Ach, man findets doch eh immer selber am Schlimmsten... x'D Und ich sass halt echt gefühlt drei Stunden dran und alles, was dabei raus kam, fühlte sich schlecht an. XD _________
Je mehr Schüsse sie selber abgab und auf sie abgezielt wurden, umso weniger konnte sie sich orientieren, umso schlechter hörte sie, wo das andere Gefecht stattfand, wo Mitch und Faye und Victor waren. Das war scheisse, da sie absolut keine Ahnung hatte, wo sie lang gehen musste. Einen ihrer Angreifer zu fragen, kam aber überhaupt nicht in Frage, da diese ihr mit 80-prozentiger Sicherheit absichtlich eine falsche Wegbeschreibung bieten würden. Und dann würde sie sterben. Und das war nicht der Plan. Sie hatte gerade wieder einen Soldaten zu Fall gebracht, weshalb es um sie herum einen Moment still war, Aryana kurz inne hielt, für zwei Sekunden die Augen schloss. Aber die nächste Abzweigung folgte bald und sie konnte bei Gott nicht sagen, ob die Schüsse nun aus dem linken oder dem rechten Tunnel kamen. Als sie Eilschritte hinter sich hörte, wich sie wieder zurück, versteckte sich in einer Seitentür und wartete, bis die zwei Männer vorbeigerannt waren. Perfekt. Die kannten den Weg nämlich. Aryana heftete sich ihnen dich und lautlos an die Fersen, wohlwissend, dass sie sich kaum umdrehen würden, weil sie keine Gefahr von hinten vermuteten. Und nach weniger als drei Minuten wurden die Schüsse vor ihnen lauter, die beiden Islamisten langsamer, stoppten schliesslich vor einer Kurve ganz, um ihre Waffen anzulegen, wahrscheinlich mit dem Plan, um die Ecke zu schiessen. Dazu liess die Brünette es dann aber doch nicht kommen. Sie legte beide von hinten um, bevor sie sich überhaupt der plötzlichen Schusswaffe in ihrem Rücken bewusst werden konnten. Und dann stürzte sie selber nach vorne, ihr Maschinengewehr weiterhin in den Händen, sehr bereit, jederzeit wieder zu schiessen. Sie blickte um die Ecke - und tatsächlich! Dem einen Gegner, der sich zwischen ihnen noch in eine kleine Nische duckte, während er Feuer auf Mitch abgab, schoss sie ziemlich zeitnah die Birne ein. Und dann rannte sie den Gang entlang nach hinten. Victor hatte sie schon vorher direkt hinter Mitch ausgemacht. Sah sehr ungesund aus und schien selber nicht gehen zu können, so wie er den Arm um seinen Landsmann gelegt hatte. Das war sehr schlecht. Nicht unerwartet, aber eben doch scheisse. Ausserdem blutete Mitch ebenfalls, wie sie schon bei dem einen kurzen Blick erkannt hatte. Es hatte ihn scheinbar ebenfalls am Arm erwischt. Dass da noch mehr passiert war, entging ihr für den Moment, weil ihr Blick schon weiter nach hinten gerutscht war. Und da stand sie und atmete, die kleine Prinzessin, die sie am liebsten einfach hier und jetzt in die Arme geschlossen und nicht wieder losgelassen hätte. Aryanas Herz machte einen wilden Purzelbaum und für einen kurzen Moment strahlte pure Erleichterung und Liebe in ihrem Gesicht auf. Sie lebte, verdammt! Und sie konnte stehen, hielt eine Pistole in den Händen! Vielleicht hatte Mitch ihr von dem Morphium gespritzt, denn Faye war voller Blut und Dreck, aber das war ein Problem für später. Denn kaum hatte Aryana die Drei erreicht, hallten wieder Schritte durch die Gänge, beständig näher kommend. "Es ist nicht mehr weit, noch kommen wir durch", stiess sie etwas ausser Atem aus, hielt es aber für eine bessere Idee, den Gegner erstmal direkt von hier zu erwarten, da es bis zu einer schlaueren Deckung eh zu weit war. Es waren wieder zwei Männer und wieder dauerte es zu viele Schüsse und Gegenschüsse, bis sie sie erledigt hatten. Aber es passierte und Aryana sprang sofort wieder zwei Schritte den Gang hoch. "Ich geh vor bis zur nächsten Kurve und halte euch den Weg bis dorthin frei. Auf mein Zeichen könnt ihr folgen", unterbreitete sie ihren sehr simplen Plan, wartete kaum mehr das kurze Nicken seitens der drei Verletzten ab, ehe sie auch schon nach vorne stürzte, bis zur nächsten Biegung eilte und dort um die Ecke linste. Noch kam keiner, dürfte aber nicht lange dauern. So winkte sie ihre Kollegen heran, während sie mit dem Gewehr stehen blieb, bereit, jeden zu erschiessen, der sich wagte, nochmal auch nur einen Zentimeter zu nah an ihre Schwester zu kommen.
Sie gab sich solche Mühe dabei, konzentriert zu bleiben. Aber egal was sie tat, sie spürte förmlich, wie die Energiereserven praktisch von Sekunde zu Sekunde weiter schwanden, die imaginäre Batterie längst Rot blinkte und sie zum Schlafen mahnte. Nur kurz Hinlegen, die Augen schliessen, entspannen... Nein. Falsch. Nur noch ein paar Minuten durchhalten. Sicher waren sie bald draussen, bald weg, bald gerettet. Fayes Schritte wurden unsicherer, ihre Beine schwächer und mehrmals knickte sie beim Gehen ein, fing sich mühsam knapp vor dem Boden auf und stolperte weiter. Auch ihr Blick glitt immer mal wieder zu Victor, der kaum fitter aussah, als sie sich fühlte, zu allem Überfluss bestimmt auch noch immer mit tonnenweise Schmerzen zu kämpfen hatte. Immerhin das belastete sie nicht mehr in ihrer Wolke aus Watte... Auch wenn sie selbst in ihrem Zustand jederzeit sein Leiden gegen ihres tauschen würde, um ihm sein Leben wenigstens ein Bisschen leichter zu machen. Faye schleppte sich weiter und weiter hinter Mitch und Victor her, wusste, dass sie beim Schiessen helfen sollte. Aber ihre Arme waren so schwer und die Pistole ebenfalls, sodass die Schüsse, die sie dann tatsächlich abgab, stetig weniger wurden. Auch die lädierte Brünette vernahm die Erschütterung, die eindeutig von einer Explosion rührte und sie trotz ihren betäubten Nerven und der stark verlangsamten Reaktion zusammenzucken und erneut straucheln liess. Was zur Hölle explodierte hier drin denn bitte?? Sie sprengten doch kaum ihre eigene Bude in die Luft, oder? Vielleicht eine Falle und der Eingang war nun verschlossen? Nein, kaum. Sie hatte zwar keine Ahnung, wie viele Eingänge es gab, aber das war etwas übertrieben. Dass ihre Schwester möglicherweise nicht mehr draussen auf ihre Rückkehr wartete, realisierte sie in diesem Moment noch nicht. Faye war beschäftigt damit, auf den Füssen zu bleiben und die Augen offen zu halten. Alles andere war zunehmend zu viel verlangt. Sie hörte Mitchs Worte hinter dem Schleier des Morphiums, nickte träge zur Antwort und strengte sich noch mehr an als zuvor, um ihm möglichst dicht zu folgen, keine Lücke mehr entstehen zu lassen. Dauerte dann leider auch gar nicht lange und die nächste unfreiwillige Verschnaufpause folgte - mehr oder weniger auf offenem Flur. Faye drückte sich sofort gegen die Wand, um so wenig Angriffsfläche wie möglich zu bieten. Zu ihrem Glück ging sie auch fast vollkommen unter neben Victor und Mitch, der seinerseits auf den einsamen Angreifer zurückfeuerte und sich kurz darauf krümmte, irgendeine Kugel gefasst haben musste. Faye kam diesmal jedoch nichtmal dazu, zu fragen, wo es ihn getroffen hatte, da kam schon der nächste Schütze auf sie zu. Sie hörte weitere Schritte im Flur, als das Feuer eröffnet wurde. Und da sie beinahe ausgestellt hier standen, wurde das gleich sehr sehr brenzlig. Sie versuchte, die Pistole anzuheben, um an Mitch und Victor vorbei zu zielen. Aber das Gewicht der Waffe war zu einem echten Problem für sie geworden, weshalb sie noch nichtmal wirklich schussbereit war, als der Mann auch schon zu Boden ging. Erst glaubte Faye, der Schuss wäre - wie die meisten davor auch - von Mitch gekommen. Aber es war nicht nur der eine Gegner, der zu Boden ging. Nein, gleich zwei weitere Schüsse ertönten und ein Soldat kippte hinter der nächsten Biegung hervor in ihr Sichtfeld. Und dann sprang ein Schatten hervor und eilte auf sie zu. Trotz dem vernebelten Gehirn schien Fayes Intuition sofort zu erkennen, um wen es sich dabei handeln musste und sie riss die Augen weiter auf. Und wieder erschien das dämliche, selige Lächeln auf ihrem Gesicht. "Aryana!", rief sie - auch wenn der Ruf eher einem heiseren Flüstern glich. Sie war da! Ihr Arm blutete, was Faye genau wie bei Mitch keinesfalls entging, aber sie war bei ihnen! Aryana war da und Victor war da und sie fühlte sich so froh, dass sie für einen Moment wirklich komplett vergas, dass sie noch immer bis zum Hals in der Scheisse steckten. Erst als ihre Schwester, von der Faye ihre Augen gar nicht mehr lösen konnte, Sekunden später auch schon die ersten Anweisungen heraushaute, blinzelte die junge Brünette ein paar Mal, folgte Aryana mit ihrem Blick, als diese sich schon wieder auf machte und von ihnen wegging. Aber kaum setzte sich Mitch in Bewegung, tat Faye es ihm gleich, schleppte sich, vom nächsten kurzlebigen Hoch getragen, so schnell sie konnte hinter ihm und Aryana her.
This is your life, it's do or die, the sun may never rise again, so be the light the vision. This is your life, it's slipping by, you try to run but fall again, you get back up that's living.
Hatten es der Magen und die Lunge sein müssen? Gleich beides? Für kurze Zeit blieb mir jegliche Luft weg und noch dazu setzte eine unschöne Übelkeit ein. Beides in Kombination sorgte dafür, dass ich im ersten Moment kaum realisierte, dass ich eine Kugel kassiert hatte. Als der Sauerstoff aber langsam zurück und ich mit dem unangenehmen Gefühl im Oberkörper besser zurecht kam, bemerkte ich auch den brennenden, stechenden Schmerz an meiner Hüfte, den das Adrenalin nur wenig bis gar nicht betäuben konnte. Ich besah mir nur das Einschussloch in der Hose, hatte ich doch keine Zeit dazu den Stoff bei Seite zu schieben und mir die Wunde genauer anzusehen. Aber es blutete ziemlich stark und beim ersten Schritt merkte ich, dass die Kugel definitiv noch drin steckte, womit die Hoffnung auf einen Streifschuss dahin war. Immerhin konnte ich nach einem kurzen Seitenblick auf Victor feststellen, dass er von den Kugeln verschont geblieben war und meine Intention ihn abzuschirmen halbwegs funktionierte - mehr oder wenig, bekam ich dabei eben selbst die Scheiße ab. Schon wieder Schritte. Ich hatte mich kaum an den Schmerz gewöhnt, kaum durch eine Verschnaufpause neue Kraft sammeln können, da sollte die Misere auch schon unbarmherzig weiter gehen. Ehrlich gesagt wusste ich nicht, ob die Situation so glimpflich ausgegangen wäre, wenn die Idioten nicht manchmal ein Stück weit zu dumm zu Schießen wären und Aryana nicht zur richtigen Zeit vor Ort gewesen wäre. Ich mochte stark sein, war aber nicht der unkaputtbare Terminator. Der Einschuss setzte mir zu und machte es deutlich schwerer, sich statt auf den Schmerz weiterhin auf die vehemente Gefahr hier drinnen zu fokussieren. Wenn ich noch mehr davon kassierte war fragwürdig, wie weit ich noch gekommen wäre. Als ich die junge Frau auf uns zukommen sah, sie uns vor dem nächsten Unheil bewahrt hatte, fiel mir demnach wirklich ein Stein vom Herzen. Damit waren wir noch immer nicht fein aus der Sache raus, aber ich hatte jetzt die Unterstützung, die angesichts meinem Handgepäck einfach notwendig war. Aryana selbst schien auch nicht mehr ganz unversehrt, war aber trotzdem so weit es ging wohlauf und dementsprechend nickte ich nur, als sie uns bedeutete einen Moment zu warten. Ich lehnte mich kurzzeitig mit Victor auf der anderen Seite zum Durchatmen an die Wand und ließ das schwere Maschinengewehr langsam auf den Boden sinken, weil auch der so einseitig belastete Arm unter dem schweren Metall langsam müde wurde. Die Pistole würde für den Rückweg schon reichen, Munition war ja dank der Waffenwechsel noch genug da. Alles, was schwerer war, konnte ich ganz einfach nicht mehr wirklich effektiv halten. Also nahm ich nach dem Zeichen des Sergeants die Pistole wieder auf und folgte ihr dann leicht humpelnd mit Faye und Victor im Schlepptau. Der restliche Weg nach draußen war mit der zweiten Cooper an der Seite deutlich einfacher als ohne, auch wenn die Arschlöcher uns weiterhin das Entkommen schwer zu machen versuchten. Zwei Mal wurde es doch noch brenzlig mit den entgegen kommenden Feinden, aber wir kamen dennoch ungeschoren davon, bis der Eingang erreicht war. Dort allerdings wartete das nächste, ziemlich große Problem auf uns - die Scharfschützen. Wie sollte ich schnell genug mit Victor von Stein A zu Stein B kommen, ohne über den Haufen geschossen zu werden? Das grenzte an schiere Unmöglichkeit, sie waren ja auch noch zu zweit. Nachdem ich zwei Schüsse auf einen von außen heran nahenden IS-Soldaten abgegeben hatte, während wir noch im Eingang standen, richtete ich mein Wort an Aryana. "Irgendwelche Ideen für Ablenkungsmanöver? Ich glaube nicht, dass ich Victor sonst noch schnell genug von A nach B kriege...", fragte ich also hauptsächlich den Sergeant gewandt, glaubte nicht wirklich, dass Faye stattdessen mit einer guten Idee angerollt kam. Danach wanderte mein Blick zu besagtem Anhängsel, weil er immer mehr mit sich zu ringen schien. Die Augen zu hatte, seit wir hier angehalten hatten und noch mehr schwankte als ohnehin schon die ganze Zeit. Das in Kombination mit meinem eigenen Hinkebein war, gelinde gesagt, echt ungünstig.
Aryana stieß zu uns. Es dauerte eine Weile bis ich die junge Frau von Weitem erkannte und zuordnen konnte, aber Faye nahm mir die Arbeit dann auch schon mit ihrer Betitelung ab. Mitch hatte erwähnt, dass sie draußen wartete - nicht, dass sie auch rein kam. Aber ich würde mich darüber nicht beschweren, sah es andernfalls doch eher weniger rosig für uns aus. Sie schien wirklich die Rettung zu sein, kam Mitch mit dem Einschuss doch jetzt auch deutlich schleppender voran und ich fühlte mich langsam aber sicher von Schritt zu Schritt wieder mehr so, als würde Jemand eine Decke über mich ziehen und mich wieder einschlafen lassen wollen. Ich bekam die Füße kaum noch hoch, schleifte mehr, als dass ich sie wirklich anhob und auch die Augenlider wurden so schwer, während der Kopfschmerz weiter auf mich einhämmerte. Jeder Schritt war auch angesichts der anhaltenden Schmerzen eine Qual und vermutlich sollte ich froh darüber sein, es überhaupt mit den Anderen bis zum Ausgang zu schaffen. Auch dort noch immer mehr oder weniger auf eigenen Beinen zu stehen, was mir aber immer schwerer fiel. Ich hörte Mitch im Hintergrund Irgendwas sagen, bekam aber gar nicht mehr mit, was es überhaupt war. Ich wusste auch nicht, warum wir wieder anhielten, obwohl die Freiheit doch jetzt zum Greifen nah zu sein schien. Offenbar gab es Grund zur Not für einen weiteren, ausgefeilten Plan. Dass ich eingenickt war merkte ich nur deshalb, weil der Soldat mir wieder die Wange tätschelte und auf mich einredete. Mich wach zu halten versuchte, während mein Kopf zunehmend schwerer wurde. Immer weiter nach vorne kippte, weil ich ihn nicht mehr wirklich halten konnte, war er doch ohnehin schon die ganze Zeit leicht nach vorne geneigt. Die Spannung im Nacken fehlte mir und ich wollte Nichts mehr, als mich einfach nur hinzulegen und zu schlafen. Bis ich das durfte mussten allem Anschein nach aber noch ein paar viel zu lange, qualvolle Minuten vergehen, hielt Mitch mich doch weiterhin dazu an, hier jetzt nicht wieder ohnmächtig zu werden. Lange würde ich es aber wohl nicht mehr machen, bis mir die Beine endgültig wegknickten und nicht mal ein Gramm meines Körpergewichts mehr zu halten vermochten. Worüber auch immer sie gerade also nachdachten - sie sollten sich lieber beeilen.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Es wurde kein Bisschen einfacher, je weiter sie sich dem Eingang näherten. Eigentlich war es nichts anderes als ein einziges, riesengrosses Wunder, dass sie überhaupt noch lebten, noch vorwärts kamen, noch keinen verloren hatten. Aber irgendwie ging's, wenn auch schleppend und beschwerlich. Tatsächlich hatte sich Aryana währenddessen ziemlich bald ebenfalls eine zweite Kugel eingefangen. Ein Einschuss am gleichen Arm, wie die andere Wunde, nur Zentimeter vom Ersten entfernt. Dies führte dazu, dass sie zum einen langsam nicht mehr ganz ungefährlich vor sich hin blutete und zum anderen die Schmerzen sehr penetrant und schwer zu ignorieren wurden. Beides sehr scheisse. Aber sie konnte sich die Schwäche nicht erlauben, die das Brennen im Arm ihr abverlangen wollte. Sie konnte nicht nur noch fünfzig Prozent funktionieren. Mitch schleppte schon Victor herum, kämpfte mit seinen eigenen Wunden, humpelte irgendwie ebenfalls, wenn sie auch noch immer nicht dazu gekommen war, die Ursache davon zu suchen. Victor sah von Sekunde zu Sekunde kaputter aus, war schlicht überhaupt nicht zu gebrauchen. Und Faye kämpfte sich mühsam auf den eigenen Beinen vorwärts, machte aber auch langsam schwer den Eindruck, nächstens kippen zu wollen. Also blieb nur noch sie zur lebensnotwendigen Verteidigung und sie würde sich keinen Fehler mehr erlauben. So kamen sie vorwärts, beschwerlich aber beständig, bis zum Eingang. Aryana hatte sich schon den ganzen Weg über den Kopf darüber zerbrochen, wie es von hier an weitergehen sollte. So oft sie über etwas anderes als die unmittelbare Verteidigung hatte nachdenken können jedenfalls. Was nicht sehr oft gewesen war. Eigentlich hatte sie den Ansatz eines Planes. Aber sie hatte keine Ahnung, ob sie auf diesen Plan zählen konnte - oder ob er zu langsam war. Als sie also den Eingang erreicht hatten, lehnte die Brünette sich so weit hinaus wie irgendwie möglich, ohne dabei wirklich nach draussen zu treten und sich ins Schussfeld eines Snipers zu bewegen. Man sah von hier aus leider nicht besonders weit, weil der Eingang hinter Felsvorsprüngen lag, zu deren Rand sie sich gerade nicht hervor wagen konnte. Das war dumm, weil sie keine Ahnung hatte, was dahinter geschah... Kaum hatte sie sich wieder ihren drei Landsleuten zugewandt, kam Mitch auch schon mit der Frage, die sie nicht wirklich beantworten konnte. "Ich habe vorhin, bevor ich nach drinnen gekommen bin, das Camp darüber informiert, dass wir hier sind... Wäre wahrscheinlich eh aufgefallen, mittlerweile. Ich habe das Funkgerät dann ausgeschaltet, weil ich mir nicht erlauben konnte, überall gehört zu werden. Aber wenn wir Glück haben, übernehmen die die Ablenkung...", teilte sie das winzige Stück Hoffnung, welches sie auf Rettung gerade noch hatte. Aryanas Blick glitt zu Victor, zu Faye, die direkt neben ihm stand. Sie konnten nicht warten, wenn sie nicht beide bis zum Auto tragen wollten. Und das konnten sie nicht, weil sie dann mit Sicherheit abgeschossen wurden und weil Mitch kaum mehr in der Lage war, einen Mann wie Victor mal eben Huckepack zu nehmen. Sie selber ja schon mal sowieso nicht. Sie konnte höchstens Faye tragen, aber auch das würde sehr schwierig werden, wenn sie dazu noch schiessen sollte. Verdammte Scheisse. Sie hatten es so weit geschafft, es kam gar nicht in Frage, jetzt hier zu scheitern! "Victor! Hey", Aryana war zu dem stark lädierten Mann heran getreten, der so gar nichts mehr mit dem stolzen Soldaten gemein hatte, den er heute Morgen noch verkörpert hatte. Sie hob sein Kinn an, damit er aufhörte, den Kopf ganz sinken zu lassen, blickte ihn mit einem Hauch von Verzweiflung und sehr viel Dringlichkeit an. "Bitte, noch ein paar Minuten..! Du kannst jetzt hier nicht aufgeben, sonst sterben wir... alle", bat sie ihn ein weiteres Mal deutlich, wusste, dass das so ziemlich alles und mehr verlangt war von ihm. Aber wenn er zusammenklappte, konnten sie nicht weiter. Und ihn zurücklassen kam nicht in Frage. Also würden sie geschnappt werden. Victor würde sterben, mit sehr grosser Sicherheit. Mitch würde auch sterben, nur nicht so plötzlich. Eher grausam und sehr, sehr langsam. Sie würde auch sterben, wahrscheinlich ebenso grausam und langsam, sobald die Arschlöcher merkten, dass sie das Abzeichen eines Sergeant auf der Brust trug. Und Faye... Das war es doch, was sie nicht aussprechen konnte und wollte, aber sie wussten es alle. Faye würde auch sterben. Also bitte.. bitte klappte hier jetzt keiner zusammen. Aryanas mittlerweile doch unvermeidbar sorgenvoller Blick war für eine Sekunde zu Faye gewandert, sie wollte gerade irgendwas sagen, als ein neues Geräusch von draussen kam, eines, das sie sofort wieder bis ganz vorne zum Eingang stürzen liess. Und tatsächlich! "Helikopter! Das ist alle Ablenkung, die wir uns wünschen können!", gab sie von sich, liess damit auch gleich wieder die ganze Erleichterung des Momentes in ihrer Stimme mitschwingen. Nein, heute war sie was Emotionen anging wirklich kein besonders schwer durchschaubarer Mensch. Sie trug praktisch ihr Herz auf der Zunge mit jedem Satz, der ihr über die Lippen kam. Aber das war egal, Hauptsache sie kamen hier endlich lebend raus! So war sie auch schon wieder neben ihrer Schwester angelangt, wollte gerade einen Arm um sie legen, um sie für den nächsten Teil des Weges zu stützen, damit sie schneller voran kamen. Nur hatte sie nicht ganz mit dem nassen, blutigen Etwas gerechnet, das sie erwartete, als sie die Hand auf dem Rücken der jungen Frau platzierte. Aryana hielt unweigerlich inne, um nachzusehen, konnte sich ein erschrockenes Keuchen nicht verkneifen, als sie sah, wo das ganze Blut herkommen musste. Ihr Magen drehte sich, ihr wurde vom blossen Gedanken schwindlig und kotzig, wenn sie sich vorstellte, was passiert war. Und wenn draussen nicht in diesem Moment die ersten Schüsse aus dem oder auf den Helikopter abgegeben worden wären, die sie aus ihrer Starre rissen, hätte sie wohl erbrochen oder geheult. "Komm, du... du musst dich festhalten...", wies sie ihre Schwester eindeutig aus dem Konzept geworfen an, legte nun stattdessen deren Arm um ihre eigenen Schultern um sie nach draussen zu führen. Auch wenn Fayes Schmerzen durch das Morphium betäubt sein mussten - anders könnte sie ja kaum fast aufrecht hier stehen - konnte Aryana ihren Rücken nicht berühren. Zu grausam war jede Vorstellung dessen, was ihrem liebsten Menschen angetan worden sein musste. Und das alles nur wegen ihr...
Seit Aryana aufgetaucht war, ging es doch besser voran als in den Minuten davor. Aber noch immer hallten zu viele Schüsse durch die engen Gänge, betäubten ihr Gehör und ihren Kopf, steckten in der Watte, die sie umgab und Faye fragte sich unweigerlich, wie zur Hölle sie hier rauskommen sollten. Nicht, dass sie sich wirklich Sorgen darum machte, es zu schaffen. Aber... irgendwie war da doch die ein oder andere leise Sorge. Um ihre Schwester, die sich fast alleine so vielen mordlustigen Gegnern gegenüber sah. Um Victor, der sich mühevoll Schritt für Schritt in Richtung Freiheit kämpfte, immer mehr mit sich zu ringen schien. Sie erinnerte sich an das Gespräch, das sie zuvor, in der Zelle, als sie noch alleine gewesen waren, gehabt hatten. Vielleicht nicht an die damit verbundenen Emotionen, aber an die Worte. Er hatte schon da so angestrengt versucht, wach zu bleiben. Aber er war letztendlich eingeschlafen. Und jetzt besass er nicht mehr Energie als dort, hatte nicht mehr, das ihn im Hier und Jetzt behielt. Er durfte nicht ohnmächtig werden, das hatte sie schon begriffen. Und sie auch nicht. Aber es war so anstrengend, so schwierig... Und als sie nach etlichen Minuten endlich den Eingang erreichten, war es nur noch ihr unbändiger Wille, ihre liebsten Menschen nicht sterben zu lassen, der sie wach hielt. Mit dem sie sich immer wieder von der verlockenden Ruhe und Erholung, dem Frieden und der Harmonie losriss, die mit weichen Wolkenarmen nach ihr greifen wollten. Sie hörte die weit entfernten Worte, die Mitch und Aryana wechselten. Aber es fiel ihr schwer, diese zu entschlüsseln und sie sah den Sinn darin auch nicht, da keiner dabei mit ihr sprach. Stattdessen lag ihr schläfriger Blick auf Victor, der neben ihr langsam die Augen zufallen liess. "Nicht... einschlafen...", hauchte sie ihm zu, wahrscheinlich viel zu leise, als das er es in seinem Zustand hörte. Aber es waren alle Worte, die sie aussprechen konnte. Aryana trat herbei, sprach ebenfalls mit Victor und diesmal hörte Faye alle Worte. Konnte ihnen auch mehr oder weniger folgen. Doch ihre Schwester hüpfte Sekunden später schon wieder zum Eingang zurück, redete etwas von... Helikopter. Ablenkung? Wieder dauerte es einen Moment, bis die junge Frau den Zusammenhang verstand, so lange, bis der Sergeant neben ihr stand und den Arm um sie legte. Sie merkte gar nicht, dass Aryana innehielt, war zu beschäftigt damit, nachzudenken, die Augen wieder weiter aufzureissen und dankbar den Arm um die Schultern ihrer Schwester zu legen. Diese liess sich dann auch gar keine Zeit mehr, zog sie mit sich zum Eingang, wo sie wieder den Kopf nach draussen streckte, das Maschinengewehr noch immer schussbereit in ihrem unverletzten Arm, mit dem sie Faye nicht festhielt. Es schienen tatsächlich alle Gegner abgelenkt zu sein, zumindest für diesen einen Moment, weshalb Aryana sich keine Zeit liess und auf direktem Weg zum wahrscheinlich schon vorher georteten, ersten Deckungsfelsen etwas abseits des Eingangs zu laufen, solange der Helikopter noch nicht wieder abgedreht hatte.
This is your life, it's do or die, the sun may never rise again, so be the light the vision. This is your life, it's slipping by, you try to run but fall again, you get back up that's living.
Einen richtigen Plan für die Ablenkung hatte also auch Aryana sich noch nicht überlegt gehabt - wann auch? -, aber es schien als gäbe es einen kleinen Funken von Hoffnung in der ausweglosen Situation. Es grenzte wohl an ein Wunder, dass wir wirklich so viel Glück hatten, dass die mehr oder weniger angeforderte Verstärkung tatsächlich auch zeitnah eintraf und uns damit zumindest ein klein wenig Luft zu Atmen gab. Den Hauch einer Chance, noch lebend aus dieser Hölle raus zu kommen. Also hing es viel mehr nur noch an Victor, mir jetzt nicht ganz wegzuklappen, sondern mit Ach und Krach auf den Beinen zu bleiben. Auch der Sergeant redete noch einmal auf den jungen Mann ein, der daraufhin schwach zu nicken und sich ein wenig aufzurichten versuchte, auch wenn ihm das weiterhin nur wenig bis gar nicht glückte. Er nahm wieder minimal mehr Gewicht auf seine eigene Achse und dafür war vor allem ich ihm unheimlich dankbar, weil er ganz einfach verdammt schwer war auf Dauer. Aryana begann damit Faye zu stützen, kurz bevor sie sich im Schutz des Helikopters mit ihr nach draußen bewegte. Ich selbst wartete jedoch, bis sie sich zur zweiten Deckung vorgearbeitet hatte, weil es zu viert dahinter doch durchaus hätte knapp werden können. Ich nutzte die wenigen Sekunden dazu noch einmal durchzuatmen und die Pistole wieder anzuheben, für den Fall der Fälle, dass eben doch nicht jegliche Aufmerksamkeit auf dem metallenen Vogel am Himmel lag. Noch ein letzter Kontrollblick zu Victor, der nach wie vor nur halb geistig anwesend zu sein schien, dann setzte ich vor mich hin fluchend so zügig wie nur irgendwie möglich zum Gehen an. Rettete mich noch unbemerkt hinter den ersten brauchbaren Felsen, folgte den beiden jungen Frauen einige Meter weit mit dem notwendigen Abstand. Es lief etwa die Hälfte des restlichen Rückweges so gut, wie es nur hätte laufen können, bis der Helikopter das erste Mal kurz abdrehen musste. Wahrscheinlich entweder deshalb, weil einer der Männer an den seitlichen Geschützen getroffen war oder die Erwiderung des Feuer punktuell sonst zu viel Schaden am Vogel anrichtete, um selbst wieder heil nach Hause zu kommen. In der folgenden Minute schien uns ein Teil der draußen postierten Kämpfer zu entdecken und startete einen Angriff. Ich konnte von Glück reden, dass ein Maschinengewehr auf diese Distanz nicht so treffsicher war und die Kugeln lediglich neben Victor und mir im Boden einschlugen, bevor ich uns hinter den nächsten Felsen gerettet hatte. An letzteren lehnte ich mich dann schwer atmend und wagte einen vorsichtigen Blick zurück in Richtung des Stützpunktes an der Kante des Felsens vorbei. Prompt zischten wieder ein paar Schüsse in meine Richtung von Soldaten, die offensichtlich die Verfolgung aufgenommen hatten, weshalb ich mich noch einmal hinter den Felsen zurückzog und in der nächsten Pause des Kugelhagels mit gehobener Pistole zurück schoss. Der Rückstoß war angesichts meiner Erschöpfung nicht mehr so leicht wegzustecken, aber immerhin traf ich einen von beiden. Der Andere wurde wohl von dem Helikopter getroffen, der nach einer kurzen Runde aus anderer Position wieder den Angriff aufnahm. Aber trotzdem sollte es das nicht gewesen sein. Obwohl sie mit dem Helikopter beschäftigt waren, der eine immense Bedrohung darstellte, wollten sie uns nicht kampflos ziehen lassen. Es wurde schwieriger Pausen zwischen den Schüssen auszumachen, während wir uns weiter von Deckung zu Deckung hangelten und wir zwischendurch das Feuer auch noch erwidern musste, damit uns keiner zu nahe kam. Es dürften nur noch knapp fünfzig Meter bis zum Erreichen des Wagens gewesen sein, als Victors Beine den Spaß nicht mehr mitmachen wollten. Genug hatten, nicht mehr konnten. Er knickte mir auf dem Weg zu einem der letzten Felsen einfach weg, riss mich damit vollkommen aus der ohnehin kaum noch vorhandenen Balance und es war unvermeidbar, dass wir unsanft auf dem staubig dreckigen Boden landeten. Der dadurch verursachte Schmerz an der Hüfte ließ mich schwer aufkeuchen, presste mir die Luft aus der Lunge. Es war meiner langjährigen Gefechtserfahrung und purem Überlebensinstinkt zu verdanken, dass ich mich dennoch gleich nach dem wieder aufsammeln der Pistole aufzuraffen versuchte. Trotzdem dauerte das ganze Szenario einfach zu lang. Als ich gerade erst wieder auf den Beinen stand, traf mich die nächste Kugel. Sie durchlöcherte mir unbarmherzig von hinten die Schulter und hätte mich damit beinahe fast ein zweites Mal zu Boden befördert. Aber auch für das Erleiden von Schmerz war jetzt keine Zeit. Nach einem schmerzvollen Aufschrei und sichtbarem Straucheln meinerseits packte ich Victor also kurzerhand unter den Schultern und zog ihn schnellstmöglich hinter den Felsen, den wir schon vor etlichen Sekunden hätten erreicht haben sollen.
Sie durften nicht sterben, nein... natürlich war Faye weiterhin meine absolute Priorität und daran würde wohl auch nie wieder Irgendjemand etwas ändern können. Dennoch hatten es auch weder Aryana, noch Mitch verdient, hier mit mir zu Grunde zu gehen, nur weil sie den Mut und den Leichtsinn besaßen, uns hier alleine rausholen zu wollen. Eine solche Tat sollte wirklich Niemand mit dem Leben bezahlen müssen, ganz gleich wie dumm sie sein mochte. Von meiner unschuldigen, kleinen Faye mal ganz zu schweigen. Ich wollte nun wirklich nicht der Grund dafür sein, dass sie ihr Leben lassen musste. Sie hatte durch die gemeinsame Folter mit mir schon mehr als genug gelitten. Und ich wollte doch auch leben... mit ihr. Für immer. Ganz egal wo, Hauptsache zusammen. Obwohl Aryanas Worte nur dumpf an meine Ohren gedrungen waren, ebenso wie Mitchs', und ich Fayes leise Bitte nicht einmal hörte, wollte ich hier nicht aufgeben. Nicht so kurz vor dem Ziel. Nicht, bevor Faye nicht in Sicherheit war. Also raffte ich mich ein weiteres Mal auf zu folgen und vor allem wach zu bleiben, auch wenn man letzteres nicht mehr richtig als solches definieren konnte. Ich stolperte hinter den Anderen so vor mich her, versuchte Mitch so gut es ging irgendwie zu entlasten, aber es war eine fast unmachbare Aufgabe. Weder hatte ich Kraft dazu, noch konnte mein Gehirn bei all dem Blutmangel meine Bewegungen genau genug koordinieren. Eine Weile, in der immer mal wieder beiläufig Kugeln an uns vorbei zischten oder ein Helikopter über unsere Köpfe hinweg flog, ging das noch gut, obwohl meine Augen nach wie vor nicht so recht offen bleiben wollten. Jeder einzelne meiner Schritte war mehr nur ein Schlurfen und absolut schmerzhaft, aber ich schleppte mich bereits vollkommen am Ende auf Teufel kaum raus mit der Hilfe des Soldaten weiter, der mich nun schon eine ganze Weile zu stützen hatte. Jedoch kam dennoch der Punkt, an dem es wirklich einfach nicht mehr ging, ganz gleich wie sehr ich es auch wollte. Der Wille war da, aber die Ressourcen ganz einfach nicht mehr. Ich wurde nur für höchstens eine Sekunde ohnmächtig, bevor mich der harte Aufprall am Boden auf sehr schmerzhafte Art und Weise erneut wach rüttelte. Wach war allerdings relativ, blieb ich mit flackernden Lidern doch einfach reglos liegen, während meine wandelnde Krücke schon zurück auf die Beine fand. Dass er erneut getroffen wurde bekam ich gar nicht mit, stöhnte nur unter Schmerzen auf, als er mich dann weiter über den Boden zerrte und mit dem Rücken an den Felsen lehnte. Es dauerte noch einen Moment lang, in dem er sich die offenbar schmerzende und blutende Schulter hielt, kurzzeitig mit dem anderen Arm das Feuer erwiderte, bevor er mich vom Boden aufzuheben versuchte. Jedoch blieb jener Versuch erfolglos und ich sackte wie ein nasser Sack zurück auf den Boden, als Mitch dahingehend das Handtuch warf. "Ich schaff's nicht allein, Aryana. Du musst Faye zuerst am Wagen absetzen... und mir helfen.", ertönten diesmal ziemlich laute Worte seitens des jungen Mannes, der unweit von mir entfernt stand und sich kurz danach wohl selbst eine Ladung des Morphins verpasste, aber selbst die drangen nur minder bis zu meinen Ohren durch, kamen höchstens zur Hälfte an. Hauptsache Faye saß schon im sicheren Inneren des Wagens, ja. Das war gut.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Ohne den Helikopter wären sie alle gestorben. Ganz gleich wie weit sie es geschafft hatten, egal, wie hoffnungsvoll sie hätten werden können, sobald sie den Eingang erreicht hatten. Das, was draussen folgte, war russisch Roulette und absolut tödlich. Jedes Mal, wenn sie hinter einem Felsen hervor blinzelten, konnten sie von Glück reden, nicht direkt das Gehirn durchlöchert zu bekommen. Aber irgendwie kamen sie auch hier vorwärts, wie gesagt hauptsächlich dank dem Helikopter, der sehr erfolgreich von ihnen ablenkte, indem er die Sniper wie auch jeden anderen auftauchenden Gegner attackierte. Eine Weile ging das gut. Ziemlich lange sogar. Aryana zog Faye mit sich, nahm sie nach dem dritten Felsen kurzerhand Huckepack, weil die jüngere Cooper ihr einfach zu langsam von Deckung zu Deckung torkelte. So hatte sie immerhin beide Hände frei, während Faye sich an sie klammerte. Und das war dann nach gut der Hälfte des Weges auch bitter nötig. Der Helikopter drehte ab, war wohl nur wenige Minuten - wenn überhaupt - weg, aber das reichte aus, um hier komplettes Chaos zu streuen. Denn auch wenn sie sich bemühten wie sonst was, schien irgendwer sie entdeckt zu haben. Und dann hagelte es Kugeln, immer wieder und gefühlt aus jeder Richtung. Es war schwierig, auch nur einen Felsen weiter zu kommen, ohne die Deckung des Helikopters. Und auch, als dieser zurückkam, schienen ihre Gegner nicht alle aufgeben zu wollen. Viele von ihnen krochen zurück in ihre Verstecke oder schossen auf den gefährlichen Vogel in der Luft, aber Einige beharrten darauf, ihre Gefangenen nicht so einfach entkommen zu lassen. Und so musste Aryana immer wieder zurück feuern, sich immer wieder hinter Felsen ducken, die eigentlich zu wenig Schutz für zwei Personen darstellten. Aber sie kamen voran, immer näher zum Auto. Bis Faye plötzlich zusammenzuckte und aufkeuchte, plötzlich wieder ganz wach zu sein schien. Aryana rettete sich bis in den Schutz der nächsten Deckung, fragte, was passiert sei, aber alles, was zurückkam, war ein leises, kraftloses "Nichts..." Natürlich glaubte sie das nicht. Aber sie konnte nicht weiter fragen, konnte Faye nicht eben abstellen, um nachzusehen. Sie mussten hier weg, alles andere war gezwungenermassen zweitrangig. Und dann schrie auch schon Mitch. Und Aryana sah in dem fahlen Licht, das ihnen hier draussen Fluch und Segen zugleich war, dass er Victor auf dem Boden hinter einen Felsen schleifte. Gleich darauf der ernüchternde Bericht, dass es so nicht mehr ging. "Bin gleich bei dir", erwiderte sie laut genug für Mitch, ehe sie sich sofort abwandte, um den restlichen Weg mit ihrer Schwester zu eilen. Offenbar hatte auch die Helikopterbesatzung sie mittlerweile entdeckt, denn die Schützen, die bis eben noch auf sie geschossen hatten, schienen alle aus dem Weg geräumt zu sein. Das war gut, weil Aryana kaum auch noch hätte schiessen können, während dem Rennen und Verstecken. Auch sollte keiner wissen, wo das Auto denn wirklich versteckt lag, wenn sie gleich Faye dort deponierte und schutzlos zurückliess... Sie erreichte das Fahrzeug zeitnah, riss die Tür des Rücksitzes auf und bugsierte ihre Schwester dort auf den Sitz. Diese liess sich sofort kraftlos ins Leder sinken, die Augen geschlossen, während ihre Hand irgendwie verloren, langsam die Seite ihres Oberschenkels abtastete. Aryanas Blick wanderte dorthin, weil es die einzige Bewegung war, die von Faye überhaupt noch kam. Und da war Blut. Noch mehr Blut, verdammt! Das musste eine Kugel gewesen sein und sie hatte es nicht mal richtig gemerkt! Sie fluchte verloren vor sich hin, war drauf und dran, die Brünette hier zu verarzten. Aber Mitch wartete. Und sie hatten alle Kugel eingefangen, bluteten alle und wenn sie jetzt nicht zuerst Mitch und Victor holte, hatten sie keine Kraft mehr, um es überhaupt bis zum Auto zu schaffen. Darum war alles, was sie für den Moment tun konnte, ein sehr umprofessioneller, in unter dreissig Sekunden über der Hose angelegter Druckverband, der Faye immerhin vor dem Verbluten retten sollte. Man sah ja nicht mal, ob da eine Kugel drin steckte oder ob es ein Streifschuss war. Nur Blut. Überall so viel Blut... "Ich bin gleich wieder bei dir, Faye... Bleib einfach sitzen und halt durch, okay?", murmelte sie der jungen Frau zu, wartete ein tonloses "Ja" ab, ehe sie die Tür wieder schloss, sich prüfend umsah, ob auch ja keiner sie gesehen hatte. Dann rannte sie zurück, verharrte nochmal deutlich kürzere Zeit zwischen den einzelnen Läufen hinter den Felsen, hatte Mitch und Victor so ziemlich bald erreicht. Und beide sahen scheisse aus. Aber sie mussten weiter, genau, weil sie eben so scheisse aussahen. "Verdammt...", murmelte sie, nachdem sie die Situation innert Sekunden aufgefasst hatte. Da aber auch tausend Flüche Victor nicht wieder auf die Beine bringen würden, blickte sie kurz zu Mitch. Hatte wohl eine Kugel an der Schulter eingefangen. Glücklicherweise nicht am gleichen Arm wie sie, weshalb sich so neben Victor platzierte, dass Mitch die andere Seite übernehmen konnte, die verletzte Schulter so möglichst nicht belasten musste. Mit je einem seiner Arme um die Schultern gelegt, zogen sie den verletzten Soldaten zurück auf die Füsse. Allein das war ein wahrer Kraftakt seitens jeder beteiligten Person - aber irgendwie bekamen sie das hin. Und dann schleppten sie sich zum nächsten Felsen. Unterwegs flogen die nächsten Kugeln in ihre Richtung. Und Aryana schleppte sich schneller weiter, auch wenn sie das Gefühl hatte, nächstens ebenfalls zu kollabieren. Sie mussten einfach, nur noch so wenige Meter und sie hätten es bis zum Auto geschafft!
Faye war ihrer Schwester mehr als dankbar, als diese nach kurzer Zeit beschloss, dass ihre müden Beine eindeutig nicht mehr zum Gehen taugten. Zwar sollte sie sich im Folgenden mit aller Kraft an Aryana klammern, um nicht plötzlich nach unten zu rutschen, aber selbst hier half ihre Retterin ihr mit ihrem freien Arm so oft sie konnte. Fayes Augen waren sehr bald zugefallen, auch wenn sie zuerst noch versucht hatte, dabei zu helfen, die Gegner auszumachen. Es drehte sich alles viel zu schnell und sie war so unglaublich müde, dass ganz einfach nichts anderes mehr drin lag, als die schweren Lider endlich sinken zu lassen. Sie kamen auch gut voran, soweit sie das noch mitverfolgen konnte. Aber sie wusste ja auch nicht, wo das Auto stand. Falls denn überhaupt ein Auto da war, aber das musste fast so sein... Oder? Ja, irgendwie schon. Jedenfalls rannte Aryana ziemlich oft von Fels zu Fels. Bis plötzlich wieder vermehrt Schüsse fielen. Zwar vermochten selbst die nicht, Faye wieder ganz aufzuwecken, aber sie hörte es trotzdem, irgendwo am Rande. Und dann auf einmal nicht mehr nur so am Rande, als sie die Kugel spürte, die ihr Bein getroffen haben musste. Sie wusste sofort, dass es eine Kugel gewesen sein musste, hatte es hier doch keine Pflanzen, die sie streifen könnten und auch sonst gar nichts ausser Felsen und Dreck und Steine und eben Kugeln. Das Ding musste sich direkt in ihren Oberschenkel gebohrt haben und da nun stecken, so wie sie das beurteilen konnte. Und das warme Blut nässte ihre Hose. Faye spürte es. Nur konnte sie nichts tun, wollte nur noch viel lieber einfach endlich ganz in der Watte verschwinden, die sie umgab. Einfach endlich schlafen und nichts mehr hören, nichts mehr sehen, nichts mehr tun und vor allem endlich nichts mehr fühlen. Irgendwann redete Mitch. Und Aryana. Und dann rannte Aryana weiter. Und dann kam das Auto. Sie wurde auf den Rücksitz gesetzt. Ihre Hand suchte erneut die feuchte Stelle ihrer Hose. Aryana musste das gesehen haben, denn gleich darauf erklang ihre Stimme wieder, leise, fluchend. Dann bastelte sie etwas an Fayes Bein herum. Und dann redete sie wieder. Faye verstand die Worte nicht wirklich, aber ihr Gehirn sagte trotzdem, dass ein Ja angebracht wäre. Und so brachte sie das leise über die Lippen, schlug gerade mühsam die Augen auf, als ihre Schwester sich abwandte, die Autotür zu schob und weg rannte. Das Morphium sollte eigentlich verhindern, dass Faye die Panik noch spürte. Aber in diesem Moment war sie wieder da. Weil sie alleine im Auto sass. Weil Aryana da draussen im Kugelhagel war. Und Victor. Und Mitch. Und weil sie wusste, was passiert war, weil sie wusste, was passieren konnte. Weil sie wusste, wie es Victor ging. Und dass die anderen beiden ebenfalls bluteten. Und weil sie solche Angst hatte, sie zu verlieren. Wieder wollte ihr Körper weinen, wieder waren keine Tränen mehr da. Und obwohl sie nicht schlafen wollte, weil sie den anderen lieber zu Hilfe geeilt wäre, fielen ihre Augen zu. Wann war es denn endlich vorbei..? Wann waren sie endlich in Sicherheit? Alle? Lebend?
This is your life, it's do or die, the sun may never rise again, so be the light the vision. This is your life, it's slipping by, you try to run but fall again, you get back up that's living.
Warum musste das jetzt noch passieren? Von dem nicht in Worte zu fassenden Schmerz in meiner Schulter mal ganz abgesehen, tat mir ohnehin durch den unsanften Sturz gefühlt jede Faser meines Körpers weh. Ich atmete unregelmäßig, war einfach kaputt und langsam aber sicher am Ende meiner Kräfte angelangt. Der Sturz und die Kugel hatten mir jetzt wirklich den Rest gegeben und obwohl ich es nicht wollte musste ich mir nach zwei kurzen, erfolglosen Versuchen Victor wieder hoch zu bekommen eingestehen, dass ich es nicht schaffte. Allein brauchte ich leider Gottes einfach beide Arme dafür und entweder war eine wichtige Muskelpartie in der Schulter betroffen, oder aber ein Knochen. Es fühlte sich zweifellos so an, als würde damit Irgendwas so gar nicht stimmen und dass jegliche Belastung zunehmend unmöglich wurde, unterstrich mir das ziemlich deutlich. Also musste Aryana mir wohl oder übel mit dem jungen Mann, der inzwischen sicher bewusstlos geworden war und leicht schief an den Felsen gelehnt dasaß, helfen. Das Morphin, das ich mir verpasste, war mehr proforma. Natürlich würde es auch den Schmerz in Hüfte und Schulter bald betäuben, aber hauptsächlich dachte ich mir dabei, dass ich einem möglichen Schock entgegen wirken wollte. Ich verlor nicht wenig Blut und es steckten nach wie vor zwei Fremdkörper in meinem Fleisch, die abgesehen von dem Blei selbst auch allerhand Bakterien mit in die Wunde genommen haben könnten. Ein Zusammenbruch meines Kreislaufs wäre hier mehr als ungünstig und die Rückfahrt sollte ich besser auch noch durchhalten können. Dass das Opiat auch die Schmerzen verdrängen würde war natürlich trotzdem ein sehr willkommener Nebeneffekt, der mir den Rest der Rückreise deutlich erleichtern würde. Als sich Aryana dann sogleich mit Faye weiter auf den Weg machte, behielt ich die entgegen gesetzte Richtung im Blick, waren die durch die Luft fliegenden Kugeln doch noch immer deutlich zu hören. Hielt ihr damit neben dem Einsatz des Helis den Rücken frei so gut ich konnte, machte dabei jedoch so oft wie möglich war Pausen, um auf die Wunde an meiner Schulter Druck auszuüben. Sofern machbar die Blutung ein wenig einzudämmen. Gefühlt dauerte es eine Ewigkeit, bis ich endlich wieder Aryanas Silhouette aus Richtung des Wagens kommen sah und wir Victor hier wegschaffen konnten. Die Pistole wanderte zurück in ihre Halterung, als wir den Invaliden mit gemeinsamer Kraft vom Boden hoch stemmten, weil mein zweiter Arm ohnehin nicht des Schießens fähig war. Wir zögerten nicht, sondern setzten uns sofort wieder in Bewegung, um endlich dem Kugelhagel entfliehen zu können, was mir Dank des starken Schmerzmittels glücklicherweise ein wenig leichter fiel als zuvor. Auch meine so angespannten, gereizten Lungenflügel schienen sich dadurch zu entspannen und so hatte ich das Gefühl wieder etwas mehr Sauerstoff zu bekommen. Trotzdem waren die letzten Meter bis zum Fahrzeug unsagbar anstrengend und bei jedem Blick über die angeschossene Schulter hinweg bemerkte ich, dass der klägliche Rest der Verfolger näher kam. Es war also schon mehr als höchste Eisenbahn, als wir schließlich an dem Wagen ankamen, in dem Faye bereits auf uns wartete. Ich zog die hintere Tür der anderen Seite des Wagens mit der freien Hand auf, bevor ich Victor gemeinsam mit Aryana auf den Rücksitz verdonnerte. Dann den jungen Mann noch vorsichtig anschnallte, ehe ich die Tür zügig zuschmiss und noch während ich mich selbst auf den Beifahrersitz zog - fahren fiel Aryama nämlich sicher leichter als mir zum gegebenen Zeitpunkt - hörte ich an der Rückseite des gepanzerten Wagens Kugeln abprallen. Ich duckte mich reflexartig beim Zuziehen der Tür und griff danach wieder nach meiner Pistole, um die Arschlöcher zu vertreiben.
Eine Weile lang kämpfte ich noch gegen den seligen Schlaf an, weil ich nicht schlafen wollte. Obwohl es mir Schmerzlinderung und gänzliche Ruhe verschafft hätte, würde es mir gleichzeitig auch verhindern sicher zu sehen, dass mein brünetter Engel sicher von hier weg kam. Aber selbst dann, wenn ich von der Schusswunde an ihrem Bein gewusst hätte, wäre ich wohl nicht mehr lange bei Bewusstsein geblieben. Mein Körper war schon unten in der Zelle am Ende gewesen und ich konnte wohl wirklich von Glück reden, dass ich der Einzige des gesamten Trupps zu Fuß war, der sich keine Kugel einfing. Dass ich überhaupt noch einmal bis zu diesem Punkt durchgehalten hatte grenzte an ein schieres Wunder - war wohl auch nur durch blanken Überlebenswillen zustande gekommen - und zumindest konnte ich von mir behaupten, dass ich es bis zum Schluss versucht hatte. Ich hatte wirklich Alles dafür gegeben, dass Faye nicht zusätzlich zu all dem körperlichen Schmerz, der sie bestimmt eine halbe Ewigkeit verfolgen würde, auch noch Verlustschmerz erleben musste, weil ich die Heimreise nicht schaffte. Es gab Nichts, was ich mehr wollte. Kein anderes Ziel, das es gerade zu verfolgen gab. Dennoch kroch die Dunkelheit dann wieder vollends über mich und legte den angenehmen Schleier über all meine aufs Äußerste gereizten Sinnesorgane. Ich bekam Nichts mehr davon mit, dass ich letztendlich erneut aufgehoben und den Rest des Weges beidseitig getragen wurde. Beziehungsweise geschleift, weil ich keine Schritte mehr machte, sondern nur mehr mit den Füßen über den sandigsteinigen Boden streifte. Also blieb mir ebenfalls verwehrt bewusst mitzubekommen, dass ich endlich bei Faye im Wagen ankam und es zeitnah auf den Heimweg gehen würde. Wir die Hölle endlich hinter uns ließen und der Wagen sich unter Beschuss stehend final in Bewegung setzte, um uns ins rettende Zuhause zurück zu bringen.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Die jahrelang antrainierte Kraft und Stärke, die ihr Körper heute bewies, waren zusammen mit der unfassbaren Panik davor, ihre Schwester zu verlieren, wohl die Hauptgründe dafür, dass die Brünette es mit Mitch zusammen überhaupt schaffte, Victor bis zum Auto zu schleppen. Trotz ihrem durchlöcherten Arm und dem mittlerweile doch auch bedenklichen Blutverlust, der sich Anhand von langsam eintretendem Schwindel und purer Erschöpfung doch auch gerne mal zeigen wollte. Aber auch wenn es ihnen beiden - besonders Mitch - nach und nach schlechter ging, sie theoretisch kaum mehr in der Lage sein sollten, überhaupt zu gehen, kamen sie dem Auto Schritt für Schritt näher. Erreichten es schliesslich sogar und hievten Victor mit den letzten vereinten Kräften auf den Rücksitz. Aryana liess sich keine Zeit damit, sich im Anschluss direkt hinters Lenkrad zu klemmen und den Motor anzuschmeissen. Spätestens jetzt wusste jeder, wo das Auto war, da sie auch das Licht hatte anmachen müssen, aber den Schüssen nach zu urteilen, war das sowieso kein Geheimnis mehr gewesen. Sie lenkte den Wagen in ziemlich halsbrecherischem Tempo den Hügel hinab, schaltete bis zur Strasse an dessen Fuss gerade mal einen einzigen Gang hoch, weil ihr Arm sie schon dafür umbringen wollte. Und dann gab sie noch mehr Gas um den Schüssen zu entkommen, weil sie unbedingt hier raus sein mussten, bevor ihre Gegner sich eine Strategie ausgedacht hatten. Bevor sie auf die Idee kamen, Granaten und Raketen zu werfen, um ihre Flucht in ein definitives Todesurteil für sie alle zu verwandeln. Denn noch waren sie auf wundersame Art und Weise alle am Leben. Auch wenn auf dem Rücksitz eindeutig doppelte Ohnmacht herrschte, die Köpfe beider Passagiere kraftlos nach unten hingen und bei jeder Unebenheit in der Strasse unschön hin und her schlingerten. Je weiter sie sich von den Hügeln entfernten, umso seltener wurden die Schüsse in ihrem Rücken. Eigentlich hatte Aryana fast noch mit einer unbarmherzigen Verfolgungsjagd gerechnet. Aber wahrscheinlich war es dem Helikopter, der fast direkt über ihnen schwebte, zu verdanken, dass sie von da an in Ruhe gelassen wurden. Sie wusste es nicht, hatte aber auch keine Zeit, sich darüber Gedanken zu machen, so wie sie über die holprigen Strassen schoss. Ab und zu warf sie einen Blick zum Rücksitz, aber selbst wenn sie es versuchen würde, könnte sie bei diesem Tempo nicht erkennen, ob Faye atmete. Sie musste einfach. Durfte nicht sterben. Etwa auf halbem Weg zurück machte Aryana das Funkgerät des Autos an, um der Basis den aktuellen Stand der Dinge mitzuteilen. Dass sie alle lebten. Dass Victor wohl dringend Blut brauchte, um nicht doch noch das Zeitliche zu segnen. Und Faye auch. Und Mitch... wohl auch. Sie bemühte sich, alles Relevante möglichst akkurat zu beschreiben, damit der Arzt vorbereitet wäre. Ihre eigenen Verletzungen liess sie auch auf Nachfrage erstmal aus. Sie brauchte vorerst nur einen Verband und den konnte sie sich bestenfalls sogar selber anlegen. Im Gegensatz zu den beiden auf der Rückbank, schwebte sie nicht in Lebensgefahr... Auch wenn die Erleichterung unfassbar war, als in der Ferne endlich das Camp in Sichtweite kam.
Faye ist erstmal Bisschen bewusstlos.. x'D
This is your life, it's do or die, the sun may never rise again, so be the light the vision. This is your life, it's slipping by, you try to run but fall again, you get back up that's living.
Eine kurze Weile lang schoss ich während der Fahrt noch zurück, aber lange war das nicht machbar. Zwar waren die Schmerzen zum Glück vorüber, was angesichts der holprigen Fahrt auch notwendig war oder mir zumindest eine ganze Menge Leid ersparte, aber die mangelnde Kraft im eigenen Körper brachte das Morphium einem selbst eben leider nicht zurück. Außerdem war und blieb es unangenehm, mich dabei so stark verdrehen zu müssen, also ließ ich es nach ein paar Schüssen dann einfach bleiben. War ohnehin fragwürdig, inwiefern ich noch etwas traf und so widmete ich mich wieder meiner demolierten Schulter. Ließ die Pistole, nachdem sie gesichert war, einfach in den Fußraum fallen und hielt mir die Schusswunde, die glücklicherweise genauso wie unsere stärker Verletzten auf der Rückbank in naher Zukunft eine Behandlung erfahren würde. Meine Hüfte blutete inzwischen etwas weniger, aber auch jene Blutung war natürlich nicht ganz verklungen, was angesichts der vielen Bewegung keine Überraschung war. In jedem Fall verlor ich zu viel Blut, als dass ich die Flucht noch ewig weiter durchgehalten hätte. Es war wie ein Segen, als der Lärm der Schüsse endlich weniger wurde und schließlich ganz endete. Dadurch wurde mir überhaupt erst bewusst, wie sehr mein Schädel inzwischen von all dem Lärm dröhnte, ich einen unangenehmen Druck an den Schläfen empfand. Auch da kam mir das Morphin aber sicher wieder zu Gute. Ich sah während der Rückfahrt immer mal wieder zu Aryana, seltener auch auf den Rücksitz. Ich verstand wie so oft nicht, weshalb sie so vollkommen selbstlos gar nicht erst ihre eigenen Wunden erwähnte. Die Brünette hätte sich mit der Behandlung ja dennoch hinter Faye und auch Victor anstellen können, sie schadete damit Niemandem außer sich selbst vielleicht. Aber das war wohl eine dieser Angelegenheiten, in die sich die junge Frau niemals reinreden lassen würde, weshalb ich keinerlei Anstalten dazu machte, irgendwie beim Funkspruch mitmischen zu wollen. Als das Camp dann in Sicht war, wurde mir ziemlich mulmig. Eigentlich sollte ich wahrscheinlich froh darüber sein, dass ich es tatsächlich lebend zurück schaffen würde und das sogar mit erfolgreicher Ausbeute. Jedoch fiel mir das angesichts der Tatsache, dass Aryana nach wie vor im Sinn stehen könnte, mich an Ragan zu verpfeifen, ziemlich schwer. Wenn das so war, dann wollte ich nicht zurück, ganz gleich ob mich das das Leben kosten würde. Dass ich Faye und Victor aus dem Keller des Berges geholt hatte, machte meine vorherigen Taten keineswegs ungeschehen und es graute mir noch immer davor, hinter Gitter wandern zu müssen. Aber die Wahl dieser Entscheidung lag nicht bei mir, sondern auf der jungen Frau, die das Fahrzeug letzten Endes hinter den sicheren Mauern des Stützpunkts nahe des Sanitäterzelts zum Stehen brachte. Die unschöne Gedankenkette wurde von mehreren Soldaten unterbrochen, die uns zur Hilfe eilten. Die ersten nahmen sich den Schwerstverletzten auf dem Rücksitz an, trugen beide zügig mittels einfacher Liegen in das große Zelt. Indessen war ich selbst schon vorsichtig vom Beifahrersitz gerutscht und lehnte mich danach gegen das Fahrzeug, weil mein Kreislauf langsam runter fuhr und mir schwindelig wurde, ich zudem etwas wackelig auf den sonst so energisch vorwärts gehenden Beinen stand. Ursprünglich wollten sie auch mir wegen der unteren der beiden Schussverletzungen und meinem wohl nicht mehr ganz klaren Blick eine Trage anbieten, aber ich bestand darauf selber zu gehen und wurde auf den letzten paar Metern von zwei Soldaten gestützt. Im Zelt angekommen nahm ich mehr nur beiläufig wahr, dass ein zweiter Arzt und auch ein Sanitäter - unserer war ja selbst betroffen - aus dem nächstgelegenen Camp zugezogen worden waren, damit weder die schmale Brünette, noch ihr Freund auf eine Behandlung warten mussten. Es dauerte einige Minuten bis der noch recht jung aussehende Sanitäter sich meiner annahm und sich von der Unterstützung der beiden Fachärzte lösen konnte. Bis dahin hatte ich im Sitzen die Augen der Anstrengung wegen geschlossen, während mir eine meiner beiden Wegbegleiter die Wunde an meiner Schulter bestmöglich abdrückte. Dem Sanitäter murmelte ich nur noch zu, dass er sich Schmerzmittel wegen des Morphiums sparen konnte, er einfach loslegen sollte. Es folgte also nur mehr eine Bluttransfusion, bevor er sich nach kurzer Abwägung der beiden Schusswunden zuerst meiner Schulter annahm. Es war unangenehm als er die Kugel herauszog, tat aber nicht weh. Die Kugel steckte tief, stammte dem Projektil nach zu urteilen, das ich zwischen häufigem, müdem Blinzeln auf dem silbernen Tablett erkennen konnte, von einem der beiden Scharfschützengewehre.
Ja passt, wollte Victor jetzt dann auch erstmal weglassen x'D
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Der Helikopter begleitete sie sicher zurück nach Hause. Verhinderte so jegliche Angriffe, die möglicherweise noch hätten folgen können. Und dafür war Aryana einfach nur unendlich froh und dankbar. Alleine hätten sie das nicht geschafft, so viel stand fest... Und noch viel weniger hätte sie es ohne Mitch geschafft. Sie war schon davon ausgegangen, dass es ein Stück weit einem Selbstmordkommando gleich käme, wenn sie ganz alleine ins Rattennest gefahren wäre. Aber sie hätte es trotzdem versucht, weil sie keine andere Option gesehen hatte. Und dann wäre sie bei Faye und Victor gelandet - oder direkt erschossen worden. Auf jeden Fall wären sie jetzt nicht hier, wo sie unbedingt sein mussten. Denn wenn sie heute nicht aufgebrochen wären, wenn sie länger gewartet hätten, vielleicht auch nur bis Morgen, war mehr als fraglich, ob Victor das überlebt hätte. Oder Faye. Die Brünette lenkte das Fahrzeug durch das Tor, welches zügig geöffnet worden war, als man sie hatte kommen sehen. Ob noch immer Jetman dort oben stand? Oder war er ersetzt worden, nachdem sein Vergehen ausgekommen war? Wahrscheinlich schon. Aber das würde sie später regeln, jetzt galt es erstmal, das Auto zum Stehen zu bringen. Als das gemacht war, brauchte sie gar nichts zu sagen und schon wuselten die Helfer um sie herum, hievten ihre Schwester und Victor vom Rücksitz und trugen beide davon. Aryana folgte ihnen mit ihrem Blick, brauchte aber zu lange, um sich von ihrem Sitz auf den staubigen Boden neben dem Auto zu bewegen, sodass sie sich nicht wie geplant direkt an ihre Fersen heften konnte. Eigentlich wollte sie Faye nicht alleine lassen. Nie wieder. Aber besonders jetzt nicht. Nur war das leichter gesagt als getan, jetzt, wo das ganze Adrenalin langsam aus ihren Adern geschwemmt war, sie das volle Ausmass ihrer blanken Nerven und purer Erschöpfung zu spüren bekam. Seit heute Nachmittag stand sie vollkommen unter Strom, wurde nur von der schrecklichsten Panik, ihre Schwester zu verlieren, regiert. Und davor hatte sie auch schon zwei Nächte kaum geschlafen wegen einer ganz anderen Sache, die gerade so irrelevant geworden schien. Es war also, wenn man den Blutverlust ebenfalls noch dazurechnete, absolut keine Überraschung, dass ihr Körper und ihr Geist langsam nicht mehr konnten. Sie schleppte sich langsam um das Auto herum, hielt sich mit einer Hand dabei die ganze Zeit an dem Metall fest, um ja nicht zu kippen. Vor dem Wagen blieb sie wieder stehen, lehnte sich schief dagegen, während sie mühsam vor sich hin atmete, versuchte, nicht schon wieder zu weinen. Aber auch jetzt war das ein Ding der Unmöglichkeit. Weil sie mit den Nerven schlicht vollkommen am Ende war. Jemand trat zu ihr heran und sie hob versucht kontrolliert den Kopf, erwartete irgendeinen Soldat, der sie fragen wollte, ob es ihr gut ging. Weil möglicherweise nicht allen entgangen war, dass ihr Arm einem schmerzenden, blutenden Scheisshaufen gleich kam. Aber es war kein Soldat, sondern der Lieutenant. Natürlich... Wer sonst. "Bitte... können wir dieses Gespräch einfach... auf Morgen verschieben? Ich.... bin gerade nicht... zu hundert Prozent kritikfähig...", erklärte sie mühsam, wischte sich fahrig über die Augen, versuchte Ragan dabei möglichst nicht anzusehen. "Ich bin nicht hier, um dir Vorwürfe zu machen, Sergeant Cooper. Und ich weiss, dass ich nicht sagen sollte, dass ihr das gut gemacht habt. Weil ihr Befehle verweigert und Regeln ignoriert habt. Aber ich bin froh, dass ihr wieder zurückgekommen seid. Ihr könnt stolz auf euren selbstlosen Mut und eure Leistung sein. Deine Schwester kann sich glücklich schätzen, dich zu haben", das war nicht unbedingt die Art von Ansprache, die Aryana erwartet hatte, was ihr wohl deutlich aus dem Gesicht zu lesen war, als sie mühsam ein leicht verständnisloses Schluchzen zu schlucken versuchte. Ihre Schwester konnte überhaupt nicht froh sein, sie zu haben. Ohne sie wäre Faye nie hierher gekommen. Hätte nie auf diese Art und Weise leiden müssen. "Aber ja, wir reden Morgen. Du solltest jetzt zum Arzt, dein Arm sieht nicht heilig aus... Gute Nacht, Cooper", verabschiedete sich der Lieutenant genauso schnell, wie er gekommen war. Aryana blickte ihm noch einen Moment durch den Tränenschleier nach, wischte sich ein weiteres Mal über die nassen Augen. Sie war nicht stolz. Sie war nicht mutig. Sie hatte nichts Tolles vollbracht. Denn alles, was sie heute verhindert hatte, war nur ihretwegen passiert. Und sie wünschte, sich diese Gedanken nicht machen zu müssen. Sie wünschte, einfach mit ihrer Wunde zum Arzt rennen und alles verarzten lassen zu können. Stattdessen fühlte sie sich, als hätte sie diese Behandlung nicht verdient. Als sollte sie niemals verarztet werden. Als wäre sie besser einfach im Kugelhagel gestorben. Als würde sie besser jetzt an den Folgen der Einschüsse verrecken, elendig und langsam. Wieder kam jemand näher, diesmal war es aber tatsächlich ein Soldat, der sie zum Sanitäterzelt bringen wollte. Jetman. Musste irgendwo gewartet haben... Sie wollte sich bei ihm entschuldigen, für den Ärger, den sie ihm eingebrockt hatte. Aber reden war gerade nicht drin, weshalb sie einfach nur neben ihm her ging, bis er sie ins Innere des Zeltes schob. Sie blieb etwas verloren stehen, setzte sich erstmal auf einen der Stühle, als ihre Beine meinten, aufgeben zu wollen. Mitch sass auf der Liege, wurde offenbar gerade behandelt. Und sie betrachtete ihn träge blinzelnd, während nach und nach alle Gefühle in ihrem Kopf und ihrem Herzen taub wurden, sie sich einfach nur noch leer fühlte. Sie sollte zu Faye... Wenigstens schauen, wie es der kleinen Brünetten ging... Aber sie konnte nicht mehr aufstehen.
This is your life, it's do or die, the sun may never rise again, so be the light the vision. This is your life, it's slipping by, you try to run but fall again, you get back up that's living.
Mein Blick war zu Beginn der ganzen Prozedur auf die zerschnittenen Klamotten und die Schutzweste auf dem Boden gerichtet, während mich all die längst überfällige Erschöpfung einholte. Ich hatte Mühe damit halbwegs gerade sitzen zu bleiben, weshalb der Soldat weiter neben mir stehen blieb und mich leicht an der unverletzten Schulter hielt, damit ich nicht kippte und der Sanitäter weiterhin gut an die Wunde kam. Irgendwas davon faselte, dass die Schulter nach abgeschlossener Erstversorgung noch geröntgt werden sollte, weil er nicht wusste ob der Knochen betroffen sei. Mir persönlich war das Alles im Delirium aus Schmerzmittel und sich verdünnisierendem Adrenalin ziemlich egal, war mein Kopf doch einerseits furchtbar leer und zugleich aber ziemlich voll. Die Schulter war irgendwann nach reichlich Desinfizieren und Entfernen zweier Stofffetzen vorsorglich genäht, damit nicht noch mehr Blut austrat, ehe ich mich wohl oder übel für die Schusswunde an der Hüfte seitlich hinlegen musste. Hätte der vorübergehende Handlanger des Sanitäters mich dabei nicht festgehalten, wäre ich wahrscheinlich ziemlich unsanft auf die Liege gesackt. Die Wunde lag knapp unterhalb des Hosenbunds, weshalb jener inklusive Boxershorts lediglich ein wenig nach unten gezogen wurde. Als ich dann lag und die zweite Kugel aus meinem Fleisch gezogen wurde, hätte ich trotz des unangenehmen Gefühls glatt einschlafen können. Die Kamikaze-Aktion forderte gerade mit vollem Einsatz ihren Tribut und so erwiderte ich Aryanas Blick ebenfalls recht müde. Konnte die Augen nur schwer wirklich auf die junge Frau fokussieren, obwohl ich gerne Irgendwas aus ihrem Blick gelesen hätte. Gerne gewusst hätte, was sie gerade dachte - falls sie denn überhaupt Etwas dachte und ihr Kopf nicht lediglich eben so wirr war, wie mein eigener. Die Wunde an der Hüfte war deutlich schneller wieder geschlossen als die Schulter. Auch der Einschnitt am Arm wurde nach Entfernen des sehr provisorischen Verbands darüber wieder sichtbar und die klaffende Wunde wurde ebenso wie meine restlichen Wunden desinfiziert und wieder zu gemacht. Es war ein wenig grotesk, dass ich mir in diesem Moment tatsächlich die Frage stellte, ob die Narbe sich wieder mit einem Tattoo bedecken lassen würde, nachdem das vorherige damit ziemlich unschön zerstört worden war. Als hätte ich keine anderen Sorgen... jedoch war der Gedanke ebenso schnell wieder verschwunden, wie er gekommen war und ich sah ziemlich geistesabwesend an mir runter, als der Sanitäter mich noch einmal grob unter die Lupe nahm und dann zu seinen hochrangigeren Kollegen verschwand. Womöglich um dort zu helfen oder aber Bericht zu erstatten, vielleicht auch beides. Für einen Augenblick hatte ich meine Ruhe und Mühe damit die Augen weiter offen zu halten, als Jetman mir ein aufheiterndes Lächeln zukommen ließ. Naja, so ganz hatte ich seine Bitte wohl nicht erfüllen können, aber das war auch nicht zu erwarten gewesen. Er schien nur froh zu sein, dass ich nicht draufgegangen war. Nach ein paar mehr Minuten des Nichtstuns nickte ich tatsächlich einfach ein. Ich wusste nicht wie viel Zeit letzten Endes vergangen war, bis sich einer der Ärzte wegen des Röntgens um mich kümmern wollte und ich deshalb aufgeweckt wurde. Aber ich hörte von draußen die schlagenden Rotorblätter eines landenden Helikopters, der in diesem Fall sicher ein Krankentransport war. Ich glaubte kaum, dass Victor und Faye hier bleiben würden und was mich selbst betraf stand das noch für ein paar Minuten in den Sternen. Also ließ ich mich zum Röntgen verschleppen, wo bald feststand, dass der Oberarmknochen nur touchiert worden war. Der ungesplitterte, entstandene Riss selbst wahrscheinlich erst einmal nicht operiert werden musste. Für das dicke Muskelgewebe und die Sehnen außenherum sah es aber weniger rosig aus und dahingehend war dann wohl doch das operative Kitten notwendig. Ich seufzte schwer, angestrengt. Zwar hätte ich mir auch das vorher überlegen müssen, aber ich hatte nur wenig Lust auf Krankenhausaufenthalt, weil ich allein den Geruch dort nicht sonderlich gut leiden konnte. Ich war noch nie dermaßen zerschossen gewesen, dass ich das Camp hatte verlassen müssen. Das war ganz sicher keine Premiere, die ich feiern würde. Trotzdem war es immernoch besser, dass es mich an Stelle eines Anderen getroffen hatte.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Ihr Blick lag eine ganze Weile auf Mitch. Sie beobachtete, wie er verarztet wurde, schaute zu, wie der unbekannte Sanitäter seine Wunden nähte. Aber wirklich mitbekommen, tat sie all das nicht. Trotz der Erschöpfung und der endlosen Müdigkeit, herrschte in ihrem Kopf ein Sturm, der nicht verstummen wollte. Der sie erfolgreich davon abhielt, sich endlich zu beruhigen. Der weiterhin offen die Tränen über ihre Wangen sandte, ihr keine Ruhe lassen wollte. Sie hatte keine Ahnung, wie schlimm Fayes Verletzungen waren. Aber spielte das denn überhaupt noch eine Rolle? Sie war durch die Hölle gegangen und all diese Erfahrungen, diese grausamen Erinnerungen, die Ängste und Alpträume würden ihre Schwester für immer begleiten. Obwohl sie nichts davon je hätte sehen und erleben sollen. Als wären der Tod ihrer Eltern und ihres Bruders nicht schon Gepäck genug für die junge Frau, als würde das nicht reichen, um sie ein Leben lang zu zeichnen. Sie mussten nach Hause. Und mit sie meinte Aryana sie alle. Faye. Victor... und sie selber. Mitch würde es zweifellos auch gut tun, die Scheisse hier endlich hinter sich zu lassen. Aber ihm konnte sie schlecht irgendwo reinreden. Also lag ihr Hauptproblem ziemlich sicher bei ihr selber... denn nach Hause zu gehen, würde sich nicht wie eine Rückkehr in die vertraute Heimat anfühlen. Eher wie ein Weg in die Fremde. Zudem musste sie das erstmal durchbringen. Sie konnte nicht von einem Tag auf den anderen das Handtuch werfen. Aber sie wollte ihre Schwester nicht alleine lassen. Auch nicht in den Staaten... nirgendwo. Nicht jetzt, nicht jemals, nie wieder. Der Sanitäter kam irgendwann zu ihr, wirkte einen Moment lang minimal irritiert oder überfordert, als er sowohl den Badge des Seargents auf ihrer Brust, als auch die Tränen auf ihren Wangen erblickte. Aber dann betäubte er erstmal ihren schmerzenden Haufen eines Armes, desinfizierte die beiden Wunden, nähte den Streifschuss fachgerecht zu und pulte die Kugel aus der anderen Wunde. Sie bekam nicht mit, ob die Kugel im Knochen oder im Fleisch steckte, weil in dem Moment die Geräusche des Helikopters näherkamen und ihre Aufmerksamkeit auf sich zogen. Der Sanitäter schob sie mit leicht verwirrtem Blick zurück in den Stuhl, als sie in ihrer ganzen Verwirrung direkt aufstehen und weiss Gott wohin eilen wollte. Er murmelte irgendwas von wegen er müsse noch nähen und nur noch einen kleinen Moment warten und so liess sie auch den Rest der Behandlung wortlos vorbeiziehen. Als er dann aber fertig war, ihr mit einer Flasche Wasser auch noch zwei Pillen gegen die Schmerzen aufgeschwatzt hatte, sprang sie vom Stuhl, nur um sich direkt im Anschluss erstmal an ebendiesem festzuhalten. Als hätte sie Schwindel und Übelkeit nicht erwartet... Sie torkelte etwas schief und unsicher zum hinteren, durch weitere Zeltblachen abgetrennten Teil des Zeltes, da, wo ihre Schwester und Victor gerade für den Flug bereitgemacht wurden. Und da lag sie, die zierliche Brünette, die in diesem Moment so blass und verletzlich wirkte wie nie zuvor. Sie schlief selbstverständlich tief und fest, während aus zwei verschiedenen Behälter Blut und eine andere, klare Flüssigkeit in ihre Venen gepumpt wurden. Allein dieser Anblick und das weisse Tuch, mit dem ihr ganzer Körper bedeckt war, machten es Aryana verdammt schwer, hier nicht komplett die nur noch äusserst mühsam gehaltene Fassung zu verlieren. Sie würde sie nicht alleine gehen lassen. Und darum ging sie wieder nach draussen, da, wo Ragan schon bereitstand, um ihre nächste ausserordentliche Bitte entgegen zu nehmen. Sie versprach ihm, zurück zu kommen, sobald Fayes Zustand stabil war, sobald sie wieder aufwachte. Nicht, weil sie wollte, aber weil sie sich fast sicher war, dass er sie sonst nicht gehen lassen würde. Denn normalerweise bekamen Verletzte keine Sondereskorte. Schon gar nicht vom Sergeant, dessen Platz im Camp war und der hier gebraucht wurde, nicht leicht zu ersetzen war. Aber Ragan war wohl klar, dass sie zur Arbeit sowieso eher schlecht zu gebrauchen war in diesem Zustand. Ausserdem war da noch ihr Arm, der die Ruhe nach den Schüssen zwangsweise brauchte. Also sagte er zu. Und nachdem die beiden Koma-Patienten gemeinsam mit Mitch im Heli verstaut waren, nahm auch sie in dessen Inneren Platz. Fühlte sich wie ein Fremdkörper, als sollte sie hier nicht sein. Obwohl es der einzige Ort war, an dem sie in diesem Moment sein wollte. Bei Faye, auf deren Gesicht Aryanas Blick die ganze Zeit über klebte. Und es tat so weh. Die Schmerzmittel hatten ihren Arm noch zusätzlich betäubt. Aber ihr Herz brannte bei jedem Schlag. Explodierte in ihrer Brust und ging in unbarmherzigen Flammen auf. Bei all den Menschen... wieso Faye?
This is your life, it's do or die, the sun may never rise again, so be the light the vision. This is your life, it's slipping by, you try to run but fall again, you get back up that's living.
Inzwischen bestand ich nicht mehr darauf selbst zu gehen, sondern ließ mich kommentarlos von A nach B transportieren. Zwar kratzte das selbst jetzt, wo wohl keiner in meinem Zustand noch ans selbstständige Gehen gedacht hätte, irgendwie ein bisschen an meinem viel zu großen Ego, aber wirklich eine Wahl haben tat ich diesbezüglich jetzt ohnehin nicht. Genauso wenig dahingehend zurück in die Staaten zu fliegen, wo nicht mehr als ganz viel Nichts auf mich wartete. Mir selbst war eigentlich immer klar gewesen, dass ich nicht dorthin zurück wollte und auch nicht zurückgehen würde. Da war keine Wohnung mehr, gar Nichts. Aber ich würde um die Auszeit nicht herum kommen... und vielleicht war sie doch gar nicht so schlecht. Die Zeit in Australien hatte mir auch gut getan und dank der Verletzungen war eine Pause jetzt so oder so nötig. Zwar war mir die USA weit weniger sympathisch als der allein stehende Kontinent, aber ich musste ja nicht zwangsweise zurück nach Illinois. Konnte mir nach dem Krankenhausaufenthalt jeden erdenklichen Fleck aussuchen und es mir dort gemütlich machen, mich auch dort in Frieden an irgendeinen schönen Strand verziehen - sofern mich die Cops nicht aus den schrecklich steril weiẞen Räumen führten, sobald ich dazu in der Lage war. Aber ich hatte nicht einmal wirklich die Energie dazu, mir dieses Worst-Case-Szenario auszumalen. Ich hatte keinen Einfluss darauf, konnte den Werdegang kaum in eine bestimmte Richtung lenken. Würde noch sehen, wozu Aryana sich letzten Endes entscheiden und was demnach passieren würde. Bis dahin galt es sich darauf zu konzentrieren, irgendwie wieder fit zu werden. Als der Helikopter abhob lag ich unweit den anderen beiden Patienten auf einer der drei Liegen und hatte nach wie vor eine Nadel im Handrücken, die mir mittels Infusion eine gewisse Menge an Flüssigkeit und Nährstoffen zukommen ließ. Ich war wach, konnte mich aber nur schwer auf Irgendwas konzentrieren und müde war ich auch. Dementsprechend hatte ich die Augen eine Weile lang geschlossen und merkte tatsächlich erst danach, als ich die Augen langsam wieder öffnete, dass der Sergeant mit im hinteren Bereich des Flugzeuges saß. Einen Augenblick lang musste ich dementsprechend verwirrt aussehen, hatte nicht damit gerechnet. Sie war verletzt, ja... wie schwer wusste ich allerdings nicht und sie hatte immernoch ihr Amt, verletzte Schwester hin oder her. Im Gegensatz zum Rest saß sie wenigstens halbwegs aufrecht, aber in jedem Fall war es sicher gut, wenn sie bei ihrer Schwester war, wenn sie wieder aufwachte. Faye hielt vielleicht mehr aus, als ich ihr meistens zutraute, aber sie würde ihre große Schwester brauchen. Neben Victor, der ihr jetzt vermutlich noch weniger von der Seite weichen würde als vorher schon. "Wir...", ich hustete leise, kraftlos auf. "...wir haben's geschafft, hm?", richtete ich schwach lächelnd ein paar eher dünne, leicht kratzige Worte an die sonst so starke Brünette, die gerade nichts als am Boden zerstört aussah. Wollte sie damit in kleines bisschen ablenken, sofern möglich. "Sie wird wieder, Aryana.", fügte ich leise noch ein paar Worte an, war die Ursache für ihr sichtlich niedergeschlagenes Auftreten doch nicht schwer zu erraten. Ich konnte nicht wissen wie es war, wenn man seine Familie knapp vor dem Tod bewahren und sie dann derart leiden sehen musste. Es war sicher die Hölle. Aber Aryana hatte ihre Schwester gerettet, würde sie nicht verlieren müssen. Sie war noch da, sie atmete. Es kam neben dem sehr bitteren Beigeschmack also durchaus auch Grund zur Freude.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Wenn sie Glück hatte, war die Kugel in ihrem Arm im Knochen stecken geblieben und hatte irgendeinen Trümmerbruch oder was ähnlich Beschissenes verursacht. Dann brauchte sie nämlich eine OP und ein paar Wochen zur Regeneration. Dann konnte Ragan sie nicht nach ein paar Tagen schon wieder zurückfordern. Es war ein dämlicher Wunsch, aber sie brauchte die Zeit, sie musste über so vieles Nachdenken und unbedingt bei ihrer Schwester bleiben. Wenn er sie zu bald wieder in den Krieg rief oder er ihre [/i]Flucht[/i] hier - oder auch die ganzen Geschehnisse dieses Tages - als Verstoss gegen tausend Armygesetze ankreidete, dann hatte sie ein Problem.. Beziehungsweise ganz viele Probleme. Noch mehr als jetzt. Und doch reichten nichtmal diese ungemütlichen Gedanken dazu aus, sie wirklich von dem abzulenken, was sie am meisten zerstörte. Der Anblick ihrer Schwester. Wie sie da auf den Bauch gebetet worden war, unter das blendend weisse Leinen, weil ihr Rücken wahrscheinlich schlimmer aussehen musste, als die ganzen Schlachtfelder, die Aryana in ihrem Leben gesehen hatte. So viele Wunden. So viel Blut. So viel Schmerz und so viel Horror... Ein leises Wort gefolgt von einem Husten riss sie aus ihren Gedanken, sie riss mühsam den Blick von Faye los und richtete ihn stattdessen auf Mitch. Der Einzige der drei Patienten, der noch wach war, überhaupt auch nur einen Ton über die Lippen brachte. Seine Worte liessen sie verloren zu Boden blicken, während sie nicht damit aufhören konnte, auf ihrer Unterlippe herum zu kauen. Sie hatten es geschafft, meinte er... Ja, irgendwie schon. Er hatte ja Recht. Sie hatten Victor und Faye aus der Hölle geholt, wie sie das geplant hatten. Sie konnte nicht ungeschehen machen, was davor passiert war. Aber alles, was sie ab dem Zeitpunkt, in dem die beiden in die Klauen des IS gefallen waren, getan hatten, hatte ihrer Befreiung gedient. Und jetzt waren sie wieder... Frei. So frei, wie sie sein konnten... "Ja...", meinte sie also sehr leise und nach längerem Zögern. Sein Lächeln konnte sie nicht erwidern, auch wenn sie es gerne tun würde, weil sie ihn nicht glauben lassen wollte, sein Leiden und seine Hilfe war umsonst gewesen. Oder sie würde das nicht schätzen. Denn das Gegenteil war der Fall - sie schätzte seine Hilfe unendlich, weil sie es ohne ihn nie geschafft hätte. Sie konnte auch nichts auf seine weiteren vier Worte erwidern, bis auf ein hilfloses Schulterzucken. Auch damit hatte er vermutlich Recht. Trotzdem hatte sie die mehr als berechtigte Vermutung, dass es für Faye und Victor nie wieder sein würde wie zuvor. Für sie alle nicht. Aber am wenigsten für die beiden, die den Teufel in Person erlebt haben mussten. "Ich... ich bin froh, dass du mitgekommen bist, Mitch... Ohne dich wären wir alle... gestorben... Danke", richtete sie ihr Wort erneut an den jungen Mann, hob langsam den Kopf wieder an, um ihn anzusehen. Mit dem komplett offenen Blick voller Gefühle, die nicht mehr versteckt bleiben wollten. Wenn sie ihn schon nicht anlächeln konnte, wollte sie ihm ihren Dank wenigstens in Worten zukommen lassen. Damit er wusste, dass sie es ernst meinte, dass sie tief in seiner Schuld stand. "Ich weiss nicht... ob... ob ich mich jemals revanchieren kann... aber... aber wenn doch... dann lass es mich wissen", fügte sie nun auch noch wörtlich an, was sie im Geiste längst wusste. Er hatte ihr ihre Schwester ein zweites Mal geschenkt. Das war das Grösste, was er je für sie hätte tun können. Und das würde sie niemals vergessen.
This is your life, it's do or die, the sun may never rise again, so be the light the vision. This is your life, it's slipping by, you try to run but fall again, you get back up that's living.
Ich hatte gar nicht wirklich erwartet, dass die junge Frau die schwach angehobenen Mundwinkel erwidern würde. Es war wohl viel mehr nur der leicht verzweifelte Versuch sie irgendwie ein kleines bisschen auf andere Gedanken zu bringen oder wenigstens ein wenig abzulenken. Egal mit welcher Art von Gespräch, wahrscheinlich war der jungen Frau nicht einmal nach reden zu Mute. Aber das war in den meisten Fällen dennoch besser, als mit unschönen Gedanken allein gelassen zu werden. Wozu letzteres führen konnte war ja an meinen eigenen, verheerenden Taten in der Vergangenheit deutlich zu erkennen. Es würde Faye Nichts bringen, wenn ihre Schwester sich nun auf ewig weiter die Schuld an alledem gab. Inwiefern das der Wahrheit entsprach oder nicht war dabei auch vollkommen irrelevant. Sie würde ihrer Schwester nicht damit helfen sich selbst auch noch kaputt zu machen... noch kaputter, als sie an diesem Punkt schon war. Wie sie in unserem bisher wohl mit Abstand hässlichsten Gespräch gesagt hatte, waren wir alle kaputt. Statt in irgendeiner Art und Weise auf den kläglichen Überrest ihrer Familie zu sprechen zu kommen lenkte Aryana das Thema jedoch ein Stück weit um. Sprach mir wie schon kurz vor dem Selbstmordkommando ihren Dank aus. Das musste sie nicht, aber es führte dennoch dazu, das meine Mundwinkel ein weiteres Mal kurze Zeit lang nach oben zuckten. Weniger wegen dem Dank selbst und mehr wegen der Tatsache, dass ich sie nicht ein weiteres Mal enttäuscht hatte. Auch, wenn die Chance auf einen unschönen Tod in den Hügeln hoch gestanden hatte und wir sicher eine große Portion Glück gehabt hatten, wäre es eine unschöne Art gewesen endgültig Lebewohl zu sagen. In dem Wissen zu sterben, dass ich es nicht ansatzweise wieder hatte grade biegen können, wäre nur zusätzliche Folter gewesen. "Das war das Mindeste...", redete ich in mancherlei Augen vielleicht vollkommen irrational, leise vor mich her, aber für mich war das so. Ich hatte so viele Menschen das Leben gekostet, dass es für meine eigene Seele förmlich ein Segen war, immerhin zwei anderen, unschuldigen Personen das Leben gerettet zu haben. Dass ich damit Aryana einen riesigen Gefallen getan hatte war allerdings ein nicht ganz irrelevanter Bonus bei der ganzen Geschichte. Noch vor ein paar Monaten hätte ich auf ihre folgenden Worte hin vermutlich versucht irgendeine Art von Vorteil für meine eigene Person herauszuschlagen. Einen Pluspunkt, der mich in irgendeiner Art und Weise voran brachte bei welchen eignen, egoistischen Zielen auch immer. Aber jetzt gab es tatsächlich nicht viel, das ich von ihr einfordern wollte. Natürlich hätte ich ihr direkt ins Gesicht sagen können, dass sie mich doch um Himmels Willen nicht in den Knast abschieben und dort verrotten lassen sollte. Aber irgendwie wollte ich das gar nicht. Ich wollte nicht, dass Aryana das tat, weil ich oder wer auch immer sie darum bat. Wenn, dann sollte sie das aus freien Stücken entscheiden. "Ich... ich will Nichts dafür, Aryana.", stellte ich erst einmal klar, dass ich im Grunde Nichts dafür wollte. Weder jetzt, noch zukünftig. Es gab mehr als genug verbliebene Schuld auf meinem Konto, die es zu begleichen gab. "Aber ich..", wieder unterbrach ich kurz, dieses Mal jedoch für ein kurzes Räuspern, weil meine Stimme erneut leicht kratzig wurde. "..würde mich freuen, wenn du mir... vielleicht irgendwann noch eine zweite Chance geben kannst.", gab ich eher nur gemurmelt die einzige Bitte ab, die ich hatte. Ließ den Blick dabei jedoch lieber irgendwo ins Nirgendwo abrutschen, statt Aryanas' weiterhin zu erwidern. Ich meinte nicht einmal die Geschichte mich nicht zu verpfeifen. Es würde schon reichen mich alle paar Monate mal im Knast zu besuchen, damit ich wenigstens nicht ganz alleine innerlich vor mich hin starb. Nur ein winziges, kleines bisschen Gnade für meinen kaputten Kopf.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Das Mindeste..? Er war ihr nicht unbedingt etwas schuldig gewesen, soweit sie sich erinnern konnte. Aber gut, sie hatte weiterhin nicht den Kopf dazu, sich um solche Aussagen tiefere Gedanken zu machen, um den Sinn dahinter zu verstehen. Also nickte sie das nur schwach ab, blickte ihn weiter an, als er ihr dann auch umgehend versicherte, keine Gegenleistung zu erwarten. Naja... Sie wüsste jetzt in diesem Moment auch nicht, womit sie ihm denn dienen sollte. Aber vielleicht würde ihm ja irgendwann was einfallen... Ihr Angebot würde jedenfalls weiterhin bestehen, auch wenn er in ein, zwei Wochen, Monaten oder gar Jahren erst damit kommen würde. Jedoch sprach Mitch dann noch weiter, gab Worte von sich, die sie langsam die Stirn in Falten legen liessen. Eine zweite Chance... Aber ja, natürlich. Da war die ganze Sache von vorgestern... Über die sie sich noch nicht wirklich ausgesprochen hatten. Es wohl auch nicht tun würden, weil Aryana sich noch immer sehr schwer damit tat, zu glauben, dass Mitch all die abscheulichen Taten, die er ihr indirekt gestanden hatte, wirklich je begangen hatte. Es passte einfach nicht zu dem Menschen, den sie kennengelernt hatte. Den sie so mochte. Es passte nicht zu einem Freund. Es passte nicht zu ihm, wie sie ihn Heute ein weiteres Mal erlebt hatte. Wieso hätte er sich Heute fast umbringen lassen sollen, wenn er ein so grundsätzlich schlechter Mensch war? Sie wollte das nicht glauben. Und sie konnte ihn nicht verlieren, wo er irgendwie der einzige wirkliche Freund war, den sie auf dieser Welt noch hatte. Der Einzige, mit dem sie Dinge teilen konnte, die sie sonst immer für sich behielt. Der Einzige, dem sie Sachen erzählt hatte, die sie seit Jahren verschwieg. Selbst wenn sie ihn verstossen möchte, könnte sie das nicht tun, weil sie ihn schlicht brauchte. Gerade jetzt, in diesem Moment, mehr den je. Sie brauchte jemanden, der an sie glaubte, in dessen Blick sie keinen Teil der Verurteilung erkennen konnte, die sie verdient hatte. Keine Wut, keinen Hass. Jemanden, der sie mochte. Der bei ihr sein wollte. Jemanden, in dessen Augen sie nicht schuldig war. Aryana hatte den Blick ebenfalls abgewandt, in Richtung Front, wo ihre Piloten sassen und sie nicht beachteten. Auch der Arzt schien für den Moment beschäftigt, weshalb sie ihren Gurt löste, sich auf die wackeligen Beine erhob und vorsichtig, sich stets an den Wänden und Instrumenten des Helikopters festhaltend, zu Mitch hangelte. Es waren nur wenige Schritte nötig dazu, lag er doch sowieso fast neben ihr. Aber es hatte ihr noch nicht gereicht, weshalb sie sich nun eben dicht neben ihm auf den Boden sinken liess, mit dem Rücken an seine Liege gelehnt. "Wir haben alle... gesündigt... Du bist nicht der Einzige, der anderen Leuten erfolgreich... das Leben zerstört hat... Wie soll ich verurteilen, was du getan hast, wenn ich selber kaum besser bin?", sie flüsterte die Worte leise vor sich hin, blickte ihn dabei nicht an, weil das Thema dazu schlicht zu schwierig war. "Ich glaube nicht, dass du ein schlechter Mensch bist, Mitch...", erwiderte Aryana weiter sehr leise aber auch weiter sehr ehrlich. Denn das glaubte sie wirklich nicht. Faye und Victor lagen ihm eigentlich nichtmal besonders am Herzen. Und doch hatte er heute alles riskiert für sie. Wo war hier also bitte der Verräter? Das Arschloch?
This is your life, it's do or die, the sun may never rise again, so be the light the vision. This is your life, it's slipping by, you try to run but fall again, you get back up that's living.
Warum stand sie auf? Aryana sollte nicht aufstehen. Womöglich war sie nicht so angeschlagen wie der Rest an Soldaten hier im Flugzeug, aber aufstehen war an sich bestimmt keine gute Idee, weshalb mein Blick dann doch ein wenig unruhig auf ihren wackeligen Bewegungen ruhte. Als hätte ich aufspringen und sie halten können, falls sie denn tatsächlich kippte. Unwahrscheinlich, war ich doch gerade wirklich nur froh darüber überhaupt noch wach zu sein. Nicht ebenso wie die anderen beiden unweit neben mir in die Bewusstlosigkeit abgedriftet und komplett weggetreten zu sein. Aryana schaffte den kurzen Weg glücklicherweise aber unbeschadet und ließ sich direkt neben meiner Liege nieder. Ich war ganz dankbar für ihren Positionswechsel. Zum einen musste ich dadurch weniger Mühe dafür aufbringen laut und deutlich genug zu sprechen und zum anderen musste ich den Blickkontakt auf diese Weise nicht halten. Ich war einfach nicht der Typ Mensch, der sich leicht damit tat über solch... gefühlsduselige Themen zu sprechen. Natürlich war es vollkommen veraltet, dass Männer keine Gefühle zeigen durften und so weiter. Das war auch weniger der springende Punkt dabei. Es war schlicht und ergreifend einfacher für mich verschlossen zu bleiben und mir diese Art von Blöße nicht zu geben. Immerhin hatte ich mir das sehr erfolgreich etliche Jahre lang antrainiert, danach wieder über den eigenen Schatten zu springen war schwierig und nicht vorhandener Blickkontakt machte das immerhin minimal angenehmer. Dann fing die junge Frau an zu reden. Ich für meinen Teil war mir nicht sicher, ob man meine Art von Vergehen noch als bloße Sünde abstempeln konnte. Im Grunde hatte Aryana schon Recht - jeder traf irgendwann im Leben mal Entscheidungen, die er im Nachhinein gerne rückgängig machen würde. Von denen man wünschte sie niemals gefällt und dann zwangsweise die Auswirkungen erlebt zu haben. Aber meine Entscheidung war eben schon sehr gravierend und ich hatte lange geschafft, das gekonnt zu verdrängen. Jetzt holte es mich mit voller Wucht wieder ein und bescherte mir damit beim Zuhören ein flaues Gefühl im Magen. Ich war mir nicht sicher, woran sich Aryana alles die Schuld gab... aber doch wiederum sicher damit, dass es weit weniger Menschen betreffen musste, als in meinem eigenen Fall. Es tat ihr nur wahrscheinlich mindestens genauso weh, weil es mindestens zwei Menschen aus ihrem sehr engen Umfeld betraf. Einer davon war tot. Ich war mir nicht sicher, ob und was ich zu Alledem noch sagen sollte, es nicht vielleicht besser wäre das Thema einfach soweit es ging weiter tot zu schweigen. Bevor ich mich dahingehend entschieden hatte hängte die Brünette noch ein paar mehr Worte an, die mich wirklich erleichterten. Die mir den ganzen, letzten - mild ausgedrückt - beschissenen Tag irgendwie retteten. Aryana war seit langem einer der wenigen Menschen, die ich etwas näher an mich heran ließ und deren Meinung mir wichtig war. Von ihr zu hören, dass sie mich trotz jüngster Erkenntnisse nicht für das letzte Stück Dreck hielt, tat in diesem von Müdigkeit und Erschöpfung geprägten Moment wirklich gut. "Hmm, mag sein...", erwiderte ich leise und verspätet auf ihre ersten Worte, bevor ein klein wenig Leben in mich kam und ich mich mühevoll auf die Seite drehte. Sogar noch ein Stück weiter, lag dann mehr Aryana zugewandt so halb auf dem Bauch, damit ich weder den angeschnittenen Arm, noch die angeschossene Schulter wirklich belasten musste. Zwar hatte ich keine Schmerzen, aber ratsam wäre es ganz sicher trotzdem nicht. Auch war ich dabei darauf bedacht keinen Kabelsalat mit der Infusionsleitung anzurichten. Ich streckte die Hand ohne Infusionsnadel, aber mit der Schnittwunde am Arm langsam nach der Schulter der jungen Frau aus, legte sie nach kurzem Zögern darauf ab. "Das... bedeutet mir viel.", gab ich ihr ehrlich, wenn auch recht leise meine Gedanken preis. Fing unbewusst wieder kaum sichtbar zu lächeln an und schloss die Augen einen Moment, strich Aryana dabei ein klein wenig über die Schulter. Wenn sie die Hand da nicht wollte, dann würde sie mir das unmissverständlich mitteilen, daran hegte ich keinerlei Zweifel. Vielleicht war das gerade eins gefühlslastigeres Gespräch als gewöhnlich zwischen uns beiden, aber ich hatte immernoch den Sergeant vor mir.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Wahrscheinlich war es einfach ihrem allgemein ziemlich angeschlagenen, denkunfähigen Zustand zu verdanken, dass sie das, was er getan hatte, so leicht als Sünde abstempelte. Dass sie es mit dem verglich, was sie zwangsweise selber getan hatte. Dass sie dabei komplett ausser Acht liess, dass er im Gegensatz zu ihr vollkommen mutwillig andere Menschen in Gefahr gebracht hatte. Er hatte gewusst, dass aufgrund seiner Taten Soldaten sterben würden, seine Landsmänner, seine Brüder noch dazu. Sie hatte zwar auch gewusst, was mit Faye passieren könnte, wenn sie hierher kam, aber es war nie ihr Ziel gewesen, jemandem zu schaden. Weder ihrer Schwester noch all den Soldaten, die in den letzten Jahren zwangsweise durch ihre Entscheidungen gelitten hatten, wenn sie in einem Moment die falschen Befehle gegeben hatte. Sie hatte das nie gewollt, hatte immer versucht, so viele wie möglich zu retten. Sie zu schützen. Besonders Faye. Und doch war es ihr nicht gelungen. Und doch waren so viele gestorben, auch heute. Und doch war ihre Schwester verletzt. Was spielte es da noch für eine Rolle, ob sie das gewollt hatte oder nicht..? Sie merkte, dass er sich auf der Liege regte, war jedoch noch mit ihren Gedanken und dem anhaltenden Schwindelgefühl beschäftigt, sodass sie sich trotzdem nicht zu ihm umdrehte. Erst, als sie seine Hand auf der schweren Schulter ihres unverletzten Armes spürte, regte sich etwas in ihr. Anfangs verspannte sich mehr oder weniger ihr ganzer Körper, weil sie diese - oder eigentlich jegliche - Art von Berührung schlicht nicht gewohnt war. Aber es war trotzdem schön. Schön zu wissen, dass sie zumindest in seinen Augen kein Monster war. Nicht ganz so unnahbar, wie die meisten Soldaten im Camp wohl erwarteten. Sie gab sich zwar die Schwäche nicht gern, die sie Heute immer und immer wieder gezeigt hatte, aber in diesem Moment fühlte sie sich so kaputt, dass sie die helfende Hand gar nicht ablehnen konnte. Viel mehr danach greifen wollte und eine Million mal versichert brauchte, dass er nicht mehr gehen würde. Ja das war schwach und überhaupt nicht ihre Art. Aber vielleicht hatte sie Heute den Punkt erreicht, an dem sie nicht mehr stark sein konnte. Also hob sie genauso zaghaft wie er ihre eigene Hand, legte sie noch sehr unsicher auf seinen Fingern ab, die sie damit locker umschloss. Nein, sie wusste nicht wirklich, was sie hier tat. Aber sie waren beide gerade fast gestorben, waren beide gebrochen. Möglicherweise war es an der Zeit, dass sie sich gegenseitig ein Bisschen Halt gaben, sich ein Bisschen halfen. „Mir auch...“, murmelte sie leise und ziemlich verspätet als Antwort auf seine Worte, die er vor einigen Minuten noch ausgesprochen hatte. Sie drehte vorsichtig den Kopf in seine Richtung, ohne ihre Finger zurückzuziehen. Wusste nicht recht, wonach sie in seinem Gesicht suchte, nur, dass sie es gefunden hatte. Und es war eigenartig, in diesem Moment sowas wie Frieden zu verspüren, wo doch noch vor wenigen Minuten nichts auf diese Emotion hingedeutet hatte. Aber es war auch schön. Liess auch ihre Mundwinkel, minimal nach oben zucken, ihre Gesichtszüge sich entspannen. Floss wie heilendes Wasser um die gebrochenen Stücke ihres Herzens und versicherten ihr das, was er in anderen Worten schon einmal gesagt hatte. Dass alles wieder gut wurde. Irgendwann, wenn sie alle bereit dazu waren.
This is your life, it's do or die, the sun may never rise again, so be the light the vision. This is your life, it's slipping by, you try to run but fall again, you get back up that's living.
Wenn ich jetzt irgendeine Form von Ablehnung zu spüren bekommen hätte, dann hätte mir das doch wahrscheinlich sehr weh getan. Natürlich war ich das Risiko nach der wörtlichen Versöhnung selbst eingegangen, aber um ehrlich zu sein hatte ich wohl auch einfach nicht erwartet, dass Aryana etwas gegen diese milde Form von Berührung hatte, nachdem sie gesagt hatte, dass sie mich eben nicht für ein absolutes Ekelpaket hielt. Zwar war ich bekanntlich mit nicht besonders viel oder gutem Taktgefühl ausgestattet - die etlichen Ohrfeigen, die ich bis dato kassiert hatte, sprachen denke ich für sich -, aber in diesem Fall war ich mir doch recht sicher gewesen. Vielleicht nur deshalb, weil wir hier gerade beide wie ein Schluck Wasser in der Kurve hingen und nicht recht wussten, wie es denn jetzt weiter gehen sollte, damit eine große Last gemeinsam hatten. Wie wir all das, was passiert war, jetzt richtig verarbeiten und dann weiter machen sollten. Denn ehrlich gesagt wusste ich nicht, ob ich wirklich wieder zurück in die Army wollte. Ich war erschreckend gut darin, Menschen gezielt mit einer Waffe umzulegen. Offenbar auch gut darin, mein Glück und meine Chancen in Notsituationen aufs Ganze auszureizen und All In zu gehen. Aber das war kein Lifestyle, den man auf ewig halten sollte... mein Verstand hatte schon jetzt einen ziemlich Knacks weg, wenn ich mal ganz ehrlich zu mir selbst war. Ob kaputt dafür überhaupt noch ein Ausdruck war? Zwar äußerten sich all die kleinen Risse in meiner Seele ganz anders, als sie das beispielsweise bei Victor taten, aber war meine Version von Verarbeitung - die eher nur Verschlossenheit und Verschwiegenheit glich - denn wirklich besser? Wahrscheinlich nicht. Sie hatte mich länger funktionieren lassen, bis der Bruch gekommen war, hatte aber viel größere Auswirkungen. Auf mein ganzes Umfeld, nicht nur auf mich. All die Ruhe, die mir jetzt hier mit dem Helikopter im Himmel zu Gute kam und mich vom Alltag in der Armee wegbrachte, war nach all dem Stress auch ungewohnt angenehm. Ich hatte nicht das Gefühl, dass ich zurück musste, zurück wollte. Ich war noch viel dankbarer dafür als schon vor einiger Zeit in Australien. Ein bisschen vermisste ich die Kängurus. Die unendliche Weite, die nicht von Kugeln und Bomben getrübt wurde. Die zirpenden Grillen, das leise Rauschen des Meers im Hintergrund, die Ruhe... die Gewissheit, nicht morgens um 5 aufzustehen und zum Appell antreten zu müssen. Kängurus gab es in meinem einstigen Heimatland zwar nicht, aber ein wenig Entspannung konnte ich sicher auch dort irgendwo finden. Ich öffnete die Augen schon als ich merkte, dass Aryana nach ein paar Sekunden tatsächlich noch ein wenig mehr Nähe aufbaute und ihre Finger auf meine legte. Das wiederum hatte ich so nicht einkalkuliert, aber es ließ das schwache Lächeln noch ein klein wenig breiter werden. Ihre Worte unterstrichen die Geste zusätzlich recht deutlich und auch der Blick, den die junge Frau mir im Anschluss zukommen ließ, sprach an und für sich Bände. Sagte mir endgültig, dass ich keine Angst mehr davor haben musste, dass die Brünette sich von mir abwenden und wieder ihrer eigenen Wege gehen würde. Dass ich sie auf vollkommen freiwilliger Basis weiter an der Backe haben würde und das war Alles, was ich für den Moment wollte. "Wenn das so weiter geht... machst du mir noch mein Bad-Boy-Image kaputt, Maria...", setzte ich nach einigen schweigsamen Sekunden, in denen ich einfach nur den Blick in ihre braunen Augen genossen hatte, das erste Mal seit einer gefühlten Ewigkeit wieder zu einem Witz gegenüber Aryana an, fing minimal an zu grinsen. Zum einen, weil die Situation hier so schrecklich ernst war, ich mir nach wie vor schwer mit dem vor Gefühlen nur so triefenden Gerede tat und zum Anderen, weil ich ganz einfach nicht wollte, dass sie jetzt den ganzen restlichen Flug über noch so bedrückt wirkte. Auch, wenn es jetzt nach der kurzen Aussprache schon besser zu sein schien, als zuvor. Ein winziges kleines bisschen Auflockerung des Gesprächs an sich war zumindest für mich persönlich gerade wahnsinnig angenehm, auch wenn es dafür vielleicht noch ein klein wenig zu früh sein konnte. Ich wollte einfach nur genießen, dass gerade diese eine, schier unendlich riesige Last von meinen breiten Schultern genommen worden war.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Es war ungewohnt, seine Hand unter ihren Fingern zu spüren. Ungewohnt, überhaupt irgendwessen Hand auf irgendeine Art und Weise zu halten. Ungewohnt - aber es fühlte sich gut an. Richtig. Die menschliche Nähe und Wärme, die sie sonst nur von Faye kannte. Weil Faye seit einer langen Zeit der einzige Mensch war, den sie noch berührte, den sie ab und an in den Arm nahm. Auch wenn das nochmal eine ganz andere Sache war als diese eine Berührung hier mit Mitch. Faye war immerhin ihre Schwester - und eine Frau. Es war lächerlich, sich darüber in diesem Moment überhaupt Gedanken zu machen, da sich jeder normale Mensch absolut gar nichts bei der kleinen Geste denken würde. Nur war Aryana halt nicht unbedingt normal... Schon länger nicht mehr. Sie wandte den Blick auch dann nicht ab, als seine Augen die ihren trafen. Und auch das kleine Lächeln blieb bestehen. Bis er sich nach einer Weile nochmal zu Wort meldete, ihre Mundwinkel so noch ein Bisschen mehr zucken liess, ehe sie, möglicherweise schon minimal verlegen, den Blick in Richtung Boden gleiten liess. „Ach..? Was mache ich denn?", murmelte sie lächelnd vor sich hin, ehe sie sich ihm doch noch ganz zuwandte, seine Hand so zwangsweise von ihrer Schulter nahm und neben ihn auf die Liege zurücklegte. Aber weiterhin ohne sie dabei loszulassen... Aryana hatte den Kopf etwas schief gelegt, ihr Blick lag wieder in seinen hellen, stechenden Augen. "Und ausserdem.. du vermiest mir hier eher mein Tough Girl Image, Josef“, fügte sie noch leiser als zuvor an, gab ihm damit ungefähr genauso viel zu bedenken wie er ihr. Als wäre auch nur eine Einzige Träne, die sie heute so kläglich vergossen hatte, die sie so schwach hatte wirken lassen, sein Verschulden gewesen. Nein, heute nicht. Vorgestern vielleicht, ja. Aber heute hatte er nichts mit ihrer Schwäche zu tun gehabt. Er hatte sie einzig und allein davor bewahrt, für immer darin zu versinken...
This is your life, it's do or die, the sun may never rise again, so be the light the vision. This is your life, it's slipping by, you try to run but fall again, you get back up that's living.
Was sie machte? Das war eine gute Frage und ich dachte ein wenig darüber nach, während Aryana sich mir Stück für Stück ein klein wenig mehr zuwandte. Ich dachte erst, dass ihr die Geschichte mit dem Körperkontakt vielleicht doch wieder ein bisschen unangenehm wurde und sie diese loswerden wollte, aber dem war gar nicht so. Stattdessen hielt die Brünette weiterhin daran fest. Ich war mir gar nicht so ganz sicher, woran es jetzt eigentlich genau lag, dass ich sie gern hatte. Was sie eben tat, dass ich sie nicht wie den Großteil der Menschheit sofort wieder auf Abstand schob, sobald sie mir nur einen Hauch zu nah kam und mir damit auf die Füße trat. Vielleicht war es nur die Tatsache, dass ich unbewusst ein paar Parallelen zwischen uns sah. Dass sie mit Sicherheit genauso wie ich ein paar Baustellen im Kopf hatte, die so schnell nicht wieder abgebaut waren. Oder aber es war, weil sie genauso stur war wie ich selbst. Weil sie eben nicht zu Allem Ja und Amen sagte, um möglichen Konfrontationen aus dem Weg zu gehen. Dass sie sich von meiner oft so forschen, kalten Art im Endeffekt doch nicht hatte abschrecken lassen, sondern sich weiter mit mir herum geärgert hatte, ganz gleich wie oft wir uns zuvor schon gestritten hatten. Angesichts unserer ersten richtigen Gespräche, die viel mehr als bloße Streits zu deklarieren waren, war es ziemlich grotesk, dass wir hier fast sowas wie... Händchenhaltend saßen, wie mir jetzt erst so richtig bewusst wurde, als ich einen Moment auf unsere Finger runter sah, die inzwischen auf der Liege ihren Platz gefunden hatten. Normalerweise war ich für sowas gar nicht zu haben, weil das irgendwie so ein Pärchen-Ding war. Aber gerade störte es mich tatsächlich nicht. Es gab mir ein Stück weit den Halt auf dem Boden zurück, der mir in den letzten Tagen plötzlich unter den Füßen weggezogen worden war, was mich die vorherigen Nächte kaum hatte schlafen lassen. "Du machst dir die Mühe mich kennen zu lernen... obwohl ich dir mehr als genug Gründe dafür gegeben hab, dass du das lieber sein lassen solltest.", stellte ich einerseits ein klein wenig nachdenklich, andererseits aber auch leicht belustigt fest. Ich hatte sie nur zu oft reichlich provoziert und ihre Nerven aufs Äußerste strapaziert - was allerdings ganz gut auf Gegenseitigkeit beruhte. Trotzdem saßen wir jetzt... so hier. Aryana schien mir trotz dem Wissen über das, was ich getan hatte, noch zu vertrauen und das allein war schon unheimlich viel wert. "Irgendjemand muss es ja machen.", grinste ich schwach vor mich her, schloss dann für einen kurzen Moment lang die Augen. Ich war nach wie vor müde, fühlte mich recht ausgelaugt, aber ich wollte diese Konversation trotzdem nicht gegen erholsamen Schlaf tauschen. Ich hatte später noch genug Zeit dazu und genoss den Moment, weshalb meine Augen auch bald wieder die ihren fanden.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +