Es war noch nicht lange her, dass ich eingeschlafen war, als ich durch Geräusche wieder aus dem leichten Schlaf fiel. Mein Schlafrhythmus war einfach noch immer mehr ans nachts wach sein angepasst und noch dazu hatte ich mich lange vehement dagegen gewehrt, mir die nächste Dosis an Schmerzmitteln zu verpassen, um überhaupt erst wieder einschlafen zu können. Mit den vorherigen Schmerzen war an Schlaf gar nicht zu denken gewesen, weshalb ich letztendlich dann doch zum Morphin gegriffen hatte. Kaum hatte jenes seine volle Wirkung entfaltet war ich dann aber doch stetig müder geworden und in weiser Voraussicht hatte ich den Fernseher - in dem sowieso nur Schrott gelaufen war - noch ausgeschaltet, bevor ich dann ganz eingenickt war. Das war jetzt vermutlich maximal eine Stunde her und vom Tiefschlaf, den ich ohnehin nur sehr selten mal hatte, war ich demnach noch meilenweit entfernt. Meinen hellhörigen Ohren verdankte ich es also, dass ich erneut aufwachte und verschlafen blinzelte. Erst war ich mir nicht sicher, ob ich die Geräusche womöglich nur im Traum gehört hatte, oder ob sie der Realität entsprangen. Weil mein in dieser Hinsicht sehr paranoides Gehirn aber keine Ruhe geben wollte setzte ich mich letzten Endes doch auf und rieb mir einen Moment lang die Augen, bevor ich aufstand. Zwar empfand ich dabei keinen richtigen Schmerz, aber ich konnte dennoch den Druck der zahlreichen Blutergüsse in der Rippengegend spüren, weshalb ich nur ziemlich langsam einen Fuß vor den anderen setzte und die Hand dabei an jenen Rippen hielt, um der Sache auf den Grund zu gehen. Alles was ich vorfinden sollte war aber Cosma, was ich nur mit dem Einschalten des Lichts sicher erkennen konnte. Die weibliche Silhouette auf dem Stuhl war zwar auch mit dem fahlen Mondlicht erkennbar gewesen, aber um beruhigt zurück aufs Sofa kriechen und schlafen zu können brauchte ich hundertprozentige Gewissheit. Erst recht weil ich doch noch im Hinterkopf hatte, dass Hunter mich ganz sicher endgültig killen würde, wenn er wüsste dass ich wieder hier oben war. Aber es war ja nicht mal ein Kerl, konnte also in diesem Fall kein mit dem Tod strafender Teufel sein. Als hätte ich mich überhaupt wehren können, wenn dem doch so gewesen wäre... Ich musste selbst erst ein wenig gegen die Helligkeit anblinzeln, musterte die junge Frau im Anschluss daran ein wenig. Warum war sie wach? War sie nach einer Nacht in der Bar nicht mal ein bisschen müde? Sie war doch schon tagsüber davor komplett fertig gewesen, auch wenn wir das durch die lockere Gesprächseinheit ganz gut zu verschleiern gewusst hatten. "Alles okay bei dir?", hakte ich mehr aus persönlichen Gründen leicht gemurmelt nach, weil ich mich ja gerade zweifelsfrei nicht beim Arbeiten befand. Ich hatte vor dem Schlafen einen flüchtigen Blick durchs Fenster nach unten auf die Straße geworfen und wie zu erwarten gewesen war, hatte der Chef da bereits jemand Anderen postiert, weil ich ausgefallen war. Also ganz abgesehen von meiner Unfähigkeit zu arbeiten war ich gerade ohnehin schon ersetzt.
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Das Licht gab mir schließlich den Rest. Meine Pupillen wollten sich aufgrund der illegalen Dopingmittel beim Einfall des Lichtes nicht verkleinern und so brannte es wie Feuer, als Tauren den Lichtschalter umlegte. Ich vergrub mein Gesicht in den Händen und versuchte mit der zehn Finger Taktik - nach und nach einen Finger einziehen - mich langsam an die Helligkeit zu gewöhnen. Es dauerte eine ganze Weile, bis mein Blick klar wurde und selbst dann füllte das tiefe Schwarz noch immer den Rest meiner Augen aus. Beim Anblick des jungen Mannes seufzte ich schwer. Schien wohl auch so eine Krankheit zu sein, dass die Männer und Frauen aus dem Metier einfach nie richtig durch schlafen konnten. Egal wie leise man war, sie hörten einen trotzdem immer. "Ja, alles gut.", antwortete ich leise und legte meine Hände schließlich wieder auf dem Tisch ab, gab damit die schwachen Hämatome, die sich über die nächsten Tage noch verstärken würde, preis. "Ich wollte dich nicht wecken, hab' schon versucht, so leise wie möglich zu sein.", hängte ich eine ebenso leise Entschuldigung hinten dran. Es würde nicht mehr lange dauern - vielleicht noch zwanzig, dreißig Minuten - bis der Upper sich komplett aus meinem Organismus verabschiedet hat und mich im Anschluss daran direkt in Träumchenland schicken würde. Ich merke jetzt schon, wie die Müdigkeit wieder angerollt kam, aber ich zitterte noch zu viel, als das ich im Bett jetzt wirklich Ruhe finden würde. Nun, um das Kind beim Namen zu nennen, bereitete mir das Ecstasy einen verdammt trockenen Mund, was ich zum Anlass nahm, so langsam aber sicher wieder aufzustehen. Ich würde dann in Kürze auch das Schlafzimmer ansteuern, nachdem ich einen Schluck getrunken hatte. Mit der Wand als eine Art Leitplanke schleppte ich mich rüber zum Kühlschrank, um mir eine Flasche kühles Wasser zu Gemüte zu führen. Als ich die Tür wieder geschlossen hatte, lehnte ich meinen Rücken an eben jene. Mein Blick wanderte wieder zu Tauren, der dort ein wenig verloren im Türrahmen stand, scheinbar nicht recht einzuordnen wusste, warum ich noch wach war. Tja, ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ich nicht wusste, woran es lag, dass ich noch immer nicht ins Bett gegangen war. Zum einen eben an den Restdrogen, zum anderen wurden die Schmerzen in der Brust immer präsenter - an Schlaf war da ohne Schmerzmittel eh nicht zu denken. Ich würde also nicht drum herum kommen, Tauren noch am heutigen Abend darüber aufklären zu müssen, warum ich zum Ersten noch nicht schlief und zum Zweiten es nötig hatte, mich unbedingt mit einer Dosis Morphin oder Ähnlichen ins Delirium zu spritzen. Leider hatte ich alle Ampullen aus dem Bad ins Wohnzimmer verlagert, die Option, sich einfach unbemerkt etwas zu fixen fiel damit leider auch ins Wasser. Ich entschied mich für's Erste aber dagegen, es ihm direkt auf die Nase zu binden, ging es ihm streng genommen nicht einmal etwas an.
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Aha. Alles gut also. Interessant. Cosma tat zwar Vieles, aber sie sah ganz bestimmt nicht so aus, als ob Alles in bester Ordnung wäre. Allein schon die übermäßige Intoleranz dem Licht gegenüber ließ mich eine Augenbraue hochziehen und sie noch genauer mustern. Näher kam ich der jungen Frau dabei aber nicht, weil ganz einfach jeder Schritt ein unangenehmes Gefühl in der Rippengegend auslöste und an sich furchtbar anstrengend war. Also lieber da stehen bleiben, wo ich jetzt war. Das Zittern passte nur allzu gut mit in das Muster, in welches ich sie so langsam aber sicher einzuordnen begann. Wieso sollte sie auch nicht noch ein paar andere Drogen bei sich haben, wenn sie mir schon mehrere stark betäubende Schmerzmittel in die Hand gedrückt hatte? War jetzt nicht sehr unwahrscheinlich. Als sie die Hände letztendlich dann auch sinken ließ konnte ich noch weitere Indizien dafür erkennen, dass Irgendwas nicht stimmte, beziehungsweise Etwas passiert sein musste. Immerhin kamen Blutergüsse am Hals ja nicht einfach so aus dem Nichts, die hatten einen Ursprung. Eine vermutlich unschöne, schmerzhafte Geschichte verbarg sich dahinter. Allerdings war ich mir so gar nicht sicher, ob ich wirklich weiter nachfragen sollte, wo der jungen Frau offenbar eher weniger der Sinn danach stand mir die Wahrheit zu sagen. Viel mehr wirkte Cosma so als wollte sie ihre Ruhe haben, aber ich war eher nicht so der Typ dafür, Dinge unversucht zu lassen. Also doch fragen. "Sicher? Sieht nicht so aus.", startete ich also doch noch einen weiteren Versuch die Wahrheit aus ihr heraus zu bekommen. Wenn nicht, dann halt nicht. Konnte ich dem Rotschopf dann auch nicht helfen, wenn sie sich lieber allein um sich selbst kümmerte. Auf ihre letzten Worte hingegen winkte ich nur ab und schüttelte ein klein wenig den Kopf, folgte ihr dabei mit meinem Blick, weil sie augenscheinlich etwas zu trinken suchte. Richtiges Gehen konnte man das ja auch nicht nennen, so wie sie da an der Wand entlang schrubbte. "Ich hab einen sehr leichten Schlaf... ist wie 'ne Krankheit, seit die mal bei mir eingebrochen sind.", erklärte ich ihr, dass es vermutlich ziemlich unmöglich gewesen war, mich nicht aufzuwecken. Es war einfach absolut keine Kunst mich aus dem Schlaf zu rütteln und noch viel weniger, wenn ich ohnehin noch nicht lange am schlafen war. Nahm ich ihr auch nicht übel.
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Tja, das ging jetzt schneller, als ich erwartet hatte. Ich hielt Tauren keineswegs für dumm, er wäre schon nach dahinter gekommen, dass bei mir eben nicht alles gut war, aber ich hatte gehofft, mich vorher aus der Affäre ziehen zu können. Na ja. Dann musste ich jetzt eben den ungemütlichen Weg gehen. Mit der Wasserflasche in der Hand, stieß ich mich schließlich wieder von der Kühlschranktür ab, steuerte die Tür und damit auch Tauren an. Kurz vor ihm hielt ich inne, zuckte ein wenig mit den Schultern. "Es könnte mir schlechter gehen.", versuchte ich das Gespräch schon im Vorfeld etwas aufzulockern. "Ich bin gerade nicht ganz clean und hab ein bisschen Streit gesucht.", redete ich weiter und überlegte für einen kurzen Moment, ob ich den Aspekt, das ich dabei mit seinem Chef diskutiert hatte außen vor ließ oder es doch erwähnen sollte. Eigentlich war ich innerlich viel zu stolz darauf, dem Bastard eine gewischt zu haben, als das ich es ihm verheimlichen könnte. Schon alleine der Gedanke daran zauberte mir wieder ein Grinsen auf die Lippen. "Hunter war noch da und hat sich freiwillig dazu bereit erklärt, sich zumindest kurz mit mir zu streiten, also alles gut.", schloss ich meine Beschwichtigung nun final ab, schenkte ihm ein beruhigendes Lächeln. Man musste ja dazu sagen, dass ich die Schmerzen, die ich am Hals und in den Rippen spürte schon irgendwo provoziert hatte. War tatsächlich eines der wenigen Arten, mir selbst zu beweisen, das ich noch am Leben war. Tat auch richtig gut... und na ja, irgendwie auch nicht. Ich wusste, dass es nicht unbedingt normal war, sich verprügeln zu lassen, nur um überhaupt etwas zu spüren, aber für Selbstverletzung war ich schlichtweg zu feige. Sollten mir also ab und an ruhig ein paar Leute auf's Maul hauen, das reichte dann auch wieder für ein, zwei Wochen, wenn's gut lief auch mal für einen Monat. Aber nun zurück zum hier und jetzt. Die Bewegungen lösten immer mehr Schmerzen an den betroffenen Stellen aus, sodass ich mich vorsichtig an Tauren vorbei schob, um ins Wohnzimmer zu gehen. Jetzt, wo die Katze aus dem Sack war, konnte ich mir auch meine Schmerzmittel holen, nachdem ich mich geoutet hatte, Verletzungen davon getragen zu haben. Ich ließ mich im Wohnzimmer auf dem Sofa nieder, schnappte mir die braunen Ampullen, um zu schauen, welches jetzt das Richtige für mich war. Meine Wahl fiel nach kurzer Überlegung schließlich auf das Tilidin, was ich mir wenig später in eine Spritze zog. Auch wenn mir nichts lieber gewesen wäre, die Nadel direkt anzusetzen, musste ich noch ein wenig warten. Das Zittern hatte immer noch nicht nachgelassen und Tilidin als intramuskuläre Injektion war leider weniger wirksam als intravenös.
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Ich kam gerade an dem Punkt an, an dem ich Cosma für vollkommen wahnsinnig hielt. Dass sie sich was eingeschmissen hatte war die eine Sache. Manchmal brauchte man das und hey, die junge Frau hatte ein paar wirklich schlechte Tage hinter sich, die ihr sicherlich allerhand Nerven geraubt hatten. vom vehementen Schlafmangel mal ganz abgesehen. Was das anging konnte ich sie also schon verstehen und solange sie sich ab jetzt nicht täglich irgendwelche Drogen genehmigte, war das meiner Meinung nach auch gar nicht wirklich der Rede wert. War immerhin keine Seltenheit, dass Bekannte und Freunde meines Kreises - der sich jetzt mehr oder minder auch um Cosma zog - hin und wieder mal drauf waren. Hatte ich zu tolerieren und akzeptieren gelernt. Aber was die Sache mit Hunter anging... ja, da hielt ich sie jetzt wirklich für komplett bescheuert. Drogen hin oder her, sie hatte doch an meinem Beispiel bestens gesehen, dass man lieber nicht mit ihm tanzte. Ihn zu provozieren war so eine der schlechtesten Ideen, die man überhaupt haben konnte. Der Rotschopf konnte vermutlich wirklich von Glück reden, dass sie nicht mehr als die Flecken am Hals davongetragen hatte. Ich wusste erst einmal gar nicht, was ich darauf überhaupt sagen sollte und schüttelte nur etwas fassungslos den Kopf, als sie an mir vorbeiging. Einen Moment lang blieb ich noch im Türrahmen stehen, bevor ich mich umdrehte und Cosma im Wohnzimmer aufsuchte. "Du bist schon ziemlich wahnsinnig, kann das sein?", stellte ich ihr eine rein rhetorische Frage, die an sich wohl auch ziemlich trocken klang. Ehe ich weiterredete verkroch ich mich aber erst einmal wieder unter die Decke und machte es mir so bequem, wie es mit den Rippen und der Wunde am Hinterkopf eben möglich war. Leicht seitlich auf dem unverletzten Rippenbogen zu liegen war die eindeutig beste Option, um das Symbol in meinem Haaransatz nicht wieder aufzureißen. "Er hat schon Leute für viel weniger gekillt wenn er miese Laune hatte, Cosma. Lass' das in Zukunft lieber, sonst hast du ihm umsonst Geld in den Arsch geschoben.", redete ich etwas nachdenklich, eher gemurmelt vor mich hin. Dann schloss ich die Augen schon für einen Moment. Ich brauchte sie mit den Opiaten auf dem Tisch nicht zu überwachen - zum Einen war ich wie gesagt nicht im Dienst und zum Anderen war sie alt genug, um das selbst zu entscheiden. Gut, vor der Dummheit in Hinsicht auf den Boss hatte sie das auch nicht gehindert... das Erwachsenenalter ließ leider nicht nur erwachsene Entscheidungen zu. War aber trotzdem ihr Leben und nicht meines.
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Ich hatte die Spritze in der Zwischenzeit wieder auf dem Wohnzimmertisch abgelegt und mich mit dem Oberkörper so weit nach hinten gelehnt, dass sich der Druck auf den Rippen ein wenig löste. War eine echt ungünstige Stelle für einen blauen Fleck. Wenn man saß, wurden die Schmerzen nur noch schlimmer. Ich hatte meinen Kopf auf der Rückenlehne abgelegt und gegen die Decke gestarrt, bis Tauren mir ins Wohnzimmer gefolgt kam. Erst dann bemühte ich mich darum, ihn wieder direkt anzusehen. Glücklicherweise machte er es mir etwas leichter, indem er sich neben mich aufs Sofa fallen ließ. So brauchte ich den Kopf nicht lange hoch halten, sondern konnte ihn auf der Lehne einfach in seine Richtung drehen. Seine rhetorische Frage zauberte mir ein Grinsen auf die Lippen und entlockte mir ein schwaches Schulterzucken. Der Teil, in dem er mich bat, das künftig zu unterlassen, war im Übrigen das Beste an allem. "Ich finde es ja süß, dass du dir Sorgen um mich machst, Tauren.", mein Blick heftete sich wieder an die Decke und ich merkte, wie meine Augen ein Stück weit glasig wurden. Ob es an den Drogen lag oder an dem Verlauf des Gesprächs konnte ich nicht so genau sagen. "Aber gerade heute war meine Intention gewesen, nicht mehr aufzustehen zu müssen.", brachte ich den Satz schließlich zu Ende, während ich stets seinen Blick mied. Besagter junger Mann schien es sich neben mir wieder gemütlich machen zu wollen, was ich vollkommen verstehen konnte. Schließlich hatte ich ihn mehr oder weniger geweckt, er war womöglich müde und wollte weiter schlafen. Normalerweise hätte ich das zum Anlass genommen, mich wortlos zu verpissen, aber die imaginäre Last, die sich aktuell auf meinen Schultern sammelte, gepaart mit meiner eigenen Müdigkeit, drückte mich wie ein Betonklotz am Fuß ins Sofa. Ich seufzte. Irgendwie war das Thema gerade Scheiße. Zum Einen empfand ich es als seltsam, anderen Leuten von meinen Gedankengängen zu berichten und zum anderen war es normalerweise nicht meine Art, da mit Unbekannten drüber zu reden. Und de facto war Tauren für mich noch immer fremd. Zwei Nächte machten einen nicht direkt zu den besten Freunden. Aber was machte ich mir eigentlich vor. Die letzten Tage waren so nervenaufreibend gewesen, dass meine Fassade langsam Risse bekam und bröckelte. Gefiel mir gar nicht, wenn ich so darüber nachdachte, aber das würde sich mit der Zeit legen. Spätestens, wenn ich wieder so weit war, jemanden etwas anzuvertrauen und er dieses Vertrauen schamlos ausnutzt. Ab genau dem Punkt würde wieder alles gut sein. Ich war mir sicher, dass es bis dahin kein langer weg mehr war. Leider hatte ich eine ziemlich naive Persönlichkeit, wenn die Mauern meiner Grundfeste erst einmal erschüttert waren. Konnte im Prinzip also nichts schief gehen, selbst wenn ich heute mal ein wenig zu gesprächig oder zu anhänglich war. Apropos Vertrauen und naive Gedanken. Ich hob meine rechte Hand, um mit dem Finger auf die Spritze zu zeigen. "Blöde Frage, aber wärst du so gut?", murmelte ich, dieses Mal nur noch das leichte Lächeln auf den Lippen. Ich hatte weder die Kraft, noch die Motivation, mich jetzt wieder aufzurichten. Zwangsläufig würde es wohl außerdem darauf hinauslaufen, dass Tauren ein wenig Platz machen musste. Oder aber er trug mich in mein Bett. So langsam merkte ich nämlich, wie die Muskeln zunehmend in den Energiesparmodus schalteten. Mit Bewegen war da nicht mehr viel, aber die Schmerzen waren noch immer präsent.
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Süß? Ging so. Es gab vermutlich keinen Mann, der sich gerne als süß abstempeln ließ, in meinem Metier noch weniger. Ich würde mich wohl eher als ein bisschen fürsorglich einstufen, wenn ich gerade mal ausnahmsweise nicht dabei war Andere Leute zu verprügeln oder abzustechen. Es war schon fast ein bisschen faszinierend, wie sehr meine Arbeit meinen Charakterzügen eigentlich widersprach. Noch interessanter war wohl nur die Tatsache, dass ich davon bisher keinen bleibenden psychischen Schaden davongetragen hatte, so ganz im Gegensatz zu den meisten anderen. Hunter selbst war ja eines der allerbesten Beispiele dafür. Der Schaden bei ihm war vermutlich auch ziemlich irreparabel, wobei ich keine Ahnung davon hatte, was er vor seiner Zeit in Oslo eigentlich erlebt hatte. Alles was ich wusste war, dass er mal im Knast gesessen hatte. Mehr Details gab er scheinbar Niemandem. War vielleicht auch besser so, wenn ich nicht wusste, was sich hinter seinem verkorksten Charakter alles verbarg. "Ich bin nicht süß. Fürsorglich vielleicht... aber nicht süß.", betonte ich meine Gedanken auch wörtlich und öffnete dabei ein Auge wieder, um sie anzusehen. Die Worte, die aus Cosmas Richtung dann noch folgten, ließen mich auch das zweite Auge wieder aufschlagen. Wo kam das denn jetzt her? Hatten wir uns nicht gestern noch ziemlich ungezwungen hier auf dem Sofa unterhalten, mehr oder weniger Spaß gehabt soweit das derartig verletzt eben ging? Da hatte sie, denke ich, noch nicht unter Drogen gestanden, die das positiv beeinflusst hatten. Vielleicht war es genau letzteren zu verschulden, dass sie jetzt einen derartig tiefen Stimmungsfall über sich ergehen lassen musste. Natürlich kam auch das dann nicht aus dem Nichts, hatte seinen Ursprung, aber wurde ganz bestimmt dadurch verstärkt. Nun setzte ich mich doch wieder ein wenig auf, um die junge Frau besser ansehen zu können. "Ich weiß schon, dass du ein paar beschissene Tage hattest... mild ausgedrückt. Ich versteh' das auch, aber das ist echt so gar keine Lösung.", murmelte ich vor mich hin, sah dann wieder weg. Ich wollte dabei gar nicht besserwisserisch klingen oder ihr vorschreiben, was sie zu tun und zu lassen hatte. Ihr lediglich ein wenig veranschaulichen, dass sie ihr Leben nicht einfach so wegschmeißen sollte. Dann verlangte Cosma erneut nach meiner Aufmerksamkeit. Einen Moment lang hielt ich bloß inne und dachte darüber nach. Eigentlich wollte ich da nicht mit rein gezogen werden, ihr nach dem Ausschleichen der anderen Substanz nicht gleich wieder was Anderes in die Venen jagen. Vermutlich hätte ich auch verneint, wenn ich nicht gewusst hätte, dass sie ebenso wie ich körperlichen Schmerz hatte, der betäubt werden wollte, damit Schlaf überhaupt wieder ansatzweise in greifbare Nähe rückte. Zweifelsohne war Schlaf eines der Dinge, die dem Gemüt der jungen Frau wirklich zu Gute kommen konnten, also rutschte ich mit einem leisen Seufzen doch noch einmal aus der Ecke des Sofas vor. "Nagut..", grummelte ich dabei noch leise vor mich hin, ehe ich ihren Arm für den Einstich vorbereitete. Bevor ich ihr das Tilidin dann verabreichte warf ich abermals einen prüfenden Blick in ihr Gesicht, aber sie schien es sich nicht anders überlegt zu haben. Gedanklich noch ein weiteres Seufzen meinerseits, dann schob ich ihr die Nadel vorsichtig unter die Haut. War schnell erledigt und so legte ich die Spritze mit einer für meine Rippen etwas zu hastigen Bewegung wieder auf dem Tisch ab, bevor ich mich erneut nach hinten verkrümelte und die Decke bis zur Brust zog. Mir war fast ein wenig kalt, womöglich hätte ich das Shirt und die Hose doch anbehalten sollen... aber eine Jeans war beim Schlafen absolut unbequem.
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Eine gute Lösung wäre das sicher nicht, aber die Option hörte sich einfach zu verführerisch an. Weil genau das der Punkt war, an dem es bei solchen Gesprächen immer zu Meinungsverschiedenheiten kam, verzichtete ich gerne auf derartige Diskussionen. Taurens Aussage quittierte ich mit einem weiteren Schulterzucken, wollte dazu auch eigentlich gar nichts mehr sagen, weil mir alleine seine - gut gemeinten - Worte schon wieder gegen den Strich gingen. Ja, ich war ihm wirklich dankbar, dass er mich vor ein paar Tagen aus den Klauen dieses vollkommen verrückten Typen befreit hatte und natürlich hatte ich noch Spaß am Leben, aber zeitweise wollte ich einfach mal aussteigen und auf Pause drücken. Den Moment nutzen, wenn die Phase mir wieder weiß machen wollte, wie Scheiße eigentlich alles war. Und zugegebenermaßen war die Phase, wie ich meine depressiveren Ausfälle gerne nannte, realistischer, als alles andere, was ich oder andere versuchten mir einzureden. Das Leben hier in Oslo war nicht schön. Es war auch nicht einfach und machte auch keinen Spaß. Das kriminell sein schon mal gar nicht. Klar, traf man als eigenständig denkendes Wesen seine Entscheidungen und setzte Prioritäten, aber wenn man sich dann einmal entschieden hatte, war es schwer, sein altes Ego hinter sich zu lassen. Egal, aus welcher Richtung man jetzt kam. In diesem Sinne war die Laune, die ich aktuell hatte, eine realitätsnahe Einstellung zu der ganzen Sache gewesen. Nicht zuletzt auch aufgrund der Drogen. Spätestens morgen Mittag wäre dann wieder alles in Ordnung und ich froh, dass Hunter mir heute doch nicht die Lichter ausgeknipst hatte. Er sollte mir doch also bitte diese zwanzig Minuten Realität lassen, die so verschissen hässlich war, dass ich mich wirklich zu fragen begann, ab wann mein Leben überhaupt eine so drastische Wendung genommen hatte. Rückblickend war mir wirklich nichts Schlimmes passiert. Kindheit war in Ordnung, auch das Elternhaus hätte schlechter sein können, im Prinzip war es mir also normal bis richtig gut ergangen. Und trotzdem saß ich jetzt hier, ließ mir von Tauren die Nadel in die Vene jagen und schimmelte so vor mich hin. War schon ein trauriges Bild, aber wie ich es bereits erwähnt hatte, war es schwer, seinem Leben in einer Stadt, die man jetzt seit einer halben Ewigkeit kannte und lieben gelernt hatte, den Rücken zuzukehren. Grundlegend ließen sich meine Gedankengänge gerade mit einem Wort beschreiben. Verwirrt. Es gab Vieles, was sich in meinem Kopf gerade überschlug und es war viel zu viel, das Ganze in Worte zu fassen. Umso glücklicher war ich, dass das Tilidin nach kurzer Zeit seine Wirkung zeigte und sich mit den Schmerzen auch der Knoten aus Gedanken in meinem Kopf langsam verzog. Ich hatte meine Beine an den Körper gezogen - tat ja nicht mehr weh - und meinen Kopf auf den Knien abgelegt. Einen Teil der Decke hatte ich mir über den Arm gezogen und so schloss ich müde die Augen. "Fürsorglich und süß...", murmelte ich nach einer halben Ewigkeit gegen Haut und Knochen meiner Knie. "Und ich weiß, dass das keine Lösung ist. Aber anders merke ich zur Zeit einfach nicht, das mein Körper noch zu mir gehört, okay? Müsste ich dir jetzt ein Bild malen, würdest du zwei Striche sehen. Einer repräsentiert meinen Körper als physische Masse und der andere soll das darstellen, was man Seele nennt. Das, was fühlt, lacht und lebt und so ein Bullshit.", murmelte ich weiter, die Augen weiterhin geschlossen und somit auf direktem Wege in den Tiefschlaf.
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Na von mir aus... dann halt fürsorglich und süß. Es blieb wohl zu hoffen, dass sie was das anging morgen auch wieder eine andere Meinung hatte. Wenn nicht, dann war ich wohl für immer in der süßen Schiene abgestempelt. Würde mich jetzt nicht umbringen, cool fand ich das aber trotzdem nicht. Allerdings war das auch nicht der Teil ihrer Worte, der mir am meisten zu denken gab. So, wie Cosma mir das hier schilderte, wirkte es ziemlich eindeutig so als würde sie derartige Verstimmungen schon eine ganze Weile mit sich herumschleppen. Natürlich hatte sogut wie jeder Mensch irgendwann mal Phasen im Leben, wo einfach Nichts so richtig rund laufen wollte, aber das hier klang dann doch schon ein wenig ernster. Nach Verzweiflung. "Hast du denn Niemanden... mit dem du über solche Dinge reden kannst? Könnte Schlimmeres verhindern..", murmelte ich weiter vor mich hin. Es ging mich ja eigentlich gar nichts an, ob und mit wem sie über solche Dinge für gewöhnlich redete. Wenn sie darauf nicht antworten wollte, musste sie das natürlich nicht. Hatte nicht vor, sie in ihren eigenen vier Wänden zu Irgendwas zu zwingen. Ich machte die Augen noch nicht wieder zu, sondern hielt den Blick auf die rothaarige junge Frau gerichtet. Auch, wenn ich von der Sache mit dem Tilidin jetzt eigentlich nicht so begeistert war, beruhigte es mich doch so ein kleines bisschen, dass es Cosma langsam sichtlich entspannen ließ. Die furchtbare Anspannung zu lockern wusste und sie augenblicklich einen Gang runterfahren ließ. Jedoch saß der Rotschopf da jetzt irgendwie komisch herum, hatte nicht wirklich was von der Decke oder gar von einer Schlafposition und schien trotzdem schon langsam abzudriften. Noch eine Sache, die ich dem Tilidin eher übel nahm. War zwar schön, dass Cosma dadurch runterkam, aber das war in meinen Augen eben auch schon der einzige positive Faktor daran. So gar keine Wahrnehmungsfähigkeit mehr zu besitzen war auch nichts Gutes. "Willst du da jetzt so sitzen bleiben oder wie?", hakte ich nach, sah noch immer aus meiner liegenden Position zu ihr hoch. "Passt sicher auch mehr als nur dein Arm unter die Decke.", stellte ich noch ein wenig amüsiert fest. Nein, ich wollte jetzt hier nicht zwingend mit ihr kuscheln. Wäre wohl nichts als merkwürdig. Aber lieber weniger Decke für mich und dafür morgen früh kein bibberndes Weib, dass sich die Hände und Füße förmlich abgefroren hatte. Natürlich war hier Zimmertemperatur, aber ohne Decke schlafen? Im Sitzen? Erschien mir nicht sinnvoll. So, wie sie jetzt aussah, wirkte sie eben auch nicht so als wollte sie jetzt aufstehen und rüber ins Bett gehen. Wäre ich körperlich fit hätte ich sie vermutlich nach dem Einschlafen einfach rüber getragen, aber das wollte ich meinem momentan ziemlich kaputten Körper gerade nicht antun. Da war ich dann doch egoistisch.
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Reden. Was brachte Reden schon in solchen Situationen? Nichts. Außer das ich mich dumm fühlte, jemanden davon zu erzählen, wie schön es doch wäre, einfach mit dem Auto gegen eine Wand zu fahren. Ich schüttelte auf seine Frage nur leicht den Kopf, war schon kurz vorm Einschlafen gewesen, als ich mich doch noch mal dazu überredete, die Augen zu öffnen. Ich drehte meinen Kopf in seine Richtung, müde und erschöpft. "Ich bin nicht so der Mensch, der gerne über seine Probleme redet. Ich würde damit gerne alleine fertig werden. Bin ja auch alleine dafür verantwortlich, das es jetzt so ist, wie es ist.", erklärte ich leise, wieder dieses Schulterzucken. Jetzt, wo es nicht mehr weh tat, konnte ich das ruhig einmal öfter machen. Mal ganz abgesehen davon, dass ich neben Richard kaum jemanden hatte, mit dem ich regelmäßig redete, war ich in sowas auch einfach nicht gut. Vielleicht hatte ich aber auch einfach Angst, mich jemanden anzuvertrauen. War für mich das gesprochene Wort eines der mächtigsten Waffen der Welt. Für mich war es normalerweise schon schlimm genug, Tauren das zu erzählen, was ich ihm gerade erzählt hatte. Aber für heute sollte es mir egal sein. Würde ohnehin nicht mehr viel reden, weil ich langsam Schwierigkeiten damit hatte, die Augen offen zu halten. Taurens nächste Frage ließ mich ein paar Mal verwirrt blinzeln, bis ich die Worte einem Umstand zugeordnet hatte. Auch wenn mir gar nicht danach war, grinste ich ein wenig, schüttelte aber zeitgleich mit dem Kopf und ließ mich vorsichtig auf die Seite fallen, sodass die rote Mähne das Gesicht des jungen Mannes, der sich damit hinter mir befand, bedeckte. Ich stieß einen tiefen Seufzer aus, als ich mich ein kleines bisschen mehr mit der Decke einpackte. War zwar nicht sonderlich bequem, aber angenehmer, als jetzt noch einmal aufzustehen und sich ein paar Meter weiter ins große und kuschelige Bett zu schleppen. Außerdem hatte ich schon deutlich schlimmer gelegen. Oder eben gesessen. Es wäre heute nicht das erste Mal gewesen, dass ich im Sitzen weggedöst war, aber aus Erfahrung konnte ich sagen, dass man das spätestens am nächsten Tag bereute. Rücken und Nacken fanden die Position nämlich gar nicht mal so geil und sobald die Schmerzmittel nachlassen würden, hätten auch die Rippen wieder ihren Teil dazu zu sagen. Da Tauren mir ja mehr oder weniger angeboten - konnte man so jetzt eigentlich überhaupt nicht sagen, er hätte das Sofa sicher gerne für sich alleine gehabt - hatte, mich hier lang machen zu dürfen, waren alle meine Bedenken bezüglich der Frage, wie ich es in mein Zimmer schaffen würde, vergessen. Ich atmete tief durch, merkte, wie die Muskeln immer schwerer wurden. "Ich bin zwar sediert, aber nicht depersonalisiert. Also behalt' bitte deine Hände bei dir.", war Alles, was ich dem jungen Mann in meinem Rücken noch mit deutlich ironischem Unterton zuraunte, bevor ich meine Müdigkeit nicht mehr verdrängen konnte und langsam aber sicher ins Land der Träume abdriftete.
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Das war mir inzwischen auch schon aufgefallen, ja. Reden schien nicht so Cosmas Ding zu sein und Irgendwo konnte ich das natürlich auch nachvollziehen. Zum einen konnte es durchaus sehr unangenehm sein, wenn man Anderen seine Probleme offen legte und außerdem musste man sich dazu auch erstmal überwinden. Ein weiteres Mal war ich dahingehend sehr dankbar dafür im Moment keinerlei Probleme zu haben, über die geredet werden musste. Natürlich nagte es ein wenig an mir, dass ich mir hinsichtlich der Arbeit jetzt keine Fehltritte mehr leisten konnte, zumindest nicht in Hunters Wissen, aber das sollte doch irgendwie machbar sein. Ganz überall waren seine Augen und Ohren dann doch nicht. Zwar hatte ich selbst bei meinem Job nicht immer einhundertprozentigen Einfluss darauf, wie eine Situation ausging, aber ich wollte dennoch nicht vom Schlimmsten ausgehen. Positiv denken war irgendwie mein Ding. Vermutlich, weil ich das Alles hier anders gar nicht überleben würde. Dazu letztendlich noch Etwas zu sagen schien mir aber ziemlich überflüssig zu sein, weil Cosma sehr schnell sehr müde zu werden schien und vermutlich sowieso nicht mehr aktiv zuhörte, nachdem sie noch ein paar weitere Worte vor sich gemurmelt hatte. Klar, sie jetzt hier anzufassen, nur weil sie geistig nicht mehr anwesend war, kam mir sicher als allererstes in den Sinn. Ich verdrehte diesbezüglich nur die Augen, wobei ich aber doch ein kleines bisschen grinsen musste. "Ganz wie sie wünschen, Miss.", nuschelte ich kaum hörbar vor mich hin und beseitigte so gut es irgendwie ging ihre Haarpracht aus meinem Gesicht, bevor ich dann einmal ausgiebig gähnen musste und mich im Anschluss daran wieder mental aufs Schlafen einstellte. Sollte auch gar nicht lange dauern, bis ich wieder einnickte. An sich schlief ich ganz gut durch, was wohl den nicht milden Schmerzmitteln zu verdanken war. Sehr zu meinem Missfallen war die erste Sache, die ich beim Aufschlagen der Augenlider wahrnahm, wieder purer Schmerz. Die zweite Sache, die mich dann gänzlich wach zu rütteln wusste, war die Tatsache, dass ich im Schlaf augenscheinlich der Ansicht gewesen war, einen Arm über die junge Frau legen zu müssen. Vielleicht war mir der Arm anders einfach nur im Weg gewesen, keine Ahnung, aber ich zog ihn doch sehr schnell wieder zu mir zurück, als ich die Situation analysiert hatte. Etwas zu hastig für den Geschmack meiner Rippen, die mir sofort einen unbarmherzigen Stich versetzten und mich das Gesicht verziehen ließen. In aller Vorsicht setzte ich mich langsam ein wenig auf, wobei das allein schon die reinste Tortur war. Aber noch mehr Opiate? Nein, hielt ich erstmal für keine gute Lösung. So ließ ich den Schmerz erstmal einfach Einzug halten, als ich nach meinem Handy auf der Armlehne des Sofas griff, um auf die Uhr zu sehen.
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Es hatte dann auch wirklich nicht mehr lange gedauert, bis ich in einen traumlosen Schlaf gefallen war. Die Schmerzmittel leisteten dahingehend eine wirklich gute Arbeit. Nicht zuletzt sorgten sie auch dafür, dass ich bis in den späten Mittag rein durch schlief. Erst als sich neben mir etwas bewegte schlug ich langsam die Augen auf, war noch alles andere als bereit dazu, wach zu werden. Leider wurde der Schmerz immer stärker, je öfter ich mit den Augen blinzelte und so war an Weiterschlafen nicht mehr lange zu denken. Ich grummelte müde ein paar wirsche Worte in das Kissen, bevor ich mich dann doch umdrehte. Ich sah Tauren, der sich mittlerweile aufgesetzt hatte, durch ein paar rote Strähnen direkt an, verzog ein wenig das Gesicht, weil die Position nicht gerade vorteilhaft war für den blauen Fleck am unteren Teil meiner Rippen. Leise fluchend drehte ich mich also ein Stück weiter, sodass der Oberkörper wieder gerade lag. Der junge Mann machte keine Anstalten, sich wieder hinzulegen, weswegen ich davon ausging, dass es okay war, wenn ich auch den restlichen Platz erst einmal für mich beanspruchte. Aufgrund der Tatsache, dass die Bar heute zu bleiben würde, sah ich nicht wirklich einen Grund, mich hier schneller als nötig zu verkrümeln. Ich würde sicher noch eine ganze Weile einfach nur faul rum liegen und meine Batterie wieder aufladen. "Wie spät ist es?", grummelte ich müde, als ich sah, dass Tauren sein Handy in der Hand zu halten schien. Ein bisschen Orientierung, was die Zeit anging, wäre trotzdem nicht schlecht gewesen. Da es im Wohnzimmer noch immer ziemlich dunkel war - die Rollos waren grundsätzlich unten -, fiel es schwer, ohne eine Uhr oder ein Handy eine genaue Aussage bezüglich der Zeit zu treffen. Ich hatte eigentlich noch ein paar Worte anhängen wollen, aber da ich wusste, dass er mich gerade eben erst wach gemacht hatte, war es unsinnig, ihn jetzt zu fragen, wie lange er schon wach war. Zudem war ich noch nicht wach genug, für ausgiebige Konversationen. Gerade am Morgen hatte ich gerne meine Ruhe. Auch wenn ich dazu sagen musste, dass mein Gemüt sich wieder etwas gefangen hatte. Ich fühlte mich jetzt nicht kaputt, war seit den letzten Tagen endlich mal wieder etwas erholter - vielleicht bildete ich mir das aber auch nur ein. So richtig glauben, dass eine einzige Nacht genug Schlaf für drei verpasste Tage rein holte, konnte ich das nämlich nicht. Aber gut, wie auch immer. Noch bevor mir Tauren eine Antwort auf meine Frage geben konnte, setzte ich mich langsam auf, raufte mir verschlafen die Haare.
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Die letzten sieben Tage waren nicht weniger anstrengend gewesen als die vorherigen. Es hatte eine Menge zu organisieren gegeben, nachdem der Deal mit der Lagerhalle, beziehungsweise hauptsächlich deren Keller, abgeschlossen gewesen war. Die erste Ladung Tilidin war zwar letzte Nacht mithilfe von meinen eigens gefundenen Dieben - dabei würde ich mir nämlich nie wieder selbst die Hände schmutzig machen, war Diebstahl in vielen Fällen eine sehr heikle Angelegenheit - schon geklaut worden und bereit zum Verticken, aber das Crystal Meth wollte erst noch hergestellt werden. Dafür bedurfte es verschiedenen Materialien und auch Behältnissen zum Abmessen und Zubereiten. War eine Physik für sich das Ganze und weiß Gott nicht einfach, würde es im Endeffekt aber ganz sicher wert sein. Würde mich schon sehr wundern, wenn das Zeug hier keinen Anklang finden würde. Jedenfalls hatte ich auch die Waffen schon einen Tag nach der Einigung mit dem Eigentümer der Halle hierher verlagert, im Keller gebunkert und damit die Paranoia beseitigt, dass Sydney sie womöglich doch noch finden würde, weil sie aus was auch immer für Gründen zum Schuppen ging. Ich konnte wohl ganz allgemein von Glück reden, dass die junge Frau mir alles in allem viel mehr Vertrauen schenkte, als es jeder andere FBI-Agent tun würde. Sie ließ mir Freiheiten, die sie mir besser nicht lassen sollte, wie man hier ja gerade bestens sah. Ihre Gutmütigkeit wurde in vollen Zügen ausgenutzt und um ehrlich zu sein fühlte ich mich nicht einmal schlecht dabei. Was sollte ich mich auch selbst belügen - klauen und ticken waren und blieben nunmal zwei der Dinge, die ich mit Abstand am besten konnte und die ich leider auch furchtbar gerne tat. Womöglich war es nur eine Frage der Zeit, bis die Amerikanerin letzten Endes sich noch das Ende der Lunte sah und dem Ganzen nachgehen würde. War aber dank Hunter dann viel weniger mein Problem als ihres. Ein kleiner Lastwagen fuhr gerade rückwärts an die Laderampe heran, die für jenen ein wenig zu hoch war. Es galt dann also Achtung, Stufe! beim Ausladen. Ich wartete nebenbei auch noch auf Richard, der mir seine Hilfe zugesichert hatte. Zwar hielt ich ihn beim Ausladen selbst für größtenteils eher hinderlich, weil er nicht so der Typ Mann fürs schwer heben und tragen war, aber danach war er ganz bestimmt von großem Nutzen. Zum einen was die systematische Anordnung der Einrichtung im Labor anging und zum Anderen womöglich auch dann, wenn es um die Perfektionierung der Formel ging. Außerdem brauchte ich ihn im Anschluss vielleicht auch ein bisschen für die Findung der Ideallösung, was das Herstellen des Tilidins anbelangte. Ich konnte zwar theoretisch auch eine halbe Ewigkeit weiter klauen, aber ich wollte nicht unnötig mehr Brotkrumen in meine Richtung streuen, als notwendig war. Die eigene Herstellung schien mir langfristig gesehen also die eindeutig bessere zu sein. Wenn wir schon ein Labor hier unten einrichteten, dann sollten wir das auch voll ausnutzen. Da Richard Dozent war musste er sicher Einiges auf dem Kasten haben, auch wenn das hier so gar nichts mit Kunst oder ihrer Entstehungsgeschichte zu tun hatte. Drogen herzustellen war auch eine Kunst für sich, er würde sich schon damit abfinden können. Musste er, wenn er sein Geld wieder haben wollte und das auf dem schnellstmöglichen Weg. War also auch für ihn eigentlich eine pure Win-Win-Situation, die vorher nur mit ein bisschen Denkarbeit verbunden war. Erst einmal fing ich jedenfalls mit dem stämmigen Lieferanten an die bestellten Teile auszuladen und auch gleich bis in den Keller runter zu bringen. Wenn er schon da war und mir half, dann gab es für ihn auch bis zur baren Bezahlung keine halben Sachen. Das allein dauerte schon fast eine halbe Stunde und als ich schließlich den Wagen des Kunstfanatikers angerollt kommen sah war auch in dieser Hinsicht nicht mehr viel zu tun. Hatte er also Glück gehabt und musste sich zumindest nicht mehr zu Tode tragen.
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Ich war mir nicht zu hundert Prozent sicher, ob das mit dem Umzug des Labors so eine gute Idee war. Die Universität war vielleicht nicht gerade der optimalste Ort zur Herstellung von Drogen gewesen, aber bis jetzt war ich Nachts immer ungestört geblieben. Der Hausmeister, der täglich seine Runden machte, ließ das Laboratorium gekonnt aus. Hatte natürlich seine Gründe, die auch ein bisschen was gekostet hatten, aber in Relation zu der Kohle, die durch den Export in andere EU-Staaten, in denen Methamphetamin deutlich angesagter war, als hier in Norwegen, in meine Geldbörse floss waren die paar Scheinchen wirklich Peanuts gewesen. Und gerade weil es wirklich gut lief, haderte ich mit mir, ob ich auf Sabins Vorschlag wirklich eingehen sollte. Der Fakt, dass ich mich gerade im Auto auf den Weg zur alten Lagerhalle machte, dürfte meine Entscheidung wohl offenbart haben. Begeistert war ich nicht, aber ich konnte nachvollziehen, dass er mit den Drogen eindeutig das meiste Geld machen würde, was im Umkehrschluss bedeutete, dass er auch seine Schulen bei mir ab bezahlen konnte und würde. Im Anschluss daran konnte ich nur noch ins Plus gehen. Also warum nicht. Ich war etwas spät dran, als ich die dunkelblaue Limousine auf das Gelände lenkte, was Sabin mir am Telefon durchgegeben hatte. Die Laster, die ich kurz davor noch gemeinsam mit seinem Helferchen bis unter die Kante voll gestellt hatte, war beinahe leer gewesen. Ich schaltete den Motor ab und begab mich wenig später zu den beiden jungen Männern am Transporter. Ein Blick in den Laderaum verriet mir, dass meine Hilfe nicht mehr allzu dringend benötigt wurde. An einem Rohr, das seitlich neben dem Tor lang lief, hob ich mich die kleine Stufe der Ladefläche nach oben, um kurz darauf die letzten paar Reagenzgläser und Bunsenbrenner aus der hinteren Ecke des Transporters zu räumen. Ich stellte alles sorgsam auf den vorbereiteten Tischen ab, überprüfte, ob beim Transport auch nichts beschädigt worden war. Zu guter Letzt half ich Sabin dabei, drei volle Fässer in den Keller zu schleppen. Das Ammoniak, welches auch durch den verschlossenen Deckel schon einen unangenehmen Mief entfaltete, war der erste und wichtigste Schritt in Puncto Herstellung von Drogen. In den anderen Fässer warteten Lithium und Natrium auf ihren Einsatz. Als wir die Tonnen relativ in der Ecke des großen Labors verräumt hatten, stützte ich die Hände in den Hüfte, fragte mich, ob das eine gute Idee gewesen war, Sabin von meinen Künsten zu erzählen. Ich meine, einen wichtigen Teil hatte ich ja bereits aus gelassen, aber im Grunde genommen war die Katze aus dem Sack, für mich gab es kein zurück mehr, es sei denn, ich wollte auf mehreren Tausend Euro Miesen sitzen bleiben. "Und du hältst das immer noch für eine gute Idee, ja?", fragte ich etwas gemurmelt, als ich meinen Blick das erste Mal durch den Raum schweifen ließ. Ich hatte natürlich nicht alles aus der Universität mitgenommen, wäre viel zu auffällig gewesen. Aber ich wollte nicht lügen, wenn es darum ging, dass mir eine aktuell anhaltende Raubserie von Laborausrüstung nicht in die Karten spielte. Ich war bedacht darauf gewesen, nur ein paar Kleinigkeiten mitgehen zu lassen. Erlenmeyerkolben, Reagenzgläser und Bunsenbrenner waren in der Wiederbeschaffung nicht teuer, da hatte ich reichlich was eingesteckt. Bei den U-Rohren und Absaugflaschen war ich vorsichtiger gewesen. Wenn es nicht reichte, mussten wir uns eben anderweitig noch etwas zusammen sammeln. War sicher kein Problem. Dennoch machte sich ein leichtes Unbehagen in mir breit. Aber das würde sich vermutlich legen, sobald ich die ersten Methkristalle in den Händen hielt und mich wieder darin verlor, wie unfassbar vielfältig die Herstellung von Rauschmitteln war. Nicht nur in ihrer chemischen Zusammensetzung. Auch von den Farben her war es ein sehr kreatives Arbeiten, was mir zugegebenermaßen auch wirklich Spaß machte.
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Ich war ihm ja wirklich jetzt schon dankbar für seine Hilfe, weil ich wusste, dass er sich an die Abmachung halten und die Drogengeschichte mit mir durchziehen würde. Aber musste er mir ungefähr jedes Mal, wenn wir gerade Irgendwas durchzogen, diese Frage stellen? Drogen herstellen zu wollen war in einem legal denkenden Gehirn natürlich gar keine gute Idee und ja, allgemein sollte gerade ich sowieso die Finger davon lassen, genauso wie vermutlich jeder andere Mensch auf diesen gottverdammten Planeten. Also nein, es war und blieb keine gute Idee, sich kriminellen Geschäften zu widmen. Wenn ich aber nicht noch ewig lange in der Bruchbude hausen und mir in der Bar den Arsch aufreißen wollte, Richard auch seine Kohle zeitnah wieder haben wollte, dann war das eine absolut ausgezeichnete Idee. Ich hatte ja sogar mit Hunter Rücksprache über den Anbieter der Immobilie gehalten und er hatte mir versichert, dass er selbst sogar auch einen kleinen Bunker von jenem Kerl in Anspruch nahm. Von der Seite sollte es also keinerlei Probleme geben und wir befanden uns hier auch nicht direkt in der Stadt, sondern weit am Rand. "Es ist grundsätzlich auf keinem Fleck dieser Erde zu keinem Zeitpunkt eine gute Idee, Drogen herzustellen und zu verkaufen.", antwortete ich entsprechend ironisch und auch ein Stück weit trocken. "Du könntest wirklich langsam damit aufhören, mir immer wieder diese Frage zu stellen, Richard. Würde ich es nicht für eine gute Idee halten, dann wären wir beide jetzt auch nicht hier. Ich bin wohl so ziemlich der letzte Mensch, bei dem du dir Gedanken darüber machen musst, ob er auch wirklich alle Hintertürchen abgedeckt und an Alles gedacht hat.", fügte ich noch einige andere Worte hinzu, wobei ich mich wirklich darum bemühte nicht vollkommen genervt zu klingen. Fiel mir aber schwer. Es war einfach nicht unbedingt angenehm, dass der Dunkelhaarige immer so viele Zweifel an meinem Tun und Denken hatte. Machte ich bei ihm ja auch nicht so. Erstmal ging ich ein letztes Mal zurück nach oben, weil ich dem Boten noch seine Kohle schuldete. Nachdem ich ihm diese übergeben und er nachgezählt hatte, war er mit dem Lieferwagen auch schon wieder auf dem Heimweg und ich konnte getrost das Rolltor runterfahren, die Schotten dicht machen. Im Anschluss ging ich wieder nach unten zu dem Dozenten, wobei ich im Raum angekommen meinen Blick über all den Kram schweifen ließ, der jetzt hier unten herum stand. Bis Alles an Ort und Stelle war, aufgebaut war und auch funktionierte, waren sicher noch einige weitere Stunden Arbeit von Nöten. Aber gut, ohne Fleiß eben auch kein Preis. Mein Blick wanderte also wieder zu Richie, wobei ich leicht mit den Schultern zuckte. "Du bist hier der Professor... was wo hin soll ist dann jetzt dein Ding.", stellte ich fest. Natürlich würde ich ihm weiter dabei helfen, alles an seinen rechtmäßigen Platz zu stellen und so weiter, aber ansagen musste er ab hier. War schließlich mehr sein Arbeitsplatz als meiner.
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Ja klar, ich hätte damit aufhören können, wollte ich aber nicht. Ich traute seinem Organisationstalent nämlich nicht. Noch nicht zumindest. Und auch wenn ich ihn dazu zu nerven schien, würde ich ihm diese Frage immer wieder stellen, bis ich mich selbst davon überzeugt hatte, das er eben kein vollkommener Chaot war, der einen nur in die Scheiße ritt. Eine Unterkunft und einen Transport organisierten traute ich ihm vielleicht gerade noch zu, auch Informationen einzukaufen lag noch im Bereich des Möglichen. Wo es für mich aber aufhörte war, wenn es darum ging, die Ware an den Mann zu bringen und bis dahin erst einmal gut zu lagern. Um ehrlich zu sein hatte ich von dieser Immobilie bis jetzt noch nichts gehört - was nicht unbedingt etwas Schlechtes sein musste, als hunderprozentig geeignet würde ich sie aber auch nicht abstempeln. War gerade einfach eine Situation, in der ich mich nicht wohl fühlte, weil mir für meinen Geschmack einfach zu viele Informationen zu allem fehlten. Ich wurde von Sabin nur grob ins Bild gesetzt, dass wir hier in der Lagerhalle jetzt Drogen herstellen und ticken würden, aber das ganze drum herum? Wo würden wir die Ware lagern? Wie würde der Transport zwischen dem Labor und den Testpersonen ablaufen? Wo wurde der Mist schließlich final abgepackt und wer verkaufte es letzten Endes? Wusste ich alles nicht und Sabin machte in diesem Gespräch auch keine Anstalten, diese Fragen aufzugreifen. Meine Miene wurde also zum ersten Mal, seit wir uns kennen gelernt hatten, ernst und ich zog die Augenbrauen tief ins Gesicht, weil ich mich gerade einfach nicht verstanden fühlte. Es war ja keine direkte Kritik an seiner Person, lediglich daran, dass ich mir noch zu unsicher war, auf was ich mich da einließ. Nicht mehr, nicht weniger. Meine Stimme war bestimmt, als ich zum Reden ansetzte. "Ich glaube, wir missverstehen uns, Sabin. Ich möchte dich nicht kritisieren, sondern dir damit mitteilen, dass das hier nicht meiner Arbeitsweise entspricht. Gerade dir muss ich nicht sagen, dass Informationen ein wichtiges Gut sind und ich stell' mich hier nicht hin, solange meine Zweifel nicht vollständig beseitigt sind." Eigentlich wollte ich noch ein Verstanden? hinten dran hängen, erinnerte mich dann aber daran, das ich nichts zum Streiten hier war. Ich wollte die Geschichte möglichst sachlich regeln. Wir waren immerhin Geschäftspartner, wenn er nur ansatzweise so intelligent war, wie ich ihn einschätzte, dann würde er meine Besorgnis auch verstehen. Man zog nicht mal eben mit einem Drogenlabor um und startete dann gleich richtig dick ins Geschäft. So funktionierte das nicht. Ich wusste aber auch, dass Sabin schlecht riechen konnte, was für Informationen ich brauchte. Also entschloss ich mich dazu, ihm meine Fragen zu stellen, während ich mich den Tischen mit den unzähligen Gläser näherte. Noch bevor ich zum Fragen ansetzte, räumte ich ein paar Gefäße zur Seite, ersetzte sie durch Bunsenbrenner, Trichter und Pipetten. Im Hinterkopf drängte sich mir die Frage auf, wie ich ihm überhaupt schonend beibringen sollte, dass meine Testobjekte keine Ratten oder Affen, sondern lebende und fühlende Menschen waren? Ich hatte dieses Detail bewusst außen vor gelassen bei unserer Besprechung, aber warum? Holte mich ja doch wieder ein, wie ein Boomerang, der mir unsanft gegen den Hinterkopf schlug. Aber gut, musste ich jetzt auch durch. Ich seufzte, als ich gerade einige der Reagenzgläser mit Pfropfen stopfte. "Erst einmal wüsste ich gerne, wo wir die Kristalle lagern. Es sollte möglichst dunkel sein, kühl wäre gut, weil sonst Bindestoffe kondensieren. Hier in der Halle möchte ich sie nicht direkt lagern. Sollte", ich betonte das Wort extra. Ich ging nicht unbedingt davon aus, war aber leider einer der vielen Eventualitäten, die ganz gerne mal zu der Variabel X wurden, die man nicht kommen sah "man uns hier finden, sind wir dicker am Arsch, als du dir vorstellen kannst, wenn die Bullerei die Kilos findet. Ich koche nicht nur für Hausfrauen. Dann brauch' ich etwas, worin das Zeug nach dem Testlauf verpackt werden kann. Und was besagten Testlauf angeht...", ich sah Sabin mit verengten Augen an. Spätestens jetzt würde sich herausstellen, wie skrupellos er wirklich war. Das er kein Problem damit hatte, andere Leute abzuknallen... okay, eine Sache. Aber Menschen beim psychischen und physischen Verfall zuzusehen war noch mal was ganz anderes. "... ich brauche einen separaten Raum und jemanden, der mir nachts ein paar Penner von den Straßen fischt." An dieser Stelle ging der Punkt für die bessere Location eindeutig an die Universität. In unmittelbarer Nähe gab es dort nämlich ein paar verlassene Kellergewölbe, die man gut als Versteck für die Testkandidaten nutzen konnte. Noch dazu bestanden die Tore aus Gitterstreben, durch die man das Objekt gut im Blick hatte. So wie ich das auf den ersten Augenblick einschätzen konnte, gab es sowas hier nicht. War scheiße, wenn man jedes Mal eine Tür öffnen musste, hinter den ein potenzieller Geisteskranker einen an die Kehle springen konnte, ohne das man sich darauf hätte vorbereiten können. Klar war ich gut in dem, was ich tat, aber zwischenzeitlich passierten auch mir mal ein paar Fehler. Und wenn die Reduktion ein wenig zu lange dauerte und mir plötzlich ein wichtiges Elektron verschwand, konnte das leider auf den ganzen weiteren Verlauf Auswirkungen haben. Nicht zuletzt dann auch auf die arme Sau, der das Zeug entgegen seines Willens eingeflößt worden war.
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Genau so klang das aber halt jedes Mal, wenn der Kerl in Frage stellte, was ich gerade tat. Womöglich war ich da auch ein kleines bisschen zu empfindlich, aber ich mochte es einfach nicht und war es außerdem so gar nicht gewohnt. In der Mafia hatte ich mit den Fingern geschnippt und es wurde gesprungen. Niemand hatte Fragen dazu gestellt oder gar etwas in Frage gestellt. Demnach schmeckte mir das einfach so gar nicht und obwohl wir hier gleichberechtigte Partner waren, ich das auch zu Beginn so gewollt hatte, nervte es mich inzwischen zu gleichen Teilen. "Mag ja sein, aber das kann man dann gleich in normalen Fragen formulieren, wenn Irgendwas unklar ist. Ich hasse diesen unterschwelligen Unterstellungs-Tonfall. Erst recht dann, wenn's dafür absolut keinen Grund gibt.", meinte ich mit den Augen rollend, atmete im Anschluss daran etwas tiefer durch. Ich musste mir zumindest in Richards Nähe dringend abgewöhnen, so gereizt zu reagieren. Aber der Schlafmangel trug in Verbindung mit meinem angeborenen, südländischen Temperament und meiner Vergangenheit nicht unbedingt zu einem ausgeglichenen, freundlichen Gemüt bei. Es war vermutlich nur eine Frage der Zeit, bis mein Körper streiken und ich den Sprachkurs oder meinen Einsatz in der Bar mal verpennen würde. Jedenfalls schien er dann wirklich konkretere Fragen für mich zu haben, für die ich gewissermaßen auch dankbar war. Die Geschichte mit der Lagerung war bereits geklärt. Hunter gab mir einen seiner Außenposten für die Lagerung größerer Mengen, wo grundsätzlich immer ein bis zwei seiner Handlanger zu Gange waren. Ganz einfach deshalb, weil er selbst dort einige Waffen und haufenweise Munition hortete. Wenn da Jemand rankommen würde, sei es nun die Polizei oder Konkurrenz, hätte er schließlich ein gewaltiges Problem. Geld wollte er dafür nicht haben, bestand lediglich darauf ab und an eine kleine Menge des Stoffs für sich selbst oder für seine Jungs abzweigen zu dürfen. Die genannte Dunkelheit war zwar für Munition nicht von Nöten, aber wie gesagt war es nicht das erste Mal, dass ich Crystal vertickte - auch dafür war also gesorgt. "Die Lagerung ist kein Problem, Richard. Hunter lässt uns den Kram bei einem seiner Munitionsbunker abschotten. Der ist auch nie unbewacht. Es ist wahrscheinlicher, dass Jemand stirbt, als dass Irgendwer das Meth in die Finger kriegt.", konnte ich ihn dahingehend also schon beruhigen, wobei ich inzwischen doch wieder einmal die Arme vor der Brust verschränkt hatte. "Material zum Verpacken besorg' ich morgen - ich bin nämlich nicht davon ausgegangen, dass du direkt heute nach der ganzen Räumerei anfangen willst.", redete ich weiter und löste doch wieder kurz einen Arm, um eine entsprechende Handbewegung dazu zu machen. Natürlich war es besser je früher wir anfingen, aber auf einen Tag hin oder her kam es jetzt wirklich nicht an. Bei seinen letzten Worten wanderte dann aber doch meine rechte Augenbraue nach oben. Nicht, weil mich das irgendwie schockierte. Ich hatte in den vielen Jahren bei der Mafia eine ganze Menge gesehen und mich aus den Socken zu hauen war eine sehr schwierige Aufgabe. Aber es wunderte mich sehr, dass gerade Jemand wie Richard zu derartigen Mitteln griff. "Gut, es gibt natürlich auch sehr viele Leute, die den Stoff einfach selber testen, um zu wissen ob er taugt... aber hey, klar, wenn du lieber Andere leiden lässt, is mir das auch recht. Ich bin mir sicher, dass sich das organisieren lässt.", erwiderte ich mit einem Schulterzucken und doch fast ein wenig belustigt, weil mich die Wendung der Dinge hier durchaus gut unterhielt. Es gab hier im Keller noch ein paar mehr Räume, die bis dato ungenutzt waren. Man konnte ganz bestimmt einen davon brauchbar umfunktionieren. Daran sollte es jetzt weiß Gott nicht scheitern. Wen ich letzten Endes zum Penner einsammeln rekrutierte, da musste ich mir dann jetzt halt Gedanken zu machen, weil ich das selber ganz sicher nicht in die Hand nehmen würde. War nicht meine Aufgabe und schlichtweg auch nicht geplant gewesen. "Wird dann eben vermutlich auch noch ein, zwei Tage dauern, bis ich Jemanden zum Testobjekte auflesen gefunden hab, aber daran soll's jetzt nicht scheitern.", wollte ich ihm nur noch einmal unterstreichen, dass ich mir selber für solche Extrawünsche nicht die Hände dreckig machen würde. Hieß im Umkehrschluss, dass wieder Jemand bezahlt werden wollte, aber das würde ab einer gewissen Produktionsmenge später kaum mehr auffallen.
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Na also. Ging doch. Warum ich dazu erst knatschig und unleidlich werden musste, wollte mir nicht einleuchten, aber ich hatte letzten Endes dann meine Antworten bekommen und das war alles, was wichtig gewesen war. Auf seine erste Aussage ging ich nicht einmal mehr ein. War mir zu blöd, dahingehend mit ihm Streit anzufangen. Die Ansichten gingen einfach zu weit auseinander, als das man da auf einen grünen Zweig kam. Ich nickte Sabin also nur zufrieden zu, während ich weiterhin damit beschäftigt war, die umliegenden Tische mit genügend Equipment auszustatten. Schien, als hätte Sabin mehr vorbereitet, als ich es erwartet hatte, warum also konnte er die Informationen nicht einfach von Anfang an an mich weiter geben? Wie auch immer, ich war ja grundlegend kein nachtragender Mensch. Zumindest wenn es um solche Geschichten ging. "Okay.", unterstrich ich auch noch mal verbal, dass ich seine Aussagen auch wirklich zur Kenntnis genommen hatte. Zum Beantworten seiner indirekten Frage, ob ich heute schon damit anfangen wollte, ein bisschen was zusammen zu brauen, lehnte ich mich mit der Hüfte an einen der stabilen Tische, verschränkte die Arme vor der Brust. "Natürlich wird es heute noch kein fertiges Resultat geben. Aber nach einem Ortswechsel muss ich einige Basen erst mal wieder aufkochen.", meinte ich bloß, machte eine wegwerfende Handbewegung. War nichts Großes, so schnell würde er die Kristalle leider nicht in den Händen halten können. Aber es musste halt gemacht werden. Aus diesem Grund war es auch gar nicht so schlimm, dass das Verpackungsmaterial und die Beschaffung von Testpersonen noch ein paar Tage in Anspruch nahm. Dann konnte ich mich in der Richtung auch noch ein bisschen erkundigen - gemeinsam würden wir das schon schaukeln. Auch wenn es nicht so schien, hielt ich Sabin und mich für ein gutes Team. Während ich mit meinen Connections eher die Legislative in der Beziehung war, gab Sabin eine perfekte Exekutive ab. Natürlich machte ich ihm keine Vorschriften oder stellte Regeln auf, aber ich versorgte ihn mit allen nötigen Informationen und er machte dann eben den Druck. Konnte gar nicht besser laufen. Nur in puncto Kommunikation waren die Fronten noch nicht ganz geklärt. "Was die Testobjekte angeht... freiwillige Leute würde ich auch nehmen, aber da ist es schwer zu differenzieren, nach wem bei einem möglichen... Ableben oder Verschwinden gesucht wird. Bei Obdachlosen stehen die Karten gut, dass die niemand vermisst, weißte?", erklärte ich, warum ich eher ein Fan von Leuten war, die man nachts unter den Brücken Oslo' antraf. Leute, die potenziell Familie hatten, die aktiv nach jemanden suchen würde, war einfach nicht ganz so geil. Irgendwann und leider konnte ich das nicht leugnen, wurden die Bullen fündig, wenn man nicht aufpasste. Und ständig irgendwelche Spuren zu verwischen war echt kein Job, mit dem man sich den halben Tag beschäftigen wollte.
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Ja gut, das konnte er natürlich machen. Vorbereitung war natürlich nicht nur meinerseits, sondern auch seitens Richard für die Herstellung von Nöten. Diesbezüglich war aber Alles, was ich noch zu sagen hatte, ein simples "Alles klar.". Ich folgte seinen Bewegungen mit meinem Blick, wobei ich aber bis dato weiterhin Nichts tat. Wenn er Hilfe brauchte, würde er sicher anklopfen. Sonst war sein Mundwerk ja auch ziemlich lose, ich hatte also keinerlei Zweifel daran, dass er mich postwendend zum Helfen auffordern würde, wenn es von Nöten war. Bis dahin hielt ich die Finger still, ließ mich auf einen der beiden einzigen Stühle fallen. Die waren mehr so aus komfortablen Gründen hier und weniger aus Notwendigkeit. Ließ ich mir aber trotzdem nicht nehmen. Immerhin würde man sich als hart arbeitender Mensch sicher hin und wieder auch ein, zwei Stunden hier totschlagen müssen. Die Substanzen wandelten sich ja nicht mittels in die Hände klatschen sofort zu den funkelnden, so wertvollen Kristallen. Von der folgenden Geschichte mit den möglicherweise freiwilligen Opfern hielt ich jetzt auch nicht so sonderlich fiel, war da ganz seiner Meinung. Man brauchte nicht mehr Möglichkeiten für sichtbare und auffindbare Spuren zu legen, als wirklich notwendig war. Es bot ein Risiko, das ich persönlich nicht eingehen wollte, wenn es nicht unbedingt notwendig war. Deshalb schüttelte ich auch ein klein wenig den Kopf, bevor ich das Kinn in die rechte Hand legte, welche mit dem Ellbogen auf der Stuhllehne stützte. "Halte ich jetzt auch nicht für die Ideallösung, ist ziemlich riskant... dann lieber den Aufwand machen und Penner einsammeln. Ist sicherer.", gab ich meine Meinung dazu preis und nickte einmal leicht - sofern das in dieser Position eben möglich war -, wobei das mehr mir selbst als Richard galt. Es würde schon nicht allzu schwer werden da ein paar aufzulesen und hier dingfest zu machen. Mittel und Wege gab es dafür reichlich und wir würden auch in dieser Hinsicht bestimmt einen idealen Lösungsweg finden. Jetzt, wo ich so ein wenig mehr darüber nachdachte, war das mit den Testpersonen dann doch wirklich ein Vorteil. Zwar auch Aufwand und ich ging nicht davon aus, dass Richard Jemanden aus den eigenen Reihen vergiften wollte, das Probieren verhältnismäßig harmlos wäre, aber es ersparte mögliches Übel und Leid im Ernstfall von... unvorhergesehenen Missgeschicken.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Immerhin da schienen wir einer Meinung zu sein und mussten über nichts diskutieren. War zur Abwechslung auch mal ganz nett, wenn man mich fragte. Ich nickte weiterhin zustimmend, stieß mich dann von dem Tisch ab, an den ich jetzt eine ganze Weile gelehnt hatte. "Ich würde sagen, ich setz' gerade die Basen an und dann können wir uns auch auf den Rückweg machen." Ich hob meine Hand, um auf meine imaginäre Uhr zu gucken. Die aktuelle Uhrzeit holte ich mir stattdessen von meinem Handy. Es waren jetzt noch zweieinhalb Stunden, bis Sabins Schicht anfing. Sollte ich schaffen und dann könnten wir in Ruhe einen trinken gehen. Na ja, ich zumindest. Sabin durfte ja heute wieder seinem legalen Job nachgehen, wobei ich mir an der Stelle ja wirklich die Frage stellte, wie lange er das noch tun würde. Spätestens sobald das Drogengeschäft ins Rollen kam, würde er die Einnahmen, die Cosma ihm monatlich zahlte, vollkommen am Arsch vorbei ziehen. Und ich konnte nachvollziehen, dass man dann lieber die Zeit damit verbrachte, das Geld auszugeben, als sich wie ein anständiger Bürger weiter krumm zu ackern. Die Arbeit in der Bar war nicht unbedingt leicht - klar, auch nicht sonderlich schwer - aber anstrengend. Nicht zuletzt, weil man einfach viel zu viel mit Menschen zutun hatte. Ich hatte noch beim Reden dazu angesetzt, meine Apparate mit Strom zu versorgen. Ein Bunsenbrenner mit Akku wäre für die Nacht eher ungünstig. Auch wenn ich kein großer Fan davon war, ohne Schutzkleidung zu arbeiten, angelte ich aus einer Kiste, die vorerst unter dem Tisch verstaut worden war, bis sich ein geeigneteres Plätzchen fand, ein paar Stoffe, die ich bei sehr geringer Hitze in einen Kolben gab. Schon wenige Sekunden später konnte man eine Reaktion feststellen, aber bis da letzten Endes das raus kam, was wir uns alle erhofften, würde mal mindestens noch ein Tag vergehen. Ich beobachtete noch einen Moment, ob der Kreislauf, den ich zusammen gesteckt hatte, auch entsprechend dicht war und seine Arbeit tat, bevor ich überflüssiges Material zurück in die Kiste tat. Mein Blick wanderte etwa eine Stunde später schließlich zu Sabin und ich nickte an die Decke gen der Richtung, wo der Ausgang lag, wenn wir die Treppen nach oben stiegen. Sollte ein klares Zeichen dafür sein, dass ich bereit war, abzuzischen. Die Base würde über Nacht jetzt vor sich hin köcheln und wir waren hier nicht mehr unbedingt von Nöten. Gemeinsam stiegen wir also die Treppen nach oben, um die Lagerhalle dicht zu machen. Da das Grundstück wirklich am Arsch der Welt lag, würden wir die Restzeit von etwa einer Stunde auch brauchen, bis wir in der Innenstadt angekommen waren. Noch im Gehen warf ich Sabin meinen Autoschlüssel zu. Ich hatte jetzt ehrlich gesagt keine große Lust, mich auch noch auf die Straßen konzentrieren zu müssen, hatte ich für heute doch wirklich genug getan. Da konnte er mir auch den Gefallen tun, uns mit meinem Wagen zur Bar zu fahren. Wollten wir ja schließlich beide hin. Und Arbeitsteilung war das halbe Leben. Ich ließ mich also auch an der Stelle ohne eine weitere Antwort abzuwarten einfach auf den Beifahrersitz fallen, zog die Tür mit einem lauten Knall in ihren Rahmen.
Mit der Zahnbürste zwischen den Lippen stiefelte ich ein wenig wirsch durch das kleine Apartment, war auf der Suche nach dem Oberteil gewesen, was ich mir für den heutigen Abend heraus gelegt hatte. In einer meiner geistigen Umnachtungen nahm ich mir vor, heute in der Smith and Wesson ein Bier trinken zu wollen. Die letzten Tage hatte ich überwiegend Zuhause verbracht und mich mit meinem Arbeitslaptop in ein paar Fallakten rein gelesen, um mir die Zeit zu vertreiben. Sabin ständig am Arsch zu kleben war für mich nämlich keine Option gewesen. Weder er, noch ich hatten da Spaß dran. Aber heute früh kam mir der Masterplan. Einfach mal ausgehen. Und um das direkt mit der Arbeit zu verbinden, hatte ich mich für die Bar entschieden, in der Sabin bald seine Schicht beginnen sollte. Zugegeben war ich nämlich ein wenig misstrauisch geworden, als der junge Mann heute schon so früh aus dem Haus gestiefelt war. Vorbereitungen wollte er noch treffen. Sicher doch. Ich meine, okay, mittlerweile verstanden wir uns ein bisschen besser, als noch zu Anfang der ganzen Geschichte, aber ich würde nicht beim FBI arbeiten, wenn ich einem Ex-Mafiosi schon nach wenigen Tagen abkaufte, dass er sein Lebensstil um 180° Grad gewendet hatte. Mein Instinkt sagte mir, dass da irgendwas nicht zu stimmen schien. Entsprechend hatte ich mich für den heutigen Abend ein wenig aufbereitet. Die Haare hatte ich zu einem Zopf zusammen gebunden, die langen Beine steckten in einer dunkelblauen Jeans und das Oberteil, was ich nach kurzer Zeit des Suchen endlich zwischen die Finger bekam, war schlicht weiß gewesen. Ich putzte mir noch fix die Zähne zu Ende, bevor ich ein wenig Schminke auf trug und meine Füße dann in schwarze High Heels steckte. Ich hatte nicht viel aus Amerika mitgenommen, aber zumindest für jeden Anlass das Nötigste. Es dauerte dann auch keine halbe Stunde mehr, bis ich den Weg zur S-Bahn Station einschlug, um mich gemütlich in die Innenstadt transportieren zu lassen. Mein integriertes Handynavi lotste mich dann die restlichen hundert Meter zwischen ein paar verwinkelten Gassen an den Eingang der Bar. Zugegeben war das hier kein schönes Ambiente gewesen, die Gassen waren mir nicht ganz geheuer. Erst ein Griff an die Dienstwaffe, die ich mir in den Hosenbund gesteckt hatte und gekonnt unter meiner Cardigan verbarg, gab mir wieder die Sicherheit zurück, die ich so gerne hatte. Es schien noch ziemlich ruhig zu sein, als ich die Tür der Kneipe aufschob und meinen Kopf in die Räumlichkeiten steckte. Die Musik lief schon und auch die augenscheinliche Chefin des Ladens hatte bereits ihren Poster hinter der Bar bezogen. Ein paar Gäste fanden ebenfalls ihren Platz an ein paar der hinteren Tischreihen. Nur Sabin war nirgends zu sehen, was mich unwillkürlich eine Augenbraue heben ließ. Mit vorsichtigen Schritten schob ich mich an dem Türsteher, der mich nach kurzer Inspektion als in Ordnung abgestempelt hatte, vorbei ins Innere. Zielstrebig steuerte ich den Tresen an, wo man seine Drinks bestellen konnte. Gut, vielleicht war er aktuell noch im hinteren Teil der Anlage, da konnte ich leider nicht so einfach rein schneien, wie ich mir das eventuell gewünscht hätte. Ich wollte ihm noch die Chance geben, innerhalb der nächsten fünfzehn Minuten hier aufzuschlagen, sonst wäre der Teufel los. In der Zwischenzeit orderte ich bei der rothaarigen jungen Frau einen Mojito und ließ mit dem Getränk in der Hand meinen Blick etwas schweifen.
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