Es fiel ihr jetzt wieder deutlich leichter als vor einer Stunde, ihn anzuschauen und so auch unbewusst zu versuchen, sein momentanes Befinden besser einzuschätzen. Es dauerte eine Weile, selbst nachdem sie ihre spärlichen, schlecht koordinierten Worte über die Lippen gebracht hatte, bis er sich schliesslich neben sie aufs Sofa sinken liess. Aber das liess sich leicht mit der offensichtlichen Unruhe erklären, die ihn noch immer ziemlich gut im Griff hielt. Sie beide, wenn man ehrlich war. War ja nicht so, als würde sie hier die Ruhe und den Frieden in Person ausstrahlen. Den leisen Satz, den er schliesslich neben ihr von sich gab, quittierte sie lediglich noch mit einem Schulterzucken. Ja, hatte sie nicht geahnt, wie man gemerkt hatte. Normalerweise hätte sie sich auch nicht dafür entschuldigt. Normalerweise rissen etwas unüberlegte Aussagen aber auch nicht gleich einen Streit los, den sie dann gemeinsam bereuen konnten... Sie umschloss seine Finger sofort mit den ihren, als sie sie spürte, griff nur zu gerne nach dem Bisschen Halt, das sie sich gegenseitig zusprechen konnten. Ihre dunklen Augen fanden wieder den Weg in seine während er sein Versprechen aussprach, an das sie sich ebenso gerne klammern würde wie an seine Finger. "Gut... ich mir auch", flüsterte sie zurück. Und wenn sie sich beide wirklich viel Mühe gaben, dann musste das doch gut gehen, oder? Dann würden sie es sicher irgendwie schaffen, wieder zu ihrer früheren - oder zu einer komplett neuen - Bestform zurückzufinden, sich wieder so zu ergänzen, wie sie es getan hatten. Sie wusste nicht, wie es bei ihm war, aber Aryana liebte ihn noch immer genau so wie damals. Und er hatte ihr auch gesagt, dass er sie noch liebte. Wenn sie darauf aufbauen konnten, dann musste diese Beziehung doch irgendwie funktionieren. Dass sie beide von Grund auf einzelgängerisch veranlagt waren und sich Langzeitbeziehungen kaum gewohnt waren, half halt eben auch nicht. In diesem Sinne war die Struktur, die ihre zukünftige Arbeit ihnen zwangsläufig wieder auferlegen würde, also vielleicht ganz gut. In der kurzen Zeit, die ihre Beziehung auf diese Art schon in Syrien gelaufen war, hatten sie ihrer Meinung nach auch am besten funktioniert. Weil da so viele Fragen schon gelöst und Probleme gar nicht erst hatten stattfinden können. Es war klar gewesen, dass sie freie Abende gemeinsam verbrachten, es war sogar gewissermassen vorgegeben gewesen, wo sie sich dabei aufhielten. Sie hatten gemeinsame Feinde und gemeinsame Freunde gehabt, gemeinsame Ziele und bis zu einem bestimmten Stück auch eine gemeinsame Vergangenheit, gemeinsame Erfahrungen. Vielleicht war es also zumindest für ihre Beziehung ganz gut, in ein Umfeld zurück zu kehren, wo sie bis jetzt einwandfrei harmoniert hatten. Aryana hatte sich an seine Schulter gelehnt und einen Moment die Augen geschlossen, im Versuch, ihre Nerven mal wieder ein Bisschen runter zu bekommen. Zwei, drei Mal durchzuatmen, damit ihr Kopf begriff, dass er aufhören konnte mit der unnötigen Panik, die beim Denken kein Bisschen hilfreich war. Einige Minuten verharrte sie in dieser Position, bevor sie sich wieder etwas aufrichtete und ihre freie Hand sich an seiner Wange wiederfand, dort sanft über die glatte, frisch rasierte Haut strich. Sie streckte sich ihm entgegen, um ihre Lippen mit seinen zu vereinen, sich einen weiteren, zarten Kuss zu stehlen, die sie so lange vermisst hatte. "Wir haben schon Schlimmeres gemeinsam geschafft, oder? Wenn man bedenkt, wie oft wir zusammen fast gestorben wären", murmelte sie an seine Lippen. "Als das Camp zum ersten Mal überrannt wurde... Als wir in der Stadt gefangen waren... Die zahlreichen Überfälle auf unsere Patrouillen... Bei der Aktion in den Hügeln... Beim zweiten Angriff aufs Camp... Und nicht zuletzt natürlich... verirrt im australischen Outback...", zählte sie ein paar Stichpunkte auf, die ihr spontan einfielen. Natürlich waren die Situationen im Krieg nicht wirklich mit der hier vergleichbar. Aber wenn sie da wieder raus gekommen waren - jedes Mal, auch wenn es scheinbar ausweglos ausgesehen hatte, dann bewies das schon eine gewisse Hartnäckigkeit, ein gewisses Flair dafür, alles zu schaffen, wenn sie sich nur genügend anstrengten.
This is your life, it's do or die, the sun may never rise again, so be the light the vision. This is your life, it's slipping by, you try to run but fall again, you get back up that's living.
Ich stellte das sanfte Streicheln auf ihrem Handrücken nicht ein, als Aryana noch etwas ähnliches erwiderte. Mir versicherte, dass sie sich auch darum bemühen würde, dass wir wieder zueinander finden konnten. War sicher kein allzu leichtes Unterfangen, aber wir bekamen das schon hin. Dabei schien mir ein universelles Irgendwie leider unumgänglich zu sein, weil sie bisher sicher genauso wenig einen Plan davon hatte, wie genau wir das am besten hinbekamen, wie ich selbst auch. Ich würde wohl schlicht und ergreifend versuchen müssen, mich ein wenig am Riemen zu reißen und mich nicht mehr von jeder noch so irrelevanten Kleinigkeit angegriffen zu fühlen. Dieses für die Beziehung zu Aryana unheimlich hinderliche Verhalten musste ich zweifelsfrei wieder ablegen, auch wenn das kaum leicht werden dürfte. Schließlich hatte es ein ganzes Jahr Zeit dazu gehabt sich zu verfestigen und sich ein weiteres Mal ganz tief in mein Hirn zu pflanzen. Ich hatte wirklich versucht mich nicht wieder in dieses Loch ziehen zu lassen, nur hatte es irgendwann einfach genau gar nichts mehr gebracht, mir jeden Tag einzureden, dass die Brünette mich schon noch vor Ablauf der 25 Jahre irgendwann rausholen würde und dass Alles gar nicht so schlimm war. Genau das war es nämlich gewesen und ich war nicht der Typ Mensch, der sich wirklich lange Zeit an irgendeine Illusion klammern konnte, von der er ganz genau wusste, dass sie nicht real war. Also hatte ich es ab einem gewissen Punkt einfach für nichts als absolut unwahrscheinlich gehalten, dass ich wirklich noch vor Ablauf meiner Haftstrafe aus dem Gefängnis kam und die verlorene Hoffnung hatte den Rest der Umstände natürlich auch nicht gerade besser gemacht. Ich hatte einfach aufgehört zu versuchen mich an den Rand der Abwärtsspirale meiner Gedanken zu klammern, um nicht noch tiefer zu rutschen, weil mir die Kraft dafür ausgegangen war. Während Aryana sich an mich lehnte, neigte ich den Kopf automatisch ein wenig zu ihr rüber. Sah dabei jedoch geradeaus auf die Oberfläche des flachen Sofatisches. Hing in diesem stummen Moment einfach erstmal nur meinen eigenen, sehr selbstkritischen Gedanken nach, als würde ich damit jetzt sofort auf einen grünen Zweig kommen können. War leider recht unwahrscheinlich, weshalb ich ganz froh darüber war, dass die schöne Brünette neben mir sich wieder regte. Damit erntete sie sich automatisch meinen vorher etwas abwesenden Blick und ich sah sie schon wieder an, als sich ihre Hand gerade nach meinem Gesicht ausstreckte. Es breitete sich wie sonst auch immer eine angenehme Wärme an meiner Wange aus, als sie dort über meine Haut strich. Mir fielen die Augen von ganz allein zu, als Aryanas Lippen sich für einen Kuss auf die meinen legten. Es mochte eine an sich simple Geste für ein Paar sein, aber eigentlich war der liebevoll von mir erwiderte Kuss in diesem Moment viel mehr als das. Hielt mir ein weiteres Mal vor Augen, was hier für ich auf dem Spiel stand. Was ich verlieren würde, wenn ich nicht rechtzeitig umdrehte. So lauschte ich der kleinen, aber doch ziemlich bedeutsamen Auflistung der jungen Frau aufmerksam und sie hatte wirklich Recht mit dem, was sie da sagte. Wenn wir all diese Situationen immer auf Biegen und Brechen irgendwie zusammen überlebt hatten - zwar nie ohne Blessuren, aber die heilten bekanntlich wieder -, dann würden wir doch wohl jetzt nicht wirklich an unserer Beziehung scheitern. Zwar waren das zwei sehr unterschiedliche Paar Schuhe, aber wir hätten weiß Gott schon weit bessere Gründe zum Aufgeben gehabt, als eine ins Straucheln geratene Beziehung zueinander. Wobei ich wegen ihres letzten Punktes tatsächlich minimal schmunzeln musste. Es war einfach immer noch sehr ironisch, dass sich zwei Soldaten mit eigentlich gutem Orientierungssinn ausgerechnet in ihrem Erholungsurlaub irgendwo verirrten. "Ja, da hast du Recht... schätze wir haben dem reichen Sack echt mehr als genug gute Gründe dafür gegeben, uns als Team ins Boot holen zu wollen.", stellte ich murmelnd fest, dass wir mit unserer nahezu unermüdlichen Ausdauer und Willenskraft zweifelsfrei nur ein Gewinn für Easterlin sein konnten. Wobei zumindest ich sicher erstmal zu alter Form zurückfinden musste, bevor ich wirklich voll einsetzbar war. Trotzdem zweifelte ich ehrlich gesagt kein bisschen daran, dass ich selbst im aktuell etwas kritischen Zustand unserer Beziehung zu jeder Zeit im Gefecht voll hinter Aryana stehen würde. Auch vor ihr, wenn es sein musste. Wir waren ein fast unschlagbar gutes Team, daran rüttelte nichts und niemand so schnell etwas. "Ist mir ja schon immer noch ziemlich peinlich, dass wir uns in Australien verirrt haben. Aber ist trotzdem eine schöne Erinnerung... da hast du dich das erste mal mehr oder weniger freiwillig zu mir gelegt, ohne mir eine dafür knallen zu wollen.", sinnierte ich vor mich hin und lächelte unbewusst etwas breiter, bevor ich mir noch einen weiteren, kurzen Kuss von Aryanas weichen Lippen stahl. In jenen auch noch einen Moment lang hineinlächelte. Ich hatte mich ihr automatisch schon etwas mehr mit dem Oberkörper zugewandt und streckte jetzt, wo ich sie wieder ansah, meine andere Hand auch noch nach ihr aus. Strich ihr eine lose Haarsträhne zurück hinters Ohr. Gut, so ganz freiwillig hatte sie sich natürlich nicht zu mir gelegt - es war einfach arschkalt im nächtlichen Outback und wenn man ohne Ausrüstung nicht erfrieren wollte, dann brauchte man eben zumindest ein bisschen fremde Körperwärme, um nicht komplett auszukühlen. Wirklich schön war auch etwas anderes, hatten wir doch beide ziemlich nach Schweiß gerochen und sicher schon besser ausgesehen, aber es hatte uns ohne jeden Zweifel noch enger zusammenrücken lassen. Wobei das wohl ganz allgemein auf diesen gemeinsamen Urlaub im Ausland zutraf, hatten wir dort doch so einiges vom jeweils Anderen erfahren, das wir vorher nicht gewusst hatten. Hatten nebenbei auch noch wirklich gute, gemeinsame Erfahrungen gesammelt, wenn man die Wanderung mal etwas außen vor ließ. Die war zum Ende hin schon wirklich hart gewesen.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Ja, Mitch hatte Recht. Wenn sie so darüber nachdachte, hatte es wirklich eine Menge Situationen gegeben, in denen sie im Kampf gemeinsam bewiesen hatten, dass sie als Team mehr oder weniger unschlagbar waren. Da waren ja nicht nur die Momente, in denen sie wirklich haarscharf den Klauen des Todes entschlüpft waren. Auch sonst hatten sie in diversen Schlachten wundervoll demonstriert, wie gut ihre Denkweisen, Strategien und Kampfkünste harmonierten. "Das ist auch gut so... Egal wie optimal oder nicht optimal dieser Sponsor auch sein mag, es hätte wahrscheinlich Jahre gedauert, bis ich einen anderen gefunden hätte... Wenns überhaupt je dazu gekommen wäre und ich nicht vorher in meiner Verzweiflung wirklich eine Bank ausgeraubt hätte", murmelte sie auf Easterlin bezogen in sich hinein. Sie hoffte wirklich, dass der Mann sich nicht als Reinfall bewies. Aber selbst wenn er ein echtes Arschloch war, verdankten sie ihm eine Menge und machte er ihr Leben mit an hundert Prozent grenzender Sicherheit ein grosses Stück besser. Was schlicht mit dem unendlich wichtigen Fakt verbunden war, dass die Gitterstäbe und Gefängnismauern zwischen ihnen endlich weg waren. Als er von Australien zu reden begann, hoben sich auch die Mundwinkel der Brünetten versonnen an. Ja, diese Reise spielte ganz vorne mit, wenn es um Aryanas schönsten Erinnerungen der letzten fünf Jahre ging. Eigentlich überhaupt um ihre schönsten Erinnerungen. Sie wusste nicht, wann sie zuletzt so viel unbeschwerten Spass genossen hatte wie in diesen Ferien auf dem fernen Kontinent. Das musste ziemlich weit zurückliegen - irgendwo in der Zeit, als Julian noch gelebt hatte. Sie erwiderte den Kuss sanft, schob auch noch einen zweiten nach, während ihre Finger weiter über seine Wange strichen. "Das hast du bestimmt extra gemacht... Uns in dieser Einöde im Kreis geführt, nur damit Maria sich am Ende zu dir legen würde... und du irgendwo... ganz versteckt... ein Früchtchen pflanzen konntest, das dann, sehr viele Monate später.... plötzlich ganz unerwartet zu dem hier wurde", fantasierte sie vor sich hin, blickte ihn lächelnd an, ehe sie sich für ein paar weitere Küsse wieder ganz seinen Lippen zuwandte. Nein, in Australien hatten sie definitiv beide noch nicht an sowas geglaubt. Sie war dort der festen Meinung gewesen, sich nie wieder überhaupt auf irgendeinen Mann einzulassen und Mitch... Wahrscheinlich auch etwas in der Art, aber mit Frauen. Klar, da war mal noch was mit einer Frau in einer Bar gewesen, mit der er eine Weile verschwunden war. Aber das war definitiv eine sehr andere Ebene gewesen, als die, auf der sie heute spielten. Nichts, das mit Verpflichtungen, Bindung, Versprechen, Festlegung und Treue zu tun hatte. Oder sogar mit Liebe.
This is your life, it's do or die, the sun may never rise again, so be the light the vision. This is your life, it's slipping by, you try to run but fall again, you get back up that's living.
Zwar wusste ich noch immer nicht so recht, was ich nun genau davon halten sollte, dass mich Jemand nur aus dem Knast kaufte, um mich in seine eigene Armee zu stecken, aber so oder so war es kaum zu leugnen, dass es nur wenig bis eher gar keine anderen Alternativen dafür gegeben hätte. Zumindest keine in naher Zukunft und ich selbst wusste wohl besser als jeder andere, dass ich die 25 Jahre nicht durchgestanden hätte. Nicht, ohne entweder vollkommen wahnsinnig zu werden oder dem Ganzen mir selbst zu Liebe ein Ende zu setzen. Dabei war ich mental eigentlich kein wirklich schwacher Mensch, weil ich andernfalls sicher in den Hügeln an meinen schwachen Nerven zu Grunde gegangen wäre. Man schlich sich immerhin nicht gerade jeden Tag allein in den Bau des bis an die Zähne bewaffneten Feindes, um zwei Geiseln zu befreien und das war nur eine der vielen, unfassbar heiklen Situationen, in denen ich die letzten Jahre über immer wieder gesteckt hatte. Nur war der Knast einfach etwas ganz Anderes. Triggerte vermutlich auch ein paar ganz besonders leicht reizbare Punkte, die mich zunehmend am eigenen Verstand hatten nagen lassen. Fast schon wie ein Aussätziger behandelt zu werden, nur weil man der Neue und damit ein leichtes Opfer war, war durchaus ein bisschen mit dem Mobbing im Kinderheim damals vergleichbar... nur natürlich noch viel brutaler und erbarmungsloser. Außerdem hatte ich die moralische Kehrtwende schon vor dem Gefängnis wieder gemacht, was man von den meisten anderen Insassen wirklich nicht hatte behaupten können. Ich war einfach... anders. Liebte das Verbrechen nicht, hatte nicht vor nach meiner Freilassung damit weiterzumachen, hatte auch keinen Spaß daran andere spezifisch zu drangsalieren. "Wir werden uns schon irgendwie mit ihm arrangieren können... kann ja nur die bessere Lösung sein, wenn die Alternative ist, dass du auch irgendwo hinter Gittern sitzt.", murmelte ich etwas nachdenklich vor mich hin, zuckte dann ein klein wenig mit den Schultern. Zumindest glaubte ich nicht, dass Aryana wirklich mit dem Ausrauben einer Bank durchgekommen wäre. Sie war zwar strategisch gesehen sicher hier und da ein kleines Genie - hätte sonst kaum einen entsprechenden Posten in der Army bezogen -, aber bei der heutigen Technik und den Mitteln von Polizei und Co. war es einfach wahnsinnig schwer dabei wirklich nicht erwischt zu werden. Man bräuchte wohl mindestens als Laie noch einen Komplizen, der wusste, was er tat. Wir konnten also vermutlich beide wirklich froh darüber sein, dass Trevor bereitwillig hatte vermitteln wollen. Ein weitaus schöneres Thema war da doch eindeutig Australien und die Brünette entlockte mir tatsächlich noch ein schmales Grinsen, bevor ihre Lippen erneut die meinen empfingen. Vielleicht war es bei einem Macho wie mir gar nicht so abwegig, dass mir fast jedes Mittel dazu recht gewesen wäre, um Aryana nur endlich davon zu überzeugen, dass sie in mein Bett gehörte. Nur meins, versteht sich. Aber deswegen in sengender Hitze fast zu verdursten war selbst mir eine Ecke zu übertrieben. Ich erwiderte jeden einzelnen der Küsse innig, wobei sich meine Mundwinkel automatisch absenkten. Wahrscheinlich hätte ich sie noch ewig weiter küssen können, weil das einfach einer der wenigen Momente war, in denen mein Kopf ziemlich leer wurde, wo ich mich nur auf den Augenblick konzentrierte. Dennoch sah ich die junge Frau schließlich wieder an, begann unweigerlich erneut schwach zu lächeln. "Das wirklich ein bisschen romantische Lied hat dich einfach gekriegt... dagegen kommt auch eine Maria nicht an.", wiederholte ich mehr oder weniger ihre damaligen Worte, bevor ich mir einen weiteren, liebevollen Kuss stahl. Irgendwie sowas hatte sie gesagt, ich erinnerte mich noch daran. Dass ich die unfreiwillige Nacht unter freiem Himmel eben wirklich ein bisschen romantisch machte. Wusste auch noch, welches Lied es gewesen war. Dass das tatsächlich einen recht romantischen Text hatte, war allerdings mehr nur Zufall gewesen. Aryana hatte irgendwas mit dem Mond gewollt, also hatte sie was mit dem Mond bekommen. Mir extra dramatisch kratziger Stimme sogar. Dass es in dem Lied darum ging, dass der Interpret seiner Angebeteten gerne den Mond vom Himmel holen würde, war rückblickend betrachtet schon witzig. Als hätte ich damals unterbewusst schon ein bisschen geahnt, was noch passieren würde.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Das dürfte durchaus der Wahrheit entsprechen. Ein Banküberfall ihrerseits wäre mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit in einem Desaster geendet - genau genommen eben mit ihr im Gefängnis - und das war ganz einfach eine weitere Option, die in sich nichts als beschissen gewesen wäre. Sie erwiderte nichts mehr auf seine Feststellung, aber mittlerweile war ihnen eindeutig beiden klar, dass der Weg, den sie eingeschlagen hatten, selbst in seiner schlechtesten Version noch die beste Lösung ihrer dezent komplizierten Situation sein musste. Sie genoss die Berührungen seiner Lippen, die innigen Küsse, die die intensivsten Gefühle mit solcher Leichtigkeit zum Ausdruck bringen konnten. Sie waren beide nicht Menschen grosser Reden und obwohl die drei heiligen Worte der Liebe mittlerweile nicht mehr ganz so selten den Weg über ihre Lippen fanden, taten sie sich in der Aussprache grosser Gefühle eben doch noch immer ein Bisschen schwer. Aryana störte sich eigentlich kaum daran, sie brauchte keine mehrstündigen - oder mehrseitigen - Liebesgeständnisse. Aber gerade nach einem Tag wie diesem tat es einer Seele trotzdem gut, Bestätigung in Form solcher Küssen zu bekommen. Seine nach einer Weile folgende Bemerkung trug sie noch weiter zurück zu dieser einen spezifischen Nacht im fernen Land. Ihre Mundwinkel verzogen sich zu einem breiten Grinsen, das auch der nächste Kuss nicht wirklich auszulöschen vermochte. Sie war sich ziemlich sicher, dass er soeben mehr oder weniger ihre damaligen Worte zitiert hatte. Und allein die Tatsache, dass er sich wirklich noch daran erinnerte, was sie dort gesagt hatte, würde für das Grinsen längst ausreichen. Für das Grinsen und auch für den freudigen Hüpfer, der ihr Herz gerade genommen hatte. "Offensichtlich nicht, nein", bekräftigte sie seine eher etwas ironische Aussage. Sahen sie doch beide, dass Maria seinem Charme nicht hatte widerstehen können. Darum sassen sie jetzt hier und er nicht einfach sehr alleine im Gefängnis. Oder wer weiss, vielleicht wäre es auch gar nie zum Gefängnis gekommen, wenn sie sich in Syrien - mehr oder weniger eben nur ihrer Gefühle wegen - nicht auf den gemeinsamen Ausflug zu den Hügeln eingelassen hätte. Dann wären sie letztendlich wahrscheinlich beide einzel zu derselben Mission aufgebrochen, da es für Aryana ausgeschlossen gewesen war, es nicht zu tun und er sich am Ende wohl auch nicht mehr davon hätte abbringen lassen. Und dann wären sie alle vier gestorben. Vielleicht hätte sie ihn auch davor schon bei Ragan verpetzt. Dann wäre er doch im Gefängnis gelandet. Und nur sie mit Victor und Faye gestorben. Wie dem auch sei - sie konnten beide froh sein, dass Maria nicht immun auf seine Engelsstimme reagiert hatte. "Singst du eigentlich noch?", schob sie nach ein paar weiteren Küssen die Frage nach, die seine Worte fast zwangsläufig nach sich gezogen hatten. Es war eher schwer vorstellbar, dass er im Gefängnis viel Grund zum Singen gehabt hatte. Aber sie fände es ausgesprochen bedauerlich, wenn er ganz damit aufgehört hatte - und insbesondere auch nicht mehr planen würde, je wieder damit anzufangen. Denn seine Stimme gehörte noch immer zu den Dingen, die sie an ihm am meisten liebte. Die Erinnerungen an seine Lieder waren zwar über die Zeit etwas verblasst - nicht aber die Erinnerungen an die Emotionen, die die Musik in ihr geweckt hatte. Es war eine besondere Art der Magie, die nur wenige Menschen beherrschten. Und noch viel weniger Menschen hatten es je geschafft, damit etwas bei der jungen Brünetten auszulösen. Aber Mitch schon. Sogar weit bevor sie sich mit ihm angefreundet hatte. Es war nicht Zufall gewesen, dass sie so oft am Lagerfeuer zu finden gewesen war, wenn er gesungen hatte. Oft waren seine Lieder sogar nichts weniger als die Motivation für ihre Anwesenheit gewesen. Hätte sie damals so zwar nicht zugegeben, aber sie erinnerte sich trotzdem bestens. Er verstand es einfach auf eine einmalige und ganz besondere Art und Weise sowohl den Hass auf das System und den Krieg als auch die Trauer über die Verluste und die Freude über die bestehende Gemeinschaft auszudrücken. Und auch wenn er damals nichts mit Liebe am Hut gehabt hatte, hatten selbst die Romanzen aus seinem Mund irgendwie Sinn gemacht. Sich richtig angehört und richtig angefühlt. Es wäre also in ihren Augen doch eine ziemlich traurige Nachricht, wenn er für immer aufgehört hätte, sich auf diese Weise auszudrücken.
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Es tat gut Aryana nach der Auseinandersetzung vorhin nun wieder grinsen zu sehen. Das besänftigte unweigerlich auch mein eigenes Gemüt ein wenig und ließ mich innerlich aufatmen. Nahm etwas von dem Druck auf meiner Brust, der zwar immer noch spürbar, aber nicht mehr so eindringlich war. Würde vermutlich noch eine ganze Weile dauern, bis ich mich nicht mehr so ganzheitlich eingeengt fühlen würde, aber gute Stimmung half dabei in jedem Fall besser als Streit. Auch schien die Brünette trotz der schwierigen Zeit, die wir im Grunde schon ein ganzes Jahr miteinander durchlebten, nach wie vor froh darüber zu sein, dass ich sie vor einer Weile bekehrt hatte. Vielleicht schon unbewusst unter dem australischen Sternenhimmel. Bei uns beiden waren sicher sehr viele Kleinigkeiten zusammengekommen, die uns letzten Endes erfolgreich hatten glauben lassen, dass wir gut zueinander passten. Dass es in diesem einen, einzigen Fall womöglich gar nicht so verkehrt wäre, mal ein paar Schritte über die Freundschaftsgrenze hinaus zu treten und zu sehen, was dann passierte. Es hatte ja auch nicht nur ein paar Fast-Tode und endlos viele Diskussionen zwischen uns beiden gebraucht, bis wir an diesem Punkt angekommen waren. Diesen insgesamt ziemlich schwierigen Balanceakt bis hin zu einer brauchbaren Symbiose - die aktuell leicht ins Wanken geriet - würde uns so schnell sicher keiner nachmachen. Die Frage nach meinem Gesang hatte ich komischerweise trotz des vorherigen Themas nicht wirklich kommen sehen. Sie war auch eher nicht mit einem einzigen Satz zu beantworten. Ich hatte mehr oder weniger zwangsweise damit aufgehört, hatte ich das in der Zwei-Mann-Zelle doch lieber sein lassen. Ich selbst war zwar nach wie vor der Meinung, dass ich ganz gut singen konnte und meine Stimme einen recht angenehmen Klang dabei hatte, aber durch das Gesinge den ganzen Zellentrakt gegen mich aufzuhetzen war eben so gar nicht in meinem Sinne gewesen. Dann in der Einzelhaft hatte ich es zur Ablenkung versucht. Da sehr bald festgestellt, dass meine Stimmbänder nicht mehr so geölt waren wie zu meinen Hochzeiten und es dann auch wieder sein lassen. Ich konnte gut darauf verzichten neben all dem psychischen Schmerz auch noch Halsschmerzen mit mir herumzuschleppen. Zumal ich mir so oder so ziemlich komisch dabei vorgekommen war, so ganz allein in der Zelle vor mich hin zu singen. Keine Zuhörer, keine musikalische Begleitung dazu... es war einfach schräg. Also zuckte ich schließlich leicht mit den Schultern, seufzte leise und löste meine Finger aus Aryanas, um stattdessen meinen Arm um sie zu legen. "Nicht wirklich. Hab's ein, zwei Mal versucht... war aber merkwürdig, so ohne Gitarre dazu und ganz allein. Also hab ich's sein lassen.", meinte ich erst einmal nur und merkte gar nicht, wie mein Blick dabei nachdenklich abdriftete, weil ich kurzzeitig an jene Versuche zurückdachte. Allerdings nur für ein paar Sekunden, schüttelte ich dann doch kaum merklich den Kopf, um mich von dieser Erinnerung loszureißen und stattdessen wieder die Brünette anzusehen, die ein weitaus schönerer Anblick war. "Aber ich will wieder anfangen. Als ich mich vorhin auf dem Rückweg mit Jemandem aus der Nachbarschaft unterhalten habe, hab' ich auch nach einem Musikladen gefragt... gibt hier anscheinend nur einen ziemlich kleinen mit hauptsächlich handgefertigten Instrumenten. Ist irgendein Rentner, der das wohl so nebenbei macht. Mal sehen, ob da was dabei ist...", redete ich so ein bisschen vor mich hin und zuckte erneut schwach mit den Schultern, weil ich noch nicht wusste, was ich davon nun halten sollte. Eigentlich mochte ich Unikate gerne, aber nur, weil besagter Mann laut der betagten Dame nahe der Tankstelle Spaß daran hatte Instrumente anzufertigen, hieß das eben noch nicht zwangsläufig, dass er auch gut darin war. Ich würde sie mir ansehen und den Klang hören müssen, um das beurteilen zu können. Sollte sich dort nichts finden, dann musste ich den Ort wohl mal dafür verlassen und ein entsprechendes Fachgeschäft aufsuchen. "Wahrscheinlich sind meine Stimmbänder jetzt aber sowieso total eingerostet. Ich werd' erstmal eine Weile üben müssen, also freu dich noch nicht zu sehr drüber.", stellte ich anschließend ironisch fest, warf Aryana daraufhin schon jetzt ein leicht entschuldigendes, schiefes Grinsen zu. Sie würde erstmal ein paar schiefe und im Volumen gebrochene Töne ertragen müssen, da war die Vorwarnung sicher angebracht. Ich glaubte zwar nicht, dass ich lange brauchen würde, um wieder richtig reinzukommen, aber der kleine Vermerk konnte nicht schaden.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Automatisch kuschelte sich die Brünette noch etwas näher an ihn ran, als er den Arm hob und um sie legte. Es war wohl schwer zu übersehen, wie sehr sie sich momentan nach jedem Fitzelchen seiner Nähe und Zärtlichkeiten ausstreckte wie eine Verdurstende in der Wüste, die zu lange nur Fata Morganas nachgerannt war und nun endlich ihre Oase wiedergefunden hatte. Aber sie wollte das geniessen, solange sie konnte - der heutige Tag hatte ihnen immerhin schon einmal mit voller Wucht gezeigt, was passierte, wenn sie eben nicht aufpassten, wie schnell sie sich verloren, wenn sie sich nicht anstrengten. Sie glaubte zwar nicht, dass sie Mitch wirklich verlieren würde und war sich sicher, dass er genau wie sie alles daran setzen würde, diese Beziehung irgendwie gemeinsam aufrecht zu erhalten. Trotzdem war sie sich absolut sicher darin, dass es nur richtig sein konnte, zu geniessen und zu schätzen, was sie hatten, solange es da war. Offenbar war das mit dem Singen im Gefängnis eher nicht so das Wahre gewesen. Hätte sie auch erstaunt, wenn er die Zellwände mit derselben Leidenschaft beschworen hätte, wie das mit den Flammen des Lagerfeuers in Syrien zeitweise der Fall gewesen war. Mal ganz davon abgesehen, dass seine Mitinsassen - jedenfalls die, die ihr im Besuchsraum zwischendurch unter die Augen getreten waren - eher nicht so ausgesehen hatten, als würden sie Musik und dazu die passende Begleitung einer einzigartigen Stimme besonders zu schätzen wissen. Ganz zu schweigen von den zahlreichen Feinden, die er hinter Gitter gehabt hatte. Nein, war schwer vorstellbar, dass das in einer ähnlichen Harmonie geendet hätte wie bei seinen Kameraden im Krieg. "Hmm stimmt... kann ich mir vorstellen...", murmelte sie lediglich zustimmend als Antwort, weil es dazu wohl nicht viel zu sagen gab. Umso mehr erfreuten sie aber die Worte, die er ihr dann noch zukommen liess. Er hatte sich sogar schon nach einer Gitarre umgehört - das war besser, als sie gedacht hatte. Aryana glaubte gerne daran, dass die Musik ihm auch dabei helfen könnte, wieder etwas mehr ins Gleichgewicht zu rücken. Zusammen mit dem Sportprogramm, das ihnen beiden drohte, dürfte das möglicherweise doch eine relativ vielversprechende Therapie seines Gefängniskollers werden. Da das doch nicht ganz unwichtige Elemente ihrer früheren Beziehung waren, standen die Chancen auf eine schrittweise Regeneration dessen, was sie vor einem Jahr gehabt hatten, wahrscheinlich ziemlich gut. "Das klingt doch gut. Dann schauen wir oder du doch so bald wie möglich, was sich da auftreiben lässt. Vielleicht hat er ja noch einen Triangel oder ein Tamburin für mich, dann kann ich dich begleiten", erwiderte sie, wobei das Zucken ihrer Mundwinkel die Ironie ihrer Worte wohl bestens kundtat. Nein, die Instrumente - oder in diesem Fall das Instrument - überliess sie lieber Mitch. Sie hatte nie was in diese Richtung gelernt und hatte es auch weiterhin nicht vor. Dann eher noch Singen. Natürlich kam ihre Stimme niemals an seine heran und sie war auch nicht überdurchschnittlich begabt. Aber zwischendurch, wenn er mal ein Lied spielen sollte, das sie ausnahmsweise kannte, wieso nicht? "Ach... als ob mich das stören würde...", verwarf sie seine Vorwarnung, schob nach kurzem Zögern noch ein paar Worte nach: "Es ist schon schön genug, wenn überhaupt... Mal eine andere Stimme als meine Eigene in diesen Wänden erklingt...", und auch ihre Eigene war nicht besonders oft zu hören gewesen - mit wem hätte sie auch reden sollen? Also nein, sie erwartete keineswegs einen perfekten Wiedereinstieg. Hauptsache er würde wieder Singen. Wobei davor aber noch ein paar andere Tätigkeiten für sie anstanden. Sie waren zwar noch längst nicht in Eile, aber doch fiel der Brünetten gerade was anderes ein, das ziemlich wenig mit Musik zu tun hatte. "Hast du eigentlich Hunger?", fragte sie ihn, wobei noch immer ein Lächeln ihr Gesicht umspielte. Es wäre ja fast schade, wenn er diese Frage verneinen würde - nicht weiter schlimm - aber ihre Augen sagten wohl deutlich, dass ein Ja die bevorzugte Antwort wäre.
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Wollte ich denn lieber alleine oder doch mit Aryana zusammen in den Laden gehen? Wahrscheinlich machte es kaum einen Unterschied - außer eben, dass ich nicht allein war. Besonders viel Ahnung von Musik hatte die Brünette meines Wissens nach nicht, es war also nicht so, dass sie mir bei der Auswahl irgendwie behilflich sein konnte. Vielleicht machte ich das auch lieber ein bisschen davon abhängig, wie ich an jenem auserwählten Tag drauf war, wie sich mein Kopf anfühlte. Ob ich eher das Gefühl hatte nächstens von der Decke erschlagen zu werden und deshalb alleine rausgehen zu müssen, oder ob mir eben nach ein wenig mehr Gesellschaft war. Es wäre im Fall der Fälle aber bestimmt auch okay, wenn ich sie dann darum bitten würde, mich doch alleine gehen zu lassen... oder? Sie hatte sich in dem Satz ja nicht auf irgendwas festgelegt, sollte also im Grunde gar kein Problem sein. Nur war ich mir da allein deswegen gerade schon gar nicht mehr so sicher, weil sie ihren Körper gleichzeitig förmlich an meinen klebte. Das war ja auch okay, sonst hätte ich kaum meinen ganzen Arm ausgestreckt und ich wollte sie gerne nah bei mir haben. Es schien mich grade allein diese Frage schon zu überfordern, nur weil ich so vollkommen banale Situationen in einer Beziehung ganz einfach kein Stück gewohnt war. Ich vielleicht auch einen Teil meines Gefühls von in Ordnung und nicht in Ordnung im Knast zurückgelassen hatte, weil da drin sowieso für alles jeder seine eigenen Regeln machte und es kaum sowas wie richtig und falsch gab. Wahrscheinlich dachte ich gerade einfach nur zu viel darüber nach und es würde sich am Ende doch ganz von allein der Situation bedingt fügen. Ich konzentrierte mich also lieber auf den weniger komplizierten Teil ihrer Aussage - den unterhaltsamen. "Eine Triangel? Zur Gitarre? Ich glaube mit dem Tamburin bist du da besser dran. Wenn du's leise spielst fällt's bestimmt auch nicht so auf wie bei einer Triangel, wenn du aus dem Takt fällst... bei einem ohne Schellen zumindest.", zog ich sie ein kleines bisschen in alter Manier auf. Wohl auch, um mir selbst damit erfolgreich die vorherigen Gedanken aus dem Kopf zu wischen. Mit ein paar schiefen Tönen schien Aryana jedenfalls so gar kein Problem zu haben, was vermutlich besser für alle Beteiligten war. Die Stimmung zwischen uns war sowieso noch nicht ganz die alte, da konnten wir Dinge, die noch für zusätzliche Anspannung sorgten, eher nicht gebrauchen. Ich strich ihr unterbewusst ein bisschen mit den Fingern über die Seite, streichelte sie an der Taille, während ich mir kurzzeitig noch Gedanken zum Rest dieser Aussage machte. Die hübsche Brünette war meiner Einschätzung - und ihren Worten - nach das letzte Jahr über recht einsam gewesen. Natürlich hatte sie immer mal wieder etwas darüber erzählt, dass sie Faye und Victor besucht hatte, aber das war dann ja immer nur ein Tag von sehr vielen. Ein paar wenige von 345, um genau zu sein. Mochte schon sein, dass sie an sich kein Mensch war, der jeden Tag Unmengen an sozialer Interaktion brauchte, aber so, wie sie das gerade formuliert hatte, klang ihr vergangenes Jahr in etwa genauso trist wie meins. Nur mit weniger Mord und Totschlag eben. "Dann hab ich ja nichts zu befürchten.", war alles, was ich mit einem schwachen Lächeln noch dazu sagte. Wusste auch gar nicht, was ich sonst noch dazu hätte sagen sollen. Zwar hätte ich schon gerne danach gefragt, ob sie denn wirklich so allein gewesen war, wie ich das gerade einschätzte - um mir dann die Schuld dafür zu geben, versteht sich -, aber auch das würde kaum dafür sorgen, dass wir beide sowas wie gute Laune aufrecht halten konnten. Also bevorzugte ich es gerade doch eindeutig mich um potenziell vielleicht unangenehme Gesprächsfetzen herumzuschlängeln, wobei mir ihre Frage nach meinem Hungergefühl ungemein half. Ich konnte mich kaum noch daran erinnern, wann ich das letzte Mal so richtig Hunger gehabt hatte. Sowohl das Hungergefühl, als auch mein Appetit hatten in den vergangenen Monaten wahnsinnig abgenommen, was bei den angebotenen Mahlzeiten kaum Jemanden wundern würde. Hunger hatte ich gerade also tatsächlich eher keinen, aber Aryanas Gesichtsausdruck verriet mir schon ziemlich deutlich, dass sie mich nicht einfach nur so danach fragte. Es würde eher kein spontanes bis dürftiges Sandwich sein, das auf mich wartete, womit sie mindestens meine oft unstillbare Neugier weckte- und natürlich meine Hoffnung auf etwas Besseres als ungewürzten Kartoffelbrei mit unguten Billig-Würstchen. "Das kommt ganz drauf an... hast du was Leckeres für mich? Also außer die Peanut Butter Cups, meine ich.", gab ich ihr eine entsprechende Gegenfrage auf die ihre, fing erneut zu grinsen an und kniff die Augen etwas zusammen, sah sie forschend an. Und ja, ich hatte sie an dieser Stelle auch noch wissen lassen wollen, dass mir diese Kleinigkeit durchaus aufgefallen war. Sie hatte sich Mühe für meine Heimkehr gegeben und sie sollte nicht denken, mir wäre das gar nicht aufgefallen.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Das wäre doch mindestens eine ganz interessante Kombination oder nicht? Sie hatte wahrscheinlich noch nie ein von einem Triangel begleitetes Gitarrenspiel gehört - was bedeutete, dass ihr immerhin auch keiner sagen konnte, ob das, was sie damit tun würde, denn richtig war. Klang sympathisch. "Ich hätte jetzt eher auf eines mit Schellen gehofft aber okay...", seufzte sie theatralisch, zuckte schwach mit den Schultern. Am liebsten eines, wie kleine Kinder sie brauchten, um fröhlich ganze Haushalte in den Wahnsinn zu treiben damit. Ordentlich laut und nervig. Naja - erstmal schauen, ob sie überhaupt mit in den Laden ging und ob dieser Laden dann überhaupt etwas in diese Richtung hervorbrachte. Wahrscheinlich konnten sie letztendlich beide sehr gut auf Aryanas musikalische Unterstützung verzichten - Hauptsache Mitch bekam wieder eine Gitarre und sie somit etwas zum Zuhören. Ihre Hungerfrage wurde zwar nicht direkt bejaht, aber das, was er ihr stattdessen als Antwort zukommen liess, war auch absolut Grundlage genug für sie, ihm das Essen im Anschluss aufzutischen. Die Erwähnung der Peanut Butter Cups liess sie sofort ebenfalls grinsen und ihn unschuldig anschielen. "Was meinst du mit ausser die Peanut Butter Cups..? Ich dachte, die würden für die ersten paar Tage als Ernährungsgrundlage vollkommen ausreichen...", erzählte sie eher nicht ganz so ernst. Nein, hatte sie natürlich nicht. Sie konnte zwar nach wie vor wirklich nur sehr schlecht kochen, aber die Basics einer gesunden Ernährung waren ihr doch durchaus bekannt. Dazu gehörte auch das allgemeine Verständnis, dass Süssigkeiten eher nicht die Hauptkost ausmachen sollten. Sonst würde sie nach einem Jahr alleine wohnen ganz bestimmt ziemlich anders aussehen, als sie das tat, hätte zweifellos ein paar Kilos zugenommen, die ihm längst aufgefallen wären. Nein - kochen konnte sie zwar nicht, aber Einkaufen dafür umso besser. Aryana beugte sich nochmal zu ihm vor, um ihm einen weiteren sanften Kuss auf die Lippen zu hauchen, ehe sie sich für den Moment von ihm löste. "Komm mit", forderte sie ihn auf, als sie schon auf den Füssen stand und ihm die Hand entgegen streckte, um ihn gleich darauf mit sich zur Küchentheke zu ziehen. Dort liess sie ihn erstmal stehen, um selber zum Kühlschrank zu spazieren, diesen aufzumachen und eine dezent grosse, momentan noch mit einer undurchsichtigen Haube bedeckten, Platte hervor zu holen. Sie stellte das Essen vor seiner Nase auf die Theke, löste den Deckel ab, um ihn vorsichtig anzuheben und beiseite zu legen, damit auch die ganzen Variationen japanischer Reisröllchen zu offenbaren, die sich darunter versteckt hatte. "Und... befriedigt das ihre Wünsche?", fragte sie grinsend, während ihr Blick von den Sushis zu Mitchs Gesicht wanderte. "Es ging jetzt alles ein Bisschen zu schnell, als dass ich sie tatsächlich selber hätte machen können - ein Jahr reicht bei mir leider definitiv nicht zum Kochen Lernen aus. Aber sie sind vom besten Laden, den ich bisher in Sachen Sushi gefunden habe und der Typ da hat mir für heute seine ganzen Favoriten zusammengestellt - frisch für dich", erzählte sie fröhlich vor sich hin. Natürlich hatte sie dem Kerl im Laden nicht wirklich erzählt, was heute passierte. Es hatte gereicht, ihm zu sagen, dass sie für jemanden Sushi brauchte, der seit einer Ewigkeit keine mehr gegessen hatte, sich aber trotzdem nur das beste vom besten zwischen die Kiemen schieben liess. Stimmte so natürlich nicht ganz, da Mitch eindeutig schon viel zu viel Scheisse hatte essen müssen - sowohl in der Army als ganz bestimmt auch im Gefängnis. Umso wichtiger war nun aber, dass sich das endlich mal änderte. Wobei diese Platte, die sie heute Morgen vor ihrer Abfahrt noch abgeholt hatte, gut Abhilfe schaffen dürfte.
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Bloß nicht. Wenn ich jetzt daran zurückdachte, wie furchtbar all meine untalentierten Mitschüler früher den Musikunterricht damit zugebracht hatten, mich in den Wahnsinn zu treiben, lief es mir glatt kalt den Rücken runter. Zwar glaubte ich nicht, dass Aryana so taktunsicher wäre wie ein Teenager und womöglich würde sie sich sogar als brauchbare Begleitung entpuppen, wenn sie eine kleine Weile üben würde - dann aber trotzdem bitte ohne Schellen, passten die doch selten zu irgendwelcher meiner Lieder wirklich richtig gut. Außer zur Weihnachtszeit vielleicht. Wenn man das Fest der Familie und Liebe auch feierte zumindest, was auf mich bis dato so gar nicht zutraf. Ob sich das noch ändern würde? Ich sah es jetzt noch nicht so kommen, aber sollte ich irgendwann wirklich mal sowas wie richtig im Leben angekommen sein, könnte sich das Blatt womöglich wenden. Das blieb wohl einfach abzuwarten. "Na na, wir wollen doch klein anfangen.", redete ich ihr die Schellen weiterhin recht ironisch gleich noch ein weiteres Mal aus, als müsste ich mich damit endgültig auf die sichere Seite bewegen. Aryanas Bemerkung bezüglich des Süßkrams ließ mich nur flüchtig die Augen nach oben rollen, wobei das Grinsen gleich breiter wurde. Vermutlich würde ich einen ziemlich heftigen Zuckerschock erleiden, wenn ich mich erst einmal fast ausschließlich von den schokoladigen Süßigkeiten ernähren würde. Mal ganz davon abgesehen, dass mein Körper sicher all den Zucker und die überschüssigen Kohlenhydrate liebend gerne dazu hernehmen würde, mich prompt einen Vorrat in Form von Fett ansetzen zu lassen. War schon schlimm genug, dass ich eine gut sichtbare Menge an Muskeln verloren hatte, da wollte ich Speckrollen eigentlich nicht auch noch riskieren. "Wenn du auch noch einen Mitch in Speckmantel haben willst, können wir das gerne so machen.", sagte ich wenig ernst gemeint, nachdem ich den Kuss erwidert hatte, weil mich wohl keine zehn Pferde dazu kriegen würden mir dermaßen viele von den Dingern reinzustecken. Ich mochte sie zwar unheimlich gerne, aber ich konnte auf die einkehrende Übelkeit bei Überfütterung wirklich gut verzichten. Die Brünette sicher auch und so erhob sie sich, um mir offenbar stattdessen die Alternative dafür zu zeigen. Ich nahm bereitwillig ihre Hand und stand noch im gleichen Atemzug auf, um mich zur Küchentheke entführen zu lassen. Solange Aryana damit beschäftigt war die indirekt angepriesenen Speisen hervor zu zaubern stützte ich mich mit den Händen auf die Kante der Theke vor mir, folgte ihr die ganze Zeit über mit meinem Blick. Der blieb letztendlich an der abgedeckten Platte direkt vor mir hängen und meine Augen begannen unweigerlich glücklich zu funkeln, als die Brünette der Spannung ein Ende setzte und mir damit eine nicht unbedingt kleine Auswahl an der mir wohl liebsten Verwendung für Reis präsentierte - Sushi und das auch noch in verschiedenen Ausführungen. Es waren sogar ein paar Crunchy Rolls mit extra knuspriger Hülle dabei und mir lief schon allein beim Anblick das Wasser im Mund zusammen. Spätestens jetzt war der Hunger - oder zumindest der Appetit - von ganz allein wieder da. Da war es gerade nun wirklich vollkommen egal, dass Aryana das Sushi nicht selbst gemacht hatte. Es sah zum Anbeißen aus und ich konnte selbst kaum so schnell gucken, da hatten sich Daumen und Zeigefinger meiner rechten Hand schon ausgestreckt, um nach einer der Rollen zu greifen. Eine knusprige mit Lachs-Frischkäse-Füllung, um ganz genau zu sein. Es fühlte sich wie ein Stück Himmel an, als mir der Reis mitsamt Füllung auf der Zunge zerging und deshalb folgte auch zeitnah ein mehr als nur zufrieden klingendes Seufzen, als ich beim Kauen kurz die Augen schloss. Kaum war das Reisröllchen endgültig in meinem Rachen verschwunden ging ich um die Theke herum zu Aryana, um ihren Kopf in meine Hände zu nehmen und sie ein weiteres Mal sehr innig zu küssen. Das allein musste meine Freude über das Essen wohl schon sehr deutlich ausdrücken, aber ich hängte trotzdem noch die Worte "Befriedigung ist dafür kein Wort mehr." hintenan. Ich dürfte ein kleines Festmahl wie dieses hier kaum verdient haben, aber ich war ihr gerade wirklich dankbar dafür, dass sie mir den Wiedereinstieg ins Leben so schmackhaft gestalten wollte, wie es eben möglich war. Sowohl wortwörtlich, als auch im übertragenen Sinne. Also schloss ich meine vorherige Aussage noch mit einem aufrichtigen "Danke." ab, bevor ich der jungen Frau einen weiteren, aber kürzeren Kuss auf die Lippen drückte. Danach ließ ich auch meine Hände wieder sinken und es folgte eine simple Frage. "Hast du Stäbchen mitgehen lassen? Wenn nicht tut's auch 'ne Gabel... oder gar nichts, wie du siehst.", hakte ich mit einem schiefen Grinsen nach, kurz bevor mein Blick wieder auf meinen persönlichen Himmel in Form von Lebensmitteln fiel. Das mit den Manieren war bei mir schon immer so eine Sache gewesen und sowas wie richtige Erziehung hatte ich in dem zeitweise recht überfüllten Kinderheim auch kaum genossen. Trotzdem würde ich die Röllchen bevorzugt gerne mit irgendeiner Art von Besteck essen und nachdem ich keine Ahnung hatte, wo hier die Besteckschubladen war, ließ ich der Brünetten für die Lösung dieses Problems den Vortritt. Zwar würde ich zukünftig sicher noch ein paar Mal nicht drum rum kommen in den Schränken und Schubladen nach irgendwas zu suchen, bis ich die Ordnung davon im Kopf hatte, aber das kam dann eben so mit der Zeit.
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Zu ihren künftigen Musikexkursen brauchte die Brünette wohl nicht mehr viel zu sagen - ihnen war eben doch beiden bestens bewusst, dass sie weder ein Tamburin mit noch ein Tamburin ohne Schellen besorgen würde. Und auch keinen Triangel, keine Flöte und kein Klavier. Mitchs Gitarre reichte vollkommen aus für sie beide - also für ihn zum Spielen und für sie zum Zuhören. Damit dürften sie beide bestens versorgt und ihren optimalen Aufgaben zugeteilt sein. Auch auf die Sache mit den Süssigkeiten gab es nicht mehr viel zu sagen. Wobei die Brünette sich hier doch noch zu ein paar Worten hinreissen liess. "Ich nehme wirklich nicht an, dass das Programm, welches uns beiden droht, zulassen wird, dass du dich zum Mitch im Speckmantel entwickelst... Aber nein, tatsächlich ist das nicht unbedingt mein Wunsch", erklärte sie ebenso ironisch, dass sie eher keine Lust darauf hatte, ihren Freund mit zu viel Süssigkeiten auszustopfen, bis sie ihn von Zimmer zu Zimmer rollen konnte. Darüber musste sie sich nur wirklich auch keine Sorgen machen, denn wie sie bereits erwähnt hatte, würden die folgenden Wochen diese Extrakalorien ganz sicher wettmachen. Sie für ihren Teil hatte zwar schon etwas früher mit dem Training angefangen, das ganze Jahr über nie ganz damit aufgehört und im letzten Monat auch wieder vermehrt Sport gemacht - das war aber noch kein Vergleich mit dem, was sie zu Armyzeiten getrieben hatte und ihr Körper war auch weit entfernt von der Menge an Muskeln, die ihn mal ausgemacht hatten. Naja, dürfte nicht mehr lange so sein. Sie war ja auch durchaus motiviert, wieder mehr zu machen und sich zu alter Höchstform zurück zu kämpfen. Vielleicht sogar mit einer Süssigkeit ab und zu. Aryana schaute Mitch mit immer breiter werdendem Grinsen dabei zu, wie er, kaum hatte sie die Abdeckung von der Platte gehoben, die Finger ausstreckte und sich eines der Röllchen gönnte. Tatsächlich entlockte er ihr sogar ein amüsiertes Lachen mit seinen möglicherweise nicht wirklich vorhandenen Manieren, die ihr im Grunde wirklich egal waren. Sie war selber nicht mit zu viel Anstand gesegnet und ob er sich die Sushi nun mit Stäbchen, Gabel oder mit blossen Fingern in den Mund schob, spielte weniger als gar keine Rolle. Die Brünette erwiderte seinen Kuss, wobei selbst dieser das Grinsen nicht ganz aus ihrem Gesicht zu verbannen schaffte. "Dann ist ja gut - alles andere hätte mich fast schon enttäuscht", kommentierte sie seine offensichtliche Zufriedenheit, die sie automatisch ebenso glücklich stimmte. Sie bleib noch einen Moment stehen und blickte ihn einfach nur grinsend an, liess seine Freude auf sie wirken, bevor seine Frage sie dann dazu brachte, sich zu der Besteckschublade umzudrehen. Sie holte zwei Paar Stäbchen hervor und streckte ihm eines davon entgegen. "Das gibts sogar in meinem Haushalt", meinte sie schon fast stolz auf die Tatsache, dass ihre Küche entgegen ihrer Kochkünste gar nicht so übel ausgestattet war. Jedenfalls nicht in Sachen Besteck. Wie die Sache dann mit Kochtöpfen etc. aussah, war wahrscheinlich ein anderes Thema, sie wusste nicht, was diesbezüglich eine normale Küchenausstattung bedeutete. Für ihre Bedürfnisse war es genug. Und gerade brauchten sie ja auch genau Null Kochtöpfe, sondern lediglich die Stäbchen und die Platte Sushi, die Aryana sich nun erneut von der Theke schnappte, um sie stattdessen zum Tisch zu balancieren. Natürlich könnten sie auch im Stehen essen, aber sie wollte ihrem Esstisch nicht das Gefühl geben, er wäre hier nur Deko. So stellte sie die Platte in die Mitte des Tischs, platzierte ihre Stäbchen auf einer Seite, ehe sie in der Küche noch zwei Gläser und Wasser holte. Damit begab sie sich zurück zum Tisch und liess sich schliesslich auf einen der Stühle sinken. "Dann lass es dir Schmecken - aber lass mir auch noch zwei oder drei übrig", sagte sie grinsend und warf Mitch einen funkelnden Blick zu. Dafür, dass sie zu ihrem Teil des Essens kam, sorgte sie dann auch umgehend, indem sie sich selber eines der vielen Reisröllchen zwischen die Stäbchen klemmte. Sie würde ihm nämlich ganz bestimmt nicht einfach stumm beim Essen zuschauen, ohne selber was davon abzukriegen. Dafür waren die Sushis von diesem Japaner einfach viel zu gut.
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MiT OdeR oHnE ScHeLLeN? :) XD aber ist schon krass, wie die uns hier immer bespitzeln..^^ und btw können wir wegen mir auch zum Gespräch am Abend springen - es sei denn natürlich du wolltest noch irgendwas anderes wichtiges in der Zwischenzeit einbringen. ;D _______
Alles andere als ein ziemlich viel Disziplin und Durchhaltevermögen forderndes Sportprogramm würde mir auch kaum aus meiner jetzigen Lage heraushelfen. Es war ja nicht so als wäre ich nur noch ein dünnes Hemd, es war durchaus noch Muskelmasse vorhanden. Die musste vermutlich schon ordentlich gefordert werden, damit wieder mehr drauf kam. Bei meiner gefühlt nicht mehr vorhandenen Ausdauer würde ich zumindest was Kardio anging schon früh an meinen Grenzen ankommen. Allerdings musste ich dazu wohl erwähnen, dass lange Läufe noch nie mein Ding waren und mir selbst mit vorhandener Kondition meistens schneller die Luft ausging, als das bei so manch anderem mit gleichem Trainingsstand der Fall war. Ich war eben eher die Kategorie Schläger und nicht Läufer, was schon beim Anblick meiner Körperstatur schnell klar wurde und mir früher sicher das eine oder andere Mal den Arsch gerettet hatte. Wobei wegzulaufen sicher hier und da die schlauere Idee gewesen wäre. "Ich seh' mich vor meinem inneren Auge schon einen Kreislaufzusammenbruch kriegen.", erwiderte ich nur so vor Ironie triefend, obwohl dennoch ein Funken Wahrheit dahinter steckte. Zwar würde ich kaum wegen etwas strengerer, körperlicher Betätigung gleich den Bach runtergehen, aber ich würde um höllischen Muskelkater nicht rum kommen und mich vermutlich tagelang noch kaputter fühlen, als das ohnehin schon der Fall war. Wenigstens hatte ich dann mit Glück keine Energie für unnötige Streits mehr übrig, wobei ich andererseits wiederum von den schmerzenden Gliedern genervt sein könnte - würde sich dann zeigen. So oder so würde es sich bald böse rächen, dass ich irgendwann mit den Liegestützen und den paar Runden am äußeren Zaun entlang joggen aufgehört hatte und wirklich darauf freuen tat ich mich nicht. Das einzig gute an hartem Sport war das Ergebnis und der Ausgleich zum alltäglichen Stress. Bis erste Fortschritte sicht- und spürbar waren, machte das Ganze meistens allerdings nur wenig bis keinen Spaß. Da war das Sushi essen doch deutlich angenehmer und ich folgte Aryanas Hand mit dem Blick, als sie sich augenscheinlich nach passendem Besteck ausstreckte. Dauerte kaum ein paar Sekunden, dann hielt sie mir die Stäbchen entgegen und ich nahm sie ihr ab, nur um der Brünetten kurz darauf an den Tisch zu folgen. Ich ließ mich Aryanas Platz gegenüber an den Esstisch sinken und seufzte dabei kaum hörbar noch einmal vollkommen zufrieden. Es war verblüffend, wie sehr man richtiges Essen plötzlich zu schätzen wusste, wenn man lange Zeit über nichts Vernünftiges serviert bekam, war das Essen bei der Army im Vergleich zum Gefängnis doch noch Luxus gewesen. Trotzdem kratzte ich zumindest so viel Anstand zusammen mit dem Essen noch zu warten, bis die junge Frau mit den Gläsern zurück zu mir gekommen war und ließ ihr auch dafür noch ein dankbares Nicken zukommen. Schenkte mir sogar zuerst etwas davon ein, weil ich tatsächlich ein bisschen Durst hatte. War aber auch kein Wunder, hatte ich heute doch noch nicht besonders viel getrunken und mit dem körperlichen Bedürfnis nach Flüssigkeit verhielt es sich dann eben doch anders als mit fester Nahrung. Ohne letzte kam man leichter mal aus. Aryanas Bemerkung ließ mich leise Auflachen, bevor ich an dem Wasserglas nippte und auch dazu meinen Senf abgab. "Ich glaube da musst du dir keine Sorgen machen. Wahrscheinlich schaff ich gar nicht viel mehr als die Hälfte.", meinte ich kopfschüttelnd, aber nicht ohne das Grinsen beizubehalten, bevor ich die Stäbchen nahm und sie nach einer der Reisröllchen ausstreckte. Wenn man weniger aß, dann wurde der Magen eben zwangsläufig irgendwann etwas kleiner und war große Mengen Nahrung nicht mehr gewohnt. Würde ich jetzt so viel essen, wie ich das bei der Army zeitweise getan hatte - schließlich hatte mein Körper den Brennstoff da dringend gebraucht -, würde mir mindestens speiübel werden und mich Pech kam vielleicht wieder was hoch. Von fast Null wieder hoch auf Hundert oder mehr war eben nie gut. Dass das in Hinsicht auf Sport meinen künftigen Fitnesstrainer in der Privatarmee interessieren würde, hielt ich aber mal für unwahrscheinlich. Ziemlich sicher wurde da mindestens genauso gedrillt wie in der U.S. Army - wenn nicht noch mehr, weil in diesem Fall noch deutlich mehr Geld hinter jedem einzelnen Soldaten zu stecken schien. Das würde ganz sicher kein Zuckerschlecken werden.
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Ohne glaub ich.. x'D Ja wirklich ein Bisschen frech. x'D Ist gut, hätte ich auch demnächst vorgeschlagen, auch wenn ich nach wie vor eher keinen Plan habe, wie dieser Abend jetzt ablaufen soll. xD _________
Nein nein, sie wollten hier nicht gleich mit der Erwartung in dieses Projekt starten, dass sie kollabieren und die Ansprüche, die an sie gestellt werden würden, nicht erfüllen konnten. Irgendwie würde das alles schon gehen, Aryana wollte da lieber mal ein Bisschen zuversichtlich bleiben. Sie war zwar selber nicht allzu optimistisch veranlagt, tendierte eher zu sachte positivem Realismus, aber trotzdem war sie Mitch damit meistens ein wenig voraus, was die hoffnungsvolle Einstellung betraf. Er hatte doch einen Hang zum leichten Pessimismus - auch wenn ein grosser Teil seiner Aussagen, wie auch die gerade jetzt, eher mit Ironie als bitterem Ernst zu verstehen waren. Gut, dass sie sich in diesem Bereich sehr gut ergänzten und bestens verstanden, das erleichterte ihre Kommunikation tatsächlich um ein Vielfaches. Alles andere wäre umgekehrt betrachtet sowieso ihr Untergang, war ihre Beziehung ohne die ganzen Ironie und den Sarkasmus doch wirklich schwer vorstellbar. "Dann ist ja gut, solange ich daneben nur nicht verhungern muss", erwiderte Aryana grinsend auf seine Versicherung hin, dass sie kaum leer ausgehen würde. Dafür schmeckte das Essen wie erwähnt eben auch viel zu gut - hätte sie also gar nicht geschätzt. In diesem Fall teilten sie sich die leckere Ladung der Sushi-Platte aber zu ziemlich gleichen Teilen. In den nächsten Minuten gab es dann nicht mehr viel zu sagen, waren sie doch beide zu beschäftigt mit Essen. Als das letzte Röllchen schliesslich verschlungen und sie beide definitiv satt waren, lehnte die Brünette sich seufzend in ihrem Stuhl zurück und lächelte ihren Freund - zumindest für diesen Moment rundum zufrieden -an. Sie hatten noch etwa zwei Stunden, bis sie aufbrechen mussten und alles, was bei ihr noch auf dem Programm stand, war eine kurze Dusche und das darauffolgende Umziehen. Entsprechend verbrachten sie die Ruhe vor dem Sturm auch eher unproduktiv, was der jungen Frau aber mehr als Recht war. Sie würden bald genug wieder gestresst und herumgescheucht werden, da durften sie sich die Verdauungspause ganz bestimmt leisten. Als die Zeit dann gekommen war, hatte sie sich für die Dusche kurz im Badezimmer versteckt, sich dann in eine dunkle Jeans gezwängt und ein schwarzes Shirt über den Kopf gezogen. Einer der Vorteile des spärlichen Inhaltes ihres Kleiderschrankes war es nämlich, dass sie sich nicht einmal Gedanken darüber machen musste, was sie denn zu diesem Anlass anziehen sollte. Sie hatte nichts, was irgendwie formeller wäre als diese Jeans und das Shirt - also war das wohl das Outfit des Abends, mit dem sich alle Beteiligten begnügen mussten. Sie bezweifelte immerhin auch stark, dass Easterlin andere Ansprüche an ihr Aussehen haben sollte, als die, die sie damit zufriedenstellte. Was spielte es diesem sehr reichen Mann auch für eine Rolle, ob sie in Jeans und Shirt oder in... was auch immer die Steigerung dessen wäre, zu diesem Treffen erschien? Dürfte ihm genauso egal sein wie ihr, nur dass sie sich so wenigstens betreffend Kleidung wohlfühlen konnte. Aryana gab sich alles in allem wie immer mit einem relativ schlichten Auftritt zufrieden, bevor sie dem Badezimmer einen letzten kurzen Besuch abstattete und sich dann mit den Worten: "Na, bist du bereit?", an Mitch wandte. Im Grunde war auch das eher eine rhetorische Frage - sie hatten immerhin nicht wirklich eine andere Wahl als bereit zu sein. Bereit für was auch immer dieser Abend bringen mochte. In Anbetracht der Zeit ging die Brünette dann schon mal in Richtung Flur, um in ihre Schuhe zu schlüpfen. Und als sie dann beide soweit fertig waren, schnappte sie sich die Schlüssel, trat in den Flur, schloss die Tür hinter ihnen ab und begab sich mit Mitch zusammen zu ihrem Auto. Sie verzichtete auf die Frage, ob er das tolle Gefährt gerne mal steuern möchte - war dafür doch heute wohl kaum der richtige Zeitpunkt. Stattdessen schaltete sie die Navigation auf ihrem Handy ein, die ihnen die nächsten dreissig Minuten den Weg zu der von Trevor geschickten Adresse weisen sollte. Aryana war eigentlich ganz froh drum, selber dorthin fahren zu können. Erstens hätte es sich auf komische Weise wie ein ziemlicher Eingriff in ihre Privatsphäre angefühlt, wenn jemand sie Zuhause abgeholt hätte - ja, das machte möglicherweise keinen Sinn wenn man die Eingriffe in die Privatsphäre betrachtete, die noch folgen würden - und zweitens war das Fahren eine relativ gute Ablenkung ihrer Gemütslage und beruhigte ein Bisschen ihre Nerven. Dass sie nervös war, liess sich aber trotzdem nicht leugnen. Sie kannte diesen Mann nicht, dem sie sich verpflichtet hatte und sie wusste auch nicht, wie er ihnen gegenüber wirklich eingestellt war. Möglicherweise, oder eher sehr wahrscheinlicher Weise, sah er sie als Mittel zum Zweck, das ganze Geld, das sie ihn bisher gekostet hatten, so rasch wie möglich wieder zu ernten. Und das war eigentlich eine denkbar schlechte Prämisse, unter der man jemanden kennenlernen konnte. Was eben auch nicht unbedingt zu innerer Ruhe seitens der Brünetten beitrug.
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Mir verging die Zeit zu schnell. Mochte schon sein, dass ich Aryana von nun an vermutlich so ziemlich jeden Tag sehen und sie mir Niemand mehr so schnell wegnehmen würde, aber das änderte leider nichts daran, dass der eigentliche Ernst des Lebens schon wieder drohend hinter der nächsten Ecke stand. Ich ertappte mich selber immer wieder dabei, wie ich nach dem ausgiebigen Essen - nach dem ich erstmal gefühlt geplatzt war, hatte ich so viel doch schon länger nicht mehr gegessen - in immer kürzer werdenden Abständen auf die Uhr an der Wand im Wohnzimmer sah. Es war fast so als würden die Zeiger sich schneller drehen je öfter ich hinsah. Schließlich war es dann auch so weit, dass ich die Brünette aus meiner Nähe entlassen und ins Badezimmer verschwinden lassen musste, was mich schwer seufzen ließ, kaum war sie außer Hörweite. Ich hatte keine Angst vor dem, was mich erwartete. So viel schlimmer als Syrien konnte das, was noch kam, schließlich kaum werden. Aber ich hasste es wirklich, wenn ich mich auf ein potenziell unangenehmes Gespräch so gar nicht vorbereiten konnte. Wenn ich nicht einmal wusste, wer mir dabei letztendlich gegenüber stand und ob der Kerl mir Dinge eröffnen würde, von denen ich so ganz und gar nicht begeistert sein würde. Mir blieb nichts anderes übrig, als mich blind in diese Angelegenheit hineinzustürzen und das gefiel mir nicht, weshalb es mich in der Zwischenzeit auch auf den Balkon verschlug. Ich mir all der unguten Vorahnungen wegen mit einer Zigarette quasi schon mal präventiv die Lungenflügel verqualmte. Dabei merkte ich auch, dass ich für meinen Teil die Wäsche komplett vergessen hatte und jemand Anderes sie an meiner Stelle aufgehängt hatte. Schien, als wäre ich ohne die Brünette aktuell wirklich noch ziemlich aufgeschmissen, wobei hier wohl anzumerken war, dass ich seit Jahren meine Wäsche nicht mehr hatte selber waschen müssen. Nur im australischen Urlaub einmal, für die Klamotten in der Army war ich ja nicht selbst zuständig. Würde also wahrscheinlich eine Weile dauern, bis ich das im Schlaf tun würde. Die Balkontür ließ ich hinter mir offen, um hören zu können, wann Aryana im Badezimmer fertig war - oder zumindest fürs erste Mal. Als ich die Badezimmertür hörte ging ich also wieder nach drinnen und schlüpfte selbst noch einmal kurz ins Bad, um mich umzuziehen. Das Zeug auf der Heizung war glücklicherweise vollständig trocken geworden und es war zum wiederholten Mal wirklich merkwürdig, mich in zivilen Klamotten einen Moment lang vor dem Spiegel zu sehen, als ich meine Haare noch einmal flüchtig richtete. Danach verließ ich das Bad aber auch schon wieder, blieb für viel mehr doch gar keine Zeit. Aryana huschte noch ein weiteres Mal kurzzeitig ins Bad, danach schien es loszugehen. "Jein.", war alles, als ich mit schiefem Grinsen zu ihrer rhetorischen Frage abgab, weil mehr kaum verlangt sein dürfte. Ich zog mir also nur noch die Schuhe an die Füße, bevor ich mit meiner Freundin die Wohnung verließ und mit ihr zum Wagen ging. Es dauerte ein paar Sekunden, bis mir auffiel, dass ich ab etwa der Hälfte der Strecke zum vereinbarten Treffpunkt anfing mit dem rechten Bein zu wippen. Ich versuchte das zu unterdrücken, aber kaum dachte ich eine Sekunde lang nicht mehr daran, ging es ja doch wieder los. War auch so eine für mich eigentlich untypische Sache, die ich mir im Knast irgendwann angewöhnt und nicht mehr abgelegt hatte. Wirklich effektiv half das gegen die innere Unruhe aber nicht und vielleicht hätte stattdessen ein Gespräch mit Aryana geholfen, aber ich wusste wirklich nicht, was ich in diesem Moment sagen sollte. Mir fiel nichts ein, was nicht entweder die Stimmung noch unangenehmer gemacht hätte oder nicht vollkommen aus der Luft gegriffen wirkte, also ließ ich es bleiben und musterte stattdessen akribisch die vorbeiziehende Landschaft in der abendlichen Dämmerung - die gegen Ende zu großen Teilen aus Bäumen bestand, weil wir durch ein Stück Wald fuhren, als wir die Stadt verlassen hatten -, bis das Navigationssystem des Mobiltelefons uns wissen ließ, dass wir unser Ziel beinahe erreicht hatten. Erst dann richtete ich meinen Blick wieder geradeaus durch die Frontscheibe. Der Wald zu unseren Seiten fand allmählich sein Ende und vor uns ragte ein großflächiger Gebäudekomplex aus dem Boden. Stand hier mehr oder weniger im Nichts herum und zerstörte so ein bisschen die ansonsten friedliche Landschaft in seinem durchweg modernen Stil. Dem überwiegend gläsern aussehenden, mehrere Stockwerke hohen, recht mittig stehenden Gebäude schrieb ich rein intuitiv das Verwaltungsgebäude zu, während der Rest doch etwas niedriger war und weniger wie purer Luxus aussah, trotzdem aber noch nicht allzu lange dort stehen konnte. Ich schloss also mal ganz blind darauf, dass Easterlin sich all das hier entweder selbst aus dem Boden gestampft oder ausnahmslos alles kernsaniert hatte. Ich war auch noch gar nicht mit dem Gucken - und zugegeben auch ein kleines bisschen Staunen - fertig, als das Auto langsamer wurde und da erst fiel mein Blick auf den bewaffneten Pförtner, der uns mit einer Handbewegung auf Höhe des Kontrollhäuschens an der Einfahrt anzuhalten bedeutete. Es schien ein Zaun um das ganze Gelände herum zu verlaufen, wobei die Mauer mit ihren zwei Metern im Vergleich zu denen im Gefängnis wenig respekteinflößend war. Sie tat dennoch ihren Zweck und hielt die Viecher aus dem nicht fernen Wald vom Grundstück weg, nahm ich mal an. Jedenfalls kam der Kerl ans Auto und bat Aryana die Scheibe runterzulassen. Er musterte unser beider Gesichter in leicht gebückter Haltung durch den Fensterrahmen einen Moment lang, kurz bevor er sich wieder aufrichtete und seine zuvor eher strenge Miene sich auflockerte. "Willkommen, Miss Cooper und Mr. Warwick. Fahren Sie durch und noch ein Stück geradeaus, dann sehen Sie den Parkplatz für Zivilfahrzeuge noch vor den Gebäuden auf der linken Seite. Sie werden dort schon erwartet.", folgte eine kurze Begrüßung und eine ebenso knapp gehaltene Erklärung, die er noch mit einer passenden Handbewegung dazu unterstrich. Ich für meinen Teil nickte ihm lediglich zu, bevor ich zurück nach vorne sah und der Wagen erneut ins Rollen kam. Wenn man den bloßen Anblick dieser Basis mit dem Aussehen eines Forts der amerikanischen Staatsarmee verglich, wirkte das schon wie Tag und Nacht. Selbst jetzt am Abend in der zunehmenden Dämmerung und unter dem Licht der bereits eingeschalteten Laternen und Co. war der gründlich gepflegte Rasen und die eine oder andere sauber zurecht geschnittene, eigentlich überflüssige Zierhecke am Wegesrand gut sichtbar. Er schien nicht nur Geld für Verbrecher, sondern auch für reichlich Gärtner übrig zu haben.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Gut, dann ging es ihnen wohl gleich - wobei keiner von ihnen wirklich was dagegen tun konnte, dass sie jetzt trotzdem los mussten. Klar, sie könnten einfach nicht hinfahren. Das käme aber einem ziemlich idiotischen Schuss ins Leere klar, der sie beide nur wieder zurück in sehr tiefe Scheisse befördern würde. Es war unwahrscheinlich, dass Easterlin gerne mit sich spielen liess und ihnen mehr als eine Chance auf diesen Neuanfang vergönnte. Es sei denn, er war so unendlich begeistert von ihren Akten, dass er noch einmal ein Auge zudrücken würde. Naja, auch wenn er sie wohl schon ganz gerne in seinen Reihen wusste - anders liess sich die Geldsumme, die er für sie in die Hände nahm, wirklich nicht erklären - war es definitiv nicht zu empfehlen, ihre Loyalität ihm gegenüber schon vor Antritt der Arbeit so klar in Frage zu stellen. Nein, sie würden jetzt besser da hin fahren und das tun, was von ihnen gefordert war, darüber waren sie sich wohl stumm einig. Die Fahrt verlief wie erwartet schweigend, wobei das Radio im Hintergrund leise irgendwelche Melodien spielte. Aryana war zwar nicht ein Mensch, der immer Musik brauchte und nicht im Stillen sitzen konnte, allerdings hatte sie über die Zeit allein im Auto - wovon sie im letzten Jahr reichlich viel genossen hatte - gemerkt, dass das Radio ziemlich angenehme Gesellschaft sein konnte. Jedenfalls seit sie einen Sender gefunden hatte, der weder den ganzen Tag die gleichen drei Lieder vor sich hin plärrte, noch alle fünf Minuten von einer anstrengenden Moderatorenstimme unterbrochen wurde. So lenkten die leisen Klänge im Hintergrund ihren Kopf auch jetzt zumindest minimal davon ab, sich zu viele Gedanken zu dem zu machen, was sie gleich zu sehen bekommen würden. Auch ihre Augen schweiften indes ständig über die Umgebung, die sich ihnen zeigte - soweit sie diese eben sehen konnte und sie nicht nur aus Wald bestand. Tatsächlich war sie in diesem Wald schon ein paar Mal gewesen, wenn sie mal wieder frische Luft und Einsamkeit gesucht hatte. Nur hatte sie logischerweise nie diese Abzweigung genommen, die sie nun entlangfuhren. Bei der schon viele Kilometer vor dem eigentlichen Ziel ein fettes Schild thronte und ihnen klar machte, dass dies Privatgrundstück und unbefugter Zutritt - beziehungsweise Zufahrt - verboten war. Sie hatte sich nicht einmal die geringsten Gedanken dazu gemacht, als sie einmal daran vorbeigefahren war. Hatte einfach angenommen, dass da hinten irgendein reicher Mensch sein Schloss mit See und so aufgebaut hatte. Aber es war kein Schloss mit See, das sich ihnen zeigte, als sich der Wald lichtete und sie auf einmal vor einem ziemlich gigantischen, von einer Mauer umgebenen Grundstück standen. Die Brünette stiess eindeutig nicht ganz unbeeindruckt Luft aus, schob ein leise gemurmeltes "Wow... jemand hier ist wirklich sehr... sehr reich", nach, bevor ihr Blick auch schon zwangsläufig den Pförtner traf, der ihnen kurz vor dem Ziel den Weg versperrte. Sie liess die Scheibe runter, grüsste ihn kurz und musterte ihn mit offenem Interesse, während er Gleiches mit ihnen tat, sie darauf, ohne, dass sie sich je vorgestellt hätten, mit Namen willkommen hiess. Das allein liess sie ihre Augenbrauen nochmal ein Stück nach oben ziehen, wobei sie dann nur noch nickte, nach einem "Okay, danke", das Fenster wieder schloss und das geöffnete Tor passierte. Drinnen sah es wenig überraschend mindestens genauso gut begütert aus wie von ausserhalb der Mauer und wieder wanderte der Blick der Brünetten über alles, was ihre Augen erreichen konnten, während sie das Auto auf den angewiesenen Parkplatz steuerte. Dort schaltete sie bedächtig den Motor ab, löste den Sicherheitsgurt, bevor ihre Augen nochmal zu ihrem Beifahrer wanderten. Sie sagte nichts mehr zu alldem, was sie bisher gesehen hatten - wusste, dass die nächsten Minuten sehr viel entscheidender sein würden als alles Vorangehende. Ausserdem sagte ihr Blick sowieso deutlich genug, was sie davon hielt. Stattdessen streckte sie kurzum die linke Hand nach ihm aus, legte sie an seine Schläfe und zog ihn zu sich ran, um ihm einen kurzen Kuss auf die Lippen zu hauchen. Es dauerte weniger als ein paar Sekunden, bevor sie sich schon wieder von ihm löste und die Autotür aufstiess, aber vielleicht hatte sie diesen kurzen Moment einfach noch gebraucht, um sich selber ins Bewusstsein zu rufen, dass das hier alles real war. Sie nicht einfach Teil irgendeines sehr schrägen Filmplots geworden waren. Und sie gleichzeitig wusste, warum sie es tat. Für ihn und mit ihm und für eine Zukunft, in der sie endlich wieder leben konnten. Auch wenn die ganze Umgebung hier mehr als einschüchternd wirken könnte, hatte Aryana ihren Gesichtsausdruck von dem Moment, in dem sie die Beine aus dem Wagen schwang, wieder vollkommen unter Kontrolle, versteckte ihre Emotionen unter einem perfekten Pokerface. Es war nicht das erste Mal, dass sie mit einem Mann reden sollte, der nicht nur in der Rangliste weit über ihr stand, sondern dies wahrscheinlich auch gerne zur Schau stellte. In ihrer Zeit bei der Army hatte sie bestens gelernt, wie sie solchen Menschen am besten gegenübertrat und in dieser Hinsicht war das Gespräch mit Easterlin wirklich nicht weiter besorgniserregend. Der Pförtner schien tatsächlich Recht gehabt zu haben mit der Aussage, dass sie hier bereits erwartet wurden. Kaum waren sie ausgestiegen, erschien ein weiterer Mann in praktisch identischer Aufmachung wie derjenige am Tor, begrüsste sie knapp mit einem Kopfnicken und den mehr oder weniger gleichen Worten wie zuvor. "Willkommen Miss Cooper und Mr. Warwick. Bitte folgen Sie mir, Mr. Easterlin wird in Kürze zu Ihnen stossen", meinte er, wandte sich dann auch schon ab, um sie in Richtung des Gebäudekomplexes zu führen. Er musste einen Chip im Ärmel seiner Jacke tragen, denn kaum hatte er diesen an einen dafür konzipierten Sensor gehalten, öffnete sich die riesige Glastür, machte somit den Weg frei ins Innere des Erdgeschosses. Vor ihnen tat sich ein überdimensionaler Eingangsbereich auf, der alles in allem sehr schlicht gehalten war und wohl gerade dadurch noch imposanter wirkte. Weil er den Reichtum und die Macht, die diesem Ort innezuwohnen schien, stumm aber doch so eindeutig in sich trug. Der Soldat, der sie hergeführt hatte, wies sie mit einer Handbewegung und einem "Bitteschön" an, in der Ecke zu bleiben, die mit schwarzen Ledersesseln sowas wie einen Wartebereich andeutete. Aryana folgte der beiläufigen Aufforderung, sah aber davon ab, sich zu setzen, liess ihre Augen lieber weiter den Raum abtasten, der wie das Gebäude an sich ebenfalls puren Luxus ausstrahlte. Wie sich gleich darauf zeigte, war es auch gar nicht nötig, dass sie es sich hier gemütlich machten. Ein leises Geräusch deutete darauf hin, dass der Lift am anderen Ende des Foyers soeben sein Ziel erreicht hatte. Die Türen schoben sich lautlos zur Seite, machten einem Mann, irgendwo zwischen 45 und 55 Jahren - Alter schätzen war definitiv keine Stärke der Brünetten - den Weg frei. Er kam ihnen mit bedächtigem Schritt entgegen, machte absolut keinen Hehl aus seiner durch und durch offensichtlichen Musterung ihrer Personen. Nein, Easterlin schien viel mehr zu wollen, dass sie Notiz davon nahmen, wie er sie von Kopf bis Fuss betrachtete. Sein kühler - wenn auch nicht grundsätzlich abweisender - Gesichtsausdruck war von hellen Augen geprägt, die wirkten, als würden sie eigentlich immer so wach und zugleich kalkulierend ihr Umfeld beobachten. Es war fast unmöglich dabei einzuschätzen, was er in diesem Moment wirklich dachte. Aber das war nicht weiter überraschend. Seine Anwesenheit erfüllte sofort den ganzen Raum, weil er sich so perfekt in dieses Umfeld integrierte, den gleichen Luxus und die gleiche Autorität ausstrahlte, die Aryana zuvor auch schon beim Betrachten des Gebäudes wahrgenommen hatte. Fast einschüchternd. Aber auch jetzt sah sie bewusst davon ab, dies zu stark auf sich einwirken zu lassen, sich von etwas beirren zu lassen, das grundsätzlich auch einfach nur Fassade sein konnte. Sie hatte den Rücken noch immer durchgestreckt und den Kopf kein Stück sinken lassen, erwiderte die Musterung viel mehr mit dem gleichen unverblümten aber relativ trockenen Interesse. "Willkommen Miss Cooper, Mr. Warwick, in Fort Westhill - unserer Homebase", waren die ersten Worte, die seine dunkle, aber durchaus nicht unangenehme Stimme vernehmen liess, als er mehr oder weniger direkt vor ihnen stand. Er grüsste sie mit einem festen Händedruck begleitet von der überflüssigen Vorstellung seiner Person als Mr. Easterlin. "Ich werde Euch erstmal auf einem Rundgang mit dem Fort bekanntmachen, wenn Sie mir also bitte folgen würden", fuhr er nach der kurzen, wenig aussagekräftigen Begrüssung fort, lud sie mit einer offenen Handbewegung dazu ein, mit ihm zurück nach draussen zu gehen, weil es da wohl eindeutig mehr zu sehen gab als in diesem Eingangsbereich. Aryana machte mit einem "Gerne", klar, dass sie nichts gegen den Ausflug einzuwenden hatte oder dies jedenfalls nicht kundzugeben plante und trat mit etwas Abstand neben ihrem zukünftigen Boss wieder durch die Tür nach draussen. Eine kleine Führung klang in ihren Ohren tatsächlich ganz gut, da sie doch sehr gerne sehen würde, was dieser Ort sonst noch alles zu bieten hatte, was höchstens nur im Entferntesten an die Ausbildungsplätze der Army erinnerte.
This is your life, it's do or die, the sun may never rise again, so be the light the vision. This is your life, it's slipping by, you try to run but fall again, you get back up that's living.
Es war nicht so, als würde es mir grundsätzlich widerstreben, nun aus dem Wagen zu steigen - gerade meinem hibbeligen Bein täte es sicher gut -, aber wirklich Lust dazu hatte ich wiederum auch nicht. Deshalb war ich wohl umso dankbarer dafür, dass Aryana nochmal einen Moment lang nach meiner Aufmerksamkeit verlangte, indem sie mich küsste. Mich damit ein bisschen auf den Boden der Tatsachen zurückholte und mich daran erinnerte, dass ich mich bei der folgenden Zusammenkunft besser benehmen sollte. Mindestens ihr zu Liebe und auch für mich selbst, stand doch so einiges auf dem Spiel und der Inhaber dieses Grundstücks wirkte schon ohne, dass ich ihn zu Gesicht bekommen hatte, nicht wirklich so als würde er oft und gerne Kompromisse machen. Deshalb atmete ich noch einmal etwas tiefer durch, als ich es der Brünetten nach dem Kuss schließlich gleichtat und die Beifahrertür aufschob, um auszusteigen. Kaum hatten wir die kühle Abendluft eingeatmet stand auch schon der nächste uniformierte Kerl vor uns, um uns nach einer Begrüßung weiter zum eigentlichen Treffpunkt des Geschehens zu bringen. Er fackelte gar nicht lange und bedeutete uns ihm zu folgen, wobei ich noch immer keine Worte übrig hatte. Viel mehr damit beschäftigt war mich weiter umzusehen und die Umgebung quasi in alter Manier förmlich in mir aufzusaugen, auch wenn hier selbstverständlich keine Bedrohung herrschte. Wahrscheinlich waren es eher die bewaffneten Männer in Kombination mit der vollkommen fremden Umgebung, die alte Instinkte zum Nachdenken anstachelten. Es passierte von ganz allein, dass sich die neutrale bis eher kritisch-kühle Mimik in meinem Gesicht einstellte und ich die Schultern straffte, während wir die letzten Meter bis zu dem Verwaltungsgebäude zurücklegten und dessen Eingang dann auch passierten. Nicht jedoch, ohne dass dabei Elektronik eine Rolle spielte - es machte natürlich nur Sinn sicher dabei zu gehen, dass hier nur Leute rein und raus gingen, die auch wirklich dazu befugt waren. Hier schlummerten bestimmt auch so einige Geheimnisse in Akten, die besser nicht durch Unbefugte an die Öffentlichkeit geraten sollten, da ging man besser auf Nummer Sicher. Drinnen angekommen stellte die schlichte Eleganz in dem großen Glaskasten eine ziemliche Augenweide dar, obwohl ich kein Mensch war, der ein Faible für Luxus hatte. Es war schon gewissermaßen faszinierend, wie viel man mit verhältnismäßig wenig darstellen konnte, wirkte der Eingangsbereich doch keineswegs überladen und strahlte dennoch ganz klar pure Erhabenheit aus. Ich selbst nahm ebenso wenig Platz wie Aryana, als unser Begleiter uns darum bat in einer komfortabel aussehenden Sitzecke noch einen kleinen Moment zu warten. Viel zu sehr war ich mit der Unterdrückung der leichten Nervosität und dem Analysieren der Eingangshalle beschäftigt, als dass ich mich jetzt ruhig hätte hinsetzen können. Obwohl das unter Umständen vielleicht einen besseren Eindruck gemacht hätte, als meine Augen so skeptisch durch den Raum wandern zu lassen. Ich wusste nicht, ob es mir gefallen sollte, wie sehr Easterlin darauf erpicht zu sein schien zur Schau zu stellen, wer er war und in welcher Position er sich befand. Viel Zeit darüber nachzudenken hatte ich jedoch nicht, weil der Hausherr selbst schon bald mit seinem Auftauchen jegliche Aufmerksamkeit auf sich lenkte. Meinen Blick unweigerlich auf sich zog, weil ich seine Augen förmlich am Körper spüren konnte. Ich musterte seinen Anzug und die Art, wie er sich auf uns zubewegte, hingegen nur eher flüchtig und heftete meinen Blick danach fest an sein Gesicht. Allerdings ließ sich der werte Herr ungefähr genauso wenig von meinen Blicken beirren, wie das umgekehrt der Fall war und so begrüßte er uns wie erwartet doch eher förmlich mit fester, aber nicht unterdrückend wirkender Stimme. Ich erwiderte den Händedruck selbstsicher, sah im Gegensatz zu dem älteren Mann jedoch von der Vorstellung meiner Person ab. Er schien schließlich schon sehr gut zu wissen, wen er mit mir - beziehungsweise mit uns - hier vor sich hatte. Easterlin fackelte danach gar nicht lange damit uns auf einen kleinen Trip durch die Basis einzuladen, was mich zugegeben etwas überraschte. Schließlich hatte er von mir noch keine Unterschrift, mich trotzdem ein Stück weit hinter die Kulissen schauen zu lassen schien mir da schon etwas voreilig zu sein, aber beschweren würde ich mich nicht - ich wüsste schon gerne, womit ich es eigentlich zu tun hatte, bevor ich irgendeinen Vertrag unterschrieb. Ich war schließlich nicht mehr so grün hinter den Ohren wie beim Unterschreiben des Vertrags zu meiner erstmaligen Verpflichtung bei der Army. Also nickte ich gut sichtbar und heftete mich an die andere Seite des wohlhabenden Mannes, als er uns nach draußen führte. Er begann einem gepflasterten Fußweg zu folgen, der rechts um das Bürogebäude herumzuführen schien. Als wir uns einem der seitlicher platzierten, zur Hinterseite des Grundstücks hin sehr langgezogenen Gebäude näherten, ergriff er letztlich auch wieder das Wort. "Haben Sie gut hergefunden?", setzte Easterlin zu Smalltalk an. Ich war kein besonders großer Freund davon, beschloss ihn aber dennoch erstmals meine Stimme hören zu lassen. "Ja. Ist ja nicht weit oder kompliziert gewesen.", ließ ich ihn mit doch noch recht distanziert klingender Tonlage wissen, dass wir eine dreißigminütige Fahrt gerade noch so hinbekamen, ohne falsch abzubiegen. Das ließ ihn ein klein wenig schmunzeln, als ich ihn mit einem Seitenblick bedachte. "Schön. Ich nehme an, Sie wollen dort wohnhaft bleiben?" Er bekam von mir nur einen mehr Worte fordernden Blick, keine Antwort. "Die meisten meiner Soldaten residieren hier auf dem Gelände, um sich den Arbeitsweg zu sparen.", erklärte er und deutete auf den langen Wohnkomplex, der sich zu unserer linken Seite auftat. Dann folgte ein kleiner Redeschwall seitens des geschätzten Fünfzigers, in dem er uns erklärte, dass der Mietpreis pro Quadratmeter hier etwas unter dem Durchschnitt der nahen Stadt lag. Auch erläuterte er uns grob, was unabhängig von den bewohnten Zimmern noch alles im Gebäude zu finden war. Natürlich jeweils eine Kantine und Gemeinschaftsräume, sowie ein schon zu erwarten gewesenes, integriertes Fitnessstudio. Als er dann aber sagte, dass sich im Keller auch jeweils ein Spa-Bereich mit Sauna, Solebad und Pool befand, zog ich gewissermaßen ungläubig bis verwundert beide Augenbrauen nach oben. Das klang für mich eher nach Urlaub, als nach Arbeit. Easterlin begegnete meiner Reaktion aber lediglich mit einem versonnenen Lächeln. "Gestresste Soldaten sind schlechte Soldaten. Mir liegt also etwas daran in ihrer Freizeit für einen entsprechenden Ausgleich zu sorgen, soweit es mir möglich ist.", legte er uns seine Gedanken dahinter offen und aus dieser Sicht betrachtet machte das wohl auch irgendwie Sinn. Das hieß aber nicht, dass ich deshalb weniger verwundert darüber war. Auch stand uns unabhängig davon, ob wir nun hier wohnen wollen würden oder nicht, der Zugang zu Alledem kostenlos offen und die drei täglichen Mahlzeiten, die in der Kantine serviert wurden, waren ebenfalls inbegriffen, wobei das Ganze seinen Worten nach eher wie ein im Vergleich zur Staatsarmee recht großzügiges Buffet aufgebaut zu sein schien, damit auch jeder etwas bekam, das er mochte. Wo Easterlin gerade ohnehin dabei war uns den Alltag hier etwas näher zu bringen, machte er auch gleich damit weiter und unseren groben Tagesablauf zu Beginn unserer Arbeit hier nahezulegen. Der bestand außerhalb der Mahlzeiten vor allem aus viel Praxistraining und Sport, was schon zu erwarten gewesen war. Aber auch ein paar trockenere Theoriestunden schienen dabei zu sein, was scheinbar überwiegend der Tatsache zugrunde lag, dass wir hier mit neuer Technik konfrontiert werden würden, die man so wohl in keiner anderen Armee fand. Sehr kleine, aber hochentwickelte Drohnen zur vorherigen Einsicht und Aufklärung in die Ausgangslage in einer Mission, beispielsweise. Näher darauf eingehen tat Easterlin nicht, aber das war wohl auch nicht zu erwarten gewesen. Stehengeblieben waren wir nicht und ich bemerkte erst jetzt, als ich die Augen von dem Mann abwandte und seinem Blick nach rechts folgte, dass sich zu unserer anderen Seite ein irgendwie beruhigend vertraut wirkender Sportplatz befand. Zwar schien der auf der Innenfläche aus der Ferne betrachtet auch ein paar anspruchsvolle Parcours parat zu haben, aber das schreckte mich eher nicht ab. Der Sportplatz befand sich gewissermaßen im Innenraum der Anlage, war auf der Vorderseite doch das Verwaltungsgebäude und an der Rückseite des riesigen Grundstücks noch zwei größere Hallen. Auf der anderen Seite war der zweite, quasi gespiegelte Wohnkomplex, der mit dem, an dem wir gerade vorbeiliefen, vollkommen identisch zu sein schien. "Quartieren sie ihre Soldaten nach irgendwelchen Kriterien ein?", schob ich in einer kurzen Redepause des Armeeoberhaupts eine Frage ein und sah ihn daraufhin wieder an. Er nickte, bevor er auch hierzu einige Worte sagte. Scheinbar gruppierte er seine Soldaten in zwei unterschiedliche Truppen ein - die Ghosts und die Wolves. Erstere schienen überwiegend Missionen auszuführen, die sich auf bestmöglich unentdeckte, beziehungsweise nicht zurück verfolgbare Informationsbeschaffung und Operationen fokussierten, während letztere für offener ausfallende Einsätze geformt wurden, die eher mit größeren Gefechten verbunden waren. Sowas wie eine Zwei-Klassen-Gesellschaft gab es aber wohl nicht - die Offiziere bekamen bis auf das logischerweise höhere Gehalt und etwas abweichende Arbeitszeiten keine Vorteile, wohnten auch auf den selben Etagen wie der normale Soldat. Wieder so eine Sache, die mich zugegeben wunderte. Jedoch im positiven Sinne, war es doch vor allem die großkotzige Art der meisten führenden Köpfe in der U.S. Army gewesen, die mich so gegen sie aufgehetzt hatten. Easterlin schien sowas vorbeugen zu wollen. "Sehen Sie uns speziell für eine der beiden Truppen vor?", hakte ich mit einer weiteren Frage nach, die mir in den Sinn kam. Der Anzugträger schüttelte sachte den Kopf. "Ich denke Sie beide sind im Grunde sowohl für das eine, als auch für das andere geeignet. Was Ihnen letztendlich besser liegt, wird sich in Ihrer dreimonatigen Ausbildung zeigen. Es gibt auch ein paar wenige Männer... und Frauen", er warf einen entschuldigenden Blick zu Aryana, "die ich je nach Bedarf zwischen beiden Truppen wechseln lasse. Ich habe jedoch nicht vor Sie beide zu trennen, falls Sie darauf hinauswollten. Ich bin mir ziemlich sicher damit, dass sie als Team besser funktionieren.", gab er auch dazu eine kurze Erklärung ab und sah im Anschluss sowohl kurz zu mir, als auch zu Aryana rüber. Obwohl Easterlin insgesamt eine tendenziell dominante Erscheinung an den Tag legte und ich fand, dass seine Art durchaus etwas Arroganz in sich trug, wirkten seine Gedanken hinter der ganzen Organisation und auch der Rekrutierung von uns beiden als Paar bisher tatsächlich sympathisch. Deswegen fing ich langsam wirklich an mich zu fragen, wo der gottverdammte Haken war, der jetzt noch nicht ersichtlich war. Geben musste es einen.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Ihr Blick trug seit dem Verlassen des Gebäudes zumindest wieder ein Bisschen Interesse in sich, auch wenn sie weiterhin bewusst davon absah, mehr als diese minimale, durch und durch kontrollierte, Emotion zu zeigen. Sie schaute sich um, während Easterlin nach einigen Schritten in der vom Flutlicht stark gestörten Dämmerung, zum Sprechen ansetzte. Wenn auch vorerst nur mit einer dezent überflüssigen Frage - denn offensichtlich hatten sie gut hergefunden, sonst wären sie ja kaum pünktlich eingetroffen. Mitch übernahm die Antwort auch kurzum mit ziemlich treffenden Worten, sodass die Brünette gut davon absehen konnte, auch noch etwas dazu zu sagen. Dass Easterlin gleich darauf schon die nächste Frage stellte, die aber für ihren Teil etwas gehaltvoller ausfiel, liess auch Aryana aufhorchen und ihn wieder ansehen. Tatsächlich war die Frage zwar mehr wie eine Feststellung formuliert, indizierte aber doch bewusst darauf, eine allfällige Entscheidung erstmal zu überdenken. Warum das so war erklärte er im Anschluss ausführlich genug, dass die Brünette tatsächlich ebenfalls für einen Moment die Augenbrauen hochzog. Davon hatte Trevor nie was erwähnt - was irgendwie schräg war, wo alles doch jetzt nach einer einzigen Reihe von Vorteilen klang. "Ich denke, das werden wir uns in den ersten Wochen oder Monaten noch überlegen... Grundsätzlich sind dreissig Minuten Weg ja doch wenig problematisch, wenn uns dadurch zugleich praktisch keine Vorteile verloren gehen", mischte Aryana sich nach einer Weile zum ersten Mal mit mehr als einem Wort ins Gespräch ein, wobei für einen Moment der Schatten eines zarten Lächelns über ihr Gesicht zog. Vielleicht wären sie irgendwann ganz froh drum, am Feierabend und an dienstfreien Tagen etwas Distanz zwischen sich und die Arbeit zu bringen. Konnte sie sich sogar ziemlich gut vorstellen. Ausserdem war ihre Wohnung ebenfalls nicht besonders teuer und eigentlich mochte sie sie auch ganz gerne. Sie würden sich das Ganze aber sicherlich zu Zweit erstmal gut überlegen, bevor sie hier vor Tag Eins schon irgendwelche Entscheidungen trafen, die überhaupt noch nicht getroffen werden mussten. Anfangs war sowieso alles neu und aufregend und vielleicht auch ein Bisschen zu schön um wahr zu sein. Easterlin sparte hier nämlich keineswegs mit positiver Werbung der Arbeitsbedingungen und -Umgebung, rückte sein ganzes Programm gekonnt ins gute Licht und auch der jungen Frau war durchaus bewusst, dass kaum alles Gold sein konnte, was hier gerade im hellen Licht der Scheinwerfer glänzte. Es klang tatsächlich besser als jede einzelne Jobausschreibung, die sie im letzten Jahr gelesen hatte - und das waren wirklich viele gewesen. Aber gut. Erstmal liess sie auch das weitere Gerede des Mannes auf sich wirken, der im Anschluss mit dem Inhalt der Ausbildung und der Vorstellung seines ganzen Programms an sich fortfuhr. Auch die Teilung seiner Soldaten in zwei Gruppen flüchtig erklärte, was ebenfalls ganz interessant und wohlüberlegt klang. Aryana vermied es aber, jetzt schon darüber nachzudenken, was für sie beide am Ende treffender war - erstens, weil sie das kaum schon wissen konnte und es sich wohl am besten im Verlauf der Ausbildung zeigen würde und zweitens, weil ihr dazu kaum Zeit blieb, wenn sie weiterhin den Worten von Easterlin folgen wollte. Dieser legte auch gleich offen, dass ihre erste ernsthafte Befürchtung seit Beginn dieser kleinen Führung absolut unbegründet blieb und er in der Tat nicht darauf abzielte, sie hier entgegen jeder guten Hoffnung doch wieder zu trennen. Viel mehr bestätigte er unterschwellig ein weiteres Mal, dass er seine Hausaufgaben durchaus gewissenhaft erledigt und ihre Akten sorgfältig gelesen hatte. Was wiederum das leicht mulmige Gefühl und die Bedenken, die die Brünette vom ersten Moment an mit sich getragen hatte, kurz hochkommen liess. Es war eben einfach eher unangenehm sich bewusst darüber zu sein, dass jemand mehr über einen wusste, als man ihm je von sich erzählt hatte. Dass ein Mensch, den sie nie zuvor getroffen hatte, Geschichten über sie kannte, die eigentlich geheim hätten bleiben müssen, weil sie dem Dienst- oder Staatsgeheimnis unterlagen. Und sie ausserdem nicht genau nachvollziehen konnte, welche Geschichten das denn alles sein mochten, da sie keine Ahnung hatte, woher die Informationen letztendlich kamen. Aber gut, sie wollte auch diesmal gerne darüber hinwegsehen, ganz dem Frieden und der Unbefangenheit gegenüber ihrer künftigen Arbeit zuliebe. Statt sich also zum wiederholten Mal den Kopf darüber zu zerbrechen, was hier hinter den Kulissen alles sauber und nicht so sauber laufen mochte, folgte sie lieber der weiteren Führung, die sie nun am Sportplatz vorbei zu den beiden Hallen leitete. Easterlin war sich sehr offensichtlich vollkommen bewusst darüber, wie sehr sich seine Anlage von jenen der Army, die den gleichen Zweck verfolgten, unterschied, sonst würde er kaum so durchweg stolz durch sein Fort spazieren und ihnen alles zeigen, womit er zweifellos protzen konnte. Denn auch die Halle - beziehungsweise der Trainingskomplex - den sie betraten, strahlte puren Reichtum aus. Auf der einen Seite des Ganges, den sie durch einen wiederum chipgesteuerte Eingang betraten, taten sich verschiedene Räume auf, die durch etwa fünfzig Zentimeter hohe und sich über die ganze Länge der Räume ziehende Fenster einsehbar waren. Bei Einigen war dem Equipment entsprechend relativ offensichtlich, wozu sie hauptsächlich benutzt wurden, bei anderen half das Schild neben der Zimmertür besser weiter. Eine Treppe, die ins Untergeschoss führte, wurde von Easterlin mit der Erklärung begleitet, dass unten die ganzen Schiesstrainings stattfanden, von denen sie ebenfalls reichlich viele erleben würden, da sie ja höchstwahrscheinlich länger nicht mehr wirklich Waffenkontakt genossen hatten. Der fragenden Seitenblick, den er Aryana dabei zuwarf, kommentierte sie mit einem leichten Nicken, hielt es aber nicht für nötig, dem noch eine Erklärung anzuhängen. Nein, auch sie hatte tatsächlich nicht mehr geschossen, seit sie Syrien hinter sich gelassen hatten. Auch wenn sie natürlich eine Waffe besass - wie das in diesem Land eben durchaus üblich war. Sie fühlte sich einfach sicherer damit. Besonders in Momenten, in denen ihre Kriegsparanoia ihr den ein oder anderen Streich spielte. Als der lange Flur begleitet von diversen Ausführungen seitens des Armeechefs durchschritten war, und ihr Weg wieder nach draussen, in den Bereich zwischen den beiden Hallen führte, verwies Easterlin mit einer Kopfbewegung auf ein scheinbar harmloses Wohnhaus hinter den Hallen, das neben den ganzen hypermodernen Klötzen fast ein Bisschen deplatziert wirkte. Als er sie jedoch näher heranführte, stellte sich heraus, dass es gar nicht so alleine dastand, viel mehr Teil eines ganzen Schauplatzes in Form eine Strassenkulisse zur Übung diverser Szenarien in möglichst realistischer Umgebung war. Und wieder konnte Aryana nur erahnen, wie unendlich viel Geld allein in die Errichtung dieses Ortes gesteckt worden sein musste und die gigantische Zahl liess sie innerlich wortlos staunen. Easterlin musste in diesem Projekt wahrlich eine Goldquelle gefunden haben, anders liess sich hier genau gar nichts mehr erklären. Was sie unweigerlich zu einer weiteren Frage führte, die sie schon länger mit sich herumschleppte, nun aber doch auch mal zu stellen beschloss. "Da Sie Ihre Leute hier offensichtlich für so ziemlich alles vorzubereiten scheinen, nehme ich an, dass Sie in der Annahme von Aufträgen nur wenige Grenzen setzen..? Oder gibt es eine bestimmte Bandbreite, die Sie betreuen - beziehungsweise einen Angebotskatalog - und was darüber hinausgeht, lehnen sie ab?", wandte sie sich zurück an den Millionär - oder was auch immer für eine Summe unter seinem Arsch klemmte - klang dabei durchaus ein wenig kritisch. Sie hatte sich ihre Antwort auf diese Frage längst zusammengereimt und doch interessierte sie, was er dazu zu sagen hatte. Und wie er es ihr denn sagen wollte, weil das sicherlich viel über ihn aussagen dürfte. Easterlins Gesicht verzog sich zu einem gelassenen, beinahe etwas überlegen wirkenden Schmunzeln, als sein Blick vielsagend ihre Augen einfing. "Nun, Miss Cooper, das haben Sie schon richtig gesehen. Meine Soldaten werden für jeden möglichen Fall perfekt ausgebildet, auf jede Eventualität vorbereitet und sind für alles bereit. Das lässt einen sehr weiten Umfang an Einsätzen zu. Es gibt wenig, das wir noch nie getan haben und noch weniger, das wir nicht in Betracht ziehen würden, zu tun", redete er in einer offensichtlich bewusst schwammigen Wolke vor sich hin, wobei seine Worte absolut ausreichten, um sich den Rest eigenständig dazu zu denken. Weil es im Grunde nur alles bestätigte, was sie schon angenommen hatte.
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Was die Wohnungsgeschichte anbelangte war ich ganz bei Aryana. Sicher könnte man sich vielleicht ein paar Minuten durch den entfallenden Arbeitsweg sparen, aber wenn das keine Pflicht war, gab es doch auch noch so einige andere Punkte bei dieser Entscheidung zu bedenken, die ich ungern heute schon übers Knie brechen würde. Es hatte sicher beides seine Vor- und Nachteile und die galt es erst einmal sorgfältig abzuwägen. Dafür blieb jetzt ohnehin keine Zeit, wo Easterlin uns doch geradewegs weiter zu den hinteren beiden Gebäuden führte und dort mit seinen Erklärungen fortfuhr. Es blieb weiterhin faszinierend, wie ungeniert uns der in die Jahre gekommene Mann zeigte, dass er keinerlei Kosten und Mühen gescheut hatte, um seinen Truppen hier bestmögliches Training und vor allem perfekte Vorbereitung auf die Einsätze ermöglichen zu können. An sich war ich darüber auch froh - je besser die Vorbereitung und Ausstattung, desto geringer die Wahrscheinlichkeit, dass irgendwas später schiefging. Auch, wenn mein Lebenswille im Knast ziemlich gelitten hatte, missfiel mir der Gedanke da tatsächlich wieder rausgekommen zu sein und stattdessen anderweitig abdanken zu müssen, nur weil Jemand seine Hausaufgaben nicht gemacht hatte. Die Voraussetzungen zur Vermeidung dessen waren aber augenscheinlich perfekt - zumindest vermittelten die unterschiedlichsten Unterrichts- und Trainingsräumen genau diesen Eindruck. Obwohl all das, was der reiche Sack uns hier präsentierte, für jeden Null Acht Fünfzehn Soldaten der Staatsarmee so verlockend klingen dürfte wie nichts anderes, blieb das leicht mulmige Gefühl in meiner Magengegend mitsamt der inneren Unruhe bestehen. Das Gefühl war nicht mehr so penetrant wie zuvor, aber es war noch da. Daran konnten auch die sicher mehr als nur funktionstüchtigen Schießstände im Keller oder die nicht minder beeindruckende Außenanlage für realitätsnahe Simulationen, zu der er uns im Anschluss noch führte, etwas ändern. Ich wurde wirklich das Gefühl nicht los, dass ich es hier mit einer eher üblen Sorte Mensch zu tun hatte, obwohl Easterlin uns nicht nur Honig ums Maul schmieren wollte, sondern förmlich damit um sich schmiss. Ich würde nicht in Frage stellen, dass er offenbar etwas mit diesem ganzen Aufriss richtig machte, könnte er sich sonst doch kaum mal eben so die Summe meiner Kaution aus dem Ärmel schütteln. Aber fast Alles, das heutzutage noch großen Profit abwarf, hatte ziemlich verheerende Schattenseiten, die gerne vertuscht wurden. Nur schien ihm letzteres scheinbar gar nicht im Sinn zu stehen, als Aryana ihm eine Frage in genau dieser Richtung stellte. Während meine Augen sich prompt auf seine Gesichtszüge richteten, um jede noch so kleine Regung darin wahrzunehmen, schilderte uns der Fünfziger mit ziemlich schleierhaften Worten, dass die Dienste, die er hier anbot, im Grunde von Jedermann angeheuert werden konnten. Natürlich sagte er das nicht wortwörtlich, aber es war nicht besonders schwer, genau das aus seinen Worten herauszulesen. Das war der Haken, schätze ich - oder zumindest der erste, der sich nun unmissverständlich vor uns auftat. Ich glaubte nicht, dass ich noch mehr Details dazu brauchte, um stark davon ausgehen zu können, dass ich Dinge tun müssen würde, die ich in Frage stellen würde. Die unter Umständen so absolut gar nicht richtig waren so rein vom moralischen Standpunkt aus betrachtet. Streng genommen war das genau eines der Dinge, wegen denen ich im Gefängnis gelandet war. Dass ich nicht mit den Entscheidungen und Vorgehensweisen meiner Vorgesetzten einverstanden gewesen war. Dass teilweise im Geheimen Dinge getan wurden, die nicht in Ordnung waren - Folter beispielsweise, die eigentlich sehr verboten war, in Notsituationen aber doch sehr gerne hergenommen wurde, wenn es Vorteile verschaffte. Ich wollte hier weiß Gott nicht den Moralapostel spielen, hatte ich doch selbst auch mehr als genug Dreck am Stecken, nur wollte ich eigentlich nicht aus dem Knast raus, um mich dann in etwa in der gleichen Situation wiederzufinden, in der ich vorher schon gesessen hatte. An dieser unschönen Tatsache rüttelte nämlich auch der luxuriöse Außenanstrich nichts, der Kern der Geschichte würde hässlich bleiben und dementsprechend verfinsterte sich mein Gesichtsausdruck dann jetzt auch deutlich sichtbar. Bis hierhin hatte der Anzugträger wirklich gut gespielt, aber jetzt war es zumindest bei mir mit dem Staunen vorbei, weil mit seiner Aussage gerade eben sehr bittere Ernüchterung eingetreten war. Zwar war das schon vorhersehbar gewesen, aber ich hatte eben trotzdem gehofft, dass es anders kommen würde. Vor allem der Umwelt und meinen Mitmenschen zu Liebe. Ich blieb stehen, weil ich für meinen Teil jetzt ehrlich gesagt genug gesehen und vor allem gehört hatte. Ein bisschen drehte ich mich von den anderen beiden weg, als ich mit dem Kopf zu schütteln begann und den Blick gänzlich abwendete, während ich sichtbar mit dem Kiefer zu mahlen begann. Letztendlich hob ich auch die rechte Hand, um mir die Haare zu raufen und atmete dabei etwas tiefer durch. Ich brauchte diesen kurzen Moment, um mir bewusst alle möglichen, wenig netten Sätze zu verkneifen, die mir auf der Zunge lagen. "Wollen Sie etwas dazu sagen, Mitchell?", hakte Easterlin nach etwa zwanzig Sekunden Schweigen nach, woraufhin ich leise schnaubte und mich ihm stückweise wieder zuwendete. "Kommt ganz drauf an... darf ich noch unterschreiben, wenn's Ihnen nicht gefällt?", erwiderte ich trocken und ließ ihm dabei ein nur allzu künstliches Lächeln zukommen, das meine Augen nicht annähernd erreichte. Dass er mich hier an den Eiern hatte, weil ich ohne den reichen Idioten nicht hier stünde, war uns allen hier wohl mehr als klar und ich befand mich hier gerade wirklich nicht in der Position das guten Gewissens zu riskieren - Aryana wegen. Er behielt allerdings lediglich das ruhig und gefasst wirkende Lächeln bei, ließ sich kein Stück von meiner offensichtlich abgeneigten Reaktion irritieren. "Ich kann verstehen, dass Sie das kritisch sehen... und dennoch beende ich gezielt Kriege und Fehden durch unsere Dienste, die andernfalls unter Umständen noch Jahre andauern würden. Ich ersticke sie im Keim, bevor sie sich zu einem ernsthaften Problem für Unbeteiligte entwickeln.", schmückte der Amerikaner sich seine eigene, kleine, perfekte Welt noch weiter aus, was mich den Blick nur erneut abwenden ließ. Ob er dabei der richtigen Seite im Krieg half spielte wahrscheinlich überhaupt keine Rolle, solange nur genug Schotter in seinen Rachen wanderte. Es mochte schon sein, dass er dadurch dem einen oder anderen vollkommen unschuldigen Zivilsten eine unverhofft tödliche Situation ersparen konnte, indem er das Ganze eben frühzeitig beendete, aber das änderte nichts daran, dass das wirklich gravierende, politische Folgen haben konnte. Eben ganz je nachdem, mit wem er Geschäfte machte. Aber was sollte ich dazu jetzt großartig sagen? jedes Wort würde sich später mit meiner Unterschrift im Sand verlaufen, weil ich nach wie vor keine andere Wahl hatte, als den Stift aufs Papier zu setzen, wenn ich nicht zurück ins Gefängnis wollte. Ich fing jetzt schon an diesen Typen zu hassen. Konnte nur noch schlimmer werden.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Sie hasste seine Antwort. Auch wenn es das war, was sie erwartet hatte, wollte sie noch immer nicht wirklich wahrhaben, was ihr in naher Zukunft entsprechend drohte. Sie hatte ihr Leben bisher mehr oder weniger gesetzeskonform gelebt - soweit das im Krieg eben möglich war und solange man von dem Zwischenfall mit dem Abschaum Warren absah. Und sie hatte nicht vorgehabt, das jetzt zu ändern. Aber das würde scheinbar bald nötig sein, je nach dem, wann ihnen der erste zwielichtige Auftrag erteilt wurde. Es war nämlich nicht zu erwarten, dass sie dabei etwas zu sagen haben würden oder dass es überhaupt jemanden interessieren würde, ob sie mit ihrer Funktion einverstanden waren oder lieber was anderes tun würden. Und doch hatte sie unterschrieben. Für ein Mindestmass von sechs Jahren. Und das würde sie durchziehen müssen. So lange würde sie zwangsläufig ignorieren, dass sie ein Gewissen besass, welches ihr eigentlich verbot, rein nach dem Prinzip des Stärkeren zu handeln. Das war es nun eben, was aus ihrem Leben geworden war. Fressen oder gefressen werden - entweder, sie hätte sich fünfundzwanzig Jahre durchgeseucht, nur um doch nie wieder das zurück zu bekommen, was sie mal gehabt hatte, oder sie nahm diese Abzweigung auf einen Pfad, der eigentlich weit dunkler war, als sie das je geplant hatte. Es war nicht optimal, weder für sie noch für Mitch. Aber es war wie schon besprochen schlicht die einzige Option, die sie hatten, weshalb es nun galt, sich damit abzufinden. Sie lauschte dem kurzen Wortwechsel zwischen den zwei Männern, während auch sie sich mittlerweile von Easterlin abgewandt hatte. Ihr Blick blieb an einigen Fahrzeugen hängen, die an der hinteren Mauer der Anlage geparkt standen, aber Aryana nahm sie gar nicht wirklich wahr. Sie war viel zu beschäftigt mit den Gedanken in ihrem Kopf und der wiederholt sehr penetrant kreisenden Frage, ob sie hier möglicherweise doch einen gigantischen Fehler gemacht hatte, dem sie nun nicht mehr entkam. Ihr Blick hatte sich ebenfalls verdunkelt, auch wenn sie weiterhin nicht viel von dem, was in ihr wirklich vor sich ging, nach aussen hin zeigte. Easterlin würde bald genug sehen, was er sich mit ihnen für Charaktere ins Boot geholt hatte, die möglicherweise nicht ganz so leicht zu formen waren wie seine anderen keine Ahnung wie vielen Soldaten. Sie konnte sich nämlich sehr gut vorstellen, dass viele davon nur wegen dem Geld hier waren, entsprechend nicht viele Skrupel zeigten, wenn es darum ging, sich dieses auf welche Art auch immer zu beschaffen. Das erklärte im Übrigen auch bestens, warum er mit Trevor praktisch seinen eigenen kleinen Talentscout ins Gefängnis eingeschleust hatte. Easterlin konnte bei Leuten, die er aus einer Anstalt fischte, nicht nur davon ausgehen, dass sie ihm gerne dienen würden, weil er sie aus den undurchdringlichen Mauern zurück in eine relative Freiheit kaufte, sondern auch, dass sie sich, was Gewissensbisse und moralische Bedenken gegenüber seinen Machenschaften betraft, relativ unproblematisch zeigten. Wiederum ein dezent genialer Schachzug... Der so deutlich wie sonst kaum was aufzeigte, dass sie sich hier auf einen Tanz mit dem Teufel eingelassen hatten. Und ihr Erfolg der nächsten Wochen, Monate und Jahre hing ganz davon ab, wie weit sie sich auf seine Spielregeln einliessen, wie dicht sie sich an ihn heran trauten und wie weit sie beschlossen, selber zu Dämonen seines Reiches zu werden. Easterlin schien nach der Pause, die seinen Worten folgte, relativ bald zu akzeptieren, dass weder Mitch noch Aryana etwas zu seiner Weisheit, der Rechtfertigung seines Schaffens, zu sagen bedurften. Es gab eben wenig darauf zu erwidern und das Schweigen an sich war definitiv auch eine Antwort. Wenn auch nicht die, die er sich vielleicht erhofft hatte. Aber dem Mann war selbst bestens bewusst, wie sehr er sie in der Hand hatte - wie wenig er sich um ihre Meinung überhaupt zu kümmern brauchte, weil sie letztendlich ja doch nach seiner Pfeife tanzen mussten. Er sagte es nicht so und er gab sich auch nicht explizit Mühe darin, ihnen das zu zeigen. Aber das musste er auch nicht. Allein, dass er diese Rechtfertigung so von sich geben und ihr folgendes Schweigen akzeptieren konnte, bewies, dass es ihm egal war, was sie von den Gewinnstrategien seiner Unternehmung hielten. Stattdessen ignorierte er die etwas mitgenommene Stimmung gekonnt, um sie beschwingten Schrittes wieder in Richtung des Hauptgebäude zurück zu führen. "Ich denke, das waren so die wichtigsten Punkte unseres Trainingsgeländes. Alles weitere werden sie in den nächsten drei Monaten sicherlich noch kennen lernen", erklärte er die Führung zufrieden als beendet, als sie wieder vor der Glastür ankamen, einen Moment wartete, bis diese sich öffnete, und sich dann drinnen direkt weiter in Richtung der Fahrstühle bewegte. "Wenn ihr soweit keine Fragen mehr habt, bleibt eigentlich nur noch das Formelle zu klären, wofür wir uns am besten gleich ins Büro begeben", kommentierte er die weiteren Schritte, die wiederum auf wenig Antwort stiessen, was ihn auch jetzt absolut nicht zu stören oder zu beeindrucken schien. Der Fahrstuhl trug sie ins dritte Stockwerk, welches wieder nur mit speziellem Chip zugänglich war, den der Chef dieser Anlage aber selbstverständlich bei sich trug. Oben angekommen führte er sie ohne Zwischenhalte in das angesprochene Büro, wobei Aryana sich nun wieder weit aufmerksamer umschaute, während ihre Augen unbewusst wohl fast schon nach blutbefleckten Akten suchten. Deren waren natürlich keine zu sehen, als Easterlin sie bat, auf den zwei schweren Stühlen vor seinem Schreibtisch Platz zu nehmen, während er sich auf der anderen Seite in seinen Sessel sinken liess. Auf dem Schreibtisch lag schon alles vorbereitet, was in diesem Gespräch irgendwie relevant sein könnte. Sowohl der - offensichtlich schon unterzeichnete - Vertrag, den Aryana von Trevor unterbreitet bekommen hatte, als auch das zweite Exemplar, welches auf Mitchs Unterschrift wartete. Die Brünette griff nun mit einer kurzen Frage aber schonmal vor - da sie ja alle davon ausgehen konnten, dass die fehlende Zusage kurzum folgen dürfte. Mitch hatte genau das draussen ja schon angedeutet und alles andere wäre trotz allem eben ein Stück weit Selbstmord. Für ihren Freund wie auch für sie selbst. "Wann erwarten Sie, dass wir anfangen?", wollte sie wissen, auch wenn es im Grunde keine Rolle spielte, ob der Tag Morgen oder in drei Wochen kam. Auch wenn sie ein Bisschen mentale Vorbereitungszeit und vor allem auch noch ein Bisschen Ruhe für sie und Mitch wirklich schätzen würde. Diese bekam sie tatsächlich auch zugesprochen - wenn auch in keinem beeindruckenden Ausmass. "Nun, in neun Tagen steht mit dem ersten Juni ein Monatswechsel an, der sich dafür bestens anbieten würde. Darum denke ich, ist Ihnen beiden bis dahin noch ein Bisschen Ruhe vergönnt", erklärte Easterlin wieder mit dem gleichen aufgesetzten, fast etwas überlegen wirkenden Lächeln, liess es gekonnt so klingen, als wäre das eine ausgesprochen gute Tat seiner Selbst. Was Aryana nur leicht eine Augenbraue anheben und Nicken liess. Ein Augenrollen wäre angebrachter gewesen, aber noch hatte sie nicht vor, sich unbeliebter als nötig zu machen. Und sie wollte nicht, dass er ihnen die neun Tage direkt wieder absprach.
This is your life, it's do or die, the sun may never rise again, so be the light the vision. This is your life, it's slipping by, you try to run but fall again, you get back up that's living.
Das würde noch Probleme geben. Mit Sicherheit ließ es sich eine ganze Weile lang - mindestens aber drei Monate, in denen wir noch nicht ausrücken mussten - damit aushalten, meine Freiheit mit derartig schmutzig Mitteln zurückerlangt zu haben. Ich würde es wahrscheinlich einfach so gut es ging zu verdrängen versuchen, um eben nicht wieder abzustürzen. Dennoch kannte ich mich selbst gut genug, um zu wissen, dass ich ab einem gewissen Punkt ganz einfach nicht mehr die Schnauze halten konnte. Es war demnach nur eine Frage der Zeit, bis die erste verbale Auseinandersetzung ihren Weg über meine Lippen hinweg nach draußen fand und das würde sicher hässlich werden. Blieb zu hoffen, dass ich bis dahin dann zumindest insgesamt wieder ein bisschen ruhiger sein würde, weil ich in meiner jetzigen Verfassung wohl kaum dafür garantieren könnte, dass nicht irgendwann eine Faust flog. Auch, wenn ich dabei hier sicher auf mehr Widerstand stoßen würde, als das in der Army der Fall gewesen war. Die Soldaten hier mussten doch deutlich größere Kaliber sein, weil sie sonst eben kaum hier wären. Easterlin schien sich seine eigene Elite zu formen. War sehr fragwürdig, ob auch nur einer davon freiwillig kuschen würde. Vermutlich nicht. Nur sollte ich mich eigentlich gar nicht erst an diesem Gedanken festbeißen, während ich mit Aryana und Easterlin zurück zum Eingang des Hauptgebäudes ging. Gedanken wurden schnell mal zu Taten, also sollte ich sie im Idealfall besser so lange wie möglich in der hintersten Ecke meines Kopfes verbarrikadieren, ihnen gar nicht erst Luft zum atmen geben. Der Chef der Organisation kommentierte unseren Gang zum Fahrstuhl recht überflüssig, war doch nach dem Abschluss des kleinen Rundgangs absolut klar, was noch folgen musste. Es fehlte ihm nur noch meine Unterschrift und dann hatte er genau das, was er wollte: Zwei ihm ziemlich machtlos ausgelieferte Werkzeuge, die gar keine andere Wahl hatten, als sich ihm und seinem Willen zu fügen, wenn sie keine unschönen Konsequenzen erleiden wollten. Wenn er seine Schachzüge auf der ganzen Welt genau so geschickt anstellte, dann war es wohl kein Wunder, dass er unheimlich viel Macht besaß. Denn es war mir noch immer schleierhaft, wie er eigentlich so viel über mich wissen konnte. Die Army hatte meines Wissens nach versucht es ziemlich zu vertuschen, dass sie über eine ewig lange Zeit hinweg einen Maulwurf in ihren Reihen hatten, den sie nicht fähig waren ausfindig zu machen, während unzählige geheime Informationen nach draußen an den Feind sickerten. Er musste also auch dort Kontakte haben, die gegen ein nettes Sümmchen gerne in ein paar Akten herumstöberten. Wahrscheinlich sogar irgendwo in den oberen Reihen des Regimes. Es war wirklich verrückt und auch gewissermaßen beunruhigend, dass es für diesen Mann nicht wirklich nennenswerte Grenzen zu geben schien. Dass er Hürden, an denen andere wohl sehr kläglich scheitern würden, einfach mit ein paar Geldscheinen in der Hand bei Seite schob und sich ganz entspannten Zugang verschaffte. Fast schon gruselig. Ich schritt den Gang im dritten Stock inzwischen lieber neben Aryana als Easterlin entlang, während ich meinen Blick auch hier aufmerksam schweifen ließ. Das beeindruckende Design schlängelte sich weiter durchs Gebäude, waren doch auch viele der Büros durch Glas einsehbar. Hinter der Brünetten ging es auch für mich schließlich in die Höhle des Löwen, wo ich mich auf dem zweiten Stuhl niederließ. Die Körperhaltung dabei doch sichtbar angespannt, sehr aufrecht. Meine Augen wanderten automatisch zu meiner Freundin, als jene mit einer Frage das Wort ergriff. Dann legten sich meine Augen zurück auf den Mann auf der anderen Seite des Schreibtischs, der verkündete uns zumindest noch ein kleines bisschen Zeit dafür geben zu wollen, uns auf unseren anstehenden Dienst vorzubereiten. Ich hatte das wahrscheinlich nötiger als Aryana und ich war doch ein bisschen froh darüber immerhin ein paar Tage lang sowas wie durchatmen zu können, bevor der nächste sicher nicht wenig stressige Alltag folgte. Daran würde auch der Spa-Bereich kaum etwas ändern können. Was das anbelangte nickte ich jedoch nur stumm, bevor Easterlin den für mich vorgesehenen Vertrag bis zu mir an die Tischkante schob. Ich streckte die rechte Hand danach aus und auch, wenn meine bessere Hälfte ihren Vertrag schon gelesen und unterschrieben hatte - die beiden Verträge ja eigentlich identisch sein sollten -, bestand ich hierbei auf eigene Kontrolle. Allerdings akribischer, als vielleicht notwendig war - ich zog mir auch Aryanas Vertrag heran und studierte sie quasi parallel. Nur, um sicher damit zu gehen, dass er mich hier nicht zu linken versuchte. Zuzutrauen war es ihm zweifelsfrei. "Sie können mir vertrauen, Mitchell.", wandte der Wohlhabende sich mit ruhiger Stimme an mich, verschränkte seine Hände entspannt vor seinem Bauch und lehnte sich ein wenig zurück, als ich mit dem Vergleichen bei der dritten Seite angekommen war. Ich warf ihm einen kurzen Blick mit vielsagend nach oben gezogenen Augenbrauen zu, bevor meine Augen sich wieder auf die beiden Verträge hefteten. "Darauf können Sie meiner Erfahrung nach voraussichtlich ziemlich lange warten.", kommentierte ich meinen vorherigen Blick des parallelen Lesens wegen sehr konzentriert, durchaus auch kritisch klingend. Es hatte ja schon Jahre gebraucht, damit ich Aryana wirklich zu vertrauen gelernt hatte. Leute wie er brauchten also eigentlich gar nicht erst darauf zu hoffen, dass sich sowas wie eine brauchbare Vertrauensbasis zu mir entwickelte. Easterlin räusperte sich, ehe er sich wieder vermehrt aufrichtete, sich dann leicht nach vorne beugte und seine Hände stattdessen gefaltet auf den Tisch legte. "Ich verstehe ihr Misstrauen, aber es ist unbegründet. Ich bin kein Mann leerer Worte und stehe zu dem, was ich sage.", musste er auch dazu noch seinen Senf abgeben und ich wünschte mir, dass er einfach die Klappe halten würde. War aber wohl zu viel verlangt. Deshalb seufzte ich lediglich noch etwas angestrengt, bevor ich die restlichen paar Absätze der Verträge studierte und sie erst dann zurück auf den Tisch legte. Meine Finger streckten sich nach dem Kugelschreiber aus, den Easterlin bereits nahe meines Sitzplatzes platziert hatte und ich atmete noch einmal etwas tiefer durch, bevor ich die Mine aufs Papier setzte und mangels anderer Optionen widerwillig meine Seele ein weiteres Mal verkaufte. Danach legte ich den Stift bei Seite und schob den Vertrag über den Tisch zu meinem neuen Chef rüber. Nicht, dass ich es mir anders überlegte und noch einmal danach griff, um ihn zu zerreißen. "War das Alles?", hakte ich dann nach, als der wichtigste Teil dieses Gesprächs ohne Zweifel erledigt war und sah ihn daraufhin erneut an. War ja möglich, dass er noch Irgendwas von uns wollte. Ich würde aber dennoch nur ungern eine Minute länger hierbleiben, als notwendig war. Sonst kotzte ich ihm angewidert von seinem nicht vorhandenen Gewissen noch auf den Schreibtisch.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +