Als ich nach all den schönen Tagen, an denen Faye niemals mehr als nötig von meiner Seite gewichen war, schließlich wieder in das Flugzeug steigen musste, hatte ich ein flaues Gefühl im Magen. Ich hatte keinerlei Flugängste, tat mir aber wirklich sehr schwer damit die unsagbar wohltuende, direkte Nähe der jungen Frau jetzt wieder für etliche Monate aufgeben zu müssen. Es war noch nie einfach gewesen die Brünette vor den Augen der Öffentlichkeit nicht zu Küssen, nicht in meine Arme zu schließen, ihr nicht einmal zur Aufheiterung über die weiche Haut an ihrer Wange streichen zu können. Auch der Abschied von meiner Familie fiel mir schwer, aber zum ersten Mal sollte das bei meiner Rückkehr in den Krieg nicht der Hauptgrund für das ungute Gefühl im Bauch sein. Vielleicht auch, weil ich mich von ihnen schon eine Woche vor dem Flug verabschiedet hatte, als wir zu Fayes Wohnung, Familie und Freunden aufgebrochen waren. Hauptsächlich aber eher deshalb, weil ich um meine Verwandten keine Angst haben musste, als ich wieder in dem gefährlichen Kriegsgebiet ankam und meine Pflichten wahrnahm. Im Gegensatz zu Faye folgten sie mir dorthin nämlich nicht. Wieder musste ich die jetzt noch viel verhasstere Distanz zu ihr wahren und mich den Großteil des Tages allein mit dem Dienst und seinen Schattenseiten auseinander setzen. Die Lage war schon länger etwas ungemütlich und dementsprechend beruhigte es mich nicht gerade, dass die Sanitäterin heute mit uns nach draußen fahren sollte. Natürlich war es gut, dass Jemand mit von der Partie war, der schnelle Ersthilfe leisten konnte, weil Dörfer oder gar Städte immer so eine Sache waren... nie ungefährlich, weil es unzählige tote Winkel und Möglichkeiten zur Deckung gab. Aber wenn wirklich etwas passierte, dann Faye eben ganz einfach die allerletzte Person, die ich in der Nähe wissen wollte. Selbst dann, wenn ich deshalb abkratzen sollte. Entsprechend angespannt saß ich auch auf dem Rücksitz und wippte zwischendurch immer wieder mit dem rechten Bein, wobei ich mich aber jedes Mal, wenn es mir bewusst auffiel, darin stoppte und mich zur Ruhe Zwang. Das ungute Gefühl im Magen kehrte auch zurück. Ich wusste nicht, ob es Instinkt oder einfach nur die böse Vorahnung war. Ich fing schließlich eine lockere, mich von der Situation ablenkende Unterhaltung mit Michael an, der vorne auf dem Beifahrersitz saß. Das trug zumindest ein klein wenig dazu bei, meine Anspannung zu lindern, weil es leider nicht drin war stattdessen einfach nach Fayes Hand zu greifen und meine Finger mit ihren zu verschränken. Also nahm ich mit dem entspannten, für den Einsatz irrelevanten Wortwechsel Vorlieb. Als das Dorf dann in Sichtweite war hatte ich zumindest einen Gang runter geschalten. Auf die in dieser Hinsicht positive Wendung sollte jedoch sogleich eine negative folgen. Kaum passierte unser Wagen in langsamer Geschwindigkeit die ersten zwei, drei Häuser, zischten Schüsse durch die Luft. Am stockende Gerumpel unseres Fahrzeugs war unschwer zu erkennen, dass es einen unserer Reifen erwischt hatte, während ich mich reflexartig schon so klein wie nur irgendwie möglich auf dem Rücksitz machte und das Maschinengewehr, das bis gerade eben noch tatenlos auf meinem Schoß gelegen hatte, startklar machte. Dann folgte zuerst ein kurzer Blick zu Faye, wollte ich doch einfach nur sicher gehen, dass sie so wie der Rest bisher Nichts abbekommen hatte. Der Wagen hatte inzwischen gehalten und der Fahrer beugte sich zum Funkgerät an der Armatur nach vorne. Gab zur Basis durch, dass wir unter Beschuss standen und wurde schon nach zwei Sätzen jäh unterbrochen. Das Blut begann nur so durch den Innenraum des Fahrzeugs zu spritzen, während er röchelte und sich den Durchschuss am Hals krampfhaft mit der Hand zudrückte, als könnte er damit den Unterschied machen. Als ich die Augen krampfhaft davon losreißen konnte und sie nach draußen richtete, erkannte ich einen der Schützen in einem der umliegenden Häuser und begann nach tiefen Durchatmen, das bei meinem gefühlt schon aus der Brust springenden Herz absolut unabdingbar war, das Feuer zu erwidern. Aber unserer Ausgangsposition war hier denkbar schlecht, stellte ich nach einem kurzen Blick durch das Fenster am Kofferraum doch fest, dass der zweite Wagen ebenfalls fluchtunfähig gemacht worden war, während uns die Kugeln nur so um die Ohren zu fliegen begannen.
Von nun an schien mir die Zeit förmlich durch die Finger zu rinnen. Ich tat in der folgenden Nacht kein einziges Auge zu, weil ich gedanklich fieberhaft damit beschäftigt war nach einer Möglichkeit zu suchen, Irgendetwas Gutes tun zu können. Den hinterbliebenen Familien irgendwie auch nur ansatzweise Linderung zu verschaffen, wobei das kaum möglich sein würde. Der Tod war so furchtbar endgültig und dass meine Gedanken fortwährend von all den Schuldgefühlen unterbrochen wurden, machte es wirklich nicht einfacher. Solange ich hier im Camp fest saß konnte ich ohnehin Nichts bewerkstelligen. Ich konnte nicht einmal das dreckige Geld loswerden, das in den vereinigten Staaten gebunkert war. Auch, wenn das die gefallenen Soldaten nicht zurückbringen würde, könnte ich es wenigstens dazu nutzen die vielen alleinstehenden Familien zu unterstützen. Anonym, versteht sich. Aber von hier aus ließ sich das nur schwer bis gar nicht bewerkstelligen. Ich stand zwar nicht unter durchgehender Beobachtung, aber wenn ich mich irgendwo hinstellte und am Abend zwei Stunden lang telefonierte, um die Heimat anzurufen, wäre das doch extrem verdächtig. Zumal ich vorher sowieso erst einmal all die Adressen ausfindig machen müssen würde, die ich dafür brauchte. Das war auch nicht unbedingt eine kleine Hürde. Es blieb also dabei, dass ich auch auf dem Geld sitzen bleiben musste, obwohl ich es nie anfassen würde. Nie für mich selbst ausgeben würde. Wenn ich erst einmal eingebuchtet war, würde ich auch kaum noch eine Möglichkeit dazu haben, daran etwas zu ändern. All das trieb mir, während ich in der vollkommenen Dunkelheit an die Decke des Zeltes starrte, das erste Mal seit einem gefühlten Jahrhundert Tränen in die Augen. Ich wusste nicht, ob man es schon als stummes Weinen deklarieren hätte können, lösten sich doch nur wenige Tränen aus meinen Augenwinkel, wenn ich blinzelte... aber mein Kopf schien wirklich explodieren zu wollen. Die Nacht zog also schlaflos ins Land. Entsprechend kaputt und von Kopfschmerzen begleitet war ich am nächsten Tag. Das würde aber nicht wirklich Etwas machen, weil ich ja sowieso am dem Mittag nicht mehr arbeiten müssen würde. Dachte ich zumindest. Ich vollzog meinen Dienst aber - mehr schlecht als recht - bis zum Abend. Auch am folgenden Tag, hatte ich doch noch einmal sehr schlecht geschlafen. Ich hegte die stille Hoffnung, dass Aryana es sich vielleicht anders überlegt hatte, obwohl ich es für sehr unwahrscheinlich hielt. Versuchte, diese Gedanken zu ersticken, während ich mich doch das eine oder andere Mal dabei ertappte, wie ich in Richtung der Brünetten sah, wenn sie in der Nähe war. Warum musste die Ignoranz, mit der sie mich strafte, noch zusätzliche Stiche auslösen? Ich verräumte mit ein paar anderen Soldaten gerade eine Lieferung an Nahrungsmitteln aus einem Transporter, als ich die junge Frau über den Hof hinweg die Büroräumen ansteuern sah. Unbewusst hielt ich inne und beobachtete sie auch noch dabei, wie sie schließlich an die Tür des Lieutenants klopfte. Natürlich hatte sie es sich nicht anders überlegt, warum sollte sie? Weil sie mich gemocht hatte, wir Freunde gewesen waren? Wohl kaum.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Sie lauschte dem Gespräch im Auto mit halbem Ohr, weil es wie immer eine willkommene Ablenkung zu jeglichen anderen Gedanken war, die sie nicht haben wollte. Es war immer beruhigend, Stimmen zu lauschen, die sich beinahe etwas entspannt unterhielten. Besonders dann, wenn eine Stimme davon Victor gehörte, dem sie liebend gerne den ganzen Tag zuhören würde. Einfach, weil der Klang seiner Worte - beinahe unbeachtet deren Inhalt - ihr Sicherheit gab. Das Wissen, dass er bei ihr war. Es war dumm, denn wenn wirklich etwas passierte, dann wünschte sie sich immer umgehend, er wäre weit weg, irgendwo gut behütet in Watte verpackt. Aber gut. Sie wollte jetzt einfach wie immer mal nicht davon ausgehen, dass es Komplikationen gab. Daran hielt sie auch fest, als sie dem Dorf langsam näher kamen. Bis zum ersten Schuss wollte sie nicht glauben, dass dieser Tag mehr als eine Routinemission zu bieten hatte. Aber der erste Schuss kam und die Brünette fuhr erschrocken in sich zusammen, bevor sie sich sofort hinter das Metall der Tür duckte. Das Auto rollte nicht viel weiter, blieb holprig stehen und Faye lud umgehend ihre Waffe, weil es so ziemlich das Erste war, was sie alle jetzt tun sollten. Ihr Blick traf für den Bruchteil einer Sekunde Victor, aber sie wussten beide, dass dazu keine Zeit war. Dass sie sich beide wünschten, mindestens der jeweils andere wäre jetzt nicht hier. Aber das Leben hörte eben nicht auf ihre Wünsche, weshalb sie lediglich alles daran setzen konnten, das hier zu überleben - beide. Sie hörte Francis den Funk betätigen, aber noch bevor sie realisiert hatte, dass er nicht weiter sprach, folgte die Kugel und das Blut spritzte. Faye blieb weiter eher im Fussraum des Wagens als auf ihrem Sitz, riss ein bestimmtes Fach ihres Rucksackes auf, während sie nun ihr eigenes Funkgerät an die Lippen hob. Michael und Victor waren bessere Schützen als sie, also machte es nur Sinn, wenn sie diesen Part übernahm und der Basis das Offensichtliche mitteilte. Nämlich, dass sie in einen Hinterhalt geraten waren und Hilfe brauchten, jetzt, sofort. Sie wusste nicht, wie viele Gegner mit Waffen da draussen standen, aber den Kugeln nach zu urteilen viel zu viele. Die Brünette hatte noch während dem Funkspruch das aus ihrem Rucksack geholt, was sie für Francis brauchte, zu dem sie sich nun nach vorne lehnte. Viel mehr als mit einen Druckverband um den Hals konnte sie ihm nicht dienen und sie wussten beide, dass das ziemlich sicher umsonst war, wenn die Hilfe nicht in weniger als zehn Minuten hier war. Aber sie tat es trotzdem, weil es ihre Pflicht war und sie nicht damit leben konnte, es nicht versucht zu haben. Dann aber befahl sie Francis, sich ganz in den Fussraum zu verziehen, was er auch ohne ein weiteres Wort tat, während er vor sich hin röchelte und überall nur noch Blut war. In seinem Mund, seinem Hals, seinem Gesicht, seinem Körper, dem Auto. Faye griff mit ihren ebenfalls blutverschmierten Fingern, die sie nur flüchtig an ihrer Hose hatte abwischen können, weil für mehr keine Zeit geblieben war, nach ihrer Waffe, um endlich ebenfalls zu schiessen. Sie hörte eine Stimme aus dem Funkgerät an ihrer Brust. Wir kommen sofort. Schiesst zurück und bleibt im Auto solange es geht. Und passt auf. Aryana stockte und schien sich einen Moment nicht sicher zu sein, die folgenden Worte sagen zu können. Aber sie tat es trotzdem. Und Faye verzog das Gesicht, als ihre Schwester, sehr leise diesmal, weitersprach. Pass auf... Bitte. Ich liebe dich. Dann verstummte das Funkgerät wieder und Faye atmete tief durch, während sie einen Schuss um den nächsten abgab. Nicht sterben - das war der Plan. Aber jeder, der nach draussen blickte, konnte sich ihre Chancen bestens ausrechnen. Sie waren erwartet worden. Vielleicht in jedem Dorf - vielleicht nur hier. Die Schützen da draussen waren auf jeden Fall in der Überzahl und das nicht um ein oder zwei Leute. Und sie begannen sich zu formieren, umstellten die beiden Autos, unbeachtet der Gegenwehr, die sie stellten. Als würden ihnen ihre Waffen sowieso nichts anhaben können, als hätten sie keine Angst vor dem Sterben. Das ging nur wenige Minuten so weiter. Faye hatte keine Ahnung, ob im zweiten Auto jemand getroffen war - oder ob umgekehrt noch jemand lebte. Sie konnte ja nichtmal den Kopf drehen, um sicher zu stellen, dass Victor und Michael noch unverletzt waren. Ging einfach davon aus, weil sie von beiden noch nichts anderes gehört hatte. Dafür kam von draussen ein neues Geräusch hinzu. Eine Stimme, laut und deutlich, in Englisch, wenn auch eindeutig mit Akzent. Vielleicht der Anführer. Oder zumindest sein Sprecher, der Forderungen stellte. Sie sollten aus den Autos, sofort. Hände über den Köpfen, raus auf die Strasse. Und wenn sie es nicht taten, würden sie die beiden Wägen einfach sprengen. In dreissig Sekunden. Die Sprengkörper, die nun von mehreren Soldaten in einer fast synchronen Choreografie präsentiert wurden, sollten die Drohung wohl unterstreichen.
Sie hatte nicht erwartet, dass die Schritte zum Büro des Lieutenants so schwer sein würden. Und sie verstand nicht, warum es so war. Mitch hatte es verdient, er konnte nicht einfach so weiterleben wie bisher und denken, dass alles, was er getan hatte, keine Rolle mehr spielte. Alles, was er gelogen hatte. Alles, was er erzählt hatte. Alles, was er gelauscht hatte. Alle, die gestorben waren. Sie spielten eine Rolle und sie verdienten Gerechtigkeit - und nur wegen ihnen schaffte die Brünette es schliesslich, tatsächlich anzuklopfen. Ragan bat sie herein und sie tat genau das, wollte die Tür hinter sich zuziehen, nur um ihren Blick dabei in genau die unglückliche Richtung schweifen zu lassen, in der er stand. Und sie anschaute. Weil er wusste, was sie tun wollte. Einen Moment hielt sie inne, zögerte. Aber Mitch blieb stehen und sie blieb allein mit der endlosen Leere und dem Schmerz in ihrem Herzen. Und sie schloss die Tür. Ragan blickte sie etwas verwirrt an, musterte ihr Gesicht, aus dem für einmal so viele verbotene Emotionen so deutlich zu lesen waren. Aber Aryana liess sich mit relativ wenig Elan einfach auf den Stuhl ihm gegenüber sinken, faltete die Finger in ihrem Schoss und blickte auf diese nieder. Erst nach einigen Sekunden hob sie schliesslich endlich den Kopf, öffnete den Mund, um zu sprechen. "Ich... ich muss etwas sagen, das ich... erfahren habe...", begann sie eher mühsam, musste schon nach diesem einen Satz wieder tief durchatmen, als wäre ihr die Luft ausgegangen. Der Lieutenant beobachtete sie mit wachsender Verwirrung offensichtlich unsicher, was er von der Vorwarnung der Brünetten halten sollte. "Ich habe mit...", das war alles, was Aryana zum Thema sagen sollte. Denn sie wurde jäh von dem Funkgerät auf Ragans Tisch unterbrochen, das sich doch eigentlich nur in Notfällen melden sollte. Und ein eben solcher meldete Francis' Stimme auch sehr knapp an, ehe er ebenso plötzlich unterbrochen wurde. Aryana hatte ihre Schlüsse sehr schnell gezogen. Francis. Sie wusste, was er Heute machte, auch, wenn sie vielleicht nicht zu hundert Prozent bei der Sache gewesen war heute Morgen. Sie wusste immer, wer mit ihrer Schwester unterwegs war. Und heute war das Francis. Und Francis wurde angegriffen, wie er ihnen soeben gesagt hatte - gefolgt von Stille.. aber diese dauerte nicht lange an, denn noch bevor Ragan Luft geholt hatte, um zurück zu funken, meldete sich eine ruhige, aber doch mit deutlicher Dringlichkeit unterlegte Stimme, die mit wenigen Sätzen etwas klarer erklärte, was geschah. Und Aryana konnte nicht verhindern, dass sie sehr unprofessionell aufkeuchte und sich die Hand vor den Mund schlug. Nein! Warum sie?! Warum Faye, die Einzige Sache, die sie auf dieser gottverdammten Welt noch zu verlieren hatte?! Der einzige Mensch, den sie als vollkommen unschuldig einstufte und dem sowas nie passieren durfte! Wenn ihr jetzt oder irgendwann etwas zustiess, würde Aryana sich das nie verzeihen. Denn es war ihre Schuld, dass Faye hier war. Dass sie nicht einfach Zuhause hatte ausharren können. Es war ihre Schuld, wenn ihr etwas geschah, es war ihre Schuld, wenn sie.. Nein. Sie blickte zu dem Lieutenant, als hätte sie Angst, dass er es ihr verbieten würde, bevor sie zum Sprechen ansetzte. "Ich fahre sofort. Mit fünf Autos, wenn sie nicht Schlimmeres ankündigen. Okay?", folgte umgehend ihr Plan und Ragan nickte sachte, betrachtete sie aber nicht zu hundert Prozent überzeugt, als sie bereits auf die Füsse gesprungen war und zur Tür hechtete, während sie zum Funkgerät griff. Er liess sie nur noch wissen, dass er sich um den Rest kümmern würde und ihr die Männer wie auch die Verstärkung schicken würde. Sein Kein Leichtsinn, Cooper begleitete sie noch zur Tür hinaus, aber wirklich wahrnehmen, tat sie es nicht. Noch auf dem Weg zur Waffenkammer funkte Aryana zurück, versuchte, dabei möglichst ruhig zu bleiben, wenn sie sich doch alles andere als ruhig fühlte. Eher so viel weniger ruhig als je zuvor. Sie sammelte wie alle anderen auch ihre Waffe ein, rannte damit weiter zu den Autos, wo sich nach und nach die von Ragan mobilisierten Soldaten einfanden. Aryana setzte sich hinters Steuer des ersten Wagens, wartete genau so lange, bis dieser sich mit den restlichen Leuten ihres Squads auffüllte... und sie realisierte, dass Mitch zu diesen Menschen gehörte. Fast hätte sie ihn wieder rausgeschickt, aber sie hatte keine Zeit für solche Scheisse. Möglicherweise war es auch nicht sein Fehler, dass er zu ihrem Squad gehörte und eigentlich nur Befehlen folgte, wenn er sich hier rein bewegte. Und so musste ein absolut verwirrter wie kannst du es wagen, dich jetzt in mein Auto zu setzen Blick reichen, ehe sie die Zündung drehte und sich so schnell wie möglich auf den Weg machte. Ihr wären Flugzeuge lieber gewesen. Und Panzer. Und alles andere. Aber Bomben abzuwerfen war ein schlechter Plan, wenn ihre Schwester mitten im Feld stand. Und Panzer waren langsamer als dieser Wagen. Also war das fürs Erste die beste Option, die sie hatten. Die beste Chance, rechtzeitig zu kommen. Und was anderes kam nicht in Frage. Nicht in ihrem Kopf, in dem sich seit zwei Tagen alles drehte. Und das Karussell war zu einem Tornado geworden. Bitte. Nicht. Faye.
This is your life, it's do or die, the sun may never rise again, so be the light the vision. This is your life, it's slipping by, you try to run but fall again, you get back up that's living.
Gweny kann einfach was, wenns um Doppelposts geht. :)
This is your life, it's do or die, the sun may never rise again, so be the light the vision. This is your life, it's slipping by, you try to run but fall again, you get back up that's living.
haja, ich vertausche die Banner, du lieferst die doppelten Posts... passt schon so x'D _____
Während Faye sich um den Verletzten und auch die Funksprüche kümmerte, konzentrierte ich mich voll und ganz auf das Umfeld. Versuchte bestmöglich den Gegner mit den Anderen auf Distanz zu halten, aber es kamen immer mehr Männer heran. Ich erwischte ein paar, aber das hinderte den Rest dennoch nicht daran immer näher zu kommen. Zu nah. Es war ab einem gewissen Punkt kaum mehr möglich überhaupt Schüsse abzugeben, weil das Feuer sofort zahlreich und erbarmungslos erwidert wurde. Binnen weniger Minuten dämmten sich unsere eigenen Schüsse also immer weiter ein und mir wurde bewusst, dass das hier kein Kampf war, den wir gewinnen konnten. Vielleicht waren wir besser ausgebildet, ich überragte sicher auch den einen oder anderen der Angreifer mit meiner militärischen Erfahrung, aber all das nützte absolut gar Nichts gegen die mächtige Überzahl. Also verklang das Feuer aus unserer Richtung schließlich ganz, weil es schlicht keinen Sinn hatte. Nur wenige Sekunden darauf war auch schon die uns ein Ultimatum stellende Stimme zu hören. Rauskommen oder in die Luft gejagt werden. Für mich persönlich kam letzteres allein schon deshalb nicht in Frage, weil ich so viele meiner Brüder unter qualvollen Schmerzen laut schreiend verbrennen und verbluten hatte sehen, hören. Um keinen Preis wollte ich Faye dem aussetzen. Aber was war die Alternative? Dass sie uns womöglich einen nach dem anderen der Reihe nach Exekutierten? Oder schlimmer noch, uns weiß Gott wohin verschleppten? Ich wusste, dass der IS furchtbare Methoden zur Folter hatte. Unzählige, kaum erträgliche Prozeduren für Kriegsgefangene parat hielt, um etwaige Informationen zu bekommen. War das wirklich besser? Ich sah erst nach vorne zu Michael, der mich ebenso fragend ansah. Dann warf ich einen Blick durch die Heckscheibe. Es ließ sich durch die Spiegelung der Sonne in der Frontscheibe nur schwer erkennen, aber auf Anhieb bewegte sich da nur eine einzige Person. Hector, der also als Einziger noch wohlauf zu sein schien, nickte und machte eine vielsagende Handbewegung in Richtung außerhalb des Wagens. "Raus?", fragte ich dieses Mal dann wörtlich an Michael gewandt und sah wieder zu ihm nach vorne. "Was haben wir sonst für 'ne Wahl..?", gab er mir eine rhetorische Antwort zur Frage, bevor er seine Waffe auf der Armatur ablegte. Francis war noch immer mit seiner Wunde beschäftigt, nickte dem Beifahrer kaum sichtbar zu. Zeit hatten wir jetzt ohnehin kaum mehr. Es dürfte fast schon dreißig Sekunden gewesen sein, als Michael seine Tür als erstes langsam öffnete. Ich wollte nicht, dass Faye mit raus ging. Wollte nicht, dass sie auch nur theoretisch in deren Hände geriet. Dass sie ihr weh taten, sie anfassten... oder gar umbrachten. Ich konnte nichts von Alledem ertragen, schob nach einem Blick in ihre Richtung mit einem hörbaren Schlucken aber meine eigene Tür auf. Legte die Waffe bei Seite und hob dann die Hände an den Hinterkopf, als ich den ersten Schritt nah draußen wagte. Es dauerte keine zehn Sekunden bis eines der Arschlöcher mit vorgehaltener Waffe auf mich zukam und mich unsanft vor dem Lauf her auf die vordere Seite des Wagens schob, wo sie uns aufzureihen schienen. Francis hatte sich auf Biegen und Brechen auch noch aus unserem Wagen gequält, schaffte es aber nicht einmal mehr bis zur Reihe, sondern wurde schon vorher mittels Kopfschuss erledigt. Lag irgendwo hinter uns auf dem Boden, während uns nach und nach in die Kniekehle getreten oder ein grober Schubser nach vorne verpasst wurde, damit wir auf die Knie gingen. Die Hände noch immer in meinen Haaren vergraben drehte ich den Kopf in Richtung des zweiten Wagens. Hector kam dicht gefolgt vom stark am Oberarm blutenden Taylor heran - ersterer nahm neben mir auf dem Boden Platz, Taylor schien jedoch ebenfalls durch die Verletzung auszuscheiden und blieb auf halber Strecke mittels tödlichem Schuss zurück. Als wäre dieser Anblick allein nicht schon schlimm genug zu ertragen, ertönten währenddessen zwei weitere Schüsse. Die anderen beiden im hinteren Wagen sollten wohl ganz sicher tot sein und bleiben, waren sie zum raus kommen augenscheinlich schon nicht mehr fähig gewesen. Dann faselte der vorher auf Englisch redende Kerl irgendwas in seiner Landessprache vor sich hin, fing an uns Einen nach dem Anderen zu mustern. Ich ließ Faye, die zu meiner anderen Seite kniete, dabei nie aus dem Augenwinkel. Ich focht einen unermesslichen Kampf mit mir selbst aus, als der augenscheinliche Anführer seine Waffe an ihr Kinn hob, sich ihr Gesicht ansah, nachdem er Michael bereits unter die Lupe genommen hatte. Meine Finger verkrampften sich und ich hätte mir beinahe die Kopfhaut aufgekratzt, als er zufrieden mit seiner Ausbeute zu grinsen begann. Meine Arme fingen unweigerlich unter der Anspannung zu zittern an und hätte er nicht kurz darauf von ihr abgelassen um mit mir weiter zu machen, wäre ich wohl vollkommen leichtsinnig aufgesprungen und hätte mir Kugeln eingefangen. Ich erwiderte seinen Blick vollkommen kalt, die Augenbrauen ins Gesicht gezogen. Schlichtweg weil ich gar nichts anders konnte, als ihn förmlich mit meinem Blick zu löchern in der stillschweigenden Hoffnung, dass er dann tot umfiel. Tat er aber nicht, sondern ging weiter zu Hector, war dann mit der Visite fertig und gab mit ein paar arabischen Worten seinen nächsten Befehl. Zwei seiner Männer traten aus der Umzingelung hervor, positionierten sich hinter uns. Im Gegensatz zu Michael und Hector spürte ich aber keinen Lauf an meinem Hinterkopf. Wieder ertönten Schüsse, als mir das Blut die rechte Gesichtshälfte vollspritzte und ich reflexartig die Augen schloss.
Gleich war es also soweit, Aryana würde es ihm sagen. Ragan würde sich sicher mit Hilfe anderer Soldaten meiner annehmen, mich in irgendeinem von der Umwelt abgeschirmten Raum verbarrikadieren und darauf warten, dass er die Ratte aus seinem Camp zurück in die Staaten verfrachten konnte. Dass er mich los war und ich endlich ein triftiges Geständnis ablegte, das mich für immer und ewig - oder bis zur Hinrichtung - hinter Schloss und Riegel bringen würde. Also hielt ich weiter inne, blieb einfach stehen und starrte die geschlossene Bürotür an. Ich hörte irgendwo im Hintergrund ganz dumpf ein "Alles okay, Mitch?", an meine Ohren klopfen, nahm die Frage aber nicht bewusst wahr, während all die letzten Monate mit einem Schnellzug durch meinen Kopf zu rauschen begannen. Dementsprechend antwortete ich auch nicht, während ich meinem geistigen Film folgte. Einzig die hastige Bewegung in der Richtung, in die ich immernoch mit leerem Blick sah, rüttelte mich wieder wach. Die Tür des Büros flog auf und die förmlich hinaus sprintende junge Frau war eher nicht das, was ich jetzt erwartet hatte. Ragan, den hatte ich erwartet. Dass der Lieutenant auf mich zukam und mich dingfest machen ließ. Das war, was jetzt hätte passieren müssen. Nicht aber, dass postwendend ein neuer Befehl erteilt wurde und die Hälfte der Leute, die mit den Verräumen der Lebensmittel beschäftigt waren, alles stehen und liegen ließen. Ich brauchte zugegeben etwas länger als der Rest, um mich jenem Befehl einzuordnen und mich wieder in Bewegung zu setzen, um ihm nach zu kommen. Ich bildete ausnahmsweise fast das Schlusslicht, als es um das Aufnehmen der Waffen ging. Normalerweise war ich ganz diszipliniert immer einer der ersten und schnellsten, aber dazu war ich nach all dem schlechten Schlaf und der niemals endenden Gedankenspirale schlicht nicht fähig. Deshalb stieg ich auch als einer der Letzten in einen der Wagen ein - Aryanas Fahrzeug, wie mir kurz darauf schmerzlich bewusst wurde. Warum musste es so furchtbar sein, wie sie mich ansah? Ich wusste, dass sie mich für all das hassen musste, aber sie hatte doch ohnehin vor mich zu verraten, war sie augenscheinlich bei dem Versuch gerade eben ja gar nicht so weit gekommen... es schien zu viel verlangt, dass die Brünette mir das Leben bis dahin nicht auch noch schwer machte, aber das war wohl kein Wunder. Mit noch immer eher schlecht als recht klarem Kopf sah ich aus dem Fenster, während wir auf dem schnellstmöglichen Weg zu dem angegriffenen Konvoi waren. Versuchte, mich irgendwie darauf zu konzentrieren, dass ich gleich wie so oft ins Gefecht musste. Es schien mir nur so furchtbar unnütz zu sein. Was wäre schon, wenn ich dabei jetzt drauf ging? Für mich selbst machte das keinen großen Unterschied... für den Rest jedoch schon. Ob nun ein Mann mehr oder weniger schoss konnte den Unterschied machen, unabhängig davon wer es war. Dass ich mir nicht noch mehr fremdes Blut an die Hände schmieren wollte war also schlussendlich der Grund dafür, warum ich ganz tief durchatmete und meinen Kopf zu sortieren versuchte, die Waffe auf meinem Schoß fester mit den Händen umschloss, als die Häuser in der Ferne in Sicht kamen. Die letzten Minuten, in denen ich meinen Dienst vollzog, wollte und sollte ich wenigstens alle Möglichkeiten ausschöpfen.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Es fühlte sich an, als hätte sie längst aufgehört zu atmen. Einfach darum, weil sie langsam erstickte, gefühlt keine Luft mehr bekam. Verletzte oder Tote zu sehen war eine Sache, das hatte sie jahrelang gelernt, beeinflusste ihr rationales Denken nur minimal bis gar nicht. Aber die Ungewissheit und die Vorahnungen darüber, was passierte, wenn sie jetzt nach draussen gingen - die liessen sie kaum mehr atmen. Was, wenn sie sie einfach alle umbrachten? Victor? Sie? Wenn Aryana kam und sie tot fand? Es tat ihr so leid, sie wünschte sich so sehr, nie hergekommen zu sein. Wenn sie starb, dann zerstörte sie ihre Schwester vollkommen und wahrscheinlich für immer. Weil sie wusste, dass Aryana sich selbst die Schuld dafür geben würde. Und Faye hatte nichtmal mehr die Chance, ihr das auszureden. Es tat ihr so leid... Sie hatte nicht erwartet, hier wirklich sterben zu müssen... Oder sie hatte auf jeden Fall immer vermieden, über diese durchaus bestehende Möglichkeit nachzudenken. Bis jetzt, wo ihr gar nichts anderes mehr übrig blieb. Faye hörte den kurzen Wortwechsel im Auto durch das Rauschen in ihren Ohren kaum. Was nicht so schlimm war, war ihnen doch allen irgendwie klar, dass sie die winzige Chance, das hier zu überleben, nicht einfach vorbeiziehen lassen konnten. Ihre so ziemlich Bände sprechenden Augen fanden Victor, blieben die letzte Sekunde an ihm kleben, bevor sie sich ihrer Tür zuwandte. Er durfte nicht sterben. Nicht, nach allem, was ihm schon passiert war. Das war nicht fair. Er sollte endlich nach Hause kehren dürfen, lebendig, wohlauf und seine Familie sollte nie an seinem Grab versammelt stehen müssen. Faye löste die Verriegelung ihrer Tür, schob diese auf und rutschte mit gesenktem Kopf auf die Beine. Noch währenddessen fanden ihre Hände den Weg an ihren Hinterkopf. Viel mehr als zweieinhalb Schritte brauchte sie draussen dann nicht alleine zu gehen, schon spürte sie den Lauf einer Waffe in ihren Rücken stossen, sie vors Auto schieben. Francis fiel ziemlich genau dann von seinem Sitz auf die staubige Strasse, als sie auf gleicher Höhe mit ihm war. Er rappelte sich mühsam wieder auf, taumelte drei Schritte knapp hinter ihr nach vorne, da zerschnitt die nächste Kugel die heisse Luft. Faye zuckte zusammen, riss reflexartig den Kopf herum, um das zu sehen, was sie gewusst hatte. Francis war tot. Und sie wurde nach ihrem Zögern mit dem Lauf des Gewehres noch energischer zum Gehen getrieben. Während sie nun also neben Victor in der kurzen Reihe auf die Knie klappte, ertönten noch drei weitere Schüsse. Und bei jedem zuckte sie unweigerlich zusammen, krampfte die Finger enger ineinander und drückte die Augen mit gesenktem Kopf fester zu. Nicht Victor. Bitte einfach nicht er. Und nicht sie. Aber trotzdem irgendwie lieber sie als er... Michael kam zuerst in den Genuss einer ausführlichen Musterung, deren Zweck Faye in jedem Fall ziemlich schleierhaft war. Warum schauten sie sie so genau an? Sie waren doch sowieso nur noch Vier. Suchten sie jemanden? Wohl kaum, sonst hätten sie die anderen nicht so achtlos aus dem Weg geschafft. Die Brünette hatte die Augen wieder aufgeschlagen, als sie erneut eine Waffe spürte, diesmal unter ihrem Kinn. Sie konnte nicht wirklich etwas anderes tun, als dem fremden Mann in die Augen oder zumindest ins Gesicht zu schauen, während er sie in aller Ruhe betrachtete. Aber sie wollte nicht, dass er sie sah, nicht, dass die stumme Panik in ihrem Kopf, die ihn zweifellos glücklich machte, für ihn ersichtlich war. Nur hatte Faye die Kontrolle über ihre Emotionen vor einigen Minuten abgegeben, war nicht mehr wirklich in der Lage, sich auf irgendwas anderes als den sicherlich sehr bald eintretenden Tod zu konzentrieren. Der Mann grinste, als er die Waffe von ihrem Kinn nahm, aber sie zog einfach nur den Kopf wieder zwischen ihre Schultern, schielte minimal in Victors Richtung, als er die gleichen Blicke über sich ergehen liess. Den tödlichen Lauf an seinem Kinn. Nur eine einzige Fingerbewegung des Anführers von der Ewigkeit entfernt. Sie spürte das Zittern mittlerweile im ganzen Körper, auch wenn sie es zu unterdrücken versuchte, auch wenn sie atmen sollte. Auch wenn sie nicht wollte, dass die Angst überall war. Die Musterung fand ein Ende. Der Mann ging weg, gab einige harsche Worte von sich, die sie unmöglich verstand. Aber die Tatsache, dass nur zwei Männer hinter sie traten, machte klar, dass wohl nur zwei von ihnen die nächste Minute überleben sollten. Faye wollte die Augen zudrücken, schaffte aber nichtmal das sondern starrte - mittlerweile mehr oder weniger die Panik in Person - auf den Boden. Zwei Schüsse, fast gleichzeitig, sie fuhr in sich zusammen, Links spritzte ihr Blut entgegen. Rechts nicht. Und als sie den Kopf nach oben riss um in seine Richtung zu starren, kniete er noch immer da und atmete. Michael und Hector lagen, jeder in seiner eigenen, verdrehten Position, neben ihnen. Voller Blut. Tot. Was spielten die Tränen auf ihren Wangen, die jetzt ganz sicher nicht mehr verstummen würden, da noch für eine Rolle? Beide waren tot. Das war irgendein Psychospielchen. Und Victor und sie wären auch bald tot. Sie wurden wieder auf die Beine gezerrt, zwei weitere Männer traten hinter sie, sorgten dafür, dass ihre Hände eng auf ihre Rücken gefesselt waren. Und sie verbanden ihnen die Augen, bevor sie wieder vorwärts getrieben wurden, in irgendein Auto. Faye konnte nicht einmal mehr sagen, ob Victor hier war oder nicht. Alles drehte sich, alles fühlte sich schrecklich an. Sie sollten nicht sterben, durften nicht sterben. Sie waren noch nicht getötet worden. Aber es gab Geschichten, die man sich erzählte. Über all die schrecklichen Dinge, die der IS seinen Gefangenen antat, so lange, bis der Tod eine wundervolle Erlösung darstellte. So lange, bis die Gefangenen darum flehten, endlich sterben zu dürfen. Wie lange würde es dauern, bis sie auch dazu gehörten?
Möglicherweise war sie noch nie so schnell gefahren mit einem solchen Auto. Nicht, weil das ihr erster Notfall war, sondern, weil es zum ersten Mal um ihre Schwester ging. Sie gab immer alles, um ihre Soldaten in Notlage zu retten. Aber normalerweise schwang vielleicht ein winziges Bisschen mehr Verstand mit als heute. Sie wollte keinen Unfall bauen, ihre Mitfahrer nicht umbringen oder zum Kotzen bringen. Aber wenn Faye etwas zustiess, würde sie sich das niemals verzeihen. Das wäre ihre endgültige Verdammnis. Sie hatte nicht mehr viel zu verlieren in ihrem Leben, eigentlich gar nichts. Ausser Faye. Aber sie war so weit weg. Selbst in diesem Tempo würde es bestimmt fünfzehn Minuten dauern, bis sie ankamen. Plus die fünf Minuten, die es gebraucht hatte, bis alle eingestiegen waren. Zwanzig Minuten... Zwanzig Minuten unter Beschuss, das war... Das war verdammt tödlich... Und auf die Funksprüche antwortete keiner mehr. Nur noch Stille. Diese kotzige Stille... Aryana wollte das Gas fester drücken. Den Wagen zum Fliegen bringen. Aber es ging nicht schneller. Und so dauerte es die qualvolle Ewigkeit, bis das Dorf endlich in Sichtweite kam. Die beiden Autos standen direkt am Ausgang, das sah man von Weitem. Aber sonst schien nichts mehr zu geschehen, was Aryanas Herz dazu veranlasste, noch lauter zu hämmern, noch weiter nach oben zu hüpfen. Keine Bewegung war zu sehen. Bitte nicht. Kein Lebenszeichen. Keine Rufe. Kein Stöhnen. Nur die beiden, offensichtlich von etlichen Kugeln getroffenen, Fahrzeuge. Links und Rechts davon zwei Menschen, tot, auf dem Boden. Zwei von ihnen. Aryana bremste den Wagen abrupt, als sie so nahe wie möglich herangefahren war. Sie war nicht bescheuert, kannte das Risiko eines Hinterhaltes zu gut. Der Gegner wusste, dass ihre Opfer wahrscheinlich nach Hilfe gerufen hatten - also war es gut möglich, dass sie sich versteckten, um ein zweites Mal über sie herzufallen, sobald sie ausgestiegen waren und sich umschauten. Aber was sollte sie sonst tun?? Im Auto darauf warten, dass der verdammte liebe Gott ihr sagte, wo ihre Schwester war?! Sie wollte sie retten, sie wollte sie finden, in ihre Arme ziehen, ihr sagen, dass alles gut war und sie sofort nach Hause fliegen würden. Sie wollte ihr über die glühende Wange streichen und sie anschauen und feststellen, dass sie unverletzt war. Dass sie sich gut versteckt hatte und ihr nichts passiert war. Aber nichts davon wurde ihr vergönnt, während sie die anderen Fahrzeugen mit ungewöhnlich zittriger Stimme dazu anwies, sich möglichst weit Links und Rechts neben die Unfallwägen zu schieben. So, dass ihre eigenen Autos sie für den Moment vor Schüssen abschirmen oder ihnen zumindest etwas Deckung bieten würden, wenn sie ausstiegen. Und das war auch das nächste, was die Brünette tat, kaum hatte sie allen befohlen, ja nie die Umgebung aus den Augen zu lassen. Sie sprang, mit ihrer Waffe fest in den Händen, nach draussen, rannte geduckt im Schatten der Autos auf das Hintere der beiden Fahrzeuge zu und blickte nach drinnen. Der Geruch von Blut lag schwer in der Luft, löste in ihr einen Kotzreiz aus, den sie nur mühsam unterdrücken konnte. Da waren zwei Leichen. Beide waren nicht Faye. Aber beides waren Männer, die ihre Schwester hätten verteidigen können, wenn sie jetzt nicht tot wären. Beides waren Männer, die stärker, kampferprobter als die junge Brünette waren. Und sie waren trotzdem umgekommen. Aryana zog sich wieder aus dem Auto zurück, genau in dem Moment, als ein Schuss an ihr vorbei zischte, dort einschlug, wo sie eben noch den Kopf gehalten hatte. Als hätte sie jetzt Zeit für sowas! Er sollte ihr doch nur sagen, wo zur Hölle ihre Schwester war und dass es ihr gut ging! Aryana hatte sich wieder in den Schutz eines Autos gerettet - für den Moment - hatte aber nicht vor, ihre Suche hier und jetzt abzubrechen. Aber sie musste schiessen. Denn die Kugel wurden mehr. Und diese Strasse war schon jetzt ein grausamer Friedhof.
This is your life, it's do or die, the sun may never rise again, so be the light the vision. This is your life, it's slipping by, you try to run but fall again, you get back up that's living.
Als ich die gerade zusammen gekniffenen Augen wieder öffnete, ein Augenlid noch feucht von Hectors Blut, streifte mein Blick Fayes' nur ganz kurz. Ich konnte nicht verstehen, warum ausgerechnet wir beide nun noch hier knieten und die anderen beiden hatten abdanken müssen. Aber ich wusste, dass das, was in naher Zukunft passieren würde, nur die Hölle sein konnte. Ein Elend, das Faye nie hätte zuteil werden dürfen. Bei mir waren Körper und Seele sowieso schon geschunden, es war... okay. Aber die unschuldige junge Frau gehörte weder in diesen Krieg, noch in irgendeinen anderen. Noch weniger in die Hände des Gegners, der uns augenscheinlich transportfähig machte und mir mit der Augenbinde auch noch die Möglichkeit raubte, meine Liebe im Blick behalten zu können. Ich wurde unsanft in das Fahrzeug gestoßen und es handelte sich nur um wenige weitere Sekunden, bevor sich jenes in Bewegung setzte. Mein Herz galoppierte weiter vor sich hin und die Gedanken in meinem Kopf ließen sich nur noch schwer ordnen, während ich immer wieder damit beschäftigt war irgendwelche unerwarteten Kurven auszubalancieren. Noch während der Fahrt fing auch mein Rücken wieder an zu stechen, weshalb ich bemüht ruhig zu atmen versuchte. Ich hatte in den letzten Wochen wirklich fast vergessen können, dass ich all die Narben noch immer hatte. Seit dem Urlaub war der Phantomschmerz endlich ganz weg gewesen. Vermutlich deshalb, weil ich weitgehend aufhörte immer nur an vergangene Miseren zu denken, sondern mir zielstrebig eine Zukunft mit der Brünetten ausgemalt hatte. Pustekuchen. Wir konnten wahrscheinlich von Glück reden, wenn diese Fahrt weiß Gott wohin nicht unsere allerletzte war. Wenn wir das, was danach folgte, überleben würden und nicht wie Francis, Michael, Hector und all die anderen Gefallenen endeten. Wenn unsere Landsleute es schafften, uns vorher hier raus zu holen. Die holprige, nicht gerade langsame Fahrt fand schließlich irgendwann ihr Ende, als ich jegliches Zeitgefühl schon komplett verloren hatte. Der Wagen hielt ruckartig, schon kurz darauf wurde die Tür neben mir aufgezogen und hektisch an meinem Arm gezerrt, um mich noch immer vollkommen blind nach draußen auf die Beine zu ziehen. Ich sog die Luft scharf ein, weil ich mir den Kopf beim Aussteigen stieß, weil ich meine eigene Körpergröße für den Bruchteil einer Sekunde in Vergessenheit geraten ließ. Wieder spürte ich dann die Mündung eines Gewehrs in meinem Rücken, das mich zum Gehen animierte. Ich versuchte beim Laufen auszumachen, ob Faye noch bei mir war. Ob ich ihre Schritte unter den anderen heraushören konnte, aber es waren so furchtbar viele verschiedene, was es schier unmöglich machte. Also ging ich innerlich ziemlich panisch weiter blind vor mich hin, was sich gute fünf Minuten lang zog. Dann ging es eine Treppe nach unten, auf der ich der Blindheit wegen stolperte und hätte der Kerl hinter mir mich nicht an den Fesseln gepackt, wäre ich die letzten der irgendwie ungleich geformten Stufen wohl runtergefallen. Noch sollte ich offenbar also nicht sterben, was mir das ungute Gefühl gab, dass sie uns nicht ganz grundlos mitgenommen hatten. Schließlich wurde ich unsanft auf einem ungepolsterten Stuhl abgesetzt, meine Hände an dem kalten Metall der Lehne und die Füße an den vorderen Standbeinen festgebunden. Danach wurde die Augenbinde nach hinten von meinem Kopf gerissen, was meinen Nacken unangenehm knacken ließ. Das erste, was ich sah nachdem der Handlanger sich abwendete und abtrat, waren die Gitterstäbe in gut eineinhalb Metern Abstand um mich herum, die mir unmissverständlich klar machten, dass ich in einer Zelle saß. Nach der ersten Schocksekunde fing ich aber sofort an, nach meiner Freundin Ausschau zu halten... und sie war da. Nicht in meinen eigenen vier Wänden, von denen die Wand hinter mir augenscheinlich aus einem Lehm-Gemisch bestand, sondern nebenan. Auf der anderen Seite der Zwischenwand, deren Stäbe uns unweigerlich voneinander trennten. Aber immerhin lebte Faye. Noch hatte ich sie nicht ganz verloren.
Es war schon aus einiger Entfernung deutlich zu sehen, dass von der Patrouille im Dorf nicht viel übrig geblieben sein konnte. Dass der Zwischenfall keineswegs gut ausgegangen sein konnte, so trügerisch still die Umgebung doch war. Denn Schüsse waren auch keine zu hören, als wir immer näher kamen. Es passierte absolut gar nichts mehr. Erst als Aryana dann schließlich einen Befehl erteilte fiel mir auf, dass sie weit nicht so gefasst wirkte wie sonst. Dass sie aufgewühlt war, ja fast unsicher klang. Es hatte also einen Grund, warum die Autofahrt stellenweise eher kurzzeitig einer Achterbahnfahrt geglichen hatte, und der war naheliegend. Ich hatte Faye heute noch nirgends gesehen - was an sich nicht so außerwöhnlich war, weil ich im Normalfall einfach wenig bis gar nicht auf sie achtete oder gar nach ihr Ausschau hielt -, sie konnte also gut und gerne bei dem angegriffenen Konvoi dabei gewesen sein, was zumindest das ungewöhnliche Verhalten der anderen Cooper erklären würde. Trotzdem wünschte ich, dass es nicht so war. Weil ich ganz einfach nicht wollte, dass Aryana noch einen Grund mehr für Schmerz- und Verlustempfinden hatte. Während der Sergeant schon aus dem Wagen sprang atmete ich noch ein weiteres Mal tief durch. Meine eigenen Probleme und Sorgen hatten hier jetzt keinen Platz, es galt Konzentration zu wahren. Also setzte ich kurz darauf bestmöglich fokussiert die eigenen Füße aus dem Fahrzeug und tat es damit dem Rest des Trupps gleich. Genauso wie die Anderen hielt ich mich im Schutz der gepanzerten Fahrzeuge bedeckt, während ich mir einen Moment lang das Massaker besah. Ich hatte solche Szenarien inzwischen zuhauf gesehen und doch breitete sich auch dieses Mal wieder ein ungutes Gefühl in mir aus. Jedoch nicht nur deshalb, sondern auch, weil das Feuer auf uns eröffnet wurde. Weil die feindlichen Soldaten, die schon unsere Vorreiter dahingerafft hatte, auch uns noch unter die Erde bringen zu wollen schien. Während die Kugeln am Fahrzeug neben mir abprallten, versuchte ich den Feind auszumachen. Lange brauchte ich dafür auch nicht, tauchten die Arschlöcher doch schier überall auf. Also begann ich das Feuer zu erwidern, wobei ich mich immer wieder knapp über die Motorhaube des Wagens erhob, um freies Schussfeld zu haben. Oft musste ich mich aber zwischendurch wieder ducken, um die Kugeln, die mich glücklicherweise allesamt verfehlten, abzuwarten. Sie machten es uns nicht gerade einfach, die Situation im Griff zu halten. Kamen immer mal wieder durch schmale Seitengassen gefährlich nahe heran, bevor sie im letzten Moment von einem unserer Soldaten entdeckt und doch noch dem Erdboden gleich gemacht wurden. Ich ließ mich davon jedoch nicht beirren, sondern wechselte immer mal wieder meine Ausgangsposition, damit mir nicht der Kopf weggeschossen wurde, sobald ich mich aus der Deckung erhob um gezielte Schüsse abzugeben. Es dauerte sicher fast eine Viertelstunde, in der wir glücklicherweise zwar keine Toten aber vier Verletzte kassierten, bis die Gegenwehr langsam abzuklingen begann. Entweder zog sich der Rest also Stück für Stück weiter zurück, oder wir hatten wirklich fast alle der Drecksäcke erwischt.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Wie konnte an einem einzigen Tag bitte so viel so falsch laufen, dass sie jetzt beide in diesem Auto in Richtung Verderben rasten?! Sich regelmässig die Gliedmassen irgendwo anstiessen, weil sie ohne zu sehen schlicht keine Balance in den ganzen Kurven hatten? Sie hatte so verdammt viel Angst und ihre Augen brannten feucht unter der engen Binde. Ihre Wangen glühten rot. Ihr war schwindlig. Und es tat ihr alles so leid! Für Victor, der eine solche Qual doch kein zweites Mal durchmachen sollte. Es war nicht die gleiche Situation wie damals, vor Jahren - aber es würde ihn wieder kaputt machen. Jetzt, wo er vielleicht langsam hätte heilen können, irgendwann. Das durfte doch nicht sein! Wieso hatte keiner aufgepasst? Wieso galt hier sowas wie Karma oder Gerechtigkeit überhaupt gar nicht? Aber nicht nur für Victor tat es ihr unendlich leid, sondern auch für Aryana. Sie wollte gar nicht wissen, was ihre Schwester gerade durchmachte und in den nächsten Tagen, Wochen, Monaten für Qualen erleiden würde, wenn sie hier nicht durch irgendein Wunder doch noch lebend rauskamen. Faye wünschte, sie hätte noch einmal zum Funkgerät gegriffen, ihr nochmal gesagt, dass sie sie auch liebte, dass es ihr so leid tat, dass sie weitermachen musste, dass sie besser war als der Fluch, der auf ihrer Familie lag. Jetzt konnte sie das nicht mehr. Jetzt konnte sie nur alles dafür tun, die folgenden Stunden und Tage auf Biegen und Brechen zu überleben, damit sie irgendwann fliehen konnte. Aber keiner würde ihr dabei helfen - bis auf Victor, falls er denn überhaupt noch hier war. Die Fahrt nahm nach endlosen Minuten ihr Ende und sie wurde aus dem Auto gerissen, irgendwelche Wege entlang geschoben, auf denen sie mit winzigen Schritten schnell voranstolperte, stets darauf bedacht, auf dem unebenen Boden nicht zu stürzen. Es war weit vom Parkplatz zu ihrem Ziel und auch wenn sie es versuchte, hatte Faye absolut keine Chance, sich diesen Weg zu merken. Sie konnte nicht speichern, wie viele Schritte sie ging, wie oft sie nach Rechts oder nach Links abbogen, wie viele Stufen die Treppe hatte, wenn in ihrem Kopf das pure Chaos noch immer nicht ablassen wollte. Aber schliesslich wurde ihr mit einem weiteren groben Stoss in ihrem Rücken klar gemacht, dass sie angekommen war und Faye strauchelte mit einem erschrockenen Keuchen drei Schritte vorwärts und knallte gegen eine Wand, da ein Abfangen mit den Händen nicht drin lag. Aber die Fesseln wurden gelöst, kurz bevor ihr die Augenbinde abgenommen wurde und der Fremde ihre Zelle verliess, diese sorgfältig hinter sich abschloss. Sie brauchte einen Moment, um die Augen wieder zu öffnen und durch den nie versiegten Tränenschleier irgendwie eine Art Orientierung zu finden. Dann schob sie sich von der Wand weg, trat zwei wackelige Schritte nach vorne. Und dann fiel ihr Blick auf Victor. Sie stürzte zu den Gitterstäben, die sich zwischen sie geschoben hatten, umklammerte diese, während sie mit weit aufgerissenen Augen zu ihm blickte. Er sass da, an einen Stuhl gefesselt. Warum war er gefesselt?? Ihr Blick schweifte über die Umgebung, aber nur ganz kurz, dann hing er wieder an ihrem Freund, dessen Anblick allein ihr einen tiefen Stich versetzte. Sie streckte die zitternden Finger durch die Gitterstäbe, in seine Richtung. Aber er war so weit weg. Und sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Dass sie Angst hatte. Aber die Panik stand in ihr Gesicht geschrieben, in jeder Träne, die ihre Wange befeuchtete. Dass es ihr leid tat und ihm das niemals passieren sollte. Aber auch das schrien ihre besorgten Augen auch ohne Worte. Sie konnte nichts sagen. Und dann waren die zwei Minuten, die sie alleine hier gewesen waren, auch schon vorbei. Es war nicht der Anführer von vorhin, der mit schweren Schritten den Gang entlang, gezielt auf Victors Zelle zu trat. Noch nicht. Das waren zwei massige Kerle mit klassischem Vollbart und dunklem, ausdruckslosen Blick. Sie musterten Victor und Faye, taten aber noch nicht viel mehr, als Victors Zelle aufzuschliessen und eben dort einzutreten. "Das Spiel ist einfach. Er stellt Fragen und wenn ihr ihm die richtigen Antworten bietet, tuts weniger weh", erklärte der Rechte der Zwillinge - so sahen sie jedenfalls aus - in schlechtem Englisch und weiterhin ziemlich ausdruckslos die Grundregel, nach der jegliche Art der Folter funktionierte. Und die Panik in Fayes Kopf stieg noch weiter an. Sie klammerte sich enger an die Gitterstäbe. Starrte zu Victor, als könnte sie ihn mit Blicken allein aus seiner Zelle befreien. Sie wusste nicht wer er, der Fragen stellte, war. Aber es spielte keine Rolle. Denn wenn er ihren Freund foltern wollte, dann sollte er niemals kommen.
Sie verloren hier so unendlich viel Zeit. Fast so viel wie auf dem Weg hierher. Selbst wenn ihre Schwester also noch lebte, konnte sie längst so ziemlich überall sein, was Aryana immer wieder bewusst wurde, während sie verzweifelt einen Schuss um den nächsten abgab, versuchte, ihre Gegner zum Ende zu bringen. Aber es waren so viele, dass es wieder ewig dauerte, bis sie damit weitermachen konnten, sich ihrer eigentlichen Aufgabe zu widmen. Die ganzen endlosen Minuten lang dachte Aryana nur an Faye und es wäre gelogen, zu behaupten, dass das ihre Konzentration fördere. Eher nur ihre Verzweiflung. Und als die Schüsse schliesslich weniger wurden, überliess die Brünette den Rest ihren Kollegen, stürzte selber schon wieder zu den beiden zerstörten Wägen. Im Vorderen war keine weitere Leiche zu finden. Aber vor den Autos lagen Francis und Hector, ebenfalls fast unkenntlich gemacht durch grausame Kopfschüsse. Es war deutlich ersichtlich, dass sie nicht zufällig zu ihrer Hinrichtung dort gekniet hatten, wo ihre Leichen nun lagen. Und in Aryanas Kopf setzte sich das ganze, hässliche Schauspiel zusammen, das sich hier zugetragen haben musste. Zwischen Francis und Hector war genug Platz für zwei weitere Leute. Und da waren auch Menschen gewesen, den undeutlichen, verwischten Spuren am Boden nach zu urteilen. Faye. Und Victor. Und sie waren nicht mehr da. Ihr entwich ein mühsames Keuchen, als ihr Blick die Strasse entlang glitt. Sie konnten überall sein. Überall und nirgendwo. Sie lebten, daran musste sie festhalten. Aber niemand konnte ihr sagen, wie lange noch. Bis heute Abend. Bis Morgen. Bis in zwei Wochen... Aryanas Augen suchten verzweifelt die umliegenden Häuser ab. Hinweise. Irgendwelche Hinweise... Und da war ein Schütze, auf einem Dach. Einer der Letzten, die noch nicht tot oder davongerannt waren. Er schaute sie an, eigentlich zielte er schon. Aber als er abdrückte, war sie wieder hinter dem Auto. Für zwei Sekunden. Dann schaute sie wieder nach vorne. Und er hatte bereits ein anderes Ziel ins Auge gefasst, weshalb sie die Maschinenpistole ansetzte, einmal durchatmete und schoss. Sie erwischte ihn an der linken Schulter und da sie gleich nochmal zum nächsten Schuss ansetzte, während er sich erschrocken zu ihr gedreht statt tiefer geduckt hatte, auch direkt noch am anderen Arm. Dann wartete sie eine Sekunde, bis er sich eben doch weggeduckt hatte, ehe sie in das Haus stürmte, auf dessen Dach das Arschloch stand. Da sie nicht vollkommen von Sinnen war, schnappte sie sich auf dem Weg noch ziemlich wahllos Verstärkung in Form von Jorel, der gleich mit ihr nach oben rannte. Offenbar waren sie nicht erwartet worden, denn der Schütze war gerade fluchend mit einem Druckverband beschäftigt, als Aryana mit gezückter Waffe durch die Tür aufs Flachdach stürmte. Mit Jorels Hilfe war der Araber ziemlich bald dingfest gemacht, sie schleiften ihn die Treppen runter nach draussen, wo sich das Feuer mittlerweile gänzlich gelegt hatte. Aber die einkehrende Ruhe liess den Sturm in Aryanas Kopf immer lauter dröhnen. Und kaum zog Jorel den noch immer blutenden Mann auf die Strasse, drückte die Brünette ihn, mit ihrem Unterarm an seinen Hals gepresst, auch schon gegen die nächste Hauswand. "Wo zur Hölle sind sie hingefahren?! Wo haben sie sie hingebracht?! Ich schwöre ich bring dich um, wenn dus mir nicht sagst, jetzt, sofort!", zischte sie ihm ins Gesicht, aber ihre Stimme klang nicht bedrohlich, wie sie das geplant hatte. Sie klang verzweifelt. Und verdammt, sie spürte das Brennen in ihren Augen. Sie spürte die Tränen. Und das Zittern. Er musste ihr einfach sagen, wo Faye war. Sie würde ihn im Anschluss sogar loslassen, hier und jetzt, weil es ihr egal wäre, was mit ihm passierte, ob er sich retten und entkommen konnte. Sie wollte ihm gar nichts tun. Aber sie musste zu ihrer Schwester. Weil ihre Schwester sonst starb. Und weil sie dann für immer kaputt ging.
This is your life, it's do or die, the sun may never rise again, so be the light the vision. This is your life, it's slipping by, you try to run but fall again, you get back up that's living.
Ich wünschte mir in den folgenden Augenblicken nichts sehnlicher, als Faye einfach nur in meine Arme ziehen zu können. Sie zu umarmen, ihr über den Rücken zu streicheln und ihr zu sagen, dass Alles gut werden würde. Dass wir hier ganz sicher irgendwie raus kamen, sicher nicht zuletzt wegen ihrer Schwester. Aryana würde ganz sicher ausnahmslos Alles daran setzen, um ihre kleine Schwester hier raus zu bekommen. Aber ebenso wie meiner besseren Hälfte verschlug die ganze Situation auch mir die Sprache. Ohnehin verstanden wir uns jedoch auch ohne Worte, waren unsere Blicke doch alles Andere als stumm. Ich wünschte ich könnte der Brünetten einen Teil ihrer Angst nehmen, damit die Situation leichter für sie erträglich wäre. Es ließ sich nicht leugnen, dass ich selbst mit der Panik zu kämpfen hatte, aber ich steckte es wohl dennoch besser weg als sie. Ich hasste es so, sie weinen und derart leiden sehen zu müssen. Würde Alles dafür geben, sie auch nur ein bisschen beruhigen zu können... aber ich konnte nunmal nicht. Saß festgetackert auf dem Stuhl und konnte mich nicht mal ein bisschen regen, wie ich feststellte als ich die Handgelenke zu bewegen versuchte. Zwecklos, viel zu eng. Über kurz oder lang würden mir die Finger sicher taub werden. Die Ruhe vor dem eigentlichen Sturm sollte auch nur von kurzer Dauer sein. Ich wendete den Blick erst wieder von Faye ab, als meine Zellentür bereits ausgeschlossen wurde und sah dann die beiden Schränke von Männern auf mich zukommen, die ohne lange zu zögern die offensichtliche Spielregel darlegten. Es wurde eine Frage gestellt und wenn gar nicht oder unzureichend geantwortet wurde, kam mir das teuer zu stehen. Aber wenn einer von uns redete, waren wir zeitnah tot. Sobald sie die Informationen hatten, die sie von uns wollten, waren wir nicht mehr von Wert. Nutzlos. Wurden vermutlich im nächstbesten Massengrab verscharrt und Niemand würde uns je wieder zu Gesicht kriegen. Deshalb drehte ich meinen Kopf noch einmal in Fayes Richtung, sah sie dabei so entschlossen wie nur irgendwie möglich an, wobei aber sicher ein Hauch Unsicherheit in meinen Gesichtszügen lag. "Sag Nichts.", waren die einzigen beiden bemüht bestimmten, kurzen Worte, die mir über die Lippen kamen. Offenbar die falschen Worte in den Augen der Folterknechte in meiner Zelle, kam der nicht sprechende Prügelknabe doch auf Geheiß des Anderen sogleich auf mich zu, um mir den Kopf an den Haaren nach hinten in den Nacken zu reißen. Nicht nur mein Hals, sondern mein ganzer Rücken wurde als Folge dessen von unangenehmem Stechen durchzuckt. Auch Nummer Zwei trat näher ran, sah mir nur kurz von oben herab in die Augen. "Und wie ihr reden werdet.", war Alles, was ich überheblich noch zu hören bekam, bevor meine Haare losgelassen wurden und stattdessen die erste Faust in mein Gesicht knallte. Als Folge dessen kniff ich die Augen zusammen, während sich ein unsagbares Dröhnen in meinem Schädel ausbreitete und meine Unterlippe zu bluten anfing. Mein ganzer Kiefer nach dem Schlag wie wild zu pochen begann, hatte der Kerl doch offenbar eine verdammt harte Rechte. Ich öffnete die Augen der insgesamt schmerzverzerrten Miene erst wieder, als mein unter den Schmerzen nach vorne gesunkener Kopf erneut an den Haaren angehoben wurde, damit ich dem Befehlshaber in die Augen sah. Dann folgte die erste Frage. Wo die nächsten Angriffe geplant waren, welche neuen Routen für unsere Patrouillen durch das umliegende Land geplant waren. Ich ließ nur stoßartig die Luft aus meinen Lungen, ohne zu antworten. Wenn die einzige Möglichkeit lange genug am Leben zu bleiben, um hier wieder raus zukommen, die war, all die bevorstehende Folter zu ertragen und den Mund zu halten, würde ich das in Kauf nehmen. Nicht wegen mir selbst, sondern wegen Faye.
Ich behielt die Umgebung akribisch im Blick, als wir die letzten Schüsse erwiderten. Dass Aryana indessen aufgebrochen war, um sich Jemanden zu schnappen, hatte ich bis dato gar nicht mitbekommen. War einzig damit beschäftigt nicht selbst getroffen zu werden und die noch vorhandene Restbedrohung möglichst ganz auszulöschen. Letzteres schien dann auch zeitnah gegeben zu sein, da keine Gegenwehr mehr erfolgte, der Kugelhagel ganz verstummte und ich endlich wieder richtig durchatmen konnte. Es war anstrengender als sonst unter all dem Schlafmangel die nötige Kraft und Konzentration für ein derartiges Gefecht aufzubringen, aber wir schienen es vorerst hinter uns zu haben. Also hatte ich noch ein paar Sekunden Zeit um mich wieder zu sammeln, bevor mein Blick sich instinktiv auf die sich zügig bewegenden Leute bewegte, die aus einem nahen Haus kamen. Aryana und Jorel, inklusive einer Geisel. Der Sergeant versuchte, für mich auf diese nicht allzu große Distanz gut hörbar, augenscheinlich gerade Informationen aus der Made zu quetschen, die bis vor Kurzem noch auf uns geschossen haben dürfte. Allerdings schien sie damit wenig Erfolg zu haben - natürlich sprach er kein Englisch, wieso sollte er auch? Alles, was er zweimal von sich gab, war dieses bescheuerte Gott-Ist-Groß-Gerede, das die Islamisten nur allzu gerne vor sich hin trällerten. Egal wann, egal wo, egal in welcher noch so brenzligen Situation. Er hätte ja nicht mal theoretisch antworten können, der Sprachbarriere wegen. Ich sah mich um und wägte ab, ob hier außer mir Irgendjemand vielleicht ein paar Bruchstücke Arabisch konnte. Eigentlich wollte ich nämlich nicht zu Aryana und ihr helfen, weil ich mir sicher war, dass sie meine Nähe in absolut keiner Form wollte. Weil das nicht nur mir, sondern auch mir schlichtweg unangenehm war. Aber sonst sah sich wohl Keiner in der Pflicht ihr damit zu helfen, viel mehr sahen alle nur abwartend in die Richtung der sichtlich aufgebrachten Frau. Einen Moment lang rang ich noch mit mir selbst, bevor ich die paar Meter zu der Brünetten und ihrer Geisel überbrückte. Mein Arabisch war zwar scheiße, aber für die Übermittlung von ein paar Schlagworten reichte es vielleicht gerade so. Trotzdem hielt ich gut zwei Meter Abstand zu der Anführerin unseres Trupps, als ich ihre vorherigen Worte so gut übersetzte, wie in meiner Macht stand. Sie noch ein zweites Mal mit hörbarem Nachdruck, wachsendem Unmut und angehobener Waffe wiederholte, weil er nicht antworten wollte. Dieses Mal zögerte er. Vielleicht deshalb, weil er wegen des Sauerstoffmangels langsam Panik bekam. Aryana war da gerade schließlich keinesfalls zimperlich mit ihm, schnürte ihm mit dem Druck auf der Kehle mindestens einen Teil der Luft ab. Vielleicht hatte er vor dem sofortigen Tod mehr Angst, als vor seinen Machthabern, denn er fing leicht keuchend doch noch zu reden an.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Sie hörte die Anweisung mehr als deutlich, obwohl sie eigentlich kaum aufnahmefähig war. Er wollte, dass sie den Mund hielt, nichts Preis gab. Warum? Er kannte die Fragen ja noch nicht mal. Wie sollte sie garantieren, hier zu schweigen, wenn sie... Da trat genau das, was sie nicht erleben wollte, auch schon ein und die beiden Folterknechte traten näher zu Victor heran, hatten kurz darauf auch schon die Finger in seinen Haaren. Und einen Satz später eine Faust in seinem Gesicht. Faye zuckte zusammen, als hätte es sie selber getroffen, wobei sie zeitgleich eine Hand vor den Mund gelegt hatte. Sie durfte nicht schreien, wollte es nicht noch schlimmer für Victor machen, als es sowieso sein würde. Auch wenn ihr Herz nächstens ihre Brust sprengte. Das war nicht ihre Folter, sie musste sich zusammenreissen, er hatte sie darum gebeten. Wenn es aufhören musste, würde er reden. Zumindest in der Theorie. Aber es war so viel schwerer, stumm dabei zuzusehen, wie sie ihm weh taten, als einfach zu reden! Es war bisher ein einziger Schlag gewesen und doch wusste sie das schon jetzt. Und die beiden Männer liessen keine Pause einkehren. Die erste Frage folgte und Faye ertappte sich unmittelbar dabei, wie sie über die Antwort nachdachte, versuchte, irgendwas zu formen, was sie sagen könnte. Aber sie schwieg. Und Victor schwieg. Und der Prügelknabe machte dort weiter, wo er aufgehört hatte. Nicht mit blossen Fäusten, das wäre zu harmlos gewesen. Victor trug doch noch seine ganze Dienstkleidung, da wären Fausthiebe nicht nutzbringend genug. Nein, er holte einen Stock, der bisher an der Wand gegenüber der Zellen gelehnt hatte. Sah nach einfachem Holz aus. Aber so wie er gleich darauf ausholte und auf den gefesselten Mann einzuprügeln begann, spielte das auch gar keine Rolle mehr. Er schien sein Handwerk gut zu beherrschen und keine lebensbedrohlichen Verletzungen hervorrufen zu wollen, liess den Stock lieber auf Victors Beine und Arme treffen. Aber irgendwie spielte das keine Rolle und es war so oder so grausam. Faye hatte schon nach zwei Schlägen die gefühlt letzten Nerven verloren, schrie dem Mann immer wieder flehend zu, dass er aufhören sollte, rüttelte an den unnachgiebigen Gitterstäben und schluchzte leise vor sich hin. Sie wollte reden, konnten sich das nicht ansehen, nicht anhören, wie das Holz immer wieder auf ihren liebsten Menschen eindreschte. Das Ding war nur, dass sie keine Ahnung hatte. Sie würde die Frage also nicht einmal beantworten können, wenn sie das wollte. Höchstens mit Lügen.
War das sein Ernst?! "Fick deinen Scheiss verdammten Gott, nach ihm hab ich nicht gefragt!", spuckte sie dem wohl kaum mehr als zwanzigjährigen Mann ins Gesicht, drückte ihm ihre Elle noch tiefer in den Hals, bis er mühsam zu würgen begann. Aber auch das wollte sie nicht hören. Sie wollte wissen, wo ihre Schwester war, was sie mit ihr machten, warum sie sie mitgenommen hatten! Sie wollte, dass sie sie gehen liessen, dass sie sie niemals anfassten! Doch er sprach nicht mit ihr. Verstärkte in ihr das hilflose Gefühl, ein vollkommen wertloses Stück Scheisse zwischen ihren Arm und die Wand geklemmt zu halten. Aus dem Augenwinkel konnte sie sehen, dass jemand näher kam und als sie den Kopf leicht drehte, sah sie auch, wer sich tatsächlich noch in ihre Nähe wagte. Gut. Vielleicht kannte er den Kerl ja sogar, hatte schon mal Geschäfte mit ihm getrieben, von denen er keinem je erzählt hatte. Sehr gut. Aber Mitch blieb stehen, wahrte den Abstand, den er besser für immer als Minimum ansehen sollte. Und er begann zu reden. Natürlich... Mitch sprach Arabisch. Ein Bisschen. Mehr, als jeder andere hier auf jeden Fall. Dass das durchaus mit seinen krummen Geschäften zu tun haben könnte, fiel ihr in diesem Moment nicht ein, es zählte ganz einfach nicht. Das Einzige, was jetzt wichtig war, war der Aufenthaltsort ihrer Schwester. Und der Wurm zwischen ihr und der Wand begann tatsächlich irgendwas zu faseln, was sie den Druck kurzzeitig etwas vermindern liess, damit er die Worte überhaupt raus bekam. "Sprich Englisch verdammt!", fauchte sie ihn an, als sie ihren Arm auch schon wieder fester in seinen Hals presste, er erneut, schwach und wehrlos, wie er wohl war, an ihrer Jacke zu ziehen begann. Aber Aryana schaute nicht hin, denn ihr aufgewühlter, irgendwie hilfloser Blick lag auf Mitch. "Was hat er gesagt..?", fragte sie weniger aggressiv als zu dem Araber, aber genauso ungeduldig. Sie brauchte Antworten, einen Plan. Wahrscheinlich brauchte sie Anweisungen. Denn sie konnte kein IS-Lager mit zwei-drei Soldaten stürmen, um Faye zu befreien. Und das war, Kamikaze wie ihr Hirn gerade dachte, irgendwie ihre Absicht. Wahrscheinlich nicht wirklich. Aber wenn es die einzige Option war, würde sie es tun. Sie würde ihre Schwester befreien oder beim Versuch sterben.
This is your life, it's do or die, the sun may never rise again, so be the light the vision. This is your life, it's slipping by, you try to run but fall again, you get back up that's living.
War das hier eigentlich schon die Hölle? Oder zumindest eine etwas mildere Vorstufe zum Tor nach unten? Es fühlte sich auf jeden Fall so an. Vielleicht kam der Schmerz, den all die Schläge mit dem unnachgiebigen Stück Holz auslösten, bei dessen Anblick ich schon geschluckt hatte, nicht ganz an den heran, den ich nach der stundenlangen Operation und dem anschließenden, kurzen künstlichen Koma damals verspürt hatte. Damals hatte ich mich nicht mal einen Zentimeter weit rühren können, ohne dass mein gesamter Körper angefangen hatte zu schreien - aber da hatte ich dann starkes Schmerzmittel gekriegt, was hier nicht der Fall war. Während ich mir jetzt stellenweise nicht sicher war, ob er mir die Knochen brach, machte Faye es im Hintergrund nur schlimmer. All der Schmerz an den Gliedern presste mir immer weiter die Luft aus den Lungen und ich fühlte mich langsam aber sicher, als könnte ich nicht mehr atmen, weil mit dem Schmerz auch meine eigene Kraft immer weiter wich. Obwohl ich mit der Verarbeitung der Schläge also mehr als genug beschäftigt sein sollte, hörte ich die junge Frau auf der anderen Seite der Zellenwand nur allzu deutlich. All die verzweifelten Bitten, die Schluchzer, die Angst, die ihre Stimme unterlegte... ich wünschte, ich hätte Irgendwas sagen können, um sie zu beruhigen. Ihr wenigstens ein kurzes Lächeln zuwerfen können, um ihr zu vermitteln, dass ich das schon durchstehen würde. Dass wir das überleben, hier wieder rauskommen würden und sobald ich die zahlreichen Prellungen, die ich schon jetzt bitterböse spüren konnte, verarbeitet hatte, wieder Alles so sein konnte wie vorher. So ähnlich zumindest. Erinnerungen auszulöschen stand leider nicht in meiner Macht. Ich hatte irgendwann aufgehört zu zählen, wie oft er zugeschlagen und ich unter den Schmerzen aufgestöhnt hatte. Schließlich legte er aber eine kurze Pause ein und ich merkte erst dann, dass ich unbewusst die Luft angehalten hatte. Fing deutlich hörbar stoßweise wieder zu atmen an, obwohl sich meine Lunge noch immer schrecklich beengt anfühlte, während meine Arme und Beine sich nur noch wie Pudding anfühlten. Ehrlich gesagt war ich mir nicht sicher, ob mein linker Oberarm heil geblieben war. Unter all dem Schmerz ließ sich nur schwer ausfindig machen, ob er sich wirklich anders anfühlte als der rechte und ob das Knacken, das ich gehört hatte, nun von meinem Arm oder dem Stock gekommen war. "Immer noch nicht? Nein? Schlechte Entscheidung.", redete der Kerl weiter, der sich inzwischen ganz entspannt an das Gitter lehnte und weiter dem Schläger die eigentliche Arbeit überließ. Letzterer ließ den Holzstab nun achtlos auf den Boden fallen und nur eine Sekunde später sah ich die nicht ganz sauber aussehende Klinge des Messers in seiner Hand in dem schwachen Licht aufblitzen. Ob er mich jetzt doch umbrachte? Wohl nicht. Er entschied sich dazu, sich mit der freien Hand auf meinem rechten Knie abzustützen und das Messer dann unbarmherzig in meinen Oberschenkel zu stechen. Das war das erste Mal, dass er mir einen kurzen Aufschrei entlockte. Er zog die Klinge auch nicht wieder heraus, sondern ließ sie stecken. Als ich auf mein Bein herunter sah, liefen mir die ersten beiden Tränen über die Wangen. Der Einstich war sichtbar seitlich des Knochens, eher ziemlich an der Außenseite, aber das machte ihn nicht weniger schmerzhaft. Jede noch so kleine Bewegung ließ die Klinge sich weiter einschneiden, weshalb ich das Bein krampfhaft ruhig zu halten versuchte. Das gestaltete sich aber schwierig, weil mein gesamter Körper unter der immensen Belastung zu Zittern anfing. "Oooh, sag bloß, er bedeutet dir was? Wie süß.", fing der weit Untätigere der beiden Folterknechte weider an zu reden, wobei ich den Blick zu ihm und danach sofort zu Faye richtete, weil er zu ihr ans Gitter rüber ging.
Es war nicht ganz einfach seine Worte mit meinem gebrochenen Arabisch zu deuten. Dass er nur minder viel Luft zum Atmen und Reden hatte, machte das irgendwie nicht einfacher. Deshalb dauerte es auch einen Moment, bis ich in meinem Kopf Alles halbwegs richtig zusammengesetzt hatte. Allerdings gefiel mir die Antwort nicht. Sie stellte nicht nur Aryana, sondern wohl auch den Rest des Trupps vor ein relativ großes Unterfangen, das schwer machbar war. Auf den ersten Blick zumindest. Meine Augen richteten sich bei der Frage der Brünetten, die sich nun an mich wendete, erstmals wieder zu ihr. Auch deshalb, weil es mir seit Tagen unangenehm war, ihr in die Augen zu sehen, die gerade noch so viel verletzlicher als ohnehin schon die ganze Zeit wirkten. "Die Hügel..", seufzte ich leise, wobei sich mein Blick im Anschluss wieder dem Ekelpaket an der Wand zuwendete. Die Antwort war nämlich sehr wage. Die Hügel erstreckten sich über etliche Kilometer und es gab zig Eingänge, die weiß Gott wohin genau führten. Irgendwo ins Innere der kleinen Bergkette. Also fragte ich noch einmal spezifischer nach. Forderte von dem vor sich hin blutenden jungen Mann, dass er das weiter eingrenzte. Wieder zögerte er kurz, was ich mit dem Verengen meiner Augen und einem Schritt in seine Richtung quittierte, weshalb er doch erneut zum Wort griff. Wenn ich es richtig verstand, waren sie am nördlichen Ende und ich forderte ihn weiter dazu auf, mir mehr Details zu geben. Als er einen steinigen Abhang erwähnte, klingelte es dann bei mir. Ich hatte diese Ecke mit Jetman einmal auf zwei Kilometer Distanz, also aus sicherer Entfernung, beschatten sollen. Unter die Lupe nehmen sollen, was dort genau vor sich ging, weil das ein kaum dokumentierter, von unserem Stützpunkt aus relativ weit entfernter Posten des IS war. Bei genauerem Nachdenken hatte ich aus dem linken der beiden Eingänge dort auch Geiseln kommen sehen, die natürlich nur raus gekommen waren, um dort dann doch noch erschossen zu werden, was kein schöner Anblick gewesen war. "Nördliches Ende... wenn ich mich nicht irre hab' ich den Stützpunkt, den er beschrieben hat, mal beschattet.", gab ich die Informationen, die er mir gab, also an den Sergeant weiter. War indessen wieder einen Schritt zurück getreten, damit ich den Kopf dabei nicht zu steil drehen musst, um sie ansehen zu können.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Es dauerte eine erste Ewigkeit, bis der Prügelknabe den Stock wieder sinken liess. Er musste müde geworden sein, sich selbst eine Pause gönnen wollen. Denn zufrieden war er mit dem Ergebnis noch nicht, das sah man ihm deutlich an. Noch hatte ja auch keiner irgendeine Information Preis gegeben. Faye schluchzte stumm in sich hinein, versuchte, die Geräusche, die so deutlich verrieten, wie schwach sie war, in den Griff zu bekommen und für sich zu behalten. Nicht nur, weil sie wünschte, die beiden Männer würden es nicht schon längst wissen, sondern auch, weil sie Victor nicht noch zusätzliche Sorgen machen wollte. Als würden die unsäglichen Schmerzen, die die Verletzungen ihm bereiten mussten, nicht reichen. Sie versuchte, sich zusammen zu reissen, auch wenn das Schluchzen noch lange nicht aufhören sollte. Sie konnte nicht, egal, was sie sich einredete. Die Panik war zu stark, zu allgegenwärtig, als dass sie daran vorbeikommen würde. Sie konnte nicht mit dem Gedanken leben, dass Victor hier langsam umgebracht wurde. Und dass sie die Nächste wäre, die ihm ins Grab folgen würde. Ihre Augen lagen auf dem jungen Mann, sah seine stockende, angestrengte Atmung und all die Selbstbeherrschung, die er sich abkämpfen musste. Sie wusste nicht, was er verhinderte, in sich zurückdrängte. Aber es war schlimm. Und erst die hönische Stimme des Sprechers liess sie den Kopf kurz in dessen Richtung zucken, nur, um ihn mit frisch entfachter Panik zu streifen. Sie wollte etwas sagen, protestieren, betteln. Aber alles ging viel zu schnell und ihr Blick huschte zurück, als der Stock auf dem Boden aufkam. Sie sah das Messer, das gezückt wurde, ihre Augen weit aufgerissen, sie wollte schreien, aber selbst der Schrei blieb ihr im Hals stecken. Und die Klinge vergrub sich in Victors Fleisch. Und er schrie, Faye sah die Tränen, sah das Zittern, während alles, was von ihr kam, ein Wimmern, gefolgt vom nächsten Schluchzer war. Ihre Fingerknochen stachen weiss heraus, weil sie sich so eng an die Gitterstäbe klammerte, die keinen Millimeter weichen wollten. Warum er? Warum ausgerechnet Victor..?? Sie merkte erst, dass der andere Mann auf sie zugekommen war, als er schon vor ihr stand, mit ihr redete. Ihre Aufmerksamkeit war aber viel zu sehr auf ihren Freund fixiert, als dass sie dem Fremden auf seine ohnehin eher rhetorische Frage eine Antwort liefern könnte. Sie schaute ihn überhaupt kaum an, weil sie den Blick nicht von dem Messer abwenden konnte. Und was sollte sie auch sagen? Ein Ja wäre eine weitere Waffe, die sie gegen sie verwenden konnten. Ein Nein wäre gelogen und jeder würde es sehen. Also folgte nichts von beidem, während sie die verkrampften Finger mühsam vom Gitter löste, um ein paar Schritte rückwärts zu taumeln, tiefer in die Sicherheit ihrer Zelle, wo der Fremde sie sicher nicht erreichen konnte. "Bitte sag ihm, er soll aufhören... Bitte...", flehte sie ein weiteres Mal, diesmal aber sehr leise, mit schwerer Zunge und tauben Lippen. Das Spiel war einfach, man hatte es ihnen anfangs erklärt. Wenn sie richtig antworteten, nahm die Folter ein vorübergehendes Ende. Und Faye würde so gerne sagen, dass sie die Antworten nicht kannte, weil sie selber keine Ahnung hatte. Das Abzeichen an ihrem Oberarm, das ihren Status als Medical verriet, schrie ja praktisch schon Ich weiss nichts. Aber damit würde sie sich umbringen, vollkommen wertlos machen. Also sollten sie so tun, als wüssten sie doch was, aber würden es nicht sagen. Nur, damit Victor weiter gefoltert wurde, für Informationen, die er nicht hatte. Es machte sie fertig. Und ihn. Und der Folterknecht vor ihm hatte die Klinge in seinem Fleisch gedreht. Einmal. Zweimal. Dreimal. Er zog sie wieder raus. Und da war überall Blut.
Sie hätte auf diese Antwort wetten können. Natürlich waren es die Hügel. Es waren immer die Hügel, wenn es Ärger machte und sie hätte die verdammten Hügel in die Luft sprengen sollen, als sie noch die Chance dazu gehabt hatte! Auch ihr reichte dieser unnütze Tipp selbstverständlich keineswegs, weshalb sie beinahe ein sehr ungeduldiges und weiter?! angehängt hätte. Mitch kam ihr aber glücklicherweise zuvor, stellte genau diese Frage und die Kröte quakte weiter atemlos vor sich hin. Gut. Sie konnte nur darum beten, dass der junge Mann hier die Wahrheit erzählte und nicht einfach irgendwas faselte, damit sie ihn gehen liessen. Was im Übrigen eh nicht passieren würde. Aryana hatte gewiss nicht vor, das Kerlchen laufen zu lassen. Und heute war schon zu viel passiert, was Aryana nicht vorgehabt hatte - in diese Sache würde sie sich also sicher nicht reinreden lassen. Als Mitch seine für den Moment finale Übersetzung abgegeben hatte, folgte ein stummer, nachdenklicher Blick in seine Richtung. Er wollte also sogar persönlich wissen, wovon die Made gerade gesprochen hatte.. Ob sie ihm das glaubte? Sie hätte jederzeit sofort tausend Mal ja geschrien. Wenn vorgestern nicht gewesen wäre. Aber hatte sie denn eine andere Wahl, als ihm zu glauben? Konnte sie die Chance einfach vorbeiziehen lassen? Nein. Absolut gar nicht. Aryana nickte schwach, löste den Druck auf dem Hals des Mannes, den sie gleich darauf Jorel zuschob. "Bring ihn ins Auto. Gesichert", murmelte sie einen Befehl, der ihre Absichten wohl deutlich machte. Sie hatte nicht vor, den Mann zu töten. Aber sie konnte ihn nicht einfach freilassen, solange ihre Schwester irgendwo in der Hölle sass. In der Hölle, die dieser Kerl mit gebaut hatte. Aber sie hatte noch immer keinen Plan. Sie konnte noch immer viel zu schlecht denken, was so absolut atypisch war für die junge Frau, die sonst viel mehr dafür bekannt war, einen kühlen Kopf zu behalten, egal was passierte. Meistens zumindest. Aber auf jeden Fall immer besser als jetzt. Aryana fasste sich an den Kopf, strich sich mit beiden Händen übers Gesicht, um die Spuren der Tränen los zu werden. Obwohl sie wusste, dass weitere folgen würden. Sie blickte kurz in die Runde, obwohl sie die ganzen ernsten aber ebenso planlosen Gesichter eigentlich gar nicht sehen wollte. Jeder hier brauchte Befehle, wartete auf ihr Kommando. Aber Aryana wusste nicht, was sie sagen sollte. Sie hatte keine Ahnung. Und so wandte sie sich ihrem Funkgerät zu, setzte erstmal Ragan mit ein paar abgehackten Sätzen ins Bild. Nur kurz, denn ihre belegte Stimme kündigte unweigerlich den nächsten Nervenzusammenbruch an. Ragan schwieg einen Moment. Dann folgte der Befehl zum Rückzug. Natürlich. Sie mussten erst Reden. Sie mussten einen Plan formen. Sie mussten debattieren und diskutieren und Minuten und Stunden verschwenden. Es musste alles sicher sein, so sicher, dass bei einer Rettungsaktion ganz bestimmt keiner drauf ging. Aber Aryana hatte keine Zeit für solche Pläne. Faye hatte keine Zeit für solche Pläne. Victor nicht. Sie mussten handeln, nicht reden. Und trotzdem trottete sie mit den anderen zurück zu den Autos. Setzte sich ohne ein weiteres Wort auf den Beifahrersitz. Sie musste denken, ihr Gehirn wieder ankurbeln und das störende Chaos beseitigen. Sollte fahren wer wollte, es gab drei weitere Menschen in diesem Auto, davon zwei Unverletzte, die das übernehmen konnten.
This is your life, it's do or die, the sun may never rise again, so be the light the vision. This is your life, it's slipping by, you try to run but fall again, you get back up that's living.
Ich stellte mir unweigerlich die Frage, wie viel Schmerz ich wirklich aushalten konnte, bevor ich in die Ohnmächtigkeit abdriften würde. Bevor mein Körper das endgültige Veto einlegte und die rote Karte zog, um mich vor noch schlimmerem Schmerzempfinden zu bewahren. Ich wollte es wirklich. Wollte, dass ich schwächer war, damit ich all das hier nicht länger ertragen musste. Damit ich weder Faye hören, noch das Messer spüren musste, das sich langsam um die eigene Achse zu drehen begann, weil ein Einstich allein dem Folterknecht offenbar nicht ausreichte. Ich legte den Kopf in den Nacken in der Hoffnung es würde die weiteren Tränen, die mir der Schmerz in die Augen trieb, irgendwie zurückhalten. Tat es aber nicht. Da war kein Schluchzen meinerseits, aber die salzigen Tropfen rannen weiter an meinem Gesicht hinunter. Auch, als ich die Augen wieder zudrückte. Selbst das Schwarz konnte die Folter nicht verdrängen und ich ballte die Hände zu Fäusten, während das Zittern meines Körpers sich gar nicht mehr einstellen wollte. Meine Klamotten waren längst nassgeschwitzt, weil sich jeder Muskel meines Körpers verkrampfte und stumm gegen den unsagbaren Schmerz anzukämpfen versuchte. Zwar floss mir das Blut fröhlich aus der offenen Wunde, was an sich auch kein schönes Gefühl war, weil es nicht besonders lange dauerte, bis meine Hose an der Stelle ziemlich nass war, aber zumindest sank der Schmerzpegel wieder ein klein wenig, als die Klinge mit einem unsanften Ruck aus meinem Bein gezogen wurde. Fayes Bitten und Wünsche wurden natürlich geflissentlich weiter ignoriert. "Du musst nur reden, Schätzchen. Sag' uns, was wir hören wollen und du kannst zumindest hoffen, dass er nicht in ein paar Stunden schon verblutet ist.", flötete das Arschloch weiter vor sich hin, was mich den Kopf mühsam wieder nach vorne kippen lassen ließ, woraufhin ich ihn in die verengten Augen fasste. Bei Gott, ich würde ihn umbringen, sollte ich hier raus kommen und auch nur den Hauch einer Mordwaffe in die Finger kriegen. Neben all der Panik und den Schmerzen schlich sich auch das Gefühl von Wut in meinen Kopf. Weder sollte er die Brünette so nennen, noch irgendwelche Versprechen geben, die er sowieso nicht einhalten würde. "Fahrt zu Hölle. Alle beide.", knurrte ich leise, kaum hörbar vor mich hin, wobei meine Sicht langsam leicht schwummrig wurde. Nicht richtig verschwommen, aber auch nicht mehr klar. Noch dazu konnte ich inzwischen kaum mehr die Augen offen halten. Der Blutverlust war dabei sicher nicht sonderlich förderlich und würde mir früher oder später den Rest geben. Ob ich mit der offenen Fleischwunde im Muskeln noch ein paar Stunden bei Bewusstsein hatte, war fragwürdig. Nur wollte ich daran nicht ansatzweise denken. "Du dreckiger..!", setzte er wieder zum Reden an, wobei ich das Schimpfwort, das nach meiner offiziellen Beschmutzung noch folgte, gar hören konnte. Es ging in einem weiteren schmerzverzerrten Aufstöhnen meinerseits unter, weil der Prügelknabe mir seinen Daumen in die Stichwunde drückte. Ich biss die Zähne zusammen, was dem noch immer weh tuenden Kiefer so gar nicht schmeckte. Die Stocherei und Drückerei in der Wunde fand nur ein Ende, weil sich ein dritter Schatten im Gang näherte. Ein Gesicht, das mir so gar nicht gefiel, weil ich es schon vorhin im Dorf gesehen hatte. Der Leiter der ganzen Operation schien sich ein eigenes Bild der aktuellen Lage machen zu wollen und wechselte ein paar arabische Worte mit dem anderen Idioten, dessen Stimme ich ganz egal in welcher Sprache schon nicht mehr hören konnte. Sollte er an seinen Worten ersticken.
Ich hasste es, wie ungläubig Aryana mich ansah. Nicht, dass ich es nicht nachvollziehen konnte - ich wusste ja, wie sehr ich mir das selbst zuzuschreiben hatte und das es durchweg berechtigt war. Aber warum sollte ich sie denn in dieser Hinsicht anlügen? Natürlich hatte ich schlimme Dinge getan, schreckliche Fehler begangen... aber ich wollte es doch jetzt wirklich nur besser machen. Wollte eine Hilfe sein. Irgendetwas dazu beitragen, dass ihre Schwester und... ja, wer fehlte eigentlich noch? Ich wusste nicht, wer Alles beim verendeten Trupp dabei gewesen war. Aber außer Faye fehlte der Anzahl nach zur Folge noch Jemand. Bevor ich hätte fragen können, wandte Aryana sich auch schon ab und überließ den Islamisten Jorel, der sich nach einem Nicken sogleich um den Befehl kümmerte. Ich hätte gerne irgendwo gegen geschlagen. Dabei war es nicht einmal Wut, die meine Finger sich fester um die Waffe schlingen ließen, sondern blanke Frustration. Frust darüber, dass mir die Situation so komplett aus den Händen geglitten war und ich rein gar nichts dagegen tun konnte. Ich schluckte das unliebsame Gefühl runter, als die Brünette uns dann nach schier endlosen Sekunden den nächsten Befehl nach einem kurzen Wortwechsel mit Ragan gab. Zurück... Zurück? Das war bescheuert. Jeder Blinde hätte erkannt, dass die Situation Dringlichkeit und absolut keine Zeit zum Abwarten hatte. Wieder stand die Armee sich mit diesen bescheuerten Regeln, die kaum Raum für spontane Aktionen ließ, nur selbst im Weg und ich trollte mich wieder so ziemlich als Letzter zurück zum Wagen. Wurde mir zum Verhängnis, weil sonst scheinbar keiner Fahren wollte. Auch noch neben Aryana sitzen zu müssen, während sie mich von der Seite mit ihren Augen auffraß, war nicht unbedingt das, wonach mir jetzt beliebte. Aber eine Wahl hatte ich wohl nicht, weshalb ich mich hinters Steuer fallen ließ und kurz darauf im Konvoi mit den anderen Autos zur Rückfahrt aufbrach. Vielleicht neigte ich ein kleines bisschen zum Bleifuß, was mir selbst aber gar nicht auffiel, weil ich meinen eigenen Gedanken nach hing. Fieberhaft darüber nachdachte, wie ich mein Wissen einbringen konnte. Wie ich einen Unterschied machen konnte. Nicht ausschließlich für Aryana, auch für mich selbst. Damit ich mein Gewissen vielleicht minimal beruhigen konnte, bevor ich in den Knast abdankte. "Wer... wer ist außer Faye noch weg?", fragte ich doch mit einem deutlich hörbaren Zögern an den Sergeant gewandt, weil ich ein kleines bisschen fürchtete, dass sie mich zur Antwort anschreien würde. Das war leider kein unwichtiges Detail. Wenn es Jemand war, der noch vollkommen grün hinter den Ohren war - so wie Aryanas Schwester in etwa -, wäre er ganz gleich in welchem körperlichen Zustand kaum eine Hilfe beim Ausbruch. Jemand mit Erfahrung hätte womöglich selbst unter schlimmsten Gegebenheiten einen kühleren Kopf und hielt womöglich auch länger durch. Wenn Faye auf sich allein gestellt war... nun, wir wussten wohl Alle, wie das zeitnah ausgehen würde, ohne der jungen Frau nahe treten zu wollen. Während ich auf die Antwort der Brünetten auf dem Beifahrersitz wartete, kam das Camp langsam wieder in Sicht.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Natürlich musste diese Antwort kommen. Was auch sonst? Er sagte ihr nur, was sie schon gewusst hatte. Aber sie schüttelte hilflos den Kopf, schwieg weiter vor sich hin. Was auch sonst. Selbst wenn sie diese Frage zufriedenstellend beantworten könnte - mit einer Lüge, natürlich - würde es bestenfalls ein paar Minuten dauern, bis die Nächste folgte. Und das würde kein Ende nehmen, bis die Männer der Meinung waren, sie ausgeschlachtet zu haben. Und dann folterten sie sie tot, falls das überhaupt noch nötig sein würde. Faye wollte nicht, dass Victor redete, weil sie schon vollkommen klar hatte kommnen sehen, was darauf folgte. Auch wenn es sie trotzdem wieder heiser nach Luft schnappen liess, sie zurück zum Gitter stürzte und sich atemlos dagegenstemmte. Selbst wenn das Metall nachgeben würde, hätte sie keine Chance gegen die beiden viel zu kräftigen, breiten Männer. Aber daran dachte sie nicht. Sie wollte auch nicht zu ihnen, sondern zu Victor. Um seine Fesseln wegzureissen, seine Wunden zu versorgen, ihn in ihre Arme zu schliessen und nie wieder loszulassen in dieser grausamen Welt, die sich ihnen hier mit einem neuen pechschwarzen Abgrund auftat. Faye konnte gar nicht aufhören, die Gitterstäbe mit ihren Fingern zu malträtieren - oder umgekehrt - konnte ebenfalls den Blick nicht von dem grausamen Bild abwenden, welches sich wie Gift in ihren Verstand frass, für immer darin gespeichert sein würde. Zusammen mit der Panik, die sich in ihr Herz gekrallt hatte und dieses nicht mehr losliess. Sie schrie für den Moment nicht mehr. Flehte nur noch leise vor sich hin, obwohl die Hoffnung darauf, dass ihr irgendwer Gehör schenken würde, gleich Null sank. Auch nicht, als eine neue Gestalt dazukam, sich in die offene Zelltür lehnte und erstmal genau kalkulierte, wie der Schaden bisher aussah. Sie erkannte ihn, sobald ihr Blick für eine Sekunde in seine Richtung gezuckt war. Der Mann, der entschieden hatte, dass genau sie beide nun hier drin sassen und nicht wie die anderen auf der Strasse unter der gleissenden Sonne ausbluteten. Der Mann, der irgendeinen Sinn in seiner Auswahl gesehen haben musste, einen, den Faye nicht verstand. Er musste in dem Moment, als er sie angeschaut hatte, schon gewusst haben, dass sie ihm keine Informationen geben konnte. Und doch hatte er sie nicht getötet. Sie wusste ja nicht mal, ob sie froh sein sollte, noch zu leben. Oder ob das hier ein einfach nur viel grausamerer Weg zum selben Ziel wie ein schneller Kopfschuss war. Der Anführer schien nach den bisherigen Geschehnissen zu fragen - oder so ähnlich, Faye verstand auch nach all den Monaten, die sie hier verbracht hatte, wirklich so gut wie gar kein Arabisch. Jedenfalls erzählte der Sprecher der beiden Zwillinge etwas, während der Anführer seinen Blick abwechselnd von Victor zu Faye und zurück wandern liess. Alle drei grinsten dreckig, lachten an einer Stelle kollektiv auf und schienen am Ende zufrieden mit ihren Besprechungen zu sein. Was kaum beruhigend auf die Brünette wirkte, deren Augen wieder komplett auf Victor lagen, um dessen Wunde sich ganz einfach kein Schwein kümmerte. Sie konnten ihn doch nicht einfach so dort sitzen lassen?! Gefesselt, mit dem aufgerissenen Bein! Er würde verbluten! Schien ihnen auch klar zu sein. Aber anstelle eines Verbandes, zauberte der Anführer einen Elektroschocker hinter seinem Rücken hervor. Ging damit in gemächlichem Tempo wieder auf Victor zu und musterte seinen Gefangenen mit einem Hauch Faszination im Blick. "Es wäre so einfach... Ich verstehe nicht, warum ihr immer und immer wieder ein solches Drama machen müsst... Am Ende kriegen wir trotzdem jedes Mal, was wir wollen. Immer", stellte er klar, als wäre der Ausgang dieser ganzen Geschichte längst in Stein gemeisselt. Seine Augen betrachteten Victor ein weiteres Mal von oben bis unten, bevor die Spitze des Schockers ziemlich plötzlich auf dessen unverletztem Bein aufkam, um dort die erste, heisse Ladung Strom zu deponieren. Der wiederum verzweifelte Schrei auf der anderen Seite der Gitter, liess den Mann grinsend in Fayes Richtung schielen. Nur kurz, denn sein funkelnder Blick, der den Ansatz der nächsten Gräueltat schon freudig Preis gab, lag sehr bald wieder auf Victor. "Sag, würdest du auch so schön schreien, wenn der Strom deine kleine Freundin treffen würde? Ist sie dir denn dummerweise genauso ans Herz gewachsen?", fragte er leise, beugte sich sogar etwas tiefer, um auch ja keine noch so kleine Gefühlsregung auf Victors Gesicht zu verpassen. Denn diese Antwort interessierte ihn wirklich, auch wenn er seine Vermutungen schon viel früher als gerade eben aufgestellt hatte. Wäre ja zu schön...
Sie atmete durch, immer und immer wieder. Es half wenig. Aber immerhin nicht gar nichts. Während sie die Fäuste zusammenkrampfte und wieder löste, auf Tausend und zurück zählte. Sie hatte keine Zeit dafür. Aber noch weniger Zeit hatte sie für ihre Kopflosigkeit. Das Durcheinander. Ihre Unfähigkeit, einen klaren Gedanken zu fassen. Nach einigen Minuten wurde es besser und auch wenn die panische Angst, ihre Schwester für immer zu verlieren, wie ein Schatten über allem lag, so konnte sie gefühlt wieder denken. Und sie dachte, dass Zurückfahren eine Scheissidee war. Dass sie Minuten verschwendeten, die Faye den Verstand oder das Leben oder beides kosten konnten. Aber trotzdem liess sie es geschehen, weil das Camp kaum mehr zehn Minuten entfernt lag und sie sich dann wenigstens entsprechend ausrüsten könnte, bevor sie aufbrach. Mitchs Frage riss die Brünette aus ihren Gedanken und sie drehte den Kopf eher langsam in seine Richtung. Und auch wenn sie nicht mehr wusste, was sie von ihm denken und wie sie ihn anschauen sollte, so klang die zweisilbige Antwort, die sie sich nach ein paar Sekunden zusammengekratzt hatte, ziemlich neutral. Wenn auch sehr leise. "Victor...", mehr gab es dazu nicht zu sagen. Sie konnte sich gar nicht vorstellen, durch welche Hölle ihre Schwester gerade ging. Das Einzige, was es noch schlimmer für sie gemacht hätte, wäre wohl, wenn Aryana auch noch dort wäre. Oder ihre Leiche. Als das Camp immer näher kam, wurde auch Aryana wieder unruhiger, konnte es kaum erwarten, erstmal angekommen direkt aus dem Auto zu springen und in Richtung von Ragans Büro zu eilen. Er hörte ihr zu. Nahm die Fakten stumm entgegen. Rümpfte etwas die Stirn, als sie erwähnte, einen Gefangenen genommen zu haben - hatte sie bis heute nebenbei bemerkt nämlich nie getan. Und atmete erstmal tief durch, nachdem sie mit der dringlichen Bitte, sofort wieder fahren zu dürfen, geendet hatte. "Wir haben Spezialteams für solche Fälle, Sergeant Cooper. Sie kümmern sich bereits darum. Du kannst da nicht einfach hinfahren, reinspazieren und deine Schwester holen. Das ist nicht mehr deine Baustelle, auch wenn ich verstehen kann, wenn das schwer zu akzeptieren ist", das waren seine Worte darauf, seine Worte, die Aryanas Kinnlade beinahe mit der Schwerkraft hätte gehen lassen. Sie protestierte umgehend, versuchte ihm deutlich klar zu machen, dass sie das konnte. Dass sie es auf eigene Faust tun würde, er keine Verantwortung für die Mission haben würde. Dass sie keinen Soldaten mitnehmen und ins Verderben stürzen würde. Aber egal was sie sagte, er war dagegen, sperrte sie praktisch in dieses Camp und befahl ihr, einfach abzuwarten. Weil es zu gefährlich war, er sie nicht so leichtsinnig verlieren konnte, sie nichtmal einen Plan habe... Er redete so lange auf sie ein, bis Aryana keinen einzigen Nerv mehr übrig hatte, auf die Füsse sprang und wieder nach draussen stürzte. Und sofort waren sie wieder da, die Tränen, die ihre Wangen glühen liessen und ihre Augen brennen. Das konnte nicht sein gottverdammter Ernst sein!! Jeder wusste, was mit ihren Soldaten passierte, die dem IS zum Opfer fielen. Männer wurden gefoltert und getötet. Aber Frauen? Wenn sie nicht ebenfalls durch Folter schon vorher starben, wurden sie gebrochen und mit einem der hässlichen Männer verheiratet, der sie dann so lange und so oft vergewaltigte, bis sie seine Kinder in sich trugen. Immer und immer wieder, während sie praktisch seine persönlichen Sklavinnen waren. Das durfte nicht passieren, sie würde es sich nie verzeihen! Sie brauchte einen Plan, einen gottverdammten Plan! Stattdessen stand sie am Rand des Camps, drückte ihre Stirn gegen die kalte Seite der Aussenmauer, die dieses umgab. Normalerweise würde sie jetzt zu Mitch rennen. Weil er der Einzige war, der bereit wäre, mit ihr Regeln nach ihrem Willen zu brechen. Aber damals hatte sie noch nicht gewusst, wie viele Regeln er wirklich brach. Und jetzt konnte sie das nicht mehr tun. Jetzt stand sie hier und dachte krampfhaft nach und das beste, was ihr einfiel, war, einfach auf Biegen und Brechen alleine dort hinzufahren.
This is your life, it's do or die, the sun may never rise again, so be the light the vision. This is your life, it's slipping by, you try to run but fall again, you get back up that's living.
Reichten zwei von den Arschlöchern nicht? Ich kämpfte jetzt schon mit meinen körperlichen Grenzen und mich beschlich das ungute Gefühl, dass es keinesfalls besser werden würde. Mal von dem Bein abgesehen, das weiterhin Blut verlor, das zum Leben eigentlich sehr essentiell war, glaubte ich kaum, dass die Folter jetzt in irgendeiner Hinsicht angenehmer wurde oder gar abnehmen würde. Sein abfälliges Gerede konnte er sich auch sparen. Das gehörte nur mit zu dem unnötigen Psychospielchen, das uns weiter einreden sollte, dass wir die Angelegenheit hier ohnehin nicht gewinnen, nicht lebend überstehen konnten. Das wollte ich aber nicht wahrhaben. Faye durfte hier nicht sterben, nicht so. Ich wollte doch mit ihr alt werden, eine Familie gründen... das konnte doch jetzt nicht das Ende sein. Das war einfach nicht fair. Ich wusste nicht, wie viel Power der Elektroschocker hatte, aber ich ahnte bereits böses, als ich den Machthaber auf mich zukommen sah. Es war ihm anzusehen, dass er Spaß daran hatte diese Geschichte hier unnötig in die Länge zu ziehen, wo wir doch offensichtlich beide nicht vor hatten, etwas preis zu geben. Als der Strom auf mein Bein überging, stöhnte ich erneut auf. Ich wusste nicht, ob die Hose meine Haut vielleicht zum großen Teil vor der andernfalls eingetretenen Versengung schützte. Aber als der nicht gerade zimperlich dosierte Schock durch meinen ganzen Körper zischte, hatte ich wirklich das Gefühl mein Herz würde für einen oder zwei Schläge aussetzen, bevor es in schnellerem Takt als zuvor weiter schlug. Ja förmlich zu rasen begann, während ich jetzt auch punktuell auf dem zweiten Bein stechenden Schmerz empfand. Es noch mehrfach ein wenig vor sich hin zuckte, kaum fähig die elektrische Ladung zu verarbeiten, die sich durch meinen Körper bewegten. Zwar schien mir inzwischen wirklich absolut Alles weh zu tun, aber die beiden Oberschenkel waren wohl mit Abstand am schlimmsten. Hätte man jetzt gleich versucht, mich auf die Beine zu stellen, wäre ich vermutlich einfach umgekippt. Dann redete er weiter, weshalb ich den müden, bereits vor sich hin dröhnenden Schädel wieder anhob. Ich versuchte wirklich, mir bei seinen Worten Nichts ansehen zu lassen, damit er die Brünette verschonen würde. Damit er nicht dachte, er würde etwas aus mir heraus kriegen, wenn er seinen Unmut auch an ihr auslebte. Aber ich schaffte es nicht. Ich hatte viel zu sehr Angst davor, dass er der jungen Frau Etwas antat, als dass ich es komplett aus meinen Gesichtszügen hätte verbergen können. "Sie bedeutet... mir Nichts.", schaffte ich es der Schmerzen wegen nicht einmal den Satz ohne kurze Unterbrechung von mir zu geben. Aber selbst, wenn ich dabei weniger schwach geklungen hätte, hatte er seine Antwort schon vorher aus meinem Gesicht gelesen. "Du bist ein sehr schlechter Lügner.", war dementsprechend Alles, was er mir mit einem stetig breiter werdenden, zufriedenen Grinsen mitteilte, bevor er sich wieder aufrichtete und Kehrt machte. Verdammt ja, ich war noch nie ein guter Lügner gewesen, aber das konnte er doch nicht machen! Er verließ meine Zelle, um stattdessen zu Fayes' zu gehen und noch währenddessen richtete ich mich mühsam immer weiter auf dem Stuhl auf. Auch mein Blick wurde wacher und der erneut aufkommende Schwall von Entsetzen und Panik war mir deutlich anzusehen, während ich sichtlich verzweifelt damit anfing an den Fesseln an meinen Handgelenken zu ziehen, die sich damit nur unangenehm weiter in meine Haut schnitten.
Shit. Das machte es mindestens zu gleichen Teilen besser und auch schlimmer. Zwar gab es nicht viele Menschen, die mir am Herzen lagen und noch weniger - keine -, die ich wirklich liebte, aber das musste die Hölle sein. Absoluter Psychoterror, den sie sich nur unwahrscheinlich nicht zu Nutzen machen wollten. Man sah den beiden ja auf dreißig Kilometer Entfernung an, dass sie etwas mehr als platonische Freundschaft miteinander zu schaffen hatten. Jedoch könnte es, zumindest wenn er bis dahin noch lebte, beide noch lebten, auch ein minimaler Vorteil sein Victor bei Faye zu haben. Er würde wohl Alles daran setzen, sie so wenig Schaden wie nur irgendwie möglich auszusetzen und sie, sofern er eben dazu fähig war, bei einer Flucht auf Teufel komm raus verteidigen. Alles Andere würde mich wundern. Während wir am Camp ankamen und Aryana, der ich einen Augenblick lang nach sah, sofort drauf und dran war zu Ragan zu marschieren, stieg ich selbst nur langsam aus dem ordentlich in die Reihe zurück geparkten Fahrzeug. Ich wusste schon, was bei dem Gespräch herauskommen würde, ohne dabei zu sein. Der Lieutenant wäre der erste seiner Sorte, wenn er sich jetzt sofort drauf und dran machen würde, ein Team dorthin zu schicken. Ohne Planung, sondern blindlings ab durch die Mitte. Er riskierte damit Tote, die er nicht seinem Konto zuschreiben wollte. Aber was war mit Faye und Victor? Die gingen indirekt auch auf seine Kappe, wenn er sie nicht postwendend da raus holte. Ich war gedanklich vollkommen abwesend, während der Rest des Trupps schon dabei war seine Waffen zum Großteil wieder loszuwerden und sich auf die eigentlich für diesen späten Nachmittag und Abend noch angedachten Aufgaben zu konzentrieren. Ich hingegen sah gen Himmel - es würde noch etwa eine Stunde dauern, bis es dunkel war. Noch nicht zappenduster, dafür würde es noch ein wenig mehr Zeit brauchen, aber die hereinbrechende Dunkelheit würde an sich guten Schutz bieten. Ich versuchte Alles in meinem Kopf Revue passieren zu lassen, was ich vor einigen Monaten an dem Felshang gesehen hatte. Wie sie patrouilliert hatten, wo Scharfschützen positioniert waren und wie oft Jemand seine Position gewechselt hatte. Es war nicht unmöglich, da rein zu kommen. Dazu waren sie zu spärlich besetzt, weil es eben nur ein Außenposten zu sein schien, der mit dem Hauptsitz in der Mitte des Bergkamms nicht direkt verbunden war. Aber unbemerkt rein und auch raus kommen war wohl nicht drin. Spätestens, wenn man im Inneren zwangsweise die ersten Leichen hinterließ, weil man da ganz sicher nicht allein war. Aryana kam erst einige Minuten später wieder aus dem Büro und ich stand immernoch mit dem Maschinengewehr an den Wagen gelehnt da, hatte bis jetzt ziemlich ins Leere gestarrt. Jetzt schüttelte ich aber den Kopf und sah ihr wieder nach. Es war keine gute Idee, da allein reinspazieren zu wollen. Aber es war wohl die einzige Möglichkeit. Nur Jetman hatte außer mir die Wachdienste mit seinen Augen dokumentiert und ich würde ihn seiner Familie nicht wegnehmen, das Sterberisiko war viel zu hoch. Bei 80 oder 90 Prozent, vermutlich. Aber was hatte ich zu verlieren? Ich war doch schon am Ende der Fahnenstange. Es machte für mich selbst keinen Unterschied ob ich bei dem Versuch drauf ging, Jemand Anderem das Leben zu retten, der den Tod schlichtweg nicht mal ein klein wenig verdient hatte, oder ob ich dann in ein paar Jahren sicheren Selbstmord in der Zelle beging. Aber für Faye und Victor machte es einen Unterschied... und für Aryana. Also schlug ich erneut den Weg zu ihr ein, wobei ich sie inzwischen aus dem Blickfeld verloren hatte. Die junge Frau etwa fünf Minuten suchen musste, bevor ich sie am äußeren Rand des Camps an einer Mauer vorfand. Viel Zeit mit Warten verlor ich nicht, fing gleich an zu reden, als ich wieder mit gewissem Sicherheitsabstand zum Stehen kam. "Lass' mich raus gehen. Ich kann da rein kommen, Aryana... ich kenne deren Verteidigung. Weiß, welchen Eingang ich nehmen muss... ich kann sie da rausholen, wenn du mich lässt.", unterbreitete ich der Brünetten meine Gedanken, meinen Willen. "Das Video... das war eine Drohung. Nur am mich, nicht an das ganze Camp. Wenn ich es nicht schaffen sollte und sie mich in die Finger kriegen, seid ihr hier auch wieder sicherer... Alle.", redete ich weiter und offenbarte damit ein kleines Detail, das ich bis dato gekonnt für mich behalten hatte. Zwar wussten sie augenscheinlich bisher noch nicht, wo ich inzwischen stationiert war, aber es war wahrscheinlich nur eine Frage der Zeit. "Ich weiß, dass du mir nicht mehr vertraust... und du hast allen Grund dazu, aber lass mich dir helfen. Bitte.", hängte ich noch ein paar letzte Worte ran, bevor ich das erste Mal seit dem Redeschwall wieder richtig durchatmete.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Faye brauchte einen ziemlich langen Moment, um ihre Konzentration von Victor und seinem zuckenden Bein auf die Worte des Anführers zu lenken. Hörte die Drohung darin dann aber verhältnismässig schnell heraus. Und natürlich hatte sie Angst, biss in böser Vorahnung auf ihrer Unterlippe herum und liess ihre Augen nicht von den beiden Männer weichen. Aber als sie das Grinsen sah, war ihr ziemlich schnell klar, dass es überhaupt keine Rolle mehr spielte, wie Victors Antwort letztendlich ausfiel. Er hatte sein Urteil gefällt, was all die Worte schliesslich auch bestätigten. Und Faye trat langsam rückwärts, bis in die hinterste Ecke ihrer Zelle. Nicht nur, weil sie Angst hatte. Nicht nur, weil sie aus Victors Blickfeld verschwinden wollte, damit er nichts davon sehen musste, was gleich passierte. Nein, ihre Hand war währenddessen in ihre Hosentasche gewandert, zog so unauffällig wie möglich das Messer hervor, welches sich immer darin befand. Keiner hatte sie durchsucht oder es für nötig gehalten, sie auch nur an den Händen zu fesseln. Es war ein hoffnungsloser Kampf, gegen drei Männer. Aber sie konnte auch nicht warten, bis ihr das Messer doch noch weggenommen wurde oder sie keine Kraft mehr hatte, sich damit zu verteidigen. So versteckte sie die Klinge möglichst unauffällig hinter ihrem Rücken, wischte sich mit der anderen zittrigen Hand über die Augen, um ihre tränenverschleierte Sicht zumindest für ein paar Sekunden zu klären. Der Anführer trat ohne Umwege direkt in ihre Zelle, schloss aber hier die Tür wieder hinter sich und liess den Schlüssel in seiner Hosentasche verschwinden, während er auf sie zu kam. Und Faye liess ihn keinen Augenblick aus dem Blick, trat - ihr viel zu schnell klopfendes Herz ignorierend - sogar einen winzigen Schritt auf ihn zu, um nicht direkt an der Wand zu stehen. Weil das immer eine schlechte Ausgangslage war. Anstatt ihr aber sofort mit dem Foltergerät in seinen Händen zu nahe zu kommen, blieb der Mann ein paar Schritte vor ihr stehen, musterte sie schon wieder, als hätte er sie nie zuvor gesehen. "Zieh doch bitte mal deine Jacke aus, Miss... Cooper", bat er sie viel zu freundlich, schielte dabei kurz auf das Namensschild an ihrer Brust. Faye war schon klar, was hinter dieser Forderung steckte. Sie wusste, dass ein Elektroschock auf nackter Haut noch schlimmer schmerzte, als durch die Jacke. Und ihr war auch klar, dass das nicht wirklich eine Bitte gewesen war. Dass er ihr ganz einfach dabei helfen würde, wenn sie es nicht selber tat. Aber sie wollte seine Finger nicht in ihrer Nähe. Und so schlüpfte sie nach einigem Zögern mit mechanischen Bewegungen aus der Jacke, das Messer weiterhin in ihrer Hand versteckt. Denn der Anführer war in gewisser Weise ebenso vorhersehbar wie sie selbst. Und so hatte sie genau gewusst, dass er nicht zufrieden damit sein würde, sie hier hinten in der Ecke zu foltern, wo Victor die Hälfte gar nicht mitbekam. Wo es für ihn möglicherweise nicht schlimm genug sein könnte. „Braves Mädchen“, hörte sie noch durch das Rauschen in ihren Ohren. Aber in dem Moment, in dem er nach ihrem ihm zugewandten Arm griff, machte auch Faye einen Satz nach vorne, stach das Messer in den Unterarm der Hand, mit dem er den Elektroschocker hielt. Oder gehalten hatte, denn das Ding fiel sofort geräuschvoll zu Boden, begleitet von lautem Fluchen. Aber die Brünette liess sich keine Zeit, hatte das Messer direkt wieder aus seinem Fleisch gerissen und die Waffe vom Boden geholt, die vor ihre Füsse gerollt war. Sie hatte nie zuvor ein solches Ding in den Händen gehalten, aber das war vollkommen irrelevant, denn wenn sie leben wollte, hatte die keine andere Wahl. Und das wollte sie so unbedingt! Allerdings hatte sie einen dummen Fehler in ihrer Rechnung begangen, einen Komponenten vergessen, der ihr erst dann bewusst wurde, als eine leise, knurrende Stimme an ihr Ohr gelangte. "Lass das Ding sofort fallen, kleines Mädchen - oder die nächsten fünf Sekunden sind die letzten für deinen Freund hier", einer der Folterknechte stand direkt neben Victor in dessen Zelle, blickte mit verengten Augen zu Faye. Und sie sah das Messer an Victors Hals. Das Blut, welches aus der, jetzt noch so zarten, Schnittwunde nach draussen drängte und langsam in die verschwitzten Armyklamotten sickerte. Sie hatte vergessen, dass die beiden mitspielten. Dass Victor gefesselt war. Und sie liess den Elektroschocker mit einem viel zu lauten Scheppern fallen.
Sie hörte die Schritte näher kommen, konnte sich aber nicht von der Wand abwenden. Nicht, solange ihre Wangen voller Tränen waren, solange sie ihre Emotionen so wenig im Griff hatte. Das passierte sonst nie. Und keiner sollte sie so sehen. Darum wollte sie auch direkt dazu ansetzen, die feuchten Spuren von ihren Wangen zu wischen, als ihre Ohren eine nur allzu bekannte Stimme vernahmen. Aryana wirbelte praktisch zu Mitch herum, hatte die Tränen für ein paar Sekunden vergessen, während sie ihn mit vollkommener Hilflosigkeit und Überforderung anschaute. Sie wusste nicht, wie sie ihn sonst ansehen sollte. Hass ging nicht, sie konnte ihn nämlich trotz allem einfach nicht hassen, konnte nicht glauben, dass jeder Teil von ihm so grundsätzlich schlecht war, wie ihre Erkenntnisse der letzten Tage vermuten liessen. Wut ging ebenso wenig, weil sie das nicht verspürte. Nur pure Enttäuschung. Aber dafür war in ihrem Herzen jetzt kein Platz mehr. Da war nur noch Sorge und Angst und der ungebändigte Wille, ihre Schwester zu befreien. Und genau darum schüttelte sie schon nach den ersten beiden vollkommen absurden Sätzen, die Mitch ihr ans Herz legte, vehement den Kopf. "Ich schicke niemanden dorthin. Das ist Selbstmord, Mitch! Ich werde selber gehen, es gibt keine andere Möglichkeit...", widersprach sie dem Vorschlag sofort. Er würde sicher nicht in die Hölle des IS gehen und dort verrecken, bloss weil sie lieber aus sicherer Entfernung zuschaute. Nein, dann wäre sein Tod nämlich auch ihre Schuld. Und Mitch mochte viel Scheisse getan haben, aber sie für ihren Teil konnte keinen Soldaten in den Tod schicken, auch keinen, der den Tod seiner Brüder und Schwestern zu verantworten hatte. Erst, als Mitch weitersprach, legte sich Aryanas Stirn wieder in Falten. Er sagte ihr hier also gerade, dass er wohl einen langsamen, grauenvollen Tod sterben würde, wenn sie ihn in die Finger kriegten. War das seiner Meinung nach ein Grund mehr für sie, ihn für die Aufgabe auszuerwählen? "Mitch...! Wer zur Hölle hat dir gesagt, dass ich dich... tot sehen will?!", fragte sie, weil es in seinen Worten genau danach geklungen hatte. Und doch bat er sie darum, helfen zu dürfen. Doch wollte er Faye und Victor da raus holen. Nach all den Menschen, die er getötet hatte, schien er diesmal umgekehrt zu denken. Und Aryana wollte es sich nicht eingestehen, aber sie brauchte Hilfe. Sie konnte das nicht alleine tun. Und wenn der einzige Weg, Faye zu retten, Mitchs Unterstützung war... Wie sollte sie dann ernsthaft Nein sagen? Wer gab ihr denn das Recht, ihrer Schwester diese Hilfe zu verwehren? "Wir... wir gehen zusammen. Wir brauchen einen Plan", zugegeben, es hatte ungewöhnlich wenige Minuten oder Überzeugungsarbeit seinerseits gebraucht, um sie davon zu überzeugen, ihre Meinung zu ändern. Aber sie musste über den Plan nachdenken, konnte nicht einfach warten, bis sie sich ganz sicher war, den richtigen Mann für sowas an Bord gezerrt zu haben. Nein, es würde sich erst mit dem Rudern zeigen, in welche Richtung sie wirklich steuerten. Ob sie ihr Ziel jemals erreichten oder gnadenlos zwischen den Wogen versanken.
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Ja äh der gute Vicky (eigentlich beide XD) is jetz sehr kurz, weil ich keine Zeit mehr habe :C _______
Nein, nein... NEIN! Er sollte es nicht einmal wagen, Faye auch nur einen Schritt näher zu kommen. Sie schon gar nicht anfassen oder ihr sagen, dass sie einen Teil ihrer Klamotten loswerden sollte. Ich versuchte verzweifelt irgendwie aus den Fesseln zu kommen, was die beiden Zwillinge von Schränken sichtlich erfreute. Langsam aber sicher kochte die Wut weiter in mir hoch. Für wen zum Teufel hielten sie sich, dass sie sich an wehrlosen Menschen vergriffen? Einer Frau? "Fass' sie nicht an, verdammt!", knurrte ich zur anderen Zelle rüber. Der Kabelbinder hinterließ immer roter und breiter werdende Striemen an meinen Handgelenken, als Faye schließlich ihre Jacke auszog... der Mistkerl sie ein braves Mädchen nannte. Ich musste ihr doch irgendwie helfen! Konnte nicht dabei zusehen, wie er sie ins Verderben drängte. Während sich das Adrenalin in meinem Körper neu zu entfachen schien, passierte dann etwas ziemlich Unerwartetes. Sie hatten wohl nicht für möglich gehalten, dass Faye sich zur Wehr setzen würde, was dem Arschloch jetzt zum Verhängnis wurde. Kurze Zeit funkelte ein Hauch von Hoffnung in meinem panischen Blick, jedoch sollte das nicht lange anhalten. Ich spürte schon bald die unbarmherzig scharfe Klinge, die vorhin noch in meinem Bein gesteckt hatte, an meinem Hals. Sie schnitt sich unweit meiner Kehle ins Fleisch, wenn auch nicht tief. Das warme Blut, das an meinem Hals runter floss und der brennende Schmerz verrieten mir unmissverständlich, dass ich eine weitere Verletzung auf mein eigenes Konto nahm. Jedoch gab ich Faye dafür keineswegs die Schuld. Dass sie daran nicht gedacht hatte, konnte man ihr nicht verübeln. Sie wollte einfach nur eine der wenigen Chancen nutzen, die sich boten, und wäre damit vielleicht auch ein Stück weit durchgekommen, wenn ich nicht immer noch die Handlanger in meiner eigenen Zelle hätte. Wenn sie mich hier nicht als Klotz am Bein hätte, sofern man das so betiteln konnte. Ich musste ein Schlucken bei dem Druck auf meinem Hals unterdrücken, damit sich das Messer nicht weiter einschnitt. Hielt unbewusst den Atem an, während mein Blick erneut rüber zu Faye glitt, die im selben Moment mit einem Scheppern wieder den Schocker fallen ließ. Ich fürchtete, dass sie es damit nur schlimmer gemacht hatte. Dass die Strafe, die sie jetzt nach dieser Art von Auflehnung erfahren würde, die eigentlich angedachte noch überschritt und mir wurde wirklich schlecht.
Vermutlich war das Selbstmord, ja. Immerhin waren die Chancen schwindend gering da heil wieder raus zu kommen. Aber das war okay für mich. Es war nicht so, als würde ich mich jetzt vehement nach dem Tod sehnen, aber ich hatte im Grunde nicht mehr wirklich Etwas zu verlieren... in dem Wissen auf meine Hinrichtung irgendwo eingesperrt zu warten wäre um so vieles schlimmer, um nicht zu sagen unerträglich. Vielleicht hatte Aryana nie wörtlich gesagt, dass sie mich tot sehen wollte, das mochte schon sein, aber es hatte sich zeitweise so angefühlt. All die verachtenden Blicke, die kalte Ignoranz, das Meiden meiner Anwesenheit. Ich war kein zart besaiteter Mensch, aber das ging mir jetzt seit Tagen an die Nieren und ich wollte das nicht mehr ewig weiter ertragen müssen, obwohl es eine mehr als nur gerechtfertigte Strafe war. Noch weniger wollte ich die Brünette hier vor mir aber weiter weinen oder ihre einzige Schwester endgültig verlieren sehen. Sie sollte nicht dazu verdammt sein, auch noch Faye tot oder als irreparables psychisches Wrack vom Boden einer Zelle auflesen zu müssen. Noch konnte ich daran etwas ändern. "Niemand... hat sich aber ein bisschen so angefühlt.", murmelte ich leise, vielleicht zu leise, als dass sie es hätte hören können, den Blick auf den staubigen Boden gerichtet. Die junge Frau zögerte noch ein wenig, willigte schließlich dann aber doch ein und mir fiel damit wirklich ein Stein vom Herzen. Ich bekam damit nicht nur eine Chance, einen winzigen Teil meines Gewissens wieder rein zu waschen, sondern auch Aryana zu beweisen, dass ich anders konnte. Dass ich kein Monster war, auch wenn vorherige Taten das vielleicht so aussehen ließen. Ich nickte hastig und setzte schon im Anschluss gleich wieder zum Reden an. Ich hielt es für überflüssig mich für die Planung ins Büro zu verziehen. Erstens kostete das Zeit und zweitens würde es dort dokumentiert werden. "Der Abhang hat einige größere Felsen... die geben auf dem Hin- und Rückweg Deckung. Wir müssen auf jeden Fall vermeiden, dass die beiden Sniper uns sehen... sonst war's das.", lieferte ich ein paar Details zu dem Stützpunkt. Die Scharfschützen waren ein Problem, in der hereinbrechenden Dunkelheit aber leichter zu umgehen. Das Fahrzeug müssten wir in einigen Metern Abstand parken, alles Andere wäre viel zu auffällig. "Es gibt zwei Eingänge, fast auf gleicher Höhe. Links hab' ich einmal Geiseln... rauskommen sehen. Schätze da müssen wir... muss ich rein.", redete ich weiter. Ich wollte nicht, dass Aryana mit rein ging. "Einer sollte draußen bleiben, damit der Zugang möglichst frei bleibt... sonst kommt man da glaube ich nicht wieder raus.", hängte ich eine kleine Erklärung für meinen Vorschlag hinten an. Die würden sonst einfach den Eingang belagern, bis man versuchte raus zu kommen und einen dann dem Erdboden gleich machen, bevor man den Mond überhaupt wieder sehen konnte. Ich wollte Aryana zwar keinesfalls unterstellen, nicht auch selbst reingehen zu können... aber wenn wir ehrlich waren, dann war ihr Kopf gerade alles andere als frei. Man brauchte zweifelsfrei jeden noch so kleinen Funken an Konzentration und Aufmerksamkeit, um eine Chance auf Erfolg bei dieser heiklen Geschichte zu haben.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Hättest nicht eilen müssen ich war noch beim Pfärdliii. :3 und das hier wird jetzt wohl auch wieder etwas unverhältnismässig, aber Faye hat viel Geplapper drin, das ich in einem Post loswerden wollte und bei Aryana bin ich gegen Ende schon wieder fast eingepennt, tausend Mal. x'D _______
Fuck. Verdammt verdammt verdammt. Sie wusste ganz genau, dass sie jetzt ein Problem hatte. Eines mehr als zuvor. Anstatt sich zu befreien, hatte sie ihn nur wütend gemacht. Nicht nur ein Bisschen. Er hatte zwar aufgehört zu fluchen, aber der eisige Blick, mit dem er sie nun dreimal von oben bis unten musterte, während er mit einer Hand die tropfende Stichwunde an seinem Arm zudrückte, sprach Bände. Faye wich vorsichtig zurück, als könnte sie sich mit den paar Schritten, die bis zur Wand noch drinlagen, in Sicherheit bringen. Er knurrte ein paar arabische Worte und der Untätigere der beiden Zwillinge verschwand mit einem Nicken den Flur runter, während der andere sein Messer wieder ein paar Zentimeter von Victors Hals zurückzog. Die Augen der Brünetten folgten nur ganz kurz den Bewegungen, dann zuckten sie zurück zu ihrem Problem, weil der sich langsamen Schrittes näherte. Kaum einen halben Meter vor ihr stehen blieb. Und dann folgte erstmal eine kräftige Ohrfeige mit seiner blutverschmierten Hand, die eine nasse Spur und einen hässlichen Abdruck auf ihrer linken Wange hinterlassen würde. Faye keuchte leise auf und drehte den pochenden Kopf nur sehr langsam wieder zurück, hätte den Blick beinahe schon jetzt gegen den Boden wandern lassen, wenn er nicht gleich darauf ihr Kinn gepackt hätte, damit sie ihn anschaute. "Das war so dumm... So dumm wie wirklich nur eine amerikanische Schlampe sein kann", knurrte er nur Zentimeter von ihrem Gesicht entfernt. Und sie wusste es. Ihr war vollkommen klar, dass sie das nicht hätte tun sollen. Aber vor fünf Minuten hatte es noch eine winzige Chance dargestellt. Es hätte beinahe funktioniert. Sie wäre beinahe aus dieser Zelle gekommen. Hätte ihn beinahe ausgeschaltet. Beinahe. Aber stattdessen stand sie jetzt hier eingeklemmt, ihr zitternder Körper zwischen ihm und der kalten Wand. Ohne Waffe. Ohne Nichts. Und sie schwieg, während seine Hand nun komplett von seinem Arm abgelassen hatte und stattdessen bedächtig mit den vollkommen blutbesudelten Fingern Muster auf ihre Wange und ihren Hals malte. Er wartete auf etwas. Und als der andere Kerl dann schliesslich zurückkam, war auch klar, worauf. Ein Verbandkasten. Weil sein Arm tropfte und blutete und möglicherweise weh tat. Aber der Anführer wäre nicht der kleine Psychopath, den er vorgab, wenn er sich nun von seinem Komplizen so leicht einen Wundverband umlegen liesse. Kaum hörte er den Zwilling zurückkommen, packte er Fayes Kinn fester, blickte sie mit seinen stechenden Augen an. "Du wirst mir jetzt schön brav die Wunde versorgen, die du gemacht hast, kleines, dummes Mädchen. Ich weiss, dass du das kannst, dass das deine Aufgabe ist. Und wenn du irgendwelche Mätzchen anstellst, werde ich dafür sorgen, dass er für alles bezahlt", stellte er eine klare Forderung, die von Fayes Seite nichts als pure Verstörung hervorrief. Seine Wunde versorgen, nachdem sie ihn mit einem Messer angegriffen hatte?! Nachdem er ihr mit einem Elektroschocker gedroht hatte?? Das klang wie vollkommen ironischer Selbstmord. Aber schon wieder lag das Nein gar nicht drin. Schon wieder hatten sie Victor in die andere Waagschale gelegt und Faye mit der ernüchternden Gewissheit gesegnet, dass sie das in Zukunft jedes Mal so machen würden, bei allem, was sie nicht tun wollte. Darum blieb ihr gar nichts anderes übrig. Darum nahm sie den Verbandkasten unsicher entgegen, nachdem der Anführer einen halben Schritt zurückgewichen war, um diese Bewegung überhaupt zuzulassen. Faye kniete sich mit dem Koffer auf den Boden, wobei ihr Blick kurz zu Victor glitt. Die Verbände lagen hier vor ihr. Es wäre so einfach, einen davon um sein Bein zu schlingen, damit die Blutung endlich stoppte. Es wäre kein Aufwand, jetzt, wo das ganze Zeug doch sowieso da war. Es wäre nichts... Aber sie kam nicht einmal dazu, die unnötige Frage zu stellen, da spürte sie schon einen groben Tritt in ihrer Seite, begleitet von Worten, die ihr kalt anrieten, sich gefälligst zu beeilen und gar nicht erst an solche Scheisse zu denken. Faye schwankte kurz, riss den Blick wieder von Victor los und suchte stattdessen hinter neuen Tränen das Zeug hervor, was sie für die Stichwunde des Arschlochs brauchte. Zehn Liter Desinfektionsmittel zum Beispiel, weil sie jeden Tropfen seines Blutes auf ihren Händen abtöten wollte. Sie erhob sich wieder, um sich den Arm erstmal genauer anzuschauen - weil er sich natürlich nicht dazu bequemte, sich für die Behandlung auf den Boden zu setzen. "Soll... soll ich das Nähen..? Dann muss ichs betäuben... Tut sonst... ziemlich weh", murmelte sie mühsam, fast im Flüsterton vor sich hin. Die Schmerzen waren ihr ja egal. Aber wenn er dann wütend wurde, weil sie ihm erneut wehtat, dann war es eben nicht mehr egal. "Mach einfach. Ich bin keiner deiner schwachen Army-Puppen", knurrte er zurück, und auch wenn ihre Finger zitterten wie Espenlaub, was absolut ungewöhnlich war bei der Versorgung jeglicher Wunden, liess Faye kein weiteres Zögern zu. Sie nickte nur hastig, wischte sich mit dem Ärmel ihres Shirts nochmals über die Augen, damit sie wenigstens einigermassen klare Sicht hatte, während sie die Nadel durch seine Haut fädelte. Zweimal schielte sie dabei zu ihm hoch. Aber der Mann verzog tatsächlich nicht die geringste Miene. Und das machte ihn sofort noch viel gruseliger. Es dauerte keine fünf Minuten, bis die Wunde zu war und der Verband strahlend weiss um seinen Arm lag. Faye räumte den Kasten - vielleicht etwas zu langsam - wieder ein, dachte krampfhaft über eine Möglichkeit nach, dessen Inhalt noch an Victor weitergehen zu lassen. Aber noch während sie damit beschäftigt war, die Sachen langsam zu verstauen, kam plötzlich Bewegung in ihren Patienten, der soeben noch seinen Verband begutachtet hatte. Sie konnte gar nicht so schnell schauen, wie er den Elektroschocker vom Boden aufgehoben hatte - und das Nächste was sie spürte, war ein greller Schmerz in ihrer Schulter, der ihr sofort einen erschrockenen Schrei entlockte. Fayes Herzschlag schien sich verdoppelt zu haben, während sie nach Luft schnappte und panisch von dem Mann wegrutschte, der noch immer mit dieser undurchdringlichen, kalten Maske auf sie runter starrte. Ein Bisschen Genugtuung lag in seinem Blick. Aber noch lange nicht genug, um ihn zu befriedigen. Natürlich nicht. Die Strafe folgte ja erst noch.
Hatte sie ihn tot gewollt? Unbewusst vielleicht? Nein. Nein, das hatte sie nicht. Sie hatte ihm eine gerechte Strafe gewünscht, obwohl es das ihrer Meinung nach für seine Taten nicht gab. Tote Menschen konnte man nicht rächen - nicht wirklich. Wenn er dem IS Informationen geliefert hatte, die zum Tod seiner Mitsoldaten geführt hatten, dann war das eine Schandtat, die er nie wieder wirklich gut machen konnte. Die nichtmal sein Tod ganz auslöschen würde. Also nein, sie hatte ihn nicht sterben sehen wollen. Sie hatte nur bis heute nie verstanden. Sie hatte nie mitfühlen können. Konnte sie noch immer nicht wirklich. Aber sie wollte nicht, dass er dachte, sie wünsche sich, er wäre tot. "Das... hab ich nie so gemeint", flüsterte sie also zurück, weil sie das dringende Bedürfnis hatte, das hier und jetzt klar zu stellen. Egal, wie diese Rettungsaktion verlief - sie konnte sehr leicht tödlich enden, sie könnte Mitch das Leben und alles, was es schön gemacht hatte, kosten. Und aus irgendeinem Grund war der Gedanke daran, dass er mit der Überzeugung starb, dass es ihr ohne ihn besser gehen würde, schrecklich verstörend. Falsch. Traurig. Mitch liess ihr nicht viel Zeit, zu tief in diese Richtung zu grübeln, weil er sehr plötzlich dann auch schon mit der Planung begann. Und vielleicht wirkte die Brünette im ersten Moment etwas überfordert, ahnungslos, während sie seinen Worten lauschte. Mühsam strich sie sich wieder die Tränen aus dem Gesicht, hoffentlich ein letztes Mal. Sie atmete tief durch, versuchte das zu sortieren, was er ihr gerade gesagt hatte. Sniper, die die Gegend überwachten hatte es also. Das war keine Überraschung. Aber es war äusserst vorteilhaft, zu wissen, wo sie platziert waren und welche Gegenden sie eher nicht so gut überblicken konnten von dort aus. Die Brünette folgten seinen weiteren Worten angestrengt, wobei sich ihre Stirn in noch tiefere Falten legte, als er beim Eindringen in den Hügel plötzlich zu Einzahl wechselte. Das löste bei ihr persönlich ja grundsätzlich Einspruch aus. Auch als er die Situation näher erläuterte, war sie nicht wirklich einverstanden damit. Auch wenn es Sinn machte, jemanden den Wächter spielen zu lassen. Nur - warum sie?? Es war ihre Schwester da drin, warum wollte er das noch grössere Risiko eingehen und selber rein, um Faye und Victor zu holen? Aryana schwieg erstmal auf seine vielen Worte, sie nickte nur, lehnte sich gegen die Mauer und starrte einen Moment stumm den Boden an. "Ich.. ich kann auch rein, Mitch. Du bist der bessere Schütze", brachte sie dann, nachdem sie sich erstmal geräuspert hatte, um die Tränen und die Angst aus ihrer Stimme zu vertreiben, ein Gegenargument. Das mit der Sicherheit ihrer Stimme hatte eher mässig gut funktioniert, aber immerhin.. Sie schaute wieder zu Mitch, rieb sich erneut mit den Händen übers Gesicht. Natürlich konnte sie auch ziemlich gut schiessen. Aber Mitch war einer der besten auf diesem Gebiet. Aber Mitch war auch stärker als sie. Er würde ihre Schwester und Victor besser nach draussen ziehen können, falls diese schon... nicht mehr im Stande sein sollten, selber zu gehen. Eigentlich wusste Aryana, dass er Recht hatte. Es fiel ihr nur schwer, das zu akzeptieren... Weil sie lieber selber anpacken wollte, als jemand anderen das Risiko tragen zu lassen. Weil sie Angst hatte, jemanden in den Tod zu schicken. Mitch in diesem Fall. Sie hatte Angst, ihn zu töten - ihn und die anderen beiden gleich mit. "Gehen wir bei Einbruch der Dunkelheit?", erfragte sie leise ein weiteres, nicht ganz unwichtiges Detail. Die Dunkelheit war ihr bester Schutz. Gleichzeitig machte sie zwar Einiges auch schwieriger, aber der Vorteil lag trotzdem eindeutig auf der Seite des Angreifers, in diesem Fall nun also bei ihnen. Es lag der Brünetten fern, noch länger als unbedingt nötig zu warten, ihre Schwester in den Fängen dieser Teufel zu lassen. Aber sie hatten nur einen einzigen Versuch. Wenn dieser schief ging, starben sie alle. Also musste er glücken. Und dafür war die Nacht ihr bester Freund.
This is your life, it's do or die, the sun may never rise again, so be the light the vision. This is your life, it's slipping by, you try to run but fall again, you get back up that's living.
Ja ne, das Problem war, dass ich auch nach der Arbeit keine Zeit mehr gehabt hätte (Spätschicht mal wieder), bzw. der Kopf sowieso nicht mehr mitgemacht hätte x'D Diese Woche ist echt einfach nur alles kacke und stressig, sowohl daheim, als auch auf der Arbeit :'D aaaaaach dat passt schon so ^^ _______
Während ich ein paar Mal tiefer durchzuatmen versuchte, nachdem das Messer an meinem Hals an Druck verlor und ich keinen tieferen Schnitt mehr riskieren musste, verschwand der zweite der Prügelgeschwister aus meiner Zelle, was ich aber nur beiläufig mitbekam. Meine volle Aufmerksamkeit lag im Inneren der Zelle nebenan, wo ich weiter um Fayes Wohlergehen bangen musste. Dass das berechtigt war, war schon bei dem Einstich in den Arm des Typen klar geworden, aber jetzt stand sie da wieder vollkommen wehrlos. Die beiden verschwanden kurzzeitig wieder aus meinem Blickfeld, weil Faye zurück an die hintere Wand der Zelle trat und ich drehte gerade erst unter Schmerzen den Kopf ein Stück zur Seite, damit ich die Geschehnisse verfolgen konnte, als ich das unverkennbare, laute Aufkommen seiner Hand in ihrem Gesicht hörte. Ganz gesehen hatte ich es nicht, aber das musste ich nicht. Die rote Spur sowohl von fremdem Blut, als auch von eigener gesteigerter Durchblutung an ihrer Wange war eindeutig. Und er packte sie am Kinn. Und er schnauzte sie an, drohte ihr indirekt, beleidigte sie auch noch. Wenn er sie wenigstens loslassen würde, aber er fasste sie weiter an mit seinen dreckigen, blutigen Fingern und das allein schürte die Panik, dass er ihr noch mehr weh tun würde, in mir weiter. Demnach fing ich an auf die Fesseln an meinen Beinen runter zu sehen, aber die waren nicht weniger eng als die an den Händen. Es gab schlicht keine Möglichkeit da irgendwie raus zu kommen, um Faye helfen zu können, weshalb ich wohl immer panischer werdend hektische Bewegungen machte in der schwindend geringen Hoffnung, etwas an der Lage ändern zu können. Es war aussichtslos und die Tränen kamen zurück, als die Brünette dazu angehalten wurde seine Wunde zu kitten, als ob er das auch nur ansatzweise verdient hätte. Als ob er nicht einfach nur daran verrecken, verbluten sollte. Als er sie auch noch trat, als wäre sie irgend ein dummer Hund, mit dem er machen konnte, was er wollte, war es in meinem Kopf dann endgültig vorbei und mit klaren, eine Lösung suchenden Gedanken war auch nicht mehr. Aber natürlich tat sie auch das, weil sie schlicht und ergreifend keine andere Wahl hatte. Weil ihre Gefühle ihr gar keine andere Wahl ließen, als Rücksicht auf mich zu nehmen, obwohl mir selbst inzwischen klar war, dass ich kaum noch allzu viel Zeit auf dem eigenen Lebenskonto haben konnte. Die Wunde blutete nicht mehr so stark wie zu Beginn, aber es trat noch immer Blut aus. Dann noch der Elektroschocker. Ich dachte, dass der jungen Frau wenigstens noch ein kurze Pause vergönnt sei, weil nicht einmal der Verbandskram weggeräumt war, aber auch das schien keine Option. Er machte unbarmherzig da weiter, wo er vor dem jetzt verarzteten Einstich in den Arm aufgehört hatte. Die Wut und Panik wich blanker Verzweiflung. Ich konnte Faye nicht verlieren... durfte sie nicht verlieren. Ich spürte nicht einmal, dass ich weinte, sondern vernahm nur die immer verschleierter werdende Sicht, die mich die Geschehnisse nur noch schwammig wahrnehmen ließ. "Nicht... lass es an mir aus... Bitte.", war Alles, was ich an viel zu dünnen, kratzigen Worten noch aus dem trockenen Hals brachte. Ich wollte ihn beschimpfen, ihn klein reden, aber Alles ,was ich noch übrig hatte, war eine verzweifelte, hauchdünne Bitte.
Irgendwie war es eine ziemlich Erleichterung, derartige Worte über Aryanas Lippen kommen zu hören. Ich wusste nicht, ob es möglich war, dass sie mir je wieder wirklich vertrauen würde. Ob ich mich irgendwann wieder in ihr eigentliches Bild von mir zurücksetzen konnte. Ob es möglich war, dass sie mir überhaupt nach der ganzen Sache hier noch eine Chance dafür gab und sie mich nicht an Ragan verpfeifen würde, nachdem wir die beiden Gefangenen befreit hatten. Sofern diese Sache denn auch gut ging, aber ich versuchte was das anging optimistisch zu sein. Sich schon im Voraus einzureden, dass es nahezu unmöglich war, machte die Geschichte schließlich keinesfalls einfacher und wir konnten alles an positiver Einstellung gebrauchen, die wir nur irgendwo zusammengekratzt bekamen. Wir würden das hinkriegen, Faye und Victor würden weiter leben und vielleicht hatte ich dann noch eine Aussicht darauf, Aryana meinen im Ursprung gar nicht so verkehrten Charakter wieder nahe zu bringen. Wörtlich erwidern tat ich auf diese Worte allerdings Nichts, weil mir weitere Gefühlsduselei jetzt Fehl am Platz schien. Es sollte hier immerhin jetzt nicht um uns beide hier oder meine Fehler gehen, sondern um die beiden in misslicher Lage gefangenen Soldaten, die es zu befreien galt. Deshalb nickte ich nur schwach, was als Antwort sicher genügte. Es war noch immer komisch die junge Frau in einem derart brüchigen Zustand zu sehen. Wie sie mit ihrer sonst so steten Fassung rang und sich sichtlich schwer damit tat, sich richtig auf die folgende Planung zu fokussieren. Aber sie schien immerhin langsam wieder ein klein wenig durchzuatmen - zwangsweise - und zu versuchen, den Kopf zumindest für die Planung frei genug bekommen zu können. Es war Aryana deutlich anzusehen, das sie mit meinem Vorschlag da allein rein zu marschieren nicht wirklich einverstanden war. Das wiederum entsprach wohl ganz ihrer gewöhnlichen Manier - lieber selbst ab ins Kreuzfeuer, bevor jemand Anderes dabei drauf ging. Hier war das in meinen Augen aber schlicht Fehl am Platz. Mein Kopf war kühler und mein Körper schlicht stärker. Sollte einer von beiden - oder gar beide, was ich nicht hoffte, weil auch in dann stark in die Bredouille kommen würde - gar nicht oder nicht mehr richtig laufen können, wäre zumindest bei Victor einiges an Kraft nötig, um ihn irgendwie aus den Höhlen zu bekommen. Er war groß und schleppte sicher nicht wenig Gewicht mit sich herum. Ich seufzte leise, rieb mir mit einer Hand kurz von oben nach unten übers Gesicht. "Aryana... sei vernünftig. Ich weiß, dass du grundsätzlich immer lieber selbst gehst, wenn's gefährlich wird", das hatte sie in Einsätzen ja oft genug ohne jegliche Hemmungen sehr deutlich gemacht. "und dafür hast du echt meinen größten Respekt. Aber wenn einer oder gar beide nicht richtig laufen können... dann krieg ich sie da eindeutig schneller raus, als du.", redete ich ruhig weiter, atmete einmal etwas tiefer durch. Wir wussten beide, dass ich damit recht hatte. "Außerdem glaube ich nicht, dass du dir daneben schießen erlauben wirst.", hängte ich noch ein paar wenige weitere Worte an, ehe ich ihren folgenden lauschte und daraufhin kurzum gleich nickte. Die Dunkelheit wäre schließlich immens zu unserem Vorteil. Wenn wir bei Einbruch jener losfuhren brauchten wir ein paar Minuten bis zum Ziel und bis dahin würde es schon ein Stück weit dunkler sein. "Würde ich schon sagen, ja.", gab ich also auch noch eine wörtliche Antwort auf ihre Frage, den Blick weiter in ihre braunen Augen gerichtet.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Ohjeee dann hoffen wir, die Nächste wird besser.. :3 Hier jetzt nur Faye, weil ich schon wieder unterwegs bin.. wieder mal so ne Woche mit jeden Abend Programm you know. x‘D Aber da muss ja eh noch etwas Zeit vergehen, bevor die anderen zu Hilfe eilen. _______
Sie würde alles dafür tun, dass Victor nicht hier sein müsste. Nicht leiden musste, nicht gefoltert wurde. Und auch nur schon dafür, dass er das nicht noch anschauen und anhören musste, was der Mann mit ihr tat und vorhatte. Ihr Arm schien komplett gelähmt seit dem Schock, brannte aber wie Feuer. Sie konnte nicht verhindern, dass sie weiter weinte, während sie sich wieder auf die schwachen Beine ihres komplett zittrigen Körpers kämpfte. Auch wenn sie sich fest vornahm, nicht mehr zu schreien. Sie wollte nicht, dass Victor litt, aber genau darauf schienen die Männer abzuzielen. Natürlich würde man sie auch foltern, wenn sie nicht zusammen hier wären. Aber so war es nur noch schlimmer, weil so immer, egal was sie taten, zwei Menschen darunter litten. Unter den Schmerzen fast kaputt gingen, selbst wenn es nicht ihre Eigenen waren, die am meisten weh taten. Aber sie ertrug die Tränen auf Victors Gesicht kaum, die ihr Herz zerrissen, sie mit Stichen versetzten, die mit den Schmerzen ihres Arms nicht zu vergleichen waren. Sie versuchte, ihn anzuschauen, ihm mit ihren Blicken irgendwie zu bedeuten, dass alles in Ordnung war. Aber wie sollte sie das tun, wenn gar nichts in Ordnung war? Wenn sie solche Angst hatte, vor dem Mann, seinem Stock, seinen Augen, seinem Blick? Wenn sie solche Panik verspürte, dass der Zwilling Victor wieder mit dem Messer verletzte, dass er schreien und leiden musste? Wie sollte sie tun, als wäre irgendwas okay, während sie immer mehr mit der aufsteigenden Klarheit kämpfte, dass sie beide hier drin auf irgendeine grausame Art und Weise sterben würden? Es ging nicht. Und da hörte sie auch schon seine leisen Worte, die sie in ihrer unregelmässigen Atmung erneut nach Luft schnappen liess. Nein! Nein, sicher nicht! Der Anführer grinste überlegen, während er wieder näher an sie heran trat, sie bis zum gegenüberliegenden Gitter der Zelle drängte, wo er schliesslich ganz zu ihr aufschloss, um schon wieder seine Finger am ihr Kinn zu legen. „Na, was meinst du, Kleines? Vielleicht wäre es wirklich besser, wenn wir ein paar weitere Klingen durch seine Haut stechen, bevor du hier komplett draufgehst... Natürlich, er blutet eh schon lange. Spielt also eigentlich gar keine Rolle mehr. Wir verkürzen damit eigentlich höchstens sein Leiden“, spekulierte er ruhig vor sich hin, während er sich an der Panik in ihrem Blick ergötzte, amüsiert beobachtete, wie sie den Kopf schütteln wollte, es aber dank seinem Griff kaum schaffte. „Nein! Nein, macht das nicht! Nicht noch mehr Blut, bitte tut ihm nicht weh..! Mir gehts.. gut“, sie verhaspelte sich beinahe, so schnell und verzweifelt wie sie sprach. Und dann hörte sie noch ein Tja, du hast sie gehört... leider nein. Aber keine Sorge. Es geht ihr gut. bevor der Schmerz wieder in voller Härte zuschlug, der Stom gefühlt fünf Sekunden durch die dünne Haut über ihren Rippen, direkt unter ihrer Brust brannte. Und sie hatte nicht mehr schreien wollen. Aber das war unmöglich, wie sie sehr bald sehr klar zum Ausdruck brachte. Mit Elektroschocker konnte man gut foltern, ohne Spuren am Körper des Opfers zu hinterlassen. Aber nur dann, wenn man dabei nicht die ganze Haut versengte, weil der Strom so lange damit in Kontakt stand. Und darauf hatte der Anführer es scheinbar abgesehen. Faye wäre gekippt, wenn er sie nicht festgehalten hätte, weil auf einmal alle Kraft aus ihrem Körper gesogen war. Sie wimmerte weiter vor sich hin, als der Schocker längst wieder weg war. „Ihr müsst nur reden. Endlich antworten und alles hört auf. Es ist nicht so schwierig“, die Worte schienen Welten entfernt gesagt zu werden. Auch wenn der Mann direkt neben ihrem Ohr sprach. Laut genug für Victor zum Mitschreiben. Aber Faye hatte die Frage längst vergessen.
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Ja, so ging es mir eben auch, nur umgekehrt x'D Tagsüber alles verplant und dann noch so lange arbeiten.. ich war nicht mal beim Pony 3 Tage lang :( apropos - wie laufen denn die Reitstunden? :3 Jaa, das passt schon, die müssen ja noch ein bisschen leiden *augenbrauenzuck* XD ____________
Die Chancen, hier in naher Zukunft noch einmal raus zu kommen, schienen sekündlich geringer zu werden. Nicht nur wegen meines eigenen Blutverlusts, all den Schmerzen, die überwiegend meine Glieder durchflossen, hatten jene doch mit Abstand am meisten abbekommen. Sondern auch, weil mein Verstand das nicht ewig mitmachen konnte. Körperlicher Schmerz und Belastung waren eine Sache, aber meine Psyche noch einmal eine ganz andere Geschichte. Es war mild ausgedrückt scheiße, wenn ich Körperverletzungen ausgesetzt war und das hier brachte mich auch in dieser Hinsicht an meine Grenzen, obwohl ich bereits Schlimmes erlebt hatte. Aber mein Körper war wenigstens stark, was ich von meinem Kopf nur bedingt behaupten konnte. Sonst würde er mir kaum wieder die Phantomschmerzen um die Ohren hauen, noch zusätzlich zu den ohnehin schon vorhandenen Baustellen. Ich wusste, dass es mich umbringen würde, wenn ich Faye verlor. Endgültig und ganz ohne Zweifel. Ich konnte nicht noch einen weiteren Menschen verlieren, der einen ausschlaggebenden Teil meines Lebens ausmachte. Der im Grunde genommen zu meinem Leben an sich geworden war. Ohne die zierliche Brünette, die meinen Beschützerinstinkt gerade hier in der Army wohl jeden Tag aufs Neue weckte, schien absolut Nichts mehr irgendeinen Sinn zu ergeben. Egal wie ungesund das aus der Sicht jedes einzelnen Psychologen auf diesem Planeten auch war, so lebte ich für Faye, nicht nur mit ihr. Sie war das Einzige, das mir wieder einen Sinn zu leben gab und einer dieser dreckigen Islamisten war gerade drauf und dran, mir das für mich eindeutig Wichtigste zu nehmen. Quälend langsam, Stück für Stück. Auch der Blick der jungen Frau, der meinen aufzufangen versuchte, machte es keinen Deut besser. Zwar konnte ich es durch all die Tränen, die so schnell wohl kein Ende finden würden, eher schlecht als recht sehen, was sich nun Alles in ihrem Gesicht widerspiegelte, da ich keine Möglichkeit hatte jene zu beseitigen... aber selbst durch das salzige Wasser konnte ich erkennen, wie sehr die junge Frau dabei mit sich selbst rang. Egal, was sie mir damit zu vermitteln versuchte, es scheiterte kläglich. Faye bewies mir nur einmal mehr ihren Charakter aus Gold, als sie tunlichst verneinte, Etwas von der Folter an mich abgeben zu wollen. Davon, dass es ihr gut ging, war sie meilenweit entfernt und die ironische Wiederholung ihrer Worte seitens ihres persönlichen Teufels machten überdeutlich schon vorher klar, dass die nächste Stufe wartete. Dass es jetzt schlimmer werden würde - und das tat es. Der schrille Schrei, der Faye dann nächstens über die Lippen kam, ließ mir das bisschen Blut, das noch vorhanden war, förmlich in den Adern gefrieren. Verschlimmerte das Dröhnen in meinem Kopf um ein vielfaches und brachte mein Trommelfell gefühlt zum Platzen. Ich konnte nicht hinsehen, kniff die Augen zusammen und senkte den Kopf, während ich mit dem Kiefer zu mahlen begann. Man hätte mich genauso gut an beiden ausgestreckten Armen festketten und so lange daran ziehen können, bis ich in der Mitte auseinander riss, denn genau so fühlte sich das gerade an. Oder das Messer, das mir den Oberschenkel in Blut getränkt hatte, direkt in mein Herz stechen können. Dann noch dieses Wimmern... dieser eindeutige Ausdruck von anhaltendem Schmerz. Es brach mir das Herz, schon jetzt. Obwohl das ganz sicher noch lange nicht die Spitze des Eisberges war, ließ es sich kaum aushalten. Er war ja so ein bodenlos frecher Lügner. Dachte er wirklich, dass wir so bescheuert waren? Es war ja nicht so, als würde er uns die Zellentüren aufmachen und uns hinaus spazieren lassen, damit wir uns retten konnten und nie wieder zurückschauen mussten. Ich traute es ihm noch eher zu, dass er uns wirklich gehen ließ, uns aber nach wenigen Metern der Freiheit mit irgendeinem Maschinengewehr doch noch dahin raffte. Zu reden, damit wir beide durch den Tod dem Schmerz entgehen konnten, war auch ganz einfach so gar keine Option. Ich wollte und konnte Faye nicht aufgeben. All die unliebsamen Gedanken, die mir die ganze furchtbar fatale Situation nur weiter verschlimmerten, wurden letztendlich wieder von der Klinge des Messers unterbrochen. Ausnahmsweise allerdings mit der stumpfen Seite, die mir mit den forschen Worten "Sieh' gefälligst hin!", das Kinn anhob, das inzwischen fast an meiner Brust geklebt und dort das neue liebste Zuhause für gut befunden hatte. Ich ließ die Augen jedoch geschlossen, wollte nicht, konnte aus freien Stücken auch nicht, hatte nicht die mentale Kraft dazu. "Wirds bald..!", verschärfte sich die Drohung noch einmal mit einer zeitig folgenden harten Rückhand an meinem linken Wangenknochen, was meinen Kopfschmerzen nicht gerade zu Gute kam. Wieder wurde mir der zur Seite geschlagene Kopf mit dem Messer gerade gerückt und ich hob die reichlich schweren Lider flackernd wieder an, um mit einem hörbaren Schlucken in der viel zu trocken gewordenen Kehle in Fayes Richtung zu sehen. Natürlich hatte sich die Lage aber noch keinesfalls gebessert.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +