch schon eine der kleinen Leckereien den Weg zu meinen Lippen fand. War wohl ein guter Wink mit dem Zaunpfahl gewesen und so kaute ich erst zufrieden grinsend vor mich hin, bevor der Mund leer war und ich zum Reden ansetzte. "Nein, ganz und gar nicht... aber du vernachlässigst deine Aufgabe grade einfach ein bisschen, ich dachte ich erinner' dich dran.", neckte ich sie und machte nicht wirklich einen Hehl daraus, dass ich nach mehr lechzte. Zu viel sollte ich wiederum vielleicht aber doch nicht auf einmal davon essen, sonst bekam ich noch einen Zuckerschock.
Die leicht angehobenen Mundwinkel ihrerseits waren eigentlich schon genug Antwort, oder? Faye schien sich nun etwas besser mit Alledem hier zu fühlen als noch vor ein paar Minuten und das war gut. Mehr als das. Denn nachdem der etwas von ihr in die Länge gezogene Kuss versiegte, setzte sie auch dem Warten ein Ende und ich spürte wie sie begann mich in sich aufzunehmen. Das passierte wie alles andere auch mit Vorsicht und leichter Zurückhaltung, was jedoch rein gar nichts an dem lüsternen Laut änderte, der mir über die vom Kuss noch leicht geöffneten Lippen rollte. Es war schon eine kleine Form von Erlösung für mich dabei endlich auch ein Stöhnen von Faye hören zu können, das mir zumindest ein Stück weit bestätigen konnte, dass das hier nicht mehr nur eine blanke Tortur für sie war. Meine Hand rutschte von ihrem Kiefer, als sie sich zu bewegen begann, weil ich sie nicht in ihrem Tun einschränken wollte. Sie fand ihren Platz deshalb außen an Fayes Oberschenkel, während das nach so langer Zeit förmlich berauschende Gefühl sich stetig weiter in mir ausbreitete. Die Augen hielt ich wieder geschlossen, wollte ich doch wirklich nicht, dass die Brünette sich nun von meinen Blicken gestört fühlte. Auch, wenn ich jetzt sicher einen wahnsinnig guten Blickwinkel auf sie hätte, während sie auf meinem Schoß thronte und sich stetig ein bisschen mehr von dem erregenden Gefühl treiben ließ. Vermutlich waren unsere Zimmernachbarn eher weniger begeistert davon, dass wir endlich wieder zueinander fanden, aber das war gerade ziemlich sicher das letzte, das mich irgendwie hätte interessieren können. Meine Gedanken kreisten einzig um die zierliche Schönheit, die gerade ihre Lust mit mir zusammen wiederfand. Wirklich ansehen tat ich sie vielleicht nicht, aber auch vor meinem inneren Auge war sie mehr als präsent, während sie auch mir vermehrt ein leises Stöhnen entlockte und nach einer Weile reckte ich mich ihr wieder mehr entgegen. Setzte mich letztlich ganz auf, weil mein Ellbogen meine halb aufrechte Position nicht mehr willkommen hieß und ich Faye lieber noch näher sein wollte, statt mich auf den Rücken fallen zu lassen - davon hatte ich ohne offene Augen nämlich deutlich weniger. Stattdessen traf ihre nackte Brust erneut auf meine, streifte sie unter ihrer Bewegung immer wieder und ich streckte auch die Finger der zweiten Hand noch nach ihr aus. Verpasste dabei all den erregten Lauten zumindest für eine kurze Zeit lang einen Dämpfer, weil ich meine Lippen noch einmal für einen leidenschaftlichen Kuss mit Fays vereinte, als sich meine Hand an ihre Taille legte. Da waren keine Knochen, die ich hätte spüren können und auch keine Narben, die ich nicht anfassen sollte. Zumindest theoretisch gesehen. Ich beschloss was Berührungen anbelangte lieber auf verhältnismäßig sicherem Terrain zu bleiben, weil ich nicht riskieren wollte unsere Zweisamkeit noch gegen die Wand zu fahren, auch wenn mich das leider extrem einschränkte. Viel mit unserem früheren Sex gemeinsam hatte der hier nicht und es nervte zumindest unterschwellig schon ein bisschen, dass ich keinen Schimmer davon hatte was nun für Faye okay war und was nicht - was sie vermutlich selbst auch nicht tat, bis es eben so weit war. Aber das vorsichtige Herantasten an frühere Ereignisse war dennoch nicht vollkommen negativ behaftet. Dass wir die Sache so ruhig angingen und die Brünette sich nicht unbedingt schnell bewegte gab mir zumindest die Möglichkeit dazu mich mit dem Kopf noch etwas weiter vorzubeugen und zwischen den leisen, erregten Lauten auch ein paar Küsse an ihren Hals zu setzen. Ihr immerhin so ein bisschen mehr Zärtlichkeit zukommen zu lassen, wenn ich sonst schon nicht wusste, wo die Grenzen lagen, während mich ihre Hüftbewegungen immer weiter um den Verstand brachten.
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