Ja, natürlich... sie würde Mitch einfach fragen. Was für eine unglaublich tolle Idee. Sie wusste ganz genau, wie seine Antwort ausfallen würde. Natürlich würde er sich das Küsschen kaum entgehen lassen. Aber nicht, weil er es so unbedingt wollte, sondern vor allem, weil er wusste, dass es ihre Wangen zwangsläufig wieder in tiefes Tomatenrot tauchen würde. Weil er es mochte, sie in Verlegenheit zu bringen und diese Situation ja geradezu danach schrie. Konnte sie hier nur nicht erzählen, denn wenn sie erklärte, dass Mitch sicherlich kaum Nein zu einem Kuss sagen würde, klang das falsch. Wenn man ihn eben nicht kannte. So wie es bei diesen beiden kleinen Traumtänzer war. "Okay, klar... Ich werde Mitch gerne fragen und euch seine wortgetreue Antwort zukommen lassen", willigte Aryana auf all die Worte, die sich nun beide so mühsam zurechtgelegt und über die Lippen geschoben hatten, doch noch ein. Blieb ihr ja nicht viel anderes übrig als genau das, so wie Faye und Victor gleichermassen um ihre Zustimmung feilschten. Ob sie es dann wirklich tun würde, war die andere, gute Frage... Auch wenn die junge Frau für gewöhnlich doch eigentlich immer zu ihrem Wort stand. Nur versprach sie normalerweise keine Küsse, was ein nicht zu unwichtiges Detail dieses Deals war. Mal sehen. Wahrscheinlich würde sie es tun, einfach nur Faye zuliebe. Weil sie das Lachen vorhin gehört hatte, das mit all den leisen Worten so heilend wirken konnte. Weil sie es wieder hören wollte. Weil sie das Gesicht ihrer Schwester sehen wollte, wenn Aryana ihr von Mitch's Antwort erzählte - ganz egal, was dieser letztendlich von der Sache hielt. Das war gerade irgendwie zweitrangig, weil sie wie gesagt schlicht nicht davon ausging, dass ihr bester Freund auf irgendeine Art und Weise mehr als nur Freundschaft von ihr begehrte.
Du hast die Prinzessin gehört. Tjaaa. Sie machte die Regeln hier ja nicht, aber so wies schien blieb Aryana zunehmend gar nichts anderes mehr übrig, als zu tun, wozu Faye sie zwangsläufig verdonnert hatte. Und ja, das stimmte die müde Brünette doch sehr sehr zufrieden. Noch zufriedener war sie dann allerdings, als ihre Schwester tatsächlich endlich zustimmte und angab, die Sache mit dem Küsschen tatsächlich durchbringen zu wollen. "Wunderbar... ich warte gespannt... auf deine... Berichte...", grinste sie fröhlich in sich hinein, während ihr ein weiteres Mal die Augen zufielen. "Wenn du... uns also... suchen... solltest... Die nächsten paar... Tage... wären wir... unter... dieser... Zimmernummer... auffindbar", liess sie ihre Schwester etwas sarkastisch wissen, bloss damit diese auch ja nicht auf die Idee kam, jemand anderem den neuesten, brühwarmen Gossip noch vor ihnen aufzutischen. "Aber... lass dir... nicht zu viel... Zeit... Mitch ist bereits... sehr... ungeduldig", wieder wurde das Grinsen breiter, weil der Gedanke Faye unweigerlich erheiterte. Wenn der nette Mann nur wüsste, was sie hier über ihn redeten... Könnte ja fast noch lustiger sein, wenn er dabei wäre. Auch wenn sie ihn vielleicht nicht gut genug kannte, um seinen Humor einschätzen zu können... Von den zwei, drei sehr oberflächlichen Gesprächen, die sie geführt hatten, war immerhin keines der Rede wert. In diesem Zustand scheute sie sich zwar nicht wirklich vor schrägen Blicken und hatte auch keine Konsequenzen ihrer Worte zu befürchten - immerhin war sie auf Drogen - aber ganz verkacken wollte sie es auch bei Mitch nicht. Wäre ja schade, noch bevor all ihre Pläne mit ihm und Aryana aufgegangen waren. All ihre Pläne, die schleichend zu Träumen wurden, weil die Müdigkeit sie langsam aber sicher wieder fest im Griff hatte. Ihre Hand lag noch immer auf Victors Arm, aber die Bewegungen ihrer Finger wurden seltener. Natürlich wollte sie nicht schlafen, jetzt, wo Victor und Aryana beide ihre Hände hielten - das erste Mal seit jemals. Jetzt, wo sie sie beide so nahe bei sich hatte und in Sicherheit wusste. Wo sie sich so friedlich fühlte wie gefühlt nie zuvor. Aber es war wirklich schwierig, wenn sie die Augen nicht mehr öffnen konnte. Wenn sie so schläfrig war. Die Medikamente ihr gar nichts anderes erlauben wollten als schlichtes Schlafen.
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Na da war ich aber gespannt. Ob sie sich daran hielt? War wohl eine schwierig zu beantwortete Frage und ich konnte dahingehend nur Theorien aufstellen. Einerseits glaubte ich schon, dass sie ihrer Schwester an sich gerne Gefallen tat, eben weil die beiden so viel verband und sie sich sehr nahe standen. Gerade jetzt, wo es beiden nicht besonders gut ging. Aber dieser hier war sicher kein einfacher, sondern ein eher unangenehmer Gefallen und ich wusste nicht, ob ich es Aryana zutrauen sollte, dass sie das kleine Nesthäkchen im Nachhinein einfach anlog. Sagte, dass sie Mitch wegen dem Kuss nach seiner Meinung gefragt hatte, obwohl sie das nie hatte. Andererseits würde das aber vielleicht auffliegen, wäre also womöglich auch keine so gute Idee. Immerhin waren wir drei - Faye, Mitch und meine Person - hier erstmal eine ganze Weile fest getackert und es war vielleicht nur eine Frage der Zeit, bis das dann raus kam. Was mich jetzt unweigerlich zu der Frage abschweifen ließ, wie lange Aryana eigentlich hier blieb. Sie war ja doch in sichtbar besserem Zustand als der Rest von uns Leidtragenden... und sie war immernoch Sergeant. Was das womöglich bedeutete würde ich Faye in keinem Fall auf die Nase binden, weil ich schon jetzt wusste, dass sie das ohne Zweifel mehr als ein bisschen runterziehen würde. "Ich bereite dann wohl in der Zwischenzeit... besser mal das Cover für das... Krankenhaus-Klatschblatt vor.", war mein letzter, ziemlich ironischer Kommentar zu der ganzen Angelegenheit. So ganz ernst nehmen konnte ich die Geschichte hier einfach nicht, weil es für mich einfach nicht von Bedeutung war, ob die ältere Schwester Mitch nun ein Küsschen gab oder eben nicht. Aber es stimmte Faye irgendwie glücklich, also war ich wie bei allen anderen Dingen in dieser Hinsicht nur allzu gerne dazu bereit sie dabei zu unterstützen. Mission erfolgreich erfüllt, würde ich sagen. Mein Blick lag schon die ganze Zeit über weiterhin auf Fayes Gesicht, musterte sie immer wieder so aufmerksam, wie mein betäubter Zustand es mir erlaubte. Sie wurde doch langsam müder, da konnte sie mir dieses Mal nicht wirklich etwas vormachen. Nicht nur ihre Augenlider gaben sich dem hin, sondern auch der Rest ihres geschwächten Körpers fiel dem langsam aber sicher zum Opfer. Die junge Frau täte gut daran, noch eine Weile zu Schlafen. Wie gesagt konnte eben auch das Morphium nicht Alles wieder grade biegen. "Du solltest dich wirklich ausruhen, Faye...", legte ich ihr erneut meine Sorge ans Herz, dass sie sich selbst nicht die Ruhe gönnen wollte, die sie doch augenscheinlich so dringend benötigte. Ich hob die Hand noch ein Stück weiter an, um ihr mit angestrengtem, gegen Ende hin leicht zittrigen Arm eine Strähne hinters Ohr zu streichen, die ihr sonst wohl zeitnah im Gesicht gekribbelt hätte. "Die Ärzte kommen sicher sowieso gleich zurück... schlaf' ein bisschen. Dann kann... Aryana solange auf... Mission gehen. Und wenn du... wieder aufwachst, kriegst du einen... druckfrischen Bericht.", versuchte ich ihr weiter einzureden, dass sie ihrem Körper ein bisschen besser zuhören sollte. Ich würde weiter hier bleiben, war nur vielleicht ein paar Meter weiter weg, als ich es jetzt war. Ich würde auf sie warten... ob ich dabei einschlief, war zwar die andere Frage, aber hier bleiben würde ich in jedem Fall. Sie musste ja vielleicht auch nicht zwingend schlafen, ein bisschen vor sich hin zu dösen wäre sicher auch schon hilfreich.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Das Krankenhaus-Klatschblatt. Was für eine wundervolle Idee! "Ich kanns... kaum... erwarten... die erste... Ausgabe... davon... zu verschlingen", lächelte Faye in sich hinein, fand die Idee doch tatsächlich mehr als reizend. Zwar war alles, was sie in dieser Zeitschrift interessieren würde, die Geschichte, die Aryana ihr hoffentlich schon vorher aus erster Hand erzählte, aber sie hatte ja eh nichts anderes zu tun. Inwiefern sie in Bauchlage ein Klatschblatt lesen konnte, war zwar die andere Frage... aber da das hier sowieso nur ein Hirngespinst war, tangierten sie diese Gedanken gerade eher peripher. Ausserdem wäre es schon Geschenk genug, nur das angedeutete Cover betrachten zu können. Musste an sich ja schon ein Meisterwerk werden, wenn ihre grosse Schwester darauf erstrahlte. Einen Moment lang war es still und Faye merkte natürlich selber, wie die Erschöpfung sie immer weiter sanft in einen Schleier aus Watte einlullte. Victors Worte sollten somit also kaum überraschend kommen, auch wenn ihre Antwort sich für den Moment auf ein müdes "Hmm...", beschränkte. Sie wollte eigentlich nicht schlafen... Nicht, wenn alles so schön war wie jetzt... Nicht mit der Gefahr, dass es nicht mehr so sein würde, wenn sie wieder aufwachte... "Das... letzte Mal... als ich... eingeschlafen... bin... bin ich... in einem... anderen... Land... aufgewacht...", nuschelte sie leicht sarkastisch die Erklärung ihres Einschlaf-Dilemmas vor sich hin. Die Bewegungen ihrer Finger auf Victors Arm waren mittlerweile ganz verklungen, wobei ihre Hand aber trotzdem genau da, unter dem hellen Stoff seines Hemdes, liegen blieb. "Bin... gespannt... was diesmal... dabei... rauskommt", konnte ja nur toll werden. Immerhin war sie im Krankenhaus. Auf einem Bett, welches sie so bald nicht wieder verlassen würde. Da konnte halt auch echt unglaublich viel passieren, während sie schlief... Und das fand sie dann auch zeitnah heraus, als sie nach einem letzten, sehr undeutlich gemurmelten „ich liebe... euch... beide... am meisten...“, wieder in den erschöpfungsbedingten Schlaf abdriftete. Erst, als einige Minuten später dann tatsächlich wie befürchtet ein Arzt mit zwei Pflegern wiederkam, um Victor etwas fachgemässer zu installieren, schien sich unter ihren Lidern nochmal was zu tun, wenn ihre Augen sich auch nicht erneut öffnen wollten. Sie schaffte lediglich ein leises, unzufriedenes Seufzen, als die Krankenpflegerin Faye's Hand vorsichtig zurück auf ihr eigenes Bett legte, um dann die gehassten drei Meter Abstand zwischen ihnen zu schaffen. Dann war sie wieder still und schlief, weil es das Einzige zu sein schien, wonach sich ihr Körper noch sehnte.
Schien so, als hätte sie eine ernsthafte Mission für die nächsten paar Stunden eingefangen... Auch wenn sie sich nicht zu hundert Prozent sicher war, wie sehr ihr wirklich der Sinn danach stand. Faye zuliebe würde sie wohl - bis auf ein paar wenige, handgezählte Ausnahmen - alles tun. Da war ein Küsschen für Mitch keineswegs die schlimmste Idee, die der kleinen Brünetten hätte kommen können. Also ja, mal schauen. Ihre Schwester gab kurzum noch ihre Bedenken dem Einschlafen gegenüber bekannt, wobei das wohl trotzdem ein verlorener Kampf blieb, wie sich gleich darauf zeigte. Natürlich nicht, bevor Faye ihnen nochmal ihre unerschütterliche Liebe gestanden hatte. "Ich liebe dich auch am meisten, kleine Prinzessin", murmelte Aryana lächelnd zurück, strich eine Weile sanft über die etwas kalten Finger ihrer Schwester, betrachtete die junge Frau besorgt aber voller Liebe beim Schlafen. Es dauerte nicht lange, da kreuzte das Personal des Krankenhauses wieder auf, um die notwendige, aber selbst in Aryanas Augen vollkommen unfaire Distanz zwischen Victor und Faye zu schaffen. Dabei und noch Minuten später, nachdem die Leute wieder verschwunden waren, hielt sie weiterhin Fayes Hand, strich über die dünne Haut ihrer Finger. Und erst, als sie sich sicher war, dass ihre Schwester wieder tief und fest schlief, liess sie ihre Hand langsam los, bettete diese zurück aufs Bett und unter die warme Decke. Aryana strich Faye sanft übers Haar, ehe ihr Blick zu Victor wanderte, der gerade noch wach zu sein schien. Sie betrachtete ihn einen Moment lang, erhob sich schliesslich und ging langsam ums Bett herum in Richtung Zimmertür. Auf Höhe von Victors Bett hielt sie aber nochmal an, räusperte sich etwas, um ihre Stimme im Folgenden wenigstens nicht komplett kratzig klingen zu lassen. "Ich bin wirklich froh, dass du bei ihr bist... Nicht, dass dir das alles passieren musste. Aber halt, dass ihr es beide überlebt habt und sie dich nicht verloren hat... Eigentlich hätte ich dir schon viel früher sagen sollen, wie dankbar ich bin, dass du auf sie aufpasst... Dass sie in dir das gefunden hat, was ich ihr nicht geben konnte... Was ich ihr nie gegeben habe... Danke", richtete sie ihr Wort nun, nach all der Zeit, nach all den Geschehnissen, für einmal direkt an ihn. Weil Aryana es für mehr als angemessen hielt, ihm all das endlich zu sagen. Er hätte sterben können, Gestern. Oder an jedem anderen Tag... Und dann hätte er nie gewusst, was sie von ihm hielt. Was vielleicht nicht schlimm war, aber sie war froh, es ihm jetzt gesagt zu haben. Nur für den Fall, dass er noch Zweifel hegte.
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Na darum sollte Faye sich nun wirklich keine Sorgen machen müssen. Bevor sie wieder Jemand ohne triftigen Grund hier aus dem Zimmer schob, musste schon über meine Leiche gegangen werden - was, ganz nüchtern betrachtet, wohl auch gar nicht besonders schwer wäre. Aber sie würde trotzdem ganz sicher in diesem Raum wieder aufwachen und ich würde dann immer noch hier sein. Aryana war dann vielleicht auch gerade wieder da und wenn nicht, dann konnte man einer der Schwestern sicher zuflüstern, dass sie aufgetrieben und hierher dirigiert werden sollte. Konnte ja nicht so schwer sein, viele Optionen wo sie sich aufhielt gab es vermutlich nicht. Faye sollte sich also wirklich mehr um ihre Genesung, als um den Schlaf Sorgen machen. Oder gerne einfach bei beidem optimistisch bleiben, weil eine Portion positiver Gedanken höchstens beim gesund werden helfen konnte. Dennoch ließen mich ihre Worte ein klein wenig schmunzeln, ihr noch einmal über die Wange streicheln, bevor sie dann kaum hörbar zu noch ein paar letzten Worten ansetzte, die mich nur umso mehr lächeln ließen. Ich würde mich an diesem einen Wort wohl nie satt hören. "Ich dich auch... mehr, als alles andere.", geleitete ich die zierliche Brünette ebenso wie ihre Schwester mit ein paar letzten Worten in den Dämmerschlaf. Zu gerne hätte ich ihr einen sanften Kuss auf die Stirn oder den Haaransatz gegeben, weil das war, was ich immer tat, wenn sie in meiner Anwesenheit einschlief, sich an meine Brust kuschelte... aber beides war jetzt nicht drin, was mich innerlich erneut frustriert werden ließ. Es war so ernüchternd, dass ich nicht einmal für eine solch simple, schöne Geste wirklich genug Kraft aufbringen konnte, ohne danach dann erstmal zwei Minuten lang gefühlt zu sterben. Ich hätte vielleicht nicht prophezeien sollen, dass das Krankenhauspersonal bald wieder kommen würde, denn das tat es fast unmittelbar. Ein letztes Mal strich ich noch flüchtig über Fayes Haut, dann wurde ich an die ungeliebte zweite Station im Raum verschoben, schon wieder an etliche nervige Kabel gekittet. Hatte meinen Blick dabei ziemlich wehleidig auf meine bessere Hälfte gerichtet, seufzte leise und fand mich dann zwangsweise mit meinem Schicksal ab. Eine Wahl hatte ich ja nicht, mit eigener Kraft zurück zu ihr zu kommen war quasi Mission Impossible. Ich nutzte die jetzige, neu gewonnene Freiheit dazu mich unter Anstrengung wieder ein wenig gerade zu richten, hatte ich doch die ganze Zeit eher schief gelegen, um die junge Frau besser ansehen zu können. Also lag ich nun wieder ganz auf dem Rücken und zog die Decke, die bei meinen Bewegungen ein wenig nach unten verrutscht war, wieder ein Stück höher. Fieber hatte ich wohl keines, kalt war mir aber trotzdem, was sicher mit dem geschädigten Kreislauf einherging. Ich schielte trotzdem noch eine Weile lang immer wieder zu Faye rüber, die vollends eingeschlafen zu sein schien, wobei auch ich stetig ein wenig müder wurde, wo ich jetzt doch keine Beschäftigung mehr hatte. Lediglich Aryana zog wieder meine Aufmerksamkeit auf sich, als mehr Bewegung in sie kam und sie letztendlich auch an meinem Bett vorbeikam. Unerwartet auch noch ihr Wort an mich richtete, was meine Mundwinkel erneut leicht nach oben zucken ließ, wenn auch nur schwach. Es tat gut, das zu hören. Andererseits hielt sie mir damit - sicher nicht gewollt - vor Augen, dass ich ihre kleine Schwester eben auch nicht vor Allem bewahren konnte. Dass ich nicht unter allen Umständen fähig dazu war, sie vor der grausamen Welt zu beschützen, in die sie so niemals hätte eintauchen sollen, weil sie viel zu weich dafür war. Auf eine gute Art und Weise. "Vor Allem kann ich... sie leider auch nicht... bewahren...", stellte ich leise gemurmelt und wohl mehr für mich selber fest, ließ meinen Blick dabei noch einmal etwas wehmütig zu dem schlafenden Häufchen Elend auf dem anderen Bett wandern. Bei meinen folgenden Worten schwenkte ich mit den Augen jedoch wieder zu Aryana um. "Aber es tut gut... das von dir zu hören. Ich war... mir nie ganz sicher... was du von uns... hältst.", ließ ich die Brünette doch wissen, dass ich mir nie so recht hatte vorstellen können, ob sie unsere Beziehung nun für etwas Gutes, oder doch eher etwas Schlechtes hielt. Es folgte ein leises, kraftloses Räuspern meinerseits, weil der Hals schon wieder nicht mehr mitspielen wollte. "Und ich bin froh... dass sie eine große... Schwester wie... dich hat.", hängte ich noch ein paar weitere Worte mit dem schwachen Lächeln an, das jedoch bald wieder ein wenig verblasste. Vielleicht war Aryana nicht immer für Faye da gewesen... aber ich verstand das, weil ich wusste was es bedeutete, erst einmal im Krieg fest zu sitzen und ihn nicht wieder aus sich heraus zu kriegen. Auch, wenn ich dem Schlachtfeld jetzt den Rücken kehrte, würde es immer ein Teil von mir bleiben. Ganz gleich wie sehr ich meinen Schädel davon abzubringen versuchen würde, würde er doch niemals von den Erinnerungen und Erfahrungen ablassen.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Nein, nicht vor allem... Aber das hätte sie auch nie von ihm erwartet. Das ging ganz einfach nicht, so sehr sie und er das auch wollten. Man konnte nicht gegen alle Übel dieser Welt gewappnet sein, manches war schlicht stärker als ein Einzelner - oder eben zwei Einzelne - Menschen. "Dafür darfst du dir nur bitte keinen Vorwurf machen...", murmelte Aryana auf seine Bemerkung, weil sie sich wünschte, wenigstens er würde sich nicht die Schuld für irgendeinen Teil von Faye's Leiden geben. Denn es war wirklich zu keinem Prozent seine Schuld. Nur... ihre, eben... Aber das war eine andere Geschichte, die sie weder mit Victor noch mit sonst wem besprechen wollte. Damit musste sie alleine klar kommen und es würde zweifellos sehr lange dauern, bis sie das tatsächlich konnte... Aryana lächelte leicht, als er weitersprach, zuckte dann sachte mit der linken Schulter - die, die nicht wehtat eben. "Ich unterstütze so ziemlich alles, was gut für meine Schwester ist... Und bei dir hatte ich diesbezüglich wenig Bedenken. Höchstens, weil ich Angst hatte, dass sie sich zu abhängig macht... und das ist an einem Ort wie einem Armycamp im Kriegsgebiet, wo jeder innerhalb eines einzigen Wimpernschlags plötzlich weg sein kann, leider auch gefährlich... Aber davon muss ich wohl nichts erzählen", sprach sie leise weiter, liess ihren eigenen Blick ebenfalls nochmal zu Faye wandern. Mit dem, was er dann noch meinte, war sie mehr so semi-einverstanden... Aber sie wusste, dass Victor das nur nett meinte, dass er seinen Worten wahrscheinlich sogar glaubte. Und darum mühte sie sich ebenfalls ein schwaches Lächeln ab, wusste allerdings nichts mehr dazu zu sagen und zuckte lediglich erneut einseitig mit der Schulter. Aryana schob sich eine der mittlerweile gut getrockneten Locken aus dem Gesicht, atmete nochmal tief durch, ehe sie sich schliesslich zum Gehen wandte. "Du solltest dich jetzt auch noch etwas ausruhen... Ich komme sicherlich bald wieder, sobald ich meine Mission hinter mich gebracht habe", meinte sie leicht sarkastisch, lächelte ihm nochmal zu, bevor sie nach einem letzten Blick zu ihrer schlafenden Schwester durch die Tür in den Flur hinaus trat. Bevor sie allerdings den Weg zu Mitch einschlug, hatte Aryana noch einen anderen Punkt auf der To Do Liste abzuarbeiten, der sich langsam aber sicher nicht mehr ignorieren liess. Und das war ihr Arm, den sie gleich darauf endlich zu einem Arzt brachte. Weil die Schmerzen mittlerweile doch relativ unerträglich geworden waren, da die Wirkung des Medikaments längst verklungen war. Diesmal wurde ihr auch ein professionelles Röntgen zuteil, dazu ein neuer Verband und natürlich eine abgestimmte Dosis Schmerzmittel. Der Streifschuss blieb wie er war, war ja auch schon genäht. Zum Einschuss, fünf Zentimeter höher an ihrem Oberarm, wurde ihr dann nach dem Röntgen ebenfalls ein Urteil verkündet. Offenbar hatte die Kugel im Knochen gesteckt und diesem einige, teils grössere, teils unbedenkliche Risse zugefügt. Auf jeden Fall bedeutete das eine absolute Nullbelastung für die nächsten vier Wochen, damit alles ohne Folgeschäden heilen konnte. Das war keine wahnsinnig tolle Neuigkeit, aber auch nicht das Schlimmste, was er ihr hätte sagen können. Wenn sie vier Wochen sowieso nichts machen konnte bis auf ein wenig Bürokram - sie war Rechtshänderin, Schreiben kam also sicher auch nicht als stundenlange Beschäftigung in Frage - konnte sie bei Ragan vielleicht noch was aushandeln, das über zwei, drei Tage hinaus ging... Vielleicht. Sie wusste nicht wirklich, wann sein Geduldsfaden sein bitteres Ende erreichen würde, hatte er doch schon sehr viele Regeln für sie gestreckt. Beziehungsweise sie hatte es selbst getan und er hatte ihr dabei netterweise nicht direkt im Weg gestanden... Sie würde im Übrigen heute noch mit ihm reden müssen. Aber das schob sie gerne erstmal noch vor sich her. Vielleicht war sie ja nach dem Besuch bei Mitch schlauer... Auf jeden Fall hatte ihr der Arzt gerade an mühsamen Gesprächspartner gereicht und sie brauchte zuerst eine Pause. So erkundete sie sich nun endlich nach Mitch's Aufenthaltsort, ging dann auf direktem Weg in Richtung besagten Zimmers, wo sie vorsichtig anklopfte und nach einigen Sekunden behutsam die Tür aufschob. Nur für den Fall, dass er schlief. Dann würde sie ihn nämlich sicher nicht wecken wollen.
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Naja, was hieß sich Vorwürfe machen... das vielleicht nicht direkt, weil ich mir schlichtweg gleichzeitig vor Augen hielt, dass ich nicht viel daran hätte ändern können. Wir waren dermaßen in der Unterzahl gewesen, dass es unmöglich gewesen war, wirklich schon früh genug einen Unterschied zu machen, damit es gar nicht erst zu der Entführung gekommen wäre. Erst blind und dann gefesselt war ich genauso wenig zu gezieltem Einschreiten fähig gewesen, hatte nur gut daran tun können, einen Teil der Folter auf meine eigene Kappe zu nehmen und sie damit Faye zu ersparen. Ich wusste, dass Nichts davon meine Schuld war, aber ich würde mir trotzdem ewig weiter wünschen, dass All das nicht passiert wäre. Mir nicht und noch viel weniger der unschuldigen, zierlichen Brünetten, die auf dem anderen Bett vor sich hin schlummerte. Ein schwaches Nicken war Alles, was ich diesbezüglich also noch von mir gab, ehe ich Aryanas nächsten Worten Gehör schenkte. Das mit der Abhängigkeit war mir selbst leider kein Geheimnis und ich könnte nicht leugnen, dass es wohl leider genau so war. Dass wir beide schrecklich darunter gelitten hatten uns nur wenig zu sehen und unsere Liebe nicht so ausleben zu können, wie wir es in den Ferien getan hatten, wo Alles so perfekt gewesen zu sein schien... bis uns der kaltherzige Army-Alltag wieder in seine Arme gezogen hatte und uns den Anderen nur noch mehr vermissen ließ, weil wir von da an wussten, wie es eigentlich sein könnte und vor allem auch sein sollte. Also nein, das war definitiv keine Sache, die mir die Brünette hier gerade erzählen musste, weil ich leider zu gut wusste, dass sie damit Recht hatte. Also folgten auch darauf keine Worte meinerseits mehr, senkte sich mein Blick doch lediglich für kurze Zeit ein wenig nachdenklich auf die schneeweiße Bettdecke. So lang, bis die junge Frau sich letztlich zum Gehen wendete und ich sie deshalb noch einmal kurz ansah. "Ja, wahrscheinlich... bis später.", waren die letzten paar Worte, mit denen ich mich vorübergehend von Aryana verabschiedete. Einen Moment lang sah ich ihr noch nach, bevor ich schwach gähnte und es mir dann so bequem wie nur irgendwie möglich machte. Es dauerte noch ein paar Minuten, bis ich die nötige innere Ruhe zum Einschlafen fand, bevor ich mit in Fayes Richtung gedrehtem Kopf langsam, aber stetig mehr wegdämmerte.
Normalerweise würde ich mir vermutlich wirklich schwer damit tun die Stille und die Ruhe zu akzeptieren, weil das irgendwie nicht mein Ding war. Dieses stille Herumliegen und absolut Nichts tun war nicht mein Fall, in meinem Zustand jedoch sehr leicht zu ertragen. Zumindest in jeder Hinsicht leichter als sonst. Wenn, dann wäre es sicher nur mein Kopf, der mich früher oder später dabei kirre lassen werden würde und nicht mein Körper, weil letzterer ganz einfach keine nennenswerten Energiereserven besaß. Zwar war es gut gewesen, dass ich den Flug über so viel geschlafen hatte, aber fit war ich deshalb noch lange nicht. Der Fernseher lief so im Hintergrund vor sich hin und ich sah auch immer mal wieder hin, aber letztendlich lief zum einen sowieso Nichts, das wirklich sehenswert war und zum Anderen war meine Aufmerksamkeitsspanne auch nicht in Höchstform. Ich lag auf dem Rücken, obwohl ich es eigentlich immer bevorzugte auf der Seite zu liegen, aber die beiden verletzten Arme hinderten mich gekonnt daran. Trotzdem fielen mir auch in dieser Position hin und wieder mal die Augen zu, auch ein Gähnen war nicht immer zu vermeiden, aber richtig einschlafen tat ich nicht. Döste hin und wieder kurz vor mich hin, wachte aber doch zeitig wieder auf. Mein Gehirn zwang sich also erst zu kurzzeitigem, richtigem wach werden, als ich es ziemlich unerwartet an der Tür klopfen hörte. Wollten die Ärzte doch noch Irgendwas von mir? Eigentlich waren die Diagnosen vorhin sehr eindeutig gewesen, konnte ich mir also schlecht vorstellen. Das "Ja?", das ich wem auch immer an der Tür zukommen ließ, um den Einlass offiziell zu gewähren, war nicht besonders laut und klang noch ein wenig kratzig, weshalb ich mich räusperte und kurz darauf erst einmal nach dem Glas Wasser auf dem Nachttisch griff. Auf mein Geheiß hatte eine der Krankenschwestern mir eine Flasche Wasser und ein Glas da gelassen. Ich konnte es einfach nicht leiden, wenn die Kehle trocken wurde und kratzte. Noch während ich das Glas ansetzte konnte ich aber sehen, dass es kein weißer Kittel oder anderweitiges Personal war, das den Kontakt zu mir suchte, sondern der mir inzwischen nur allzu bekannte, braune Lockenschopf. Eigentlich hatte ich nicht gedacht, dass sie zeitnah hier aufkreuzen würde, weil sie doch sicher viel bei ihrer Schwester sein wollte, wo sie jene doch hier endlich in Sicherheit wusste. Es schien aber wohl etwas dazwischen gekommen zu sein, in welcher Form auch immer, sonst wäre sie kaum hier. Würde mich zumindest wundern, stand ich in der Prioritätenliste sicher sehr weit unter Faye, was vollkommen in Ordnung war. Bevor ich mich der jungen Frau zu wandte stellte ich jedoch erst das nun leere Glas bei Seite und ließ mich zurück ins Kissen sinken. "Der Besuch kommt jetzt unerwartet... hast du mich schon so sehr vermisst?", begrüßte ich Aryana mit einer wenig ernst gemeinten, gewohnt sarkastischen Frage. Die junge Frau würde wohl wie jeder andere Mensch immer wieder Pausen von meiner oft so anstrengenden Art brauchen, obwohl sie sich mit letzterer inzwischen ganz gut arrangiert zu haben schien.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Und er war tatsächlich wach. Wunderbar. Aryana trat wie geplant ein und entdeckte den jungen Mann gleich darauf wenig überraschend unter einer Decke auf dem einzigen Bett im Zimmer. Er sah gelinde gesagt relativ müde aus, aber das war zu erwarten gewesen. Das taten sie alle. Noch hafteten die Spuren der letzten 48 Stunden sehr deutlich an ihren Körpern und ihren Gesichtern, also brauchte sie dazu weder Fragen zu stellen, noch sich ernsthaft Sorgen zu machen. Aryana warf ihm vorerst nur ein kleines Lächeln zu, ehe sie sich den Stuhl am Fenster angelte, um diesen neben seinem Bett zu platzieren. Das mit dem Müde-Sein war eben wie gesagt ein allgemeines Problem und wenn sie so leicht die Möglichkeit dazu hatte, würde sie sich die Chance aufs Sitzen nicht entgehen lassen. Bei seiner Frage hob die Brünette eine Augenbraue, blickte ihn etwas kritisch an und stiess langsam Luft aus den aufgeblasenen Wangen. "Hmm. Ich wollte eigentlich nur sichergehen, dass sie dich nicht einfach nach China weiter verschifft haben", gab sie eine ebenso sarkastische Antwort. Wäre ja möglich gewesen. Sie hatte ihn seit dem Flugzeug nicht mehr gesehen, auf dem Weg könnte alles passiert sein. "Aber wenn du dich gerade nicht bereit für meine Anwesenheit fühlst, werde ich selbstverständlich wieder verschwinden. Nicht, dass du dich hier unwohl fühlen musst", fügte sie im gleichen Tonfall an. Er würde sie wohl kaum wieder rauswerfen, fände sie nämlich gar nicht nett, nachdem sie sich extra hierher bewegt hatte. Aber vielleicht fühlte er sich ja nicht hübsch genug für ihren Besuch - so in diesem Krankenhaushemd und allem... Wobei - dann würde sie ihn eine ganze Weile nicht mehr sehen, weil es hier sicher keine wirklichen Alternativen gab. Gut, dass Mitch’s Selbstvertrauen wohl kein noch so hässlicher Lumpen, in den man ihn stecken könnte, Abbruch zu tun vermochte. Ausserdem war sie selbst ziemlich lächerlich eingekleidet. Die Armschlinge, welche sie in diesem Moment in die ihrer Meinung nach korrekte Position zupfte, setzte dem Outfit auch nicht gerade die verdiente Krone auf. Aber das passierte eben, wenn man ihr die Armyklamotten so unverhofft wegnahm. Natürlich hätte sie auch nach der Dusche darauf bestehen können, in die dreckigen Sachen zurück zu steigen. Wäre einfach ziemlich fragwürdig und dumm gewesen, wo diese doch von Blut und Dreck getränkt mittlerweile von alleine stehen dürften.
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Ah, so war das also. Zugegeben könnt man es dem Krankenhauspersonal zwar sicher schon in ein paar Wochen oder Tagen nicht mehr übel nehmen, wenn es mich ganz gerne bis ans andere Ende der Welt schicken würde, weil ich den Leuten schlichtweg auf die Nerven gehen würde, aber jetzt stand das noch nicht zur Debatte, so weit ich das beurteilen konnte. Bis auf meine motzigen Antworten vor und nach dem Duschen vorhin war ich ja noch ganz handzahm, durfte sich also keiner beschweren. Eigentlich. "Nein, keine Sorge. So leicht lass' ich mich nicht einfach zurück nach Asien abschieben...", konnte ich die junge Frau doch recht bald auch wörtlich beruhigen, dass sie nicht fürchten musste mich an diesen gottverdammten Kontinent schon jetzt wieder zu verlieren. Syrien und China lagen zwar weit auseinander, gehörte ja aber doch alles zum selben dreckigen Verein. Die hatten da drüben, wenn man mich fragte, irgendwie Alle einen an der Klatsche. Gutes Essen durften sie aber allesamt gerne weiterhin machen und dann zu mir verschiffen, mittels Kochbuch. Das war wohl so die einzige Sache, die ich Asien abgewinnen konnte - für meinen Geschmack gutes Essen. Wo mir dann wieder einfiel, dass ich die Sushi-Angelegenheit und -Möglichkeit in Australien leider komplett verpennt hatte. "Die Aufenthaltsgenehmigung wurde erteilt... ist sowieso jetzt schon stinklangweilig in dem Schuppen hier.", stellte ich fest, gähnte dann zum keine Ahnung wie vielten Mal in den letzten paar Stunden vor mich hin. Das triste, einheitliche Weiß überall um mich herum war aber auch so fürchterlich ermüdend. Da war mir der Sand und die heiße Sonne lieber... ohne die Islamisten jedoch, versteht sich. Ich richtete mich noch ein klein wenig mehr auf, stellte auch das Kopfende des Bettes noch etwas steiler ein, damit ich entspannter auf die braunen Locken runter schauen konnte. "Wie geht's den anderen beiden?", hakte ich dann doch mal kurz nach, wie es den verbliebenen Anschlags-, beziehungsweise Folteropfern jetzt eigentlich ging. Sie waren bei der Einlieferung stabil gewesen, dass einer von beiden den Löffel abgegeben hatte hielt ich also mal für unwahrscheinlich. Außerdem säße Aryana dann ganz sicher nicht so hier, wie sie es tat. Selbst wenn sie hier säße, was ich für unmöglich hielt - ganz gleich wer von beiden abgekratzt wäre -, dann würde sie dabei anders aussehen. Also nein, keine Toten. Gut würde es ihnen aber trotzdem nicht gehen. Einen ausführlichen Lagebericht brauchte ich zwar nicht unbedingt, aber eine knappe Rückmeldung diesbezüglich wäre schon interessant. Wollte ja nicht umsonst in den dämlichen Stollen gekrochen und fast gestorben sein.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Dann hatte sie ja nochmal Glück gehabt. Wäre schade um ihren einen Freund gewesen, wenn er sich nun in einem chinesischen Spital im Nirgendwo wiedergefunden hätte, statt hier bei ihnen in den Staaten. Nichts gegen die Chinesische Medizin, aber Aryana war sich ziemlich sicher, dass Mitch selbst sein Heimatland in diesem Moment doch bevorzugte. Gab er hier ja auch gerade mehr oder weniger deutlich bekannt. Auch gleich erwähnen, tat er im Anschluss die offizielle Erlaubnis für sie, im Raum zu bleiben. Wie nett. "Irgendwie schade. Es hätte mich doch durchaus interessiert, wie genau du mich wieder hättest rauswerfen wollen", meinte sie, blickte ihn etwas herausfordernd an. In Wirklichkeit hätte er zwar nur den roten Knopf, der über seinem Bett hing, drücken müssen, um eine Krankenschwester für ihn zur Tat schreiten zu lassen. Aber hey, vielleicht wäre er ja auch etwas einfallsreicher mit der Art der Verbannung geworden? Die Langeweile auf der anderen Seite, kaufte sie ihm sofort ab. Für einen Menschen, der sich Kugelhagel und Adrenalinregen gewohnt war, war dieses sterile Weiss und die unendliche Ruhe hier drin eine nicht zu verachtende Umstellung, die gerne mal auf einem anderen Niveau stressig werden dürfte. Dahingehend war sie nicht so traurig, das Ganze nicht zu lange mit ansehen zu müssen. Auch wenn es für sie ja nochmal was anderes war, immerhin konnte sie von Zimmer zu Zimmer gehen, sich zwischendurch die Beine vertreten, frei nach draussen spazieren, wenn ihr der Sinn danach stand.. Alles Vorteile, welche die drei anderen für den Moment nicht geniessen konnten, mit ihren gemeinsamen Beinverletzungen. Als sich Mitch kurz darauf nach dem Zustand der anderen beiden Invaliden erkundete, zuckte Aryana mal wieder mit der linken Schulter. "Den Umständen entsprechend gut, denke ich... Sie sind beide aufgewacht. Haben natürlich umgehend nach Gemeinschaft des jeweils anderen verlangt und sind jetzt im gleichen Zimmer. Sie haben ein Bisschen geredet... scheint aber noch relativ schwierig, was nicht weiter erstaunlich sein sollte. Wahrscheinlich schlafen mittlerweile auch beide wieder. Aber sie wirkten - wohl Hauptsächlich dank dem Morphium - relativ entspannt", gab sie einen kurzen Lagebericht durch, versuchte dabei nicht zu sehr ins Detail abzuschweifen, weil Mitch sich wohl kaum für eine Word-by-Word Wiedergabe des ganzen Gespräches interessieren dürfte. Für einen Teil davon aber wohl schon, weshalb Aryana gleich darauf lächelnd nochmal den Blick hob. "Und beide haben mich darum gebeten, dir ihr Danksagungen auszurichten", meinte sie, ohne dabei aber bereits den Rest der damit verbundenen Wünsche zu offenbaren.
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Ja, das war wohl ein ganz blöder Haken an der Geschichte. Mir selbst würde es wohl ziemlich schwer fallen die Brünette eigenhändig aus dem Zimmer zu befördern, zumindest eben mit bloßer Kraft. Sicher gab es da das Personal, aber das wäre einfach nicht mein Stil. Nur, weil ich hier ziemlich schwach im Bett herum lag, hieß das nicht, dass ich keine Möglichkeit finden konnte. "Ach, das geht schon... ich hätte es bestimmt geschafft dich so lange zu nerven, bis du freiwillig gehst.", unterbreitete ich ihr meine nicht wirklich relevante Theorie darüber, wie ich sie aus dem Zimmer kriegen konnte. Ich wollte ja gar nicht, dass sie ging, hatte ich eben schon gesagt. Sie war eine sehr willkommene Abwechslung zu dem ohnehin sehr langweiligen TV-Programm, dem ich nicht mal richtig aktiv folgen konnte. Im Folgenden lauschte ich Aryanas Lagebericht bezüglich der anderen beiden Patienten aufmerksam, wobei ich den Blick nicht von ihr abwendete. Es schien den beiden also verhältnismäßig gesehen gut zu gehen. Dass sie wohl kaum ihr Dasein allein in getrennten Zimmern hatten verbringen wollen, wo sie hier doch auch noch im selben Krankenhaus lagen, wunderte mich kein Stück. Das war wohl so ziemlich das Vorhersehbarste an der ganzen Geschichte hier. Das Morphium war augenscheinlich eindeutig angebracht, ganz gleich wie sehr die Liebe sie stark machte. Ohne stünden sie wahrscheinlich jetzt schon beide am Rande des Wahnsinns. Ich merkte ja selbst auch, wie immer wieder ein, zwei unliebsame Gedanken anklopften, die den beschwerlichen Weg in den Berg hinein und wieder raus Revue passieren lassen wollten. Ließ sich aber mit Morphium recht leicht wieder vergessen, waren meine Gedankengänge doch stellenweise sehr kurzweilig. Ich nickte Aryanas Schilderung der Dinge zufrieden ab, kurz bevor sie aber doch noch ein paar mehr Worte loswerden wollte. Sie sollte mir also Danke sagen? Es schien den beiden wichtig zu sein das gleich loszuwerden, wo wir doch alle drei noch einige Zeit hier festsitzen und sie früher oder später selbst die Gelegenheit haben würden, mir das zu sagen. Konnte offenbar nicht warten, was mich doch unweigerlich ein wenig lächeln ließ. Harte Schale und vermeintlich auch harter Kern hin oder her, es war einfach schön zu wissen. "Aber keine Blumen? Keine Pralinen? Ich bin enttäuscht.", antwortete ich hörbar ironisch, bevor ich einige Sekunden später zu einer ernsteren Antwort ansetzte. "Nein, das... ist schön zu wissen. Spielst du weiter den Boten? Falls ja lass die beiden wissen, dass ich mich gefreut hab'... und, dass ich's gern gemacht hab, auch wenn ich jetzt hier rumliegen muss.", hängte ich also mit einem schiefen Grinsen noch an, was ich nun wirklich darüber dachte.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
"Ich weiss es nicht... Aber ich denke, wir machen uns lieber ein anderes Mal ernsthafte Gedanken dazu. Ich hab echt keine Lust, meinen Arsch gezwungenermassen schon wieder von diesem Stuhl zu schwingen", beendete Aryana für sich das Thema mit dem wieder Gehen. War im Grunde ja eh alles vollkommen irrelevant für den Moment, wo er sie ja neben seinem Bett duldete. Zum Zustand seiner Mitleidenden schien Mitch soweit informiert zu sein, denn er stellte keine weiteren Fragen, nickte lediglich noch einen Moment vor sich hin. Da war das mit dem Danke sagen offenbar vorerst interessanter. Und Aryana rollte nur grinsend die Augen, als er seine Enttäuschung kundtat. "Gib ihnen etwas Zeit... Ich glaube, sie möchten die Blumen einfach gerne selber auswählen können, die sie dir dafür überreichen werden. Nur um sicher gehen zu können, dass sie auch ja perfekt zu dir und deinem bescheidenen Charakter passen", redete sie gross vor sich hin. Blumen waren in Wirklichkeit wohl eher unwahrscheinlich. Aber sobald Victor und Faye irgendwie wieder auf den Beinen waren, würden sie sicher irgendwas vorbeibringen. Nur, dass es bis dahin noch ein sehr weiter Weg sein dürfte. Vielleicht war Victor in naher Zukunft irgendwann in schön langsamem Tempo wieder auf kurzen Strecken unterwegs - mit einem Stock, natürlich. Wie das mit ihrer Schwester aussah, war da nochmal ein anderes Thema... Über das sie sich ebenfalls hier und jetzt keine Gedanken machen wollte. Aryana nickte als Zeichen, dass sie auch Mitch's Grüsse gerne ausrichten würde. "Ich werd's ihnen sagen. Aber wenn die Nachrichten, die ihr euch zukommen lassen möchtet, länger werden sollten, musst du entweder ebenfalls in ihr Zimmer umdisponieren - oder ihr fängt an zu telefonieren", grinste sie leicht vor sich hin, deutete mit dem Kopf in Richtung des Telefons auf Mitch's Nachttisch. Sie war sich sicher, er würde liebend gerne ins Zimmer der leidenden Turteltauben wechseln. Um ihren nur so von Liebe geschwängerten Gesprächen lauschen zu können. Genau seine Musik. "Ach und... meine kleine Schwester auf Drogen hatte noch eine andere Idee... Und zwar soll ich dich fragen...", Aryanas Blick wanderte durch das ganze Zimmer, überall hin ausser zu Mitch, während sie versuchte, sich die Worte für diese dumme dumme Aufgabe ihrer Schwester möglichst geschickt zurecht zu legen. Ja, sie würde ihn fragen, weil sie es Faye schon fast versprochen hatte und weil Lügen keine Option war. Aber noch bevor sie das kleine Sätzchen überhaupt ausgesprochen hatte, färbte schon ein hauchzartes Rosa ihre bislang noch etwas blassen Wangen ein. Ihre Augen wanderten zurück zu Mitch, den sie nun mit schiefgelegtem Kopf betrachtete. "Ich soll dich fragen... ob du ein Küsschen willst. Von mir. Weil sie der Meinung ist, das wäre an dieser Stelle angebracht. Ihre Worte, nicht meine...", spuckte sie die restlichen Worte schliesslich nach einem erledigten Seufzen aus. Grinste ihn schief an. Na, Mitch..? Willst du ein Küsschen? Sie verteilte halt so unglaublich gerne Liebe. Bekanntlich.
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Mal gut, dass Aryana das ja jetzt nicht musste. Sie konnte brav da sitzen bleiben, wo sie eben Platz genommen hatte und keiner, einschließlich mir selbst, würde versuchen sie daran zu hindern. Wenn doch, dann warf ich halt das Glas, oder so. Ich war kreativ, mir würde vielleicht bis dahin auch noch etwas weniger schmerzhaftes und strafbares einfallen. Für den Moment war das Thema erledigt und wir widmeten uns wichtigeren Dingen. Wahrscheinlich wäre es gar nicht mal so unsinnig bei Zeiten die Nummern auszutauschen. Musste natürlich nicht sofort sein, gerade hatte ich eher weniger Redebedarf. Vermutlich konnte ich mich auch wieder ein paar Meter allein fortbewegen, wenn Aryana erst einmal zwangsweise wieder abgereist war. Sie war von den mir drei bekannten Menschen hier im Krankenhaus der zweifelsfrei bevorzugte Gesprächspartner, aber sie würde nicht ewig hier sein und danach wäre es wohl doch ziemlich einsam. Selbst dann, wenn ich laufen könnte, was die Ärzte sicher nicht wollten. Die Hüfte würde noch eine Weile geschont werden sollen, auch wenn ich selbst die Angelegenheit irgendwie weniger kritisch sah. Hatte doch nicht mal tief gesteckt, sie sollten sich mal zusammenreißen und nicht so ein Drama daraus machen. "Nein danke, ich verzichte... ich glaube das ist mir zu viel Gesülze, das ertrag ich nicht auf Dauer. Dann doch lieber das Telefon, da kann ich im Notfall auflegen.", stellte ich wahrheitsgemäß fest, dass ich es mit den beiden ach so Verliebten kaum lange aushalten würde. Allein beim Gedanken daran schüttelte es mich innerlich. Aber Aryana war scheinbar noch gar nicht fertig. Sie schien sich ein wenig schwer damit zu tun mir so zielstrebig wie sonst ihre Worte zu vermitteln. Allein deshalb schon wanderte meine rechte Augenbraue ein klein wenig nach oben und ich entließ die junge Frau weiterhin nicht aus dem Blick, während sie keine Ahnung wo überall hinsah. Sie wusste doch, dass ich neugierig war, was machte sie so eine lange Pause? Es dauerte eine gefühlte halbe Ewigkeit, bis sie dann mal auf den Punkt kam. Nachdem die Brünette final ausgesprochen hatte, worum ihre Schwester sie gebeten hatte, sah ich sie vielleicht noch zwei Sekunden genauso an wie vorher. Dann fing ich an zu lachen. So laut, wie es mir in diesem Zustand eben möglich war - also vielleicht höchstens halb so laut, wie es normalerweise der Fall gewesen wäre und noch dazu nicht besonders lang, weil das Lachen zeitnah eher ins Husten umschlug. Nicht einmal letzteres schaffte es aber das Grinsen zu vertreiben, bis ich Aryana nach etlichen Sekunden dann wieder ansah. Irgendwie hatte ich das Ganze für einen Scherz gehalten. Ihrem Gesichtsausdruck nach zu urteilen war es aber keiner. "Scheiße, du meinst das ernst?", lachte ich leise vor mich her. Was zum Teufel ging nur im Schädel ihrer Schwester vor? Nicht, dass ich dem Ganzen abgeneigt war, aber es war einfach so... abwegig. Also weniger, dass Faye solche Hirngespinste äußerte und mehr, dass ihre große Schwester das hier gerade wirklich in die Tat umsetzte. Hatte sie sich den Kopf gestoßen? Oder Alkohol intus? Überdosis Morphium? Oder hingen hier vielleicht irgendwo versteckte Kameras? Da konnte doch nur was nicht stimmen. "Also, versteh' mich nicht falsch... ich glaube du weißt, dass ich dazu nicht nein sage...", einfach schon deswegen, weil es nach den ganzen Ohrfeigen des verbotenen Anfassens ein herrlicher Triumph für mich war. "...aber das kam jetzt ein kleines bisschen unerwartet.", sprach ich mit leicht zusammen gekniffenen, sie anvisierenden Augen das wohl ziemlich offensichtliche aus. Versuchte noch immer irgendwie zu erkennen, ob es nicht doch ein Witz war. Wieso sollte Aryana plötzlich derartigen Wünschen nachgehen? War einfach komisch. Für den Moment war ich auf jeden Fall wieder das blühende Leben. Fast.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Aryana legte Kopf etwas schief und grinste leicht vor sich hin, als sie seine Ablehnung gegenüber einer Verlegung vernahm. Kam ja sehr überraschend, sie war sich so sicher gewesen, dass er liebend gerne 24/7 mit Victor und Faye in den Seilen hängen würde. "Okay, das werde ich ihnen so nicht sagen, aber wegen den Telefonnummern kann ich mich irgendwann weiterbilden lassen", meinte sie also nur noch dazu. War ja auch vollkommen ausreichend und die anderen beiden nahmen dabei ebenso wenig Schaden. Die kamen ja auch gut klar nur zu Zweit - mal abgesehen davon, dass eh kein Platz für ein drittes Bett gewesen wäre... Seine Reaktion auf Faye's dämlichen Wunsch kam wirklich wenig überraschend. Irgendwie schien das ja wirklich alle bestens zu amüsieren... ausser sie selbst, leider. Vielleicht ein Bisschen, ja. Aber nicht genug, als dass sie diese Aktion tatsächlich hätte durchführen wollen. Und so blickte sie nur mit einem schiefen, minimal unsicheren Grinsen auf Mitch's Bettlacken, während er sich mit Lachen und anschliessendem Husten beschäftigt hielt. Das wohl eher rhetorische 'du meinst das ernst?‘ nickte sie lediglich langsam, weil ihm das offensichtlich schon selbst bewusst sein dürfte. Gleich darauf folgte dann auch schon die mehr als erwartete Antwort in Form keines Neins. Wie überraschend..! Wie gesagt hätte sie Faye das auch schon längst vorher sagen können. Nur dass Mitch's Antwort für ihre kleine Schwester gleich noch etwas Öl ins Feuer schütten, sie in ihrer mehr als irren Theorie unterstützen würde. Weil Faye gelinde gesagt einfach keine Ahnung hatte... Aber Aryana das auch nicht ändern konnte. So seufzte sie nur etwas vor sich hin, ehe ihre Augen dann nach einer ganzen Weile doch wieder Mitch's Gesicht fanden. "Faye kommt manchmal auf sehr... dumme Gedanken. Und das Morphium hat sie davon leider nicht unbedingt geheilt... Aber ich habe ihr versprochen, dass ich dich fragen würde, weil es sie offensichtlich unglaublich erheitert hat... Darum steh ich jetzt hier. Nicht, weil ich persönlich es für eine gute Idee halte. Oder gar der Meinung wäre, du hättest das verdient", gab sie ihre relativ deutliche Erklärung ab, wobei ihr Tonfall gegen Ende hin wieder reichlich Sarkasmus vermuten liess. Er hatte sich ihrer Meinung nach ja wirklich viel verdient mit seiner selbstlosen Aktion. Die Welt, ihretwegen. Aber ein Küsschen? Das war dann irgendwie doch ein Bisschen too much, wenn man sie fragte.
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Aryana war heute aber auch hilfsbereit. Spielte erst die Brieftaube mit stark lädierten Flügeln und wollte sich sogar noch zwecks der Telefonnummern erkundigen. Vielleicht nur, weil sie ein bisschen Mitleid mit dem Rest der Besatzung hatte. Verständlicherweise, immerhin wäre es mir selbst auch wesentlich lieber hin und her laufen, beziehungsweise humpeln zu können, als hier am Bett festzuhängen. "Hat ja keine Eile... noch bin ich nicht verzweifelt.", meinte ich ironisch abschließend bezüglich der Telefongeschichte, bevor sich das Thema für mich erledigt hatte. Als Aryana das nächste Mal zu reden anfing sah sie mich dann auch langsam mal wieder an. Nicht ganz so, wie sie es sonst tat, aber es lag wohl auch ziemlich klar auf der Hand, dass ihr die Sache nicht angenehm war. Es war schon witzig, wie sie sich dem Willen ihrer kleinen Schwester zu beugen schien. Trotz all den Dingen, die ganz eindeutig ziemlich stark dagegen sprachen. Ein Kuss in welcher Form auch immer war schließlich komplett gegensätzlich zu Allem, dass die Brünette mir sonst vermittelte. Mitch, hör auf mit mir zu flirten... Mitch, lass' den Bikini zu... Mitch, fass' meinen Arsch nicht an... "Deine Schwester wird mir langsam sympathischer.", stellte ich süffisant vor mich hin grinsend fest. Vielleicht war Faye einfach ein bisschen weniger spießig als ihre ältere Schwester. Oder ein bisschen leichter für verbotene Dinge zu begeistern. Vielleicht war sie aber auch einfach nur der Meinung, dass Aryana sich zu wenig gönnte. Oder sie malte sich eine zum jetzigen Zeitpunkt wohl vollkommen utopische, dramatische Liebesgeschichte aus, die es so nur in Büchern oder Filmen gab, weil sie mich nicht gut genug kannte um zu wissen, dass das bescheuert war. Andererseits müsste sie doch eigentlich wissen, dass ihre Schwester ebenso wenig der kitschig veranlagte Typ Mensch war, wie ich selbst auch. War also wirklich fragwürdig, woher sie derartige Theorien zu entwickeln schaffte. Ich fragte mich ja schon was ein Mann bitte dafür tun musste, um sich in Aryanas Augen einen verdienten Kuss zu erarbeiten. Musste man sich dafür dann ganz umbringen lassen oder wie? Natürlich war ich nicht mit der Intention in den Berg marschiert, dass ich mir davon eine Liebesgeschichte erhoffen konnte. Auch nicht, damit ich einen Kuss bekam. Aber wenn es nicht ausreichte sich quasi selbst mit nur ein bisschen weniger Glück, als wir es gehabt hatten, dem Tod auszuliefern, so ganz freiwillig... was konnte man denn sonst noch machen? "Warte... du sagst mir gerade, dass ich mir nicht mal einen simplen Kuss dafür verdient habe, dass ich mich freiwillig, ohne dass du mich auch nur ansatzweise darum hast bitten müssen, in eine der voraussichtlich tödlichsten Missionen überhaupt gestürzt habe? Was, Aryana Cooper, muss man deiner Meinung nach bitte tun, um sich einen wahrscheinlich sowieso nur oberflächlichen Kuss zu verdienen?", fragte ich die Brünette mit hochgezogener Augenbraue, wobei das Grinsen aber trotzdem nicht erlosch. Was genau sie oder ihre Schwester sich jetzt unter dem Küsschen vorgestellt hatten war für meine Frage nicht wirklich relevant und eigentlich brauchte ich auch keine richtige Antwort darauf - würde ich ja sowieso noch merken, sofern sie sich denn auch an ihre Worte hielt. In meinen Augen war es nur inzwischen ziemlich unmöglich sich einen nüchternen - ja, den Alkohol sollte man aus dem Spiel lassen - Kuss von Aryana zu ergattern. Gute Idee hin oder her, ich hatte mir das verdient, egal was sie dazu sagte. Basta.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Natürlich war er nicht verzweifelt. Aber sie auch nicht unbedingt schwer beschäftigt. Also lag das mit den Telefonnummern wahrscheinlich schon im Verlaufe der nächsten 24 Stunden drin, würde sie mal so schätzen. Mal sehen, sie würde sich diesbezüglich wieder melden, sobald die Sache getan war. Jetzt war sie immerhin gerade mit einem ganz anderen Thema beschäftigt, das sie dank ihrer Schwester erfolgreich auf den Tisch gebracht hatte. Eben jene Schwester, die bei Mitch scheinbar ein paar Sympathiepunkte gewonnen hatte mit dieser Aktion. Auch das war eigentlich nicht weiter erstaunlich, weshalb Aryana dies mit einem wiederum reichlich sarkastischen "Das wird sie sicher sehr freuen, wenn ich ihr davon erzähle", kommentierte. Seine nächste Aussage erforderte dann zwei oder drei Hirnzellen mehr seitens der Brünetten, die nun erneut die Augen durch das Zimmer wandern liess auf der Suche nach einer Antwort, während sie das Gesicht in einer nachdenklichen Schnute verzog. "Ich... weiss es nicht..?", erklärte sie letztendlich aber trotz dem ganzen Denken zu keinem Ergebnis gekommen zu sein. Sie lächelte ihn unschuldig an, hatte sich doch bis heute wirklich noch nie Gedanken darüber gemacht, wie sich jemand einen Kuss von ihr verdienen konnte. Es war halt abgesehen von dem einen 'Ausrutscher' in Australien echt ewig her, seit sie sich auf diese Art und Weise mit Männern beschäftigt hatte. Und seit sich ein Mann auch so für sie interessiert hätte. Nicht, dass das bei Mitch nun der Fall wäre, er hatte immerhin andere Beweggründe, diese Frage zu stellen. Aber das wussten sie ja beide. "Vielleicht Nett fragen..?", gab sie nach weiteren stillen Minuten begleitet von einem Lächeln eine ziemlich simple Methode bekannt, die in seltenen bis seltensten Fällen funktionieren könnte. Das hatte er noch nie versucht, also konnte Mitch auch nicht behaupten, dass das nicht funktionierte. Ihre Blicke streiften nun wieder sein Gesicht, während sie sich langsam aber sicher darüber klar zu werden versuchte, was genau Faye mit dem Küsschen gemeint haben könnte. Ganz harmlos auf die Wange..? Oder doch gleich all in auf seine vollen und mit Sicherheit verboten weichen Lippen? Was wollte er den? Eine gute Idee war es ja grundsätzlich sowieso nicht, da spielte es irgendwie auch gar keine Rolle mehr, für welche wie dumme Version der ganzen Geschichte sie sich letztendlich entschied...
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Warum hatte ich mir das schon gedacht? War wohl ziemlich vorhersehbar gewesen, dass Aryana sich ganz offensichtlich selbst darüber noch gar keine Gedanken gemacht hatte. Wahrscheinlich weil es dafür nicht wirklich einen Grund gab, immerhin schien sie der gesamten Männerwelt - wohl sowieso zwangsweise wegen der Army - irgendwie schon komplett abgedankt zu haben. In mancher Hinsicht war das vermutlich auch gar nicht so dumm, weil ich aus erster Hand wusste wie manchen Männern der Kopf gewachsen war und dass wir nicht immer rational dachten. Eben gerade dann, wenn es um Frauen ging. Vielleicht war das bei streng gläubigen Priestern anders, weil sie nicht wussten wie gut Sex war oder sein konnte, sie nicht wussten, worauf sie da verzichteten. Es war ja auch gar nicht so, dass ich Aryana jetzt auf ihr Äußeres reduzierte, denn dann würde ich mich weder so oft, noch so ausführlich mit ihr unterhalten. Oder ernsthaft über ihre Witze lachen, statt nur so zu tun, was doch auch schon vorgekommen war. Aryana war unterhaltsam und ich mochte sie, ich könnte also schlecht leugnen, dass sie mir doch ein Stück weit wichtig geworden war. Wenn ich länger darüber nachdenken würde, dass ich sie während der anhaltenden Funkstille ernsthaft vermisst hatte, dann würde mir vielleicht auch mal auffallen, dass es dumm wäre sie zu küssen - oder gar mit ihr zu schlafen. Das tat ich bis jetzt aber nicht, also würde ich sie wohl ohne mit der Wimper zu zucken auf meinen Schoß hüpfen und machen lassen. War aber ohnehin sehr unwahrscheinlich, dass das passierte, also Alles hinfällig. "Jaaa, na sicher... nett fragen.", wiederholte ich ihren vermutlich nur semiernst gemeinten Vorschlag sehr ironisch und verdrehte ein klein wenig die Augen, sah dann für etwa eine Minute lang auf den nicht sehr unterhaltsamen Fernseher, weil auch Aryana entweder immer noch oder schon wieder nachzudenken schien. Also hielt ein kurzes Schweigen an, bevor ich den Blick erneut zu der Brünetten drehte. Allerdings passierte sonst noch immer nicht viel. Wollte sie mir den Kuss, in welcher Form auch immer, jetzt doch nicht geben? Hatte ich das Huhn jetzt schon wieder aufgeschreckt? "Krieg' ich jetzt doch keinen? Oder überlegst du noch bis morgen, Liebling?", hakte ich also nach wie vor leicht grinsend nach, auch wenn die Mundwinkel inzwischen wieder ein Stück weit abgesackt waren. "Ich meine, ich würde dich im Normalfall ja gerne unterstützen... aber meine Möglichkeiten sind zur Zeit etwas begrenzt.", hängte ich noch ein paar sarkastische Worte mit schief gelegtem Kopf an. Würde vielleicht schon irgendwie gehen, dass ich mich ihr ein Stück weit entgegen und damit relativ steil nach unten beugte, damit sie den Weg nicht so weit hatte. Aber das wäre schon ziemlich anstrengend und Aryana war gerade einfach deutlich mobiler als ich. Nein, sollte sie mal lieber auf meine Augenhöhe kommen, das war einfacher.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Was war denn sein Problem mit diesem Vorschlag? Nicht, als würde sie zu hundert Prozent daran glauben, dass sie auf nett fragen mit einem Kuss reagieren würde. Aber vielleicht doch? "Hast du nie probiert, woher willst du also wissen, dass das nicht funktioniert?", fragte sie etwas rhetorisch zurück, erwartete aber nicht, dass er tatsächlich weiter darüber nachdachte. Wozu auch? In diesem Moment brauchte er ja nicht zu fragen, hatte sie ihm den Kuss doch eh schon mehr oder weniger versprochen. Und er hatte es nicht vergessen. Denn auch wenn erstmal eine Pause folgte, in der sie selber mit Nachdenken und der Überwindung ihres persönlichen Selbst beschäftigt war, wurde ebendieser Pause von ihm mit ein paar eindeutigen Worten ein Ende gesetzt. Aryana gab ein leises, von seichter Unsicherheit angehauchtes, Seufzen von sich, biss sich noch leicht hin- und her gerissen auf der Unterlippe rum. Dann aber erhob sie sich tatsächlich von ihrem Stuhl, ging den einen noch fehlenden Schritt aufs Bett zu, mit welchem sie die kleine Distanz zu Mitch dann auch überbrückt hatte. Es war ein einziger Kuss, da war nichts dabei. Sie hatte gewusst, dass er Ja sagen würde. Wenn sie also nicht damit klarkommen wollte, hätte sie sich das vor einigen Minuten überlegen müssen. Jetzt wars dafür zu spät. Und sie war keine Frau, die nicht zu ihrem Wort stand, ganz und gar nicht. "Ich brauche deine Unterstützung nicht, Liebling...", murmelte Aryana ihm noch zu, betrachtete ihn allerdings bereits mit leicht schief gelegtem Kopf. Mit dem ganzen Alkohol und dem unbekannten Kerl damals in Australien war das irgendwie einfacher gewesen... Weniger kompliziert. Weniger dramatisch. Weniger gefährlich. Weniger riskant. Weniger verboten. "Mach die Augen zu", stellte die Brünette noch eine letzte Bedingung, strich sich dabei die Locken über die rechte Schulter weg zur Seite, um wenigstens diese in Folge nicht zwischen den Lippen zu spüren. Ihr Tonfall verlautete ziemlich klar, dass sie gar nichts machen würde, bis er ihr Folge geleistet hatte. Aber als es dann dazu kam, seine Augen ihrer kritischen Meinung zufolge wirklich geschlossen waren, wollte sie selber nicht länger zögern und sich alle Gründe auflisten, warum das hier falsch war. Sie legte die linke Hand sehr behutsam an Mitchs Wange ab, weil sie im Anschluss darauf ebenfalls die Augen zufallen liess. Und irgendwo spielte es jetzt auch gar keine Rolle mehr. Und sie hatte seine Lippen jetzt lange genug angeschaut, um einen wesentlichen Teil ihres Geistes um die Frage kreisen zu lassen, ob diese sich genauso perfekt anfühlten, wie sie aussahen. Darum senkte sie nach einem letzten, nur noch den Bruchteil einer Sekunde anhaltenden Zögern ihre Lippen hinab auf seine, für den Kuss, den Faye ihnen eingeredet hatte... Der sich doch eigentlich so falsch anfühlen müsste... Aber genau das Gegenteil davon eintreffen liess.
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Okay, na gut. Dann würde ich sie einfach so zum Spaß irgendwann zukünftig mal ganz lieb danach fragen, ob sie mir denn einen Kuss gab, wenn sie so gar nicht damit rechnete. Wenn der Moment günstig lag und Aryana gerade an Alles, aber sicher nicht daran denken würde. Sofern ich es nicht sowieso zeitnah wieder vergaß, weil es sicher nicht allzu relevant sein und demnach nicht lange anhalten würde. Andererseits merkte ich mir gerade solche Dinge eigentlich ziemlich gerne. Ich brachte Leute bekanntlich gerne in unangenehme Situationen, aber für den Moment ließ ich das Ganze wohl mit einem leichten Kopfschütteln stehen. Ich hatte die Brünette bis jetzt wohl noch sie unsicher gesehen. Angeschrien hatte sie mich, die eine oder andere Beleidigung war auch schon geflogen. Gelacht hatte sie mit mir, Ohrfeigen hatte sie mir ebenfalls schon gegeben und mir aus der Hölle wieder heraus geholfen hatte sie auch. Aber sowas wie Unsicherheit begleitete Aryana wirklich nur selten. Wenn, dann flackerte das höchsten für minimal eine Sekunde in ihrem Blick auf und dann auch nur, weil sie kurzzeitig nachdenken musste. So, wie sie da jetzt saß, hatte ich das noch nicht gesehen. Trotzdem erhob sie sich - zugegeben wider Erwarten - doch noch, überbrückte den letzten halben Meter bis zum Bett und kam mir fast sowas wie zielstrebig näher. Natürlich brauchte sie meine Hilfe nicht. Brauchte sie wohl fast nie. Nur geschlossene Augen, die schienen irgendwie notwendig zu sein, um die Hemmschwelle weit genug für den Kuss senken zu können. Mein meistens ziemlich stechender Blick war der jungen Frau sonst augenscheinlich im Weg. Inzwischen gab es dann auch keine Zweifel mehr daran, dass es kein lieb gemeinter Kuss auf die Wange wurde, den mir genauso gut meine imaginäre Mutter hätte geben können. Allerspätestens dann nicht mehr, als ich die Augen mit einem kaum hörbaren "Na schön...", geschlossen hatte und nicht allzu viel später ihre Finger an meiner Wange zu spüren waren. Ungewohnt sanft, schlug sie doch an ziemlich genau dieser Stelle sonst eher zu. Nicht dieses Mal. Stattdessen ließ Aryana sich fallen und ich spürte ihre Lippen auf meinen. Ich zögerte nicht ansatzweise damit den Kuss auch zu erwidern. Nicht grob oder zu gierig, weil das sonst sicher nicht mehr unter ein Küsschen fiel und ich die Nerven der Brünetten für ein einziges Mal nicht zu sehr strapazieren wollte, wo sie sich doch scheinbar ohnehin schon so schwer damit zu tun schien. Trotzdem erwiderte ich die Bewegung ihrer Lippen bestimmt, während die Hand des nur angeschlitzten Arms von ganz allein den Weg leicht seitlich an ihren Hals gefunden hatte, der Daumen dabei jedoch an ihrem Kiefer lag und die übrigen Finger eher schon in ihrem Nacken weilten. Nur war der Kuss irgendwie viel zu schnell wieder vorbei... was schade war, weil Aryana gut küsste und ich nicht leugnen konnte, dass das Lust auf Fortsetzung auslöste. Nur einer noch? Ob das innerhalb der Toleranzgrenze lag? Unsere Lippen hatten sich eigentlich schon wieder ein winziges kleines bisschen voneinander distanziert, aber ihren Atem konnte ich trotzdem noch spüren. Deswegen fragte ich gar nicht erst - wie furchtbar untypisch für mich -, sondern ließ die Distanz ein weiteres Mal verschwinden, übte nur schwachen Druck auf ihren schmalen Hals aus und stahl mir den nächsten Kuss. Vielleicht war ich doch wie immer ein klein wenig zu gierig, aber die Brünette war bisher auch noch nicht schockartig nach hinten umgekippt. So furchtbar, wie sie sich das vorher womöglich ausgemalt hatte, konnte es also zweifelsohne nicht sein... und es war doch eigentlich viel zu gut, um jetzt aufzuhören. Oder irrte ich mich da schon wieder?
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Irgendwie hatte sie nicht damit gerechnet, dass er den Kuss auch erwidern würde. Hatte sich das eher wie eine kurze Berührung ihrer Lippen vorgestellt, bevor sich diese wieder teilen und jeder wie gehabt mit seinem Leben fortfahren konnte. Aber ganz so leicht machte er es ihr nicht. Führte ihr so viel lieber vor Augen, wie es sein würde, wenn sie das nicht nur ihrer Schwester zuliebe tun würde. Falls sie wirklich noch immer Faye die Schuld für all das hier geben konnte. Für die Gefühle, die ihr langsam aber sicher bis in den Hals drückten. Die irgendwo da unten in ihrer Brust aus dem für sie konzipierten Gefängnis nach draussen quollen, aus ihrem tausendjährigen Schlaf geweckt wurden. Warum fühlte es sich so an? War es so gut, weil sie es so lange nicht getan hatte? Weil es eigentlich so verboten war? Weil es Mitch war, den sie küsste? Sie wusste es nicht. Aber sie konnte auch nicht wirklich nachdenken, solange ihre Lippen mit den seinen verbunden blieben, während ihr Daumen immer wieder sanft über seine warme Haut strich. Sie wünschte sich, die zweite Hand auf die andere Seite seines Gesichtes beten zu können. Aber dazu müsste sie irgendwie aus der Schlinge schlüpfen und das war gerade ein Ding der Unmöglichkeit in dieser Position, mit ihrer fehlenden Konzentration. Also nicht jetzt. Nicht jetzt, wo seine Finger währenddessen über ihren Hals, ihren Nacken strichen. Als wäre das normal. Als hätten sie das öfter schon getan. Als wüssten sie, wo sie lang mussten. Aryana musste sich beinahe zwingen, nach einigen Sekunden den Rückzug anzutreten, sich zurück zu ziehen. Weil das Küsschen nie so lange hätte dauern sollen, nie so viel hätte auslösen sollen. Aber Mitch war scheinbar anderer Meinung und sie konnte gar nicht so schnell schalten, da lagen seine Lippen schon wieder auf den ihren. Sie hörte sie noch. Irgendwo in ihrem Hinterkopf, die langsam verstummenden Stimmen. Das ist falsch. Das ist verboten. Du solltest das nicht tun. Das kann keine gute Idee sein. Was hast du dir dabei gedacht. Das wird niemals gut enden... Aber es war leichter denn je, das alles zu ignorieren, sich ganz fallen zu lassen und sich im nächsten Kuss zu verlieren. Denn ja, es machte süchtig. Das wusste sie schon jetzt, nach weniger als zwei Minuten. Sie würde ihn nie wieder so sehen wie vorher. Aber vielleicht wollte sie das ja auch nicht mehr. Weil sie lieber das hier haben wollte... Diesmal war es nämlich Aryana, die keine Sekunde zu zögern schien, sich auch dem zweiten Kuss umgehend hinzugeben und diesen mit wachsendem Selbstbewusstsein und schrumpfender Zurückhaltung zu erwidern. Ihre Hand lag noch immer an seiner Wange, wanderte nun allerdings rastlos zu seinem Haaransatz, über die kurzen Haare an der Seite, zu seiner Schläfe und wieder nach oben. So lange, bis ihr langsam aber sicher die Luft zum Küssen ausging, sie sich somit zwangsläufig wieder ein Bisschen von ihm lösen und innehalten musste. Aryana schlug flatternd die Augen wieder auf, die noch im gleichen Moment sofort nach Mitch's Blick suchten. Wie sie da stand und auf ihrer Unterlippe herumbiss, die noch Sekunden zuvor an seinem Mund geklebt hatte. "Scheisse..", war das Erste und Einzige tonlos gehauchte Wort, welches ihr in diesem Moment nach draussen rutschte. Gut..? Oder schlecht..? Musste sie das wissen..?
This is your life, it's do or die, the sun may never rise again, so be the light the vision. This is your life, it's slipping by, you try to run but fall again, you get back up that's living.
Nein, ich bekam tatsächlich keinerlei Abweisung zu spüren, was ich nach ein paar weiteren Sekunden damit quittierte die Hand ein kleines Stück sinken zu lassen und stattdessen mit dem Daumen hauchzart über die empfindliche Haut an ihrem Hals zu streichen. Alles in Allem war viel mehr war das Gegenteil von Abweisung der Fall und für den Moment war die Grenze, die Aryana sonst immer derart konsequent vertreten hatte, gänzlich ins Nirgendwo verschwunden. Schien gar nicht mehr existent, obwohl sie jene nach den Küssen natürlich trotzdem rein theoretisch wieder aufleben lassen konnte, wenn es das war, was sie wollte. Ich brauchte nicht wirklich erst darüber nachzudenken, was ich davon halten würde. Sehr wahrscheinlich war das absolut gar Nichts. Zumal ich mir vermutlich jetzt noch sehr viel schwerer damit tun würde diese dämliche Grenze zu respektieren, nachdem sie doch so unmissverständlich überschritten worden war... beidseitig. Spätestens jetzt, wo die Brünette sich auch auf den zweiten Kuss so mühelos einließ, konnte sie mir nicht mehr weiß machen, dass es ihr nicht gefiel. Das, was sie da gerade tat, ging nämlich weit über ein Küsschen hinaus und obwohl sie das vorhin erfolgreich geleugnet hatte, fühlte es sich sehr wohl so an, als hätte ich mir das nach all den Strapazen verdient. Es wischte die Kraftlosigkeit und die Müdigkeit für den Moment einfach weg und vielleicht fühlte es sich sogar ein bisschen zu gut an. Nicht wirklich nach rein platonischer Freundschaft, ließ sie mein Herz doch irgendwie ein klein wenig höher schlagen, als es normalerweise bei mir der Fall war. Ich wurde sonst eigentlich nicht nervös oder anderweitig hibbelig von ein paar blanken Küssen... Bevor ich den Gedanken richtig zu Ende geführt hatte sollte aber auch dieser Kuss sein Ende finden und sie damit abrupt enden lassen. Es fühlte sich doch ein wenig endgültiger an als bei der ersten, vorübergehenden Trennung unserer Lippen, weshalb ich die Augen zeitnah wieder öffnete und damit unmittelbar auf Aryanas dunkelbraune Augen stieß. Wieder biss sie sich auf der Unterlippe herum, kurz bevor sie ein einziges, leises Wort von sich gab... das nicht unbedingt das war, was ich sonst für gewöhnlich nach einem Kuss zu hören bekam. Es war vermutlich auch weniger den Küssen selbst und mehr der Situation geschuldet. Dachte ich jedenfalls. "Wirklich? Find' ich nicht.", trampelte ich mit eher leisem, aber rauem Tonfall frohen Mutes weiter auf der platt getretenen Grenze herum, weil sie doch jetzt sowieso schon hinüber war. Noch während ich gesprochen hatte war meine Hand erneut zu einer kurzen Wanderung aufgebrochen. Ich hatte mit dem Daumen kurz unterhalb ihres Ohres am Ende ihres Kiefers angesetzt, strich jetzt langsam bis nach vorne zu ihrem Kinn. Mir kam bei all den Zärtlichkeiten, die wir hier gerade austauschten, einfach unheimlich zu Gute, dass ich Jemand war, der grundsätzlich lieber seinem Bauchgefühl - na schön, von mir aus auch dem Herzen - folgte, als vorher lang und breit über die Wenns und Vielleichts nachzudenken. Das Denken kam vermutlich erst dann, wenn ich wieder allein war.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +