Ja, alles super gegangen. :) Und nein, soweit alles noch im grünen Bereich. War mehr so ein Strand-, Pool-, Erholungsurlaub - super für zwei Wochen, aber jetzt bin ich eigentlich gerne wieder zuhause. Länger kann ich das nicht und irgendwann haben wir uns auch alle Städtchen der Umgebung angeschaut..^^ Brauch wieder was zu tun und morgen fang ich ja eh bei meiner neuen Stelle an. :‘) Und gehts dir etwas besser? ___________
Naja, eigentlich gab es immer irgendwas zu sagen, oder? Irgendwas worüber man reden konnte. Mitch hatte vor einigen Tagen sehr gut bewiesen, wie viel es eben wirklich zu erzählen gegeben hätte. Seine ganze Lebensgeschichte - und noch immer fehlten überall Details, nach denen sie sich erkundigen und die er mit ihr teilen könnte. Ausserdem könnte sie es ihm irgendwann gleich tun und einmal von vorne bis hinten alles durcherzählen, damit er zumindest einen Überblick hatte, wo bei ihr die zahlreichen Komplikationen begraben lagen. Das Gröbste wusste er natürlich schon und die Katastrophen ihrer Familiengeschichte, die in ihrem Leben definitiv die tiefsten Fälle verursacht hatten, waren bekannt. Aber dazwischen gab es noch einige Lücken zu stopfen, was sie irgendwann nachholen sollte - jetzt, wo er so umfangreich vorgelegt hatte. Das Problem war somit in ihrer Situation selten ein Mangel an Gesprächsthemen, sondern einfach ein Mangel an angenehmen, lockeren Sachen, die sich ohne zu viel Risiko für eine lockere Unterhaltung eigneten. Wenn ihr Leben ständig so dunkel aussah, wie es das leider tat, dann war es nunmal schwer, Gespräche zu führen, die nicht bedrückend waren, die nicht die relevante Gefahr mit sich zogen, dass einer von ihnen sich dann beschissen fühlte oder direkt austickte. Sie sollten sich trotzdem an ebendiesen schwierigeren Themen versuchen, weil wie war dein Tag, hat dir das Essen geschmeckt und was hast du morgen so vor ihre Beziehung kaum wieder geradebiegen konnten. "Ja, das macht Sinn, werden wir so machen", stimmte sie der Idee mit der fixen Uhrzeit zu, ohne jedoch direkt etwas vorzuschlagen. Würde wohl auf jeweils zwischen Abendessen und Schlafen ausfallen - also grob gerechnet irgendwo zwischen 19:30h und 22:00 Uhr, wobei der späteste "Termin" dann ungefähr 21:45 Uhr wäre - soviel Flexibilität lag sicherlich drin. Sie hatte nicht unbedingt mit der Thematik gerechnet, die er gleich darauf, als das Auto bereits geparkt war, anriss. Entsprechend blickte sie ihn wohl einen Moment etwas irritiert an, als Mitch Jetman zur Sprache brachte. Sie erinnerte sich durchaus daran, dass er in der letzten Woche zwei oder drei Mal erwähnt wurde, aber sie hatte irgendwie trotzdem nicht erwartet, dass Mitch ihn tatsächlich besuchen wollte. Im Nachhinein hätte sie das eigentlich schon kommen sehen können, ihr Freund versuchte offensichtlich wirklich, sich zu bessern und aus seinem Loch zu kriechen, wozu eben auch eine Menge Vergangenheits- und Traumabewältigung dazugehörten. Die Geschichte, in der auch Jetman eine nicht irelevante Rolle gespielt hatte und vielleicht ja tatsächlich wieder spielen würde..? Vorausgesetzt Mitch fand heraus, wo sein Freund sich gerade aufhielt. Falls dem so wäre, stand einem Besuch aber in ihren Augen nichts mehr im Weg. Abgesehen vom mentalen Wert eines solchen Trips wäre es auch eine gute Abwechslung für die kommenden Wochen. Die dürften sich nämlich ziemlich langfädig ziehen, da sie sich körperlich schonen sollten, um möglichst bald wieder aufm Feld zu stehen. So nickte die Brünette seine Worte nach sehr kurzer Bedenkzeit ab. "Klar, das klingt eigentlich nach einer sehr guten Idee. Zeit haben wir momentan ja ausnahmsweise genug und es wäre wirklich toll, wenn du - beziehungsweise wir - ihn wiedersehen könnten", stimmte sie dem Vorhaben vorbehaltlos zu. Sie hoffte wirklich, dass Jetman in erster Linie noch lebte, darüber hinaus auch hoffentlich nicht mehr im Krieg war und Mitch verziehen hatte, was damals vorgefallen war - sie ihn also überhaupt besuchen durften. Es wäre zwar etwas schade, wenn er tatsächlich noch in Oklahoma und damit so weit weg von ihnen wohnen würde, aber es wäre trotzdem unglaublich schön, eine Freundschaft wieder aufleben zu lassen, die Mitch so viel bedeutet hatte.
This is your life, it's do or die, the sun may never rise again, so be the light the vision. This is your life, it's slipping by, you try to run but fall again, you get back up that's living.
Irgendwann reichts einem wohl auch mal, das stimmt. Man ist mit der Umgebung irgendwann dann halt einfach "durch". :'D Jaein. Ich nehme dieses Jahr anscheinend einfach alles mit, was irgendwie geht. Ich hatte letzte Woche 'nen milden Hörsturz aka Knalltrauma im rechten Ohr, ist auf der Arbeit passiert. Musste darauffolgend weil der Tinnitus nicht weg ging zum Arzt, der mir ne fette Infusion reingeknallt hat... und seitdem tut mir gefühlt täglich was anderes weh, mein Körper is wohl einfach nicht so begeistert von der Mega-Dröhnung Kortison - aber hey, wenigstens ist das laute Piepen im Ohr dadurch tatsächlich weggegangen. Bin einfach nur noch froh wenn ich im Urlaub bin, ohne Scheiß. Wahrscheinlich brech' ich mir da dann zum ersten Mal im Leben irgend 'nen Knochen, so aus Prinzip. XD _____
Die Brünette schien gar nicht wirklich Bedenkzeit zu brauchen. Schon nach einem kurzen Moment der Überraschung stimmte sie zu, hielt es für keine schlechte Idee. Selbst wenn dem so gewesen wäre, hätte ich es aber wohl trotzdem getan. Einmal mehr oder weniger auf die Schnauze fliegen tat in meinem aktuellen Zustand auch kaum noch weh, eine Verschlimmerung war schwierig zu erreichen. Wenn es eine Chance darauf gab meinen alten Freund wiederzusehen, dann wollte ich sie ausfindig machen und nutzen - sollte sie sich im Sande verlaufen, dann war es eben so. Erstmal galt es Jetman zu finden. Ob er überrascht sein würde, dass Aryana tatsächlich noch immer an meiner Seite klebte? Vielleicht schon. Vielleicht aber auch nicht, angesichts der Tatsache, dass ich ihn damals darum gebeten hatte uns das Tor zu öffnen - wegen ihr und nicht aus Eigeninteresse. Er wusste längst, dass mir sonst noch nie Jemand so viel bedeutet hatte. Es huschte ein kurzes Lächeln über meine Lippen, als ich mich zu Aryana rüber lehnte und ihr einen flüchtigen Kuss gab. In seiner Einfachheit symbolisierte er Vieles - dass ich dankbar dafür war, dass sie in dieser Wunde meinerseits nicht rumstocherte; dass ich irgendwie ganz froh darüber war, dass wir beide uns bald hoffentlich auf eine kleine Reise begeben würden und auch dass ich mich eigentlich ganz wohl damit fühlte, dass ich diesen Schritt nicht alleine gehen musste. "Ja, das denk' ich auch.", erwiderte ich abschließend noch eine unmissverständlich wörtliche Bestätigung, als ich mich zurückzog und kurz darauf die Fahrertür aufmachte, um auszusteigen.
**Zweiwöchigen Zeitsprung hier einfügen**
Inzwischen war es ziemlich genau acht Wochen her, dass ich Faye das letzte Mal zu Gesicht bekommen hatte. Ihre Stimme hatte ich vor 7 Tagen das erste Mal seit dem unschön verlaufenen Gespräch wieder gehört. Zugegeben hatte ich ziemlich perplex aufs Display meines Handys gesehen, als ihr Name und ihre Nummer darauf aufgetaucht waren. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich mich eigentlich schon damit abgefunden, dass ich wohl derjenige sein musste, der die Sache noch einmal in Angriff nahm, aber die Brünette belehrte mich eines Besseren. Das Telefonat war nicht lange und wir waren beide etwas kurz angebunden gewesen - das war wahrscheinlich der Tatsache zu verschulden, dass unsere Beziehung zueinander sich aktuell auf heiklem Terrain befand und die Annäherung bedacht und vorsichtig blieb. Meinerseits kam es aber wohl auch daher, dass ich nicht wusste, warum Faye mich nach einem Treffen fragte. Es könnte sowohl der Tatsache zugrunde liegen, dass sie die Freundschaft - in welcher Form auch immer - wieder aufnehmen wollte, als auch daher rühren, dass sie mich einfach nur von Angesicht zu Angesicht ganz offiziell für immer verabschieden wollte. Sie hatte nämlich nicht gesagt, was der ausschlaggebende Grund dafür war, dass wir uns wieder sehen sollten. Überflüssig zu erwähnen, dass ich darauf hoffte, dass sie der komplizierten Angelegenheit noch eine Chance gab, oder? Mein Leben war natürlich auch ohne die zierliche Brünette weitergegangen, aber es war weniger unterhaltsam gewesen. Vor drei Tagen war ein neuer Kerl in die Sozial-Unterkunft eingezogen und wir verstanden uns ganz gut, weil er etwa in meinem Alter war und eine gute Portion Humor mitbrachte. Ich hatte also eine potenzielle neue Freundschaft, aber es wäre logischerweise trotzdem nicht das Gleiche wie mit Faye. Außerdem hatte ich den Nebenjob in der Bar tatsächlich gekriegt, was allerdings hauptsächlich Stress bedeutete. Die Arbeit dort war an sich nicht besonders anspruchsvoll, aber zwei Jobs gleichzeitig konnten nichts anderes als anstrengend sein. Dementsprechend schwer fiel es mir auch meistens mich überhaupt dazu aufzuraffen, aber es war nötig. Um mich besser und nicht mehr wie der Rand der Gesellschaft zu fühlen. Der Bartresen war wenigstens gut für meine ansonsten in der Freizeit eher verkümmernde soziale Ader, die Arbeit war also bis zu einem gewissen Grad auch angenehm. Eben immer dann, wenn nette Gäste eintrafen und sich ein unterhaltsames Gespräch ergab. Jedenfalls war es ebenfalls dem Zweitjob zu verschulden, dass das Treffen nach dem Telefonat noch ein paar Tage hatte warten müssen. Logischerweise war es dadurch noch etwas schwieriger als vorher geworden mit unseren unterschiedlichen Schicht-Zeiten auf einen Nenner zu kommen, aber heute sollte es so weit sein. Gegen 15 Uhr war ich mit der Frühschicht fertig und die Bar war heute zu, weil montags immer Ruhetag war. Ich war auch heilfroh darüber die nächsten zwei Tage frei zu haben - zumindest im Kinderheim - weil ich das Wochenende durchgearbeitet hatte. Ich war eigentlich ein ziemliches Arbeitstier, aber sowas wie einen Schlafrhythmus gab es bei mir inzwischen gar nicht mehr. Das laugte aus, weshalb ich auch etwas schlurfigen Schrittes von der Bushaltestelle wegging. Würde Faye nicht auf mich warten, hätte ich heute wohl ganz viel Nichts gemacht. Bevor ich weiter zu ihrer Wohnung ging machte ich noch einen kurzen Abstecher in den Donutladen nahe der Haltestelle, weil ich mir irgendwie blöd dabei vorkommen würde mit völlig leeren Händen schon wieder auf ihrer Fußmatte zu stehen. Der Schnee war geschmolzen und es war draußen nicht mehr so kalt, die Temperaturen bewegten sich aktuell konstant zwischen fünf und zehn Grad über dem Gefrierpunkt. Weil heute hier und da ein paar sehr dunkle Wolken am Himmel hingen hatte es aber nicht wirklich zur Debatte gestanden sich irgendwo draußen zu treffen, obwohl mir neutraleres Terrain lieber gewesen wäre. Ich nippte schon auf den letzten Metern zu Fayes Wohnung ein paar Mal an meinem Kaffee, bis ich schließlich etwas akrobatisch mit dem Ellbogen die Klingeln drückte. Die linke Hand hielt die Kaffeebecher und die rechte die Papiertüte mit den Donuts, als ich die Tür beim Summen aufdrückte und anschließend die paar Stufen nach oben ging. Schon dabei schüttelte ich mit einer längst einstudierten Kopfbewegung die schwarze Kapuze des Pullovers ab. Kurz darauf schlich sich ein schmales, noch etwas verhaltenes Lächeln auf meine Lippen, als ich Faye hinter der halb offenen Tür sah. "Hey.", hielt ich mich in der wörtlichen Begrüßung noch etwas zurück. Ich wollte nicht zu viel sagen. Die Frage der Umarmung stellte sich glücklicherweise nicht wirklich - der vollen Hände wegen fiel die so oder so ziemlich einseitig aus.
◈ It's so hard to forget pain, but it's even harder to remember sweetness. We have no scar to show for happiness. ◈
Ohje, das klingt aber nicht toll bei dir..! Echt beschissen, dass das jetzt noch dazukam und die Infusion nötig war... Aber hey, noch zwei Tage! :) Ich hoff jetzt mal schwer für dich, dass sich das mit dem Knochenbruch nicht bewahrheitet und der Urlaub sehr sehr sehr sehr toll wird unds dir dann endlich besser geht! :3 ____________
Tja, ob sie nach sage und schreibe zwei Monaten wusste, was sie Ryatt heute genau mitteilen wollte? Kritisch. Hatte sie sich trotzdem bei ihm gemeldet? Sah wohl so aus. Aber hauptsächlich darum, weil es nicht leichter wurde, je später sie ihn anrief. Und sich einfach gar nicht mehr bei ihm zu melden, kam für sie nicht wirklich in Frage, weil man Freundschaften nicht so beendete, wie sie es getan hätte, wenn sie einfach nie wieder mit ihm geredet hätte. Er verdiente wenn dann einen klaren Abschied, mit Begründung und guten Wünschen. Aber eigentlich wollte sie sich nicht von ihm verabschieden - noch immer nicht. Das hatte sie schon vor acht Wochen nicht tun wollen, im Gegenteil. Und daran hatte sich nichts geändert, die Umstände waren einfach ein bisschen komplizierter geworden. Komplizierter im Sinne von sie vermisste ihren Freund jeden Tag mehr - Victor und alles, was sie mit ihm verband. Eigentlich hatte sie damit gerechnet, dass es einfacher werden würde mit der Zeit. Aber das war nicht wirklich eingetroffen und jetzt, wo sie gefühlt jeden Tag darüber nachdachte, machte das auch Sinn. Wie sollte es einfacher sein, wenn sie nicht abschliessen konnte und wollte? Victor hatte die Beziehung ja nicht beendet, sondern nur pausiert, beziehungsweise in eine sehr sehr lockere Fernbeziehung mit sehr sehr wenig Kontakt umgewandelt. Ausserdem war es noch immer genauso schwierig mit dieser unbekannte Zeitspanne umzugehen, wie ganz am Anfang. Faye wusste nicht, wie oft sie nachts schon aus dem Schlaf geschreckt war und fest daran geglaubt hatte, dass er jetzt gerade oder morgen früh wieder auf der Matte stehen würde. Und es war nie eingetroffen, ihre Träume hatten sich jedes Mal im Sand verlaufen. Er war jetzt schon über 15 Wochen weg. Fast vier Monate. Es fühlte sich an wie eine Ewigkeit, obwohl ihr rationales Denken wohl nie wirklich an eine Rückkehr vor einer Frist von mindestens sechs bis zwölf Monaten geglaubt hatte. Tja. Sie hasste es trotzdem. Und wie oft sie schon wachgelegen und sich gefragt hatte, ob es ihm genauso ging oder ob er sich vielleicht doch langsam mit ihrer Abwesenheit anfreundete, konnte sie längst nicht mehr zählen. Ihre Psychologin war kein Fan dieser Gedankengänge, aber sie liessen sich leider nicht immer so ganz erfolgreich abschalten, auch wenn sie sich meistens darum bemühte. Abgesehen von Victor-Vermissen, hatte sie sich aber eigentlich gut beschäftigt gehalten mit arbeiten, möglichst oft Freunde treffen, joggen gehen, zweimal wöchentlich Tanzunterricht und einer Schwester inkl. Freund, die sich mal eben beide fast in der Mongolei hatten verscharren lassen. Was dann der finale Auslöser gewesen war, dass sie sich nun auch noch fürs Yoga angemeldet hatte - hauptsächlich zur Beruhigung ihrer Nerven. Blieb nur zu hoffen, dass dieser Abend nicht ebenfalls wieder allzu anstrengend wurde. Sie hatte den Schreck bezüglich Mitch und Aryana zwar mittlerweile überwunden, aber das sollte noch lange nicht heissen, dass sie schon wieder bereit für die nächste Überlastung ihres Nervensystems war, als schliesslich die Klingel Ryatts Ankunft bekanntgab. Faye drückte den Türöffner und ging zur Wohnungstür, welche sie ebenfalls aufzog. Da war auch schon ihr Besucher - inklusive Eintrittszoll, wies schien, was das Lächeln der Brünetten direkt etwas breiter werden liess. Er hätte natürlich nichts bringen müssen, weil sie immer etwas da hatte - auch wenn sie diesmal tatsächlich, zum Glück, keinen Kuchen gebacken hatte. Aber es war trotzdem äusserst aufmerksam von ihm, ihr Kaffeeherz zu beglücken. "Hey", grüsste sie ihn ebenfalls, bevor sie die Tür hinter ihm wieder abschloss und wartete, während er seine Schuhe loswurde. "Na..? Wie gehts dir so?", diese Standardfrage klang im ersten Moment immer etwas oberflächlich und semi-interessiert, aber Faye würde sie nicht stellen, wenn sie die Antwort nicht kennen möchte. Sie hatte einige Wochen nichts mehr von ihm gehört und das letzte Mal hatte ja Einiges angestanden in seinem Leben - von ihr aus konnten sie das Gespräch auch gut erstmal an dieser Ecke beginnen, anstatt direkt mit der Tür ins Haus zu fallen. Es sei denn, er wollte lieber überhaupt nichts reden, bis sie das Verhältnis zwischen ihnen ins Reine gezogen hatten. Dann würde sie sich wohl fügen.
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Ich trat ein und schob mir wie bei meinem letzten Besuch an der Garderobe die Schuhe von den Füßen. Scheinbar legten wir erstmal mit ein bisschen Smalltalk los und ich wusste nicht recht, wie ich das finden sollte. Das kam wahrscheinlich stark darauf an, wie lange sich der Smalltalk hinzog und ich dementsprechend noch darauf warten musste, den eigentlichen Grund für das heutige Treffen zu erfahren. Diesbezüglich saß ich nach acht Wochen auf ziemlich heißen Kohlen. Ich hoffte also einfach mal darauf, dass sie eine schöne Antwort für mich hatte und es sich zu warten lohnte - erstmal der Smalltalk, dann ans Eingemachte. Mit dem Proviant bepackt schlug ich gemütlichen Schrittes den Weg in die Küche ein, wobei ich auf Fayes Frage zu antworten begann. "Ein bisschen müde, ein bisschen gestresst... mit der entzündeten Stichwunde im Hinterkopf ist das aber nichts, worüber ich mich beschweren will.", blieb ich erst einmal bei meinem körperlichen Wohlbefinden. Ich war schon fitter gewesen, aber es war mir eben auch schon deutlich schlechter gegangen. Beispielsweise nach dem unschönen Ende meiner Army-Karriere oder nach Seans Attacke. An der Küchentheke angekommen stellte ich die Becher und die Donuts ab, wobei ich Fayes noch unversehrten Kaffee mit einem deutenden Blick in ihre Richtung aus dem Papphalter nahm und nahe der Donuts abstellte. Die Brünette war anschließend damit beschäftigt einen passenden Teller für die vier Donuts aus einem der Schränke zu ziehen, weshalb ich in der Zwischenzeit mit einer Erklärung fortfuhr. Glücklicherweise musste man mir nicht in allen Situationen die Informationen aus der Nase ziehen. "Wir haben einen neuen Mitbewohner in der Unterkunft, der ganz in Ordnung ist... und ich hab einen Nebenjob gefunden, deswegen die Müdigkeit. Ist ja nicht für immer.", erzählte ich und zuckte anschließend leicht mit den Schultern. Die Sozialstunden fraßen eben nach wie vor den Großteil meiner freien Zeit auf, es gab also schlichtweg nicht viele Jobs, die ich überhaupt flexibel genug ausüben konnte. Die Bar warf mir wenigstens auch noch ein bisschen zusätzliches Trinkgeld ab und außerdem war es tatsächlich ganz interessant, ein bisschen hinter die Kulissen sehen zu können. Natürlich war das alles kein Hexenwerk, aber vielleicht wurde es ja doch irgendwann was mit einem eigenen Club oder einer eigenen Bar. Ich war mir noch immer nicht wirklich sicher damit, wohin die Reise für mich gehen sollte. Weder in beruflicher Sicht, noch in Hinblick darauf, wo ich hin wollte, wenn die Sozialstunden am Ende waren. Würde sich schon noch ergeben. "Und dir? Was hab ich verpasst in den letzten Wochen?", stellte ich der zierlichen Brünetten die Gegenfrage. Dabei schob ich mir die Ärmel des schwarzen Pullovers bis knapp unter die Ellenbogen und schnappte mir anschließend meinen eigenen Kaffee, bevor ich den nächsten Schluck aus dem noch halbvollen Becher nahm. Wahrscheinlich hatte sich nichts Gravierendes in Fayes Leben geändert - sie würde sich wohl immer noch einfach etwas beschäftigt halten, hier und das ihre Therapiestunden wahrnehmen und parallel dazu darauf warten, dass ihr Angebeteter endlich auftauchte. Es interessierte mich, ob sie ihm von der Silvesternacht erzählt hatte. Oder von dem Fast-Kuss im Club. Oder überhaupt davon, dass wir uns schon mehrfach getroffen hatten, bevor gewisse Differenzen im Raum gestanden hatten.
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Scheinbar hatte Ryatt den Standort ihrer Küche in der Zwischenzeit nicht vergessen. Wäre zwar etwas überraschend gewesen wenn doch, aber so folgte sie ihm ziemlich direkt auf seinem eingeschlagenen Weg dahin, lauschte aufmerksam seinem Bericht. Klang nicht grad nach einer zehn was sein Wohlbefinden betraf, aber immerhin nicht so schlimm wie damals, als sie ihn von der Strasse gekratzt hatte und das war doch schon mal was. Faye holte einen Teller raus, auf dem das Süssgebäck seinen Platz fand, griff dann lächelnd nach dem Kaffeebecher, den er offensichtlich für niemand anderes als sie geholt hatte. "Vielen Dank, das ist wirklich nett... und ein bisschen lustig, dass du genau jetzt Donuts vorbeibringst, nachdem ich gestern gedacht habe, dass ich mir mal wieder welche holen sollte", lächelte sie und hob den Becher kurz an, um den Zufall zu feiern. Sie schnappte sich den Teller, weil sie trotzdem lieber im Wohnzimmer Platz nahm als in der Küche - war einfach gemütlicher und das Sofa bequemer als die Holzstühle rund um den kleinen Esstisch - und ging damit an ihm vorbei in den genannten Raum. Dort angekommen liess sie es aber trotz der anderen wichtigen Traktanden nicht nehmen, noch auf seine gesprochenen Worte einzugehen. "Das mit dem Nebenjob klingt super, was hast du denn gefunden? Ist natürlich nicht optimal wegen der Zusatzbelastung, aber ich hoffe, dass es immerhin etwas ist, dass dir ein wenig Spass bereitet..?", freute sich sich für ihn und lächelte ihn nochmal ehrlich an, nachdem sie sich den ersten Schluck des warmen Cappuccinos gegönnt hatte, bevor dieser kalt wurde. In ihren Ohren klang es auch erfreulich, dass er scheinbar in seinem neuen Mitbewohner jemanden gefunden hatte, den er gut leiden konnte - solche Personen waren in seinem Leben ihres Wissens zufolge ja eher Mangelware. Jedenfalls auf Dauer. Auf seine Gegenfrage musste sie kurz nachdenken, blickte dabei im Wohnzimmer herum, bis ihre Augen am Ende den Donutteller wiederfanden. Noch griff sie aber nicht nach der süssen Versuchung, sondern zuckte schwach mit den Schultern. "Nicht sehr viel wahrscheinlich. Ich bin immer noch mit arbeiten beschäftigt und fülle meine Freizeit gerne mit diversen Aktivitäten, damit ich nicht zu oft alleine hier sitze und warte, bis die Decke vom Himmel fällt... Meine Schwester und ihr Freund haben sich vor knapp drei Wochen fast gemeinsam umgebracht, habens aber glücklicherweise ohne bleibende Schäden oder schwere Verletzungen überlebt... Victor ist noch nicht da und ich weiss auch noch nicht mehr über seine Zukunftspläne. Ja, das ist ungefähr alles", ein weiteres Schulterzucken später, hob sie nun den Blick ihrer blaugrünen Augen wieder zurück in sein Gesicht an, als würde sie ihn fragen wollen, ob sie alles gesagt hatte oder ob da gewisse Angaben fehlten. Gut, dass da noch was fehlte, wussten sie beide. Genau wie sie auch beide wussten, dass sie ihn angerufen hatte, um über genau diese Sache zu reden. Sie war nur nicht sicher, ob sie das direkt nach fünf Minuten schon tun wollte oder lieber nicht... Andererseits würde dieses Gespräch die Stimmung und ihre Beziehung zueinander sowieso nachhaltig beeinflussen, sie könnte auch jetzt damit anfangen, statt noch lange auf trügerisch sicherem Terrain zu schleichen. Ein geschlagenes Seufzen kroch über ihre Lippen und Fayes Augen verloren sich wieder etwas weg von seinem Gesicht. "Weil es dich bestimmt interessiert, warum ich nach acht Wochen beschlossen habe, dich doch nochmal anzurufen: Ich habe nachgedacht... Ich kann dir leider keinen abschliessenden Nenner dieser Gedankengänge vortragen, weil es den einfach nicht gibt. Aber... Ich hab dich... schon vermisst, die letzten zwei Monate...", begann die Brünette also noch bevor sie ihren Mund mit Essen stopfen konnte, ihr liebes Schicksal aufzurollen. Sicherlich hatte er ja auch was dazu zu sagen. Oder auch nicht, falls das an Silvester alles gewesen war, was er dazu loswerden wollte...
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Konnte ich über so große Distanz Gedanken lesen? Wohl eher nicht, aber schön wärs trotzdem. Das hätte uns bis hierhin sicher ein oder zwei unangenehme Situationen erspart und es wäre an Silvester womöglich nicht zu derartigen Differenzen gekommen. Andererseits hätte es auch irgendwie nichts gebracht stattdessen einfach nicht darüber zu reden. Das war ja keine Lösung, sondern nur eine Vertagung des Problems, das in meinen Augen eigentlich nach wie vor gar keines war. "Ich dachte, mit Donuts kann ich nichts falsch machen. Zumindest kenn ich Niemanden, der keine mag.", legte ich meinen simplen Gedankengang hinter der Wahl meines Mitbringsels offen. Auch wenn mein Freundschaftskreis sich aktuell eher auf sporadische Bekanntschaften beschränkte, hatte ich in meinen fast 32 Jahren noch nie Jemanden sagen hören, dass er die kleinen Zuckerkringel nicht mochte. Donut-Hasser konnten also nur Menschen sein, die man sowieso nicht kennen wollte. Ich folgte Faye gerne ins Wohnzimmer. Die Silvesternacht spielte sich noch einmal in Bruchstücken vor meinem inneren Augen ab, während ich die paar Schritte bis zum Sofa zurücklegte und mich mit ausreichend Abstand zur Gastgeberin darauf niederließ. Ich wollte nicht unbedingt prompt dafür sorgen, dass sie sich bedrängt fühlte. "Hinter einem Bartresen zu stehen ist nicht besonders aufregend, aber ich komm zumindest mal unter Leute in meinem Alter und die Bezahlung ist im Verhältnis zum Zeitaufwand ganz gut.", schilderte ich Faye die in meinen Augen größten Vorteile des Jobs. Natürlich waren nicht alle Gäste in der Bar Anfang bis Mitte Dreißig, sondern durchaus auch wesentlich älter oder grade so alt genug, um Alkohol bestellen zu dürfen. Hauptsache nur es waren keine Kinder, denn die hingen mir dank der Sozialstunden oft zum Hals raus. Wie bereits erwartet hatte sich am Lebensstil der Brünetten nicht wirklich viel verändert. Als sie ihre Schwester erwähnte, zuckten meine Augenbrauen aber doch sichtbar nach oben. "Halsbrecherischer Lebensstil oder ein Unfall?", hakte ich etwas irritiert nach, weil Faye das mal eben so in einem Satz erwähnte, als wäre es schon öfter vorgekommen - ich hatte ja keine Ahnung wie oft. Besagten Freund kannte ich gar nicht und ihre Schwester nur flüchtig, aber es war natürlich schön, dass sie offenbar noch mit ein paar gekrümmten Haaren davon gekommen waren. Eine tote Schwester dürfte so ziemlich das letzte sein, was Faye jetzt brauchen konnte. Eben weil ich die beiden nur wenig bis gar nicht kannte, interessierte es mich auch deutlich mehr, dass es von Victor noch keine Neuigkeiten gab. Das war egoistisch, denn die zierliche Brünette war sicher nicht begeistert davon, weiterhin in der Luft zu hängen. Ich fand das nach wie vor ziemlich unfair, aber was das anging würde ich mich wohl besser hüten, irgendwas zu sagen. Erstens steckte ich da nicht mit drin und zweitens war meine Meinung dazu auch gar nicht gefragt. In jedem Fall kam es mir jedoch zugute, dass ihr Liebster noch immer kein Datum für seine Rückreise preisgegeben hatte. Es dauerte noch einen Moment, aber Faye kündigte mit ihrem schweren Seufzen ziemlich unmissverständlich an, welches Thema nun an den Smalltalk anschloss. Im Grunde war das, was sie sagte, gar nicht besonders aufschlussreich. Zu einem klaren Ergebnis schien sie mit ihren Gedanken nämlich nicht gekommen zu sein - aber sie hatte an mich gedacht und sie hatte mich vermisst. Meine Mundwinkel zuckten nach oben und ich senkte lächelnd den Blick auf den Becher in meinen Händen, bevor ich ihn für einen weiteren Schluck anhob. "Ging mir ähnlich.", war das erste, was ich nach Absetzen des Kaffeebechers sagte. Dabei lehnte ich mich nach vorne, um mir einen der Donuts zu schnappen. Den simpelsten von allen, der nur mit dunkler Schokolade überzogen war. Ich nahm einen Bissen und schluckte ihn erst runter, bevor ich weitersprach. "Aber was heißt das jetzt? Ich meine..." Es folgte ein weiterer Bissen vor der Fortsetzung. "...lassen wir das jetzt einfach so laufen und gucken was passiert, oder wie stellst du dir das vor?" Ich klang ruhig und unvoreingenommen, nur die Neugier ließ sich kaum aus meiner Stimme vertreiben, während ich ungeniert meinen Blick in ihre Augen richtete. Denn ja, es interessierte mich, warum sie acht Wochen gebraucht hatte, um sich wieder bei mir zu melden. Ich hatte meinen Standpunkt ja vorher schon ziemlich klar gemacht, aber bei ihr musste sich dahingehend irgendwas geändert haben, oder? Wenn nicht, warum saß ich dann hier?
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Wenn sie so darüber nachdachte, fiel ihr auf die Schnelle auch niemand ein, der mit Donuts nichts anfangen konnte. Gab es aber bestimmt. Eben so Leute wie die, die keine Süssigkeiten mochten und auch sonst keinen Spass im Leben hatten. Da Ryatt aber schon gewusst hatte, dass sie nicht zu dieser Sorte Menschen gehörte, war die Vermutung, sie würde sich auch über seine Mitbringsel freuen, naheliegend. So lächelte sie seine Aussage noch ab, lauschte dann seiner Ausführung bezüglich seines neuen Nebenjobs. Also hinter einer Bar, das klang doch ganz erfreulich. Er hatte ja bereits in der Vergangenheit geäussert, dass ihm diese Arbeit Spass machen würde - schien also ein guter Treffer zu sein. "Das klingt gut! Freut mich jedenfalls wirklich für dich, dass das geklappt hat. Vielleicht komm ich dich ja mal besuchen", drohte sie ihm mit einem schwachen Lächeln an. Eine Bar war nicht ganz so kritisch wie ein Club, oder? Sowieso war dieses Vorhaben aber vom Ausgang ihrer Gespräche abhängig. Es war halt immer noch möglich, dass sie sich heute zum letzten Mal sahen, wenn sie sich gar nicht oder nur im negativen Sinne einig wurden. Genau darum ging sie auch nicht weiter auf die Sache mit Aryana und Mitch ein. "Genaugenommen beides, aber es war ein Arbeitsunfall. War nicht so... geschickt, aber glücklicherweise glimpflich ausgegangen und sie erholen sich bestens", rundete sie die Geschichte also eher oberflächlich ab, hoffte auch, dass Ryatt verstand, dass sie nicht weiter darüber reden wollte. Ausserdem hatten sie wichtigere Dinge zu besprechen als Unfallursache und Verletzungen ihrer Schwester. Das, was sie die letzten acht Wochen eben nur in Gedanken behandelt hatten, jetzt aber endlich bereinigen sollten. Offenbar konnte Ryatt nachvollziehen, wie es ihr gerade ging. Bis zu einem gewissen Grad zumindest, sein Standpunkt hatte ja bereits vor dieser Zeit festgestanden. Ihrer eigentlich auch, nur hatte dieser sich als seiner Meinung nach unrealistisch und von ihm nicht vertretbar herausgestellt, weshalb sie erst jetzt wieder hier sassen. Dass ihr Gesprächspartner langsam sprach und dazwischen die ersten Bissen eines Donuts genoss, gab ihr etwas Zeit darüber nachzudenken, was sie denn jetzt alles ausplappern sollte von dem, was in ihrem Kopf vorging. Faye wandte den Blick jedoch erstmal wieder von ihm ab, als sie ihrerseits zu sprechen begann. Es war genug, wenn sie ihre Worte so vorsichtig zusammenlegen musste - da brauchte sie nicht auch noch direkt jede Reaktion von ihm zu sehen, wenn sich zusätzliche Irritation dadurch vermeiden liess. Sonst redete sie am Ende überhaupt nichts mehr. "Ich finds noch immer ziemlich schwierig, mir eine Freundschaft vorzustellen, die ein Ablaufdatum haben soll…", begann sie nachdenklich, zuckte dabei schon das erste Mal schwach mit den Schultern, was ihre allgemeine Ratlosigkeit und den Zwiespalt ziemlich gut zum Ausdruck brachte. "Victor kann morgen wiederkommen - oder in einem Jahr. Bis dahin etwas aufzubauen, von dem wir schon jetzt wissen, dass wir es wieder verwerfen werden, klingt einfach nicht... nachhaltig. Und schmerzhaft. Ich bin ein vorsichtiger Mensch, wie du bestimmt langsam gemerkt hast. Jemandem so viel von mir anzuvertrauen, obwohl ich weiss, das die Person sich in mehr oder weniger absehbarer Zeit sowieso von mir abwenden wird, macht das mit dem Vertrauen irgendwie schwierig. Klar weiss man das theoretisch auch sonst nie, aber ich hab keine Ahnung, wie wir auseinandergehen werden, was du dann noch von mir halten wirst und was aus Geheimnissen wird, die ich dir bis dahin anvertraut habe...", versuchte die Brünette ihm die Schwierigkeiten einer solchen Freundschaft auf Zeit darzustellen. Jetzt hob sie den Blick auch wieder an, um ihn wenigstens für ein paar Sekunden anzuschauen, bevor sie fortfuhr. Zu sehen, ob er nachvollziehen konnte, wovon sie sprach. "Aber wenn das alles wäre, was ich sagen möchte, würden wir irgendwie doch nicht hier sitzen. Es ist trotzdem so, dass du mir schon jetzt ziemlich viel bedeutest und die Freundschaft zu dir mir viel gegeben hat, was ich in anderen Beziehungen nicht gefunden habe. Und ich möchte nicht einfach den Kontakt abbrechen und dich verlieren. Ich möchte zugleich aber auch nicht, dass du dir irgendwelche Hoffnungen machst... Sei es zur Tiefe dieser Freundschaft oder dem, was darüber hinaus passieren könnte. Ich habe weiterhin nicht vor, dich als Ersatz für meinen Freund zu benutzen, solange er nicht hier ist. Und ich glaube nicht, dass ich meine Meinung dazu ändern werde und dir körperlich irgendetwas geben kann oder möchte, das über Freundschaft hinausgeht... Dazu gibt es einfach zu viele Hürden", Narben, Geschichten, Erfahrungen… auch diesmal richtete sie ihre Augen wieder in die seinen, als sie geschlossen hatte. Aber für etwas mehr als drei Sekunden, weil nun er an der Reihe war - sie vorerst gesagt hatte, was sie hatte sagen wollen.
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Ich musste nicht erst darüber nachdenken, wie ich einen Besuch von Faye in der Bar finden würde. Natürlich könnte ich ihr abgesehen von den Pausen zwischendurch nicht ununterbrochen meine Aufmerksamkeit schenken, sondern hatte mich vorwiegend um alle anwesenden Gäste zu kümmern, aber die Bar war nicht besonders groß. Selbst wenn es also am Wochenende recht voll wäre, würde ich zwischendurch immer wieder Zeit dafür finden, mich mit ihr zu unterhalten. Vorausgesetzt sie blieb an der Bar sitzen und spielte nicht tanzende Ballerina irgendwo mitten im Raum. Es war allerdings eher unwahrscheinlich, dass sie sich in meiner Anwesenheit jetzt noch einmal exzessiv betrinken würde. Wir wussten beide, was uns dann blühte. "Hätte ich nichts dagegen. Theoretisch könntest du sogar hinlaufen, wenn dir 'ne halbe Stunde entspanntes Gehen nicht zu viel ist." Beschwipst sollte man vielleicht ein paar Minuten mehr einplanen. Andererseits ging sie am Abend sowieso besser nirgends mehr alleine zu Fuß hin. Es kam also wohl eher nur der Hinweg an spätem, aber noch lichtem Abend für sie infrage. Die Informationen, die sie mir zu dem unschönen Zwischenfall ihrer Schwester gab, hielt sich eher vage und das war auch in Ordnung. Ich nickte das nur mit einem verständnisvollen Blick ab, weil es mich sowieso nicht übermäßig interessierte. Wir hatten wichtigeres zu besprechen und vielleicht würde ich ihre Schwester noch nicht einmal wiedersehen, wenn hier gleich irgendwas den Brach runtersegelte. Faye kristallisierte nämlich nach und nach mit all ihren Sätzen immer weiter heraus, dass sich an ihrer Meinung zu der ganzen - mehr oder weniger komplizierten - Angelegenheit nicht wirklich was geändert hatte. Ich folgte ihr dennoch bemüht unvoreingenommen mit den Ohren, während sie ein paar Haken an der ganzen Geschichte auflistete. Gott, und wie vorsichtig sie war... ich wusste ja, dass das Leben sie in vielen Abschnitten stark geprägt hatte. Das war nachvollziehbar, in manchen Belangen ging es mir ähnlich. Zwischenmenschliche Beziehungen wie ein Ei auf einem Löffel zu behandeln, das jederzeit runterfallen und kaputt gehen konnte, gehörte aber definitiv nicht zu diesen Dingen. Das mit dem Vertrauen war natürlich so eine Sache - ich tat mir aber so oder so schwer damit, Anderen etwas anzuvertrauen, das mich schwer belastete. Selbst Menschen, die ich jahrelang als gute Freunde eingestuft hatte, kannten mich am Ende meistens nur oberflächlich. Und dann redete sie wieder von dieser Ersatz-Geschichte... das hatte schon das letzte Mal so falsch in meinen Ohren geklungen. Ich aß erst den Donut zu Ende, bevor ich irgendetwas auf ihren Redeschwall erwiderte. Das Kauen erleichterte es mir ungemein, eine ziemlich neutrale Miene beizubehalten, damit die Brünette nicht sofort irgendwas in mein Gesicht hineininterpretierte, das gar nicht da war. Außerdem wusste ich auch im ersten Moment nicht, was ich dazu sagen wollte. "Zeig mir eine Hürde und ich zeige dir, dass es keine ist.", waren meine ersten Worte, weil ich Fayes Sätze von hinten aufzurollen begann, als der Donut ganz in meinem Magen versunken war. "Du denkst zu viel... und ich bin mir sicher, dass dir das irgendwann auch schonmal ein Therapeut gesagt hat. Es wird immer Dinge im Leben geben, die du nicht kontrollieren kannst. Zwischenmenschliche Beziehungen und Gefühle sind zwei dieser Dinge..." Ich machte mit der frei gewordenen Hand eine untermauernde Geste. "...was wiederum einer der Gründe dafür ist, warum man eine Person nicht mal vorübergehend ersetzen kann. Nicht mal theoretisch kann sich irgendwas, das wir beide miteinander hätten, für dich so anfühlen, als wäre ich Victor. Weder körperlich, noch gefühlsmäßig." Ich hatte zwar keinen Schimmer davon, was zwischen den beiden nun schon alles schief gelaufen war, aber das musste ich auch nicht. Ihre gemeinsame Geschichte war hochgradig vorbelastet - negativ wie positiv, sonst würden sie nicht immer noch so aneinander hängen, obwohl sie unzählige Meilen voneinander entfernt waren - und für Faye und mich galt das nicht. Da war die Geschichte mit Sean, natürlich, aber die schien wirklich Schnee von gestern zu sein und die Brünette nicht in Hinsicht auf mich zu belasten. Sonst würde sie mich kaum so gern in ihrem Leben festhalten wollen. "Aber nehmen wir trotzdem mal an, wir belassen es bei der platonischen Ebene...", in meinen Augen lag der Point of no Return sowieso schon hinter uns, was Faye anders zu sehen schien, "Physisch trennen sich unsere Wege früher oder später sowieso. Selbst wenn ihr beide hier wohnen bleibt, werd ich's bestimmt nicht tun. Die Freundschaft an sich wird sich im Verlauf also sowieso ändern... Videocalls und Anrufe sind nicht das gleiche wie Mehlschlachten. Natürlich könnten wir uns trotzdem ab und zu mal sehen und ein Umzug ist kein Grund eine Freundschaft zu beenden, aber es wird anders sein als jetzt." Ich zuckte leicht mit den Schultern. "Und ich wollte eigentlich nicht mal Sean an die Bullen verraten, obwohl er echt menschlicher Abfall ist... hinsichtlich deiner Bedenken mit den Geheimnissen, meine ich.", hängte ich ein bisschen sarkastisch noch an, weil es rückblickend betrachtet einfach dumm war, dass ich diesbezüglich gezögert hatte. Sean verdiente nichts anderes als den Knast. Wenn mir die Army etwas beigebracht hatte, dann war es wohl dann zu Schweigen, wenn es nötig war, auch wenn mir das nicht immer gefallen hatte. Natürlich war das keine Garantie dafür, dass ich niemals irgendetwas gegen Faye verwenden würde, dass sie mir im Vertrauen erzählt hatte - hässliche Situationen bewegten Menschen manchmal zu hässlichen Dinge, da würde ich hier Niemanden zu belügen versuchen. "Niemand zwingt dich mir Dinge anzuvertrauen, die dir heilig sind... auch wenn ich weiß, dass ich sehr hartnäckig und neugierig sein kann. Es ist eigentlich sowieso egal, wie viel wir jetzt darüber diskutieren... wir wissen danach auch nicht mit Sicherheit, was am Ende dabei raus kommt. Da gibt's viel zu viele Variablen." Ich hatte im Verlauf meines Geredes immer mal wieder zu Faye gesehen, ab und zu auch auf den Teller mit Donuts oder auf den Becher in meiner Hand. Am Ende blieben meine Augen wieder in ihrem Gesicht hängen. Ich versuchte ein bisschen unvoreingenommener zu sein als das letzte Mal, wusste aber zugleich, dass es für mich nichts ändern würde. Die Dinge waren jetzt, wie sie waren. Entweder nahm Faye das Risiko in die eine und mich in die andere Hand, oder sie ließ uns beide im Hier und Jetzt zurück. Nüchtern betrachtet waren das ihre einzigen Optionen.
◈ It's so hard to forget pain, but it's even harder to remember sweetness. We have no scar to show for happiness. ◈
Dieses Gespräch liess sie beinahe bereuen, ihn doch noch angerufen zu haben. Einfach weil es so anstrengend war. Sie kannte sich mittlerweile auch gut genug, um zu wissen, was genau daran ihr derart auf die Nieren drückte. Es war einzig und allein die Angst, hier und jetzt die falsche Entscheidung zu treffen und damit einen fetten Fehler zu machen, den sie später nicht mehr geradebiegen konnte. Der den weiteren Verlauf ihres Lebens unnötig verkomplizierte und / oder negative Konsequenzen nach sich zog, die sie nicht brauchen konnte. Und ganz ehrlich: Nachdem die Strafe für ihren letzten Entschluss im Bezug auf Kontakt mit Ryatt eine der dunkelsten Nächte ihres Lebens dargestellt hatte, konnte man ihr das irgendwie auch nicht so ganz verdenken. Übrigens gehörten die Ereignisse dieser Nacht auch zu den ausschlaggebenden Hürden, an die er scheinbar nicht glaubte. Faye zog etwas die Augenbrauen hoch, als er das so überzeugt bekannt machte. "Mein Kopf, Ryatt... Mein Kopf und alles, was er schon mitbekommen, was er gesehen und gehört hat, alles, was er weiss und was ich schon falsch gemacht habe. Das sind einige dieser Hürden. Dinge, die ich bereue, Dinge, die ich diesmal besser machen will, Dinge, die ich erlebt und gesehen habe, Dinge, die ich getan habe und Dinge, die mir angetan wurden. Es sind Hürden. Vielleicht nicht für dich - aber trotzdem für mich", natürlich könnten sie sich jetzt beide nackt ausziehen und Sex haben, irgendwie würde ihr Körper das schon hinbekommen. Aber es wäre nicht gut und spätestens, wenn die Kleidung fallen würde, war es mit der Entspannung ihrerseits vorbei. Vielleicht weil sie zu viel nachdachte, wie er ihr gleich darauf erklärte. Aber selbst wenn dem so wäre, er und alle Fachpersonen dieser Welt konnten ihr das so oft ans Herz legen, wie sie wollten, ein denkender Kopf liess sich nicht so leicht abschalten. Sie war gar nicht unbedingt ein Kontrollfreak, kam eigentlich gut damit zurecht, nicht immer alles selbst bestimmen zu können. Aber sie brauchte Sicherheit, schon immer und immer mehr. Auch in Beziehungen und im Hinblick auf Gefühle. Auch wenn Ryatt nicht Victor war und ihm auch nie nahe kommen würde. Hatte sie natürlich gewusst, es ging ja auch nicht darum, dass es sich gleich anfühlen sollte, sondern mehr um die Rolle, die er in ihrem Leben spielte. In Form von dem Mann, der an ihrer Seite einschlief. Dem Mann, der für sie nur Victor sein konnte. Sie glaubte nicht, dass sie sich jemals wieder auf diese Art jemandem, den sie nicht mit ganzem Herzen liebte, dem sie nicht mit jeder Faser ihres Körpers vertraute konnte und von dem sie nicht wusste, dass er sie niemals verlassen würde, anvertrauen könnte. Oder wollte. Behielt sie nun aber erstmal für sich, weil sie das ja indirekt bereits angetönt hatte und Ryatt ihr soeben zu bedenken gab, dass ihre Freundschaft sowieso niemals ewig halten würde - schon gar nicht auf dem Niveau, welches sie vor ein paar Wochen gehabt hatte und das sich theoretisch noch vertiefen könnte. Stimmte natürlich. Aber... wäre trotzdem anders, wenn der Abschied nur einem Umzug zu verschulden wäre, oder? Vielleicht redete sie sich hier auch nur irgendwelchen Quatsch ein, weil sie sehr gerne die Augen vor Tatsachen verschloss. Schwer zu sagen, wer von ihnen beiden gerade sturer an seiner Meinung festhielt. Entweder sie, weil sie nicht wahrhaben wollte, dass das Leben mal wieder nicht wirklich so funktionierte, wie sie sich das wünschte, oder er, weil er nicht einsah, ihnen die Chance zu geben, die Faye für sie beide noch sah. Faye war schon eine ganze Weile still und löcherte die Donuts mit ratlosen Blicken, bevor sie mal wieder tief seufzte. "Wenn du das, was ich vorhin gesagt habe, akzeptieren kannst und nicht direkt von mir erwartest, dass ich diesbezüglich in absehbarer Zeit - oder überhaupt irgendwann - meine Meinung ändere, dann versuche ich im Gegenzug, mich mit dem Gedanken anzufreunden, dass das hier irgendwann vorbei sein wird und wir es solange geniessen sollten, wie es hält. Tage, Wochen oder Monate...", fasste sie den in ihren Augen ziemlich finalen Kompromiss zusammen, schaute ihn mit schiefgelegtem Kopf abwartend an. Das war wahrscheinlich das Maximum für sie beide, so wie sie das herausgespürt hatte. Für sie jedenfalls.
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Mir schwebte natürlich sofort ein 'aber nur, solange du sie auch als solche ansiehst' als Antwort durch den Kopf. Ich schaffte es aber gerade so, mir diese Worte zu verkneifen, weil ich wusste, dass sie mich hier zu nichts mehr führen würden. So wie ungefähr das ganze Gespräch, oder? Wofür genau war ich hergekommen? Nur, damit sie sich von mir verabschieden konnte, falls ich meine Meinung nicht geändert hatte? Im Grunde könnte sie sich im Bezug auf mich wohl dieselbe Frage stellen. Es hatte sich nichts an den Umständen geändert, die schon an Silvester gegeben waren. Keiner von uns beiden sah die Geschichte jetzt anders als vorher. Wenn ich also jetzt nicht einfach einlenkte, mich auf die rein freundschaftliche Ebene zu besinnen, dann war's das gewesen, oder? Nochmal würde sie mich nicht nach wochenlanger Funkstille anrufen, da war ich mir ziemlich sicher. Ich konnte also entweder ja sagen, oder aufstehen und gehen - dieses Mal dann wohl für immer. Mir war noch nicht nach einem Abschied, also hatte ich eigentlich nur die Option, die Brünette anzulügen. Es würde schon gehen, dieses Freundschaftsding... für eine gewisse Zeitspanne funktionierte das wahrscheinlich sogar ganz gut. So lange, bis wieder irgendein Moment kam, in dem ich dann nicht mehr gewillt war, weiterhin brav Nein zur Verlockung zu sagen. Dieser Moment würde sehr sicher früher kommen, als ihr lieb war und dann saßen wir abermals an dem Punkt, an dem wir jetzt schon waren. Zumindest sehr wahrscheinlich - eben wenn Faye ihre Meinung bis dahin nicht geändert hatte, was sie wiederum für ziemlich unumstößlich hielt. Der einzige relevante Punkt dafür jetzt nicht sofort Lebewohl zu sagen, war dass ich mehr Zeit dafür eingeräumt bekam, mich noch ein bisschen tiefer in Fayes Leben zu etablieren. Ihr deutlicher zu machen, dass sie mir sehr wohl vertrauen konnte. Unabhängig davon, ob sich unsere Wege irgendwann trennten oder nicht. Wieder war ich damit an der Reihe, einen Moment lang zu schweigen und währenddessen bedächtig am Kaffee zu nippen, der sich langsam schon dem Ende neigte. Kein Wunder, so oft wie ich hier eine Denkpause benötigte. In vielerlei Hinsicht waren Faye und ich uns ziemlich einig, in anderen Dingen hingegen schwammen wir in sehr gegensätzliche Richtungen. Sorglos ein bisschen das Leben zu genießen war definitiv nur meine Stärke. "Krieg' ich hin, denke ich.", sagte ich und drehte den Kopf dabei wieder in ihre Richtung, um meine Worte mit Augenkontakt zu unterstreichen. Ich klang entschlossen und mein Gesichtsausdruck ließ nichts anderes vermuten, aber die Wortwahl hätte zielstrebiger ausfallen können. Mehr konnte ich nur einfach nicht mit meinem Gewissen vereinbaren - ich hatte Faye schon das letzte Mal gesagt, dass wir das natürlich versuchen konnten, ich aber gleichzeitig wenig Zukunft dafür sah, weil ich die Grenze irgendwann wieder geflissentlich ignorieren würde. Auch die nächste vermeintlich unbeschwerte Phase unserer Freundschaft war also definitiv zeitlich begrenzt. Ich wusste sonst nicht mehr dazu zu sagen, ohne mich zurück auf das Glatteis zu begeben, das mir gerade nicht gut tat. Also zurück auf eine unbeschwertere Schiene. "Dann musst du jetzt zur Besiegelung aber einen Donut essen... hauptsächlich deswegen, weil sie gut schmecken und Kauen die Mundwinkel lockert." Ich lächelte schief zu ihr rüber und hob die Augenbrauen dabei ein wenig an. Sie hatte einen Donut aufzuholen und außerdem war der hohe Zuckergehalt in den kleinen Kringeln kurzfristig gut fürs Gehirn, Dopamin-Ausschüttung sei Dank. Mir war die Situation schlichtweg viel zu ernst - allein deswegen schon, weil ich im Gegensatz zu Faye noch keinen Grund für diese Ernsthaftigkeit sah.
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Vielleicht war das alles hier eine wirklich dumme Idee und sie hätte ihm besser gesagt, dass sie hier und jetzt den Cut setzten und sich nicht wiedersehen würden. Es wäre natürlich schade, weil sie den jungen Mann und seine Gesellschaft wirklich zu schätzen gelernt hatte. Allerdings wäre das bis zu Victors Rückkehr vermutlich nicht anders und dann würden sie sich ja sowieso verlieren, oder? Schien zumindest Ryatt schon als mehr oder weniger unumstössliche Tatsache gesetzt zu haben. Sie hatte so lange darüber nachgedacht, nur um jetzt eigentlich wieder am genau gleichen Punkt zu sein, weil sie sich selbst einfach nicht zu einer anderen Vereinbarung überreden konnte. Weder schaffte sie den Ruck, ihn final aus ihrem Leben zu kicken, noch konnte sie es mit sich selbst vereinbaren, sich ihm ganz hinzugeben, so wie er es sich offensichtlich wünschen würde. Victor und die Sehnsucht nach ihm - und ihm allein - waren viel zu präsent in ihrem Kopf, selbst wenn er es ihr womöglich kommentarlos verzeihen würde. Sie hatte ihn einmal betrogen und es war schrecklich gewesen - egal wie anders die Situation heute war, es würde sich trotzdem nicht richtig anfühlen. Spätestens wenn's vorbei war nicht mehr. Zudem brauchte sie sich gar keine Gedanken darüber zu machen, solange die Narbe auf ihrer Brust noch so klar zu lesen war. Für kein Geld der Welt wollte sie sich in diesem Zustand vor einem Mann ausziehen, der sie noch nie auch nur annähernd nackt gesehen hatte. Schon ihr Rücken war eine grobe Hürde, aber damit kam sie mittlerweile ziemlich gut klar - Victor hatte ihr ja auch nochmal ans Herz gelegt, dass sie damit endlich abschliessen musste. Das Wort auf ihrer Brust war ein anderes Thema. Sie war in Behandlung - einer verdammt belastenden Behandlung - aber die war noch lange nicht abgeschlossen und ein Teil von ihr hoffte, dass Victor erst wieder zurückkam, wenn man möglichst gar nichts mehr von Gils Schandtat erkennen konnte. Aber sie schweifte hier komplett vom Thema ab und hatte sich längst oft genug den Kopf darüber zerbrochen - und eigentlich ihren Frieden in der Tatsache gefunden, dass sie ganz einfach davon absehen konnte, mit Ryatt ins Bett zu steigen. Er würde sie kaum dazu zwingen und wenn sie ihn entsprechend vorgewarnt hatte, dass es wohl nie dazu kommen würde, war sie soweit im Reinen mit sich selbst und mit ihm. Auch wenn seine Antwort nicht ganz überzeugt formuliert war, schien er sich mit diesem Schicksal (vorerst) abzufinden. Sie nickte nochmal, um das Thema so auch von ihrer Seite zu beenden, während ihre Augen wieder in sein Gesicht fanden. "Freut mich, dass wir uns gefunden haben", merkte sie etwas sarkastisch an, lächelte ihn noch ziemlich schief und bescheiden an. Ob dieser Kompromiss jetzt die Mitte ihrer Ausgangslagen war, wusste sie nicht, aber es fühlte sich ungefähr so an. Er konnte sie im Moment nicht für mehr als Freundschaft begeistern und sie konnte ihn im Moment nicht davon überzeugen, dass diese Freundschaft Victors Rückkehr überleben konnte. Und ja, sie sollte jetzt wirklich einen Donut essen und damit den Übergang in eine lockerere Gesprächsatmosphäre schaffen. "Klingt tatsächlich nach einer hervorragenden Idee und lass' ich mir bestimmt nicht zweimal sagen", und damit streckte sie bereits die Finger aus nach einem ebenfalls mit Schokoglasur versehenen Donut, der aber zusätzlich noch mit Oreo-Krümel dekoriert war. Hauptsache süss und schokoladig. Schmeckte mindestens so toll wie erwartet, weshalb sie die ersten zwei Bissen mit einem geniesserischen Laut kommentierte. "Die sind wirklich toll... Kannst du öfter bringen", gab sie fröhlich bekannt, noch bevor sie ganz runtergeschluckt hatte. Nach etwa der Hälfte des Süssgebäcks schaute Faye wieder etwas aktiver in seine Richtung. "Erzählst du mir noch von deinem neuen Job? Wie kams dazu, wie oft bist du dort, was ist das für eine Bar, wie sind deine Mitarbeitenden und die Kundschaft?", stellte sie ihm nun eine ganze Reihe von Fragen, die vorhin noch keinen Raum gehabt hatten, weil das andere Thema die gute Laune etwas blockiert hatte.
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An dieser Stelle war Fayes Sarkasmus leider angebracht. Ich war ohnehin schon immer ein Naturtalent darin anderer Leute Leben auf den Kopf zu stellen, aber bei der zierlichen Brünetten hatte ich was das anging dezent übertrieben. Sean hätte für immer nur mein Problem sein und nie zu ihrem werden sollen. In etwa genauso, wie ich wohl für immer die Gedanken an spontane Küsse - oder mehr - für mich hätte behalten sollen, auch wenn das theoretisch gesehen kein Potenzial für ein weiteres Trauma hatte. Zumindest in meinen Augen, weil ich nicht wusste, was genau Faye nun alles daran hinderte, die ganze Sache lockerer anzugehen. Sie hätte den Freifahrtschein wohl besser niemals erwähnt. Aber wie auch immer - ich würde jetzt wohl einfach sehen, was uns die Zukunft noch brachte, bevor Victor seinen Weg zurück nach Hause fand. "Ich sollte wohl dringend daran arbeiten, dass in diesem Satz kein Sarkasmus mehr notwendig ist.", stellte ich in etwa genauso sarkastisch fest. Donuts schienen dafür ein erster guter Schritt zu sein. Faye fand an dem Gebäck genauso viel Gefallen wie ich, was mich zufrieden lächeln und kurz darauf auch nicken ließ. "Solange ich noch mit dem Bus unterwegs bin, sollte das definitiv drin liegen." Wenn ich sowieso schon mehr oder weniger direkt an dem Café vorbeikam, dann konnte ich diesen kleinen Abstecher ohne große Mühe machen. Natürlich kostete mich das dann jedes Mal ein paar Dollar, aber das Lächeln im Gesicht der zierlichen Brünetten war das wert. Mit den Gedanken an Donuts schweifte mein Gehirn weiter zu richtigem Kuchen - was wiederum dazu führte, dass mir auffiel, dass Faye bald Geburtstag hatte. Bis Mitte März waren es jetzt noch ziemlich genau zwei Wochen. "Du bleibst dabei, dass du dir nichts spezifisches zum Geburtstag wünschen und mir damit helfen willst..?", fragte ich sie indirekt, ließ mich dabei tiefer ins Polster rutschen und den Kopf in den Nacken sinken, damit fortan das Kissen für mich die Arbeit mit dem Kopf hoch halten übernahm. Wenn sie ihre Meinung dazu nicht geändert hatte, würde sie mit einem wahrscheinlich eher unbeholfenen Geschenk von mir leben müssen. Ich hatte es irgendwie wirklich verpennt mir Gedanken darüber zu machen, obwohl ich während unserer Funkstille nicht selten an Faye gedacht hatte. Was die Bar anging gab es nicht wirklich was super interessantes zu erzählen, aber wenn sie gerne mehr darüber hören wollte, dann tat ich ihr den Gefallen selbstverständlich gerne. "Ich hab mich da beworben, weil ich's in der Zeitung auf dem Tisch im Wohnheim gesehen habe... eigentlich nicht wirklich in der Annahme, dass was draus wird, aber naja." Ich zuckte mit den Schultern. "Die Bar gehört einem Paar Anfang Dreißig und sie haben grade ihr erstes Kind gekriegt, also können sie den Tresen nicht mehr alleine stemmen. Dylan - der Inhaber und Vater - ist normalerweise mit in der Bar und ich wechsel' mich mit Belle damit ab, ihn zu unterstützen... eben je nachdem, bei wem es besser in den Dienstplan passt. Ich komm super mit den beiden klar. Die Bar ist nicht besonders groß und die Kundschaft überwiegend sehr entspannt. Also ist es eigentlich nicht stressig, aber ich bin diesen Schlafmangel echt nicht mehr gewohnt.", schloss ich meine Ausführung mit Sarkasmus ab und rieb mir anschließend symbolisch die angespannten Schläfen. Es hatte auch für mich als nicht gewöhnliches Fußvolk bei der Army so einige fast schlaflose Nächte gegeben und damals fand ich das noch nicht so schlimm. Inzwischen war ich scheinbar einfach älter und kaputter. Außerdem hatte man als Obdachloser immer Zeit zum Schlafen und abgesehen von der Umgewöhnung war zu wenig Schlaf einfach ungesund und zusätzlich ermüdend. Deswegen sollte man normalerweise mindestens 7 Stunden täglich dafür einplanen, was ich mit den Sozialstunden im Kinderheim nur so semi-gut hinbekam. "Und was ist mit dir? Hast du irgendwelche neuen interessanten Hobbys, denen ich mich anschließen kann, wenn ich nicht grade arbeite?", hakte ich nach, als ich die Hand wieder hatte sinken lassen. Sie hatte vorhin davon gesprochene, dass sie die freie Zeit ohne ihren lieben Freund mit diversen Aktivitäten vollstopfte. Vielleicht konnte ich mich da ja irgendwo einbringen, sofern es mich kein Vermögen kostete und irgendwie mit der Arbeit vereinbar war. So oder so wollte ich einfach gerne wissen, was Faye während meiner Abwesenheit so getrieben hatte.
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Tja, war doch irgendwie normal, dass man sich nicht ständig einig war, oder? "Vielleicht sind wir charakterlich auch etwas zu verschieden, um ständig einer Meinung zu sein, denkst du nicht?", fragte sie mit einem schiefen Lächeln zurück. Sie fand das auch gar nicht schlimm, es war mehr einfach eine Tatsache, mit der sie sich arrangieren mussten. "Aber vielleicht ist das auch ganz gut - kann ich mir mit der Zeit vielleicht ein Stück Lockerheit und Spontanität abschauen", sie rechnete eher nicht damit, dass sie am Ende genauso wurde wie er, aber sie - und Victor sicher auch - wäre Ryatt dankbar, wenn er ihr dabei half, ihrem Kopf und den ständigen Gedanken darin in bestimmten Situationen etwas weniger Raum zu gewähren. Und zusätzlich wurde sie mit Donuts belohnt, was durchaus nach einem fairen Deal klang. "Toll, dann darfst du wiederkommen", quittierte sie seine Worte gleich wieder mit einer Prise Ironie, freute sich bereits auf die nächsten Donuts, obwohl diese hier noch nicht mal zur Hälfte verspeist waren. Als er ihren Geburtstag ansprach, machte sie ein etwas langes Gesicht. Tja, was wünschte sie sich denn? So kleine materielle Wünsche waren ja jeweils am einfachsten zu erfüllen, aber von diesen hatte sie leider keine. Eigentlich auch keine grossen materiellen Wünsche. Die Brünette schüttelte langsam den Kopf. "Hmm... Ich habe leider keine Wunschliste. Aber wenn dir was Tolles in Form eines Ausflugs einfällt, den wir mal machen könnten, wäre ich sicher gerne dabei", meinte sie etwas vage. Dabei musste es auch wirklich nichts Grosses sein, schon ein Frühlingsäquivalent zum Schlittschuhlaufen im Winter wäre vollkommen ausreichend. Vorzugsweise irgendwas Lustiges oder Unterhaltsames, das sie wieder für einen Nachmittag beschäftigt hielt. "Aber ich kann dir grad nicht mit sehr viel Inspiration dienen. Wenn mir noch was einfällt, lass ich's dich wissen", versprach sie mit einem schwachen Schulterzucken. Schon möglich, dass da noch was kam, wenn sie irgendwo eine Werbung sah oder von ihren Mitarbeitenden eine Idee abschauen konnte. Scheinbar schien Ryatts Beschäftigung in der Bar wirklich ein Glückstreffer zu sein - vom Schlafentzug mal abgesehen. Das liess sie sofort wieder breiter lächeln, weil sie sich wirklich für ihn freute. "Aber alles in allem klingt das nach einem guten Ausgleich zu deinem Babysitterjob und ich bin froh, dass es dir gefällt", meinte sie etwas übertrieben, da sich die Arbeit im Kinderheim ja nicht unbedingt nur aus Babysitten zusammensetzte. Aber es war ein netter Kontrast und einer, der ihm bestimmt auch gefiel. Er sammelte auf jeden Fall viel Erfahrung, wenn er in einer Bar mit nur drei Mitarbeitenden angestellt war - vielleicht half es ihm ja dabei, irgendwann was Eigenes auf die Beine zu stellen, wie er es unter Umständen sowieso gerne tun würde? Ihre Freizeitgestaltung war wohl etwas weitreichender als seine, weil sie schlicht mehr Freizeit haben dürfte, da sie nicht mehr als einen Job aufs Mal arbeitete. "Also sehr viel hat sich nicht verändert in den letzten Wochen, glaub ich. Ich geh noch immer zweimal wöchentlich ins Tanzen - darfst du natürlich gerne mitkommen,", sie warf ihm einen schiefen Seitenblick zu und zuckte mit den Augenbrauen, "einmal wöchentlich zur Therapie - da vielleicht lieber ohne Begleitung - und habe letzte Woche nach der ganzen Aufregung um Aryana beschlossen, mit Yoga anzufangen. Weiss aber noch nicht, ob ich da jede Woche oder nur alle zwei Wochen hinfahre, kommt ganz drauf an, obs mir zu stressig wird und wies sich mit der Arbeit vereinbaren lässt. Ich brauche halt flexible Hobbys, wo ich nicht immer zur gleichen Uhrzeit am gleichen Wochentag da sein muss, da bieten sich die Tanzschule und die Yogakurse ganz gut an... Und ja, darüber hinaus versuche ich mit sehr viel Herzblut stabile soziale Kontakte aufzubauen und zu pflegen und das ist dann so mein Leben", rundete sie ihre Aufzählung mit einem Nicken ab. "Falls du eine andere Idee für ein interessantes Hobby hast, können wir aber auch was Neues ausprobieren, ich bin ziemlich offen für Vorschläge."
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Ich nickte langsam. Natürlich brachten zwei sehr unterschiedliche Charaktere zwangsläufig die eine oder andere Reiberei mit sich. Es war quasi unvermeidbar. Aber Charakter allein war wahrscheinlich nicht alles, was da mit reinspielte. "Ja, da dürftest du Recht haben.", bestätigte ich Faye ohne lange darüber nachdenken zu müssen in ihren Worten. Es würde sicher trotzdem helfen, wenn ich zwei bis eher drei Mal über manche Dinge nachdenken würde, bevor ich sie aussprach oder in die Tat umsetzte. An unserem Fast-Kuss war überwiegend der Alkohol Schuld, aber es war eben auch nicht so als hätte ich nicht ähnliche Situationen auch schon mal in nüchternem Zustand durchgezogen. Das lag wohl nicht nur an meinem Charakter, sondern auch daran, dass ich unfähig war mir selbst Grenzen zu setzen. Ich schien das nie wirklich gelernt zu haben - bis zu meinem Absturz hatte mich ja Nichts und Niemand wirklich ausbremsen können und die einzigen wichtigen, streng zu befolgenden Regeln hatte mir die endlose Satzung der Army vorgeschrieben. "Sehr gnädig.", kommentierte ich die Aussage der Brünetten hinsichtlich des Gebäck-Zolls ironisch und rollte dabei flüchtig die Augen nach oben. Hinsichtlich ihres Geburtstags hatte Faye zumindest einen kleinen Anhaltspunkt für mich und wahrscheinlich würde es mir auch leichter fallen mir eine Beschäftigung - in Form eines Ausflugs - für uns beide auszudenken, als ihr Irgendwas zu kaufen. "Ach, das reicht schon... was Aktivitäten angeht bin ich auf jeden Fall kreativer als beim Geschenke möglichst schön einpacken.", meinte ich schulterzuckend und eigentlich ganz zufrieden mit ihrer Auskunft. Ich sah auch wenig Sinn darin ihr irgendeine andere Kleinigkeit zu schenken, die sie vielleicht gar nicht brauchte oder nicht wollte, die dementsprechend dann irgendwo in einer Kommode verstaubte. Damit war Niemandem geholfen, also lieber ein Ausflug. "Ich hätte es wohl nicht viel besser treffen können, ja.", stimmte ich mit einem Lächeln zu. Dylan war eben wirklich sehr aufgeschlossen und ich war ihm dankbar dafür, dass er mir diese Chance gegeben hatte. Gut, vielleicht spielte da auch ein bisschen mit rein, dass die Auswahl an Bewerbern nicht so groß gewesen war und sie wirklich dringend Jemanden gebraucht hatten, aber er hatte mir inzwischen schon gesagt, dass er seine Entscheidung diesbezüglich nicht bereute. Es war also alles bestens, könnte man fast sagen. Fayes freizeitlicher Alltag schien in der Zwischenzeit keine großen Veränderungen davongetragen zu haben und für Yoga konnte ich mich eher nicht begeistern. Es würde mir wahrscheinlich sogar gut tun es mal auszuprobieren, weil es mir dabei helfen könnte auch ab und zu mal richtig runterzufahren. Ich wollte allerdings nicht allzu gerne der behinderte Armee-Krüppel in einem solchen Kurs sein... andererseits gabs da wahrscheinlich überwiegend Frauen. Schwierige Kiste, erst recht jetzt mit der nur vorübergehend beruhigten Situation zwischen Faye und mir. Tanzen klang da schon lustiger - an meiner entsprechenden Erfahrung im Club bemessen - aber auch nicht so, als würde ich für den Kurs Geld ausgeben wollen. Da wippte ich lieber nur hinter dem Bartresen zur Musik im Hintergrund. "Die Ballerina-Künste weiter ausbauen..?", hakte ich mit einem schmalen Grinsen nach, kurz bevor ich mir die letzten zwei Schlucke des Kaffees einverleibte. Auch wenn ein Teil des Abends dezent schwammig in meinem Hirn wirkte, erinnerte ich mich noch gut an die schwindelerregenden Drehungen und unsere eher unsanfte, von Glück geprägte Landung an der Bar. "Beim Yoga bin ich wohl ungefähr genauso Fehl am Platz.", stellte ich amüsiert mit entsprechendem Bild im Kopf fest, als ich mich nach vorne beugte und den leeren Becher auf dem Tisch abstellte. Es bot sich an gleich danach die Finger nach dem zweiten Donut auszustrecken - mit Vanille gefüllt und irgendeiner sehr fruchtigen Glasur. Ich hatte mir das nicht gemerkt, es schmeckte aber stark nach so einer typischen Mango-Maracuja-Mischung. "Oh, den musst du probieren... ich lass dir die Hälfte übrig.", warf ich mit anerkennendem Nicken ein, noch während ich den ersten Bissen probierte. Was neue gemeinsame Hobbies anging war ich so spontan jetzt aber auch aufgeschmissen. Es gab so viele Dinge, die man machen konnte - aber nur wenige davon waren prädestiniert dafür, dass wir zwei langfristig Spaß daran hätten. "Was die Hobbies angeht muss ich wohl selber erstmal nachdenken.", sagte ich und wiegte den Kopf ein bisschen hin und her, bevor ich ein zweites Mal in den Donut biss.
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Faye grinste etwas in sich hinein, als er die Güte kommentierte, mit der sie ihm erlaubt hatte, ein andermal wieder den Weg hierher zu finden. Ja, sie war schon sehr nett. Aber das wusste er eigentlich bereits, oder? War ja nicht erst seit heute so. Die tiefen Ansprüche, die sie an ihn und ihren Freundeskreis stellte, zogen sich auch durch ihre Geburtstags-Wunschliste, die wie erwähnt eigentlich kaum existierte. Ihre materiellen Bedürfnisse waren gut abgedeckt und sie hatte schon lange festgestellt, dass Ausflüge und Aktivitäten tollere Erinnerungen schufen als eine neue Halskette oder ein Bild im Wohnzimmer. Nicht, dass sie sich über entsprechende Dinge nicht auch freuen konnte, wenn sie ihren Geschmack gut trafen oder sich jemand überhaupt die Mühe machte, etwas für sie zu suchen, aber sie brauchte keine Geschenke, nur weil sie Geburtstag hatte und man das so machte. "Dann bin ich gespannt. Aber im Endeffekt bin ich auch mit nem Donut oder zwei zufrieden, also mach dir bloss keinen Stress", beendete sie die Geburtstagssache für den Moment - allzu lange dauerte das ja nicht mehr bis dahin und ihr war es grundsätzlich sowieso lieber, wenn der Ball diesbezüglich etwas flach gespielt wurde. "Ja, tatsächlich. Ich war schon in meiner Kindheit eigentlich immer mindestens einmal die Woche im Tanzunterricht - zuerst ein paar Jahre Ballett, dann eher Richtung Streetdance und schliesslich Contemporary - und nach unserem Ausflug in den Club hab ich festgestellt, dass ich dieses Hobby eigentlich wirklich vermisse. Hat ein paar Wochen gedauert, bis ich richtig reingekommen bin, aber es hat viele tolle Leute da und es macht wirklich Spass", führte sie ihre nicht mehr ganz neue Freizeitgestaltung etwas weiter aus. Es war sowieso sinnvoll, dass sie sich ein solches Hobby beschafft hatte, gerade auch eins, welches sie nicht alleine praktizierte. Es hatte Überwindung gebraucht - und davon nicht wenig - um sich auf die Gruppenstunden einzulassen. Aber sie wusste, dass sie sich nicht ewig hier verkriechen konnte, dass nicht nur Victor gesund werden musste, sondern eben sehr dringend auch sie. Sie konnte sich nicht hier verstecken und auf seine Rückkehr warten, um ihn dann im exakt gleichen Zustand wieder zu empfangen, in dem er sie zurückgelassen hatte. Sie wollte ihm beweisen, dass sie sich auch bemüht hatte - ihm, aber eben auch sich selbst. Das war wichtig, hatte Mrs White oft genug betont. Und ein Hobby war dafür ein guter Schritt in ein etwas normaleres Leben. Das wäre schon die letzten Jahre über eigentlich bitter nötig gewesen (keine Ahnung, ob Faye mal ein Hobby hatte, irgendwie glaubte ich schon, aber vielleicht auch nicht und ich hab auf die Schnelle nix gefunden... x'D), hatte sich aber nie so wirklich ergeben. Weil sie halt auch noch nie zu hundert - oder neunzig - Prozent gesund im Kopf geworden war. War sie heute zwar auch noch nicht ganz, aber gut... vielleicht irgendwann. Was es für Dinge geben könnte, für die sie sich bestenfalls beide interessierten, war eine etwas schwierige Frage, wie auch Ryatt feststellte. Sollte bestenfalls nicht zu viel kosten und mit seinem Bein auch nicht unbedingt nur aus Rennen bestehen. "Ich kann mir ja auch noch etwas Gedanken machen für was Neues, vielleicht finde ich irgendwo Inspiration", versprach sie der Thematik ebenfalls ein bis zwei Hirnzellen zu widmen. Backen hatten sie bereits versucht, aber vielleicht hatte Ryatt ja sehr viel Lust auf einen Kochkurs? Oder er mochte Fitnessstudios so gerne, dass er sie dazu überreden konnte, ihn in eines zu begleiten. Sie könnten auch Hunde aus dem Tierheim spazieren führen oder es sich zur Berufung machen, Zugvögel zu zählen oder Madalas auszumalen. Aber irgendwie klang nichts davon nach der zündenden Idee, die sie wirklich nachhaltig begeistern würde. Könnte alles lustig sein, wenn sie es zu zweit machten, aber das Hobby an sich dürfte sie dann eher weniger befriedigen. Während Faye nun auch den Rest ihres Oreo-Donuts genoss, war Ryatt schon dabei, ihr den nächsten schmackhaft zu machen, was sie trotz vollem Mund grinsen liess. Sah auch gut aus und wenn sie je nur die halben Donuts assen, hatten sie am Ende auch mehr probiert. Trotzdem griff sie, nachdem von ihrem Exemplar nichts mehr übrig war, zuerst nach ihrem Kaffee. Den wollte sie auch nicht zwingend kalt geniessen und lauwarm war er längst. "Wie lange dauern eigentlich deine Sozialstunden noch? Hast du mir bestimmt schon mal gesagt, aber irgendwie muss dieser arme Kopf sich so viel merken...", erkundigte sie sich mit einer überforderten Handgeste.
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wenns weiter nix is - ich will gar nicht wissen, was wir noch alles irgendwann mal geschrieben und wieder vergessen haben, eben weil wirs uns nirgends notiert haben. x'D ____________
Faye schien wirklich genügsam zu sein und so gut wie gar keine Ansprüche an ihren Geburtstag zu stellen. Das machte die Angelegenheit wirklich entspannt und ich brauchte mir keine allzu großen Gedanken darüber zu machen, sie mit dem Ergebnis zu enttäuschen - wo kein Anspruch, da keine Enttäuschung. Dennoch hatte ich selbstverständlich den Anspruch an mich selbst, sie mit dem Ausflug glücklich zu machen. "Wenn du im Alltag schon Donuts bekommst, kann das doch nicht auch noch dein Geburtstagsgeschenk sein. Kommt gar nicht in die Tüte.", unterstrich ich meine Absichten mit künstlich hochtrabendem Tonfall und einer wegwerfenden Handbewegung, damit die junge Frau wusste, woran sie war. Ich machte selten Geschenke, es sollte also auch etwas sein, das sie gerne in Erinnerung behielt. Für später, wenn sich unsere Wege irgendwann wieder trennten. Der Tanzunterricht zog sich tatsächlich schon sehr lange durch Fayes Leben, was mich anerkennend vor mich hin nicken ließ. "Na dann hatte der Clubbesuch auf jeden Fall was Gutes.", stellte ich beiläufig fest, bevor ich meinen letzten Bissen vom Donut nahm. Ich für meinen Teil konnte dieser Nacht sowieso nicht wirklich was Negatives abgewinnen - außer vielleicht, dass wir uns nur fast und nicht ganz geküsst hatten, was dieses ganze Drama losgetreten hatte. Wir hatten viel Spaß gehabt und für einen Moment lang dachte ich an das kleine Foto, das wir in der Kabine zurückgelassen hatten. Zumindest in Hinblick auf das Tanzen konnte auch Faye felsenfest behaupten, der Clubnacht etwas Gutes abgewonnen zu haben. Hinsichtlich eines gemeinsames Hobbies würden wir uns heute wohl kaum noch auf Irgendwas festnageln, aber das hatte irgendwie auch noch etwas Zeit. Natürlich konnte Victor theoretisch übermorgen auf der Fußmatte stehen, aber daran glaubte ich eher nicht. Solange ich die Sozialstunden noch abarbeitete, würde es ohnehin doppelt schwierig werden irgendetwas wahrzunehmen, was wöchentlich eine feste Uhrzeit hatte, wir mussten diesbezüglich also uhrzeitmäßig absolut flexibel sein können. Die schoben mich im Kinderheim auf dem Dienstplan hoch und runter wie es ihnen passte und wenn ich eine kleine Änderung haben wollte, wurde ich meistens schief angesehen. So als wäre ich doch bloß der Straftäter, der keine Rechte mehr hatte. Außer Atmen und Arbeiten natürlich. "Ich glaube es sind noch sieben oder acht Wochen... die exakte Stundenanzahl hab ich jetzt nicht im Kopf, aber grob überschlagen müsste das hinkommen, wenn ich so weiterarbeite wie bisher. Wenn also nichts dazwischen kommt, hab ich vielleicht sogar Zeit meinen eigenen Geburtstag zu feiern.", merkte ich ironisch an und schnaubte leise. Natürlich war ich selbst Schuld an den Sozialstunden und ich konnte froh darüber sein, dass ich stattdessen nicht bei Sean im Knast saß und schon zehnfach abgestochen worden war. Es änderte nur nichts daran, dass die ganze Angelegenheit sehr kräftezehrend war. "Ich hab also wenigstens noch ein paar Wochen Zeit, um mir den nächsten Job zu suchen... nur mit der Bar kann ich mich eher nicht über Wasser halten.", seufzte ich und überreichte Faye den halben Donut, ehe ich mich zurück nach hinten ans Polster sinken ließ. Die ganze Sache war einfach lästig. Solange ich die Sozialstunden abarbeitete und damit einen triftigen Grund hatte, nicht Vollzeit arbeiten zu gehen, zahlte mir die Organisation für Kriegsversehrte gerne die Unterkunft - danach galt es aber zu klären, ob ich weiterhin Anspruch darauf hatte. Körperliche Gebrechen fielen als Begründung fürs Nicht-Arbeiten leider weg und dass ich mich zu überqualifiziert für irgendeinen dummen Job im Einzelhandel fühlte, war leider auch kein Grund für weitere Spenden. Ich hatte also entweder in naher Zukunft einen wahnsinnig guten Einfall für meine berufliche Zukunft, oder ich watete mindestens übergangsweise in den nächsten Scheißjob. Ju. Hu.
◈ It's so hard to forget pain, but it's even harder to remember sweetness. We have no scar to show for happiness. ◈
Es dürfte viel sein... x'D Irgendwann irgendwann, wenn ich mal seehrrr sehr sehr sehr viel Zeit habe, dann les' ich das nochmal durch. Auch wenn ich mir sicher bin, dass es stellenweise schon wieder richtig peinlich ist, obwohls zum Glück erst drei Jahre alt ist. x'D _____________
Das war zwar ein Argument, aber darauf hatte sie eine relativ schlichte Antwort, welche sie ihm fröhlich lächelnd direkt präsentierte. "Das stimmt vielleicht, aber erstens freue ich mich im Alltag auch sehr darüber und zweitens kannst du mir dann zum Geburtstag ja einfach eine Sechserpackung bringen - die bekomme ich im Alltag ja nicht", erwiderte sie erneut mit einer gewissen Ironie, da sie natürlich auch nichts gegen ein anderes Geschenk hatte und ihm das sicher bewusst war. Wenn er sie lieber nicht mit Donuts überraschte, dann würde es eben was anderes sein, worüber sie sich mindestens genauso freuen konnte. Sie zweifelte wirklich nicht an Ryatts Kreativität, er hatte schon oft genug bewiesen, dass er sich ein bisschen überall Inspiration zur Freizeitgestaltung holte und auch meistens ein ganz gutes Händchen dafür hatte, etwas auszusuchen, das wirklich lustig werden konnte. So wie der Clubbesuch eben, bis zu einem bestimmten Moment, der sich etwas zu hartnäckig in ihrem Kopf festgesetzt hatte. Alles davor war wirklich lustig gewesen und wie er schon sagte - es hatte sie daran erinnert, dass sie das Tanzen vermisste und sich mal wieder selbst in den Arsch treten musste, um sich eine Schule rauszusuchen. Also alles gewissermassen ihm mitverschuldet. Schwer zu sagen, wie lange es ohne den Wink mit dem Zaunpfahl gedauert hätte, bis sie realisiert hätte, dass sie ihr sehr altes Hobby wieder aufnehmen könnte. Wahrscheinlich wesentlich länger. "Ach, das ist ja langsam schon fast absehbar!", meinte sie mit einer wegwerfenden Handbewegung, als wären seine sieben oder acht Wochen, die er noch dem Kinderheim widmen durfte, praktisch nichts. Waren sie auch nicht, wenn man sie gegen die Jahre im Gefängnis abwiegen musste, um die er damit rumgekommen war. Natürlich konnten sich die Wochen auch ziehen, aber im Endeffekt wäre er in zwei Monaten raus und rückblickend wäre das nicht viel mehr als ein Augenblick in seinem Leben. "Und was machst du denn gerne an deinem Geburtstag? Nicht dass ich dich damit schon stressen will, aber wenn du irgendwelche grossen Wünsche oder Erwartungen hast, dann musst du mir diese frühzeitig mitteilen, sonst musst du damit rechnen, dass ich sie nicht pünktlich erfüllen werde", warnte sie ihn schonmal vor. Ihrem vollen Programm und ihrer Arbeit sei Dank. Faye war auch etwas gespannt auf seine Wünsche. Wenn er von ihr mehr als ein paar Donuts als Geburtstagswunsch erwartete, musste er ja selbst auch irgendwas einfordern können, oder? Oder ihm war das so noch gar nicht bewusst geworden, es würde sich zeigen. "Das mit dem Job wird schon irgendwie klappen. So wie du den an der Bar jetzt gefunden hast, wird's sicher auch noch was anderes für dich geben, das für eine Weile ganz in Ordnung ist", zeigte sie sich diesbezüglich mal weiterhin optimistisch. Sie wusste nicht genau, wie er die Arbeit bei Lance in der Werkstatt gemocht hatte - hatte wohl nicht viel zu mögen gegeben, da er zur gleichen Zeit ja gefühlt innerlich am Sterben war. Aber da er den Truck damals mit seinem Vater unterhalten und auf Vordermann gebracht hatte, ging sie eigentlich davon aus, dass er sowas gerne machte. Irgendeine Autogarage suchte sicher nach Verstärkung, wenn er da andocken wollte. Würde sich zu gegebener Zeit zeigen. Die Brünette nahm dankend den gelobten Donut entgegen, musterte diesen zuerst gründlich, während sie ihn zwischen ihren Fingern drehte. Er sah schon gut aus und ein erster Biss bestätigte auch Ryatts Urteil. Schmeckte hervorragend, wie der Rest davor auch schon. "Der ist echt gut", grinste sie vor sich hin. Nur für denn Fall, dass er diesbezüglich weitere Bestätigung brauchte. Seine Einkäufe waren wirklich toll und definitiv genauso willkommen wie er selbst. Also er auch ohne Gebäck.
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Hab ich mir auch schon öfter vorgenommen, ist aber noch nicht passiert - offensichtlich. XD und aus genanntem Peinlichkeitsaspekt bin ich nicht so unendlich traurig, es bisher noch nicht geschafft zu haben. ^^"
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"Vielleicht gibt's die ja noch obendrauf..?", antwortete ich Faye mit einer rhetorischen Fragen, begleitet von kurzzeitig wackelnden Augenbrauen und einem unbeschwerten Grinsen. Je nachdem wie anstrengend die Aktivität ausfiel, die ich am Ende für ihren Geburtstagsausflug auswählte, würden ein paar Donuts als Proviant auch kaum schaden. Ich war mir fast sicher, dass wir irgendwo draußen landeten und uns potenziell bewegen würden. Einfach deswegen schon, weil ich die Natur mochte und grundsätzlich dazu tendierte, Außenaktivitäten sämtlichem Indoor-Kram vorzuziehen. Zumindest immer dann, wenn das Wetter es zuließ. Bei Temperaturen um den Gefrierpunkt und Schnee wollte ich selbstverständlich auch nicht zwingend einen halben Tag draußen frieren. Vielleicht dachte ich mir also einfach zwei Sachen aus - Irgendwas, was wir draußen machen konnten und ein Alternativprogramm, falls das Wetter am auserwählten Tag zu ungemütlich war. "Musst du arbeiten an deinem Geburtstag, oder hast du frei? Nur damit ich im Heim möglichst frühzeitig Bescheid geben kann, wann ich meine freien Tage am liebsten hätte.", hakte ich diesbezüglich lieber gleich nach. Wenn Faye das selber noch nicht wusste, sollte sie mich einfach auf dem Laufenden halten. Hinsichtlich meiner Reststunden auf dem Straftäter-Konto nickte ich leicht. Ich wollte mich wirklich nicht darüber beschweren, noch zwei Monate das Kindergeschrei ertragen zu müssen. So viel wie ich aktuell mit Arbeiten beschäftigt war, dürfte die Zeit ohnehin zügig vergehen. Zumindest hoffte ich das, weil ich wirklich genug von dieser Tortur hatte. Ich hatte längst eingesehen, dass ich damals Mist gebaut hatte und war bekehrt, sie konnten mich also guten Gewissens von dieser Qual erlösen. "Abseits des Kuchens? Sehr gute Frage... meine letzten Geburtstage hab' ich immer unspektakulär in der Army oder stark verkrüppelt verbracht.", stellte ich trocken fest, klang aber weiterhin unbeschwert dabei. Während meines Dienstes für die Armee hatte mein Geburtstag immer daraus bestanden, mich mit meinen liebsten Offizieren und guten Freunden zu betrinken - ausnahmsweise mal die Sau rauslassen und am nächsten Tag völlig verkatert und übermüdet wieder antanzen, das war die Devise gewesen. Offiziell war das natürlich verboten, aber wenn man einen gewissen Status genoss, setzte am Folgetag Niemand einen Drogentest an. Als allseits bekannter Senkrechtstarter hatte es ab einem gewissen Punkt Keiner mehr gewagt mir Steine in den Weg zu legen. Das ging sowohl mit angenehmer Freiheit, als auch mit zusätzlichen Pflichten einher. Ich konnte mich noch an die Geburtstage in meiner Jugend erinnern, aber die waren auch nicht wirklich hilfreich im Bezug auf Fayes Frage. Oder doch? "Du gehst nicht mit mir Graffitis sprühen, oder?" Mit schief gelegtem Kopf sah ich Faye an. Ich klang nicht so, als würde ich mir Hoffnungen machen - wollte aber um diese Grenze wissen, falls sie da war. Denn das war natürlich Sachbeschädigung und damit gegen das Gesetz - man musste allerdings auch wirklich sehr blöd sein, um sich dabei erwischen zu lassen. War mir früher jedenfalls nie passiert. Vielleicht gab es auch eine legale Ausweichmöglichkeit oder etwas ähnliches, das wir stattdessen tun konnten. Mir fehlte momentan reichlich Kreativität im Alltag, sie mit Sprühfarbe ein bisschen auszuleben schien mir also nicht verkehrt. Ansonsten gab es eben nur den Geburtstagskuchen, den sie mir versprochen hatte. Ich wäre auch damit schon vollauf zufrieden, es backte schließlich sonst Niemand für mich. "Gut möglich.", äußerte ich mich abschließend zu meiner Jobsituation und nickte schwach. Blieb einfach zu hoffen, dass ich irgendwo über ein gutes Angebot stolperte. Meine Mundwinkel zuckten zufrieden nach oben, als Faye sich um die zweite Hälfte des Donuts kümmerte. Wahrscheinlich würde sich Gebäck sehr kontinuierlich weiter durch unsere Freundschaft ziehen und dagegen hatte ich absolut nichts einzuwenden, auch wenn der Süßkram gegen mein wieder aufgenommenes Fitness-Programm arbeitete. Wenn wir uns weiterhin nur alle paar Wochen sahen, war das definitiv drin.
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Aber am Ende ists ja nur so persönliches Empfinden... ich find deine Sachen nicht peinlich und du meine vielleicht auch nicht (jedenfalls nicht so schlimm wie ich selbst)... x'D Aber eben, Zeit brauchts trotzdem eine ganze Menge.
Btw denkst du, Faye bekommt zumindest ne Geburtstagskarte von Vicky oder gar nichts? Nur damit ich dann zu gegebener Zeit weiss, wie absolut grenzenlos enttäuscht sie sein soll... xD _______________
Donuts als nettes Extra zusätzlich zum gewünschten Ausflug? Klang in ihren Ohren durchaus reizend und sie würde sicher nicht Nein dazu sagen. Entsprechend verbreiterte sich auch ihr Lächeln zu einem vorfreudigen Grinsen und sie blickte ihn aus dem Augenwinkel an wie ein kleines Kind, dass sein Geburtstagsgeschenk bereits in den Händen hielt. "Naja ich meine... Wer könnte ein solches Angebot denn bitte ausschlagen..?", eher nicht sie, die offensichtlich ziemlich leicht mit Süssigkeiten zu locken war. "Ich habe an meinem Geburtstag einen Freiwunsch eingegeben aber keinen Urlaubstag. Weiss also erst, wenn der Arbeitsplan für März kommt, ob das geklappt hat - aber zu 90% ist das eigentlich kein Problem. Ist jedoch ein Mittwoch, also hat wohl abgesehen von Menschen mit unregelmässigen Arbeitszeiten eh keiner frei", was auch einer der Gründe war, weshalb sie sich bis jetzt wirklich wenig Gedanken zu ihrem Geburtstag gemacht und auch absolut keine Party geplant hatte. Hätte sie auch an einem Samstag nicht getan, aber vielleicht hätte sie dann schonmal vorsorglich zwei, drei Freundinnen gefragt, ob sie sich den Tag oder Abend freihalten wollten. Wenn Ryatt das gerne wollte, durfte er aber natürlich gerne versuchen, an ihren Geburtstag einen Tag oder Halbtag freizuschaufeln, sie würde sich selbstverständlich freuen. Vielleicht wäre das sogar eine ganz gute Idee, wenn sie sich mit ihm beschäftigte. Er war erfahrungsgemäss ausgesprochen gut darin, sie von gewissen Lebensumständen abzulenken, die sie an diesem Tag sicherlich wieder mehr belasten würden als an einem "normalen" Mittwoch. Wenn sich Ryatt aber wirklich die Mühe machte, sowohl ihren Geburtstag mit ihr zu verbringen, als auch einen Ausflug zu organisieren und ihr Donuts zu besorgen, dann würde sie zu seinem Fest zwei Monate später sicher nicht nur mit einem läppischen Kuchen antanzen. Egal wie ausgefallen sie den gestaltete, das wäre kein annähernd ebenbürtiges Geschenk und würde sie kaum zufriedenstellen. Ihre Mimik würde etwas nachdenklicher, während sie über neue Ideen sinnierte. "Hmm. Also mit einem Armygeburtstag kann ich nicht dienen und im Krankenhaus hatten wir dich schonmal. Da hat's dir die letzten Male, bei denen ich dabei war, jeweils nicht so gut gefallen. Also wird's was anderes sein müssen...", sprach sie ihre Gedanken mit einer Prise Ironie aus. Und bezüglich der Graffitis musste sie ihn wohl auch enttäuschen - sie war selten für illegale Spielereien zu haben, auch wenn sie sich das Sprayen durchaus unterhaltsam vorstellte. Ohne sich eine Begabung dabei zu erhoffen. "Nein, ich fürchte, da musst du dir eine andere Begleitung suchen... Sofern wir keine legale Wand finden", bestätigte sie seine unterschwellige Vermutung. "Aber ich kann mir auch ein Alternativprogramm ausdenken - wenn du dir einen Ausflug für mich überlegst, find ich sicher auch was für dich. Hab ja sogar noch über zwei Monate länger Zeit als du", bot sie motiviert an und war sich auch ziemlich sicher, bis dahin was Unterhaltsames gefunden zu haben. Wenn sie keinen spontanen Geistesblitz erlebte, waren Google-Suchen jeweils auch relativ aufschlussreich und Ryatt liess sich ihrer Einschätzung zufolge auch für viele Dinge begeistern, solange sie nur nicht langweilig ausfielen.
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Ich dachte er ruft sie vielleicht sogar kurz an - nur halt bisschen sehr kurz gehalten/angebunden, weil er eigentlich aufm Sprung zu nem Job ist. Aber er will schon sicher gehen, dass sie weiß, dass er trotzdem an sie denkt. Abstand hin oder her, es ist immer noch Victor und sich gar nicht melden am Geburtstag bringt der nicht übers Herz. :'D ob er sie dann schon morgens anruft oder erst während sie mit Ryatt unterwegs ist, darfst du dir aussuchen - Security-Jobs sind ja äußerst zeitlich flexibel. ^^ ________
Vermutlich Niemand. Wie wir schon festgestellt hatten gab es nämlich allgemein nur sehr wenige Menschen, die keine Donuts mochten. Oder zumindest kannten wir keine davon. "Keiner, der ansatzweise auf Süßes steht", erwiderte ich schmal grinsend. Faye würde möglicherweise frei haben an ihrem Geburtstag - wenn nichts Triftiges aus Sicht ihres Arbeitgebers dagegen sprach. Was das anging musste ich noch ein paar Tage auf das abschließende Ergebnis warten. Trotzdem würde ich vielleicht schon mal beim Schichtleiter anklingen lassen, dass ich da wahrscheinlich frei brauchte. "Mittwoch ist gar nicht so unpraktisch. Ist Dylan sicher lieber, wenn ich ihn stattdessen am Wochenende in der Bar unterstütze.", meinte ich nickend. Bekanntlich gaben sich die meisten Leute am liebsten am Wochenende die Kante, also war ich da am allerwenigsten entbehrlich. Auch wenn Faye und ich bestimmt nicht volle 24 Stunden ihres Geburtstages miteinander verbringen würden, war für mich ein Tag unter der Woche leichter freizuschaufeln. Im Heim rissen sich meistens auch alle darum, ihre freien Tage mal am Wochenende haben zu dürfen. Von Krankenhäusern hatte ich eigentlich für den Rest meines Lebens genug. Ich hasste es lange Zeit untätig herumzuliegen. Ohne die starken Schmerzmittel - die wohl eher schon als richtige Drogen zu deklarieren waren - hätte ich das nicht durchgestanden, ohne das halbe Krankenhaus zu zerlegen. So jedenfalls meine Theorie. "Ist auch besser so, da ist meistens deutlich zu viel Alkohol geflossen.", meinte ich, klang amüsiert wegen den erneuten Gedanken an meine Geburtstagszeit bei der Army. Ich musste nicht nochmal erwähnen, dass ich diese Kameradschaft vermisste, oder? "Aber dir wird schon was einfallen, da bin ich zuversichtlich." Ich zuckte mit den Schultern. Die Brünette kannte mich nicht erst seit gestern und würde inzwischen gut einzuschätzen wissen, was mir Spaß machen könnte und was nicht. Ich war mir dementsprechend sicher damit, dass wir nicht einfach nur einen Kaffee trinken würden - nicht an meinem Geburtstag, dafür gab es genügend andere Tage. Faye zeigte sich diesbezüglich genauso optimistisch, also machte ich mir da keine unnötigen Gedanken. "Ich als Meister-Schlittschuhläufer und -Mehlwerfer brauch keinen zeitlichen Vorsprung.", meinte ich voll ironischer Überzeugung und legte kurzzeitig einen überheblichen Gesichtsaussruck auf. Er wich zeitnah wieder einem gut unterhaltenen Grinsen. Als eiserner Ritter in Kartoffelgefechten ließ sich leider kein Geld verdienen, meine Gedanken schweiften weiter. Ich hatte mich noch nicht so wirklich mit den Mietpreisen hier in der Umgebung beschäftigt, aber eine Wohnung alleine zu stemmen war grundsätzlich schwieriger als zu zweit. "Sind die Mieten hier eigentlich spürbar billiger? Ist ja doch noch ein Stück weiter von Seattle weg.", stellte ich Faye eine völlig vom Thema abweichende Frage. Ich wollte eigentlich lieber näher an der Großstadt bleiben und nicht noch weiter davon wegziehen. Die pulsierende Ader einer belebten Stadt war für mich ein Schlaraffenland. Allerdings würde ich ungerne all mein verdientes Geld für Miete ausgeben oder stattdessen ein schäbiges WG-Zimmer belegen, aus dem Alter war ich raus. Außerdem arbeitete ich hier schon in der Bar und das machte mir Spaß, also wollte ich das ungerne aufgeben. War am Ende aber leider alles ein bisschen vom Geld abhängig...
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