...ich habs auch nicht gemerkt... x'D Ach jeee, nicht schon wieder ;_; Vielleicht diesmal nur kurz, zur Abwechslung? ._. __________
Es reichte nicht? Wenn es nicht reichte, warum machte er sich dann die Mühe? Okay, das war dummes Denken - er hatte ihr immerhin nicht gesagt, wie viel Geld er damit zustande bekam und was ihm dann noch fehlte. Nur, dass es noch nicht alles war, was ihn ans Ziel brachte. Wie viel brauchte er denn überhaupt? Und wozu? Sie hatte sich bisher noch gar nicht überlegt, wonach den Ausgeburten der Hölle der Sinn stehen könnte, dass sie sehr viel Geld brauchten, welches sie nicht selbst mit ein paar ihrer üblichen Diebstählen zusammenkratzen konnten. Ein Gedanke für später wahrscheinlich, weil es gerade nicht relevant war. Und es könnte alles sein. Von einem Haus am Meer bis zu... einer Kaution in einer Höhe, die das Gesetz biegen konnte. Bei Mitch hatte das auch geklappt. Warum nicht bei Sean? Es wäre eine absolut ungesunde Form von Humor, wenn die Hernandez' tatsächlich ausgerechnet Ryatt das Geld zusammenkratzen liessen, das es brauchte, um die Strafe ungeschrieben zu machen, welche nur dank Ryatt überhaupt erst verfügt worden war. Aber es war plausibel. Je länger sie diese Möglichkeit in Betracht zog umso mehr. Es passte etwas zu gut in die Muster dieser selbstgerechten Verbrecher. Nur wusste Faye wirklich nicht, wie zur Hölle Ryatt im eben genannten halben Jahr eine verdammte Kaution gegen 30 Jahre Knast verdienen sollte. Sie wusste nur, dass niemand geringeres als sie persönlich es gewesen war, die ihn dazu überredet hatte, bei der Polizei gegen Sean auszusagen. Damals, als sie noch geglaubt hatte, die Polizei spiele gerecht. Hätte sie es nicht getan, wäre Ryatt vielleicht an seinen inneren Verletzungen gestorben. Vielleicht hätte sie ihn trotzdem noch ins Krankenhaus gebracht. Und Sean hätte ihn dann trotzdem gesucht, hätte wohl trotzdem bei ihr vorbeigeschaut und sie hätte trotzdem nichts besseres zu erwidern gewusst, als das, was ihr zum Verhängnis geworden war. Sean wäre an diesem Tag also trotzdem abgeführt worden. Aber ohne Ryatts Aussage wäre er wahrscheinlich nicht lange hinter Gitter gewandert, je nachdem, wie viel Vorbelastung er schon aufgewiesen hätte und wer sonst noch so gegen ihn ausgesagt hätte. Ryatt wäre selbst in den Knast geführt worden. Und irgendwer hätte sich trotzdem an ihr rächen wollen. Alles Hypothesen, nutzlose Hirngespinste, die einmal mehr bewiesen, wie schwammig die Schuld verteilt war. Vielleicht war sie es, die Victor und Ryatt und sich selbst ins Verderben gestürzt hatte. Vielleicht war es Ryatt. Vielleicht auch einfach das Schicksal und irgendein sehr, sehr übles Karma für was auch immer. Auf jeden Fall sassen sie jetzt hier... "Aber bitte versprich mir trotzdem, dass du auch auf dich aufpasst, Ryatt... Bitte mach' keine sehr dummen Sachen, bloss weil du darin die Lösung siehst. Nichts, womit du dich noch mehr in Gefahr bringst...", murmelte sie in seine Richtung, weil auch das ein Grund für noch mehr Angst und schlaflose Nächte ihrerseits war, das wusste sie etwas zu gut. Sie würde ihm lieber direkt ihr Vermögen überweisen, damit er das Geld zusammenbekam und die Sache vom Tisch war. Aber sie wusste bestens, dass das, was da auf ihrem Sparkonto schlummerte, wahrscheinlich nur ein Tropfen auf dem heissen Stein wäre. Ausserdem würde er es wohl nicht annehmen wollen. Oder vielleicht schon, wenn er jetzt die Aussicht hatte, genug zu verdienen, um es bald zurückzuzahlen... Nur leider trotzdem viel zu wenig. Sie wollte auch gar nicht, dass Ryatt mehr für sie tat, als auf sich selbst Acht zu geben und es mit den Hernandez' möglichst nicht noch mehr zu verscherzen. Aber die Gewissheit, dass ihr keiner garantieren konnte, ob das am Ende genügte, wog unendlich schwer auf ihren Schultern. Das Bedürfnis, sofort abzuhauen, war also ziemlich ausgeprägt. Doch Ryatt hatte natürlich Recht: Es wäre auffällig und damit gefährlich für ihn. Und wenn jemand Verdacht schöpfte, dass sie etwas wusste, wurde das zwangsläufig auch gefährlich für sie. Sie konnte also nicht mehr tun, als seinem Rat Folge zu leisten. Auch wenn sie sich wirklich fragte, ob sie so noch ruhig schlafen konnte. Jede Nacht alleine in ihrer kleinen Wohnung. War nicht so, als wäre sie nicht jetzt schon ziemlich paranoid, was das Abschliessen und Wohnung kontrollieren vor dem Zubettgehen betraf. Aber vielleicht musste sie sich wirklich überlegen, ob sie nicht besser nochmal umzog. In eine WG, mit irgendwem, der keine Angststörungen, keine PTSD's, keine Paranoia und allgemein einfach keine psychischen Störungen hatte. Jemand, der den Schlüssel aber zur Sicherheit trotzdem jedesmal doppelt im Schloss drehte, wenn er oder sie nachhause kam. Jemand, der oder die auch keine Fragen stellte, wenn sie ihren paranoiden Kontrollgängen nachkam. Viel Spass bei der Suche. "Ich werds versuchen...", und viel mehr konnte sie nicht versprechen, weil sie nicht wusste, wie sich ihre Psyche mit diesen neugewonnenen Erkenntnissen anfreunden würde, was das für Auswirkungen auf ihr Verhalten haben würde.
Perfekt... x'D Mein Husten vom letzten Mal war ja noch gar nicht ganz wieder weg und jetzt isser wieder schlimmer. Wunderbar, wirklich. Die Leute im Kino vorhin haben sich bestimmt drüber gefreut. Ich war aber auch by far nicht die einzige, die da gehustet hat... wär der Sound nicht so laut gewesen hätte man wahrscheinlich alle zehn Sekunden Jemanden keuchen hören, lel. x'D _____
Ein kurzer Seitenblick in Fayes Richtung verriet mir, dass sie sich womöglich mehr den Kopf über das Geld zerbrach, als gut für sie war. Wobei streng genommen sowieso nichts von alledem hier gut für sie war. Ich hatte wirklich nicht vor, noch mehr dumme Kurzschlussreaktionen zu treffen, die mich - und damit in den meistens Fällen zwangsläufig uns beide - noch tiefer im Elend versenkten. Auch das war einfacher gesagt als umgesetzt, aber ich wollte dem Ganzen ein für alle Mal ein Ende setzen. Ziemlich sicher war das nämlich auch eines der Dinge, die mir den Kopf so kaputt machten. Permanent unterbewusst das Gefühl zu haben, dass man möglicherweise verfolgt wurde, konnte nicht gesund sein. Erst recht nicht, wenn sich das bewahrheitete. Andererseits konnte es eigentlich auch nicht mehr viel schlimmer werden, als mit den Kriminellen im Nacken und Easterlin als gefühlt allmächtigem Chef, oder? "Versprochen... keine dummen Ideen mehr.", versprach ich mit bemüht ruhiger Stimme, aber es war schwer zu verbergen wie aufgewühlt ich nach wie vor war. Denn auch Faye klang nur so semi-zuversichtlich, was die Zukunft anging. Es tat mir leid, dass ich ihr diese immense Bürde ein zweites Mal auflud, aber es hatte sich richtig angefühlt. Dabei war das sogar eigentlich nur die halbe Geschichte. Es fühlte sich wiederum auch nicht gut an, ihr hier nur Halbwahrheiten aufzutischen, aber ich konnte nicht hierher kommen und ihr direkt ins Gesicht sagen, dass Gil gefühlt hinter der nächsten Straßenecke auf sie lauerte. Das würde ihre ohnehin schon vorhandene Panik ziemlich sicher so weit anfachen, dass sie fliehen würde... und dann waren wir beide am Arsch. Unter den eigentlichen Gegebenheiten trotzdem noch auf ihren Verstand zu hoffen wäre ziemlich unrealistisch. Ich wusste aber auch nicht, was ich sonst noch hätte sagen sollen. Die größten und schlimmsten Brocken hatte ich ihr jetzt serviert, es gab nichts schönzureden. Ein Themawechsel war aber auch schwierig. Man sprach nicht erst über die Hernandez und danach übers Wetter. Ich schwieg also einen Moment, bevor ich in meinem Kopf eine Randinformation fand, die zumindest ansatzweise mit dem Treffen hier und dem vorherigen Thema zu tun hatte. "Den Job in der Bar hab ich leider an den Haken hängen müssen... und ich werde zumindest die erste Zeit über direkt auf dem Gelände wohnen. Hat diverse Vorteile... und die Wohnung war sowieso Mist." Ich schüttelte für mich selbst ein wenig den Kopf über diesen Schandfleck aus Wänden. Besonders dünnen Wänden, wohlgemerkt. Auf der Arbeit zu wohnen war zwar ein zweischneidiges Schwert, aber zumindest zu Beginn war das wichtig. Vor allem dafür, meine zukünftige Arbeit möglichst perfekt machen zu können. Nicht nur die Arbeit für Easterlin, sondern auch den Job der Hernandez. "Nur falls das nochmal relevant wird, meine ich...", hängte ich leiser an, ohne nochmal zu ihr rüber zu sehen. Konnte ja auch nach wie vor sein, dass Faye den Kontakt abbrach. Dann würden wir uns nicht mehr treffen und es konnte ihr am Allerwertesten vorbeigehen, wo sie mich fand oder wo ich wohnte. Trotzdem setzte ich meine Hoffnung auf ihre zu gute Seele, was das betraf. Außerdem war das Schweigen schon nach gefühlt zwei Sekunden hochgradig unangenehm geworden.
◈ It's so hard to forget pain, but it's even harder to remember sweetness. We have no scar to show for happiness. ◈
...ich male mir das Bild zu diesem Kinobesuch wohl gerade etwas zu Lazarett-mässig aus... Mit lauter Hintergrundmusik. x'D ______________
Sie hoffte mal, dass er sich an dieses Versprechen halten konnte. Dass nicht irgendwann plötzlich eine dieser dummen Ideen in seinem Kopf auftauchte und ihm keine Ruhe mehr liess, bis er ihr Gehör schenkte. Weil sie wie das rettende Seil, welches einsam und als einzige Option über dem Abgrund pendelte, wirkte. Aber darauf musste sie nun einfach vertrauen, fest dran glauben, dass Ryatt diesmal wusste, was er machte und womit er spielte. Diesmal kannte er seine Gegner und er würde nicht ein zweites Mal den Fehler machen, diese zu unterschätzen. Seinetwegen nicht und ihretwegen nicht, bitte... Es kehrte ein kurzer Moment der Stille ein und das war wahrscheinlich für sie beide nicht gesund. Fayes Gedanken würden noch lange keine Ruhe finden, kreisten fröhlich weiter um jegliche Optionen der Zukunftsgestaltung, die ihr zusammengefasst alle überhaupt nicht gefielen. Es war einfach jämmerlich. Sie war endlich dabei gewesen, ihre Psyche in den Griff zu bekommen, also so richtig. Hatte sie geglaubt. Sie hatte sich bemüht, weil sie wollte, dass es ihr besser ging, weil sie ein normales Leben leben wollte und auch, damit Victor sehen würde, dass sie nicht stehengeblieben war. Dass sie endlich zu der Frau werden würde, die er verdiente und wirklich an seiner Seite brauchte. Aber die letzten fünfzehn Minuten hatten diese neugewonnene Stabilität sehr schwungvoll über den Haufen geworfen. Wie sollte sie nicht mehr paranoid sein, wenn sie gleichzeitig trotzdem übervorsichtig sein musste, um nicht plötzlich wieder in einen Transporter geschleppt zu werden? Oder welche Methode auch immer diesmal zum Zug kommen könnte. Sie war sich sicher, die Hernandez hatten noch eine ganze Menge Ideen, wie sie den Terror auf Ryatt oder eben auch sie ausschmücken könnten. Besser, Ryatt redete über seine Wohnsituation... Sie hatte sich zwischendurch schon gefragt, wie es bei ihm wohl weitergegangen war. Aber eigentlich war sie bis heute stark davon ausgegangen, dass er noch immer in der Bar tätig war, den Job hatte er ja sehr gerne ausgeübt. Leider passte er aber scheinbar nicht in den neuen Lebensstil. Ebenso wenig wie die neue Wohnung, von der sie nie was gewusst hatte. Sie zog etwas die Augenbrauen hoch, blickte kurz zu Ryatt rüber. Das waren nebenbei bemerkt schon wieder mehr Informationen als von ihrem rauchenden Gehirn erlaubt in einem Satz. "Auf dem Gelände..? So wie ich das bisher mitbekommen habe, ist das aber nicht unbedingt zugänglich für Aussenstehende, oder?", sie meinte, sich daran zu erinnern, dass Aryana und Mitch diese Option ebenfalls offen gestanden hatte. Aber die beiden waren bekanntlich offene Hater ihres Arbeitgebers, würden also ganz sicher nicht auch noch in seinem Hinterhof wohnen wollen. "Das bedeutet dann wohl, dass du sicher nie Besuch bekommen wirst... Und das hat den grossen Vorteil, dass du zumindest nachts ruhig schlafen kannst, oder? Weil sie dich sowieso nicht erreichen können, solange du hinter den Mauern bist", führte sie ihren Gedankengang zu Ende. So wenig Easterlins Wohnungen für Aryana und Mitch je eine Präferenz dargestellt hätten, so sehr könnten sie nun in Ryatts Fall doch viele Vorteile bieten. Natürlich konnte er sich nicht immer dort verstecken, aber wenigstens würde er nachts in seiner Wohnung keine Angst haben müssen, gleich aus dem Bett gerissen zu werden. Ansonsten eine plausible Gefahr, wie sie hier unterschreiben könnte.
Danke für das wundervolle Kopfkino... *noch ne ganze Oper im Hintergrund einblend* x'DD _____
Die Hernandez zweifelsfrei auf Distanz halten zu können war einer der von mir angesprochenen Vorteile. Denn es würde wohl niemals Jemand, der nicht für Easterlin arbeitete oder plante Geschäfte auf militärischer Ebene mit ihm zu machen, jemals dieses Gelände betreten. Da waren ein paar sehr hohe Zäune, massenhaft Überwachungskameras und nahe der Grenze sogar in der Luft patrouillierende, automatisierte Drohnen, die auf 360° Rundumsicht Überwachungsvideos aufzeichneten. Wenn also irgendwer auf die überaus schlaue Idee kommen würde, mich besuchen zu wollen, dann wäre das ein saftiger Schuss in den Ofen. Ein Täterprofil in Form eines Fotos dabei zu hinterlassen war mit hoher Wahrscheinlichkeit gegeben, wenn man sich auch nur einen einzigen Schritt zu nah heranwagte. Von den ohnehin mit Waffen bewachten, nur wenigen Eingängen mal ganz zu schweigen. Der Alptraum eines jeden Gegners, könnte man sagen. "Ja, das stimmt schon... wenn man nicht eingeladen ist, kommt man da auch nicht rein.", bestätigte ich der zierlichen Brünetten mit einem schwachen Nicken ihre Annahme. Allerdings wagte ich stark zu bezweifeln, dass das meine Schlafqualität allein wieder zurück auf hundertprozentige Erholung bringen konnte. Es würde sicherlich besser werden, als in der Wohnung. Trotzdem blieb die Sorge um Faye und auch der Rest meiner offensichtlich vorhandenen psychischen Probleme wäre damit nicht ausgelöscht. Avery würde mich weiter nach Lust und Laune in meinen Träumen heimsuchen und ziemlich sicher tauchten auch die nervtötenden kriminellen Geschwister weiter darin auf, nachdem sie alles wieder so schön aufgewühlt hatten. Der deutlich gleichmäßigere Arbeitsalltag zu Beginn würde meinem Körper sicher auch guttun, aber das alleine reichte bestimmt nicht um die Schlafstörungen gänzlich zu beseitigen. "Es ist zumindest eine Sorge weniger.", murmelte ich. Wohl nicht nur für mich, sondern auch für Faye. Ganz gleich wie schlimm sie meine vorherigen Taten fand, war ich mir ziemlich sicher, dass sie sich trotzdem Sorgen um mich machen würde. Wir teilten uns schon zu lange denselben Weg, als dass es ausgerechnet ihr völlig egal wäre. Egal ob mit weiterem Kontakt oder ohne. "Vom ruhigen Schlaf bin ich wahrscheinlich trotzdem noch weit entfernt, aber es kann dadurch auf jeden Fall nur besser werden.", gab ich wenig später seufzend mein vollständiges Resümee ab. Danach sah ich für ein paar Sekunden wieder zu Faye. Still und heimlich wünschte ich mir natürlich, sie einfach in einem Koffer mit hinter die sicheren Mauern schmuggeln zu können. Es täte uns beiden gut, wenn wir neben den Geldsorgen wenigstens nicht auch noch fürchten mussten, dass der jeweils andere mal eben von der Straße gepflückt und sonstwohin geschleppt wurde. Leider war das ein unrealistischer Wunsch. Gab es irgendeine andere Möglichkeit, mich regelmäßig darüber zu vergewissern, dass es Faye gut ging? Ich konnte ja nicht jeden Tag bei ihr vorbeischauen, nur um nach dem Rechten zu sehen. Zwar stand einem Auto dank Easterlins Gehalt, seiner Unterkunft und meinem vom Truck noch beiseite gelegten Geld jetzt nicht mehr wirklich was im Wege, aber um meine noch nicht volle Mobilität ging es in diesem Punkt auch nicht. "Könntest du vielleicht...", setzte ich aus einem Impuls heraus zu einer Bitte an und wollte dann doch zurückrudern. Ich wusste nicht, ob Riley mein Telefon überwachen ließ. Das hatte sie nicht wortwörtlich gesagt, aber theoretisch möglich war es trotzdem. "Vergisses, 'ne blöde Idee.", revidierte ich kopfschüttelnd. Wenn ich uns aber zwei alternative Handys besorgte, dann würde das gehen, oder? Dass Faye mir zumindest einmal täglich versicherte, dass es ihr gut ging, damit ich nicht ständig den Drang haben würde, selber nachzusehen und doch noch zum gestörten Stalker zu mutieren. Die Hernandez hätten keinen Grund, nach weiteren Telefonen meinerseits zu suchen, solange ich unter meiner vorherigen Nummer für Riley gut erreichbar blieb. Erst recht nicht, wenn ich die Dinger unter der Hand und ganz bestimmt nicht hier in der Gegend besorgte. Ein bisschen was hatte ich ja doch gelernt in meiner Zeit als vorbestrafter Vollpfosten.
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Das war gut. Und da sie des Weiteren auch nicht davon ausging, dass Ryatt irgendeine aktive Funktion in Easterlins Heer einnehmen würde, konnte sie zumindest während Bürozeiten und eben des Nachts sicher sein, dass ihm nichts zustiess. Immerhin etwas. Sie versuchte offensichtlich gerade, sich an den positiven Neuigkeiten festzuhalten, auch wenn das nahezu unmöglich war. Nicht, solange sie selbst nicht auch irgendwo hinter sicheren Mauern schlafen, wohnen und arbeiten konnte. Normalerweise war sie wesentlich besorgter um das Wohl anderer Personen als um ihr eigenes, aber hier war das nicht ganz der Fall. Nicht, nachdem sie bereits einmal erlebt hatte, wie schwer das Gewicht der Wut dieser Geschwister auf sie niederschmettern konnte. Nicht, nachdem sie genau wusste, welche Grenze bereits überschritten wurde und welche zweifellos als nächstes folgen würde. Sie hatte den Blick von Gils Augen etwas zu lebhaft vor sich, um daran zu zweifeln, dass er sie bei einem erneuten Aufeinandertreffen dieser Art vergewaltigen würde. Er hätte es schon beim letzten Mal getan, wenn Victor sich nicht selbst schwungvoll in akute Lebensgefahr begeben hätte. Wenn die Geschwister nicht - aus welchen Gründen auch immer - offensichtlich noch immer vor der Schwelle des Mordes zurückschreckten. Das war dann aber mutmasslich auch alles, was sie nicht tun würden, um ihre hässlichen Ziele zu erreichen und ihre Macht zu sichern, die einzig und allein auf Psychoterror und Gewalt fundierte. Dass Ryatt trotzdem nicht gut schlafen würde, war leider ebenfalls eine Folge genannten Terrors. Natürlich nicht, solange er nicht einen stichfesten Plan zusammenhatte, wie er die Teufelskinder besänftigen konnte. Und selbst wenn er diesen Plan hätte, musste der auch noch ausgeführt und das Geld übergeben werden. Und ob sie dann wirklich Ruhe gaben oder Sean auch noch persönlich zur Rache ansetzen wollte, konnten sie jetzt nur vermuten. "Wie willst du auch ruhig schlafen können, mit diesen Neuigkeiten...", die Frage war offensichtlich rhetorisch, begleitet von einem hilflosen Schulterzucken. Vielleicht schmierten die Hernandez' die Cops in dieser Stadt noch nicht. Vielleicht aber schon. Faye wollte es nicht wirklich herausfinden, nach dem letzten Mal, als sie auf deren Hilfe vertraut hatte. "Denkst du, sie werden wirklich endlich Ruhe geben, wenn sie das Geld haben?", stellte sie stattdessen die Frage, die er zwar auch nicht sicher, aber immerhin besser als sie selbst beurteilen konnte. Er hatte ja mit ihnen gesprochen, möglicherweise war dadurch bereits eine Tendenz entstanden. Faye blickte ihn fragend an, als Ryatt seinerseits einen Satz begann, dann jedoch wieder abbrach, obwohl das offensichtlich eine Bitte an sie hätte werden sollen. "Was..?", wollte sie wissen, obwohl es eine blöde Idee war. Sie war kein Mensch, der sich so leicht abwimmeln liess und das einfach gut lassen konnte. Nicht ohne mindestens eine Nachfrage. Wenn er es wirklich nicht sagen wollte, würde er es schon für sich behalten, ansonsten wollte sie es jedoch schon gerne wissen.
Ausgezeichnete Frage, auf die wir beide nur eine einzige Antwort hatten, weil es schlichtweg unmöglich war unter den gegebenen Umständen ein seelenruhiges Leben zu führen. Geschweige denn gut zu schlafen. Gar nicht war die einzig mögliche Antwort auf diese ohnehin rhetorische Frage. Als die zierliche Brünette danach fragte, ob nach diesem Desaster wenigstens endlich Schluss mit Alledem sein würde, zog ich die Augenbrauen etwas tiefer und legte die Stirn in Falten. Das war schon wieder so eine den Weltuntergang heraufbeschwörende Frage. Wenn ich das Geld tatsächlich beschaffte, bevor Gil seine ekligen Finger wieder nach Faye ausstreckte, dann wäre die Gefahr wahrscheinlich höchstens für ein paar Tage gebannt. Ich wusste nicht, wie lange es durchschnittlich dauerte, bis ein Insasse nach Stellung der Kaution wieder entlassen wurde. Im Grunde spielte es aber auch keine große Rolle - Fakt war, dass diese gefühlt endlose Misere nach der Übergabe des Geldes nicht vorbei sein würde. Wenn Sean erstmal auf freiem Fuß war, begann nur der nächste Anfang vom Ende. Aber Faye die Umstände ins Gesicht sagen..? Ich hatte zwar nicht Seans höchstpersönliches Wort darauf, dass er wieder Jagd auf mich machen würde, aber Rileys indirekte Antwort auf meine Aussage in dieser Richtung war ziemlich unmissverständlich gewesen. Das und die Tatsache, dass ich selbst erlebt hatte, was Sean für ein gottverdammtes Stück Scheiße sein konnte, waren für mich als Beweislage absolut ausreichend. Ich drückte mich mit vermeintlich nachdenklichem Blick trotzdem noch ein paar Sekunden lang vor der Antwort... was wiederum schon mehr oder weniger die Antwort war. "Ich will nicht lügen... es ist immer noch so, dass Sean die Fäden zieht. Zumindest im Bezug auf mich... es war eher nicht Rileys Idee, mich jetzt wieder aufzugabeln. Er hat wohl etwas zu viel Zeit in seiner Zelle...", murmelte ich etwas widerwillig vor mich hin. Ich wollte Faye eigentlich wirklich nicht noch mehr Angst machen oder Sorgen bereiten, aber was brächte an dieser Stelle eine Lüge? Lieber sie war darauf vorbereitet, als dass ich sie irgendwann anrufen und beichten musste, dass der Messerstecher wieder auf freiem Fuß war und sie bitte auf der Stelle nach Europa auswandern sollte. "Er wird die 30 Jahre ziemlich sicher nicht absitzen." Eigentlich sogar absolut sicher nicht. Ich würde die Kaution schließlich eigenhändig ranschaffen, damit Faye nichts passierte. Das war nämlich eindeutig wichtiger, als vielleicht ein zweites Mal und damit endgültig abgestochen zu werden. Das Leben war schön hier. Fayes Nachhaken ließ mich leise seufzen, weil ich meine eigene Sorge um sie eigentlich gerne nicht noch offensichtlicher gemacht hätte. Als wäre sie durch mein Aufkreuzen hier und heute nicht sowieso schon glasklar. "Ich dachte, wir könnten uns einmal pro Tag... keine Ahnung, ein nichtssagendes, wahlloses grünes Emoji schicken oder sowas. Keine Worte - nur ein eindeutiges Zeichen dafür, dass alles okay ist. Code Green gegen die Paranoia und die Sorgen... aber dann ist mir eingefallen, dass ich nicht weiß, ob die mein Handy überwachen. Ich halt's eigentlich für eher unwahrscheinlich, aber das Risiko ist da." Ich zuckte mit den Schultern. "Man bräuchte dafür extra zwei andere Handys, um auf der sicheren Seite zu sein.", legte ich ihr meine vorherigen Gedanken abschließend offen. Ich war noch immer angespannt - jetzt, wo der mit großem Abstand schlimmste Teil dieser Unterhaltung aber vorbei zu sein schien, klangen die körperlichen Panik-Symptome spürbar ab und wichen eher einer Art grundlegender, leichter verdaulichen Nervosität. Das war immer noch unangenehm, aber ich konnte wieder atmen - vielleicht auch dank der anhaltenden Schritte - und auch wieder etwas klarer denken. Oder zumindest versuchte ich es jetzt etwas aktiver als vorher, wo ich überwiegend wie ein überforderter Erstklässler vor mich hin gestammelt hatte.
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Damit war der Zweck der Geldsumme, die Ryatt für die Hernandez' beschaffen musste, dann auch bestätigt. Natürlich diente das alles Seans Befreiung, die weder Ryatt noch sie auch nur im Entferntesten herbeiwünschten. Sie hatte gehofft, es wäre nicht so. Nicht nur, weil sie Sean nie wieder sehen wollte und vor allem auch hoffte, Ryatt müsste nie wieder auf ihn treffen, sondern auch, weil sie in diesem Fall gar nicht wissen wollte, wie verdammt viel Geld Ryatt in einem halben Jahr beschaffen sollte. Ein absoluter Witz, weil definitiv unmöglich, wenn er nicht erfolgreich eine Bank ausraubte - und das tat heute keiner mehr. Sie schüttelte für sich den Kopf bei dem Gedanken, verzichtete aber darauf, Ryatt überflüssigerweise mit auf den Weg zu geben, dass das absolut unmöglich war, egal wie sehr er sich für Easterlin den Arsch aufriss. "Fuck ist das beschissen... Leg' auf jeden Fall genug Geld für dich beiseite, damit du, sobald die Summe gezahlt ist, mit all deinen Sachen im Flieger sitzt...", murmelte sie nicht gerade optimistisch einen Tipp vor sich hin, an den er bestimmt auch schon gedacht hatte. Aber er musste auf jeden Fall weg, wenn Sean zurückkam. Und ganz ehrlich - sie wohl auch, wenn sie nicht riskieren wollte, dass exakt die gleiche Leier spielte, wie bei ihrem letzten Aufeinandertreffen mit dem grossen Bruder. Von wegen wo ist Ryatt, du weisst das bestimmt und solche Scheisse. Ach verdammt. Sie hatte sich wohl schon einmal zu oft gewünscht, in dieser verhängnisvollen Nacht vor vielen Monaten einfach krank gewesen zu sein - oder schlicht nicht eingeteilt. Dann hätte jemand anderes Ryatt von der Strasse gepflückt und in den Krankenwagen verfrachtet. Jemand, der dann sofort dafür gesorgt hätte, dass sein offensichtlicher Fluchtversuch ein Ende fand, statt ihn mit zu sich nachhause zu nehmen. Solche Gedanken waren natürlich nicht nett von ihr, aber inwiefern es Ryatt heute wirklich besser ging, als wenn er einfach eine Strafe abgesessen hätte, wusste sie irgendwie auch nicht... Mitch hatte im Gefängnis sehr gelitten und gesagt, es sei die Hölle gewesen. Glaubte sie auch absolut, nur war dieses ständige Gejagt-Werden eben auch unendlich belastend. Die Idee mit den täglichen Nachrichten, fand sie eigentlich ganz gut - wenn sie den bitteren Beigeschmack ignorierte, den die Tatsache hervorrief, dass Ryatt sie offensichtlich in mehr oder weniger direkter Gefahr sah. Sonst müsste er sich ja nicht täglich versichern, dass es ihr gut ging. Aber vielleicht war es auch einfach seine Paranoia, die sich ausweitete... Vielleicht betraf sie das alles wirklich nicht oder nur wenig und keiner würde sie plötzlich auf offener Strasse überraschen. Sie wusste es nicht und es machte sie verrückt, nicht abschätzen zu können, wie akut die Gefahr war. Wie weit Gil noch davon entfernt war, seine hässlichen Finger nochmal nach ihr auszustrecken. "Das ist aber vielleicht gar keine so schlechte Idee... Gerade weil wir beide - mehr oder weniger - alleine wohnen... Und falls sie tatsächlich dein Handy überwachen, ist es auch nicht schlecht, wenn wir eine Möglichkeit haben, uns ohne Mithörer auszutauschen...", zählte sie zwei Punkte auf, die definitiv für die Beschaffung entsprechender Handys und das Austauschen von täglichen Nachrichten sprachen. Das bedeutete für sie aber auch, dass ihr die Entscheidung, ob sie noch weiter Kontakt mit Ryatt haben wollte und sollte, etwas leichter gemacht wurde. Beziehungsweise wurde sie in eine eindeutige Richtung beeinflusst.
Iiiiiich wünsche dir ein frohes und glückliches neues Jahr, Gwenülüüü <3 ______________
Das klang fast so, als würde ich viel besitzen. Ich würde bei besagtem Flug ins noch undefinierte Nirgendwo wohl wieder nur meinen Seesack von der Army vollpacken und alles andere zurücklassen. Unnötiger Ballast war immer schlecht für einen Neustart. "Das ist mehr oder weniger der Plan, ja...", erwiderte ich seufzend. Von einem richtig stichfesten Plan konnte man dabei eher nicht reden. Natürlich würde ich spätestens dann, wenn Sean kurz davor war, wieder die Umgebung auf freiem Fuß unsicher zu machen, von hier verschwinden. Trotzdem war das für meinen Geschmack zu hoch gepokert. Die Hernandez hatten ihre Connections bei der Polizei, warum sollten sie also nicht seine Entlassung in Höchstgeschwindigkeit durchziehen können? Wenn sie das von Easterlin übertragene Geld sofort wenn es da war weiterschickten und der Gefängnisinhaber postwendend alles schwarz auf weiß vor die Nase gelegt bekam, dann war Sean vielleicht tatsächlich so schnell draußen, dass mich schon zwei nicht einkalkulierte Stunden Flugverspätung den Hals kosten könnten. Zumindest war das in meinen schlimmsten Alpträumen gelegentlich so und die Angst setzte sich dementsprechend immer tiefer in mir fest. Ich wollte und würde nicht scheitern dieses Mal, es musste im Idealfall also eine bessere Lösung als nur sofortige Flucht allein her. Bisher war mir da leider noch nichts eingefallen. Faye schien sehr angetan von den Notfallhandys zu sein. Es hatte eigentlich auch wirklich nur Vorteile. Wenn ich mir zumindest ansatzweise sicher damit sein konnte, dass es der zierlichen Brünetten gut ging, weil sie mir das täglich bestätigte, dann konnte ich mich besser auf das Wesentliche konzentrieren: Die unfreiwillige Mission erfüllen und dadurch dafür sorgen, dass Faye weiterhin unverletzt blieb. Umgekehrt musste sie sich dann auch nicht über meinen Verbleib den Kopf zerbrechen und wir wären beide in unseren Befürchtungen ausgebremst. Sollte sie sich außerdem dazu entscheiden, sich noch weiterhin mit mir zu treffen, wäre das ein langfristig deutlich sicherer Kommunikationsweg. Ich nickte also langsam vor mich hin, während die junge Frau neben mir sprach und sah anschließend zu ihr rüber. "Ja, stimmt schon... hätte ein paar Vorteile." Hätte ich nichts Gutes an der Idee gefunden, hätte ich sie gar nicht erst überstürzt angedeutet. Einen Moment lang musterte ich ihr Profil, bevor ich weitersprach. "Schätze das gehört zu den Dingen, über die du dir die nächsten Tage noch Gedanken machen kannst.", hängte ich noch ein paar Worte an und versuchte mich an einem flüchtigen Lächeln, das noch immer eher gedrückt wirken musste. Heute war einfach kein schöner Tag und es würde an ein Wunder grenzen, wenn sich meine Laune vor dem Schlafengehen heute Abend noch einmal rapide verbessern würde. Ein bisschen erleichtert war ich aber schon, weil wir uns jetzt zumindest wieder ansatzweise normal unterhalten konnten. So normal, wie es bei den zwangsweise gewählten Themen eben ging. Trotzdem wollte ich Faye nicht dazu drängen, sich weiter mit mir abzugeben. Sie sollte mich in ihrer Nähe haben wollen und nicht nur wegen der blöden Umstände einlenken und sich deswegen irgendwie dazu verpflichtet fühlen.
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Dankeeeeeeeeeee das wünsche ich dir auch Moniliiiiii! <3 Mit vielen kreativen Schreibstunden und hoffentlich etwas mehr Gesundheit als in den letzten Wochen / Monaten! :3 __________
Scheinbar war er wie erwartet schon selbst auf die tolle Idee gekommen, dass er bei Seans Freilassung sofort verschwinden musste. "Hast du denn schon eine Idee, wohin du dann willst oder kannst?", fragte sie weiter nach. Zwar wollte sie das gerade eher nur aus Neugier wissen - es war aber sicher auch nicht falsch, wenn er sich darüber Gedanken machte, bevor es soweit war. Aber auch das war ihm sicher bewusst. Sie wusste nicht, inwiefern er bereits einen Plan zur Beschaffung des Geldes hatte - vielleicht wollte sie auch lieber gar nicht wissen, wie es darum momentan stand - aber der zukünftige Wohnort war dann die nächste Sache, über die er sich den Kopf zerbrechen durfte und wobei ihm keiner helfen konnte. Natürlich könnte er zu seinen Eltern zurück, aber Ryatt hatte schon oft betont, dass das für ihn keine Option mehr war. Ausserdem war es gefährlich. Sie fragte sich sowieso, ob die Hernandez' Ryatts Herkunftsfamilie bewusst ignorierten oder ob sie wirklich nichts von ihnen wussten. Das war fast nicht möglich, so gut wie sie sich mit ihren Recherchen anstellten. Es war damals nur wahrscheinlich einfacher und wirksamer gewesen, sich einer Person in der näheren Umgebung - also Faye - anzunehmen, als Ryatts Eltern. Vielleicht auch interessanter. Sie sah Gil jetzt nicht unbedingt einer Frau um die sechzig ein Nachthemd vom Leib schneiden. Nicht, dass sie es ihm nicht trotzdem zutrauen würde, aber der Reiz war vielleicht geringer. Soviel dazu... Es war wohl gesünder, sie machte sich Gedanken zu einem zweiten Handy und dem Rest der heute entstandenen Problemen. War ja auch wirklich Ballast genug, sie brauchte sich momentan nicht noch zusätzlichen Schutt aufzuladen, indem sie sich emotional zu sehr in Ryatts Teil des Grauens investierte. Das war relativ schwierig, weil sein Teil und ihr Teil längst nicht mehr so genau auseinanderzuhalten waren, wie das wünschenswert wäre. Aber man konnte es sich ja vornehmen. "Schätze ja... Wird die Bearbeitungszeit wohl auch nicht mehr wesentlich steigern", meinte sie mit einer angekratzten Prise Sarkasmus, um das Lächeln ebenso schief und schwach erwidern zu können. Sie sollte sich um ihre Psyche kümmern, um ihr Leben und ihre Zukunft. Dafür waren diese Monate eigentlich da. Stattdessen wurde heute mal wieder etwas überdeutlich klar, wie schwer sie sich offensichtlich von ihrer Vergangenheit lösen konnte, dass diese Entscheidungen sie noch wesentlich länger begleiten und jagen würden, als sie sich das im entscheidenden Moment gewünscht und vorgestellt hatte. Aber es brachte halt auch nichts, wenn sie im Selbstmitleid versank. Sie brauchte Lösungen, einen Plan und ein Sicherheitssystem, das nicht nochmal so grauenvoll versagte wie das letzte. "Hast du denn jetzt schon angefangen bei Easterlin? Und wenn ja, bist du auch schon umgezogen?", stellte sie zwei weitere Fragen, die wieder eher nur ihrer Neugier zu verschulden waren, da ihr die Antworten nicht sehr viel bringen würden. Ihre Füsse trugen sie derweil weiter über den Kiesweg und wahrscheinlich war das mit dem Spaziergang eine wirklich gute Idee gewesen. Wären sie in einem geschlossenen Raum, hätte sie wohl schon nach zehn Minuten das dringende Bedürfnis verspürt, die Flucht zu ergreifen. Der Drang war auch hier da gewesen, aber sicherlich leichter zu unterdrücken als drinnen. Ryatt war es wohl ähnlich ergangen, auch wenn er mittlerweile wieder etwas ruhiger und gefasster wirkte. Wie sie selbst sicherlich auch, jetzt, wo die schlimmsten Wahrheiten (hoffentlich) draussen waren.
Das war der nächste Haken an der Sache - ich hatte noch keine Ahnung davon, wo ich mindestens vorübergehend im Anschluss landen wollte. Mich einfach bei meinen Eltern zwischenzuparken war keine gute Idee. Meine vorhandene Verwandtschaft war allgemein ein Problem in Hinsicht auf Sean. Egal wie wenig Kontakt ich zu manchen Teilen meiner Blutlinie auch haben mochte, würde ich niemals wollen, dass auch nur einer davon für meine Fehler bezahlte. Sie hatten damit nichts zu tun und sollten da nicht auch noch mit reingezogen werden. Ich hatte das selbst verbockt, also sollte ich es im Idealfall auch alleine auslöffeln. Vollständig. Ohne irgendwelche später noch folgenden Konsequenzen, ohne dass dieser Alptraum wieder und wieder von Neuem weiterging. Das war bei einer rachsüchtigen Person wie Sean leider nicht so einfach. Ich war mir recht sicher, dass er keine Ruhe geben würde, bis er mich in den Fingern hatte. Dass ihm dafür so ziemlich jedes Mittel recht war, wusste ich inzwischen zu genüge. Sean musste als Spielfigur in dieser Sache verschwinden. Aber zurück zur ursprünglichen Frage: "Nein. Aber mein Reiseziel ist mir eigentlich auch ziemlich egal, solange ich noch nicht weiß, wie ich... den Rest der ungünstigen Umstände beseitigen kann. Es steht in der Prioritätenliste noch nicht so weit oben, als dass ich mir darüber schon viele Gedanken gemacht hätte.", setzte ich Faye über meine Unwissenheit diesbezüglich in Kenntnis. Außerdem hätte es tatsächlich einen Nachteil, das Flugticket allzu früh vorher zu kaufen. Das könnten die Geschwister theoretisch auch wieder herausfinden. Wie so ziemlich alles, was irgendwo elektronisch oder schriftlich hinterlegt war. Ich könnte wirklich dringend Freunde mit Privatflugzeug gebrauchen... oder überhaupt Freunde. Faye hatte inzwischen mehr als genug neue Informationen bekommen, um sich die folgenden Tage den Kopf zu zerbrechen. Da machte die Handysache die Angelegenheit auch nicht mehr schlimmer. "Eher nicht, nein.", stimmte ich ihr ohne Umschweife zu. Dabei beließ ich es, weil es sonst nichts weiter dazu zu sagen gab. Die Frage bezüglich Easterlin ließ sich leicht beantworten. "Ja, hab gestern angefangen... wegen der Einarbeitung sind meine Arbeitstage aktuell noch ein bisschen kürzer, sind sehr viele Infos auf einmal.", erklärte ich. "Ich hab mein Zeug für den Umzug schon weitgehend zusammen gepackt, aber nachdem die Kündigungsfrist der Wohnung sich laut Vertrag noch eineinhalb Monate hinziehen würde, hat Easterlin Jemanden beauftragt, sich mit dem Vermieter auf ein vorzeitiges Ende ohne weitere Mietzahlung zu einigen. Bis es da ein Update gibt, bleib ich erstmal noch in der Wohnung... es sollte aber nur wenige Tage in Anspruch nehmen, normalerweise geht das wohl recht schnell.", gab ich Faye auch hinsichtlich meiner Wohnsituation ein Update. Die würde sich hoffentlich zeitnah ändern, falls sich mein Vermieter nicht extrem quer stellte. Es war sicher nicht das erste Mal, dass mein reicher Arbeitgeber sowas durchzog, also war ich diesbezüglich guter Dinge. "Ist so auch ganz gut. Dann kann ich während der ersten Tage in Ruhe Zuhause nochmal Revue passieren lassen, was ich auf der Arbeit mitgekriegt habe, ohne dass mir Jemand in die Quere kommt. Das Pensum ist... anspruchsvoll, um es nett auszudrücken." Natürlich stand es auch auf meiner To-Do-Liste, mir einen Überblick über die Soldaten und meine direkteren Mitarbeiter zu verschaffen, aber das war untergeordnete Priorität. Wenn ich Easterlins System und die dazugehörige Armee nicht zu einhundert Prozent im Kopf hatte, dann brachten mir ein paar Connections nämlich gar nichts. Eins nach dem Anderen. Sobald ich Zuhause war, würde ich meinen Kopf also erstmal in wichtigen Unterlagen stecken.
◈ It's so hard to forget pain, but it's even harder to remember sweetness. We have no scar to show for happiness. ◈
Das war mehr oder weniger das, was sie erwartet hatte. Hätte zwar sein können, dass Ryatt bereits eine Tendenz hatte, weil es irgendeinen Ort in diesem Land - oder ausserhalb - gab, der ihn schon länger besonders ansprach, aber grundsätzlich war klar gewesen, dass seine Fluchtdestination sehr viel tiefer in der Prioritätenliste lag, als der Plan, wie er überhaupt lange genug schadlos überleben wollte, um dann fliehen zu können. Gleichzeitig bestätigte er damit jedoch auch, dass die Anstellung bei Easterlin bisher wahrscheinlich der einzige Weg für ihn war, an Geld zu kommen. Und das reichte eben nicht. Blieb also nett gesagt spannend, wie das alles jemals gut ausgehen sollte und dieser Gedanke reichte vollkommen aus, um der Brünetten ungesunde Bauchschmerzen zu verschaffen. Sie wollte gar nicht wissen, wie die Konsequenzen, die gegenüber Ryatt scheinbar noch nicht spezifiziert worden waren, aussehen würden... Und das schon in weniger als sechs Monaten. Was er wohl machen würde, wenn sich abzeichnete, dass er das Ziel niemals erreichen würde? Fliehen und hoffen, dass sie ihn niemals finden würde? Das war immer so ne Sache... Er müsste an einem anderen Ort eine komplett neue Identität annehmen, um sicherzugehen, dass ihm dort nichts zustiess. Und Faye hatte keine Ahnung, ob das möglich war. Sah also ganz genau so düster aus, wie seit dem Beginn dieses Gesprächs und je länger das Bewusstsein darüber sich in ihrem Kopf ausbreitete, umso mehr Probleme tauchten auf, die ihr noch nicht eingefallen waren. Immerhin konnte Ryatt den Job bei Easterlin bereits mehr oder weniger ins Trockene ziehen. Klar, da gabs bestimmt auch Probezeit und sowas und wahrscheinlich konnte der reichte Goldjunge sowieso jeden Mitarbeitenden fristlos künden, wenn er ihn nicht mehr in seinem Team sehen wollte. Aber Ryatt würde schon dafür sorgen, dass es dazu nicht kommen würde - dessen war sie sich ausnahmsweise sehr sicher. Sie nickte, als er einige Ausführungen zu seiner neuen Wohn- und Arbeitssituation loswurde. Wenige Tage bis zum Umzug in Sicherheit klang auf jeden Fall gut, konnte sie nur unterstützten. Auch wenn es irgendwie schade war, dass sie seine Wohnung nie gesehen hatte. Selbst wenn die vier Wände wohl seiner Aussage zufolge ein ziemlicher Schandfleck gewesen waren. Sie hatten mal einige Pläne zusammengestellt, was die Einrichtung seiner Wohnung anging, wollten zusammen Wände streichen und Deko einkaufen. Es verpasste ihr einen kleinen Stich im Herzen - einen Stich einer anderen Sorte als das meiste von dem, was er bisher gesagt hatte - zu wissen, dass diese einfachen, bestimmt lustigen Zeitvertriebe einfach so an Bedeutung verloren hatten. Nicht nur an Bedeutung verloren und ignoriert, sondern mit purem Horror ersetzt wurden. Wie viel unbekümmerter wäre das Leben, wenn sie sich heute einfach getroffen hätten, Ryatt sich dafür entschuldigt hätte, dass er sich so lange nicht gemeldet hatte, sie ihm das nach kurzem Nachdenken und versichern, dass das nie wieder passierte, verziehen hätte und sie sich morgen wieder verabredet hätten, um gemeinsam ein paar Bilder und Farbe für die Wände einkaufen zu gehen? Von ihr aus konnte er auch bei Easterlin arbeiten, wenn er das unbedingt wollte, der Job war gut bezahlt und er musste ja nicht für immer bleiben. Wenn nur die Ausgeburten der Hölle ihm nicht im Nacken sitzen würden... Nicht schon wieder ihre grausamen Schatten vor die Sonne schieben würden... "Ist auf jeden Fall gut, wenn sie das rasch regeln können... Aber ja, kann mir gut vorstellen, dass da Einiges auf dich zukommt. Aryana und Mitch reden natürlich nicht viel über die Arbeit und ich frage auch lieber gar nicht mehr als nötig nach, aber...", sie zuckte flüchtig mit den Schultern, "das reicht schon, um erahnen zu können, dass das ganze System sowohl anspruchsvoll als auch komplex ist...", beendete sie den Satz, beschloss dann jedoch, noch ein paar Worte mehr anzuhängen. "Ich hoffe trotzdem, dass du neben der Arbeit noch ein bisschen Zeit für... andere Dinge hast... Also auch Schönes, nicht nur... Sorgen und Probleme...", murmelte sie, blickte dann mit einem weiteren Schulterzucken und einem angedeuteten, noch immer dezent bedrückten Lächeln zu Ryatt. Wenn er jetzt schon einen Job und ein Dach über dem Kopf hatte... Es war echt verrückt, wie wenig Glück er in den letzten Jahren hatte. Kaum konnte er eine Sache gesorgt geben, fing der nächste, noch grössere Haufen Kacke an zu dampfen. Dabei wünschte sie ihm einfach nur eine einzige, faire Chance, sein Leben auf die Reihe zu kriegen und nochmal von vorne beginnen zu können. Das, was sie ihm eigentlich sicher geglaubt hatte, als er nach dem Prozess mit den Sozialstunden begonnen hatte. Es hätte gut werden können. Wenn die Vergangenheit Vergangenheit geblieben wäre...
ich werd' offensichtlich langsam dezent unkreativ mit den Gesprächsthemen, weil schwierig in diesem Noch-Nicht-Richtig-Versöhnt-Und-Ungewisse-Zukunft-Stadium... :'D Falls es dir ähnlich geht bzbw. du nix Relevantes mehr hinzuzufügen hast, können wir von mir aus auch springen... wobei ich eigentlich mit Zeitsprung dran wäre, glaube ich. Kann ich auch noch machen wenn du (verständlicherweise XD) nicht schon wieder willst, dann editier' ich den Post hier später einfach nochmal... nachdem wir uns geeinigt haben, wo wir hinspringen. x'DD ____________
Je schneller desto besser würde in nächster Zeit wahrscheinlich meine Devise für sehr viele Handlungen werden. Das galt für die Einarbeitung, für das Erzielen guter Erfolge, für das Erschleichen von Easterlins Vertrauen, für die Wohnsituation, für das Ausdenken eines etwas wasserdichteren Plans... es war schrecklich, wenn einem die Zeit gefühlt sekündlich durch die Finger rann. Sie blieb niemals stehen und ich hoffte inständig, dass uns beiden das nicht zum Verhängnis werden würde. Für mich selbst stand es dementsprechend aktuell gefühlt in unerreichbarer Ferne, entspannt irgendwas Schönes zu unternehmen. Dabei würde mir die Zeit an sich dabei wahrscheinlich eher nicht im Wege stehen. Wenn ich die Arbeit erstmal voll drin hatte, hätte ich theoretisch wohl mehrmals die Woche Zeit dafür. Kam ein bisschen darauf an, für welche Aufträge nach mir gefragt war, wie lange sie dauerten und ob irgendwas dabei kompliziert wurde. Etwas Flexibilität verlangte der Job durchaus und trotzdem würde es viel mehr mein ruheloser Kopf sein, der einer schönen Freizeitbeschäftigung im Weg stand. Es würde wahrscheinlich schwer bleiben, entspannt das Leben zu genießen, während ich gleichzeitig damit beschäftigt war, dafür zu sorgen, dass Fayes nicht noch schlimmer wurde. Ich sah kurz zu ihr rüber, weil ich ihren Blick wieder spürte, tat mir aber schwer damit das Lächeln zu erwidern. "Die Zeit wird eher nicht das Problem sein. Ich tu' mir grundsätzlich schwer damit Irgendwas zu genießen, wenn ich weiß, dass es eigentlich akutere Probleme als mein mangelndes Wohlbefinden gibt... aber ich werd' versuchen es nicht ganz aus den Augen zu verlieren.", seufzte ich wenig hoffnungsvoll. Es war mir leichter gefallen, meine schon lange teils schwierigen Lebensumstände für ein paar Stunden zu vergessen, als ich noch mehr oder weniger regelmäßig mit Faye unterwegs gewesen war. Selbst das könnte jetzt aber etwas anders sein, unabhängig davon ob wir uns überhaupt wieder ab und zu trafen oder nicht. Ich würde immer die drohende Gefahr im Nacken spüren, wenn ich in ihr Gesicht sah. In die Augen, die sowieso schon viel zu viel gesehen und durchgemacht hatten - denen ich nicht noch mehr Unaussprechliches zumuten wollte. Als wir an eine Abzweigung kamen, schlug ich nach einem kurzen prüfenden Blick in Fayes Gesicht den rechten Pfad ein, der uns auf anderem Weg zurück zum Parkplatz bringen würde. Das wirklich Wichtige war schon gesagt und ich wollte Fayes Zeit nicht ewig weiter in Anspruch nehmen. Uns hier mit sich komisch anfühlendem Smalltalk die Zeit zu vertreiben schien mir falsch, sie brauchte erstmal Zeit um die neuen Informationen zu verdauen. Ihr den Rest der noch nicht fertig erzählten Geschichte mitzuteilen, die ich in der Bar angekratzt hatte, war unter den gegebenen Umständen auch nicht okay für mich. Ich wollte der Brünetten nicht noch mehr darüber erzählen, falls sie sich ohnehin dazu entschied, mir lieber aus dem Weg zu gehen.
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Wahrscheinlich war klar gewesen, worauf ihr Kopfzerbrechen bezüglich Ryatt hinauslief, oder? Das Wiederauftauchen der Hernandez' hatte ihr diesbezüglich die Entscheidung ziemlich gut abgenommen. Entsprechend war die Frage, ob sie weiterhin Kontakt zu dem Veteranen pflegen wollte, auch eindeutig diejenige, über die sie am kürzesten nachdenken musste. Es hatte sich schnell erledigt - sie konnte ihn nämlich nicht mehr aus ihrem Leben schneiden, selbst wenn sie das möchte. Es würde sie nicht mehr vor Gil und seinen Geschwister retten, Ryatt zu vergessen. Und allein aus diesem rein taktischen Grund wäre es die intelligenteste Lösung, mit ihm im Austausch zu bleiben, damit sie vom bestmöglichen Frühwarnsystem bezüglich ihres Alptraumes profitieren könnte. Die Handys und Code Green waren seit einer Woche nach dem verhängnisvollen Gespräch Teil ihres Alltags geworden und sie tauschten brav jeden Abend eine entsprechende Nachricht aus. Sie brauchte aber niemanden zu belügen - es blieb nicht besonders lange bei den grünen Emojis. Sie hatte noch abgewartet, bis Aryana zurückkam, um dann alles noch mit ihrer Schwester durchzukauen - also eine Version der Wahrheit, in der Ryatt Faye nicht darum gebeten hatte, auf sich aufzupassen, weil ihr möglicherweise genauso Gefahr drohte. Aber auch Aryana hatte relativ schnell gemerkt, dass Faye hauptsächlich versuchte, Ryatts Ruf zu kitten und seine Taten zu rechtfertigen. Sie wollte eher nicht hören, dass sie diese tickende Zeitbombe aus ihrem Leben schmeissen sollte, solange sie noch die Chance dazu hatte. Und so hatte auch Aryana versprochen, sich auf ein eher kurzes, klärendes Gespräch mit Ryatt einzulassen und hatte es für mehr oder weniger okay befunden, dass Faye ihn weiter traf, wenn sie das tatsächlich für kein unnötiges Zusatzrisiko für ihre Gesundheit oder ihre Psyche hielt. Faye war eher gegenteiliger Meinung - dass der Kontakt zu Ryatt ihr dabei halt, nicht erneut in Paranoia und Machtlosigkeit gegenüber der Bösartigkeit einiger Menschen zu versinken. Sie hatte viel mit ihm geredet, als sich ihre Treffen wieder gehäuft hatten. Die ersten paar Mal hatten sie nicht viel anderes gemacht, als zu reden. Jeweils mit Spaziergängen oder, an aus psychischer Sicht guten Tagen, mit verschiedenen, gut besuchten Cafés verbunden. Er hatte ihr tatsächlich endlich einige Antworten geliefert auf Fragen, die schon gefühlt seit sie ihn kannte in ihrem Kopf herumgeschwirrt waren. Und das war auch gut so. Zum einen, weil sie ihn dadurch besser kennenlernte und er sich endlich etwas öffnete, was gewissermassen Voraussetzung für eine funktionierende, auf Vertrauen basierende Freundschaft war. Und zum andere, weil es sie abgelenkt hatte von jüngeren Problemen. Sie hielt die Augen und Ohren offen seit ihrem Spaziergang und der Warnung. Den Gedanken, umzuziehen und in einer WG zu wohnen, hatte sie zwar aus verschiedenen Gründen wieder verworfen, aber die Türen und Fenster wurden noch gewissenhafter verriegelt als bis anhin. Sie hielt das Handy stets griffbereit, tastete beim Verlassen des Hauses nicht mehr nur nach Geldbeutel, Schlüssel und Handy, sondern auch immer nach dem Pfefferspray in ihrer Tasche. Sie trug keine Ohrstöpsel, wenn sie draussen unterwegs war, blickte sich öfter um, als gesund für sie war und drückte stets den Knopf der Zentralverriegelung, sobald sie im Auto sass. Es hatte mehr als eineinhalb Monate gedauert, bis Mrs White sie soweit hatte, dass sie wieder durchschlafen konnte. Bis sie nach zwanzig Sprüngen rückwärts wieder dort waren, wo sie vor dieser Nachricht gewesen waren - mit Mini-Schritten weitermachen konnten. Ihr Verhalten war in vielen Dingen nichts, was man als normal bezeichnen könnte. Aber ihr Kopf war wieder ruhiger, sie hatte sich mit der Situation arrangiert, konnte besser mit der latenten Angst umgehen, ohne sich zu sehr davon auffressen zu lassen. Auch, weil Ryatt ihr hatte schwören müssen, dass er ihr sofort sagen würde, wenn es zu Auseinandersetzungen mit den Hernandez' kam. Wenn irgendwas in dieser Hinsicht nicht mehr im Lot war. Damit sie gewarnt war... was auch immer sie dann mit der Warnung anfangen würde. Das war jetzt zweieinhalb Monate her. Sie hatte Victor maximal die Hälfte davon erzählt. Die Telefonate waren zu kurz für dieses Mass an Information. Ausserdem wollte sie ihm keine Angst machen. Sie wollte nicht, dass er entweder überstürzt nachhause kam oder sich nicht mehr auf sein Gesundwerden und die Zukunftsplanung konzentrieren konnte. So war er auf dem Stand, dass Ryatt sich jetzt Mitch & Aryanas Arbeitgeber teilte, wusste aber nichts von dem initialen Treiber hinter diesem Stellenantritt. Was mit den Hernandez war und ob die noch von sich hatten hören lassen, musste er sich also bislang selbst zusammendichten. Oder eben auch nicht, wenn er keine Alpträume wünschte. Aber: Nicht mehr lange. Nicht mehr lange und sie müsste sich eine bessere Geschichte ausdenken, beziehungsweise überlegen, wie sie ihm die Tatsachen möglichst schonend auftischen wollte. Denn Victor hatte nach über neun Monaten gefühlt aus heiterem Himmel von sich hören lassen: Er hatte ihr eine Nachricht geschickt, obwohl noch gar nicht annähernd wieder Telefon-Date-Tag war. In den paar Zeilen war es auch überhaupt nicht ums Telefonieren gegangen. Er hatte nicht gefragt, wann es ihr am besten passen würde. Nein, er hatte verdammt nochmal gesagt, dass er sie bald besuchen würde und dass er plane, für immer zu bleiben. Was erstmal in einem unkontrollierten, hysterischen Heulkrampf erster Klasse ihrerseits resultiert hatte - ausnahmsweise Tränen der puren freudigen Fassungslosigkeit. Sie hatte sich keine frühzeitigen Hoffnungen machen wollen, auch wenn sich das nicht immer hatte vermeiden lassen. Aber dass das Warten jetzt tatsächlich ein Ende nehmen sollte, liess ihre Nerven fortan dezent am Limit flattern. Auf eine durch und durch positive Art - halt abgesehen davon, dass sie sich auf praktisch gar nichts mehr konzentrieren konnte und ihre Hände ständig zitterten, wenn sie an ihn dachte, an die weiche Haut unter ihren Fingern, seine verdammten, süssen Lippen, die nach purer, bedingungsloser Liebe schmeckten. Nach Vergebung und nach dem einzigen, zuversichtlichen Alles wird gut, dass sie noch brauchte. Zauberhaft und verlockend wie die betörende Hoffnung auf ihr persönliches Paradies. Die Wohnung war perfekt aufgeräumt. Eigentlich wie immer, nur noch ein bisschen penibler. Frische Blumen verströmten einen süsslichen Duft im Wohnzimmer. Sie hatte sein Kissen, welches zwischenzeitlich im Schrank gewohnt hatte, damit sie sich in die Mitte des grossen Bettes hatte verkriechen können, zurück an seinen Platz gebetet, schon vor zwei Tagen. Hatte im Bad das zweite Zahnglas leergeräumt, gewaschen und bereitgestellt. Auch der Kleiderschrank erwartete bereits seine Kleider. Faye hatte gestern eingekauft, um sein Lieblingsessen kochen zu können, wenn er wiederkam - ein paar Tage waren die Sachen schon haltbar und das war ungefähr die Zeitspanne, die er bis zu seiner Rückkehr angekündigt hatte. Sie hatte versucht, an absolut alles zu denken, damit er sich so willkommen wie nur irgendwie möglich fühlte, wenn er wiederkam. Auf dem Küchentisch lag ein Brief für ihn, den sie ihm in die Finger drücken würde, wenn er wiederkam. Also... nach der Begrüssung... und allem anderen. Vielleicht morgen..? Spätestens übermorgen, oder? Könnte auch noch drei Tage dauern. Darauf kams eigentlich nicht mehr an, theoretisch. Man konnte halt einfach nur hoffen, dass ihr Herz dieses ständige aufgeregte Pochen noch lange genug mitmachte. Vielleicht würde ihr kleiner Ausflug mit Mitch diesbezüglich ja ein kleines bisschen Ablenkung schaffen. Er hatte sie vor einer Woche gefragt, ob sie denn mal Zeit hätte, sich zu treffen, während Aryana weg war und er frei hatte. Ihm war scheinbar langweilig. Nachdem Victor seine Rückkehr angekündigt hatte, hätte sie das Treffen mit Mitch beinahe verschoben, weil sie lieber zuhause warten wollte, falls ihr schwer vermisster Freund plötzlich genau dann auftauchte, wenn sie weg war. Aber das wäre schon ein grosser Zufall. Ausserdem war die Ablenkung sicherlich besser für ihre Nerven, als wenn sie zuhause auf und ab tigerte. Das fröhliche Leuchten in ihren Augen funkelte trotzdem lebhaft vor sich hin, als sie auf der Beifahrerseite des schwarzen Wagens einstieg und den Fahrer mit den simplen Worten "Hey Mitch", begrüsste. Sie hatten sich darauf geeinigt, dass er sie abholen würde, weil die Squash-Halle, welche ihr Ziel für heute Nachmittag wäre, ganz in der Nähe ihrer Wohnung war und er sowieso praktisch hier durchfahren musste. Konnte er sie also auch mitnehmen, statt dass sie mit zwei Autos hinfuhren und sie unterwegs einen Unfall baute, weil ihre Gedanken eindeutig nicht auf die Strasse fokussiert waren. "Na? Frisch und munter?", redete sie weiter, kaum lag der Gurt in der Schnalle und ihr Blick wieder auf ihm. Das würde er nämlich definitiv sein müssen, um sie in diesem Zustand ein paar Stunden am Stück auszuhalten.
wir sollten uns wirklich angewöhnen öfter mal Charakter zu wechseln zwischendurch, diese ewigen "Nachhol-Texte" sind so anstrengend. Ich hab immer das Gefühl, ich vergesse die Hälfte und trotzdem werden sie ewig lang... x'D ________
Die fast durchweg schöne Reise rund um Jetman und unsere Rückkehr in die Heimat hallte noch eine Weile nach. Ich fühlte mich deutlich besser, seit Aryana und ich auf so ziemlich jeder möglichen Ebene wieder zueinander gefunden hatten. Da war wieder ein Funken Licht am Ende des Tunnels. Für uns beide, wenn wir uns am Riemen reißen und Easterlin irgendwann hinter uns lassen würden. Natürlich wappnete mich das allein aber nicht wirklich für das erste Gespräch mit meinem zukünftigen Therapeuten und ganz allgemein schwankte meine psychische Verfassung weiterhin abhängig von der Tagesform. Ich hatte die Kontaktdaten wieder aus dem insgesamt eher spärlichen Chatverlauf mit Faye gekramt und dort angerufen. Fayes Therapeutin war nicht die einzige, die dort ihre Stunden leistete, aber ich landete trotzdem zuerst bei ihr, weil sie am ehesten noch freie Kapazitäten aufbringen konnte. Wir beide kamen schon beim Erstgespräch nicht wirklich auf einen Nenner, also verwies sie mich an einen guten Kollegen weiter, den sie in meinem Fall für tauglich hielt. Also schleppte ich mich eine Woche später zum nächsten Therapeuten. Clark Davis war erst 36 und deswegen zweifelte ich anfänglich per se an seiner Fähigkeit, mir eine Hilfe zu sein. Ich gab mich beim Kennenlernen bissig wie eh und je - so, wie ich das immer tat, wenn ich mich in die Ecke gedrängt fühlte. Trotzdem ließ er sich davon nicht abwimmeln, blieb ruhig und hatte mich am Ende der Sitzung davon überzeugt, zumindest nochmal wiederzukommen. Ich konnte Jetman also bei unserem nächsten Telefonat sagen, dass ich an der Therapie dran war, auch wenn ich das Ganze nach wie vor scheiße fand. Leider schaffte ich auch nur drei Termine, bis Easterlin mich in die nächste Hölle schickte und mich dadurch sehr konsequent von Aryana trennte. Mir schlug das unheimlich aufs Gemüt und die läppischen zwei freien Tage zwischen meinen ersten beiden Einsätzen waren ein schlechter Scherz. Das war nicht genug, um das erreichte Defizit an benötigter Zuneigung und Verständnis mit Aryana wieder aufzufüllen. In besagte zwei Tage musste ich schließlich auch noch eine der Therapiestunden quetschen, auf die ich dementsprechend noch weniger Bock hatte als vorher schon - aber ich hatte mein Wort darauf gegeben und würde das durchziehen. Manchmal sah ich mir die noch frische, dunklere Tinte zwischen den älteren Tattoos seitlich an meiner Hüfte an, wenn ich die brünette Schönheit vermisste. Der Besuch des Tattoostudios hatte unsere neu gewonnene Zweisamkeit nochmal gestärkt und ich wollte dieses Mal wirklich daran festhalten. Ich durfte jetzt nur deswegen mal einige Zeit Zuhause durchatmen, weil mein Körper bei der Arbeit an seine Grenzen gekommen war. Wegen benötigter Aufklärungsarbeit waren wir oft mit sämtlicher Ausrüstung etliche Kilometer zu Fuß durch unwegsames Gelände gegangen. Das war gefühlt anstrengender als jeder Marathon auf ebener Straße, auch laut meinen motzenden Mitstreitern. Wenigstens konnte ich bei derartigen Jobs keinen Schuss versemmeln. Auch die restliche Zeit bis hierhin waren Aryana und ich so weit es ging durch die Aufträge voneinander getrennt gewesen. Die von Easterlin angedrohten 3 Monate waren so gut wie vorbei - wenn die Brünette das nächste Mal nach Hause kam, dann sollte es damit eigentlich erledigt sein. Ich befürchtete trotzdem, dass er uns nochmal in sein Büro zitieren würde. Schon nur, um den Finger nochmal in die Wunde zu drücken und seine Macht zu demonstrieren. Um sicher zu gehen, dass wir es verstanden hatten. Aber das war noch gar nicht alles, was das Leben gerade unangenehm machte. Auch wenn es mich streng genommen nicht direkt tangierte, war ich im ersten Moment natürlich wütend auf Fayes ach so guten Freund, der mal eben bei uns Zuhause aufgekreuzt war, um Aryana zu drohen. Damit bugsierte er sich ebenso wie Easterlin sehr weit nach oben auf die Liste von Leuten, die ich nicht ausstehen konnte. Auch wenn es inzwischen ein klärendes Gespräch diesbezüglich gegeben hatte - bei dem ich dank meines Arbeitsgebers natürlich wieder nicht anwesend sein konnte - traute ich Ryatt kein Stück und würde ihm das noch ewig nachtragen. Wir waren uns bisher nur ein einziges Mal kurz auf dem Gelände des Stützpunktes über den Weg gelaufen und das war kein Moment gewesen, um ihm aus einem Impuls heraus Worte an den Schädel zu knallen, weil wir nicht alleine gewesen waren. Der Blick, den ich ihm zugeworfen hatte, war ziemlich sicher aber auch eine unmissverständliche Warnung, diese Grenze nie wieder zu überschreiten. Fragwürdig, ob er sich daran halten würde - Unterhaltung noch ausstehend. Trotzdem war Aryana gerade noch unterwegs und dementsprechend fiel mir zunehmend die Decke auf den Kopf. Ich war schon seit fast eineinhalb Woche von meinem letzten, relativ kurzen Einsatz zurück. Ziemlich unerwartet hatte direkt nach meiner Landung auf heimischem Boden mein Handy geklingelt und es war ein Name auf dem Display erschienen, auf den ich mit nach oben schießenden Augenbrauen reagierte. Trotzdem ging ich ran und es tat nach dem Überraschungsmoment schon irgendwie gut, Victors Stimme zu hören. Gleichzeitig war es wiederum ein komisches Gefühl, nachdem ich ihn schon eine halbe Ewigkeit nicht mehr gesehen oder auch nur gehört hatte. Das sollte jedoch bald ein Ende haben - er war offenbar bereit zurückzukommen und fragte mich nach ein bisschen Smalltalk danach, ob ich ihm dafür den Komplizen spielen konnte. Ich hatte in Aryanas Abwesenheit bis auf das Training am Vormittag und die wöchentliche Therapiestunde sowieso nichts anderes zu tun, also brauchte er auf meine Zusage gar nicht erst zu warten. Zwei Tage später, als ich mental wieder einigermaßen Zuhause angekommen war, rief ich also bei Faye an und fragte sie, ob sie in naher Zukunft vielleicht mal einen Nachmittag für ein Treffen mit mir entbehren konnte. Am Ende konnte man sich darüber streiten, wer von uns beiden die Ablenkung dringender nötig hatte - ich, weil ich alleine nur sehr wenig Lust auf diese kaputte Welt hatte, oder Faye, weil die zwei großen Teile ihrer eigenen kaputten Welt sich bald wieder zusammenfügen würden. Ich sollte aber natürlich so tun, als wüsste ich nichts von Victors Rückkehr, damit sie nicht ahnte, dass ich sie gezielt von Zuhause weglockte. Gesagt, getan - ich griff nach meinem Handy in der Ablage der Seitentür, als ich den Wagen am Straßenrand angehalten hatte. Zum einen, um Faye wie vereinbart kurz anzuklingeln, wenn ich da war und zum anderen, um Victor zu sagen, dass wir hier gleich wegfuhren und er freie Bahn haben würde. Ich deponierte das Smartphone gerade wieder in der Fahrertür, als die jüngere Cooper sich auf den Beifahrersitz schwang. "Hey.", folgte eine Gegenbegrüßung, bevor ich wieder nach dem Lenkrad griff und den Gang einlegte. "Bin wie immer das blühende Leben. Wie steht's mit dir?", antwortete ich mit einer Prise Sarkasmus, als ich das Auto zurück auf die Straße lenkte.
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Hmm ja, fühl ich sehr... x'D Aber ich glaube nicht, dass sich das ganz vermeiden lässt... Sind halt einfach die Zeitsprünge allgemein, die halt echt ultra mühsam zu schreiben sind.... :')
Dafür ist mein Post jetzt ganz schön süss geworden, aber ich bin grad nicht so konzentriert dabei und irgendwie mag ich auch nicht noch fünf Zeilen random Gedankenzeugs dazudichten, forgive me. x'D _________
Das war genau die Antwort, die sie hatte hören wollen. Mitch hatte zwar am Telefon schon nicht so geklungen, als würde dieses Treffen heute in einem psychischen Zusammenbruch - seinerseits, natürlich - oder einem Streit enden und von Aryana wusste Faye auch, dass es ihm wesentlich besser ging als noch vor ein paar Monaten, aber sie war jetzt doch auch froh, dass er auf den ersten Blick tatsächlich ganz entspannt aussah. Seine Antwort beinhaltete natürlich die gewohnte Prise Sarkasmus, aber daran störte sie sich sicher nicht. Es schien ihm also tatsächlich primär um etwas Ablenkung oder Unterhaltung zu gehen und das fand die Brünette super, weil das genau das war, was sie auch brauchen konnte. "Ich seh' schon, du siehst tatsächlich blendend aus", ging sie zwitschernd auf seine Bemerkung ein und ignorierte den Sarkasmus natürlich gekonnt. "Oh, mir gehts auch ganz prächtig. Um nicht zu sagen fabelhaft", erzählte sie vergnügt, ohne dabei ganz direkt mit der Tür ins Haus zu fallen und alle ihre wundervollen Neuigkeiten aufs Mal auf den imaginären Tisch zu knallen. Eins vor Perfekt beschrieb ihren Gemütszustand trotzdem ganz gut. Theoretisch hatte sie natürlich noch immer die gleichen Sorgen und Probleme wie vor vier Tagen. Praktisch waren diese jedoch gerade in so weite Ferne gerückt, dass sie sich kaum wirklich daran erinnern konnte. Vielleicht an die Gedanken, nicht aber an die damit verbundenen Gefühle, weil diese ausnahmslos von Vorfreude, Euphorie und Aufregung verdrängt worden waren. Victors Rückkehr war theoretisch mit vielen Unsicherheiten verbunden und würde nicht nur einfach für sie beide werden. Aber auch das konnte sie gerade überraschend wundervoll ignorieren, indem sie neben der Freude und Sehnsucht einfach keinen Platz mehr in ihrem Herzen für irgendwelche Zweifel und Ängste freihielt. Tolle Strategie, 10/10 would recommend. "Ich hoffe also, dass du sehr viel Energie mitbringst, weil du heute Nachmittag sonst ganz genau jede einzelne Partie verlieren wirst", redete sie weiter, rieb ihm damit die Ausmasse ihres Glücküberschusses unter die Nase. Es war vielleicht nicht ganz realistisch, dass Mitch ihr wirklich so chancenlos unterlegen war. Sie war absolut kein Squash-Profi, hatte den Sport vielmehr erst kürzlich wieder für sich entdeckt und in ihrem ganzen Leben vielleicht fünfmal gespielt. Aber momentan war sie körperlich schon sehr gut beisammen, machte ja für ihre Verhältnisse auch überdurchschnittlich viel Sport. Also würde es trotzdem nicht ganz einfach für ihn werden. Und am Ende war ihr das eigentlich auch egal. Allein weil sie sich in der Halle ungeachtet von Mitchs Können sowieso konzentrieren müsste und das Spiel tendenziell sehr anstrengend und schweisstreibend war - also eigentlich ganz passend für sie beide.
Ist leider so... deswegen werde ich in weiser Voraussicht jetzt schonmal nebenbei mit Victors neunmonatiger Vergangenheit anfangen, weil ich keinen Bock habe dann zwei Tage am Stück dran zu sitzen das alles aufzuarbeiten. :'D
Ach das passt voll so, zu viel ewigen Monolog braucht man eh nicht, auch wenn wir uns oft allzu leicht darin verfallen. ^^" Ich mach auch mal bei dem Kürzen mit. x'D ________
Ganz meiner Tarnung entsprechend warf ich Faye einen etwas irritierten Seitenblick mit hochgezogener Augenbraue zu, weil sie ihrer Euphorie so gar keine Grenzen setzte und sehr offensichtlich sehr gut gelaunt war. "Danke..?" Wieder eine gute Portion Sarkasmus, weil mir die kleine Schwester meiner festen Freundin normalerweise eher nicht sagte, dass ich blendend aussah. Natürlich hatte ich eigentlich keine Zweifel daran, dass ich inzwischen wieder eindeutig weniger chronisch abgefuckt und wutgeladen aussah, als noch bei unserer Pseudo-Therapiestunde im Wald. Das war es auch nicht, was den fragenden Unterton auslöste. Er bezog sich einzig auf die das ganze Auto flutende Glückseligkeit der unwissenden Brünetten neben mir, die scheinbar gar nicht anders konnte, als plötzlich das ganze Leben nur noch in Regenbogenfarben zu sehen. "Ach, was du nicht sagst...", machte ich keinen Hehl daraus, dass sie ihre im positiven Sinne aufgekratzte Stimmung absolut offensichtlich nach außen trug. Das wussten wir beide. Offenbar sah Faye sich dank Victors angekündigter Rückkehr in der Verfassung absolut alles positiv für sich zu entscheiden, so unverblümt wie sie mir hier die noch in den Sternen stehende Niederlage jetzt schon zuschrieb. "Willst du mir vielleicht sagen, was dich zu dieser grenzenlosen Selbstüberschätzung treibt?", hakte ich von ihrem Auftreten belustigt nach, weil das Thema dann gleich gegessen war. Also zumindest in Hinsicht auf meine angebliche Unwissenheit. Ich war mir fast sicher, dass sie mindestens kurzzeitig noch ein bisschen verträumt schwärmen würde, weil sie wahrscheinlich an absolut nichts anderes als Victor denken konnte. Zugegeben hatte ich in den letzten Tagen auch öfter Mal an ihn gedacht - wegen meinem Dasein als Partner in Crime und auch, weil ich ganz einfach zu viel Zeit zum Nachdenken und Alleinsein hatte, wenn ich nicht gerade Sport machte oder in der Therapie saß. Außerdem fragte ich mich wirklich, was er die ganze Zeit über eigentlich getrieben hatte und hätte irgendwann demnächst gerne mal ein Update dazu. Bevorzugt noch bevor Aryana zurückkam, aber irgendwie sah ich meine Chancen da eher schlecht. Die nächsten Tage waren für Faye und Victor sehr wichtig und deren Beziehung zu bereinigen kam eindeutig weit vor meiner Langeweile. "Außerdem verlier' ich gar nichts, ich bin in Topform. Das blühende Leben, schon vergessen?", gab ich mich selbst allzu typisch nicht gerade bescheiden. Ein bisschen sportlicher Ehrgeiz war nicht verkehrt und auch, wenn ich alles andere als erfahren im Squash war, würde ich das schon hinkriegen. Meine Augen-Hand-Koordination war gut, wenn mir nicht gerade der Finger am Abzug zitterte. Was sollte in der Halle heute also schief gehen? Die war zum Glück auch nicht weit weg und wir würden gleich auf jeden Fall herausfinden, wer von uns beiden schlecht und wer schlechter war. Vielleicht waren wir auch einfach beide beschissen darin.
◈ It's so hard to forget pain, but it's even harder to remember sweetness. We have no scar to show for happiness. ◈
Oh, das ist in der Tat eine sehr intelligente Idee! x'D
Ja eben, hab ich mir auch gedacht - in dieser Situation müssen wirs ausnahmsweise nicht übertreiben. x'D _______
Heute sahen vor ihren möglicherweise etwas verblendeten Augen wohl fast alle Menschen wunderschön aus, Mitch brauchte sich also gar nicht unbedingt zu bedanken - auch wenn er das nicht wissen konnte. Sie erwiderte das Danke entsprechend mit einer gutmütigen Handbewegung und dem weiterhin schwer präsenten Grinsen, ehe sich ihr Blick für ein paar wenige, schweigsame Sekunden aus dem Fenster richtete. Natürlich nur, bis Mitch wieder zu reden begann und sofort bekannt gab, dass er sich in diesem Moment noch absolut nicht unterlegen fühlte. Diese Tatsache liess er mit einer Frage verlauten, die an sich durchaus berechtigt war und die zu beantworten Faye zu seinem Glück auch sehr willig war. "Nun... Erstens ist das keine Selbstüberschätzung, denn ich habe natürlich trainiert... zuhause unter der Dusche, mit meinem unsichtbaren Schläger und so", holte sie irgendwo in ihrer Fantasiewelt aus, strich sich mit gespielt ernster Mimik eine lose Haarsträhne hinters Ohr. Genau diese Ernsthaftigkeit fiel jedoch kaum zwei Sekunden später schon wieder komplett von ihr ab und machte erneut dem Strahlen Platz, welches sich quer über ihr Gesicht legte. "Ausserdeeem...", eigentlich hatte sie das irgendwie schön verpacken und nicht so plump sagen wollen, weil es so auch überhaupt keinen Sinn machte mit der angefangenen Erklärung zu ihrem Energielevel und Selbstvertrauen. Aber die Worte purzelten ihr über die Lippen, bevor sie eine andere Formulierung hätte zusammenkratzen können und so beendete sie den angefangenen Satz sehr schlicht mit den Worten: "...hat Victor mir geschrieben, dass er in den nächsten Tagen nachhause kommt, Mitch, und du kannst dir gar nicht vorstellen was...", auch dieser Satz lief ins Leere und die offensichtliche emotionale Überforderung wurde durch eine bekräftigende Handgeste unterstrichen. Der Blick ihrer grossen Augen haftete nun fest auf dem Gesicht des jungen Mannes, wollte dort seine Reaktion der puren Überraschung und Freude sehen, die sie im Zusammenhang mit diesen Neuigkeiten absolut erwartete. Eigentlich hätte sie ihn am liebsten sofort umarmt, einfach weil sie so aufgeregt und glücklich war, aber das wäre vielleicht nicht so geschickt, solange er das Auto steuerte. Ausserdem war Mitch - daran erinnerte sie sich gerade so - eher nicht der Typ für spontane Umarmungen ihrerseits. Er würde sie wohl nicht gleich von sich schieben, aber wie angenehm es ihm wirklich wäre, sei dahingestellt. Glücklicherweise hatte sie ja bald die Person zurück, die sie sowieso am allerdringendsten umarmen und nie wieder loslassen wollte. "Nach so vielen Tagen, Wochen und Monaten! Ich bin so aufgeregt, aber das wird so toll und dann...", sie fasste sich an die Stirn, als könnte sie selbst noch immer kaum glauben, dass es nun endlich wirklich soweit sein sollte. "...dann bleibt er endlich bei mir", summte Faye ein paar Worte vor sich hin, die in sich pure Erleichterung und Glück trugen. "Du kannst dir also vielleicht denken, in was für einer Topform ich erst bin - da droht deinem blühenden Leben entsprechend leider trotzdem eine bittere Niederlage", oder eben ein überlegener Sieg, weil sie es nicht schaffte, sich auf den Ball zu konzentrieren - das würde sich gleich zeigen. Vielleicht hatte sie ja Glück und die Nachricht warf ihn ebenfalls etwas aus der Bahn haha.
work smart, not hard - oder so. Freu dich schonmal drauf von Text erschlagen zu werden, i guess... XD _____________________
Squash-Training unter der Dusche. Ich hatte durchaus ein bisschen Fantasie, aber so weit ging sie dann doch nicht. "Bin mir ziemlich sicher, die Distanz zur Wand in der Halle ist anders als die zu deiner Duschwand… aber lassen wir's mal trotzdem gelten.", schnaubte ich amüsiert und schüttelte leicht den Kopf, als die Ampel auf Grün schaltete und ich den Wagen um die Ecke lenkte. Unsere anstehende Aktivität war hier sowieso gleich mehr oder weniger zweitrangig, weil Faye anfing meine Frage zu beantworten. Als sie nach dem Ansatz dessen noch kurz innehielt, sah ich ich flüchtig zu ihr rüber, aber der Straßenverkehr forderte ziemlich kontinuierlich meine Aufmerksamkeit. Trotzdem packte ich für einmal gezielt meine Schauspielkünste aus, als meine Beifahrerin den ersten Teil ihrer Erklärung beendete, um sie mit geschockten bis entglittenen Gesichtszügen anzusehen. Nicht lange natürlich, weil ich das Auto nicht blind steuern sollte und ich außerdem anschließend mit etwas häufigerem Blinzeln vermeintlich einen Moment brauchte, um die neu gewonnene Information zu verarbeiten. Ich hatte beinahe vergessen, wie anstrengend es war ein falsches Gesicht aufzusetzen, während einem eigentlich viel mehr nach einem sehr breiten Grinsen zumute war. Mit meiner offensichtlichen Überforderung im Moment ihres akuten Geständnisses gab ich ihr genug Zeit, erstmal weiter zu sprechen und äußerte mich erst danach dazu. "Das... er war so lange weg, ich kanns fast nicht glauben.", gab ich mich mit einem kaum sichtbaren Kopfschütteln überrollt von der Erkenntnis, einen lange verschollenen Freund wieder willkommen heißen zu können. Victor und ich waren zwar noch nie sowas wie beste Freunde gewesen, aber selbst mir war von Zeit zu Zeit aufgefallen, dass er in unserem Vierer-Gespann sehr fehlte. Außerdem wäre es vielleicht gar nicht so verkehrt, wenn Victor und ich uns zukünftig noch eine Ecke besser kennenlernten. Ich könnte gut noch einen Freund mehr gebrauchen, der mich aufgrund teilweise ähnlicher Vergangenheit besser verstehen konnte als der Rest der Gesellschaft. "Ich freu' mich wirklich für dich, Faye. Es ist zwar nicht exakt das gleiche, aber ich kann mir ganz gut vorstellen, wie du dich grade fühlst.", brachte ich nach kurzer Überwindungszeit hervor und fing damit an, die Mundwinkel zu einem langsam aber stetig breiter werdenden Lächeln anzuheben. Ich hatte damals nicht gewusst, dass Aryana mich an besagtem Tag aus dem Gefängnis holen würde, aber die pure Erleichterung und Euphorie direkt danach waren in meiner Erinnerung noch immer sehr greifbar. Vielleicht hatte die Glückseligkeit nicht so lange angehalten, wie ich es gerne gehabt hätte, aber wie gesagt - die Umstände waren hier ganz andere und ich hoffte wirklich für die beiden, dass sie ab jetzt nur noch auf grünen Wiesen wanderten. "Das ist so gut... es geht endlich aufwärts, oder? Fühlt sich zumindest so an.", lächelte ich vor mich hin und warf ihr erneut einen kurzen Blick zu, ehe ich auf den Parkplatz der Squash-Halle einbog. Zwar hatte ich das Gefühl nicht jetzt in diesem Augenblick, sondern eher schon vor fast eineinhalb Wochen gehabt, aber das war ja egal. Es war nur durch Victors Rückkehr nicht automatisch alles wieder im Lot, das aktuell schief hing. Es konnte - in meiner Theorie - aber trotzdem nur besser werden, wenn er wieder hier war. Auch für Aryana und mich - die ältere Cooper war nicht weniger erleichtert gewesen als ich, als ich sie angerufen und ihr erzählt hatte, dass unser Quartett bald wieder komplett sein würde. So als Vorwarnung, bevor sie wieder zurückkam und wir dann wirklich mal wieder alle zusammensitzen konnten. Ich freute mich wirklich darauf. Trotzdem wurde hier gleich erstmal eine Runde geschwitzt, denn das Auto war geparkt und es konnte quasi losgehen.
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Ja, das ist gewissermassen schwer zu erwarten… x’D ___________________
Ja, damit könnte er Recht haben – ihr bescheidenes Bad kam nämlich keiner absolut überdimensionalen Duschhalle gleich, weshalb sie nicht ganz so weit ausholen konnte mit dem nicht vorhandenen Squash-Schläger. Aber das war nicht so schlimm und würde ihr sicher nicht den Sieg kosten. Was sie von ihrer fehlenden Konzentration hingegen eher nicht mit Sicherheit behaupten konnte. Das Gute in dieser Hinsicht war aber, dass sie Mitch offensichtlich ebenfalls dezent aus der Bahn werfen konnte mit ihren guten Neuigkeiten. Er wirkte fast genauso überrascht und ungläubig wie sie, als sie zum ersten Mal Victors Nachricht gelesen hatte. Inzwischen hatte sie keine Ahnung mehr, wie oft sie die Zeilen durchgegangen war, sie konnte sie auf jeden Fall blind wiedergeben. Es war auch gar nicht so viel Text gewesen, hatte nicht viel gebraucht, um sie in dieses Hoch zu schiessen, auf dem sie seit ein paar Tagen tanzte. Sie nickte zustimmend auf die Erkenntnis, dass Victor wirklich lange weggewesen war. Viel zu lange, wenn man sie fragte. Aber hoffentlich auch wirklich lange genug, damit sie beide in der Zwischenzeit in die richtige Richtung vorwärtsgekommen waren und sowas nie wieder brauchten. Dass sie jetzt ein für alle Mal zueinanderfinden und gemeinsam weitermachen konnten. Für immer. «Ich auch nicht, aber ich freue mich so sehr und ich bin so aufgeregt!», unterstrich sie das Offensichtliche mit einem fetten Grinsen und weit hochgezogenen Augenbrauen. Tatsächlich hatte sie sich noch gar nicht überlegt, dass Mitch sie in dieser Sache vielleicht sogar besser verstehen könnte als all die anderen Menschen, die nie über längere Zeit unfreiwillig von ihren Liebsten getrennt gewesen waren. Genau wie sie und Victor hatten auch Mitch und Aryana ein Wiedersehen erlebt, welches wohl absolut überwältigende Emotionen in sich getragen hatte. Hätte sie noch breiter grinsen können, hätte sie das in diesem Moment wohl getan. Und auch bei seiner nächsten Feststellung, auf die sie bedächtig nickte. Ja, es ging endlich aufwärts. Mitch hatte die Kurve gekriegt, Aryana ging es dadurch und auch unabhängig davon ebenfalls besser als schon sehr lange, Victor kam zurück, sie selbst stand wieder ziemlich stabil im Leben und gefühlt war die Sache mit Ryatt und den Hernandez das einzige verbleibende Problem. Aber in diesem Moment fiel es ihr leichter als je zuvor, daran zu glauben, dass sie auch dafür sehr bald eine Lösung gefunden haben würden. «Ja. Scheint fast so, als würden wir ausnahmsweise alle gleichzeitig ein bisschen positives Karma ernten», sogar ein bisschen viel. War ihnen das überhaupt schon einmal passiert? Dass es ihnen allen zugleich gut gegangen war, sie etwas Schönes erlebt hatten, dessen Glück für mehr als zwei Tage angehalten hatte? Auf jeden Fall nicht oft und schon lange nicht mehr. Darauf konnten sie nun gleich ein paar Bälle an die Wand knallen, denn Faye hüpfte beschwingt vom Beifahrersitz aus dem Auto, sobald dieses still im Parkfeld stand. Sie schulterte ihre Sporttasche und ging mit Mitch zum Eingang, wo sie den Eintrittspreis zahlten und das Material ausliehen. Es folgte ein kurzer Besuch in den Umkleidekabinen, wo sie die Schuhe wechselte, ihre Kleider deponierte und die Haare zu einem frischen Zopf zusammenband. Die Sportkleider hatte sie schon zuhause angezogen, weshalb das alles nur zwei, drei Minuten in Anspruch nahm, bevor sie schon wieder auf dem Flur stand und auf Mitch wartete, um mit ihm gemeinsam zu den Hallen zu gehen.
"Schwer zu übersehen.", antwortete ich, während meine Lippen sich vom Lächeln wieder zu einem dezenten Grinsen formten. Ich konnte diese überschwängliche Laune durchaus für ein paar Stunden aushalten und zumindest ihr Energielevel würde ziemlich sicher unter der sportlichen Einheit leiden, also war das schwer in Ordnung. Es war ja auch schön, sie so zu sehen und es konnte mir absolut nicht schaden, wenn sich ihre außergewöhnlich gute Laune im Lauf der Zeit auch gänzlich auf mich übertrug. Es gab hier schließlich Grund zu feiern, da war kein Platz für meine nach wie vor in kurzen Phasen auftretende Schwarzmalerei. Das positive Karma dürfte uns gerne öfter mal derartig gewogen sein. "Wurde auch echt höchste Zeit, es hat sich lange genug bitten lassen.", meinte ich etwas trocken, als ich den Schlüssel abzog und die Lenkradsperre reinmachte. Daraufhin stieg ich ebenfalls aus und es wurde bald ernst für unser unsagbar unepisches Duell. Ein paar Minuten später, nachdem sämtlicher für das Spielen unnötiger Kram in der Umkleide zurückgelassen worden war, traf ich im Gang wieder auf Faye und das vorübergehend erloschene Grinsen flammte erneut auf, als ich sie beinahe erreicht hatte. Ich streckte die leere Hand nach ihr aus und legte den Arm um ihren Hals, um sie nur für ein paar Schritte spielerisch in den Schwitzkasten zu nehmen. Dabei ging ich nur langsam weiter, damit diese Körperhaltung nicht ernsthaft unangenehm für sie wurde und neigte den Kopf zu ihr rüber. "Wer verliert, zahlt bei unserem ersten Treffen zu Viert das Essen..?", grinste ich eine mögliche Variante für die noch nicht geklärten Wettschulden, bevor ich sie wieder losließ. War natürlich optional, aber noch ein bisschen mehr zusätzlichen Ansporn zu geben schien mir nicht verkehrt. Ich war eigentlich kein besonders guter Verlierer, aber meine Laune war heute den Umständen entsprechend ebenfalls recht gut und ich könnte das im Fall der Fälle schon verkraften. Oder mir den Frust über die Niederlage verkneifen, bis ich allein Zuhause war. Der Gang mündete im aktiven Sportbereich und ich ging weiter neben Faye her, während ich auf den gläsernen Türen der einzelnen Abteile nach der uns zugeteilten Nummer Ausschau hielt. Ich zog die Wasserflasche unter dem Arm hervor, mit dem ich auch Schläger und Ball festhielt, als ich die 6 auf der Tür sah. Das Gefäß stellte ich außen direkt neben der Tür ab - mit rein nehmen war nicht erlaubt und ich hatte heute ausnahmsweise nicht das dringende Bedürfnis, den Badboy zu markieren. Würden wir rausgeworfen werden hätte ich das ungünstige Problem, irgendwie anders Zeit für Victor rausholen zu müssen. Ich ließ Faye den Vortritt beim Betreten des Feldes und legte drinnen vorerst Schläger und Ball beiseite. Ein bisschen Dehnen und Aufwärmen war nicht nur grundsätzlich gut für die Muskeln, sondern wegen meiner Schulter leider auch unverzichtbar. Wir mussten das Ganze ein bisschen langsam angehen und es blieb zu hoffen übrig, dass die Sehne unter Dauerbelastung keine Probleme machte. "Ich denke, es sollte eigentlich kein Problem werden, aber vielleicht macht die alte Schulterverletzung irgendwann Zicken... kann also passieren, dass wir ein oder zwei zusätzliche Pausen einlegen müssen.", warnte ich die jüngere Cooper diesbezüglich zwischen zwei Dehnübungen vor. Außerdem konnte das gut noch ein bisschen mehr Zeit schinden.
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