Offensichtlich war das, was zwischen Hunter und Cosma diesmal vorgefallen war, mehr als ein bisschen unangenehm gewesen. Die Körpersprache der Rothaarigen sprach für sich schon bevor sie etwas gesagt hatte, was mich mit leicht schief gelegtem Kopf und verspannten Augenbrauen zurückließ. Was nicht gut für zukünftige Falten auf der Stirn war, aber das sollte in diesem Moment irrelevant sein. Bereits die ersten Worte, die über Cosmas Lippen kamen, waren vielversprechend und als sie dann – nach dem kurzen inneren Wutausbruch, den ich selbst sehr gut kannte – auspackte, hob ich gerade schon das Glas für den nächsten Schluck an meine Lippen. Verschluckte mich und unterdrückte das Husten mit beinahe tränenden Augen, um mich stattdessen mehrfach zu räuspern und den Wein nicht quer über den Tisch oder gar auf Cosma zu spucken. Häufiges Blinzeln inklusive. Was zur..? Wie konnte das sein? Also, dass dieses großkotzige Arschloch von Amerikaner mich für manipulierbar hielt, konnte ich noch bis zu einem gewissen Grad verstehen. Nachvollziehen. War nicht sooo weit hergeholt. Wenn er allerdings glaubte, ich würde den Mann, für den ich auf dieser gottverlassenen Insel hier festsaß, ernsthaft ein weiteres Mal hintergehen, hatte er sich geschnitten. Lieber rammte ich mir selbst ein Messer in die Brust, als Iljah das nochmal anzutun. Ich konnte von mehr als nur Glück reden, dass er mich nach diesem Vertrauensbruch überhaupt noch an seiner Seite wollte… was nichts daran änderte, dass ich sauer auf ihn war. Oder daran, dass er sich mit Hunter eine Gehirnzelle zu teilen schien. Es gab einfach Zufälle, die sollte es nicht geben. Genau deshalb – weil diese ganze Angelegenheit schon jetzt ungefähr genauso beschränkt wie absurd war – brauchte ich nach Cosmas abschließenden Worten noch einen kurzen Moment, in dem ich einfach nur kopfschüttelnd in das Weinglas schaute, das ich mir gerade vor der Brust hielt. Damit war heute der zweite Tag in verdammt kurzem Abstand, an dem meine zeitweise große Klappe echt erstmal einen Moment brauchte. Bevor ich irgendwas sagte, fing ich jedoch leise zu lachen an, ohne dabei mit dem Kopfschütteln aufzuhören und machte dabei die Augen zu. “Du verarschst mich doch, verdammte Scheiße…” Ich kicherte immer noch. Konnte auch nicht sofort wieder aufhören und ließ den Kopf erst in den Nacken kippen, bevor ich die Augen wieder aufmachte und das letzte bisschen Tränenflüssigkeit beiseite blinzelte. “Also erstmal… tut’s mir sehr leid, dass ich dir die Dusche versaut habe.”, sagte ich mit dem letzten Ausläufer des Lachens. Dann nahm ich einen kleinen Schluck, der meine noch gereizte Kehle ölte, bevor ich meinerseits ausholte. “Aber scheinbar teilen unsere Männer sich dasselbe Gehirn… es ist wirklich absurd. Weil weißt du, was Iljah noch von mir wollte, nachdem er mir vorgestern gesagt hat, dass es absolut nicht machbar für ihn ist, mich an meinem fucking Geburtstag zu besuchen?” Ich machte eine Kunstpause, in der ich mich mit den Unterarmen nach vorne auf den Tisch lehnte. Der Anhänger der etwas längeren Kette, die ich um den Hals trug, löste sich dabei mit seinem Gewicht von meiner Haut und schwang leicht vor und zurück. Mein Blick lag direkt in Cosmas. “Genau. Dass ich ihm doch bitte dabei helfen soll, herauszufinden, ob da was im Busch ist, weil er ein ungutes Gefühl hat. Weil er sowieso auch immer noch der Meinung ist, dass es sehr leichtsinnig von mir ist, dir zu vertrauen… Kannst. Du. Dir. Nicht. Ausdenken!” Ich hätte beinahe wieder losgelacht, schnaubte stattdessen aber bloß. Nicht nur, dass der Zeitpunkt so grandios überein stimmte – nein, unsere Männer hielten uns scheinbar auch noch für ähnlich bescheuert und intrigant. Hatten auch überhaupt keine Ahnung davon, wie sehr und wie schnell es Frauen eigentlich zusammenschweißen konnte, die scheinbar die Kopie eines Mannes in Form eines kriminellen Super-Arschlochs an ihrer Seite hatten. Zum Schießen. Wortwörtlich vielleicht sogar, denn als mein Blick aus Cosmas Gesicht nach unten abrutschte und ich das erste Mal bewusst wahrnahm, dass sie Blutergüsse an den Armen hatte, fiel mir das Grinsen förmlich aus dem Gesicht. Ich konnte Hunter sowieso schon nicht leiden, aber da schrillten bei mir Missbrauchsopfer sämtliche Alarmglocken – nicht, dass ich vor Iljah in der Hinsicht nichts zu befürchten hatte, aber genau das war es ja. Ich kannte es zu gut und es führte unweigerlich dazu, Hunter erst recht in die Hölle schubsen zu wollen. “Warte, hat er dich geschlagen? Warum sind deine Arme so blau?” Das war plötzlich sehr viel wichtiger als alles, was ich vorher gesagt hatte.
Zugegebenermaßen war ich anfangs etwas verwirrt, als Irina plötzlich zu kichern begann. Natürlich, das Ganze klang absolut absurd, also war es gewissermaßen nachvollziehbar, dass sie sich darüber amüsierte. Sowohl der Umstand, unter dem diese Diskussion zwischen Hunter und mir stattgefunden hatte, wie auch das Gesprächsthema an sich. Trotzdem hatte ich vermutet, dass es die junge Serbin treffen würde einen solchen Seitenhieb von dem Amerikaner zu kassieren, obwohl sie in jüngster Zeit wirklich nichts Schlimmes verbrochen hatte und damit völlig zu Unrecht Opfer einer solchen Unsinnigkeit geworden war. Warum Irina aber eigentlich so kichern begonnen hatte, eröffnete sie mir erst ein wenig später und ich war, gelinde gesagt, … sprachlos. „Niemals!“, rief ich, verhältnismäßig laut. Zu gleichen Teilen entsetzt, überrascht wie auch verwirrt, ehe ich meinen Rücken mit Schwung zurück an die Rückenlehne beförderte. So impulsiv, dass ich dabei beinahe das Glas in meinen Händen losließ. Ich schaffte es gerade noch, dass Ausmaß meiner Sauerei – es waren lediglich ein, zwei Tropfen aus dem Glas geschwappt – auf ein Minimum zu reduzieren, indem ich das Behältnis auf dem Tisch abstellte, ehe ich mir mit der Hand auf den Oberschenkel schlug und in schallendes Gelächter ausbrach. „Das kannst du nicht ernst meinen! Das gibt es doch nicht!“ Es war mehr ein Japsen, als das tatsächlich verständliche Worte aus meinem Mund kamen. Ich war fassungslos, wirklich. „Also das… das sind doch schon wieder typisch Männer. Kennst du einen, kennst du alle.“, stellte ich schließlich fest, als ich mich nach einer langen Weile halbwegs wieder eingekriegt hatte. Mir standen schon die Tränen in den Augen, weil ich vor lauter Lachen das Atmen vergessen hatte. Als ich mich schließlich gänzlich wieder gefangen hatte, lehnte ich mich erneut nach vorne, wischte mir die Tränenflüssigkeit aus den Augenwinkeln und Griff dann wieder nach dem Wein. Der Inhalt unserer beider Gläser neigte sich allmählich dem Ende entgegen – es war also an der Zeit nachzuschenken. Dann atmete ich einmal durch, überspitzter, als es eigentlich notwendig gewesen wäre, um mit ein bisschen mehr Ernsthaftigkeit weiterzusprechen. „Aber Moment mal… was meinst du, Iljah kommt nicht zu deinem Geburtstag? Du wirst süße 21 Jahre. Das muss man doch ausgiebig feiern, mit Geburtstagssex und allem Drum und Dran!“ Die Empörung in meiner Stimme war wohl kaum zu überhören. Zwar war ich auch kein Mensch, der seine Geburtstage jedes Jahr groß feierte, aber zumindest mit den Liebsten sollte man doch wenigstens was machen. Und wenn man nur altbacken zu Kaffee und Kuchen einlud. Gedanklich notierte ich mir, dass ich dieses Thema unbedingt mit Hunter aufnehmen musste. Er sollte nämlich gar nicht erst auf die Idee kommen, mich an meinem Geburtstag sitzen zu lassen. Andernfalls würde ich es doch noch in Erwägung ziehen, die Villa in Flammen aufgehen zu lassen. Eine riesige Geburtstagskerze sozusagen… Das noch folgende Thema, welches Irina anschnitt, ließ mich kurzzeitig ein wenig verwirrt auf meine Arme hinabblicken. Es brauchte einen Moment – inklusive des verbalen Hinweises der Serbin – bis ich die Frage der jungen Frau gänzlich geschnallt hatte. „Oh, nein, nein. Um Gottes Willen. Also… jetzt auf jeden Fall nicht. Das kam schon mal vor, aber die Umstände waren auch nicht besonders… rosig, möchte ich sagen. Aber dahingehend hat er sich ansonsten gut im Griff. Gewürgt hat er mich ein paar Male, ja. Und ein bisschen zu lange und zu fest mein Handgelenk gepackt, aber davon abgesehen… ne. Die blauen Flecke kommen vom Training. Wir…“, ich zögerte kurz. Dachte nach, ob ich bis hierhin nicht vielleicht schon zu viel gesagt hatte oder es vielleicht noch tun würde, wenn ich jetzt weitersprach. Dann aber verwarf ich den Gedanken. Immerhin konnte man ja auch ganz ohne Hintergedanken ein bisschen Selbstverteidigung üben, oder? Mal ganz davon abgesehen, dass Irina es sicherlich nachvollziehen konnte, weil das Metier, in dem wir uns bewegten, doch für unschöne Zwischenfälle bekannt war. Also better safe than sorry, oder nicht? „Hunter bringt mir gerade ein bisschen Selbstverteidigung bei. Für Notfälle, weißt du. Und nach dem letzten Streit hält er es glaube ich für nötig, mich nicht mit Samthandschuhen anzupacken.“, beendete ich also den zuvor begonnen Satz mit einem leichten Schulterzucken. Dabei strich ich mir geistesabwesend über eine kleine Ansammlung an blauen Flecken auf meinem Unterarm. Ich schenkte Irina ein aufrichtiges Lächeln, um ihr damit zu versichern, dass bei mir alles gut war. Viel eher sollte sie sich Gedanken darüber machen, warum Iljah sie an ihrem einundzwanzigsten Geburtstag nicht besuchen kommt. „Hat Iljah gesagt, warum er es nicht nach Kuba schafft? Wobei mir kein Grund einfällt, einen Geburtstag seiner Freundin sausen zu lassen.“, hakte ich nach und quittierte das Ende des Satzes mit einem unzufriedenen Grummeln.
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Dank Cosmas Reaktion auf meine Offenbarung musste ich ja doch bald wieder lachen. Es ließ sich nicht vermeiden, dafür war der Klang ihres Gelächters viel zu ansteckend. Ich müsste aber auch lügen, würde ich sagen, dass es nicht unheimlich gut tat – meine Laune war bei dem Telefonat mit Iljah ins Bodenlose gesackt und seitdem nicht mehr wirklich besser geworden. Bis jetzt jedenfalls. Lachen machte glücklich, oder zumindest jede beschissene Situation erträglicher. Ich brachte es selbst aufgrund meines Lachens nicht fertig, auf die Worte der Rothaarigen einzugehen, bevor ich mich selbst wieder eingekriegt hatte. “Oder? Die schenken sich echt überhaupt nichts.”, stimmte ich Cosma zu, die sich zwischenzeitlich daran machte, uns nachzuschenken. Dafür schob ich ihr mein Glas über den Tisch, denn zu viel Wein gab es bei mir bekanntlich nicht… also doch, schon, aber das beschränkte sich auf rein körperliche Maßstäbe. Ich lächelte ihr dankbar zu, als ich das Glas mit zwei Fingern zu mir zurückzog. Meine Unterarme stützte ich weiterhin auf den Tisch, was daran lag, dass die blauen Flecken noch meine Aufmerksamkeit innehatten. Das Licht hier drin war angenehm, aber verhältnismäßig schwach und auf die verkürzte Distanz hatte ich das Gefühl, die Verfärbungen unter Cosmas Haut besser sehen zu können. Gott, und ich hatte mich über meinen Geburtstag beschwert… während Hunter es für eine gute Idee hielt, seiner Frau zu zeigen, wie fies es sein konnte, als körperlich schwächeres Geschlecht geboren worden zu sein. Es fiel mir zuerst ein kleiner Stein vom Herzen, als Cosma sagte, dass er sie nicht geschlagen hatte. Jedoch revidierte sie das so halb und ließ damit meine rechte Augenbraue nach oben wandern. Jüngst hatte der Amerikaner sie also nicht geschlagen, aber vorgekommen war es trotzdem schon. Unter scheinbar dubiosen Umständen. Meine eigenen Erfahrungen ließen mich ernsthaft daran zweifeln, dass Hunter sich ansonsten gut im Griff hatte. Aber wer war ich überhaupt, darüber zu urteilen… war ja nicht so, als hätte Iljah mich nie falsch angefasst, als hätte er mir nie weh getan. Ich dachte noch darüber nach, als Cosma ihre Erklärung diesbezüglich für einen Moment unterbrach. Geduldig wartete ich, bis sie die richtigen Worte gefunden hatte und nickte dann langsam. “Verstehe.” Ich konnte den grüblerischen Unterton nicht ganz verbergen, geschweige denn meinen offensichtlich nachdenklichen Gesichtsausdruck. “Will ich wissen, was das für Umstände waren?” Nein, sicher nicht. Cosma sollte auch besser nicht wissen, dass Iljah auf intimer Ebene eine eindeutige Grenze überschritten hatte. Gab dann doch ein paar Dinge, die man besser für sich behielt. Aus Selbstschutz, aber scheinbar auch aus Täterschutz. Ich wollte nicht, dass Iljah so schlecht dastand… ich beschwerte mich auch so schon oft genug über ihn. “Das Training an sich macht Sinn, auch wenn es aus Ego-Gründen mal wieder unnötig auszuarten scheint.” Ich rollte flüchtig mit den Augen, bevor ich mich doch wieder mit dem Weißwein zurücklehnte. Meinerseits gab es schließlich auch noch Fragen zu beantworten, die ich wegen der Hämatome allzu gern hinten angestellt hatte. Ich seufzte schwer und konnte nicht anders, als den Kopf zu schütteln. “Naja… das Übliche?”, murrte ich, weil ich nur beim Gedanken daran schon wieder schrecklich genervt war. “Zu viel zu tun, zu wenig Zeit… und angeblich ist es in Moskaus Unterwelt gerade besonders unruhig. Nachdem ich dazu keinerlei Verbindung mehr habe, kann ich dir nicht mal sagen, ob das wahr ist oder nicht. Versteh’ mich nicht falsch – ich bin sehr dankbar dafür, nicht mehr in den dreckigen Händen eines Kartells festzusitzen, aber gar keinen Kontakt mehr zu meinen Wurzeln zu haben, fühlt sich auch nicht richtig an. Ich vermisse Russland oft, es ist so ganz anders als hier”, seufzte ich und ließ meinen Blick von Cosmas hellen Augen zurück in mein Glas abrutschen. All der Frust der letzten beiden Tage arbeitete sich aus meinem Herzen wieder nach oben bis auf meine Zunge, was die folgenden Worte auslöste: “Vor allem kommt kurz vor meinem Geburtstag sowieso ein Flugzeug von ihm rüber, wegen dem Deal mit Hunter.” Von dem ich nicht wusste, was da eigentlich genau transportiert wurde, aber das wollte ich vermutlich auch nicht. Unwissenheit konnte ein Segen sein – das wusste ich besser als jeder andere Mensch. Jedenfalls sagte ich Cosma hier gerade nichts, was Hunter nicht sowieso schon wusste. Ich merkte trotzdem postwendend, dass der Alkohol sich bereits seinen Weg in meine Blutbahnen suchte. Ein bisschen aufpassen, Irina. “Ich hab schon mit dem hirnrissigen Gedanken gespielt, da einfach einzusteigen und nach Russland zu fliegen… ich hab so die Schnauze voll von dieser Fernbeziehung, das glaubst du nicht. Er nimmt mich oft auch einfach überhaupt nicht ernst und es nervt.”
Wahrscheinlich teilten sich alle Schwerverbrecher, die es ein bisschen zu was gebracht hatten, eine Gehirnzelle. Anders konnte ich mir nicht erklären, dass sowohl Hunter als auch Iljah beinahe zeitgleich auf die gleiche beschissene Idee gekommen waren. Möglicherweise saßen auf der anderen Seite der Erde noch zwei weitere gute Freundinnen, die genau das gleiche Problem mit ihren Verbrecher-Partnern hatten? Auszuschließen war das jedenfalls nicht, auch wenn es sich absolut surreal anhörte. Aber gut, sei’s drum. Irina und ich waren auf den ersten Blick gleichermaßen genervt von dem Vorschlag gewesen und fürs Erste nahm ich an, dass sie genauso wenig Interesse daran hatte, mich auszufragen, um potenziell wichtige Informationen dann an ihren Freund weiterzuleiten, wie ich. Dafür klang sie viel zu amüsiert über diese Absurdität. Statt uns also weiter über die zwei Hohlköpfe und deren Pläne Gedanken zu machen, lenkte die Serbin das Gesprächsthema zurück auf meine Verletzungen und ich konnte nicht anders als über ihren nachdenklichen Tonfall und die Frage bezüglich der Umstände gleich ein weiteres Mal zu lachen. Nicht ganz so laut, wie das Mal zuvor, aber immer noch herzhaft. „Ganz ruhig, junge Frau. Du kennst mich doch inzwischen wohl gut genug, um zu wissen, dass ich sowas kaum auf mir sitzenlassen würde, wenn ich ernsthafte Zweifel daran hätte, dass das nicht noch mal vorkommt.“, beantwortete ich so mehr oder weniger Irinas Frage, ohne dabei näher ins Detail zu gehen. Zwar belog ich mich mit der Aussage ein Stück weit selbst, weil ich de facto nicht zu einhundert Prozent sicher sein konnte, dass so etwas wie damals nicht noch ein weiteres Mal passierte, aber ich hatte dem Amerikaner klipp und klar gesagt, dass das nächste Mal auch das letzte Mal sein würde. Vorausgesetzt, ich überlebte eine weitere Tortur. Und das war… tatsächlich relativ unwahrscheinlich. Schon beim letzten Mal war ich, zumindest meiner Auffassung nach, dem Tod nur knapp von der Schippe gesprungen und Hunter würde wohl kaum ein weiteres Mal urplötzlich wieder zur Besinnung kommen, oder? Jedenfalls wollte ich der Serbin nicht aufs Brot schmieren, dass mein Freund eigentlich vollkommen bekloppt war – also wirklich und nicht bloß so daher gesagt. Das hatte auch überhaupt nichts damit zu tun, dass ich Irina nicht vertraute. Es war nur einfach ein Abschnitt in der Beziehung zwischen dem Amerikaner und mir, über den ich nicht gerne redete. Zwar sollte ich das bestenfalls irgendwann einmal tun, aber definitiv nicht hier und heute. Ich war also ganz froh, dass meine Freundin das Thema gleich ein weiteres Mal wechselte und ich mit dem Antworten erst einmal aus dem Schneider war. Ansonsten wäre meine Laune auf kurz oder lang sicherlich gen Keller geschlittert, wenn ich zu lange über diese Zeit nachdachte. Lieber hörte ich der Erklärung der Schwarzhaarigen zu, wieso der Russe sie an ihrem Geburtstag versetzte und regte mich darüber auf, statt über meinen eigenen Freund. „Zu viel zu tun also?“, fragte ich mit hochgezogener Augenbraue. „Hoffentlich nur im Sinne von Arbeit und nicht irgendwelche anderen Frauen. Sonst muss ich leider mal ein ernstes Wörtchen mit Iljah wechseln. Dann traut er sich zwar möglicherweise gar nicht mehr nach Kuba, aber dann ist er hier auch wirklich nicht mehr gerne gesehen.“, redete ich weiter, wobei ich das Ende meiner Aussage ein Stück weit ins Lächerliche zog, um die Stimmung ein wenig aufzulockern. Ich merkte nämlich, dass es Irina tatsächlich ziemlich nahe ging und ich konnte es verstehen. Eine Fernbeziehung war scheiße, da sprach ich aus Erfahrung. Noch beschissener war sie aber, wenn beide Parteien ein unterschiedliches Bedürfnis nach Nähe hatten und einer mehr einforderte, als der andere bereit war zu geben. Wie im Falle von Irina und Iljah eben. Ich seufzte schließlich leise, konnte meine Mundwinkel doch nicht besonders lange oben halten, ehe sie langsam nach unten sackten und ich auf die Hand, welches das Weinglas hielt, sah. Mit einem leichten Kopfschütteln nahm ich einen weiteren Schluck und lauschte den noch folgenden Worten der Serbin. Konnte dabei ein erneutes Anheben der Augenbrauen nicht vermeiden. Sie wusste also von den Flugplänen und wann die Flieger nach Kuba geschickt wurden? Sehr interessant. Ich konnte nicht anders, als kurzzeitig an die Worte Hunters zurückzudenken, auch wenn ich mich im nächsten Augenblick gedanklich dafür ohrfeigte. Irina hatte sich von ihrem Freund nicht beschwatzen lassen, mich auszuhorchen… oder? Ich überlegte kurz, ob ich sie darauf ansprechen sollte, entschied mich aber schließlich dagegen und lauschte vorerst weiter ihren Worten. Die Idee, mit welcher sie schließlich ums Eck kam, ließ mich Irina für gut dreißig Sekunden nachdenklich ansehen. Dann nahm ich einen weiteren Schluck von dem Wein, den ich etwas länger als gewöhnlich im Mund hin- und herwandern ließ, bevor ich ihn runterschluckte und ihr zustimmte. „Eigentlich könnte diese Idee beschissener nicht sein…“, stelle ich knapp fest und fing an zu grinsen. „Aber was will er machen, wenn du schon mal in Russland bist? Dich einfach wieder zurückschicken? Außerdem sollte er ja wohl ein bisschen Verständnis dafür aufbringen können, dass du mal wieder in deine Heimat zurückwillst.“ Na ja, zumindest dachte ich das.
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“Junge Frau.”, wiederholte ich breit grinsend mit übertriebener Betonung, weil es in meinen Ohren einfach irgendwie falsch klang. Ich konnte nicht einmal sagen, wieso. Es entsprach ja der Wahrheit, nur war es irgendwie einfach amüsant, es so von Cosmas Lippen zu hören. “Ich bin mir da leider nicht so sicher, wie ich es gern wäre, weißt du? Aus eigener Erfahrung.”, lächelte ich der Rothaarigen kurz darauf mit nachdenklich verengten Augen zu. Damit gestand ich indirekt ein, dass zwischen Iljah und mir auch schon so einiges ein bisschen schief gelaufen war, ohne es tatsächlich auszusprechen. Ohne weiter darüber reden zu wollen, was meine zu diesem Thema ansonsten versiegelt bleibenden Lippen hoffentlich ausreichend signalisierten. Ich sagte das eigentlich auch nur, weil ich wollte, dass meine Freundin wusste, dass ich sie verstand. Wenn sie ihre eigenen Regeln mal nicht so genau befolgte, für einen Mann. Wenn sie hier und da mal eine Ausnahme machte und vielleicht einmal zu oft Vergebung schenkte. Liebe war leider so gar nicht rational. Ich kappte meine eigenen Gedanken dahingehend, um zu verhindern, dass meine Laune aufgrund der aufkommenden Erinnerungen komplett den Bach runterging. Irgendwie stand ich dank Iljah ohnehin schon wieder kurz vor Kopfschmerz, dem ich nur präventiv mit mehr Wein entgegenwirken konnte. Dann war das Gehämmer in meinem Schädel morgen zwar umso schlimmer, aber ich hatte ja keine Verpflichtungen – ganz im Gegensatz zu meinem Partner. “Erinner’ mich bitte nicht dran…”, wimmerte ich halb lachend und verzog das Gesicht, als Cosma darauf anspielte, dass der Russe mir möglicherweise fremdging. “Ich will eigentlich wirklich nicht die eifersüchtige Freundin spielen und es würde auch eigentlich überhaupt keinen Sinn ergeben… ich meine, wieso sollte er mir die ganze Zeit Geld in den Arsch pusten, nur damit ich hier wohnen und atmen kann, ohne einen Finger dafür krumm zu machen, wenn er noch andere Frauen hat? Er hat so viel für mich getan… obwohl ich ihn hintergangen habe. Das wäre doch… total dämlich." Ja, diesen Fauxpas brauchte ich nicht totschweigen, den kannte sowieso schon jeder in unserem Bunde. “Aber ich weiß leider zu gut, wie die anderen Frauen im Autohaus immer von ihm geredet haben und die sind nicht alle alt und hässlich oder so. Ich war ja selber dabei… und ich übertreibe wirklich nicht, wenn ich dir sage, dass er in diesem elenden schwarzen Mantel und den schwarzen Hemden noch tausend Mal besser aussieht, als in Shorts und Tshirt.” Ich machte eine kurze Pause, blinzelte ein bisschen zu schnell. Sommerliche Kleidung wurde Iljahs Aura irgendwie nicht so gerecht wie 'All Black Everything'. Das wirkte an ihm immer so, als würde er einen noch größeren, noch dunkleren Schatten hinter sich herziehen. Dann noch diese beinahe immer irgendwie skeptisch hochgezogenen Augenbrauen, die stahlblauen Augen, dieses minimale, aber wissende Grinsen, ein bisschen Winter dazu... “Vielleicht vermisse ich Moskau auch nur deswegen.”, lachte ich so trocken, dass es mir fast im Hals stecken blieb. Legte dann in der folgenden, kurzen Stille den Kopf mit geschlossenen Augen in den Nacken. Versuchte mich vom Gedanken an die ehemaligen, sabbernden Arbeitskolleginnen – die ja nicht einmal die einzigen potenziellen Rivalinnen waren, in der Großstadt gab es haufenweise schöne Frauen – zu verabschieden. Das klappte jedoch erst, als Cosma mir von der gegenüberliegenden Seite des Tisches aus quasi sagte, dass ich doch einfach ins Flugzeug hüpfen sollte. Grinsend, wie ich kurz darauf feststellte. Ich hob den Kopf sofort wieder an und blickte der Rothaarigen mit hochgezogenen Augenbrauen entgegen. Ja, was sollte schon passieren. Also außer, dass Iljah wieder völlig austicken würde. Dafür lieferte ich ihm gefühlt jedes Mal irgendeinen Grund, wenn wir uns ausnahmsweise mal über den Weg liefen. Relativierte es das ein bisschen? “Du solltest mich von solchen Schnapsideen eigentlich abhalten, Cosma”, seufzte ich, wobei ich nicht wirklich enttäuscht klang. Eher wieder leicht amüsiert. Es war schlichtweg total absurd und ich war mir todsicher, dass Iljah niemals damit rechnete. “Aber sein Gesichtsausdruck wäre absolut unbezahlbar.”, stellte ich fest und konnte förmlich spüren, wie meine Augen zu funkeln anfingen. Shit. Irgendwie hoben meine Mundwinkel sich auch kontinuierlich weiter an. “Oh und stell’ dir vor, ich hätte dabei noch das Kleid an, das ich an Silvester eingesteckt habe… das hab ich ihm bisher noch vorenthalten, so für... Notfälle.” Ich dachte jetzt schon zu intensiv und vor allem zu detailliert über die ganze Angelegenheit nach. “Aber er wäre so verdammt wütend. Ich weiß nicht, ob ich das auch noch überleben würde. Moskau ist angeblich nach wie vor nicht sicher für mich, deswegen sitze ich ja hier fest – das ist auch so eine Sache, von der ich keine Ahnung habe, ob sie überhaupt wahr ist. Ich meine, als ob diese Arschlöcher immer noch nach mir suchen… die haben doch besseres zu tun, falls überhaupt noch welche von denen am Leben sind. Die haben mich ewig nicht gesehen und können auch nicht wissen, dass ich komme.” Ich konnte nicht aufhören, mit dem Glas in der Hand zu gestikulieren und immer wieder kurz den Kopf zu schütteln.
Mir war bereits früh klar geworden, dass Irina und ich einige Gemeinsamkeiten hatten und uns im Allgemeinen gar nicht so unähnlich waren. Allerdings hatte ich gehofft, dass wir uns zumindest in diesem speziellen Punkt unterschieden. Tja, dem war wohl nicht so. Offenbar hatte aber auch Iljah – oder vielleicht ein Ex-Freund vor dem Russen? – bereits einmal die Beherrschung verloren, was mich leise seufzen ließ. Warum waren Männer in unserem Metier eigentlich so? Ich konnte wirklich vieles nachvollziehen, aber seine Frau zu schlagen… das war mir eine Nummer zu hoch, verstand ich einfach nicht und würde es auch nie. Gut, natürlich wusste ich nicht, unter welchen Umständen wem auch immer die Hand ausgerutscht war. Vielleicht war es ja ähnlich der Situation, die Hunter und mir widerfahren war, aber dem geknickten Gesichtsausdruck der Serbin nach zu urteilen, wollte sie darüber nicht weiter reden. Das konnte ich gut nachvollziehen und hakte deshalb auch lieber nicht weiter nach, sondern schenkte Irina bloß ein verständnisvolles Lächeln. Obwohl die Stimmung zu drohen kippte, schien sie sich relativ schnell wieder zu stabilisieren, was sicher nicht zuletzt daran lag, dass ich bald wieder zu Grinsen anfing, als die Schwarzhaarige anfing, von ihrem Gatten zu schwärmen und dabei selbst wieder zu Lachen anfing. Auch wenn ich versuchte, ihrem Gedankengang zu folgen, konnte ich persönlich Iljah optisch überhaupt nichts abgewinnen. Er war zwar nicht hässlich, aber so gar nicht mein Typ Mann. Deshalb konnte ich auch nicht anders, als schlussendlich loslachen. „Man, Irina. Der Typ tanzt dir momentan total auf der Nase rum. Ob er jetzt gut aussieht oder nicht, er ist und bleibt ein Arsch. Lass‘ dich davon gefälligst nicht so einlullen!“, stellte ich amüsiert fest und hing anschließend noch eine mehr oder weniger ernstgemeinte Aufforderung hintendran. Zwar sollte ich in der Hinsicht wohl besser vor meiner eigenen Tür kehren, aber es ging momentan nicht um Hunter, also war das schon irgendwie okay. Kurz dachte ich darüber nach, ob es mir möglich wäre, überhaupt so von dem Amerikaner zu schwärmen, weil das eigentlich gänzlich gegen meine Natur war, aber ich stellte schnell fest, dass ich damit keine Probleme hätte. Von dem ganzen anderen Scheiß mal abgesehen, war Hunter in meinen Augen ein bildhübscher Mann und Irina gegenüber könnte ich das womöglich sogar laut aussprechen. Die etlichen Wunden, die dieser Mann mit sich herumtrug, taten dem ansonsten makellosen Antlitz wirklich keinen Abbruch. „Vielleicht ist es dir hier auch einfach zu warm und du willst deshalb zurück nach Russland, hast du darüber schon mal nachgedacht?“, versuchte ich die Schwarzhaarige mit einer rationaleren Erklärung raus aus dem Schwärmen und zurück auf den Boden der Tatsachen zu holen. Weil ich einen Großteil meines Lebens in Norwegen verbracht hatte, war mir Kuba auch viel zu warm. Wieso sollte es Irina da anders gehen? Zudem war Russland noch mal eine ganze Ecke kälter, zumindest Richtung Sibirien. Die Erklärung war jedenfalls plausibler, als das ein Mann allein sie ein Land so vermissen ließ. Trotzdem war sie scheinbar hoffnungslos genug, um den Plan wirklich durchziehen zu wollen, auch wenn die Serbin mich kurzzeitig perplex ansah. Ich lachte auf, das Glas wieder an den Lippen, als sie mir belustigend vorwarf, dass ich meine Pflichten als ihre Freundin nicht ernst nahm. „Was soll ich sagen? Ich befürchte, dass du den Entschluss schon gefasst hast, sonst hättest du es doch gar nicht erst angesprochen, oder?“, fragte ich mit hochgezogener Augenbraue. „Ich denke auch, dass der Gesichtsausdruck zum Schießen sein wird. Da müsste ich fast mit dabei sein, um das live und in Farbe erleben zu können.“, witzelte ich weiter und zuckte zwischendrin schwach mit den Schultern. „Das mit dem Kleid ist auch eine verdammt gute Idee! Der wird Augen machen, sag ich dir. Und sich dann verfluchen, dass er nicht viel, viel früher nach Kuba gekommen ist dafür.“ Als ob er dann noch wütend sein könnte. Ich glaubte kaum, dass jemals ein Mann lange einen Groll gegen seine Frau hegen konnte, wenn sie sich in einem solchen Kleid präsentierte, wie Irina bei unserer Shoppingtour hatte mitgehen lassen. Es wäre jedenfalls unglaublich dumm, wenn es so wäre. Aber gut, wir sprachen hier von Iljah. Der war vielleicht keine so gute Referenz.
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Ich verzog mit gequältem Geräusch den Mund und stellte das Glas auf dem Tisch ab, um mich stattdessen kurz mit dem Gesicht in meinen Handflächen zu verkriechen. “Ich weeeiß…”, erwiderte ich langgezogen auf Cosmas Feststellung. Denn ja, im Grunde konnte Iljah von vorne bis hinten mit mir anstellen, wonach ihm der Sinn stand. Aktuell hatte er mein komplettes Leben in der Hand, so ganz nüchtern betrachtet. Er stellte mir die Wohnung, für meinen Lebensunterhalt außerdem noch zusätzlich ausreichend Geld plus einen kleinen Bonus, damit ich meinen Lebensstandard in Hinblick auf mein Äußeres beibehalten und mir hier und da mal eine Kleinigkeit leisten konnte. Ich lebte nicht im Überfluss und doch deutlich besser als sehr viele Kubaner hier, nur wegen Iljah. Er tat viel für mich und die Streits, die wir fast regelmäßig ausfochten, hatte er meist schon im Vorfeld gewonnen. Aus der simplen Tatsache heraus, dass ich ihm spätestens dann, wenn er seine charmante oder durchaus empathische Ader als letzte Instanz auspackte, niemals mehr böse sein konnte. Wie Cosma schon sagte – ein Arschloch, aber er wusste das Ass immer an der richtigen Stelle aus dem Ärmel zu ziehen. Ich nahm die Hände mit einem Kopfschütteln wieder vom Gesicht, um stattdessen den nächsten Schluck zu trinken und Cosmas folgenden Worten zuzuhören. “Naja… eigentlich gar nicht.”, stellte ich fest, bezogen auf die Wettersituation. “Also es war schon eine sehr heftige Umstellung, als ich hier angekommen bin. Aber mittlerweile mag ich es… ich bin ja keine Vollblutrussin und werde sogar tatsächlich braun, was ich vorher nur bedingt für möglich gehalten habe.” Ich zuckte lächelnd mit den Schultern und blinzelte lieblich. Die Sommer in Moskau waren sehr mild, da etwas Farbe im Gesicht zu kriegen war schwer. Meine serbischen Wurzeln konnten sich mit der Sonne hier inzwischen super anfreunden. “Aber dass es hier keinen Winter und dafür übertrieben viel Regen gibt, find ich trotzdem scheiße”, stimmte ich Cosma dennoch bis zu einem gewissen Grad zu. Vor allem die kitschige Weihnachtsdeko, die in Moskau jedes Jahr aufs neue gefühlt die ganze Stadt in Lichtern und Weihnachtskugeln ertränkte, fehlte mir sehr. Weihnachten war hier völlig anders und für mich absolut enttäuschend. Wenn ich es irgendwie hinbekommen würde, dass Iljah mich nicht für meinen rein hypothetischen Flug nach Moskau erwürgte, könnte ich ja nächstes Weihnachten vielleicht wieder dort verbringen? Der Gedanke war wirklich schön. “Jaein?” Ich sah gespielt unschuldig in Richtung der unspektakulären Betondecke über uns, bevor mein Blick zurück in Cosmas Gesicht wanderte. “Es ist trotzdem eine dumme Idee. Außerdem weiß ich nicht, wie ich mit seinen Leuten am Flughafen verhandeln soll..? Ich bezweifle irgendwie, dass sie auf mich hören, wenn ich da aufkreuze und einfach nur sage, dass ich Iljah überraschen möchte. Das sind zwar auch alles triebgesteuerte Männer, aber die meisten hängen vermutlich an ihrem Leben.”, schnaubte ich. Mich derartig machtlos zu fühlen und das nun schon seit Jahren, war mehr als frustrierend. Es fühlte sich viel zu oft so an, als würde mich niemand wirklich ernst nehmen – Männer in unserem Metier schon gar nicht. Das einzige, was ich bis dato richtig gut konnte, war diese Idioten um den Finger zu wickeln, zu manipulieren und ihnen dann die Hälse umzudrehen. Also nicht selbst oder wortwörtlich, mehr so im übertragenen Sinn. Meine Morde, aka Notwehr, hatten andere Hintergründe. Ich verzog unbewusst die Lippen, während ich nachdenklich an meinem Zungenpiercing herumspielte. Es musste eine Lösung dafür geben. Meinen Geburtstag hier auf der Insel stattdessen mit Sam und Richard – bei denen es verdammt heftig kriselte! – oder mit Cosma zu verbringen, kam nicht wirklich in Frage. Ich sah Iljah ohnehin viel zu selten und dann auch noch so einen Tag wie meinen Geburtstag nicht mit ihm verbringen zu können, kam verdammt nochmal nicht in die Tüte. Meine Geduld war mal wieder ziemlich am Ende.