Wenn man eine sehr verschobene, absurde Vorstellung von einem ersten, romantischen Date hatte, ja, dann machte man sowas vielleicht. Mir stand aber eher weniger der Sinn danach, mich vollkommen ausgelaugt von den etlichen Stunden Marsch durch die Hitze auch noch an die junge Frau zu schmiegen. Um meine unendliche Sehnsucht nach ihr zu stillen, weil ich ja so unsterblich verliebt war, versteht sich. "Verdammt, jetzt hast du mich erwischt..", erwiderte ich gespielt betroffen, hob die Hand an die Brust und hielt mir das Herz. Dauerte aber gar nicht lang, bis ich wieder ein klein wenig zu grinsen anfing, als Aryana dann erneut zum Reden ansetzte. An sich war die Sonne ja faszinierend, auch gewissermaßen schön... nur eben auch sehr heiß. Zumindest hier in der Wüste und auch noch um diese Jahreszeit. Eigentlich mochte ich Sonne, solange sie mir nicht bei über 35 Grad die Haut wortwörtlich vom Körper brannte und kein Schatten vorhanden war. Hier und heute war sie, abgesehen von der Schönheit ihres Untergangs, aber einfach nur die Pest. "Hat eben ihre Vor- und Nachteile, die Gute...", war jedoch Alles, was ich noch dazu zu sagen hatte. War sicher nicht unbedingt förderlich, dass wir den ganzen Tag so von der Kugel am Himmel aufgeheizt worden waren. Meiner Erfahrung nach fror ich dann schneller, wenn die Hitze erst einmal vorüber war. Sonnenbrand hatte ich zwar keinen, aber dennoch machte das sicher einen mir unangenehmen Unterschied. Was ich von der Idee mit dem Singen halten sollte, wusste ich nicht recht. Wirklich anstrengend war das zwar nicht, aber mit eher trockener Kehle nicht so sehr angenehm. Zumal ich danach dann auch ganz bestimmt das Bedürfnis dazu haben würde, noch mehr zu trinken, als ich ohnehin schon wollte. Ich hatte mich dahingehend zwar bis jetzt gut im Griff, aber man musste das Glück nicht zwangsweise herausfordern, oder? Ich war mir nicht so sicher. "Aber nur was Stimmbänder schonendes... was Anderes kann sich mein Körper nicht leisten.", stellte ich ein klein wenig nachdenklich fest. Ein Liedchen wäre für meine, angesichts der Situation wieder relativ gute Stimmung sicher nicht verkehrt, bevor sie dank der Kälte und der heran krabbelnden Viecher ruckartig in den Keller abstürzte. Früher oder später würde dieser Zeitpunkt unweigerlich kommen. Also entschied ich mich letztendlich doch fürs Singen und für Get You The Moon von Kina. Es ging da zwar nicht um den Mond selbst, aber hey, er kam immerhin drin vor. Das Lied war noch gar nicht so alt, aber ich hatte es auf Jetmans iPod zu hören gekriegt. Ein sehr ruhiges Lied, das von der Tonlage keinesfalls anstrengend war. Trotzdem klang ich wohl deutlich weniger bekifft als der eigentliche Interpret, als ich mehr unbewusst wieder auf dem Oberschenkel den Takt angab und relativ leise zu singen anfing. Nicht undeutlich, aber auch nicht so laut wie die letzten Male, als ich die Gitarre dabei in den Händen gehalten und meine Stimme begleitet hatte.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Hatte sies doch gewusst. War ja auch wie gesagt die einzige Möglichkeit, wie sie in diesem Desaster hatten enden können. "Weisst du, Liebling... Frag doch das nächste Mal einfach, hm? Dann kann ich mich auch entsprechend vorbereiten und dir im heissen Wüstensand ein wundervolles Abendessen kochen", schlug sie einen alternativen Weg zum gleichen Ziel vor, der ihm vielleicht auch sympathischer sein könnte. Es sei denn, der Schweiss und das Stinken war genau das, was er an der Sache so reizend fand. Was wusste sie schon. Zum Thema Sonne brauchte die Brünette sich dann auch nicht mehr zu äussern, während sie einfach relativ entspannt da sass und den Horizont anschaute. Sie wussten beide, dass die Hitze gefolgt von der Kälte einfach eher suboptimal war bei ihrer Ausrüstung. Und ohne Dusche dazwischen. Aber ja, jetzt sassen sie eben hier fest für die Nacht. Dass er tatsächlich einwilligte, etwas zu singen, hatte sie eigentlich nicht erwartet. Aber Einspruch erheben würde sie ganz sicher nicht, für sie hatte die Musik ja keinerlei negativen Folgen. Würde ihr nur dabei helfen, sich noch etwas mehr zu entspannen und ihre Gedanken von den Schattenseiten der kommenden Nacht abzuwenden. Als die vergleichsweise eher leise Stimme des jungen Mannes schliesslich zu einem Lied anstimmte, bildete sich zeitnah wieder ein versonnenes Lächeln auf den Gesichtszügen der Brünetten. Sie lauschte den Worten und Melodien des ihr unbekannten Liedes, das so perfekt synchron zum Sonnenuntergang erklang. Und ja, man könnte wirklich meinen, er hätte das geplant. Denn es war schön. Wenn man vergass, dass sie im Anschluss weder in den Camper verschwinden noch ihre Decken auspacken würden, sie zudem die hämmernden Kopfschmerzen verdrängte, war es sogar sehr schön. "Du machst es wirklich beinahe romantisch hier", murmelte Aryana grinsend in sich hinein, nachdem die Musik schon seit einigen Sekunden wieder verstummt war. Sie wüsste gerne, an wen er dachte, wenn er solche Lieder sang. Ob da überhaupt jemand war. Oder ob er einfach die Melodie und Tonlage mochte, sich zum Text gar nicht zu viele Gedanken machte. Aber konnte er das, wenn er gleichzeitig so viel Gefühl in seine Worte legte?
This is your life, it's do or die, the sun may never rise again, so be the light the vision. This is your life, it's slipping by, you try to run but fall again, you get back up that's living.
Ah, natürlich... wie hatte ich das vergessen können? Nächstes Mal informierte ich Aryana einfach im Voraus und dann zauberte sie uns hier ein drei Gänge Menü über dem Lagerfeuer, wir nahmen noch ein bisschen Wein oder gar Champagner mit und machten uns einen wundertollen Abend, der auf gar keinen Fall in Vergessenheit geraten würde. Noch ein Zelt aufschlagen, in dem wir schlafen und natürlich kuscheln konnten, wenn es draußen zu kalt wurde und alles wäre absolut perfekt. Dabei noch ein, zwei leise Liedchen von mir und die junge Frau könnte doch gar nicht mehr anders, als sich in mich zu verlieben, oder? So oder so ähnlich zumindest. Immerhin einen Song setzte ich auch in dieser weitaus realistischeren Variante der Geschichte in die Tat um. Ich war froh darüber, mich bei dem Lied nicht wirklich anstrengen zu müssen und noch viel glücklicher darum, dass es mir auch nicht zu sehr auf den Rachen schlug. Dürfte nicht zuletzt der gezielten Drossel in der Lautstärke zu verdanken sein. Zwar klang ich in meinen Augen doch besser, wenn ein klein wenig mehr Nachdruck in meiner Stimme lag, aber das war hier und jetzt eben nicht drin. Außerdem war der Text so herrlich simpel, dass ich nicht wirklich darüber nachdenken musste, was mir bei meiner nur noch minder vorhandenen Konzentration auch sehr in die Karten spielte. Obwohl ich gerne sang, war es doch auch schön als das Lied vorbei war und sich damit die leichte Anspannung in den ohnehin heute schon stark strapazierten Lungen legte. Es war eindeutig das erste und auch letzte Lied, das heute gesungen wurde. Einen Moment lang sah ich im Anschluss einfach nur in Richtung der verschwindenden Sonne, bevor Aryanas Worte mich doch wieder grinsen ließen. Soso, fand sie also romantisch, ja? "Pass auf, dass du mir nicht doch noch verfällst, kleiner Eiszapfen. Du fängst schon an zu tauen, ich seh' das...", stichelte ich breit grinsend, als ich meinen Kopf wieder zu ihr rüber gedreht hatte, ließ die Augenbrauen nach oben zucken und stieß ihre Schulter ganz leicht mit meiner an. Es stimmte im Grunde schon. Musik hatte was Atmosphäre und Stimmung anging eine gewisse Macht, zu beeinflussen. In diesem Fall war der Text aber mehr zufällig, weil es eben eines der am wenigsten anstrengenden Lieder war, die mir eingefallen waren. Also keine Hommage an die liebreizende Brünette hier. Außer sie wollte das, dann durfte sie sich das auch einbilden, wenn dabei was für mich heraus sprang. Überließ ich einfach mal ihr.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Aryana grinste noch ein Bisschen breiter bei seinen Worten, drehte den Kopf nun auch in seine Richtung, um ihn mit einer hochgezogenen Augenbraue anzublicken. Den leichten Schubser quittierte sie mit einem leisen Lächeln, wobei sie sich gleich im Anschluss die Schulter rieb und die Nase rümpfte. "Keine Angst, Mitch, ich bin immun gegen jede Form von Romantik", erwiderte sie gelassen. Gewissermassen war sie auch der Meinung, damit die Wahrheit zu sagen. Vielleicht nicht immun. Aber sie würde sich ganz bestimmt nicht in einen Kerl verlieben, bloss weil er ein Bisschen nett zu ihr war. Oder sich mit ihr einen Sonnenuntergang anschaute. Oder ein Liedchen sang. Nein, so leicht machte sie das Spielchen sicher für gar keinen, auch nicht für Mitch. Er konnte an dieser Stelle also einfach nur ein weiteres Mal sehr froh sein, es in Wirklichkeit nicht darauf anzulegen. Dass er gegenüber ihr nicht mehr Gefühle empfand als umgekehrt. Denn sobald sich an dieser Lage einseitig etwas ändern würde, wäre das sehr schade für die betroffene Person... Aber Aryana konnte erstmal beruhigt weiterleben, da sie sich wie erwähnt sicher war, dass ihr das nicht passieren würde. Weder mit Mitch noch mit irgendeinem anderen Mann. Die Zeit, in der sie sich verlieben und so sehr auf einen anderen Menschen einlassen konnte, lag ein paar Jahre zurück und sie bezweifelte, dass sie so bald wieder kommen würde. Als die Sonne schliesslich nach einigen Minuten verschwunden war, kam ein leises Seufzen über die dezent trockenen Lippen der jungen Frau. Sie konnte schon spüren, wie es praktisch von Sekunde zu Sekunde kälter wurde. "Wir sollten vielleicht versuchen zu schlafen, bevor es richtig unangenehm wird...", meinte sie, noch immer gegen ihren Felsen gelehnt. Sollte ja kein Problem sein. Was gabs schon Bequemeres als einen Stein, verschwitzte Klamotten und keine Decke? So kalt, dass schon das Schlafen gefährlich wurde, dürfte es hier ja auch nicht gleich werden. Also könnten sie gut mal die Augen schliessen, bis sie wieder aufwachten, weil der Stein jegliche gespeicherte Sonnenwärme verloren hatte und die Sterne ihnen kühl vom Himmel entgegen winkten.
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Mit ihrer Reaktion auf meine Worte entlockte sie mir doch sogar ein leises, kurzes Auflachen. Immun war wohl etwas übertrieben. Ich hegte keinerlei Zweifel daran, dass Aryana sicherlich schwer zu knacken war. Einfach schon allein deshalb, weil sie gar nicht geknackt werden wollte, was eine von Grund auf sehr schlechte Ausgangslage war. Aber irgendwo hatte bestimmt auch ihre angebliche Immunität ihre Grenzen. "Shiiit, was mach ich dann jetzt? Die Soldaten-Masche kann gar nicht ziehen, die Tattoos reißen's nicht raus, die Singerei tut's auch nicht... du machst mich noch völlig fertig, Babe.", seufzte ich theatralisch, wobei aber das Grinsen nicht von meinen Lippen weichen wollte und dem ganzen Gerede damit nur sehr wenig Glaubwürdigkeit gab. Wie gut, dass ich es wie so oft ohnehin gar nicht ernst meinte. Aryanas nächste Worte waren schon eher Etwas, das mich auf den sehr steinigen und harten Boden der Tatsachen zurückholte. Mir graute es schon jetzt vor den absolut vorprogrammierten Rückenschmerzen, die mich morgen vermutlich den ganzen Tag über plagen würde. Egal, wie ich mich hier hinlegen würde, der Rücken würde absolut nicht begeistert von dem harten Untergrund sein. Schmerzen im Rücken waren so eines der Dinge, die mir immer das Gefühl gaben, mindestens zehn Jahre älter zu sein. Entsprechend wenig rosig war also die Aussicht darauf, aber half ja Alles Nichts. Zumindest ein paar Stunden schlafen mussten wir, wenn wir den Rückweg nicht in Zeitlupe und mit unnormal vielen Pausen antreten wollten. Dank des Wassermangels würden wir zwar vermutlich sowieso nicht allzu schnell vorankommen, aber zumindest immernoch schneller als mit komplett leeren Energiereserven. "Ja, wahrscheinlich hast du Recht..", stimmte ich der Brünetten entsprechend zu und griff dann nach meinem Rucksack. Ein gutes Kissen konnte er zwar nicht ansatzweise ersetzen, aber es war zumindest besser als ein Stein zum Kopf drauf legen. Ich rutschte ein Stück von dem Felsen weg, der bis gerade eben noch meine Rückenlehne gewesen, um es mir auf dem Rucksack so bequem wie nur irgendwie möglich zu machen. Der Hut lag irgendwo neben mir, wo er auch weiterhin sein Dasein fristen würde. Die Ohren abzudecken kam nicht in Frage. Wenn sich irgendwelche Tiere näherten, wollte ich das im besten Fall hören können. Zumindest Dingos wären sicher hörbar, wenn sie irgendwo heulten. Was aber keinesfalls heißen sollte, dass ich nicht trotzdem lieber auf jene verzichtete. "Das Gute-Nacht-Wünschen ist vermutlich ziemlich überflüssig...", murmelte ich leise vor mich hin, als ich mich endgültig dazu entschied, doch einfach nur auf dem Rücken liegen zu bleiben, obwohl ich normalerweise auf der Seite schlief.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Aryana grinste weiter zufrieden in sich hinein, als wäre es ihr einziges Ziel gewesen, den guten Mann neben ihr zur vollkommenen Verzweiflung zu bringen. "Ich hab dir einen kleinen Tipp... Aber nur, weil du mir langsam echt leid tust", begann sie schliesslich, wartete bis er ihr seine volle Aufmerksamkeit schenkte und sie ihn mit geheimnisvoll funkelnden Augen anblinzeln konnte. "Fussmassagen hatten schon immer eine extrem betörende Wirkung auf mich und mein Eisherz", raunte sie ihm dann, nett wie sie war, zu. Weil eine Fussmassage sicher alles war, was er ihr jetzt geben wollte, nachdem sie einen Tag in diesen Schuhen geschwitzt hatte und ihre Füsse noch immer in den feuchten Gefängnissen steckten. Lecker. Schliesslich war das Thema dann aber ein weiteres Mal gegessen und Mitch stimmte dem Plan, erstmal ein Bisschen zu schlafen, zu. Hatte wohl selber keine bessere Idee. Somit schob sich auch die Brünette von ihrer Rückenlehne weg, packte den Hut für heute in den Rucksack und brauchte diesen genau wie Mitch als unbequemes Kopfkissen für die unbequemen kommenden Stunden. Sie legte sich für den ersten - wahrscheinlich angenehmsten - Teil dieser Nacht auf die linke Seite, somit Mitch zugewandt, und nicht wie gewöhnlich auf den Bauch. Die Gründe dazu waren wohl relativ naheliegend. Auch wenn, egal welche Position man hier letztendlich einnahm, alles zeitnah wehtun würde. "Ich weiss nicht, was du hast. Ich freu mich auf jede Sekunde, die ich mit dir und diesem Stein verbringen darf", erwiderte sie sarkastisch auf seinen ebenso trockenen Gute-Nacht-Wunsch. Dann liess sie aber keine weiteren, wertvollen Minuten in fast angenehmer Temperatur mehr verstreichen, sondern schloss die Augen um zu schlafen. Fiel ihr auch erstmal nicht allzu schwer, dazu war die Erschöpfung auch zu gross. Und die Kopfschmerzen, die sie liebend gern ins Land der Träume schickten.
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Viel mehr als ein eindeutig ablehnendes Kopfschütteln gab es zu der Geschichte mit der Fußmassage nicht mehr zu sagen. Füße waren an sich schon nicht so mein liebstes Körperteil, da musste ich sie jetzt echt nicht auch noch stinkig, wie sie nun einmal gerade waren, schön ausgiebig massieren. Frisch geduscht vielleicht eher, aber dann auch nur, wenn es dringlich gewünscht war. Ich sah mir wesentlich lieber einen nackten Rücken beim Massieren an, als ein paar Füße. Wenn sonst sowieso Nichts dabei heraussprang, hätte ich wenigstens gerne eine schöne Aussicht. Füße waren da also wirklich nicht die allerbeste Option, wenn man mich fragte. Die letzten Worte der Brünetten ließen mich noch einmal ein klein wenig grinsen, ehe ich die Augen schloss und zu schlafen versuchte. Im Gegensatz zu meiner weiblichen Leidensgenossin brauchte ich aber trotz all der Erschöpfung einige Minuten, bevor ich ein Auge zu bekam. Zum einen einfach wegen der hochgradig unbequemen Ausgangslage und zum Anderen, weil mein Gehirn gerade eine Vorliebe für Paranoia hatte. Ich hörte ein, zwei Mal leises Rascheln in den wenigen, sehr niedrigen Pflanzen, die nicht einmal in unmittelbarer Nähe waren und trotzdem lebte dabei jedes Mal der Gedanke an all die giftigen Tiere auf, die hier theoretisch wohnten. Es hätte aber wohl genauso ein minimaler Windhauch sein können, der die wenigen, kargen Büschel Gestrüpp zwischen den Steinen in Bewegung brachte. Glücklicherweise war dann jedoch lange genug Ruhe, damit ich doch noch einnickte. Die erste Zeit über schlief ich dank der Müdigkeit ganz gut, aber nach etwa dreieinhalb Stunden wachte ich das erste Mal auf. Nicht nur, weil es merklich kälter geworden war und sich eine leichte Gänsehaut auf meiner Haut gebildet hatte, sondern auch, weil mich Etwas ankrabbelte. Was es war konnte ich in der Dunkelheit nicht sehen und ich wischte es reflexartig von meinem Handrücken. Vermutlich nur ein großer Käfer und sonst Nichts, weil sich das Ding nicht mehr blicken ließ. Allerdings förderte jener nicht unbedingt meine innerliche Ruhe, sondern war neben der Kälte wohl ein Mitgrund dafür, dass ich von da an nicht mehr wirklich schlafen konnte. Ich würde schätzen, das es noch etwas zwischen fünf und zehn Grad Plus hatte und eindeutig zu kalt war. Etwa eine halbe Stunde lang schlief ich noch einmal ein, danach lag ich aber endgültig wach und seufzte leicht genervt. Im Anschluss wanderte mein Blick zu Aryana, deren Silhouette im Mondlicht gut sichtbar war. Der Himmel musste ja ausgerechnet heute vollkommen wolkenfrei sein, damit es auch ja richtig kalt wurde. Ich streckte meinen Arm nach ihr aus, um sie vorsichtig an der Schulter zu wecken. "Psst... komm her.", begleitete ich das Aufwecken mit ein paar Worten - falls sie überhaupt schlief und nicht wach lag, aber bisher hatte sie sich kaum geregt -, nach denen ich ein Stück näher zu ihr hin rutschte. Ich wollte mich nicht einfach an sie ran schmeißen, ohne dass sie sich dessen bewusst war. Nicht, dass mir nachher Irgendwas unterstellt oder vorgehalten wurde. Ich hatte mich die letzten Tage ganz geschickt um die Ohrfeigen-Grenze herum bewegt, jene nur hin und wieder gereizt und sie aber nicht mehr überschritten, da wollte ich mir alles Unangenehme in dieser Hinsicht weiterhin sparen.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Aryana hatte wohl seit jeher die aussergewöhnliche Gabe, immer und überall sofort schlafen zu können - wenn sie denn müde war. In der Army hatte sie dieses Talent noch ausgefeilt, was ihr an diesem Tag mal wieder absolut zu Gute kam. Es dauerte keine fünf Minuten und sie war eingeschlafen, konnte sich hinter ein paar traumlosen Wolken verkriechen, die sie zumindest für die Dauer ihres Schlafes vergessen liessen, wo sie war und welche Umstände dieses kleine Abenteuer hier begleiteten. Das war auch gut so, denn die Erholung hatte sie dringend nötig, wenn sie es morgen in einem Stück zurück zum Camper schaffen wollte. Praktisch ohne Wasser und ohne Essen. Aber würde schon irgendwie schief gehen, sie wusste dank der Army immerhin ziemlich genau, wozu sie und ihr Körper im Stande waren. Also sollte diese Wanderung auch drinliegen, ohne sie ganz an den Rande des Erschöpfungstodes zu treiben, da war sie sich relativ sicher. Ganz so traumlos wie gewünscht verliefen die folgenden Stunden dann leider nicht. Nach etwa zwei Stunden - Zeit messen war so eine Sache, wenn das Handy irgendwo im Rucksack lag und sie diesen ganz bestimmt nicht nur für diesen Zweck durchsuchen würde - riss sie zum ersten Mal wieder die Augen auf, weil irgendeine dämliche Fantasie ihr vorgaukelte, ihr Mund wäre mit Sand vollgeschüttet und sie langsam aber unwiderruflich am Ersticken. Allein die Vorstellung davon liess sie unangenehm trocken husten, aber noch zwang sie sich trotzdem, nicht zur Wasserflasche zu greifen. Stattdessen drehte sie sich von ihrer komplett schmerzenden Seite auf den ebenfalls schmerzenden Rücken und schloss die Augen wieder, um ja weiterschlafen zu können, bevor die Kälte, die schon jetzt an ihren Glieder nagte, ihr dies für den Rest der Nacht verbot. Im Schlaf hatte sie sich irgendwann wieder auf die Seite gedreht und die Arme um den Körper geschlungen, wahrscheinlich in einem unterbewussten Versuch, Wärme zu generieren. Allerdings holte die vorsichtige Berührung, die sie dank seinen Worten ziemlich schnell Mitch zuordnen konnte, dann zeitnah zurück in die Gegenwart. Eine sehr kalte Gegenwart, wie sie wieder feststellen musste, dabei auch schon widerwillig das Gesicht verzog, während sie zu dem jungen Mann blinzelte, der etwas wacher aus der Wäsche blickte als sie. Allerdings wirkte er ebenfalls nicht unbedingt, als wäre ihm die ganze Lage, in der sie steckten, momentan angenehmer. Wie auch sie augenblicklich wieder zu frösteln begann, der ganze Körper von einer unangenehmen Gänsehaut überzogen, schien ihm genauso kalt zu sein. Wohl der Grund dafür, dass er sie überhaupt erst geweckt hatte, wie ihr nach einigen Sekunden dann auch mal klar wurde. Aryana rutschte nun ihrerseits in seine Richtung, vielleicht von einem kleine Zögern begleitet - sie war eben alles andere als betrunken heute - aber doch relativ bestimmt. Denn im Vergleich zu seiner Nähe war erfrieren wirklich eine ganz miese Option. Also lag sie nur Sekunden später auch schon sehr dicht an seiner Brust, wobei ihr Blick für einen Moment an ihm vorbei zum Himmel glitt. Sofort bildete sich ein seichtes Lächeln auf ihrem Gesicht. Die Sterne hier waren wie von einer anderen Welt, so fernab von jeglicher Lichtverschmutzung einer Stadt. Die ganze Galaxie leuchtete über ihnen und wäre ihr nicht so kalt, hätte Aryana diesen Anblick stundenlang geniessen können. "Guck mal... Da ist Milky Way", murmelte sie verschlafen, von demselben Lächeln begleitet. Nur, damit Mitch nicht verpasste, wie schön dieses Land eben doch war. "Schon wieder... fast romantisch", fügte sie dann mit einem leichten Grinsen an. Musste eben gesagt sein. Romantischer wurde es in ihrem Leben nicht mehr.
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Bis sie wach wurde dauerte es nicht lange, jedoch zogen einige Sekunden ins Land, bis sie überhaupt erst auch mental zu sich kam und wenig später meine Bitte wahrnahm. Es war pures Wunschdenken, dass sie sofort völlige Wärme ausstrahlen würde und Wärmflasche 2.0 darstellen konnte. Aryana war äußerlich erst einmal genauso kalt wie ich, als sie sich an mich lehnte und ich meinen Arm um sie legte, meine Hand auf ihrem Rücken platzierte, damit sie nicht auf die dumme Idee kam sich wieder wegzurollen. Jedoch drückte ich sie dabei keinesfalls an mich, hielt sie lediglich. Falsche Eindrücke zu wecken lag nicht in meinem Interesse, würde die Brünette dann am Ende doch nur so schnell abrücken, wie sie hergekommen war. Denn während ihrer Worte, denen ich noch immer müde aber doch aufmerksam genug zuhörte, ging langsam das erste bisschen ihrer Körperwärme auf mich über und damit sehnte ich schon den Moment herbei, in dem die Gänsehaut an den Armen endlich verschwinden würde. Bis dahin konnte ich mir Gedanken über Aryanas Worte machen und unbewusst schwach vor mich hin lächeln, als ich den Blick ebenfalls für eine Zeit lang in den Himmel richtete. War zweifelsohne schön anzusehen, wie die Sterne auf dem dunklen Hintergrund hervor stachen und ihre Bahnen durch den Himmel zogen. Vielleicht könnte ich es noch mehr genießen, wenn ich nicht immer noch frösteln würde, aber es war trotz der Kälte schön anzusehen. Dann folgten die nächsten Worte der jungen Frau, die mich mit den Augen zurück zu ihr wandern ließen. "Ein bisschen vielleicht...", murmelte ich leicht grinsend vor mich hin, wobei der anfängliche Schweißgeruch schon fast vergessen war. Obwohl meine Nase sich dahingehend langsam daran zu gewöhnen und es auch Stück für Stück auszublenden schien, war ich doch recht froh darüber, dass die Brünette an meiner Brust nicht der eklige Schweiß-Typ war. Wobei man allgemein sicher sagen konnte, dass Männer in den meisten Fällen sowieso strenger rochen als der weibliche Anteil der Bevölkerung. Dagegen kamen Deo und Parfüm nur bis zu einem gewissen Grad an und der war in diesem Fall hier, nach einem gefühlt endlos langen Marsch durch die Sonne, ganz bestimmt schon überschritten. "Genieß' es, solange du noch kannst. In der Army kannst du mich nicht mehr für eine verschwitzte, romantische Nacht in der Wüste ausleihen...", riet ich Aryana, sich diesen von Schweiß und schmerzenden Gliedern geprägten Moment doch unbedingt einzuprägen, wonach ich weiter vor mich hin grinsend erneut die Lider zufallen ließ. Natürlich konnte sie das theoretisch durchaus veranlassen, sie war Sergeant. War aber unwahrscheinlich, dass ihr ein guter Grund dafür einfiel, warum sie mit mir alleine rausfahren sollte. Immerhin war es doch grundsätzlich sicherer, mit ein bis zwei Mann mehr aufzubrechen, erst recht in der Nacht wo die Sicht auf die Umgebung so schrecklich eingeschränkt war. Da wäre - was für die Realität mit ziemlicher Sicherheit vollkommen unwichtig war - sicher ein wenig Kreativität von Nöten.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Sie hatte überhaupt nichts gegen seine Hand einzuwenden, die sich an ihrem Rücken platzierte und damit wohl verhinderte, dass sie, falls sie wieder ins Land der Träume abdriftete, plötzlich von Mitch weg rutschte. Immerhin wollte sie das in diesem Moment auch wirklich nicht. Klar, das mit dem Stinken war so eine Sache und es gab eintausend Situationen, in denen sie sich vergnügter an seine Brust geschmiegt hätte. Aber letztendlich war es einfach irgendwie egal, weil ihr wirklich kalt war, je länger je mehr. Und auch wenn der Stein vielleicht nicht gestunken hatte, er war keineswegs warm gewesen. Und auch nicht weich. Mitch schon. So weich wie eine durchtrainierte Männerbrust eben sein konnte. Sein gut gemeinter Rat liess die Brünette gleich noch ein Bisschen breiter grinsen, während ihre Augen noch immer dem Lauf der Sterne folgten und sie weiter vor sich hin zitterte. "Vielleicht unterschätzt du ja auch meine Kompetenzen... Oder meinen Willen", murmelte sie zur Antwort vor sich hin, ehe sie die Lider doch langsam wieder sinken liess. "Aber gleichfalls, Liebling... Ich kann dir nicht versprechen, wann du das nächste Mal so enge Bekanntschaft mit meinem stinkenden Selbst schliessen darfst", erklärte sie ihm ebenso sarkastisch, bettete ihren Kopf ein letztes Mal - vielleicht - ein Bisschen bequemer auf seine Brust und atmete tief durch. Sicher würde sie in ein paar Minuten schon wieder schlafen. Es war noch immer hässlich kalt, das war nicht zu leugnen. Es würde auch noch einige Momente dauern, bis sie sich gegenseitig wirklich wärmen konnten. Und wahrscheinlich wäre es auch dann noch immer kalt. Aber es war besser als vorher. Besser als alleine. Mal wieder ein gegenseitiger Pluspunkt, der ihnen so wunderbar aufzeigte, wie viel besser sie gemeinsam doch dran waren. Haha.
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Mehr ihren Willen als ihre Kompetenzen, würde ich zu behaupten wagen. Zwar wäre ein Ausflug in die Wüste sicher eine sehr nette Abwechslung zu den bald wieder furchtbar eintönigen Wachtürmen im Camp, auf denen wir uns sonst immer trafen, aber das war dann vermutlich auch schon der einzige Vorteil, den sie als nicht in mich verliebter Mensch aus dem Rendesvouz in der Wüste ziehen würde. Vielleicht noch etwas mehr Ruhe und einfach weniger Menschen als auf dem Stützpunkt, aber das war es dann abgesehen vom Sternenhimmel auch schon gewesen. Ohne den Romantik-Kram würde ich einen Ausflug in die nächtliche Wüste sicher hin und wieder willkommen heißen, wenn mir die Luft mit den Anderen im Zelt mal wieder zu stickig wurde, aber das blieb eben doch nur Wunschdenken. Weil Aryana nicht wollte. "Die Kompetenzen sind's eher nicht, nein.", stellte ich vor mich hin murmelnd fest, die Augen weiter geschlossen, das Grinsen jedoch noch immer nicht ganz erloschen. Ich wusste ja, dass die junge Frau durchaus zu so Einigem im Stande war, wenn sie es nur wirklich wollte. Auch da war die Geschichte mit Warrens ganz zufälligem Tod mal wieder ein sehr gutes Beispiel und ließ mich von da an auch in dem Glauben, die junge Frau besser nicht zu unterschätzen. Zur Feindin hatte man sie ganz offensichtlich nämlich ungern. "Ach, halb so wild... die betrunkene Aryana-Version war mir sowieso lieber.", kommentierte ich auch ihre letzten Worte mit sarkastischem Unterton und tätschelte ihr kaum merklich den Rücken, ohne meine Hand dabei überhaupt erst ganz anzuheben. Dann hob ich den Kopf noch einmal an, um den Rucksack mit der freien Hand zurecht zu rücken und versuchte eine möglichst bequeme Position mit dem Hinterkopf auf dem schlechten Kopfkissen zu finden. Das Gewicht, das durch Aryanas Anlehnung zusätzlich ein wenig auf meiner Wirbelsäule lag, machte die mich morgen erwartenden Verspannungen im Rücken sicher nicht besser, aber ich tauschte letztere gerne gegen die Wärme ein. Nur langsam kroch sie allmählich durch die Klamotten und wohl eine der ersten Überlebensregeln war, dass man sich eindeutig schneller wärmen konnte, wenn man eben einfach keine Klamotten trug. Wieder so ein Gedanke, den ich besser gleich im Keim erstickte, weil er schlicht zu nichts Gutem und viel mehr nur wieder zu einem unpassenden Kommentar meinerseits führen würde. Ich gähnte ein wenig, bevor ich mich zu erneuter, innerer Ruhe besann, um wieder einschlafen zu können, wobei das ganz sicher noch einige Minuten dauern würde. Das kleine, wie immer so von Sarkasmus geprägte Gespräch hatte mich ein wenig wacher werden lassen. Sicherlich würde sich das aber legen, wenn die Wärme endlich zumindest einen Teil der Kälte erfolgreich verdrängt hatte.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Nicht die Kompetenzen? Dann zweifelte er also wahrhaftig daran, dass sie ganz einfach alles tun würde, um ein paar Stunden allein mit ihm unter dem Sternenhimmel zu verbringen. Das war beinahe eine etwas freche Unterstellung, wenn man sie fragte. "Ach... Du denkst also nicht, dass Zeit mit dir zu verbringen mein höchstes Begehren ist?", nuschelte sie zunehmend undeutlich durch den Stoff und ihr Grinsen in sein Hemd, quittierte diese Feststellung mit einem gespielt unzufriedenen Seufzen. Dann war das wohl so. Konnte sie nur hoffen, dass er umgekehrt - trotz der scheinbar fehlenden bedingungslosen Liebe ihrerseits - ebenso gerne mit ihr allein in der Wüste kuschelte und fror. Als er die Situation von vor ein paar Tagen ansprach, an die sie sich doch trotz des damals herrschenden Alkoholpegels nur zu gut erinnerte, liess kurz ein glucksendes Lachen ihren Körper erbeben. War die betrunkene Aryana seiner Meinung nach also eine bessere Kuschelpartnerin. "Keine Ahnung, woran das liegt, aber okay", akzeptierte sie diese Aussage also einfach mal. Soweit sie wusste, hatte sie nicht so viel Scheisse gebaut, dass es ihr im Rückblick wirklich peinlich sein sollte. Aber ja, wahrscheinlich war ihr besoffenes Selbst in manchen Bereichen etwas mehr auf einer Wellenlänge mit dem jungen Mann, der ihr hier gerade als Kissen diente. Brachte aber nicht viel, darüber nachzudenken, da sie sowieso bald zurück in ihre Alkoholabstinenz tauchen durften. Und dann war die betrunkene Aryana wieder für mindestens ein Jahr Geschichte, genau wie der betrunkene Mitch. Sie blickte kurz auf, als er sich den Rucksack zurechtrückte, weil er ganz offensichtlich mit einer weniger komfortablen Unterlage zu kämpfen hatte als sie. Ganz kurz öffnete sie den Mund, hätte ihm beinahe vorgeschlagen, nach der Hälfte der Nacht Position zu tauschen. Doch glücklicherweise fiel ihr noch bald genug ein, was das bedeuten würde und dass es eine ziemlich dämliche Idee ihrerseits wäre, weshalb sie dann einfach den Mund hielt und sich wieder an seine Brust bettete. Die Arme eng an ihren Körper gelegt und die Beine angezogen, klein zusammengefaltet, damit sie so wenig Wärme an die kalte Nacht abgab, wie möglich. Dann schloss sie die Augen ein definitiv letztes Mal wieder und auch diesmal dauerte es erstaunlicherweise nur wenige Minuten, bis ihre Atmung sich entspannte und sie eingeschlafen war. Sie war eben einfach trotz allem noch müde und hatte Kopfschmerzen, einen trockenen Mund und ihr war kalt. Alles Umstände, denen sie sehr gerne in ein paar weitere Stunden Schlaf davonrannte.
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Nein, tat ich nicht. Mal ganz davon abgesehen, dass es absolut nicht gut für ihre Karriere wäre sich in einen 0815-Soldaten - zumindest auf dem Papier - zu verlieben und dahingehend ihren hart erarbeiteten Posten zu riskieren, war die junge Frau ja nicht mit mir hier, weil wir einen romantischen Urlaub zu zweit herbei gesehnt hatten. Viel mehr nur, weil nicht allein in die Staaten fliegen zu müssen, sondern einen australischen Sonnenuntergang nach dem anderen erleben zu dürfen, die eindeutig bessere Wahl darstellte. Ich war also nicht dabei mir falsche Hoffnungen zu machen und wir sollten wohl beide froh darüber sein. Ihre noch folgenden Worte ließen mich erneut für ein paar Sekunden die Mundwinkel heben. Ich war mir fast sicher, dass Aryana sehr wohl wusste, woran ich die Vorliebe für ihr betrunkenes Ich festmachte. Es ließ sich nicht leugnen, dass es mir gefallen hatte, dass sie mit ein paar Tropfen Alkohol doch ein Stück weit eine andere Person war. Zwar war die junge Frau seit unseren ersten Gesprächen - die meistens eher Streits oder harten Diskussionen gleichzusetzen gewesen waren - schon wesentlich entspannter geworden, aber mit dem Nervengift intus verstärkte sich das merklich. So, wie bei fast jedem anderen Menschen eben auch. Nichtsdestotrotz erwiderte ich auch darauf Nichts mehr, sondern ließ zu unser beider Schlafes Willen Aryana das letzte Wort haben, bevor das Grinsen schließlich gänzlich erlosch und ich mich erneut dem Einschlafen widmete. Noch ein, zwei Minuten dauerte es, bis mein Körper die Umgebung wieder als warm genug empfand um einzuschlafen. Trotz der lebendigen Wärmfläsche an meinem Oberkörper wachte ich später immer wieder auf und schlief geschätzt nie wirklich länger als eine Stunde durch. Als ich die ersten Sonnenstrahlen im Halbschlaf aufkommen sah, ließ ich die Augen dann aber endgültig offen, statt noch weiter zu schlafen. Ich war mir ehrlich gesagt nicht sicher ob ich mich jetzt lebendiger fühlte, als wenn ich ganz einfach nicht geschlafen hätte. Schon bei der kleinsten Bewegung meines Kopfes diagnostizierte ich bei mir unangenehme Nackenverspannungen und mir tat der Rücken weh, ohne dass ich überhaupt schon aufgestanden war. Mein Mund war fürchterlich trocken und mein Körper schrie förmlich danach, endlich wieder Flüssigkeit zu bekommen. Nach dem Gähnen folgte demnach ein recht plötzliches Räuspern aufgrund des staubtrockenen Rachens, was wohl auch meine Brust erschütterte und Aryana aufweckte. Das ersparte mir mehr oder weniger den wörtlichen Weckruf, aber dennoch wollte ich ein paar Worte verlauten lassen. "Guten Morgen, Liebes... Zeit zum Weiterlaufen.", murmelte ich also zu ihr runter und ließ der Brünetten noch ein paar Sekunden Zeit sich zu sammeln, bevor ich mich langsam aufzurichten begann. Als ich halbwegs saß fing ich damit an mir den steifen Nacken etwas zu dehnen und seufzte im nächsten Moment angestrengt, ehe ich nach meinem Rucksack und der Flasche darin griff. Wenigstens die Hälfte des Inhalts musste meine Kehle runter fließen, damit ich überhaupt erst loslaufen konnte. Es verblieben mir danach nur wenige Tropfen für den Rückweg, als ich langsam aufstand. Kaum auf den Beinen angelangt forderte auch der Rücken zwei oder drei auflockernde, dehnende Maßnahmen von mir.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Entgegen ihrer Vermutungen, schlief die Brünette tatsächlich ziemlich gut. Sie wachte ab dem Moment, in dem sie die Augen an Mitch gelehnt geschlossen hatte, nur noch ein einziges Mal auf bis zum Morgen. Und das auch nur, um festzustellen, dass es einfach kalt war und sie lieber sofort wieder schlafen wollte. Der einsame, nicht sehr sinnvolle Vorteil des Wassermangels war nämlich, dass sie trotz der Kälte nicht das Bedürfnis hatte, eine Toilette aufzusuchen, weil die Blase ja sowieso leer war. Ja, positives Denken und so, hatte man mal gelernt. Dass das ungesund für ihre Verdauung und so ziemlich jedes einzelne Organ war, musste sie an dieser Stelle ja nicht noch extra erwähnen. Als Mitchs Räuspern sie schliesslich endgültig aus den wirren Träumen holte, schlug Aryana nur sehr langsam die Augen auf, drückte diese aber Sekunden später mit einem leisen Stöhnen schon wieder zu, weil sie von hämmernden Kopfschmerzen empfangen wurde. Noch viel schlimmer als gestern - und sie war noch nicht mal aufgestanden. Die paar gemurmelten Worte von oben quittierte sie mit einem heiseren "Liebes..?", das aber mehr verwirrt als genervt klang. Sie drehte sich etwas schwerfällig von ihm runter, setzte sich hin und rieb sich erstmal über das ganze, noch immer schweissverklebte Gesicht. Sofort begann sie auch wieder zu zittern, einfach, weil es für den Moment noch immer verdammt kalt war und ihr ganzer Körper viel zu sehr abgekühlt hatte über Nacht. Wenig überraschend, aber eben doch durchaus unangenehm. "Guten Morgen", gab Aryana anstandshalber nach einiger Zeit auch noch von sich, blinzelte dabei aber noch immer sehr mühsam vor sich hin und auch ihre Stimme klang genauso kratzig, wie sie sich anfühlte. Die Brünette begann von Schwindel begleitet in ihrem Rucksack zu wühlen, konnte nicht wirklich anders, als es ihrem Begleiter gleich zu tun und ihrer Wasserflaschen einen weiteren, bedeutenden Anteil des kostbaren Inhaltes zu entnehmen. Wirklich besser fühlte sie sich dann zwar nicht, aber immerhin war der Staub vorerst von der Zunge gespült... Sie setzte den Hut wieder auf, da dieser mittlerweile gleich noch die zweite Aufgabe erfüllte, ihr die Haare, die sich aus den zwei eingeflochtenen Zöpfen gelöst hatten, aus dem Gesicht zu halten, und erhob sich vom Stein. Tatsächlich stolperte sie gleich zwei Schritte nach links, ehe sie mit einem leisen Fluch stehen blieb und sich erneut übers Gesicht strich und die Augen schloss. Gott ihr war schwindlig. Und diese Kopfschmerzen... Und überhaupt tat ihr alles weh. Behielt sie allerdings so gut wie möglich für sich, warf sich stattdessen den mehr oder weniger leeren Rucksack über die Schulter, als sie das Gefühl hatte, dazu wieder stabil genug zu sein. "Wir... wir sollten gehen...", murmelte sie in Mitchs Richtung, hielt es aber für intelligenter, nicht den Kopf zu heben um ihn unter dem Rand des Hutes anzublicken. Das würde ihren Schwindel nämlich zweifellos nicht besser machen. Und ihm zu erzählen, dass ihr Kreislauf es überhaupt nicht schätzte, wenn sie zu lange nichts ass, war ebenfalls nicht nötig.
This is your life, it's do or die, the sun may never rise again, so be the light the vision. This is your life, it's slipping by, you try to run but fall again, you get back up that's living.
Ja, Liebes. Vielleicht hatte das in meinem noch ziemlich verpennten Zustand ernster geklungen, als es das sonst tat. Schatz, Liebling, Liebes... alles das gleiche, wenn man mich danach fragen würde. Genauso wie sonst meinte ich das natürlich nicht wirklich ernst. Andererseits war es doch ein kleines bisschen erschreckend, dass ich Floskeln in dieser Richtung scheinbar schon dermaßen stark verinnerlicht hatte, dass ich sie auch im nicht gänzlich geistig anwesenden Zustand automatisch verwendete. Fast schon gruselig, wenn ich jetzt so darüber nachdachte. Vielleicht sollte ich mir das wieder ein wenig abgewöhnen, nicht dass mir sowas doch mal im Beisein Anderer in der Army rausrutschte. Wäre für jeden von uns beiden sicher ziemlich fatal. "Keine Ahnung, hat sich... irgendwie schon so eingebrannt... das mit den Spitznamen.", stellte ich fast ein wenig nachdenklich fest und unterbrach zwischendurch zweimal, weil ich die Körperhaltung zwecks der Dehnübungen änderte. Mein Kreislauf war gelinde gesagt nicht ganz auf der Höhe und auch die Übungen konnten nicht wirklich Etwas daran ändern, veranlassten höchstens etwas bessere Durchblutung und lösten nebenher ein penetrantes Zwicken an den Schläfen aus. Immerhin freute sich aber der Rücken ein ganz kleines bisschen über die Auflockerung und tat nicht mehr ganz so arg weh wie vorher. Trotzdem sehnte er genauso wie der Rest meines Körpers - nach der Dusche - die weiche Matratze herbei. Und Wasser. Eine ganze Menge Wasser. Was würde ich jetzt bloß für eine Flasche Wasser und zumindest ein kleines Sandwich geben... Als die junge Frau mich mit ihren Worten zum Aufbruch anhielt war ich mit den Übungen fertig und nickte ein klein wenig, ehe ich mich noch einmal zu Hut und Rucksack nach unten bückte. Keine so gute Idee, wie mir der schwere Schädel und eine kurzzeitige Schwärze vor Augen sehr deutlich machten. Dauerte danach ein paar Sekunden inklusive unzufriedenem Grummeln, bevor ich mich wieder gesammelt und klare Sicht hatte. Der inzwischen sicher ebenfalls leicht muffige Hut wanderte zurück auf meinen Kopf und der Rucksack auf meinen Rücken. "Dann mal los...", redete ich leise seufzend vor mich her als ich zu den ersten, sicher sehr schwerfällig aussehenden Schritten ansetzte und hatte dabei alles Andere als große Lust dazu. Noch viel weniger stand mir der Sinn aber nach Verdursten und wenigstens würden meine Gliedmaßen langsam wieder auftauen, wenn sie erst einmal in Bewegung waren. Kalt war mir nämlich leider immernoch, auch wenn das überwiegend nur die Extremitäten betraf. Mit kalten Füßen zu laufen war immer ach so herrlich unangenehm...
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Sie wäre wahrscheinlich weitaus weniger verwirrt gewesen von seiner Anrede, wenn ihr Kopf anständiges Denken zugelassen hätte. Tat er aber kaum, weshalb sie die eigentlich mehr rhetorische Frage gestellt hatte, bevor ihr klar geworden war, dass das einfach nur einem weiteren Spitznamen entsprach. Sie wurde halt normalerweise nicht mit Guten Morgen, Liebes geweckt. Wie dem auch sei, Aryana erwiderte nichts mehr auf seine Erklärung, die ihr trotz der Umstände nochmal ein kleines Lächeln auf die verschlafenen, etwas verkrampften Gesichtszüge zauberte. Jaja. Sie und ihre Spitznamen. War schon wertvoll, dass sie so eisern daran festhielten. Denn wie man in diesem Moment bestens erkennen konnte, lockerte ihre Gesprächsweise doch immer mal wieder die noch so angespannte Stimmung. Mitch schien im Augenblick ungefähr mit den gleichen Kreislaufproblemen zu kämpfen wie sie, wie seine ersten, wackeligen Schritte ihr ziemlich deutlich aufzeigten. Das war nicht gut. Aber sie war sich doch sicher, dass sie das irgendwie schaffen würden. Blieb ihnen ja nichts anderes übrig, weshalb auch Aryana keinen Meter nach Mitch zurück auf den Weg trat, der sie endgültig zurückbringen sollte. Es war verdammt anstrengend und sie wusste kaum, was schlimmer war - Kopfschmerzen und Schwindel oder der elendige Durst? Fakt war, dass beides mit Wasser behoben werden könnte. Wasser, das sie nicht finden würden, wenn sie nicht stur geradeaus zurück zum Parkplatz gingen. Darum taten sie das auch. Irgendwie echt langsam, aber Aryana konnte sich nicht dazu hetzten, irgendwelche schnelleren Schritte zu machen, dazu waren ihre Füsse einfach zu schwer und die Beine zu wackelig und der Kopf zu wirr. Nach etwa eineinhalb Stunden blieb sie aber stehen, weil sie wirklich dringend eine Pause brauchte, sofern sie nicht zusammenbrechen wollte. "Kannst du... fünf Minuten warten?", bat sie Mitch eindeutig ausser Atem. Auch wenn sie sich diese Schwäche nur sehr widerwillig gab, so brauchte sie ein paar Augenblicke zum Atmen, um ihren Puls wieder runter zu bekommen. Und ob sie nun fünf Minuten früher oder später zurück waren, spielte letztendlich einfach echt keine Rolle mehr. Die Sonne war längst wieder da, wenn auch noch nicht so stark wie gestern. Und Aryana sass bereits achtlos auf dem trockenen, roten Boden, die Beine angewinkelt vor sich und die Arme drauf gestützt, während sie sich den Kopf hielt. Die Augen geschlossen innerlich auf Hundert zählte. Oder Tausend. Spielte keine Rolle, sie fiel sowieso die ganze Zeit aus dem Takt.
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Zwar herrschte in der Army immer ein gewisser Drill und hin und wieder konnten auch die Sporteinheiten mal fordernd sein, aber das hier war meilenweit davon entfernt. Ich hatte mich in meinem Leben bisher selten - oder gar noch nie - dermaßen ausgelaugt und dehydriert gefühlt. Selbst längere Märsche waren in der Army immer mit genügend Wasser begleitet und noch zudem zogen die sich für nicht oft über eineinhalb bis zwei Tage hin. Entsprechend langsam, zeitweise gar ein wenig schlurfend kamen wir voran, aber ein höheres Tempo war ganz einfach nicht machbar. Dazu fehlte vor allem die Kraft, aber auch der Elan. Natürlich wollte ich zurück um endlich duschen und trinken zu können, aber bei derartigem Erschöpfungsgrad war einfach die Motivation für jegliche Schritte flöten gegangen. Eben weil es so anstrengend war, schwieg ich auch fast die ganze Zeit. Ich war froh, wenn ich mich fühlte als hätte ich genug Luft zum Atmen, da wollte ich nicht auch noch Energie an unwichtige Worte verschwenden. Es war schließlich Aryana, die zuerst nach einer kurzen Pause verlangte. Dazu musste ich mich wirklich nicht erst bitten lassen, sondern hielt postwendend an als die Bedeutung ihrer Worte bis zu meinem müden Gehirn durchgedrungen war. "Klar...", war Alles, was ich zu Beginn darauf antwortete, bevor ich es mir nach etwas tieferem Durchatmen ebenfalls auf dem Boden bequem machte. So bequem wie es eben auf hartem, staubigem Boden möglich war. Die Sonne war für meinen Geschmack schon wieder viel zu warm und verstärkte das Hämmern an den Schläfen, während sich meine ausgezehrten Muskeln einfach nach absolutem Nichts-Tun sehnten. Das war aber leider nicht drin. Die Beine leicht angewinkelt, die Unterarme darauf abgelegt und den Kopf nach unten gesenkt versuchte ich meinen Puls durch kontrolliertes Ein- und wieder Ausatmen etwas zu bremsen, was nur eher schlecht funktionierte. Als ich nach ein paar Minuten das Gefühl hatte wieder halbwegs ruhig zu atmen hob ich den Kopf langsam an - damit das ekelhafte Schwarz vor den Augen nicht zurück kam - und sah zu Aryana, die kaum weniger fertig aussah als ich selbst wohl auch. An diesem Punkt war ich froh, hier keinen Spiegel zu haben. "Ich kann deinen Rucksack auch noch nehmen.. wenn du willst.", bot ich der jungen Frau mit einem leichten Schulterzucken an, ihr das bisschen Gepäck abzunehmen. Viel wog er sicher nicht, war der Inhalt jetzt doch nur noch spärlich, aber dennoch... Aryana war vielleicht Sergeant, aber eben immernoch eine Frau und damit zweifelsohne schwächer als ich. Ich war mir zwar ziemlich sicher dabei, dass die Brünette ohnehin ablehnen würde, aber angeboten haben wollte ich es ihr trotzdem.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Sie wäre auch schon gesessen, wenn er ein Nein erwidert hätte. Tat er aber glücklicherweise nicht, weshalb sie erst recht den Willen dazu verlor, sich allzu bald wieder auf die - zweifelsohne mit mehr als einer Blase gezeichneten - Füsse zu kämpfen. Sie hielt sich so lange den Kopf, bis sie langsam des Gefühl loswurde, dass sich alles um sie herum so elendig schnell drehte. Ganz aufhören würde das heute wohl nicht mehr, aber immerhin beruhigte sich das Karussell wieder ein Bisschen, während sie sich darauf konzentrierte, ihre Atmung auf einen nahezu normalen Rhythmus zu entschleunigen. Als das nach einigen Minuten geschafft war, hob sie sehr langsam den Kopf, schlüpfte dabei mühselig aus den Trägern ihres Rucksackes, welchen sie im Anschluss nach vorne zog. Noch bevor sie damit begann, in dem Aussenfach zu wühlen, hörte sie Mitchs Worte, die sie leicht den Kopf in seine Richtung drehen liessen. Sie blinzelte unkonzentriert, als würde sie sich wirklich für einen Moment überlegen, das Angebot anzunehmen. Dann schüttelte sie aber sachte den Kopf - was sie besser nicht getan hätte, so im Nachhinein betrachtet. "Musst... du nicht... der ist nicht mehr... schwer", ächzte sie, während eine Hand wieder an ihre Schläfe gefunden hatte und erneut versuchte, ihr irgendwie Halt in dem schwarzen Strudel zu bieten. Verdammt, wann hatte sie sich das letzte Mal so schwach gefühlt?! War ja zum Kotzen.. Also wenn da noch was in ihrem Magen wäre, das sie rauskotzen könnte. Erst nach ein paar weiteren Sekunden oder Minuten, sie hatte keine Ahnung, streckte sie die Finger wieder nach dem Rucksack aus, öffnete das obere Aussenfach und suchte darin die hässlich warme Sonnencreme raus, die sie sich gleich darauf schwerfällig auf den Mund und das Gesicht schmierte. Einfach, weil die Trockenheit schmerzte, vor allem auf den Lippen, die schon die ersten Risse zeigen wollten. Aber auch der Rest ihrer Haut begann immer penetranter zu jucken. Und sie schwitzte nur noch wenig bis gar nicht mehr. Weitere, eindeutige und vor allem gefährliche Zeichen der Dehydration. Ohne Schweiss wurde es noch heisser. Und irgendwann begann das Blut zu kochen und in den Adern zu verdunsten. Dann war sie tot. Die Brünette blinzelte die dämlichen Gedanken weg, als sie das Verteilen der Sonnencreme geschafft und die Tube wieder verstaut hatte. Sie schob den Rucksack zurück an ihren Rücken und stemmte sich gleich darauf, nach einem letzten tiefen Durchatmen, auf die Beine. Aryana brauchte zwei Versuche, bis sie stand und selbst dann stolperte sie noch hilflos ein paar unkoordinierte Schritte nach Links, bis sie das Gleichgewicht wieder gefunden hatte. Sie mussten wirklich, wirklich dringend zurück. Bevor einer von ihnen zusammenbrach oder auch sonst einschlief und langsam in der Sonne vertrocknete wie ein vergessenes Stück.. Obst? Brot? Wasser? Sie hatte nicht mal die Konzentration oder Energie, ihre eigenen Vergleiche zu Ende zu denken. Wirklich, wirklich mies.
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Ich hatte nicht wirklich etwas Anderes als die Ablehnung meines Vorschlags erwartet, brauchte aber dennoch kurz um Aryanas Worte als ein eindeutiges Nein zu deklarieren. Mein Gehirn schien nicht länger mehr als die absolut notwendigen, lebenserhaltenden Maßnahmen mehr realisieren zu wollen. Einen einzigen Gedanken zu Ende zu bringen fing an einer wahren Meisterleistung zu gleichen, während ich nach einem leichten Nicken in Richtung der Brünetten wieder einfach nur klar zu kommen versuchte. Konnten sich nicht wenigstens heute ein paar Leute dazu entschließen, ins Outback wandern zu wollen? Nur ein oder zwei, die uns ihr Wasser opfern und daraufhin einfach wieder mit uns beiden umdrehen würden. Zurück in Richtung Parkplatz, minimale Zivilisation. Das war schon Alles, wofür ich in diesem Moment gedanklich betete. Eine kleine Erleichterung des Rückwegs durch ein paar Tropfen Wasser, damit weder Aryana, noch ich selbst das Zeitliche segnete, bevor wir am Ort der Erlösung angekommen waren. Mehr als zu hoffen konnte ich in dieser Hinsicht aber wohl nicht. Ich sah angestrengt zur der jungen Frau hoch, als sie sich wieder auf die Beine gehoben hatte und massierte mir im Anschluss noch einen kurzen Moment lang die pochenden Schläfen, als ich sicher war, dass Aryana nicht in meine Richtung umkippen würde. Erst nach ein paar weiteren Sekunden erhob ich mich mühsam und reichlich unkontrolliert ebenfalls zurück auf die Beine, brauchte oben angekommen einen weiteren Moment dazu, das Schwarz erneut wegzublinzeln. Hinsetzen war eindeutig leichter auf Aufstehen gewesen. Ich hätte mich während des Anhaltens der Dunkelheit gerne irgendwo gegen gestützt, jedoch blieb mir wohl nicht mehr als das eigenständige, verzweifelte Ausbalancieren meines trägen, vollkommen kraftlosen Körpers. Würden wir wenigstens in unserem gestrigen Tempo vorankommen wären es nur noch zwei Stunden zu Laufen gewesen. In unserer jetzigen körperlichen Verfassung rechnete ich mit mindestens dem doppelten Zeitraum. Vermutlich eher noch mehr und die Sonne stieg schon jetzt stetig immer noch höher, würde zeitnah unerträglich werden. Aber aufzugeben war keine Option. Also setzte ich mich ein weiteres Mal tief durchatmend in Bewegung, um den Rest des Heimweges anzutreten. Gefühlt tat mir jede einzelne Faser meines Körpers weh, während ich wieder einen Fuß vor den anderen zu setzen begann. Wie bereits erwartet gestaltete sich das zunehmend schwieriger. Ich begann zu stolpern. Zuerst nur hin und wieder, dann jedoch immer öfter. Ich war schlicht nicht mehr dazu fähig all die Unebenheiten im trockenen, harten Boden bewusst wahrzunehmen, weil ich nur noch stumpf vor mich her lief in der Hoffnung irgendwann doch noch an zu kommen. Die Sonne brannte inzwischen unbarmherzig vom Himmel und nach kaum mehr als einer weiteren Stunde Wanderung artete mein Gestolpere dann endgültig in einem kleinen Desaster aus. Ich übersah einen etwas größeren Stein, war mein durchweg müder, unaufmerksamer Blick doch stur geradeaus gerichtet gewesen, und geriet damit aus dem Gleichgewicht. Ich schwankte ein paar unkoordinierte Schritte nach rechts und wäre da nicht ein sehr schmaler, schon sehr tot aussehender Baum gestanden, an dem ich mich geradeso mit letzter Kraft festhalten konnte, wäre ich unbarmherzig auf dem staubtrockenen Boden gelandet. Durch die hastigen Bewegungen wurde mir übel, schwindelig und dadurch holte mich die schwarze Leinwand erneut ein. Ich schloss die Lider, während ich mich weiter an dem dünnen Stamm festhielt. Noch dabei merkte ich, dass mein linker Unterarm von brennendem Schmerz befallen war. Eher schon stoßweise atmend öffnete ich dann die Augen und löste langsam den Arm vom Baum, nur um eine relativ großflächige Schürfwunde auf meiner Haut zu entdecken, die wohl vom Entlangschrammen an der rissigen Baumrinde rührte. Klar, das konnte ich jetzt auf jeden Fall auch noch brauchen. "Meine Fresse, es kann doch nicht immernoch so verdammt weit sein...", fluchte ich mit dünner, kratziger Stimme vor mich hin, während ich mir die nur minimal blutende Wunde besah. Es war absolut kein gutes Zeichen, dass nur wenig Blut austrat und mein Körper mir damit eine deutliche Verlangsamung der Durchblutung signalisierte. Dementsprechend war es auch absolut kein Wunder, dass sich der Schwindel absolut nicht mehr legen wollte. Deshalb hielt ich nach wie vor inne, ging nicht weiter. Das Schwarz vor meinem inneren Auge war verschwunden, aber noch immer schien sich alles um mich herum weiter drehen zu wollen und das nicht gerade langsam. Die immer stärker werdenden Kopfschmerzen machten das nicht angenehmer. Entsprechend meiner geistigen Verfassung war ich mir absolut nicht sicher, ob das Lachen, das ich in weiter Entfernung hörte, eher eine Halluzination oder doch echt war.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Der Rückweg schien praktisch von Schritt zu Schritt mühseliger und anstrengender zu werden. Anstrengender als Aryana es sich überhaupt hatte vorstellen können. Sie hatte gedacht, dass Menschen grundsätzlich bis zu drei Tage ohne Wasser auskamen. Oder länger. Aber sie sassen gerade Mal etwas mehr als einen halben Tag praktisch auf dem Trockenen und schienen schon an jegliche Grenzen zu stossen. Natürlich hatten sie gestern geschwitzt wie zwei Marathonläufer bei 40 Grad, aber da hatten sie doch auch noch getrunken... Und gegessen... Aber es war so heiss... Und jeder Muskel ihres Körpers schien mittlerweile unter der Anstrengung und Hitze zu zittern. Dazu war sie echt nicht hergekommen. Sie konnte nicht hier in der Wüste verrecken, das ging einfach nicht. Faye... Was würde Faye denken?? Nein, konnte sie nicht machen, sie durfte nicht sterben. Allein der Gedanke an ihre Schwester hätte der Brünetten in diesem verschissenen Zustand die Tränen in die Augen getrieben, wenn weinen noch möglich gewesen wäre. War es aber nicht, weshalb alles, was von ihren Überlegungen zeugte, ein verdammtes zusätzliches Brennen in den Augen und eine noch verkrampftere Magengegend war, die ihr das Gehen noch weiter erschwerte. Weder Aryana noch Mitch redeten ein einziges Wort während sie gingen, abgesehen von ein paar leisen, atemlosen Flüchen, wenn sie mal wieder stolperten. Sonst sparten sie sich den Atem und brauchten wohl beide ihre ganze Konzentration, um Schritt für Schritt in Richtung Parkplatz zu gehen. Als es dann plötzlich Mitch war, der den nächsten, sehr kritischen Fast-Sturz hinlegte, keuchte die Brünette erschrocken auf und blieb stehen, betrachtete ihn mit einem verschleierten Blick verstört und besorgt, während sie sich neben ihm ebenfalls an den Krüppelbaum krallte. "G-gehts?", fragte sie heiser die überflüssigste Frage des Tages, während sie ihn anschaute, als könnte sie tatsächlich beurteilen, wie schlimm seine Schürfung war. Als könnte sie irgendwas hier beurteilen und wäre nicht ganz einfach schon überfordert mit Atmen und selber nicht Kippen. Doch auch sie hörte das Geräusch und Aryana hob umgehend den Kopf. Wieder zu schnell, als das sich zum Dank nicht ihr ganzes Blickfeld Schwarz eingefärbt hätte. Aber sie blinzelte ein paar Mal verzweifelt, stolperte ein paar Schritte von Mitch weg, um in die Richtung zu blicken, aus der die Stimme gekommen war. Und genau wie er hatte sie keine Ahnung, ob das eine dämliche Fata Morgana war oder tatsächlich eine Gruppe Menschen, die dumm genug waren, lachend durch die Wüste zu hüpften. Aryana hatte nur nicht die Option, eine wahre Chance als Illusion vorbeiziehen zu lassen, weshalb sie nach einem unsicheren Blick zu ihrem Weggefährten ziemlich verzweifelt aber so schnell sie konnte in Richtung der Leute zu taumeln begann. Schreien lag mit ihrem kratzigen Hals nicht drin, weshalb mehr als das mühsame Keuchen nicht über ihre aufgerissenen Lippen rollte. Aber einmal an diesem Tag hatten sie Glück und die drei Männer und die eine Frau kamen tatsächlich in ihre Richtung. Folgten ihrem Weg. Und wenig später - sie waren in einem eindeutig zügigeren Tempo unterwegs als Aryana und Mitch - hatten sie sie erblickt, starrten verdutzt in ihre Richtung, bevor sie tatsächlich mit schnellen Schritten näher kamen. Sofort tausend Fragen stellten von wegen ob es ihnen gut ging, wo sie her kamen, was los sei, ob sie sich verlaufen hätten... Wahrscheinlich war die Situation in der Tat hochgradig peinlich. Aber das war der jungen Amerikanerin in diesem Moment so vollkommen egal, weshalb die einzigen zwei Worte, welches bestimmt vier klägliche, zittrige Male von ihr kamen, Wasser und bitte waren. Bezahlt wurde das mit einer Wasserflasche, die zügig aus einem der Rucksäcke gekramt und ihr in die Finger gedrückt wurde. Aryana liess sich damit fast augenblicklich auf den heissen Boden sinken, weil die Kraft zu stehen mit der Erfüllung ihres sehnlichsten Wunsches definitiv flöten gegangen war. Und weil ihr, als sie den Kopf nach hinten lehnte, um zu trinken, noch viel schwindliger wurde. Aber da war Wasser...!
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