Sie hörte die Worte so deutlich wie jeder andere. Auch wenn sie sich genauso wünschte, dass sie nicht der Wahrheit entsprechen würden. Faye war ohne zu zögern mit Marvin in eine der Seitengassen gebogen, um sich wie alle anderen nach einem Versteck umzusehen. Besonders lange suchten sie aber nicht, da das Funkgerät gleich darauf vermeldete, dass was Passendes gefunden war. Zurück beim Auto spürte sie auch schon eine Hand an ihrem Arm – Aryana, wer auch sonst. Sie gab ihr mit einem auffordernden Blick und einem Nicken in Richtung des Fahrzeuges zu verstehen, dass sie sich erstmal zu setzen hatte. Und da gerade wenig anderes zu tun war, ausser die Menschen von den Strassen zu scheuchen, tat sie wie ihr geheissen. Blickte mit wachsendem Unbehagen nach draussen auf die Leute, die zunehmend panischer wirkten. Die Informationen, welche Ragan ihnen per Funk zukommen liess, klangen auch alles andere als vielversprechend. Und kaum war der Wagen geparkt, schwang sich Faye auch schon von ihrem Sitz nach draussen. Der Wagen wurde hastig unter ein Tarnnetz gepackt, um ihn noch etwas besser vor Blicken zu schützen und die Chancen, dass das Fahrzeug aufgefunden wurde, möglichst gering zu halten. Und dann verschoben sie sich durch Seitenstrassen und möglichst abseits der grossen Massen – der vielen Augen – in Richtung des Gebäudes, welches Ragan ihnen aus der Luft beschrieben hatte. Fayes Blick war öfters als ihr lieb war zu Victor geschweift, als möchte sie sicherstellen, dass bei ihm soweit alles gut war. Aber wirklich beruhigen tat seine Anwesenheit sie für einmal nicht. Es war vielmehr noch ein Punkt mehr an dieser ganzen Sache, die einfach falsch war. Er sollte nicht hier sein, nicht auch nur ansatzweise in der Nähe des IS mit seinen ganzen Kamikazesoldaten. Was, wenn einer sich plötzlich in die Luft sprengte – was, wenn Victor genau dann zu nah bei ihm stand?? Es dauerte nicht mehr als fünf Minuten, bis sie ihr Ziel erreichten und das staubige alte Gebäude nach allen Regeln der Vorsicht betraten. Aryana wies alle dazu an, das Haus erstmal zu durchsuchen, um mögliche Überraschungen vorzubeugen. Auch wenn die Chancen, dass dieses Haus einfach wie so viele andere leer stand, doch sehr gross waren. Viele Menschen hatten mal in dieser Stadt, in diesem Land, gelebt, die jetzt nicht mehr hier waren. Die entweder geflohen oder schlicht im Krieg umgekommen waren. Faye hatte sich wieder mit Marvin auf den Weg gemacht, um im oberen Stock nach verdächtigen Spuren oder Anzeichen von anderen Menschen zu suchen. Aber wie erwartet war da nichts. Ein paar Schlafzimmer, ein Bad, eine Treppe zur Dachterrasse. Und das alles verborgen unter einer gefühlt fünf Zentimeter dicken Staubschicht. Als sie die Inspektion dieses Hausteiles abgeschlossen hatten, gingen sie zurück nach unten, wo sich nach und nach alle anderen ebenfalls wieder in dem düsteren Wohnzimmer einfanden. Aber nichtmal Aryana sah so aus, als hätte sie einen weiterführenden Plan. Und Faye, die etwas im hinteren Bereich der kleinen Versammlung stand, konnte nichts dagegen tun, dass ihre Augen schon wieder zu Victor wanderten. Sie hatte nicht direkt Angst, jetzt zu sterben. Sie befanden sich ja nicht in unmittelbarer Gefahr. Aber doch konnte sie keineswegs behaupten, sich in ihrer Haut, an diesem Ort, wohlzufühlen.
Die Befehle des Lieutenants änderten sich innert einer halben Minute von Rückzug zu Verstecken. Irgendwas musste sich da also sehr schnell und sehr heftig angebahnt haben – etwas, was sie von hier aus nicht sehen konnten. Woher die ganzen Soldaten gekommen waren, die es brauchte, um die Stadt so plötzlich vollkommen dicht zu machen, konnte man hierbei nur erahnen. Wahrscheinlich waren sie aber schlicht schon vorher da gewesen. Hatten sich in den Häusern am Stadtrand gesammelt, ohne, dass jemand es mitbekommen hätte. Und jetzt waren sie rausgehüpft, in dem Moment, in dem ihre Verstärkung angerückt war, die von Weitem beinahe harmlos gewirkt hatte in dieser geringen Zahl. Jetzt war sie nicht mehr harmlos. Stellte ein ernsthaftes Problem dar und sie taten gut daran, schnellstmöglich dafür zu sorgen, ihre kleine Truppe von der Strasse zu holen. Das taten sie dann auch, als Victor wenig später mit einem geeigneten Versteck für den klobigen Wagen dienen konnte. Dieser pflügte sich im Anschluss sehr angestrengt durch die Menschenmenge, was Aryana innerlich doch ein paar Nerven kostete. Aber schliesslich war es geschafft, das Auto erstmal aus dem Weg und sie gingen zu dem Haus, welches Ragan als möglicherweise geeignetes Versteck geortet hatte. Sie erreichten das verhältnismässig grosse Wohngebäude nach einem kurzen Marsch im Laufschritt und verschlossen direkt die Tür hinter sich. Auch die Vorhänge im unteren Stock zog Aryana in weiser Voraussicht zu, während die anderen der Anweisung folgten, das Haus zu durchsuchen. Dauerte dann aber nicht besonders lange und alle fanden sich im Wohnzimmer wieder. Ragan hatte sich nicht mehr zu Wort gemeldet, seit sie ihn hatte wissen lassen, dass sie das Haus erreicht hatten. Der Befehl lautete also weiterhin versteckt halten und warten, während sie abgesehen von den Worten des Lieutenants keine Ahnung hatten, was hier überhaupt vor sich ging. Genial. "Wir sollten erstmal dafür sorgen, dass das Haus anständig gesichert ist. Und dann halten jeweils zwei Wache, die anderen können... warten", waren die Einzigen Anweisungen, die sie für den Moment noch zusammenkratzen konnte, wandte sich mit diesen Worten auch schon ab, um sich die Haustür ein weiteres Mal vorzunehmen, sie diesmal etwas effektiver als nur mit dem Schlüssel zu verbarrikadieren. Sie hatte nicht vor, mehr als maximal die vorgesehenen Stunden hier festzusitzen, aber für diese Zeit wollte sie sichergehen, keine ungewollten Gäste willkommen heissen zu müssen. Es war ganz einfach ein zusätzliches Risiko, welches sie nicht brauchten... Die Stunden verstrichen wie in Zeitlupe, während von ihrem duzend Männer und Frauen keiner wirklich zur Ruhe zu kommen schien. Ragan meldete sich immer mal wieder zu Wort. Aber seine Zwischenberichte klangen niemals rosig. Es kristallisierte sich eher immer stärker heraus, dass sie direkt in eine verdammte Falle getanzt waren. Die Stadt war komplett abgeriegelt, auf Landwegen von allem abgeschnitten, was der IS nicht hinein oder heraus spazieren lassen wollte. Was genau dieses Spiel sollte, wusste bisher keiner. Aber es war durchgesickert, dass spätestens heute Abend irgendwann die genauen Forderungen genannt werden dürften, damit das hoffentlich bald ein Ende fand. Bis dahin hiess es warten. Und das taten sie alle. Stunde um Stunde wechselten die Wachen, aber das war das Einzige, was passierte, was Aryana immer unruhiger im Wohnzimmer auf und ab schreiten liess. Langsam wurde es dunkel draussen. Sie hatten keine Vorräte dabei, bis auf das kleine Bisschen an Material, welches sie aus dem Auto gepackt hatten, mit der Vermutung, es könnte möglicherweise hilfreich sein. Aber das war wenig, da sie auch nicht viel mitgenommen hatten für diese einfache Tagesmission... So viel dazu...
This is your life, it's do or die, the sun may never rise again, so be the light the vision. This is your life, it's slipping by, you try to run but fall again, you get back up that's living.
Der Weg zum Haus war schnell zurückgelegt und das Gebäude entsprach Ragans Beschreibungen, sah von außen wie auch von innen nicht mehr wirklich in Schuss aus. War nicht sonderlich baufällig oder dreckig im Inneren, wie ich feststellte, als ich mit den Anderen die Räume checkte, aber dafür umso staubiger. Wie auch die Anzeichen deuteten, war Niemand im Haus und so fanden wir uns bald wieder in dem wohl größten Raum des Hauses ein. Allgemein war es aber weitläufiger gebaut, als die meisten anderen Wohnhäuser, wo ich persönlich absolut Nichts dagegen hatte, fühlte ich mich in zu engen Räumen doch einfach nicht besonders wohl. Lag vielleicht auch einfach daran, dass ich doch zum höher gewachsenen Anteil der Menschheit gehörte. Es war angenehmer, dass wir uns in dem Raum nicht stapeln mussten, solange wir darauf warteten, dass wir neue Anweisungen bekamen. Aber irgendwie kam da nicht wirklich was. Ein paar Informationen über die Lage am Stadtrand, ja, aber auf einen Plan konnten wir quasi ewig warten. Dass Aryana selbst immer unruhiger wurde, führte irgendwann dazu, dass ich wieder anfing mit dem rechten Bein auf und ab zu wippen. Saß auf dem Sofa und starrte recht leer auf den Fußboden, weil mir unzählige Gedanken durch den Kopf schossen. Ragans lang ersehnter Funkspruch um 20.51 Uhr begann mit einem tiefen Seufzen, das allein schon wieder absolut nichts Gutes heißen konnte. Wir alle hielten plötzlich inne, obwohl vorher unglaubliche Unruhe und gedrückte Stimmung geherrscht hatte, während wir seinen Worten Gehör schenkten. Die Forderung des IS war glasklar - die Idioten wollten ihre Stadt zurück, ausnahmslos jeden Quadratmillimeter davon. Ohne amerikanische Soldaten, Patrouillen darin, versteht sich. Sie schienen aber zu wissen, dass wir hier irgendwo waren, mussten uns beobachtet haben, als wir eingerückt waren. Vielleicht beobachteten sie den Rhythmus unserer Kontrollgänge auch schon viel länger, aber das war gar nicht wirklich relevant. Denn wenn wir nicht das Weite suchten, ergo uns unbewaffnet zu erkennen gaben, würden sie Leute umbringen. So viele, wie ihnen in dieser Stadt vor die Gewehre laufen würden, weil sie kein Geheimversteck in ihrem Keller oder weiß Gott wo hatten. Männer. Frauen. Kinder... einfach alle. Auch die zeitliche Frist war klar gesetzt: 7 Tage. Eine Woche, in der sich irgendein Genie einen funktionierenden Plan ausdenken musste, damit nicht nur die Bewohner der Kleinstadt, sondern auch wir selbst so heil wie möglich aus der Geschichte heraus kamen. Aber mehr hatte der Lieutenant nicht für uns. Wir sollten bis morgen erst einmal die Füße still halten, uns bedeckt halten und ausruhen, um für etwaige nächste Forderungen fit zu sein. Wenn wir hier schon keine Lebensmittel mit uns hatten, außer vielleicht einen oder zwei Powerriegel für die ganz Hungrigen unter uns, brauchten wir wenigstens den Schlaf. Auf die Straße gehen und was zu Essen besorgen kam erst einmal nicht in Frage, also verschanzten wir uns weiter in dem Gebäude. Ich war mir aber fast sicher, dass ich für meinen Teil unter diesen Umständen sowieso nicht richtig schlafen können würde, weshalb ich mich quasi gleich im Voraus freiwillig für die Nachtwache im oberen Geschoss meldete, während ein anderer Soldat die Umgebung vom unteren Geschoss aus im Auge behielt und der Rest sich aufs Ohr haute. Ein paar schüttelten den Staub aus den alten Bettdecken und schmissen sich auf die Matratzen in den Schlafzimmern, wieder Andere fanden im Erdgeschoss auf dem Sofa oder auch auf dem Teppich daneben ihren Platz für die nächtliche Ruhe. Ich selber erledigte nur einen kurzen Gang ins Badezimmer, wusch mir mit dem eher kalten Wasser, das aus der rostigen Leitung kam, das angestrengte Gesicht, bevor ich meinen Posten auf dem alten Stuhl einnahm, der nahe eines Fensters stand, von dem aus man eine relativ weitläufige Sicht hatte. Nachdem bereits zwei Stunden vergangen waren, hörte ich leise Schritte, weshalb ich meinen bis jetzt ziemlich starren Blick von dem dreckigen Glas des Fensters abwendete, um nachzusehen, wer auf den Beinen war. Das Gesicht, das ich in der Dunkelheit erblickte, ließ mich unweigerlich ein schwaches Lächeln bilden und meine Hand nach Faye ausstrecken, kurz bevor sie auf meinem Schoß Platz nahm, weil sie wohl auch nicht wirklich hatte schlafen können.
Geduld schien nicht unbedingt eine Stärke der amerikanischen Soldaten zu sein, wirkte der ganze Haufen doch wirklich aufgekratzt. Wie Bienen, die gerade aus ihrem angepieksten Stock schwärmten, weil sie Jemand gestört hatte. Ich blieb weitgehend ruhig, obwohl meine Nerven wohl ebenso gereizt waren, wie die der Anderen - Geduld war auch nicht so meins, wenn ich ehrlich war. Aber wozu Energie verschwenden, die ich womöglich noch für etwas Wichtigeres brauchen konnte? Nein, ich blieb sowohl bei meinem Anteil des Wachehaltens, als auch in der Zeit außerhalb davon nach außen hin relativ entspannt. Sich aufzuregen brachte hier ja Nichts. Ragans letzter Funkspruch für den heutigen Tag war dann ebenso ernüchternd wie alle vorherigen. Es gab für uns erstmal kein Rauskommen aus dieser - gelinde gesagt - misslichen Lage und der IS war auch noch der Meinung, unschuldige Zivilisten in die Angelegenheit mit einzubringen. Blöd war das nicht - sicher würden viele von ihnen, die einfach nur um ihr Leben bangten, uns sofort ausliefern wenn es ihnen irgendwie gelingen wollte, um sich und ihre Lieben zu retten. Uns stattdessen sterben zu lassen, denn was Anderes würde nicht passieren. Selbst wenn wir ohne Waffen auf den Feind zugingen, würden sie sicher wieder Mal nur allzu gern ein Exempel statuieren, da war ich mir sehr sicher. Uns vermutlich einen nach dem Anderen hinrichten, um zu verdeutlichen, dass wir uns nicht in ihr Land einzumischen hatten. Kam also sowieso nicht in Frage, uns einfach so deren Forderung hinzugeben, demnach musste ein verdammt guter Plan her, auf den wir noch weiter warten müssen würden. Die meisten der Anderen verzogen sich nach oben, ich für meinen Teil blieb lieber im Wohnzimmer und schloss Freundschaft mit dem alten Teppich. Obwohl es selbst mit einem der Sofakissen unbequem war, schlief ich gern auf dem Boden. Es erinnerte mich an früher und verdeutlichte mir jedes Mal, dass kämpfen sich grundsätzlich immer lohnte, sofern man dabei nicht kopflos wurde und Geduld bewies. Ich schlief an sich gut und wachte nur zwei Mal kurz auf als Lärm von draußen an meine Ohren drang - erneut vereinzelte, entfernte Schüsse, die mich einfach immer hellhörig werden ließen -, bis ich am nächsten Morgen von Jetman leicht mit dem Stiefel an der rechten Schulter angestoßen wurde, weil es augenscheinlich Zeit zum Aufwachen war. Mühselig und mit ächzendem Rücken richtete ich mich gähnend auf, fuhr mir einmal mit der Hand durch die Haare, während ich ans Sofa neben mir gelehnt meinen Geist zu beleben versuchte. Dann das gesicherte Maschinengewehr aufhob, dass das Nickerchen mit mir auf dem Boden geteilt hatte und mich dann auf der Waffe stützend auf die Beine erhob, mir anschließend kurz die Hose abklopfte. Dann glitt mein Blick nach einem von mir gewohnt grummeligen "Morgen..", durch die Gesichter der anderen Soldaten, die überwiegend auch noch sehr gerädert wirkten. Ich musste scheinbar wirklich nicht mehr richtig ticken, wenn ich fast als Einziger hier tatsächlich ein ruhiges Auge zu bekam. Schließlich blieb mein Blick aber am Kopf unseres Teams hängen und sah Aryana für einen Moment lang fragend in die Augen, als sich unsere Blicke trafen. Aber es gab wohl bisher noch keine Neuigkeiten von unserem Stützpunkt, während langsam aber sicher die Mägen Aller ebenso wie der Geist ungeduldig wurden. Hier rumsitzen konnten wir nicht ewig, würden die Arschlöcher früher oder später sicher auch damit anfangen, sich auf die Suche nach uns zu machen.
Die Stunden vergingen so verdammt langsam, dass es sich anfühlte, als hätten schon mindestens zwei Tage vergangen sein müssen, als das Funkgerät sich abends erneut meldete. Wobei das, was ihnen gleich darauf zu Ohren kam, sie unweigerlich wünschen liess, die nächsten Tage würden genauso langsam vorbeiziehen. Eine Woche. Sieben Tage. 168 Stunden. Wenn sie dann nicht draussen waren, waren sie tot. Sie - oder alle anderen, die sich nicht zu wehren wussten. Die wollten Menschen abschlachten, falls sie sich nicht rechtzeitig zeigten. Ihr eigenes Volk würden sie töten, aus purer Mordlust. Und mit dieser Drohung lenkten sie unweigerlich den Hass der ganzen Gesellschaft auf ihre kleine Gruppe, jeder, der sie zu Gesicht bekam, würde sie sofort ausliefern. Nicht nur das; sie würden auch anfangen, nach ihnen zu suchen. Je länger die Zeit fortschritt umso mehr. Immerhin galt die Kriegserklärung ihnen oder der Bevölkerung dieser Stadt. Faye hatte den Mund leicht geöffnet, damit niemand ihre hastige Atmung mitbekam, damit keiner sie beachtete oder gar die Panik sah, die sich in ihrem Kopf bildete, je mehr sie sich des ganzen Desasters bewusst wurde. Plötzlich wirkte auch die Weite dieses Raumes einfach nur noch einengend, plötzlich wurde ihr heiss und dann wieder kalt. Sie hatte die Hände am Saum ihrer Jacke vergraben, damit keiner das Zittern sah und huschte unauffällig die Treppe nach oben, kaum wurden sie dazu freigestellt, schlafen zu gehen. Das war zwar vorerst nicht der Plan, aber sie wollte alleine sein, während sie langsam und mühevoll begriff, was ihnen soeben mitgeteilt wurde. Sie wollte nicht sterben. Aber sie würde auch niemals zulassen können, dass jemand anderes einfach so für sie starb - jemand, der dieses Schicksal nichtmal freiwillig wählen konnte sondern schlicht abgeschlachtet wurde. Also mussten sie anders raus. Nur wie... Sie wusste nicht wie... Und Victor und Aryana waren hier... Wieso ausgerechnet heute, wieso ausgerechnet bei ihnen...? Sie war lange Zeit alleine an einem Fenster gesessen und hatte durch den schmalen Spalt des Vorhanges den aufgehenden Mond betrachtet, ohne irgendwie weiter zu kommen. Mit der Zeit war es still geworden. Sie hatte keine Ahnung, wie spät es mittlerweile sein musste, als sie ihre Füsse wieder in den vorderen Teil des oberen Stockwerkes trugen, dort, wo sie eine Gestalt auf einem Stuhl sitzen sah. Sie wusste ganz genau, wer es war, wer ebenfalls unmöglich schlafen konnte und stattdessen lieber die Strasse betrachtete. Als er sie hörte, drehte er sich zu ihr um und Faye beeilte sich die letzten Meter so schnell wie möglich hinter sich zu bringen. Sie liess sich still auf seinen Schoss ziehen, kuschelte sich an seine Brust, ohne auch nur ein einziges Wort zu verlieren. Und auch da blieb sie noch lange wach. Aber sein beständiger Puls beruhigte den ihren, bis ihre Herzen im Einklang schlugen und Faye trotz allen Sorgen und Bedenken die Augen zufielen, sie sich in einem traumlosen Halbschlaf verlor. Er durfte nicht sterben... Solange er das überlebte, würde alles gut werden. Irgendwie schafften sie das, kämpften sich ein weiteres Mal dorthin zurück, wo sie hingehörten.
Ja, ihr war bewusst, dass sie eine ruhige Vorbildfunktion einnehmen sollte. Aber Aryana konnte gerade schlicht nicht stillsitzen. Sie wollte niemanden hier nervös machen, aber ihr war das Warten und Geduld üben nunmal absolut nicht gegeben... Sie handelte lieber - egal, wie gefährlich das war. Nur bestand diese Option gerade nicht. Denn jetzt zu handeln, rauszugehen, wäre purer Selbstmord. Das bekräftigte dann insbesondere auch die Nachricht, die Ragan ihnen gegen Neun Uhr Abends zukommen liess. Eine Nachricht, die Aryana innerlich die ganze verdammte Welt verfluchen liess. Sie hatte sich schon sowas gedacht. Aber sie hatte gehofft, dass sich die Wut des IS - ihre Konsequenzen - nicht auf das einfachste Ziel bezogen, nicht auf die Zivilisten. Denn damit verloren sie automatisch ihre wertvollsten Verbündeten. Niemand würde ihnen jetzt noch Schutz bieten, Hilfe leisten. Und sie waren verdammt aufgeschmissen in dieser Stadt, weil sie sich nichtmal als Teil der Bevölkerung ausgeben konnten, da sie ganz einfach ihre Sprache nicht beherrschten. Niemand hier. Glaubte sie jedenfalls, würde sie morgen mal ausfindig machen. Nach der ernüchternden Gute-Nacht-Geschichte seitens Ragan meldeten sich fast alle für heute ab - bis auf die zwei Nachtwachen. Aryana hatte das dringende Bedürfnis an der frischen Luft nichts Geringeres als einen zwanzig Kilometer Sprint rennen zu gehen. Oder zumindest zwei Runden ums Haus. Fünf Minuten Atmen. Irgendwas. Aber da das nicht in Frage kam, zog sie sich stattdessen in eine Büroähnliches Hinterzimmer zurück, dachte fieberhaft über eine Lösung nach, die sich einfach nicht vor ihren Augen auftun wollte. Nach zwei Stunden gab sie auf, legte sich mit einer Decke in der Nähe des Einganges auf den Boden und versuchte zu schlafen. Tatsächlich gelang es ihr auch gar nicht schlecht, den vielen endlosen Nächten in diesem Krieg sei Dank. Der nächste Morgen brach mit gewohnt zeitiger Tagwache herein, aber Aryana hatte nicht vor, alle um fünf Uhr aus dem bestimmt wenig erholsamen Schlaf der letzten Nacht zu reissen. Also ging sie stattdessen zurück in das Büro, beugte sich über ein Blatt Papier und versuchte alles, was ihr zu einer möglichen Flucht einfiel, niederzuschreiben. Unnötig zu erwähnen, dass das Blatt ernüchternd leer blieb... Als dann langsam Leben ins Haus kam, trat die Brünette zurück ins Wohnzimmer, grüsste die Anwesenden mit einem knappen "Morgen." Sie sah Mitchs Blick. Zuckte daraufhin nur kaum merklich mit den Schultern. Sie hatte keine Neuigkeiten. Ragan hatte sich nicht mit irgendwas Brauchbarem gemeldet. Alles schien so ausweglos wie gestern auch schon. Aber sie hatte Hunger - alle hier hatten Hunger. Und sie sollte nach draussen. Wenigstens mal kurz sehen, was passierte, wie schwierig eine Flucht zwingend sein würde. Und dazu hatte sie einen winzigen, sehr einfachen Plan. "Ich werd' nachher rausgehen, um mich mal umzuschauen... Hab in einem Schrank mein perfektes Kostüm gefunden", erklärte sie dem kleinen Team nüchtern, wedelte mit dem schwarzen Stoff, den sie sich über den Arm gelegt hatte. Sie hatte keine Angst, dabei erwischt zu werden. Wer würde eine Frau unter einem Burka auch bitte als Amerikanerin entlarven?? "Hab nur das kleine Problem, dass ich diese verdammte Sprache nicht verstehe. Also: kann irgendwer hier Arabisch?", fuhr sie fort, blickte in die verschlafenen Gesichter der Soldaten. Ein genialer Plan war anders. Es war simpel, aber sie musste raus. Wie sonst würden sie je weiterkommen?
This is your life, it's do or die, the sun may never rise again, so be the light the vision. This is your life, it's slipping by, you try to run but fall again, you get back up that's living.
Auch, wenn selbst Fayes Nähe meinen Kopf in dieser Nacht nicht vollständig beruhigen konnte, war ich doch sehr froh über ihre Anwesenheit. Strich ihr mit dem Arm, den ich um ihren Körper gelegt hatte, immer wieder geistesabwesend über den Rücken, drückte ihr auch einen einzelnen Kuss auf den Haaransatz. Obwohl der Sturm in meinen Gedanken sich nicht legen wollte, war es doch eine angenehme Wärme, die Faye ausstrahlte. Die mich immerhin ein klein wenig entspannter auf dem Stuhl meine - ziemlich langweilige, aber ich sollte froh darum sein - Arbeit verrichten ließ, auch als die Brünette irgendwann an mich gekuschelt einnickte. Es war einfach gut sie im Blick zu haben, falls dich noch Irgendwas passieren sollte. Tat es aber nicht. Die Nacht verlief ruhig, bis auf den einen oder anderen Schuss, der wohl von einem ungläubigen oder naiven Zivilisten ausgelöst worden war. Aber nicht ansatzweise nahe an unserem derzeitigen Standort, es gab also keinen Grund Alarm zu schlagen und die Anderen aus dem ohnehin vermutlich schlechten Schlaf zu reißen. Schüsse waren im Krieg leider normal und solange sie keine unmittelbare Bedrohung darstellten, brauchte man ihnen keine zu große Aufmerksamkeit geben. Die letzten Minuten der Nachtwache waren aber selbst für mich - Jemanden, der wirklich viel Erfahrung mir schlaflosen Nächten hatte - dann nur noch anstrengend und ich war wirklich froh darum, als der Rest der Truppe Stück für Stück von den Toten auferstand. Marvin löste mich ab und ich erhob mich nach Faye von dem Stuhl, der wirklich nur noch unbequem gewesen war. Das zusätzliche Gewicht auf den Beinen hatte es nicht unbedingt besser gemacht, aber das war ein Übel, das ich gerne in Kauf genommen hatte. Für eine kurze Zeit gesellte ich mich noch zur Gruppe im Wohnbereich, weil ich schlicht auf dem neuesten Stand sein wollte, falls es Etwas zu sagen gab. Aryana erklärte uns, dass sie sich zumindest eine Kleinigkeit ausgedacht hatte, um unsere Lage noch etwas besser beurteilen zu können. Aber nach ihrer Frage war dann klar, dass es mich nicht betreffen würde, weil ich bis auf ein paar Beleidigungen, die man hier als Amerikaner gerne mal um die Ohren geworfen bekam, kein Wort Arabisch konnte. Weder sprechen, noch verstehen. Jedenfalls war dann ich an der Reihe, mich in eines der Schlafzimmer zu verziehen, nachdem ich mich abgemeldet hatte. Obwohl die Matratze nicht unbedingt weich oder gut riechend war, war es eine unheimliche Erlösung, endlich die Augen zumachen zu können. Die Müdigkeit war jetzt doch sehr penetrant und schaffte es, meine Gedanken so weit zu betäuben, dass ich einschlafen konnte. Wie gut ich schlief war dann wieder eine andere Frage, aber ich würde mich nicht beschweren.
Sie wollte also raus, hatte sich doch ein paar Gedanken dazu gemacht, wie wir hier drinnen ohne Hilfe von auswärts vielleicht zumindest ein kleines bisschen weiterkommen konnten. So oder so war es besser als Nichts, wir würden andernfalls sicher alle noch am Rad drehen. Man konnte nicht tagelang in einem Kessel mit Wasser sitzen, das zunehmend heißer wurde, ohne, dass Etwas passierte. Einige mochten noch etwas zu Trinken in ihren Feldflaschen haben, aber was zu Futtern war immernoch nicht da. Noch so ein Punkt, der einfach nicht gerade für gutes Wohlbefinden sorgte. Jedoch schien es da noch einen weiteren Haken zu geben. Aryana sprach natürlich kein Arabisch, das tat kaum ein amerikanischer Soldat, ganz gleich welchen Rangs, weil es ganz einfach keine Allerweltssprache war. Jedenfalls nicht in den Augen der Amerikaner, sonst würde es vermutlich schon an Schulen unterrichtet werden, was nicht der Fall war. Demnach meldete sich auf ihre Frage hin nicht wirklich Jemand, Alle sahen nur fragend zwischen einander her. Der Einzige, der sich an dieser Art von Blicken nicht beteiligte, war ich. Sprechen konnte ich es nur wenig bis eher gar nicht, aber ich verstand doch Einiges von deren Gefasel, sofern sie einfache Worte benutzten. Das rührte zum Einen eben daher, dass ich ein oder zwei Mal Folter hatte mit anhören müssen und zum Anderen natürlich daher, dass ich mich grob mit den Arschlöchern unterhalten können musste, zwecks der Informationsweitergabe... wie gesagt, die weigerten sich gerne dagegen, auch nur ein bisschen Englisch zu lernen. Weil Amerika. Weil Böse. Weil Nein. "Naja... sprechen kann ich's nicht wirklich. Aber ich versteh' Einiges, ja..", meldete ich mich eher nur minder freiwillig zu meiner halbwegs ausführbaren Pflicht, mich an dem Ausgang zu beteiligen. Zwar wollte ich an sich schon wirklich gerne aus diesem Drecksloch von Wohnung heraus, gerne mal wieder unstaubige Luft einatmen, aber nicht unbedingt dermaßen verkleidet. Was das anging würde ich aber keine Wahl haben, mich dem einheimischen Volk hier anpassen müssen, um keine tödlichen Visiere magisch anzuziehen. Unbewaffnet noch dazu, weil uns was das anging gar keine andere Möglichkeit blieb, ließen sich stählerne Waffen keineswegs irgendwie unter den in meinen Augen sehr merkwürdigen Klamotten verstecken. Angst hatte ich keine davor, aber sollte doch Irgendwas passieren, war es schlicht und ergreifend scheiße, Niemandem spontan eine Kugel in den Kopf jagen zu können. Enttarnt zu werden war so absolut nicht die Art und Weise, wie ich sterben wollte.
Als es Zeit wurde, schlug sie die Augen nach der verhältnismässig ruhigen Nacht wieder auf. Und sie war mehr als froh darum, dass Victor sie nicht schon viel früher geweckt oder irgendwo abgestellt hatte, weil es für ihn bestimmt nicht allzu bequem gewesen sein durfte. Aber er sagte überhaupt nichts in die Richtung, ging einfach mit ihr nach unten zu den anderen, wo Aryana schliesslich ihren momentan mehr verhalten ausgereiften Plan präsentierte. Faye brauchte sich gar nicht zu Wort zu melden, um ihre Schwester wissen zu lassen, dass sie absolut dagegen war. Sicher sollte sie nicht raus, was war das für eine dumme Fantasie? Was, wenn sie trotzdem entdeckt wurde? Was, wenn jemand sie sah? Dann würde sie nie wieder zurückkommen. Natürlich brauchten sie Infos, brauchten sie Essen. Aber das konnte bitte sonst wer beschaffen, doch nicht Aryana... Faye sank immer mehr in sich zusammen, wusste, dass sie gar nicht erst darauf bestehen musste, mitzugehen. Sie wäre unauffällig, nichtmal besonders gross und könnte beim Tragen helfen. Ausserdem konnte ein Augenpaar mehr kaum verkehrt sein. Aber Aryana würde Nein sagen, allein der Blick, der sie Sekunden später traf, verriet so deutlich, dass ihre Schwester längst erraten hatte, was sie dachte. Und was sie davon hielt. Wenn Aryana Nein sagte, konnte sie auch schlicht vergessen, hier irgendwen umzustimmen, weshalb Faye den Mund gar nicht erst aufmachte. Nur mutlos die Schultern und den Kopf sinken liess. Victor verschwand gleich darauf im oberen Stock zum Schlafen, während Faye wirklich keine Ahnung hatte, was sie mit sich anfangen sollte, weshalb sie begann, die Küche zu durchsuchen. Vielleicht konnte sie ja Tee kochen. Wenn das Wasser aus der Leitung gut abgekocht wurde, dann hätten sie wenigstens wieder was zu Trinken. Und das wäre doch ein entscheidender Pluspunkt zum Erhalt ihrer körperlichen und geistigen Funktionalität. Als sie Aryana in Richtung Ausgang gehen hörte, wandte sie sich aber nochmal von der ganzen Kücheneinrichtung ab, um ihrer Schwester im Eingangsbereich um den Hals zu fallen und sie tausend Mal schwören zu lassen, dass sie heil zurückkam. Sie sah absolut schrecklich aus unter dem Burka. Wie eine Sklavin dieser Kultur, der Faye einfach wirklich wirklich wenig abgewinnen konnte. Aber für den Moment war es gut, dass sie so unkenntlich war. Und vielleicht beruhigte es die junge Brünette wenigstens im Ansatz ein Bisschen, dass ihre Schwester sich in dieser Ankleidung kaum bis gar nicht mehr vom Volk abhob, sich so perfekt unter die Massen mischte, kaum verliess sie mit Mitch das Haus. Es war trotzdem schrecklich. Und sie hatte trotzdem verdammt viel Angst.
Es meldete sich nicht direkt irgendwer mit glänzenden Sprachkenntnissen zu Wort, was ziemlich genau das Ergebnis gewesen war, welches Aryana schon befürchtet hatte. Allerdings folgten dann nach der ersten allgemeinen Welle von "Nein"s und "Nicht wirklich"s ein paar Worte seitens Mitch, die sicher besser als nichts waren. Er musste die Sprache ja auch nicht unbedingt sprechen. Sie hatte nicht vor, mit irgendwem zu reden. Das beste, was dabei nämlich zwangsläufig passieren könnte, wäre, dass jemand den Akzent raushörte und sie deswegen aufflogen. Also nein, besser nicht mehr als beim Einkaufen nötig sein würde... "Gut... Dann wirst du wohl mitkommen", beschloss sie dann auch schon kurzum sein Schicksal. Dazu hatte er sich aber eh schon mehr oder weniger einverstanden erklärt, weil er sich sonst gar nicht erst zu Wort gemeldet hätte. Aryana fing den zunehmend bestürzten Blick ihrer Schwester auf, aber sie sagte nichts dazu. Ihre Augen sprachen wohl deutlich genug, denn Faye machte nichtmal den Mund auf. Sie sollte gar nicht erst auf den Gedanken kommen, mit raus zu gehen. Ganz sicher nicht. Wenn sie zu zweit gingen, war das vorerst längst genug und ausserdem gehörte Faye ganz einfach nirgendwo hin, wo sie nicht mit der hier maximalen Sicherheit beschützt wurde. Also nirgendwo ausser in dieses Haus, das Aryana vorerst als einigermassen sicher betrachtete. Sie ging mit Mitch zum Schrank, in dem sie schon das Stoffzeug auf ihrem Arm gefunden hatte, reichte ihm nach kurzem suchen ein ähnliches Kleidungsstück. Was anderes als Burkas kamen nicht in Frage. Der gute Herr war voller Tattoos und während sie nicht behaupten wollte, dies irgendwie besonders abstossend zu finden, so war ihnen doch sicherlich beiden bewusst, dass er sich damit nicht draussen zeigen konnte. Burka war auch nicht ideal, weil er zu gross für eine durchschnittliche Frau war, sich wohl oder übel ducken musste, um nicht zu sehr herauszustechen. Aber es war das Beste, was sie auf die Schnelle und ohne weitere Hilfsmittel basteln konnten. Und ja, vielleicht entlockte es ihr auch ein winziges Grinsen, ihn so zu sehen. "Wie eine etwas grosse arabische Prinzessin", säuselte sie ganz leise, ausschliesslich für Mitchs Ohren bestimmt, bevor sie sich nun ihrer eigenen Verkleidung widmete. Ihre Schuhe, die unter dem schwarzen Stoff immer wieder hervorblitzten, tauschte sie vorsichtshalber gegen ein paar behelfsmässige, ausgelatschte Schlüpfer, die ihr zwei Nummern zu gross waren, ihren Zweck aber dennoch erfüllten. Als sie fertig waren, gingen sie zur Tür, wo Aryana erstmal fast von Faye überrannt wurde, die sie zweitausend Mal dazu aufforderte, aufzupassen und heil zurückzukommen. Das war auch alles, was Aryana ihr mit einer aufmunternden Umarmung zuversichtlich versprach, bevor sie die besorgte Brünette wohl oder übel im Hauseingang zurücklassen musste, um sich auf den Weg zu machen. Natürlich nicht ohne Ragan vorher zu ihrem Vorhaben in Stand zu setzen.
This is your life, it's do or die, the sun may never rise again, so be the light the vision. This is your life, it's slipping by, you try to run but fall again, you get back up that's living.
Mit einigem Missmut zwängte ich mich in die behelfsmäßige Verkleidung, die natürlich so gar nicht auf einen Mann zugeschnitten war. Erst recht nicht auf einen in meiner Größe, passte ich vermutlich doch nur deswegen rein, weil die Teile an sich weit geschnitten waren. Schließlich waren die Dinger ursprünglich dazu da, den weiblichen Körper für alle Augen zu verhüllen. Trotzdem würde ich nicht behaupten wollen, dass das Teil wie angegossen passte und ich hatte wohl Glück, was die lang geschnittenen Ärmel anging. Konnte meine Handrücken noch gerade so in diese zurückziehen, um die Malereien auf meiner Haut zu verstecken. Auch an den Beinen war die Länge ziemlich knapp, reichte nur gerade so und die uralten Ledersandalen, die fast auseinander fielen und wohl dem ehemaligen Herren des Hauses gehört hatten, waren mir eigentlich zu klein. Es blieb also einfach zu hoffen, dass die Dinger mir keine Blasen bereiten würden, wobei ich die Wahrscheinlichkeit für ziemlich gering hielt, rieben mir die Riemen doch schon nach kurzer Zeit etwas am Fuß. Aryanas Worte ließen mich leise vor mich hin grummeln, war das jetzt nicht unbedingt etwas, das ich unbedingt hatte hören wollen. Aber aus der Sie-Jedes-Mal-Umbringen-Wollen-Wenn-Sie-Was-Sagte-Phase war ich inzwischen dann doch langsam raus. Alle beide, weil wir ganz einfach zu merken schienen, dass wir uns damit absolut keinen Gefallen taten. Zwar rauschten wir immernoch ab und an aneinander, aber doch merklich weniger ausgeprägt als sonst. Vielleicht weil wir wussten, dass wir - zumindest im Ernstfall - eben auch anders konnten. "Ich werd' mich vor Heiratsanfragen kaum retten können..", erwiderte ich kaum hörbar, sehr sarkastisch und wohl mehr an mich selbst, als an die junge Frau gerichtet. Es folgte noch ein kurzes Schwesterndrama - so wie immer, wenn das Nesthäkchen mit von der Partie war und Aryana sich von ihr entfernte -, wegen dem ich nur leicht die Augen verdrehte und folgte Aryana dann mit wachsamem Blick auf die Straße. Die anderen verbarrikadierten von innen die Tür wieder hinter uns, während ich meinen Blick einmal kurz nach links und dann wieder nach rechts schweifen ließ. Die Straße war auf den ersten Blick leer, in unmittelbarer Nähe hielt sich keiner auf. Wir setzte uns langsam in Bewegung, wobei ich permanent etwas gebückt ging und den Kopf leicht einzog. War ich halt eine alte, groß gewachsene, arabische Prinzessin. Ein Gehstock wäre sicher nicht verkehrt, um das nochmal zu unterstreichen, aber man konnte nicht alles haben. Ich ging neben der jungen Frau her, wobei wir ein unauffälliges Tempo wählten, während wir uns in Richtung des Marktes bewegten. Allerdings auf einem etwas anderen Weg als dem, den wir bei unserem Rückzug gewählt hatten, sollten wir doch besser nicht wieder den exakt selben benutzen. Ein großer Umweg war es trotzdem nicht und das erste, was mir an der etwas größeren, von hölzernen und zeltartigen Ständen bedeckten Fläche auffiel, war auch hier der deutlich gesunkene Andrang. Es waren viel weniger Menschen unterwegs, als es gestern der Fall gewesen war und auch, wenn es angesichts der permanenten Bedrohung nur logisch war, war es doch ein wenig beunruhigend. Wirklich Beachtung zu schenken schien uns demnach keiner, holten die Einwohner sich vermutlich auch nur das Nötigste, um irgendwie über die Runden zu kommen und verzogen sich dann ganz schnell wieder zurück in ihre Schlupflöcher.
Aryanas Gesicht leuchtete durch ein weiteres Grinsen kurz auf, als sie seine Antwort vernahm. "Na hoffentlich nicht, ich möchte dich eigentlich schon ganz gerne wieder mit nach Hause bringen", erwiderte sie noch, bevor ihr kleiner Ausflug schliesslich einen Anfang nahm. Draussen bahnten sie sich ihren Weg durch Nebengassen bis zum Markt, stets darauf bedacht, die Köpfe möglichst ordnungsgemäss gesenkt zu halten. Aber Aryanas Sinne waren aufs Äusserste geschärft, sie liess nicht zu, dass sie auch nur das kleinste Detail ihrer Umgebung verpasste. Und sie verfluchte sich dafür, dass sie praktisch keines der leisen Worte verstand, die um sie herum gemurmelt wurden, die potenziell interessante Informationen trugen, die ihr so schlicht entgingen. Nur leider war Aryana kein Sprachgenie, sie hatte das mit dem Arabisch ja schon versucht. Aber die Sprache war verdammt schwer und irgendwann hatte sie aufgegeben und sich mit Dolmetscher und Übersetzer zufrieden gegeben. Dumme Entscheidung, wie man jetzt sah. Der Markt war wenig überraschend sehr ruhig. Natürlich waren da Einige Menschen, die ihre Einkäufe tätigten oder ihre Ware verkauften. Aber das laute Feilschen und die Anstürme blieben eindeutig aus. So mischten sie sich auch weiterhin schweigend unter die Menge, wobei ihr erstes Ziel wohl schlicht die Beschaffung von Nahrungsmittel war. Aryana hatte ein Bisschen Geld in der Tragtasche dabei, die sie in den Händen hielt. Aber auch dieses sollten sie sich besser gut einteilen, wussten sie zu diesem Zeitpunkt ja noch nicht, wie viele Tage sie es letztendlich rationieren mussten. Sie schafften es, sich mit Handzeichen ein paar billige Basislebensmittel zu beschaffen, ohne dass Mitch dabei mehr wie drei Worte sprechen musste. Und als das getan war, entfernten sie sich langsam wieder von der Menschenansammlung, die so ein Markt halt selbst in Krisensituationen noch darstellte. Gut. Jetzt sollten sie sich auf den "Heimweg" machen. Aber so ganz ohne Informationen - abgesehen von dem, was Mitch bis jetzt aufgeschnappt haben dürfte - würde Aryana sich sicher nicht wieder hinter den Wänden einer Bruchbude verschanzen. Sie wollte hier nicht sterben und der Einzige Weg, dem entgegenzuwirken, war es, einen Fluchtweg zu finden. "Wir sollten zum Stadtrand. Oder jedenfalls in die Nähe davon. Ich muss wissen, wie es dort aussieht", raunte sie der in die Jahre gekommenen Prinzessin neben sich zu, als sie sich für den Moment alleine in einer Nebengasse befanden. Wenn jemand sie sah, wirkte es noch immer, als wären sie einfach auf dem Heimweg mit ihren Einkäufen. Viel besser konnte die Tarnung nicht mehr werden. Es gab keinen Grund, sie zu verdächtigen und davon mussten sie Gebrauch machen.
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Die Einkäufe waren relativ schnell getätigt und verliefen an sich sehr unproblematisch. Mir entging natürlich nicht, dass einige der Menschen hier über die aktuelle Situation sprachen. Angst hatten, sich fragten, was passieren würde, wenn die Amerikaner sich nicht zeigten. Aber ich drehte nie den Kopf in die Richtung der Gespräche, die ich beiläufig mitverfolgte, um ja keine Aufmerksamkeit auf uns zu ziehen. Hielt mein Augenpaar sowieso immer relativ gesenkt durch die gebückte Haltung, die mir ganz sicher noch Rückenschmerzen bescheren würde. Also ging es weiterhin gut getarnt auf den Rückweg, wobei jeder von uns eine Schlaufe der Tasche hielt. Natürlich war ich stärker als Aryana und hätte kein Problem damit den Kram alleine zu tragen, aber ich war ja eine alte Frau, die wohl kaum Alles alleine tragen wollen würde. Also geteiltes Leid. Ich drehte meinen Kopf zu der Brünetten, als sie leise das Wort ergriff, während wir allein zu sein schienen. Ihre Beweggründe verstand ich vollkommen, aber so ganz ungefährlich wäre es trotzdem nicht. Wir wussten nicht wie weit sie am Stadtrand patrouillieren oder gar frei nach Lust und Laune Leute kontrollierten. War also schon mit einem gewissen Risiko verbunden, aber es war wichtig. Wie wir uns genau einen Überblick verschaffen konnten stand aber noch in den Sternen und das würden wir wohl auch erst herausfinden, wenn wir dort waren. Ich hatte erst ein bisschen geschwiegen, bis ich jetzt nickte. "Ja, machen wir das..", willigte ich also in die zweite Hälfte unseres Ausgangs ein, obwohl ich mich dafür an sich nicht bereit erklärt hatte. Aber ich wäre wohl nicht mehr ich, wenn ich an dieser Stelle den Schwanz einziehen und den Rückzug antreten würde. Außerdem wäre es auch schlicht verantwortungslos die junge Frau allein gehen zu lassen, Tarnung hin oder her, weil ich mir sehr sicher war, dass sie auch ohne mich gehen würde. Also bewegten wir uns doch in eine andere Richtung, als uns auf den direkten Nachhauseweg zu begeben. Es dauerte einige Minuten, bis wir der äußeren Grenze der Häuser näher kamen und schon aus etwa zweihundert Metern Entfernung war sichtbar, dass mehrere feindliche Soldaten die Straße nach draußen kontrollierten. Aber sich von hier unten ein gutes Bild, einen Überblick zu schaffen, war fast unmöglich. Wir bogen erst einmal in eine seitliche Gasse ein, um nicht mehr im direkten Blickfeld des IS herumzulungern. Der schmale Weg war leer, wie auch so ziemlich alle anderen in der nahen Umgebung. Der Respekt, oder viel mehr die Angst der Einwohner schien doch vorherrschend in der direkten Nähe der Soldaten zu sein. "Keine Chance von hier unten..", murmelte ich Aryana neben mir zu. Es waren zu viele. Näher ran gehen auch sehr kritisch. "Aber aufs Dach ist vermutlich auch ziemlich riskant..", stellte ich weiter fest, zumal wir dafür erstmal ein Haus finden müssten, das ebenfalls leer war. Allerdings waren in der Stadt natürlich einige Häuser durch den Krieg beschädigt und demnach würde sich wohl schon eins finden lassen. Die Frage war nur, inwiefern es sicher war, sich auf eines der Dächer zu schleichen. Wenn, dann müssten wir wohl kriechen, um von Niemandem gesehen zu werden, damit wir uns bis an den Rand des Dachs bewegen könnten.
Gut, er kam also mit. Was anderes hatte sie nicht unbedingt erwartet, aber er hätte ihr theoretisch auch den Vogel zeigen und darauf bestehen können, dass sie zurückgingen. Immerhin war das hier nicht wirklich bewilligt und auch nicht abgemacht. Eher ein ziemliches Risiko und potenziell tödlich, wenn sie nicht wirklich gut aufpassten. Und selbst da konnte sie keinem was vormachen - es war ganz einfach gefährlich. Aber Aryana hatte nicht fünf Jahre in der Army überlebt, um jetzt an dem unglücklichen Zufall einer Belagerung, in genau dem Moment, in dem sie in dieser Stadt sass, zu sterben. Sie würden hier rauskommen, dessen war sie sich sicher. Aber ein Plan ergab sich nicht einfach von selbst und eine Fluchtmöglichkeit würde ihnen nicht plötzlich im Traum vorschweben. Je weiter in Richtung Stadtrand sie sich bewegten, umso weniger Leute kreuzten ihren Weg. Und fast keiner schien in die gleiche Richtung zu gehen wie sie. Was nicht wirklich zu ihrer Unauffälligkeit beitrug. Aber ihr Haus war halt da draussen, sie trugen immer noch Einkäufe und waren auf dem Heimweg... Bis jetzt offenbar plausibel genug. Solange keiner Fragen stellte, jedenfalls... Als sie dem Geschehen an der Häusergrenze langsam doch ziemlich nah gekommen waren, war sicherheitshalber in eine Seitengasse abbiegen doch eine sehr intelligente Handlung. Denn die Soldaten waren gelangweilt. Sie warteten nur darauf, das jemand einen Schritt in die falsche Richtung tat. Dass sie verdächtige Personen sichteten. Dass ihnen bestenfalls irgend so ein dummer Ami in die Arme lief, den sie dann vor den Augen der Welt langsam und qualvoll töten konnten. Denn das war alles, was passieren würde, wenn sie sich ausliefern würden oder sie erwischt wurden. Sie lauschte Mitchs Worten, die zweifellos der ungemütlichen Wahrheit entsprachen. Und noch während er sprach hob sie vorsichtig den Blick, um sich die umliegenden Gebäude genauer anzusehen. Die meisten sahen verlassen aus. Das Problem war nur, dass das lange nicht hiess, dass sie wirklich verlassen waren... Die Bewohner konnten sich auch einfach tot stellen, um keine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Oder sie waren ins Stadtinnere zu Verwandten gezogen für diese Woche, weil sie nicht die Ersten sein wollten, die am todbringenden Tag Sieben, falls dieser wirklich kam, dran glauben mussten. Aber das war sehr schwer zu erraten... Aber sie hatten auch keine Zeit, hier Bisschen rumzustehen wie zwei Suizidgefährdete, weshalb Aryana ihren Blick zurück zur grossen Strasse wandern liess. "Wir sollten trotzdem erstmal irgendwo rein... Dach könnte klappen, wenns hoch genug ist", meinte sie, als sie ihre Risikoschätzung beendet hatte, ortete kurz das dritthöchste Gebäude in dieser Strasse. Das Höchste sah eindeutig zu bewohnt aus und das Zweithöchste tendenziell ebenso. Aber das, welches sie nun langsam ansteuerten, wirkte mit seinen eingeschlagenen Fenster und der weit offenen Tür nicht wirklich so, als würde es allzu viel Besuch kriegen. Aryana passierte sehr vorsichtig und mit aller Aufmerksamkeit, die sie irgendwie aufbieten konnte, den Eingang. Drinnen waren weder Fussabdrücke im Staub noch irgendwelche Lebenszeichen zu sehen. Die Räume waren vollkommen ausgestorben, als würde das Haus schon sehr lange leer stehen. Die Wände bröckelten und vielleicht bestand ein minimales Risiko, dass die Treppe unter ihrem Gewicht einstürzen würde. Aber nach ein paar vorsichtigen Schritten war die Brünette sich relativ sicher, dass der massive Bau sie tragen würde, weshalb sie in den oberen Stock vordrang, dort nach einer kurzen Kontrolle auch die zweite Treppe in Angriff nahm. Die Tür zum Dach stiess sie dann aber nochmal mit allen Regeln der Vorsicht auf, wartete bestimmt eine halbe Minute, bevor sie sie ganz öffnete. Auch hier war keiner zu sehen und nichts deutete darauf hin, dass im Verlauf der letzten Woche jemand vor ihnen da gewesen war. Aryana stand nicht aufs Dach sondern kroch beinahe flach auf dem Bauch bis zu dessen Rand vor. Was nicht sehr praktisch war mit dem verdammten Umhang, der ihre Armeekleidung verbarg. Als sie den Rand erreicht hatte, hob sie den Kopf nur soweit, um darüber hinwegzusehen. Und dann war sie minutenlang vollkommen still, während ihre Augen alles aufsaugten, was sie sehen konnten. Da war natürlich der Stadtrand. Und so viele IS-Soldaten davor und dahinter. Rauslaufen war, wie sich nun auch noch ihren Augen direkt bestätigte, vollkommen ausgeschlossen. Hatten sie aber gewusst. Überall um sie herum waren Häuser. Einige eingestürzt, andere noch bewohnt. Die grossen Strassen, die aus der Stadt führten, wurden patrouilliert, zum Teil mit Panzerfahrzeugen abgefahren. Es war offensichtlich, dass sie wen suchten. Dass sie sie suchten. Was, wenn sie keine Woche Zeit hatten? Was, wenn das Haus morgen oder übermorgen schon überrannt wurde? Sie musste nachdenken, konnte sich solches Abschweifen wirklich nicht erlauben, während ihr Blick weiter über die Dächer zog. Auf Einigen waren ganz offensichtlich Sniper stationiert, was nicht erstaunlich war, aber nicht unbedingt zum Wohlbefinden der Brünetten beitrug. Sie sollten schnellstmöglich von hier runter. Also suchten ihre Augen weiter. Im Westen schnitt eine Schneise durch die Quartiere, die nicht von einer Strasse rührte. Der braune Fluss... Aryana hatte ihn auch schon gesehen, bei früheren Besuchen dieser Stadt. Das Wasser... Was wenn es die Lösung war? Sie musste mit Ragan sprechen. Er würde sicherlich Ablenkung schaffen können... Vielleicht. "Wir sollten gehen", zischte sie Mitch zu, als ihr Blick einen Sniper fand, der kaum fünf Häuser weiter auf einem Dach stand. Er betrachtete die grosse Strasse, aber brauchte sich theoretisch nur um 45 Grad zu drehen und sie wären tot...
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Also auf ein Dach. Ich nickte ihre Worte nur ab, bevor ich ihr weiter folgte. In ein Haus, das zumindest auf den ersten Blick ziemlich leer und unbewohnt wirkte, wie durch das kaputte Fenster relativ gut ersichtlich war. Trotzdem gingen wir mit gewisser Vorsicht voran, checkten erst ab, ob denn wirklich Niemand da war. Aber es gab grünes Licht und ich trat wohl noch ein bisschen vorsichtiger als die junge Frau vor mir auf die Stufen der Treppe, wog ich doch noch einmal einiges mehr als sie und wir konnten es uns nicht leisten, einen Invaliden mit zurück zu unserem Quartier zu schleppen. Aber die Treppe hielt auch mich aus und so betraten - sofern man das so nennen konnte.. wohl eher nicht - wir ebenso behutsam schließlich das Dach. Schoben uns bis nach vorne an den Rand, um dann die mit unseren Blicken über die Umgebung zu schweifen. Ragan hatte wohl nicht übertrieben, was die Anzahl und allgemeine Beschreibung des Angreifers anging, war ein Durchkommen doch wirklich vollkommen unmöglich. Ich versuchte mir in etwa die Positionen der Soldaten zu merken. Dass sie ihre Standorte häufig wechselten hielt ich für unwahrscheinlich. Wozu? Sie waren überall um die Stadtgrenze herum verteilt und hatten mit den Schützen auf den Dächern sowieso frühzeitigen Einblick, sollte doch Jemand zu nahe kommen. War gut möglich, dass es bei unserem Ausbruchsplan - der noch vollkommen in den Sternen stand - auch gar keine zu große Rolle spielen würde, aber ich wollte es mir dennoch grob eingeprägt haben, bevor Aryana mir das Offensichtliche sagte: Wir sollten uns eindeutig wieder zurückziehen. Wir hatten sowieso schon viel Glück gehabt, bis jetzt noch nicht gesehen worden zu sein, war der nächste Sniper doch nur wenige Dächer weit entfernt. Also trat ich mit ihr wieder kriechend den Rückzug an, wobei mich das bescheuerte Kostüm immer mehr zu nerven begann. Aber allzu lang würde ich es wohl Gott sei Dank nicht mehr am Leib tragen müssen. Drinnen hinter den Mauern angekommen versuchte ich den auf dem schwarzen Stoff doch recht auffälligen, staubigen Dreck zumindest ein bisschen abzuklopfen, bevor wir den weiteren Rückzug antraten. Die Tüte mit den Lebensmitteln, die wir drinnen abgestellt hatten, sammelten wir dabei natürlich wieder ein. Mein eigener Magen knurrte auch immer öfter und so war ich doch ein Stück weit froh, dass ich bald nicht mehr hungern müssen würde. Wir nahmen wieder nicht den gleichen Weg wie hinwärts, könnten wir dabei doch Soldaten ins Auge fallen, die uns mit den Tüten gerade noch hierher gehen hatten sehen. Also hieß es wieder einen kleinen Umweg zu nehmen, der auch erstmal unproblematisch verlief. Dann aber kamen wir an einem Zweierteam IS-Kämpfern vorbei, das zwar nicht gezielt nach Etwas zu suchen schien, jedoch aber aufmerksam die Blicke schweifen ließ. Zwar ruhten die Augen von einem der beiden für einen kurzen Augenblick auf uns, als sie auf der anderen Straßenseite etwa auf unserer Höhe waren, aber er entschied sich wohl nach ein paar Sekunden dazu, dass wir doch nicht verdächtig genug waren und unterhielt sich stattdessen mit seinem Kollegen. Ich atmete innerlich erleichtert auf, hätte das doch durchaus auch in die Hose gehen können. Aber letztlich erreichten wir die lang ersehnte Tür unseres momentanen Stützpunkts und bevor sie aufging, schoben die anderen erst einmal wieder den Schrank bei Seite. Nachdem ich die Tüte drinnen hatte sinken lassen war meine erste Amtshandlung das Loswerden des furchtbaren Stück Stoffs an meinem Körper. "Gooott das war Folter.", stellte ich mehr für mich selbst fest, als ich den Mist bei Seite legte. Dass wohl so ziemlich alle erwartungsvoll in unsere Richtung sahen, merkte ich erst danach.
Auch Aryana klopfte sich den Staub vom schwarzen Stoff, um nicht wie eine verlumpte Minenarbeiterin - oder so - auszusehen, bevor sie zurück auf die Strassen traten. Der Rückweg dauerte noch etwas länger, wobei sie den Kopf auch diesmal voll bei der Sache halten mussten. Nicht nur, weil sie sonst akuter Gefahr liefen, sich in dem Gassenwirrwarr zu verlaufen, sondern vor allem, weil auch hier Leute unterwegs waren, die sie potenziell gerade suchten. Ihr entging der Moment nicht, in dem sie das Zweierteam Soldaten kreuzten, deren Blicke für einen zu langen Augenblick auf ihnen klebte. Aber Gott sei Dank kam keiner auf die Idee, sie anzusprechen und sie überlebten den Ausflug unbeschadet. Auch das Haus, in dem sich die anderen aufhielten, schien in der Zwischenzeit nicht entdeckt worden zu sein und sie taten gut daran, mehrmals zu überprüfen, dass ihnen keiner gefolgt war, bevor sie durch die Tür ins Innere des provisorischen Quartiers schlüpften. Kaum eingetreten, hing Aryana auch schon der zierliche Körper ihrer Schwester am Hals, die wohl die ganzen letzten Stunden - oder wie viel Zeit auch immer vergangen sein mochte - am Fenster geklebt und auf ihre Rückkehr gewartet hatte. Aryana erwiderte die Umarmung sachte, ehe sie die junge Brünette behutsam von sich schob, um es Mitch gleich zu tun und das lächerliche, staubige Kostüm loszuwerden. Dabei stieg sie auch direkt aus den, mittlerweile mit Staub und feinen Steinchen gefüllten, Schuhen, ordnete die Haare zu ihrem standardgemässen Pferdeschwanz und deutete dann auf das Essen. "Bedient euch...", meinte sie dazu, ehe sie dankend eines der Gläser mit dem mittlerweile kalten Tee entgegennahm, welches Faye ihr und Mitch reichte. Trinken war sicher nicht schlecht, spürte sie die leisen Schmerzen doch längst im Hinterkopf. Wie man mit Burka trank, war ihr nämlich bisher - Achtung, extrem guter Wortwitz - ausgesprochen schleierhaft. (Ja, mein Humor brennt immer auf so hohem Niveau.) Da sich bisher keiner dem Essen zugewandt hatte, alle sie stattdessen weiterhin anstarrten, als hätten sie die Lösung aller Probleme bereit, ging Aryana ins Wohnzimmer, liess sich auf dem Sofa sinken. "Wir waren auf dem Markt, haben Essen geholt und sind dann in die Nähe des Stadtrandes gegangen, um uns die Situation von einem Dach aus anzuschauen. Die Grenzen sind dicht. Dort kommen wir nicht raus, aber möglicherweise woanders, ich bin mir noch nicht sicher. Da ist ein Fluss...", fasste sie in knappen Worten zusammen, was sie so lange getrieben hatten, liess auch gleich den Ansatz ihres Gedankenganges durchsickern, dem sie sich nachher sehr bald widmen musste. "Mitch, kannst du bitte erstmal sagen, ob du irgendwas aufgeschnappt hast, was von Bedeutung wäre? Irgendwelche internen Informationen, die jemand vom IS abgeknüpft hat? Pläne, Ziele, Suchaktionen, Anschläge..?", wandte Aryana sich dann ihrem Begleiter zu. Wer weiss, sie hatten sich bisher nicht ausgetauscht, war also durchaus möglich, dass er etwas Wichtiges zu sagen hatte, was sie in ihre Pläne einbeziehen sollte.
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Mir persönlich wäre es ja schon lieber gewesen, wenn ich zuerst einfach in Ruhe hätte essen können. Andererseits konnte ich es dem Rest des Trupps kaum verübeln, dass sie eben neugierig waren und wissen wollten, wie die Dinge denn jetzt wirklich standen. Es war nochmal etwas Anderes, ob man die Lage über Funk mitgeteilt bekam, oder ob man die Situation direkt von Jemandem geschildert bekam, der vor einem stand. Aryana übernahm sehr zu meinem Dank prompt Letzteres und so war ich zumindest für die ersten paar Sätze noch außen vor gelassen, konnte einen Moment lang noch durchatmen. Aber kaum hatte ich mich auf den einzelnen Sessel fallen lassen, schob die junge Frau auch direkt eine Frage zu mir rüber. Das Problem mit einer Antwort war nur, dass ich keine genaue geben konnte. Ja, ich hatte ein oder zwei Sachen aufgeschnappt, aber es war doch schwierig sie mit dem teilweise fehlenden Vokabular auch richtig zu deuten. Ich beherrschte die Sprache nicht fehlerfrei und schon gar nicht alle der Worte, die zugegebenermaßen in meinen Ohren teilweise auch ziemlich ähnlich klangen, wenn sie schnell genug gesprochen wurden. Demnach seufzte ich erst einmal hörbar, stützte dann den Kopf auf die Hand, die vom Ellbogen auf der Armlehne gestützt wurde, während ich an sich insgesamt ziemlich schief auf dem Sessel saß. "Naja... sie wollen wohl übermorgen mit dem Suchen anfangen, wenn sich bis dahin keiner ergeben hat. Also so richtig, alias Razzia... sie haben auch 'ne Uhrzeit erwähnt glaube ich, aber das hab ich nicht richtig verstanden. Ist also nur sehr wage..", erklärte ich dann, was ich von den Soldaten, die an uns vorbeigezogen waren, noch hatte mitnehmen können. Aber als es um die genaue Startzeit ging, waren sie schlicht schon zu weit weg gewesen, um noch irgendwas deutlich verstehen zu können. Der heutige Tag war auch schon wieder zur Hälfte vorbei, was hieß, dass wir uns definitiv sputen sollten hier weg zu kommen. Eineinhalb Tage konnten verdammt kurz sein, wenn man Zeitdruck hatte und eine ziemlich ausgefuchste Idee her musste, um den Feind zu umgehen. Denn anders ging es nicht. Mitten durch ging nicht, also mussten wir irgendwie außen herum, die gegnerischen Soldaten und Fahrzeuge gänzlich umgehen und das auch noch ohne Aufmerksamkeit in unsere Richtung zu lenken. Aber vielleicht ging das mit dem Fluss, den Aryana erwähnt hatte, ja tatsächlich irgendwie. Mit etwas Geschick und einer Portion Glück, aber Letzteres würden wir bei jedem Plan von hier raus zu kommen brauchen, egal welcher Weg es letztendlich wurde. Das Aufgebot, die Überwachung der IS-Soldaten war weit akribischer als sonst, besser durchdacht als gewöhnlich, so weit wie ich das mit dem groben Überschauen des Areals vorhin beurteilen konnte. Dabei wäre das bei dieser Anzahl von Wachposten nicht einmal nötig gewesen, würde es doch schon vollkommen ausreichen, uns einfach mit einem der MG's umzunieten, wenn wir uns zeigten. Es war also zwingend notwendig, dass wir vor der ersten richtigen Suchaktion der Idioten hier weg kamen, weil wir sonst ein ganz gewaltiges Problem haben würden.
Sie wartete mehr oder weniger geduldig auf Mitchs Antwort, die wenig später auch schon kam. Und tatsächlich kam da etwas durchaus Relevantes für ihr weiteres Vorgehen von ihm, für das allein sich das Rausgehen gelohnt hatte. Aryana kratzte sich nachdenklich hinter dem rechten Ohr. Übermorgen. Das war sehr knapp... Sie hatte auf mehr Zeit gehofft, um die Flucht optimal zu planen und vorzubereiten. Aber offenbar lag das nicht drin. "Diese Info könnte uns auf jeden Fall den Arsch retten... Falls wir es bis dahin schaffen", sprach sie langsam ihre Gedanken aus, die Stirn noch immer in tiefe Falten gelegt, während sie nachdachte und zu keinem rechten Ergebnis kommen wollte. "Ich werde mich erstmal mit Ragan unterhalten, falls keiner von euch noch was einzuwenden hat..?", wandte sie sich halb fragend nochmal an die ganze Runde, während sie schon dabei war, sich wieder zu erheben. In diesem Moment schüttelten alle vorerst den Kopf, weshalb Aryana dann die Versammlung verliess, um im Büro den Kontakt zum Lieutenant zu suchen. Nicht, weil sie die anderen nicht an dem Gespräch teilhaben lassen wollte - stand jedem frei, ihr Gesellschaft zu leisten. Aber sie sollten besser erstmal was essen, damit sie wieder zu Kräften kamen. Wiederum ein durchaus Relevanter Punkt, wenn es um ihre Flucht ging... Die Konversation mit Ragan dauerte fast eine Stunde, in der Aryana ihm alles schilderte, was sie herausgefunden hatten und gleich damit auch den einzigen Ansatz eines Fluchtplanes, der ihr bisher vorschwebte. Sie musste wissen, ob der Fluss speziell gesichert war. Mehr als nur von den steilen, steinigen Ufern aus. Ob sie mit Booten Kontrollen durchführten oder eine Schleuse eingebaut hatten. Ob das schmutzige Wasser geröntgt wurde, sie auf alles schossen, was sich darin bewegte. Irgendwas. Und Ragan versprach, ihnen so bald wie möglich weitere Informationen dazu zu liefern. Bisher hatte er nichts dergleichen entdeckt, was Aryanas Hoffnung auf ein Gelingen des Planes doch nochmal etwas wachsen liess. Denn eine andere Option hatten sie nicht und es war äussert zweifelhaft, ob ihnen in den eineinhalb Tagen, die blieben, noch was einfallen würde, wie sie diese Festung unbeschadet verlassen konnten. In einem Auto als Fracht getarnt klang jedenfalls weitaus unmöglicher. Zu gefährlich für ganze Zwölf Soldaten... Und sie wollte nicht auch nur einen von ihnen verlieren und dem grausamsten Tod überlassen. Ragan würde sich um eine ordentliche Ablenkung kümmern, weshalb dieser Teil der Arbeit ihnen schonmal entfiel. Irgendwas aus der Luft, hatte er erwähnt, aber was genau das sein sollte, würden er und sein Team sich ausdenken. Sie mussten aber selber dafür sorgen, dass sie zu irgendwas kamen, was sie als Schnorchel brauchen konnten. Denn einfach so Rausschwimmen kam nicht in Frage. Sie mussten Tauchen - und das lange. Am besten von dem Moment an, in dem sie ins Wasser stiegen, bis da, wo sie längst hinter der Stadtgrenze waren. Aryana hasste diesen Umstand ihres Planes selber, war Tauchen doch eine der Sachen, die sie mit am meisten hasste. Sie fast jedes Mal in Panik versetzten. Aber sie würde diesen Weg nicht wählen, wenn es einen anderen gab, also dachte sie vorerst gar nicht erst darüber nach, wie das Dreckwasser sie umgeben und in absolute Dunkelheit hüllen würde. Denn natürlich würden sie nachts fliehen. Und in diesen Fluss getaucht würde man wahrscheinlich selbst tagsüber die Hand nicht vor den Augen sehen... Nach der Lagebesprechung mit Ragan kehrte Aryana schliesslich zurück ins Wohnzimmer, bediente sich erstmal ebenfalls an dem Essen, welches sie nun wirklich lange genug vermisst hatte, wie ihr Magen sie deutlich spüren liess. Dann versammelte sie die Gruppe ein weiteres Mal um sich - alle, bis auf die zwei, die gerade Wache hielten. Und sie erzählte ihnen alles, was sie soeben besprochen hatte. Denn Erstens sollte für den Fall der Fälle, dass sie plötzlich getrennt wurden, jeder auf halbwegs aktuellem Stand sein, um eine Chance zur Flucht zu haben, und Zweitens konnte sie jede verfügbare Hirnzelle brauchen, die den Plan ausfeilen und die noch offenen Fragen beantworten konnte.
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Faye hatte fast zwei Stunden, die sich wie eine gottverdammte Ewigkeit angefühlt hatten, auf Nadeln gesessen. Sie hatte gehofft, Aryana und Mitch wären nach einer Viertelstunde zurück. Ja, vielleicht etwas optimistisch, aber der Markt war nicht sooo weit weg. Und schon die ersten Fünfzehn Minuten dauerten für die junge Brünette Stunden. Sie hatte sich in die Küche zurückgezogen, brühte ihren Tee, der den rostigen Beigeschmack des Wassers mehr oder weniger zu verdrängen vermochte und schaute der Flüssigkeit dabei zu, wie sie langsam zu brodeln anfing. Aber das ging trotz der alten Kücheneinrichtung viel zu schnell, weshalb sie anfing, in dem kleinen Raum hin und her zu tigern. Aryana war draussen, Victor holte seinen wohlverdienten Schlaf nach und sonst wollte sie auch keinem auf den Geist gehen. Aber sie verlor langsam die Nerven. Je länger je mehr... Faye verteilte den Tee unter den übrigen Männer, wobei Marvin sie kurzerhand dazu aufforderte, sich zu ihnen zu setzen. Weil ihm wohl kaum entgangen war, dass sie herumwuselte wie ein zerstreutes Bienchen. Er versuchte sie bestmöglich abzulenken, redete über Gott und die Welt, als würde ihn auch nur eine ihrer verwirrten Antworten und Gegenfragen wirklich interessieren. Als die Zeit aber weiter fortschritt und sie beinahe bei jedem Geräusch aufspringen wollte, auch die anderen Soldaten zunehmend unruhiger wurden, half selbst seine Ablenkung gar nichts mehr. Faye ging zum Fenster und wartete, wartete und hoffte. Bis endlich die zwei ungleichen Burkas heranspaziert kamen, sie mit einem „Sie sind da!“, sofort aufsprang und zur Tür stürzte. Und kaum war Aryana drinnen, fiel sie ihrer Schwester un den Hals, als hätte sie sie zwei Jahre nicht gesehen. Sie war so unglaublich erleichtert, nachdem sie wortwörtlich um ihr Leben gebangt und gezittert hatte. Die Erklärung für das lange Wegbleiben folgte wenig später. Die typische Aryana-Aktion sollte wohl keinen überraschen, aber Faye verdrehte innerlich trotzdem die Augen. Sie hatte versprochen, aufzupassen... Mal eben zum Stadtrand spazieren zählte Faye bei Gott nicht zu Aufpassen..! Sie hätten verdammt noch mal sterben können, es hätte nichtmal einen Fehltritt gebraucht, lediglich etwas weniger Glück! Aryana liess eine kurze Zusammenfassung der Ereignisse folgen, ehe sie auch schon wieder verschwand, um mit Ragan zu reden. Und Faye sank vollkommen durch auf den Teppich am Boden, blieb erleichtert aber genauso müde sitzen, den Kopf voll mit tausend Gedanken. Möglicherweise hatte ihre Schwester einen Plan. Vielleicht kamen sie raus. Nein, sie mussten raus. Wenn sie es bis morgen Abend nicht geschafft hatten, wurde es nicht nur brenzlig, sondern auch extrem tödlich...
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Ja, das blieb wohl zu hoffen übrig. Zwar konnte es nach wie vor sein, dass ich mich verhört hatte, sie vielleicht doch erst später mit der Suchaktion anfangen würden, oder möglicherweise sogar noch früher. Aber ich hoffte es einfach mal nicht, weil wir sonst noch mehr in der Scheiße sitzen würden, als sowieso schon. Vorerst vertraute ich dem Bruchteil des Satzes, den ich verstanden hatte, schenkte dem einfach Glauben. Es würde mich nur unnötig aufwühlen, wenn ich daran jetzt auch noch zu zweifeln begann. Deshalb nickte ich diesbezüglich nur noch einmal, bevor Aryana noch eine Frage hinterher schob. Auf diese folgte Nichts als knappe Nein's und leichtes Kopfschütteln, weshalb die Brünette schon kurz darauf den Raum verließ. Die anderen stürzten sich fast wie die Geier auf das mitgebrachte Essen, während ich sie sich erst einmal bedienen ließ und stattdessen Stück für Stück den Tee leer trank. Ganz einwandfrei schmeckte er nicht, aber das hatte ich auch nicht erwartet. Ansprüche stellen durfte man hier sowieso nicht. Weil mir nicht entging, wie gierig die Anderen waren, kniff ich die Augen ein klein wenig zusammen und richtete mich mehr auf. Hielt sie dazu an, kürzer zu treten. Im Idealfall sollten die Vorräte noch reichen, bis wir hier wieder weg waren, weil es riskant war noch einmal raus zu gehen, die Lage sicher nicht ruhiger oder weniger brenzlig werden würde, sondern viel mehr im Gegenteil. Es sei denn natürlich, einer von ihnen wollte gerne freiwillig einen Spaziergang an bewaffneten Soldaten vorbei machen. Das sagte ich ihnen auch ziemlich genau so, was sie innehalten und langsamer kauen ließ. Erst danach stellte ich den Becher auf dem staubigen, flachen Sofatisch ab und bediente mich selbst etwas an dem Brot, brach mir immer wieder kleine Stücke ab und schob sie mir in aller Ruhe zwischen die Kiemen. Langsam essen war das A und O, wenn man möglichst früh satt werden und Nahrung einsparen wollte, also hielt ich mich konsequent daran, obwohl mir wie den Anderen auch sicher mehr nach einem Festmahl war. Oder zumindest nach einer guten Portion Kantinenessen. Auch da wurde rationiert, aber natürlich weit weniger streng, als es jetzt hier der Fall war. Ich hatte nicht auf die Uhr geschaut. Wusste nicht, wie lange der Sergeant nun in ihrem provisorischen Büroraum gewesen war, aber ich war schon einige Minuten lang mit dem gemütlichen Essen fertig und hatte mich bis jetzt leise mit Jetman unterhalten. Aryana setzte uns darüber instand, was sie mit Ragan besprochen hatte und ich folgte ihren Worten aufmerksam. Es wurde also wirklich der Weg über... oder besser gesagt durch den Fluss. Wir würden unsere Köpfe einziehen und tauchen müssen, voraussichtlich mehrere hundert Meter oder gar mehr. Wir konnten nicht zu nahe an die Stadtgrenze heran, wenn wir in den Fluss einstiegen, da war das Risiko zu groß entdeckt zu werden. Direkt hinter den Stadtmauern wieder auszusteigen war auch nicht drin, ebenfalls zu riskant. Wir würden uns also lange Zeit unter der Oberfläche des schlammigen Wassers befinden, was psychisch gesehen doch eine gewisse Herausforderung sein würde. Für Einige von uns zumindest, da war ich mir sicher.
Ich würde es nicht als sehr langen oder erholsamen Schlaf bezeichnen, als ich es letztendlich aufgab, mich auszuruhen. Die Gedanken an die permanente, wachsende Bedrohung waren viel zu aufdringlich, als dass ich sie gänzlich hätte bei Seite schieben können. Zwar schlief ich insgesamt wohl knappe vier Stunden, lag danach dann aber in etwa eine halbe Stunde lang wach und richtete mich schließlich zum Sitzen auf, um mir über das müde Gesicht zu reiben. Ich brauchte keinen Spiegel, um zu wissen, dass ich nach wie vor nicht wirklich so aussehen konnte, als hätte ich eine gute Portion Schlaf hinter mir. Aber ich akzeptierte es wie auch sonst immer, wenn ich mehr wach lag, als zu schlafen. Vorerst rutschte ich an den Rand der eindeutig zu dünnen Matratze, zog mir erst einmal die Militärstiefel wieder an und stand dann auf, um mich fürs erste ausgiebig zu strecken. Die Muskeln, die sich so anfühlten, als wären sie noch nicht wieder so ganz kampfbereit, damit aufzuwecken versuchte. Erst, als sich mein Körper halbwegs durchgelockert anfühlte, griff ich noch nach der Jacke und warf sie mir über die Schulter. Ausrücken würden wir wohl kaum in unmittelbarer Zukunft, sonst hätte mich längst Jemand aus den Federn geschmissen, also reichte es vorerst sicher, sie nur mit runter zu nehmen. Es war schon wieder unfassbar warm und im Hausinneren schien keine Sonne, also mussten meine Arme auch gerade nicht vor Sonnenbrand geschützt werden. Als ich unten bei den Anderen ankam, durchbrach ich damit die Stille, die herrschte. Sie schienen sich alle angestrengt die Köpfe über ein Problem zu zerbrechen, zumindest sprachen das ihre Gesichtsausdrücke. Ich warf Faye ein kurzes Lächeln zu, bevor ich fragend zu ihrer Schwester sah. Aryana erklärte mir in kurzer Fassung, dass sie nicht nur Essen holen gegangen waren, sondern auch noch einen Ausflug in die Nähe des Stadtrands gewagt hatten, während ich mir etwas von dem übrigen Brot und einen Apfel nahm. Dass es inzwischen auch schon einen groben Plan gab, wie wir hier rauskommen würden und zugegeben war ich damit nicht so ganz glücklich. Ich war an sich ein guter Schwimmer und hatte auch mit dem Tauchen kein Problem, aber es war doch noch einmal etwas Anderes, wenn man zum Einen nicht wirklich Etwas dabei sehen konnte und zum Anderen auch noch eine halbe Ewigkeit unter Wasser war. Keinen Blick nach oben werfen oder entspannt Luft holen konnte. Da lag aktuell wohl auch der einzige große Haken, der noch beseitigt werden musste - die Sache mit dem Luft holen. Es war noch keine Lösung für eine Art von simplem Schnorchel da. Also begann ich ebenfalls nachzudenken, während ich nebenher in Ruhe aß, die leeren Energiereserven damit auffüllte soweit es eben mit den begrenzten Ressourcen möglich war. Meine Freundin - auch, wenn Faye und ich darüber so nie gesprochen hatten, war es doch ganz offensichtlich so - brachte mir nebenher ein wenig Tee, der noch lauwarm war. War wohl nicht mehr Teil der ersten Fuhre, die ich definitiv verpasst haben würde. Ich murmelte ihr ein leises "Danke.", zu, konzentrierte mich dann aber wieder darauf eine Möglichkeit zu finden, unterwasser an Sauerstoff zu kommen. Es musste zweifelsohne eine Art von dünnem Rohr oder Schlauch her. Auch, wenn ich keinen meiner Kameraden als Weichei einstufen wollte, würde Sowas wie ein Strohhalm - unabhängig davon, dass es Sowas hier vermutlich ohnehin nicht gab - über so eine lange Strecke doch zu leichter Atemnot führen und das könnte theoretisch einfach aus Instinkt Jemanden in Panik versetzen und zum auftauchen zwingen, was der sichere Tod von vermutlich uns Allen wäre. Ein etwas größerer Durchmesser wäre also schon wirklich von Vorteil. Wenn es eine Art Schlauch war, dann durfte er wiederum aber nicht wirklich biegsam sein. Wo gab es Sowas mit halbwegs passendem Durchmesser im Alltag in einem armen Land wie diesem? "Also ich hab keine Ahnung davon, ob die hier Sowas haben... aber von den Häusern im reicheren Viertel", konnte man an amerikanischen Standards gemessen so nicht nennen, aber sie würden schon wissen, was ich meinte. "haben sicher mehrere direkten Anschluss zum Fluss oder einem privaten, kleinen Brunnen. Wenn wir sowas wie einen Gartenschlauch finden, könnten wir den in mehrere Stücke teilen..", vollendete ich meinen Gedanken wörtlich nach einigen Minuten der nachdenklichen Stille, während mein Blick noch immer konzentriert auf dem Muster des Teppichbodens ruhte. Reiche Leute hatten immer Gärten, die im Idealfall schön aussehen sollten. Also brauchten die paar Pflanzen, die da wuchsen, auch Wasser. Sollten wir tatsächlich Etwas in dieser Richtung auftreiben können, hätte es sicher auch den Vorteil, dass die Farbe dessen unauffällig wäre und an der Wasseroberfläche kaum auffallen würde. Ich glaubte kaum, dass es hier so verrückte Hausfrauen wie in Amerika gab, die ihren Gartenschlauch gerne am liebsten in Neonpink hatten.
Aryana sah sich die Gruppe der Männer, die sie und ihre Schwester umgaben, ziemlich genau an und ihre Blicke und Gesichtsausdrücke waren ausserordentlich ernüchtert. Ja, keiner war begeistert von ihrem Plan. Aber das war in Ordnung - sie verspürte selber kein Bisschen mehr Freude bei diesem Gedanken. Aber sie mussten raus, das war ihr bester Plan bis jetzt und Aryana bezweifelte sehr stark, dass sich bis morgen Abend noch was anderes finden liess. Wie gesagt, sich auf einem Fahrzeug nach draussen zu schmuggeln, in irgendwelchen Fässern oder weiss Gott was, kam schlicht nicht in Frage. Erstens, weil die Fahrzeuge viel zu akribisch genau kontrolliert wurden und zweitens, weil sie sich niemandem anvertrauen konnten, der sie nach draussen beförderte. Niemand würde alles riskieren, sein Leben, seinen Ruhm, seine Familie, nur um ein paar Amis den Arsch zu retten. Und sie konnten keinem hier das Vertrauen entgegenbringen, dass er sie nicht einfach am Stadtrand auslieferte. Der IS hatte ein verdammt hohes Kopfgeld auf sie ausgesetzt, ein Betrag, der eine Familie über Generationen aus jeglicher Armut reissen und in die oberste Gesellschaftsschicht befördern würde. Ausserdem natürlich lebenslangen Schutz für jedes Mitglied besagter Familie. Es gab wohl keinen in diesem Land, in dem Familie so gross geschrieben wurde, der sie nicht schon allein aus diesem Grund verraten würde... Also kamen Verbündnisse schlicht nicht in Frage. Und so blieb der Fluss ihr einziger Versuch. "Ja, ein Schlauch wäre gut...", sinnierte sie als Antwort auf Victors Vorschlag vor sich hin. Also nochmal raus. Ein sehr unerfreulicher Teil dieser Feststellung, aber da führte wohl kein Weg dran vorbei. "Werden wir wohl nur erstmal einen suchen dürfen", murmelte Aryana mehr zu sich selber ein paar weitere Worte. Wir, im Sinne von sie selber... Natürlich.
Faye lauschte dem Plan und beobachtete die anschliessend eintretende, eher verhaltene Freude darüber. Ja, es gab wohl keinen hier, der wirklich motiviert war, in den Fluss zu tauchen. Und wie Aryana gesagt hatte: Falls jemand eine bessere Idee hatte, durfte er diese sehr gerne jederzeit auspacken. Bis dahin mussten sei aber mit dem arbeiten, was sie hatten und in diesem Fall war das Flusstauchen die beste Option, die sich ihnen bot. Ihr persönlich graute ja nicht weniger als jedem anderen hier vor der Dunkelheit, Kälte und dem Dreck, die sie in dem braunen Gewässer empfangen würden. Aber die Farbe des Wassers würde sie besser tarnen als irgendwas sonst. Und der Fluss war der einzige Ausgang aus dieser Stadt, der nicht rund um die Uhr komplett kontrolliert wurde. Sie gab sich Mühe, sich an den folgenden Überlegungen zu beteiligen, aber wirklich was beisteuern, konnte sie doch nicht. Victor meldete sich wenig später zu Wort, kam mit einer Idee zu den behelfsmässigen Schnorchel. Und es klang sogar relativ machbar. Das hiess nur, dass sie einen Schlauch finden mussten, was in diesem Haushalt eher nicht möglich sein dürfte. Also musste nochmal jemand raus, was Faye sofort auf ihrer Unterlippe herumbeissen liess. Nicht nochmal Aryana... Sonst kam sie wieder auf dumme Ideen. Und irgendwann würde sie für diesen dämlichen Mut nicht mehr mit Glück bezahlt werden. Irgendwann würde es sie was kosten und irgendwann würde sie den Preis nicht mehr zahlen können. "Ich kann raus.", der Satz war ausgesprochen, bevor sie wirklich so recht darüber nachgedacht hatte. Und Faye mied ganz gekonnt den entgeisterten Blick ihrer Schwester, die das ganz sicher nicht unterschreiben würde. "Ich bin unauffällig und wenn ich eine Burka trage, wird keiner auch nur die kleinste Frage stellen. Denn im Gegensatz zu allen ausser dir, bin ich eine Frau", wandte sie sich dann doch überzeugt an die einzige Person, die sie wirklich von ihrem Vorhaben überzeugen musste. Sergeant Aryana Marleen Cooper natürlich, die keinen rationalen Einwand zu diesem Vorschlag bieten konnte. "Ausserdem weiss ich, wo in dieser Stadt die Leute mit schönen Vorgärten wohnen", fügte Faye an und mittlerweile fand sie ihren eigenen Vorschlag doch äusserst... intelligent. Sie hasste es, immer auf das Werk der anderen bauen zu müssen. Wollte nicht immer nur profitieren. Sie war nicht in diesen Krieg gezogen, um sich dann dauernd hinter ihrem Team zu verstecken. Nicht, weil sie selber glänzen wollte, sondern weil sie es leid war, dass jeder andere sein Leben für sie aufs Spiel setzte. Irgendwann war sie auch dran und offensichtlich war Faye der Meinung, dass dieser Tag heute gekommen war. Weil schlicht niemand sonst besser geeignet war für diese Aufgabe als sie.
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So war das natürlich absolut nicht geplant gewesen - nicht, als hätte ich mir während meinem Vorschlag schon wirklich Gedanken darüber gemacht, wer letzten Endes die notwendige Suchaktion bestreiten und den benötigten Schlauch auftreiben würde. Aber dass der Mensch, der mir hier mit großem Abstand am meisten am Herzen lag, da raus ging und die Sache in die eigene Hand nahm war Etwas, das ich so im Traum nicht vorgeschlagen hätte. Niemals. Quasi nur über meine eigene Leiche, weshalb mir unweigerlich die Kinnlade runterklappte. Ich wusste, dass Faye mit dem, was sie sagte, Recht hatte. Sie war klein, von zierlicher Statur, warum sollte sie Jemandem unter einer Burka ins Auge fallen? Sie würde auf den ersten, wahrscheinlich auch noch auf den zweiten und auch dritten Blick einfach nur wie eine junge Frau wirken, die ganz normal ihrer Wege durch die Stadt zog. Aber sie konnte doch nicht einfach freiwillig ins Höllenfeuer spazieren und das auch noch so komplett unbewaffnet. Sollte sie wirklich Jemand in die Finger kriegen... Gott, ich wollte nicht einmal daran denken. Wahrscheinlich würde ich mir den Rest meines Lebens Vorwürfe dafür machen, obwohl ich nicht einmal Etwas dafür könnte. Faye war ebenso freiwillig in den Krieg gezogen wie ich selbst und obwohl ich unendlich dankbar dafür war, sie gefunden zu haben, wünschte ich mir genau in Momenten wie diesem doch nichts mehr, als dass sich die junge Frau nie verpflichtet hätte. Sie war nicht hierfür gemacht. Nicht, weil sie eine Frau war, sondern weil sie ganz einfach Nichts mit den Standards eines Soldaten zu tun hatte, wenn es um den Charakter ging. Bis auf den Mut vielleicht, den sie mit ihren Worten jetzt zeigte. "Du kannst doch nicht..!", setzte ich protestierend an, jedoch fiel mir nicht ein einziger guter Grund dafür ein, weshalb sie nicht gehen sollte - also aus rein taktischer, militärischer Sicht gesehen, meine ich. Für mich selbst war allein die Tatsache, dass ihr rein theoretisch Etwas zustoßen konnte, schon mehr als Genug Einwand. Aber das war ein Argument, dass sonst für Niemanden hier zählte. Außer ihre Schwester, aber die zählte in dieser Hinsicht leider auch nicht, weil sie mit ihr verwandt war. Weil sie nicht einfach nur Kolleginnen, sondern Schwestern waren.
Victor schien tatsächlich auch mal zu Etwas zu gebrauchen zu sein. Konnte auch anders, als nur den zitternden Invaliden zu geben, der bei ein paar Schüssen schon auf heißen Kohlen saß. Gut, auch das hatte sich inzwischen doch merklich gebessert, wenn ich es so mit seinem ersten Tag hier verglich, an dem der junge Mann angesichts seiner eigentlich vorhandenen Erfahrung nicht viel mehr hätte falsch machen können. Inzwischen war das nicht mehr so extrem, er schien zumindest halbwegs wieder dazu fähig zu sein, einen kühlen Kopf zu bewahren, was Gefechte anging. Aber wie auch immer - er brachte da einen gar nicht so verkehrten Vorschlag, der natürlich aber wie Alles hier einen Haken haben musste. So ein Gartenschlauch konnte schließlich nicht mit ein paar Flötentönen angelockt werden, der musste geholt werden. Vermutlich wäre es wohl auch schlicht zu einfach, wenn es ab jetzt hier keine Hindernisse in der ohnehin schon schlechten Situation geben würde. Zugegeben zog ich skeptisch die Augenbraue nach oben, als die jüngere Cooper sich für diese Aktion auch noch freiwillig meldete. Hatte sie den Mut heute mit Löffeln gegessen? War eine volle Dose mit dem Zeug unter den Einkäufen gewesen und ich hatte es nicht gemerkt? Ihr Vorschlag entsprang scheinbar aber wirklich nicht nur irgendeinem Hirngespinst, sondern basierte auf ziemlich unumstößlichen Tatsachen. Sie war nicht zu hoch gewachsen, würde im Rest der Stadtbevölkerung einfach untergehen und keine Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Natürlich entging mir - und vermutlich auch Niemandem sonst hier - nicht, dass es zwei Personen in diesem Raum gab, die weniger begeistert von dem recht guten Vorschlag waren. Genau das war auch der Grund dafür, dass man normalerweise weder mit Verwandten einquartiert wurde, noch einen Loverboy haben sollte. Ersteres basierte auf Connections und letzteres existierte ganz einfach nur wegen dem kameradschaftlichen Sinn der gesamten Gruppe. Denn wenn uns der Sinn danach stehen würde, könnte jeder Einzelne hier ohne Umschweife dafür sorgen, dass das Liebesglück ein jähes Ende fand. Tat aber keiner, weil man das ganz einfach nicht machte. Nicht einmal ich, obwohl es mir zunehmend auf die Nerven ging, weil es schlicht nur hinderlich war. "Und jetzt denken wir Alle nochmal kurz rational darüber nach. Lasst Faye gehen, mein Gott, sie ist unsere beste Chance... Aber klar, wenn du 'ne Kamikaze-Aktion durchziehen willst, dann kannst du gerne selber gehen, Victor. Du mit deinen unauffälligen zwei Metern.", ursprünglich wollte ich es bei den ersten beiden Sätzen belassen, aber Victor setzte danach erneut zum Reden an, was ich einfach mit weiteren Worten im Keim erstickte. Danach war er dann auch ruhig, was ich mit einem zufriedenen Nicken an mich selbst quittierte. Es waren keine netten Worte, aber manchmal war es eben genau das, was eine Person brauchte, um sich auf den Boden der Tatsachen setzen zu können. Es ging hier schließlich weder um die beiden Schwestern, noch um unser ach so tolles Liebespaar, sondern um das Leben jedes einzelnen hier anwesenden Soldaten.
Gottverdammt, wollte sie sterben??? Wieso? Wieso musste sie in den falschen Momenten so mutig sein?? Wieso wieso wieso war ihre Schwester so naiv? Wieso glaubte sie, dass Rausgehen für sie überhaupt eine Option war? Dass sie das einfach so machen konnte? Dass sie dafür geeignet war? Ja, verdammt, Aryana sah das Argument schon. Auch ohne Mitch, der alles, was Faye gesagt hatte, nochmal deutlich zum Mitschreiben für sie alle wiederholte. Faye wäre die perfekte Tarnung. Aber Aryana wollte das nicht hören, denn Faye wäre auch das perfekte Opfer. Und dann wäre sie tot. Und das kam überhaupt nicht in Frage. Sie wusste, dass jeder hier verstehen würde, wenn Faye nicht ging. Aryana und Victor waren ja nicht die Einzigen, die an den über Mut hinausragenden Fähigkeiten der jungen Brünetten zweifelten. Und es ging nichtmal um ihr Können, sondern schlicht um ihre insgesamte, absolute Wehrlosigkeit. Klar, wenn jemand von ihnen da draussen unbewaffnet erwischt wurde, würde es für jeden eher schlecht aussehen. Aber jemand anderes würde es vielleicht noch schaffen, würde vielleicht noch entkommen. Oder Aryana zumindest nicht komplett zerstören, wenn er nicht mehr zurückkam. "Ich geh mit. Dann sind wir schneller", beschloss sie nach langem Schweigen ganz schlicht, ohne irgendwelche anderen Worte zur Antwort zu brauchen. Die Kälte ihrer Stimme verriet mehr als deutlich, dass sie keine Widerrede duldete. Und keiner hier konnte ihr verbieten, das zu tun. Weil keiner hier ihr überhaupt was zu verbieten hatte - zumindest nicht wenns um solche Entscheidungen ging. Sie könnte theoretisch auch einfach beschliessen, dass Faye hier blieb. Und das war genau das, was sie am liebsten tun würde. Ihre Schwester in Watte gepackt in einen Schrank sperren, bis sie selber zurück war von dem Ausflug. Aber damit würde sie nicht gerade ihr rationales Denken unterstreichen und vor allem wusste sie ganz genau, warum Faye den Vorschlag gebracht hatte. Warum sie raus wollte. Sie kannte das gute Kind, seit sie geboren war, natürlich wusste Aryana, wo der Schuh drückte. Es war dumm und naiv und verdammt gefährlich, aber gleichzeitig gab es keinen Grund dafür, sie hier eingesperrt zu halten, wenn die Aufgabe, die sich ihnen stellte, für eine unauffällige Frau wie sie gemacht war.
Gut, jetzt hatte sie zwei Leute sehr wütend gemacht. Und zufälligerweise waren es genau die beiden Menschen, die sie eigentlich nicht wütend machen wollte. Faye blickte auf ihren Schoss runter, strich mit ihren Händen über ihre Oberschenkel, während sie das Urteil ihrer Schwester erwartete, das unweigerlich folgen musste. Aber es war Victor, der sich zuerst meldete, um ihr Unbehagen noch ein Bisschen zu steigern, während Aryana einfach schwieg. Denn selbst ihnen fiel kein guter Grund ein, weshalb sie eben nicht konnte. Weil es keinen gab. Sie war die perfekte Lösung, auch wenn nicht alle das einsehen konnten. Auch wenn nicht alle die Lage so rational betrachteten wie Mitch, der genau das allen gleich darauf nochmal ans Herz legte und dafür einen kurzen, fast schon dankbaren Blick der Brünetten erntete. Sie unterstützte zwar den Ton darin nicht, mit dem Mitch sich an Victor wandte, aber die Worte entsprachen halt eben schlicht der Wahrheit. Wenn jemand eine solche Aktion unauffällig durchziehen wollte, dann hatte sie die besten Chancen, dies zu tun. Wieder zuckte ihr Blick zu ihrer Schwester, als diese sich schliesslich nach einer langen Pause zu Wort meldete. Und Faye schloss kurz die Augen, massierte sich mit einer Hand die Stirn. Das hätte sie kommen sehen sollen. Natürlich kam Aryana mit. Natürlich liess sie sie nicht alleine gehen, auch wenn sie das genauso gut alleine konnte. Sie war immer noch Aryana, und Aryana würde genauso alles tun, um ihre Schwester zu beschützen, wie das umgekehrt der Fall war. Daran gab es nichts zu rütteln und weil das Wort eines Sergeants sehr viel stärker gewichtet wurde, als das eines Medicals, lohnte sich hier auch keine Widerrede. Würden sie also zusammen gehen, auch wenn das absolut nicht die Idee gewesen war. Immerhin war Aryana als Frau aber eine bessere Option als Victor... Und verdoppelte automatisch die Notwendigkeit, von dem kleinen Ausflug heil wieder zurückzukommen. „Dann sollten wir gehen..“, meinte Faye langsam, erhob sich dabei auch schon vom Boden. Sie mussten zurück sein, bevor es dunkel wurde, weil zwei Frauen, die in der Abenddämmerung herumschlichen, unwillkürlich ettliche Fragen aufwarfen. Sich dabei ausserdem Gefahren aussetzten, die über die Soldaten des IS hinausgingen. Auch wäre es besser, die Schläuche heute zu besorgen, damit sie notfalls reagieren konnten, wenn sie keine fanden oder sich ihnen sonst ein Problem stellte.
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So wie fast immer, wenn der komplett tätowierte Typ den Mund aufmachte, war seine Wortwahl eher karg und ziemlich wenig nett. Ich wollte Etwas dagegen sagen, aber es gab schlicht und ergreifend Nichts, was ich darauf hätte erwidern können. Auf den ersten Blick war ich von den hier anwesenden Soldaten der größte Kerl, also in jeder Hinsicht der, der am allerwenigsten mit von der Partie sein sollte. Es war schon ein Wunder, dass Mitch heute Morgen nicht aufgefallen war. So viel kleiner als ich war er nämlich auch nicht. Das hieß aber nicht, dass mir wegen seiner Argumente - oder Fayes' - die Geschichte besser schmecken musste. Ich wollte die junge Frau noch immer nicht gehen lassen, weil da draußen an wirklich jeder Ecke Gefahr lauerte. Aber es gab Nichts, womit ich sie davon hätte ablenken können, also schwieg ich und senkte den Blick erneut auf den staubigen Teppich auf dem Boden. Immerhin ordnete Aryana wenig später an, dass sie ihre Schwester nicht alleine rausgehen lassen würde. Ganz wohl war mir auch dabei nicht, aber es war immernoch besser, als wenn Faye wirklich ganz allein rausgehen würde. Ihre ältere Schwester würde tunlichst vermeiden wollen, dass dem kleinen Ding Etwas passierte und das war auch schon Alles, worauf ich in dieser Angelegenheit bauen konnte. Denn auch, wenn Aryana ganz sicher nicht ohne Grund ihr Amt als Sergeant bestritt, war auch sie immernoch eine Frau. Insgesamt war sie sicher mental und auch körperlich stärker als ihre jüngere Schwester, aber einem halbwegs fitten Mann vollkommen unbewaffnet Etwas entgegen zu setzen würde auch ihr nicht leicht fallen. Je länger ich diesen Gedankengang verfolgte, desto mehr redete ich mir auch diesen eigentlichen Pluspunkt wieder madig und versuchte deshalb, mich jetzt auf den Apfel zu konzentrieren, den ich erst zur Hälfte gegessen hatte, während die beiden Frauen des Teams drauf und dran waren, sich in ihre Tarnung zu werfen. Es dauerte einige Minuten, bis sie letztendlich zum Aufbruch bereit waren. Bis dahin hatte ich den verwertbaren Teil des Obstes vernichtet und der übrige Rest wanderte in unseren provisorischen Mülleimer, der vorher wohl eher ein kleiner Wassertank für Notfälle gewesen war. Nur, weil hier keiner mehr wohnte, mussten wir Abfall schließlich nicht überall herumliegen lassen und uns wie Tiere benehmen. Als die beiden Frauen dann aber endgültig die Tür ansteuerten, löste ich mich doch nochmal von der Kommode, an die ich mich in der Zwischenzeit gelehnt hatte, um zu Faye zu gehen. Sie zumindest für eine kurze Umarmung in meine Arme zu ziehen und ihr die kaum hörbaren Worte "Pass' auf dich auf..", zuzumurmeln. Danach warf ich ihrer älteren Schwester noch einmal einen kurzen Blick zu, sagte aber Nichts. Ihr brauchte ich nicht mitzuteilen, dass sie mir meine Kleine wieder heil zurückbringen sollte, war das ohnehin auch ihr eigenes Interesse. Der Hauptgrund, warum sie überhaupt mitging.
Gut, hatten wir das also geklärt und Alle schienen sich damit einig zu sein, das sonst meistens ziemlich unbrauchbare schlanke Ding diese Aufgabe übernehmen zu lassen. Fayes Blick erwiderte ich nur für einen kurzen Moment lang, bevor ich wieder zu den Anderen sah und auch sie selbst die Augen wieder abgewendet hatte. Es war wohl für jeden hier ziemlich offensichtlich, dass die Sanitäterin nicht wirklich Etwas im Krieg zu suchen hatte. Selbst, wenn sie uns im Ernstfall notwendige Ersthilfe leistete, wäre sie allein nicht fähig, uns auch weit genug aus dem gefährlichen Bereich zu tragen. Es wäre absolut utopisch zu glauben, dass sie auch nur einen von uns Kerlen hätte stemmen und wegbringen können. Wegziehen, ja, das ginge vermutlich noch. War aber je nach Verletzung dann auch sehr, sehr unangenehm für den Leidtragenden und dauerte in jedem Fall länger, war also gleichzeitig auch gefährlicher. Wenn Faye sich also außerhalb ihres medizinischen Bereichs ausnahmsweise mal nützlich machen konnte, dann hieß ich das durchaus willkommen, war sie in meinen Augen ansonsten eher ein ziemlicher Klotz am Bein. Grundausbildung hin oder her, sie war kein Soldat und bedurfte unweigerlich etwas Aufsicht, die man sich in manchen Situationen schlicht und ergreifend nicht leisten konnte. Außerdem ging ihre Schwester scheinbar mit, die das ja getrost allein entscheiden konnte und auch keine Widerrede von uns Anderen damit zu erwarten hatte. War bestimmt trotzdem sicherer, als wenn ihre wesentlich unerfahrenere Schwester allein da raus spazierte und Aryana selbst war ja auch nicht auffälliger, als ihre zweite Hälfte. Also nickte ich das ebenfalls bewilligend - als hätte ich dabei was zu sagen, haha - ab und nahm mir dann noch etwas Tee aus der Kanne. War für mich erledigt das Thema und für den Rest wohl auch, weil die beiden jungen Frauen sich dann auch schon abwandten, um sich in ihre Kutten zu werfen. Natürlich musste wieder Mal ein kurzes Abschiedsdrama folgen, bei dem ich nur für mich selbst den Kopf schüttelte und gar nicht weiter zusah. Mich stattdessen der Flüssigkeit in der alten Tasse, die ich in den Händen hielt, widmete, weil ich sonst womöglich noch einen unpassenden Satz einwerfen würde. Also beließ ich es beim Schweigen, bis die Coopers schließlich aus dem Haus waren und die Tür wieder einbruchssicher gemacht worden war. Victor ließ sich mit einem entkräftenden Seufzen unweit von mir und meinem Sessel aufs Sofa fallen, wobei ich ihn musterte. "Ihr solltet nicht zusammen ausrücken.", stellte ich dann doch nochmal wörtlich fest, sprach meinen Gedanken aus. Es folgte ein fast kleinlautes "Ich weiß..", seinerseits, wobei er meinen prüfenden Blick gekonnt weiterhin mied. Er wusste schon, warum.
Aryana klopfte den Stoff der Burka, welche noch immer etwas mitgenommen aussah von heute Morgen, gut aus, bevor sie sich erneut damit einhüllte. Sie schlüpfte in die Schuhe und wartete, bis Faye es ihr gleich getan hatte. Dann folgte eine kurze Verabschiedung und Aryana nickte Victor kaum merklich zu, als sein Blick sie traf. Wusste sie doch ganz genau was er sagen, aber nicht aussprechen wollte. Sie würde Faye zurückbringen und zwar in einem Stück, darauf konnte hier jeder Gift nehmen. Weil was anderes niemals in Frage kam. Wenn sie es auch nicht für Victor sondern für sich selber tat. Denn was die kleine Liebesgeschichte zwischen ihrer Schwester und dem grossgewachsenen Mann betraf, so war auch Aryana durchaus bewusst, welches Risiko sowas barg. Sie war nicht grundsätzlich dagegen, weil sie wusste, dass Faye jemanden (oder zwei, oder drei) brauchte, der ihr den Rücken stärkte und mit dem sie reden konnte. Und sie fand es auch gut, wenn ein zweites Augenpaar ständig dafür sorgte, dass die Brünette sich nicht unnötig oft selber in Gefahr brachte. Wenn auch noch jemand anderes auf Faye aufpasste. Aber die Gefühle waren halt doch auch gefährlich - weil sie ablenkten, weil sie verwirrten. Und weil sie verboten waren... Doch darüber konnte sie sich gerade beim besten Willen nicht auch noch den Kopf zerbrechen. Auch wenn es wirklich nicht gut war, dass mittlerweile jeder von dem süssen Geheimnis wusste. Machte die Sache nur unnötig kompliziert und risikoreich... Draussen schlängelten sich die beiden Cooper-Töchter erstmal fast eine halbe Stunde durch die Nebengassen, gingen geschickt jeglichen Begegnungen aus dem Weg, die potenziell Fragen aufwerfen dürfte. Auch wenn sie wirklich durch und durch harmlos aussahen. Wie zwei heimische Frauen, die was zu erledigen hatten eben. Grundsätzlich waren Frauen ja sowieso nicht das, was der IS suchte. Sie wussten zwar, dass in der Amerikanischen Armee Soldaten beider Geschlechter zugelassen waren, aber da der weibliche Anteil wesentlich tiefer lag, hielten sie wohl primär Ausschau nach Männern. Noch ein Vorteil dieser kleinen Aktion hier. An ihrem Ziel angelangt trennten sie sich erstmal, um in kürzerer Zeit ein grösseres Gebiet nach einem Gartenschlauch abzusuchen. Stand nicht unbedingt in Aryanas Sinn - aber sonst hätte sie genauso gut einfach alleine gehen können... Als sie sich nach knapp fünfzehn Minuten wieder trafen, standen sie beide noch mit leeren Händen da, wobei Aryana schon einmal fast erwischt worden wäre und sich nun deutlich unruhiger immer wieder umsah. Und doch gingen sie eine Strasse weiter, trennten sich erneut. Bis Faye plötzlich früher als erwartet wieder vor ihrer Schwester stand - durch den Burka strahlend wie ein Marienkäfer. Sie hielt das Objekt ihrer Begierde in den Fingern wie eine verbotene Trophäe, was Aryana sofort ebenfalls lächeln liess. Und dann packten sie den Schlauch in die Tasche und gingen auf so direktem Weg wie möglich zurück. Wobei die Brünette weiterhin immer und immer wieder unauffällige Blicke über die Schulter zurück warf. Niemand schien ihnen zu folgen. Niemand schien sich überhaupt für sie zu interessieren. Aber wirklich beruhigt fühlte sie sich trotzdem nicht. Wahrscheinlich wurde sie einfach paranoid unter der Anspannung, dem Wissen, dass ein Aufeinandertreffen mit der falschen Person den Tod bedeuten würde.
Es tat ihr leid. Sie wollte sich bei Victor entschuldigen dafür, dass sie ihn nicht vorgewarnt hatte. Dass sie einfach so ging und ihn in der Ungewissheit sitzen liess. Aber es war nunmal der einzige Weg, wenn sie Aryana nicht einfach alleine gehen lassen wollte. Und das wollte sie nicht, konnte sie nicht. Faye schlüpfte in die Burka und die fremden Schuhe, kam nicht umhin, sich für eine Sekunde zu fragen, was mit der Vorbesitzerin dieser Kleidung wohl passiert war. Aber das war eine nicht zu beantwortende Frage, weshalb sie mehr zu sich selber den Kopf schüttelte und sich stattdessen Victor zuwandte, dessen Umarmung sie sanft erwiderte. "Ja... es tut mir leid, Victor. Aber ich versprech' wir passen auf - bis später", flüsterte sie, nur für seine Ohren bestimmt, zurück. Dann gingen sie raus und schwiegen während ihrer knapp drei Kilometer langen Stadtwanderung vor sich hin. Erst, als sie das reichere Viertel erreicht hatten, sprachen sie wieder mehr als ein paar Worte miteinander, um auszumachen, wer in welche Richtung die Häuser absuchte. Zuerst führte diese Suche zu keinem Erfolg - selbst wenn einige der Vorgärten mit Pflanzen dekoriert waren. Was irgendwie ernüchternd war, denn wenn sie den Schlauch nicht aus einem Garten auftreiben konnten, wusste Faye nicht, wo sie ihn sonst herbekamen. Einen Laden zu finden, der Schläuche verkaufte, dürfte schwer werden. Zudem sprachen und verstanden sie beide überhaupt kein Arabisch, würden also weder danach fragen, noch irgendwas anderes sagen können. Schwierig. Die Frage erübrigte sich aber, als sie eine Strasse weiter gingen und Faye nach kaum zehn weiteren Minuten des Suchens schliesslich die erhoffte Entdeckung machte. Der grüne Schlauch war nicht unendlich lang aber das war eigentlich auch besser für den Abtransport. Ausserdem würde es trotzdem reichen, um jedem ein hoffentlich ausreichend langes Stück zu basteln, damit sie die Flucht überlebten. Glaubte sie, so vom blossen Augenmerk abgeleitet. Faye brachte ihre Errungenschaft zu Aryana ein paar Häuser weiter und wenig später befanden sie sich schon wieder auf dem zügigen Rückweg. Aryana wirkte unruhig, aber Faye wollte gar nicht nachfragen, warum. Sie war jetzt auch nicht unbedingt entspannt - brauchte also wirklich nicht noch zusätzliche Informationen, die sie nervöser werden liessen... Und so gingen sie erneut schweigend die ganze Strecke zurück, bis sie die bekannte Häuserzeile vor sich hatten. Diesmal war es nicht nur Aryana, die sich nochmal gut umschaute, aber weiterhin niemanden im Schatten der Gebäude ausmachen konnte. Also gingen sie auf den Eingang zu, hinter dem sich sofort etwas regte, weil die Wache sie längst gesichtet haben dürfte.
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