Ursprünglich war meine Intention hinter dem Weg zu meinem neuen Einsatzgebiet noch gar nicht die beginnende Arbeitszeit. Hunter hatte mir gesagt, dass ich erst dort sein musste, wenn die Bar letztendlich öffnete. Das war die einzige handfeste Information, die ich bekommen hatte. Noch eine Beschreibung der Auftragsgeberin und den Namen der Bar, das war es dann aber auch schon. Ich ging frühzeitig zu der Örtlichkeit, weil ich dort jetzt im Grunde Niemanden erwartete und weil ich mich einfach schonmal umsehen wollte. Mich über etwaige Fluchtmöglichkeiten des Angreifers - eher Opfers, wenn man es genau nahm - informieren und taktische Vorteile für den Fall der Fälle planen. Ich wollte schlicht die Umgebung kennen, in der ich eine Weile meine Arbeit verrichten würde und mehr nicht. Dass ich aber auch gleich schon zur Tat schreiten müssen würde, das war so nicht geplant. Zwar hatte ich Nichts dagegen, hatte ich doch schon seit einer halben Ewigkeit einen gefühlten 24-Stunden-Job und musste grundsätzlich immer auf Abruf sein, aber mein mildes, inneres Pseudo-Asperger-Syndrom machte mir trotzdem mit erhobenem Zeigefinger klar, dass ich noch gar nicht zum arbeiten hier war. Ich hatte die Gasse nur abgehen wollen, um auch dort mögliche Hintertüren und Co. abzuchecken, jedoch fing ich schon beim Einbiegen an zu grinsen. Der Lärm - gut, so laut waren sie gar nicht, aber mein Gehör war von Berufswegen her sehr akribisch - war nicht zu überhören gewesen. Jedoch bewegte ich mich nicht allzu schnell fort, versuchte mit den schwarzen Sneakern, die in diesem Job meistens einfach nur praktisch waren, so wenig Geräusche wie möglich zu hinterlassen. Der Kerl stand nämlich mit dem Rücken zu mir und schien mich bis dato auch noch nicht wahrzunehmen. Anders war es mit dem Kerl, der ihm wenige Metern weiter entfernt gegenüberstand und beschwichtigend die Hände hob - wenn auch mit Dolch in der Hand. Jedoch streifte er mich nur flüchtig mit seinem Blick, um keine Aufmerksamkeit auf mich zu lenken. War also nicht ganz blöd, der Gute. Indessen hatte ich auch das Taschenmesser gezückt. Zwar schoss ich grundsätzlich lieber, als dass ich zustach - das Gefühl beim Einstich in den Körper war einfach merkwürdig, konnte ich mich nicht dran gewöhnen -, aber ich war mir auch dafür nicht zu schade und bei Tageslicht schien mir das die deutlich bessere Idee zu sein, Schalldämpfer hin oder her. Gerade als ich direkt hinter dem nach wie vor mit drohenden Worten vor sich hin fluchenden Typen ankam, versuchte er den Kopf zu drehen. Da war es allerdings schon zu spät, hatte ich doch bereits die Hand mit dem Messer gehoben und rammte es ihm dann unerbittlich in den Hals. Schon beim Eintreten der Klinge ins Fleisch spritzte etwas Blut, aber richtig übel wurde es erst, als ich das Messer wieder herauszog und der maskierte Mann vor sich hin röchelnd zu Boden sank. Solche Geräusche waren meinen Ohren allerdings nicht fremd, weshalb ich ihm gar nicht mehr viel Beachtung schenkte, sondern ein Tuch für das Blut an der Klinge herauszog und dann zu der mit Blut bespritzten jungen Frau sah. "Ich bräuchte etwas Stauraum.", sagte ich mit einem Nicken zu dem gerade vor sich hin sterbenden Kerl auf dem Boden, wischte gleichzeitig das Blut ab und verstaute dann sowohl Messer, als auch Tuch wieder in der schwarzen Hose. Konnte die Leiche schließlich nicht einfach hier liegen lassen. Also doch, theoretisch schon, immerhin hatte er meine DNA nirgends an sich, aber man musste nicht unnötig Aufmerksamkeit auf die der Bar umliegenden Gassen und Straßen ziehen.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Meine Beine wären fast unter der Angst zusammen gesackt, als ich spürte, wie sich mein Angreifer etwas bewegte. In der Annahme, dass meine Halswirbel gleich Geschichte waren, kniff ich die Augen fester zusammen. Ich erwartete einen stechenden Schmerz, wenn durch den Bruch das Rückenmark durchtrennt wurde. Auch die Luft hielt ich bereits an, ein kompletter Kollaps des Atem- und Kreislaufsystems war bei einem Genickbruch nämlich nicht unwahrscheinlich. So war es dann nur noch ein kleiner Schritt in Richtung meines Ablebens. Allerdings sollte heute zum zweiten Mal entgegen meiner Erwartungen nichts passieren. Stattdessen spürte ich nur eine warme, klebrige Flüssigkeit meinen Hals entlang rinnen. Völlig unter Schock dachte ich erst, dass er sich doch spontan für's Erstechen entschieden hatte. Wäre mir vermutlich nicht mal aufgefallen, wenn sich eine der eisernen Hände gelöst hätte, waren die Klauen doch auch noch so präsent, als der mehr oder weniger leblose Körper plötzlich immer schwerer wurde und ich Mühe hatte, das Gewicht auf meinen wackligen Beinen zu halten. Ich stolperte einen Schritt nach vorn, konnte einem Sturz gerade noch entgehen. Anders als mein Angreifer, der mit einem unsanften Schlag und ungesunden Knacken zu Boden ging. Ich griff mir reflexartig an den Hals, konnte aber im ersten Moment keine Verletzung ertasten. Noch immer verwirrt und geschockt warf ich einen Blick auf die mittlerweile blutverschmierten Hände. "W..was", stotterte ich und ließ meinen Blick unruhig zwischen der am Boden liegenden Person und meinem zweiten Lebensretter des heutigen Abends hin und her wandern. Ich brauchte einen Augenblick um das, was passiert war, auf mich wirken zu lassen. Und als ich mir schließlich der ganzen, vollkommen beschissenen Situation bewusst war, sank ich doch noch zu Boden. Auf den Knien fing ich das Schluchzen an, das Make Up war sowieso nicht mehr zu retten gewesen. So saß ich bestimmt eine halbe Ewigkeit da, ließ, wenn ich dann schon mal am Heulen war, auch wirklich alles raus. War dann auch der Grund, warum mir verdammt schwindelig war, als ich mich wieder halbwegs brauchbar fühlte, um dem mir Unbekannten endlich eine Antwort geben zu können. Es war zwar keine direkte Frage gewesen, aber so aufnahmefähig war ich dann doch noch gewesen. "Ich... vielleicht... ich weiß nicht", war alles, was ich von mir gab und geben konnte. Mehr als ein, mit der Hand über's Gesicht wischen, war leider auch noch nicht drin. Ich musste inzwischen so aussehen, als hätten mich die beiden Typen doch noch verprügelt gehabt. War mir aber ehrlich gesagt in dem Moment vollkommen egal. Ich war gerade nicht mal in der Lage, meine eigenen Gedanken zu sortieren...
# Well I'm not proud about decisions I have made, there has been sorrow caused by my mistakes. #
Aha. Offenbar war die junge Frau mit dem Anblick nicht ansatzweise so vertraut wie ich, was vermutlich aber auch besser so war. Man sollte nicht so weit abstumpfen, dass man ohne große Einbußen am Gewissen einfach so Jemanden umlegen konnte, den man noch nicht einmal kannte. Der vielleicht Familie hatte, unter Umständen sogar Kinder. Aber wenn ich jetzt wieder anfangen würde, mir über solche Dinge Gedanken zu machen, hätte ich eindeutig den falschen Berufsweg eingeschlagen, also setzte ich den Gedanken gar nicht fort und seufzte stattdessen leise, weil die Antwort des Rotschopfs nicht wirklich aufschlussreich oder gar zufriedenstellend war. Viel mehr sagte sie absolut Nichts aus, mit dem ich was hätte anfangen können. Deswegen fasste ich mir kurz an die Schläfen und sah stattdessen zu dem Typen mit etwas dunklerem Teint, der absolut nicht in die Gassen Oslos passte, wenn man die Tattoos einen Moment lang ignorierte. Er schien kein beliebiger Ersthelfer zu sein, kümmerte ihn die Leiche doch scheinbar fast genauso wenig wie mich, auch wenn er leicht nervös wirkte. "Kannst du mir da weiterhelfen?", fragte ich ihn und hob dann direkt im Anschluss den leblosen Kerl unter den Achseln vom Boden hoch. Der Kerl nickte und deutete auf eine Tür ein paar Meter weiter, bevor er sich in Bewegung setzte, um mir diese aufzuschließen. Ich schleifte die Leiche also zu besagtem Eingang und fand mich anschließend in einem gefliesten Gang wieder. Gut, er hatte mitgedacht, kein Teppich. Der gebräunte Typ suchte dann aber nochmal an mir vorbei den Weg nach draußen, um das heulende Bündel auf dem gepflasterten Weg einzusammeln und ebenfalls nach drinnen zu bringen. Bevor ich aber irgendetwas Anderes tat zuckte ich mein Handy, als ich den Kerl unsanft wieder hatte auf den Boden knallen lassen. Es klingelte erst eine Weile, bis der Boss abhob und ich ihn über die Lage in Kenntnis setzen konnte. Natürlich ordnete er mir an, das Chaos zu beseitigen und zwar spurlos. Wie immer. Dass das nicht so einfach sein würde, weil ich hier schlichtweg wahrscheinlich nicht die Mittel dazu hatte, war ihm egal. War mein Job und nicht sein Problem, ich hatte ja genug Erfahrung. Gedanklich bedankte ich mich ironisch für das Gespräch, bevor ich auflegte. Der Ausländer - ohne das jetzt diskriminierend zu meinen - suchte schon bald erneut das Weite, allerdings mit zwei großen Eimern voller Wasser. Hatte wohl im Sinn das Blut, das auf den Steinen vor der Tür klebte, wegzuspülen. Wenigstens musste ich das dann nicht auch noch machen. Indessen betrachtete ich, wie das Blut seine Spuren auch durch den Flur zu ziehen begann, weil der Kerl noch nicht aufgehört hatte zu bluten. "Hol Handtücher.. oder irgendwas Anderes, wenn du nicht willst, dass sich das Blut überall hin verteilt.", zischte ich zu dem verheulten Ding, das sich mal nützlich machen könnte. Ich kannte mich hier nicht aus. Bis ich was gefunden hatte wars zu spät, sie sollte in die Puschen kommen.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Da sich zumindest mein physischer Zustand etwas gebessert hatte und ich wieder in der Lage war, Arme und Beine kontrolliert zu bewegen, folgte ich den zwei jungen Männern schluchzend in den Hausflur. Mein Blick haftete dabei stets an dem toten Körper, der gerade sein Bestes daran tat, vollkommen aus zu bluten. Nicht, dass mich der Anblick eines Toten abschreckte, es war viel mehr die Tatsache, dass ich meinem Angreifer nun direkt ins Gesicht sehen konnte. Sein Hoodie, der große Teile des Gesichts verdeckt hatte, war mittlerweile von seinem Kopf gerutscht. Tja. Und da lag er nun. Wäre ich nicht noch immer so unglaublich aufgewühlt gewesen - meine Gefühle hatte ich noch immer nicht unter Kontrolle bekommen, die Tränen liefen immer noch wie Niagara Fälle über meine Wangen -, hätte ich vermutlich aus Wut auf den am Boden liegenden Mann eingetreten, ihm noch schön ein oder zwei Rippen gebrochen, um mich abzureagieren. Aber die Tatsache, dass ich an diesem Tag gleich zwei Mal dem Tod entkommen war, zwang mich dazu, mich ruhig zu verhalten. Als der schroffe Ton Taurens die Luft durch schnitt, zuckte ich kurz zusammen, zwang mich dazu, den Blick von dem toten Körper abzuwenden. Reflexartig, weil ich scheinbar immer so reagierte, wenn ich derart zu etwas aufgefordert worden war, zog ich die Augenbrauen tief ins Gesicht. Erst, als ich die Worte wirklich aktiv aufgenommen hatte, setzte ich mich langsam in Bewegung. Ich suchte erst einmal Sabin auf, der mir zwischen etlichen Heulkrämpfen meinen Wohnungsschlüssel abgenommen haben musste. Anders konnte ich mir nicht erklären, wie wir hier rein gekommen waren, ich hatte definitiv nichts aufgeschlossen. Als ich schließlich wieder im Besitz der Schlüssel war, schleppte ich mich mit schweren Beinen die Treppen hoch. Gott, ich hatte effektiv heute nichts geschafft und hätte mich am Liebsten direkt ins Bett gelegt, aber ich zwang meine Gedanken dazu, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Im Hausflur lag eine Leiche und wenn wir nicht bald alle Spuren beseitigt hatten, konnte ich mir noch lange Gedanken darüber machen, wie sich ein weiches, bequemes Bett anfühlte. Knast war nämlich kein fünf Sterne Hotel. Und für Lebenslang sowieso nicht. So tat ich also, wir mir aufgetragen wurde und machte mich daran, alles, was ähnlich wie ein Handtuch funktionierte ausfindig zu machen, um es wenig später behutsam über den Blutlachen zu verteilen. Ich wollte jetzt weniger wischen und mehr tupfen, damit ich das Blut nicht unnötig verschmierte. Nur so ganz ohne Wasser oder Reinigungsmittel funktionierte das nicht wirklich gut und so rief ich, schon wieder etwas gefasster, nach Sabin, damit auch ich einen Eimer Wasser bekommen konnte. Als soweit, so schön alles bereinigt schien, warf ich wieder einen Blick auf die Leiche, dann sah ich meinem Retter zum ersten Mal bewusst und auch erschöpft ins Gesicht. "Danke", murmelte ich zwischen ein paar widerspenstigen Haarsträhnen, die mir beim Blut aufwischen ins Gesicht gefallen waren. "Für's Leben retten, meine ich." Gut, war wohl auch noch nichts weiter passiert, wofür man sich anderweitig hätte bedanken können, aber ich wollte es trotzdem noch mal verdeutlicht haben.
# Well I'm not proud about decisions I have made, there has been sorrow caused by my mistakes. #
Ich war mir nicht recht sicher, warum die junge Frau sich jetzt bei mir bedankte. Es war nicht unbedingt so, als hätte ich das aus blanker Gutmütigkeit getan, schließlich wurde ich dafür bezahlt. Gut, offiziell war das zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht der Fall, aber hätte Hunter herausgefunden, dass ich da gewesen und nicht eingegriffen hätte, wäre mit ziemlicher Sicherheit mein eigener Kopf gerollt. Womöglich war sie aber noch gar nicht fähig dazu, mich mit dem Typen zu assoziieren. Andererseits wiederum lag es mir aber auch nicht im Blut, andere Leute einfach ihrem tödlichen Schicksal hinzugeben, wenn ich die Möglichkeit dazu hatte, etwas daran zu ändern. Das brachte mich auch gerne mal in Schwierigkeiten, wenn ich mich irgendwo einmischte, wovon ich besser die Finger gelassen hätte. Vermutlich konnte ich mit meinem teils waghalsigen Verhalten wirklich froh sein noch am Leben zu sein, aber gut, war wieder ein anderes Bier. Ich nickte erst einmal nur auf den Dank Cosmas hin, sah sie einen kurzen Augenblick lang an und schob dann meine rechte Hand in die Hosentasche, um mir eine Kippe aus der Schachtel dort zu ziehen. Ob es womöglich unangebracht war, hier drinnen zu rauchen, kümmerte mich in diesem Moment recht wenig. Die Anti-Stress-Zigarette war notwendig und wenn sie wollte, dass ich sie hier mit der Leiche alleine ließ, durfte sie mir das gerne verbieten. Ich nahm nur einen Zug per Hand von der Kippe, bevor ich die Zigarette nach dem wieder Ausatmen des Rauchs einfach mit den Lippen festhielt und dem leblosen Kerl auf dem Boden einen Ärmel des Hoodies mit dem scharfen Messer abschnitt, um ihm mit diesem stattdessen den zerstochenen Hals abzubinden. Er würde hier wahrscheinlich nicht liegen bleiben und sobald ich seine Lage irgendwie änderte, konnten noch vereinzelt Blutschwalle austreten. Wir wollten ja verhindern, dass gleich die nächste Blutlache entstand. "Ich muss ihn bis heute Abend irgendwo... lagern.", ja, man konnte über Leichen wie über Konsumgüter reden. "Hier kann ich ihn hier nicht verschwinden lassen", zumindest fiel mir keine Möglichkeit dazu ein. Immerhin würde sie ihn kaum säureresistente Badewannen oder weiß Gott was für Behälter besitzen, genauso wenig wie sie ihn spontan in Beton gießen und für immer hier haben wollen würde. Ging ich zumindest mal nicht davon aus, zumal es prinzipiell nie eine gute Idee war, Leute im eigenen Garten oder gar Haus zu verscharren. "also werd' ich ihn wenn's dunkel ist wegschaffen. Bis dahin...", redete ich an der Zigarette vorbei und zuckte mit den Schultern. Mein Ton war etwas ruhiger als vorher, half mir der Teer in den Lungen doch gerade sehr gut dabei einen Gang runterzufahren, als ich die Zigarette wieder zwischen zwei Finger nahm. Vielleicht rauchte ich ein bisschen zu viel, aber das kratzte mich recht wenig. Das italienische, nur sehr leise Gefluche an der Haustür vernahm ich nur mehr oder weniger bewusst, während der Kerl immer wieder durch das hohe, kleine Fenster an der Tür schaute. War da Jemand paranoid?
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Seit dem Angriff waren jetzt etwa zwanzig Minuten vergangen. So langsam sortierten sich auch meine Gefühle wieder und der Kopfschmerz unterdrückte endlich das Bedürfnis, einfach weiter zu heulen. Jedes Schluchzen verursachte ein dumpfes Drücken hinter den Augen, weswegen es mit dem Mal relativ still im Treppenhaus wurde. Ich massierte mir mit den Händen die Schläfen, hoffte vergeblich, dass der Schmerz dadurch nachlassen würde. Nachdem ich mit einem Eimer Wasser auch die letzten Reste Blut aus dem Treppenhaus geschwemmt hatte, nahm ich kurz auf den Treppenstufen Platz, beobachtete, wie Tauren weitere Vorkehrungen traf, die Leiche hier möglichst bald verschwinden zu lassen. Es band die Stichwunde ab, als würde er versuchen, sein Leben retten zu wollen, aber ein Druckverband am Hals eines Toten war vermutlich genau so sinnvoll, wie einem Armamputierten das Klettern beizubringen. Konnte man versuchen, brachte halt nichts. Aber gut. Als er seine Worte wieder an mich richtete, hob ich den schweren Kopf ein wenig an, nickte als Zeichen des Verständnis. Es fiel mir schwer, einen klaren Gedanken zu fassen. Wo konnte man bis heute Abend eine Leiche unbemerkt verschwinden lassen? Ein stechender Schmerz, der wie ein Blitz in meinen Kopf einschlug, brachte mir die Erleuchtung. "Ich hab einen kleinen Kellerraum. Ist Blickdicht und kann abgeschlossen werden", schlug ich vor und nickte ans andere Ende des Flurs. War kein gutes Versteck und auch das Sprichwort Leichen im Keller zu haben bekam da gleich eine ganz andere Bedeutung, aber etwas anderes fiel mir zwischen den Kopfschmerzen und den schweren Gliedmaßen nicht ein. Tauren schien mit dem Vorschlag einverstanden zu sein und setzte dazu an, den leblosen Körper von seiner aktuellen Position wegzubewegen. Da ich mich im Vergleich zu vorhin etwas besser fühlte, stand ich dieses Mal unaufgefordert von den Stufen auf und griff mir die Beine des Opfers. So würde ich gleich nur noch das Blut, was sich unter ihm gesammelt hatte, wegwischen müssen und nicht direkt eine Schleifspur, die Richtung Keller führte. Es gestaltete sich tatsächlich etwas umständlich, einen Körper, der so gar nicht mitarbeiten konnte, zu bewegen. Aber wir schafften es letzten Endes dann doch, das Opfer des Tages in meinen Kellerraum zu bugsieren. Auch wenn die Wände dicht waren, warf ich noch eine alte Decke über den jungen Mann - nur zur Sicherheit. Mit einem erschöpften Seufzen fuhr ich mir durchs Haar, band sie mit einem Haarband, welches sich am Handgelenk befand, zu einem Dutt zusammen. "Dürfen ihn hier bloß nicht vergessen", versuchte ich die Situation etwas aufzulockern, rang mir ein schmales Grinsen ab. Aber ehrlich, wenn man einen Körper unter diesen Bedingungen lagerte, würde die Bullerei spätestens dann auf der Matte stehen, wenn der beißende Gestank von verwesenden Fleischs die Nachbarn alarmierte. War also nicht mal gelogen meine Aussage...
# Is it all a tragedy? Are we flashes in a rut going in and out of luck? Maybe. #
Ein Kellerabteil würde es bis heute Abend schon tun. Solange man eben nicht reinschauen konnte, wie mir die junge Frau gleich ohne Aufforderung bestätigte und sich dort auch Niemand Zutritt verschaffen konnte, wäre der leblose Körper da vorerst sicher untergebracht. Bis es irgendwelchen Gründe geben würde, die die Nachbarschaft misstrauisch hätten werden lassen können, war die Leiche dann auch längst nicht mehr hier. Sie in der Dunkelheit rauszutragen und fix in den hinteren Bereich eines Lieferwagens zu schmeißen, sollte ebenfalls eine meiner geringsten Sorgen sein. Einer der Jungs hatte sicher Zeit, mir jenen Wagen vorbeizubringen, um mich dann für den Zeitraum der eigentlichen Beseitigung hier an der Bar zu vertreten. Jemand Anderem meine Arbeit anvertrauen würde ich in dieser Hinsicht keinesfalls. Immerhin waren da meine Spuren dran und diese loszuwerden wollte ich selber überwachen, damit es auch ja keinen weiteren Grund mehr für die Bullen gab, mich doch noch einzusammeln. Festnahmen waren in den letzten Jahren immer mal wieder vorgekommen, aber bis auf gestohlene Autos vor ein paar Jahren hatten sie mir Nichts nachweisen können. Dafür hatte ich schon gesorgt und würde das auch weiterhin tun. Oslo war meine Heimat und ich wollte die Stadt eigentlich in keinem Fall verlassen müssen... sofern ich in jenem Fall noch dazu kam und Hunter da keinen Strich durch die Rechnung machen würde, aber wie auch immer. Ich hob die Schultern des Mordopfers erneut an - die noch nicht ganz zu Ende gerauchte Kippe wieder im Mund -, wobei mir Cosma dann auch schon zur Hilfe eilte, um die weitere Verschmutzung des Hauses wohl möglichst gering zu halten. War mit den Treppenstufen nach unten nicht ganz so leicht den Typen zu tragen, bekamen wir aber dennoch hin und wenig später war er dann auch für ein paar wenige Stunden sicher untergebracht. Ich zückte erneut das Tuch aus meiner Tasche, um grob das erneut daran klebende Blut abzuwischen, bevor ich es wieder zurück in die Hosentasche schob. Als die junge Frau dann wieder ihr Wort an mich richtete, sah ich zu ihr auf und nahm den Stummel von Zigarette erneut in die Hand. "Keine Sorge. Wäre das erste Mal, dass mir ein Mord und die Leiche dazu entfällt.", erwiderte ich recht sarkastisch und doch mit einem kleinen Grinsen, bevor ich den letzten Zug von der Kippe nahm und sie anschließend an der Metallstange eines alten Regals ausdrückte. "Zeigst du mir das Bad? Hände waschen wär angebracht.", hakte ich dann wegen eines Waschbeckens nach, um die dünne, antrocknende Blutschicht an meinen Handflächen loswerden zu können. Mal davon abgesehen, dass ich seine DNA nicht überall verteilen wollte, waren blutverschmierte Hände - zumindest für mich - halt auch einfach unangenehm.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
War sicher auch gar nicht so leicht, einen Mord und das damit zusammenhängende Opfer zu vergessen. War jetzt nicht die Regel, dass man jeden Tag aufs Neue ein paar Leute abschlachtete. Und selbst wenn. In diesem Fall würde ich den leblosen Körper ganz bestimmt nicht vergessen. Als Tauren mich nach meinem Badezimmer fragte, nickte ich ihm nur zu. Ich hatte auch gerade mehr als nur das Bedürfnis, unter die Dusche zu hüpfen. Denn auch mir klebte das Blut auf der Haut und in den Haaren. Fühlte sich alles andere als angenehm an und so war das Bedürfnis eher schon einem Verlangen zuzuordnen. Wir stiegen die Kellertreppen bis in den Hausflur nach oben, wo ich noch das restliche Blut beseitigte. Mit dem leeren Eimer und dem Blut verschmierten Lappen darin, stieg ich vor Tauren dann die restlichen Stufen bis zu meiner Wohnung hinauf. Oben angekommen betrat ich auch sogleich die Wohnung. Da ich vorhin in Eile nicht daran gedacht hatte, die Tür hinter mir zuzuziehen, stand diese offen. Na ja. Viel zu sehen oder zu stehlen gab es eh nicht. "Eh, hier entlang", bat ich den jungen Norweger, mir durch die triste, notdürftig eingerichtete Wohnung zu folgen. Vor einem verhältnismäßig geräumigen Bad hielt ich inne. Ich deutete mit einer Hand auf das Waschbecken. "Wenn's dir nichts ausmacht, würde ich auch direkt unter die Dusche springen." War eher eine Frage aus Höflichkeit, wir kannten uns ja noch nicht besonders gut. Ohne jedoch seine Antwort abzuwarten - schließlich waren wir hier in meiner Wohnung -, betrat ich gemeinsam mit ihm das Badezimmer. Wenn es ihn störte, eine Frau nackt zu sehen, dann musste er eben noch einen Augenblick warten. Aber ich wollte jetzt wirklich gerne das vor sich hin trocknende Blut los werden. Und so fackelte ich nicht lange, mich meiner Kleidung zu entledigen, diese in den dafür vorgesehenen Wäschekorb zu werfen und zielstrebig die Duschkabine anzusteuern. Seit meiner letzten Beziehung hatte ich irgendwie das Gefühl für taktvolles Verhalten verloren, lebte nur noch egoistisch vor mich hin, getreu dem Motto Hauptsache ich. Nicht, dass ich das unbedingt absichtlich tat. Aber war de facto so, dass mich die Meinung anderer nur noch wenig bis gar nicht interessierte. So wäre zum Beispiel eine negative Antwort von Tauren vollkommen an mir vorbei gezogen. Denn wie bereits erwähnt, befand ich mich hier in meinen vier Wänden, hier konnte ich tun und lassen, was auch immer ich wollte. Und wenn es nur das Duschen vor anderen Mitmenschen war. Wenn mir der Sinn danach stand - und ich hatte ja wirklich allen Grund dazu - dann wurde es durchgezogen. Punkt.
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Ich folgte dem Rotschopf einfach nach oben, wenn auch mit dem gewissen respektvollen Abstand. Auf die Pelle rücken wollte ich ihr jetzt nicht unnötig, immerhin nahm sie gerade einen fremden Mann mit in ihre Wohnung, der auch noch vor wenigen Minuten einen anderen Kerl abgestochen und in ihren Keller gezogen hatte. Jede normale Frau wäre vermutlich eher schreiend davongelaufen, aber gut, in diesem Umfeld war Sowas ja doch irgendwie ein Stück weit normal. Ich ging nicht davon aus, dass die Barbesitzerin regelmäßig selbst Leute umlegte - schließlich bräuchte sie mich ja sonst nicht - oder dergleichen, aber man stumpfte in jedem Fall trotzdem ein Stück weit ab. Außerdem hatte ich ja absolut keinen Grund dazu Cosma ebenfalls Bekanntschaft mit meinem Messer schließen zu lassen. Oben angekommen folgte ich der Auftraggeberin noch bis zum Badezimmer, bevor sie mir eine doch merkwürdige, indirekte Frage stellte. Meine Antwort darauf lief zwar auf ein Schulterzucken und ein schlichtes "Mach nur.", hinaus, aber in Gedanken fragte ich mich ja schon, was bei ihr so Alles falsch gelaufen war. Ich könnte weiß Gott wer sein und sie hatte nichts besseres zu tun als sich auszuziehen, während ich mir die Hände wusch, um das Blut loszuwerden. Ich hatte bis dato mit keiner Frau Bekanntschaft geschlossen, die dermaßen offen mit ihrer nackten Haut umging. Nicht, dass es mich wirklich störte, immerhin war ich ein Mann und der gewisse Spieltrieb eigentlich zu fast jeder Tages- und Nachtzeit vorhanden, aber es war einfach abnormal, um nicht zu sagen surreal. Ich hatte sie eher unbewusst im Spiegel über dem Waschbecken gemustert als sie sich die Kleider vom Leib schälte, bevor sie hinter den Duschtüren verschwunden war. Das Händewaschen selbst brauchte allerdings nicht viel Zeit und so trocknete ich mir schon bald die Finger an einem neben dem Waschbecken hängenden Handtuch ab, bevor ich mich umdrehte. Jedoch ging ich nicht, lehnte mich stattdessen mit der Hüfte an das kleine Schränkchen neben besagtem Porzellanbecken. Ich sah durch die beschlagenen Duschwand nicht viel mehr als die roten Locken, war vermutlich aber auch besser so. "Machst du das öfter? Dich vor Kerlen ausziehen, die dir grade eine Leiche in den Keller getragen haben?", fragte ich doch etwas amüsiert mit der gewissen Ironie, verschränkte locker die Arme vor der Brust. "Ist ziemlich.. ungewöhnlich.", schob ich noch ein paar wenige weitere Worte nach. Ich meinte das nicht böse, war lediglich ein bisschen neugierig.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
In der Duschkabine hatte ich erst einmal einige Zeit die richtige Temperatur finden müssen. Dadurch, dass das Waschbecken parallel lief, war das gar nicht so einfach. Das Wasser war kurzzeitig entweder eiskalt oder scheißeheiß. Und ja, Letzteres war definitiv eine international anerkannte Titulierung für sehr heißes Wasser. Erst, als Tauren mit dem Hände waschen fertig war, konnte ich endlich unter den Wasserstrahl treten. Das warme Wasser versprach nicht nur Sauberkeit und ein Gefühl von Wärme, sondern trug maßgebend dazu bei, dass auch meine Muskeln sich langsam wieder entspannten. Seit dieser Sache lief mein Körper wie unter Strom und in dieser Umgebung abzuschalten war gerade der Höhepunkt meines Tages. So ließ ich mir auch mit der Antwort auf Taurens Frage reichlich Zeit. Nicht nur, weil ich die Ruhe genoss, die in der Zeit, in der er eine Antwort erwartete, herrschte, sondern auch, weil mir darauf erst einmal eine solide Antwort einfallen musste. Nein, eigentlich tat ich das nicht besonders oft. Das lag aber eher an der Tatsache, dass seit der Trennung kein Mann mehr diese Wohnung betreten hatte. Andernfalls. Na ja, dann wahrscheinlich schon. Wie bereits mehrfach erwähnt, gab ich nicht viel auf die Meinung anderer. Schon gar nicht auf die Meinung von Männern. Als ich endlich zu einer Antwort ansetzte, verließ ich die Duschkabine bereits wieder. Ich legte mir eines der übrig gebliebenen Handtücher um den Körper und sah Tauren wieder direkt ins Gesicht. "Vor wem ich mich ausziehe mache ich nicht daran fest, was er tut oder getan hat", antwortete ich, verschränkte meine Arme ebenfalls locker vor der Brust. "Aber um deine Frage direkt zu beantworten: Nein, für gewöhnlich mache ich das nicht oft. Das liegt aber daran, dass diese Wohnung lange keinen Besuch mehr von Männern bekommen hat." Ich entschied mich dafür, es einfach einfach bei der Wahrheit zu belassen. Ich gab dadurch nicht viel von mir Preis und der junge Mann bekam seine ersehnte Antwort. "Wenn ich dich damit in meiner Wohnung belästigt haben sollte, tut mir das nicht Leid." Ich betonte das vorletzte Wort extra ein wenig ironisch, schenkte ihm ein mindestens genau so amüsiertes, aber sehr müdes Grinsen, als ich ein paar Schritte auf ihn zu machte. Etwa einen halben Meter vor ihm blieb ich stehen, um nach einem der Handtücher vom Waschbecken zu angeln. Ich hatte an der Dusche leider keines mehr für die Haare gehabt und die roten Locken entleerten sich gerade sämtlichen Wassers, was sich in ihnen angesammelt hatte. Ich band mir das Handtuch geschickt um den Kopf und verließ dann ohne einen weiteren Kommentar das Badezimmer. Wenn ich es mir recht überlegte, spielte ich mit dem Gedanken, die Bar für heute Abend zu schließen. Ich hatte zwar eine harte Schale und auch der Kern war nicht unbedingt ein Synonym für weich, aber der Tag hatte mich geschlaucht, wortwörtlich beinahe dahin gerafft. Eine Mütze Schlaf um... - Moment mal, wie spät war es eigentlich? Wann hatte ich mich mit Sabin in dem Diner getroffen? Und wo war er überhaupt hin verschwunden? Ich redete wie selbstverständlich vom Schlafen gehen und am Abend die Bar schließen, dabei verriet mir ein Blick auf die Uhr im Schlafzimmer, dass es gerade einmal 18 Uhr war. Bis zur regulären Öffnungszeit war es noch lange hin und Schlafen gehen um diese Uhrzeit würde bedeuten, irgendwann mitten in der Nacht hellwach aufzustehen. War jetzt auch nicht so das Wahre. Nur wie bekam ich das Ganze jetzt am geschicktesten geregelt? Seufzend ließ ich mich, noch immer im Handtuch gehüllt, auf mein Bett fallen.
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Interessant. Dass sie mich mit ihrer Antwort eine halbe Ewigkeit warten ließ, fand meine Neugier nicht ganz so witzig, aber ich besonn mich dennoch dazu, einfach darauf zu warten und nicht weiter auf eine Antwort zu drängen. Ich bekam sie ja dann auch und Cosmas Worte ließen mich nicht weniger nachdenklich werden, während mein Blick ziemlich ungeniert auf ihrem kurzzeitig sehr gut einsehbaren Körper lagen, bevor das Handtuch den Weg um ihre Hüften fand. Vor Mördern zog sie sich also aus, ja? Gut, ja, ich hatte ihr wohl vorhin wirklich das Leben gerettet und damit ein oder zwei Sympathiepunkte gesammelt, aber eben trotzdem nicht deswegen, weil sie mir irgendwie am Herzen lag. Eigentlich hauptsächlich aus Eigennutz. Jedenfalls teilte die junge Frau mir des Weiteren auch noch spezifischer mit, dass für gewöhnlich wohl eher keine Kerle durch ihre Wohnung spazierten. Das wiederum führte mich zwangsläufig weiter zu den Fragen warum das so war und ob sie dann quasi ein wenig enthaltsamer lebte, oder ob sie nur nie Jemanden mit zu sich nach Hause nahm. Auch, wenn es für mich eigentlich nicht von Bedeutung sein sollte, grübelte ich ein paar Sekunden darüber nach. Im selben Zeitraum redete sie weiter und kam mir ein Stück entgegen, wobei mein Blick unweigerlich auf ihrem Körper lag, der jetzt wieder so eingepackt war. Ich müsste wohl lügen, um zu sagen, sie hätte mir nackt nicht besser gefallen. "Nein, keine Sorge... von nackten Frauen fühl' ich mich normalerweise eher nicht angegriffen.", erwiderte ich recht locker auf ihre vorherigen Worte, ehe sie das Badezimmer verließ und der Spuk vorerst ein Ende haben sollte. Mehr oder weniger. Ich brauchte eigentlich noch ein paar mehr Antworten auf essentielle Fragen, wenn ich meine Arbeit denn wirklich unter optimalen Umständen verrichten wollte. Ich stieß mich also leicht von dem Badmöbel ab und folgte der jungen Frau, allerdings nur bis zum Türrahmen des Raumes, der offenbar ihr Schlafzimmer war. Sollte jetzt nicht so rüberkommen, als würde ich sie stalken wollen, weswegen ich dort inne hielt und mich erneut anlehnte, dieses Mal allerdings seitlich mit der Schulter. Ich hatte nicht die Absicht, über sie herzufallen - gut, der Wille wäre sicher schon da, aber das hier war nach wie vor Arbeit und kein privater Vergnügungspark -, also beschloss ich den Abstand zu halten. "Ich bräuchte aber noch ein paar Antworten, Cosma...", setzte ich an, der Tonfall nach wie vor eher ruhig. Allerdings fackelte ich dann auch gar nicht lang, sondern redete nach kurzer Pause weiter. "Waren das die einzigen zwei Problemkinder oder gibts von der Sorte noch mehr? ... und was wollen die überhaupt von dir?", stellte ich also die in meinen Augen erst einmal wichtigsten Fragen, die mir schon ein ganzes Stück weiterhelfen würden. "Tauren, übrigens..", stellte ich mich der Höflichkeit wegen noch vor. Ich kannte ihren Namen, sie meinen vermutlich aber nicht, also hielt ich es einfach für angebracht.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Eventuell konnte ich ja noch ein kleines Nickerchen machen, bevor ich die Bar aufschloss? Seit ich das Badezimmer verlassen hatte, dachte ich über die Alternativen nach, um die Bar heute Abend doch noch zu öffnen. Und um ehrlich zu sein, war das die einzige, umsetzbare Idee gewesen. Ich hatte mich kurzzeitig zum Aufstehen animieren können, wollte zumindest schon mal in frische Unterwäsche schlüpften, als Tauren - wie er sich schließlich vorstellte - im Türrahmen auftauchte. Ich hatte gerade meinen BH zugeknöpft, als er ohne Weiteres meinen indirekten Plan von einem Mittagsschlaf zunichte machte. Gut, es sei ihm verziehen, denn ich konnte nachvollziehen, dass das für ihn scheinbar wichtige Informationen gewesen waren. Zwischenzeitlich hatte ich nämlich eins und eins zusammenzählen können und war auf das Ergebnis gekommen, dass der junge Mann vor mir wohl Tyrs Gesandter für den heutigen Abend war. Nun hatte das Kind auch seinen Namen - haha. Da ich selber noch nicht so genau wusste, wohin ich die beiden Angreifer zuordnen sollte, zuckte ich erst einmal nur mit den Schultern. "Ehrlich gesagt kann ich dir darauf gar keine richtige Antwort gehen", verlieh ich dem ganzen noch eine verbale Note. "Ich hab in letzter Zeit mit einigen Leuten ein bisschen Streit. Überwiegend aus dem Grund, dass...", ich stockte kurz, verwarf den Gedanken dann aber recht hastig. Immerhin hatte Tauren gerade jemanden umgebracht und sollte künftig auf mich und meine Bar aufpassen. War nur logisch, dass Tyr ihm gesteckt hatte, womit wir unser aller Geld verdienten. Ich setzte also fort: "... die Leute an meinem Pokertisch viel Geld verloren haben. Eigentlich nichts, was mich betreffen sollte, die Jungs spielen ja unter sich und ich bekomme nur einen prozentualen Anteil von jedem als Eintritt. Aber es scheint, als würde das einige nicht interessieren, vielleicht denken sie, die Karten wurden gezinkt oder sowas." Ich machte eine wegwerfende Handbewegung, wandte mich an meinen Kleiderschrank, der so ziemlich das einzige Möbelstück neben meinem Bett in diesem Raum war. Auch der Inhalt war relativ simpel. Viele schwarze Blusen und Hosen, vereinzelt weiße Oberteile, mehr aber auch nicht. Ich robbte eine der Blusen von ihrem Kleiderbügel, um mich langsam aber sich doch wieder anzuziehen. Den Plan, noch ein Schläfchen zu halten, hatte ich schon mit Taurens auftauchen im Türrahmen über Bord geworfen, dann konnte ich ihm auch gleich die Bar zeigen, wenn er diesbezüglich noch Fragen haben sollte. Der Bluse folgte einer ebenso schwarzen Hose, bevor ich mich meinem Personenschutz wieder zuwendete. "Und ein Typ hat Syphilis von einem meiner Mädchen bekommen. Der war auch nicht so amüsiert darüber, gerade weil er Frau und Kinder hat, denen er wohl oder übel Rechenschaft schuldete. Ich kann den Leuten leider nur vor den Kopf gucken, Tauren. Eigentlich sehen alle meine Gäste aus, wie normal arbeitende Menschen, die sich mit ein bisschen Glücksspiel das Taschengeld aufbessern wollen. Keiner von denen macht den äußeren Anschein, als könnte er zwei... was auch immer das für Typen waren, auf einen ansetzen. Und was die von mir wollen... ebenfalls keine Ahnung. Ich gehe aber davon aus, dass sie mich entweder behindert oder tot sehen wollen..." Ich hatte mich, seitdem meine Gefühle fertig waren, Achterbahn zu fahren, auch schon eingehend damit beschäftigt, zu überlegen, auf wen diese Art von Rache zutreffen konnte. Aber ich war bisher auf kein absolutes Ergebnis gekommen.
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Wow. Erste Sahne. Ihre folgenden Worte waren ungefähr genauso aufschlussreich wie ihre verhehlte Antwort in der Gasse. Es konnte demnach prinzipiell Jeder, der durch die Tür der Bar hineinspazierte, ein potenzieller Angreifer sein. Denn wenn es überwiegend normale Leute waren, die sie an ihrem Pokertisch hatte - zumindest eben auf den ersten Blick -, dann musste ich prinzipiell erst einmal absolut Jeden im Radar aufnehmen und nicht nur solche, die so aussahen, als hätten sie schon länger Etwas in diesem Metier zu suchen. Im Grunde genommen würde ich also am liebsten jeden Einzelnen, der um Einlass in die Bar bot, erstmal gründlich durchfilzen, um mögliche Waffe im Voraus beseitigen zu können. Das wäre die mit Abstand effektivste Möglichkeit des weiteren Vorgehens. Käme aber wahrscheinlich nicht besonders gut an und würde der jungen Frau hier mit Sicherheit einen Teil der Kundschaft vergraulen. Demnach musste ich vorerst auf mein geschultes Auge und meinen relativ guten Instinkt vertrauen, was das anging. Gefiel mir nicht, war vermutlich aber gerade nicht anders lösbar. "Na das ist ja großartig.", kommentierte ich das Ganze ironisch, war Cosma bis jetzt mit meinem Blick gefolgt, wandte diesen aber jetzt ab, um die Finger der rechten Hand an meinen Schläfen zu platzieren und diese leicht zu reiben. Der Job schien aufwendiger zu werden, als er bei Hunters Beschreibung ursprünglich gewirkt hatte. Der Gute hatte eben auch nicht gewusst, was genau jetzt die grundlegenden Ursachen waren und hatte nur Vermutungen angestellt. Bestätigen taten sich diese hier gerade aber nicht und stattdessen tat sich ein blankes Rätsel vor meinen Auge auf. "Hast du die Syphilis-Göre wenigstens entfernt?", hakte ich nach und sah dann wieder in die Richtung des Rotschopfs. Eigentlich sollten Nutten sowieso nur mit Kondom vögeln. Entweder hatte sie sich den Scheiß also privat eingefangen oder war unfähig, sich an Regeln zu halten. Sollte als potenzieller Gefahrenherd dringend beseitigt werden, bevor sie noch mehr Dummheiten anstellte, sofern das nicht ohnehin schon passiert war. "War das jetzt das erste Mal, dass das passiert ist? Oder kommen Übergriffe öfter vor?", bat ich um weitere Antworten, bevor ich mich etwas dünner im Türrahmen machte. Schien so als würden wir das Gespräch nicht hier fortführen, sondern auf dem Weg... irgendwohin. Offenbar hatte sie ja schon Grund genug dazu, Jemanden wie Hunter dazu anzuhalten, ein paar Bodyguards für sie bereitzuhalten, im heutigen Fall eben mich. Könnte zwar auch nur eine reine Vorsichtsmaßnahme sein, hielt ich aber dennoch für unwahrscheinlich. Man kam eigentlich eher weniger aus dem Nichts auf die Idee, dass sowas angebracht sein könnte.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Ich wusste ja selber, dass meine Antworten wenig hilfreich für ihn gewesen waren, schlicht und ergreifend aus dem Grund, dass es demnach jeder hätte sein können, der mir in die Bar spaziert kam. Aber ich konnte ihm schlecht Details liefern, wenn ich keine kannte. Mich nervte es mindestens genau so sehr wie ihn, dass ich keinerlei Anhaltspunkte hatte - außer eben genannte -, die auf einen möglichen Täter zurückzuführen waren. "Natürlich, ich habe sie sofort gefeuert. Ich gehe mit meinen Mädchen halbjährlich zu Untersuchungen. Und wer scheiße gebaut hat und bei dem ein Ergebnis positiv ausfällt, wird gekündigt. Ich habe keine Nerven, mich um jedes Miststück einzeln zu kümmern. Schlimm genug, dass ich die Damen, die alle im Übrigen Erwachsen sind, zum Arzt begleiten muss, weil sie es sonst einfach schleifen lassen würden." Mein Blick wurde kalt. Rein hypothetisch gesehen könnte es auch aus der Richtung ein paar Tatverdächtige geben. Immerhin verdienen und verdienten die Leute, die bei mir arbeiten, allesamt nicht schlecht. Wenn ich dem ein oder anderen vielleicht einen Urlaub vermiest hatte oder sie ihre Mieten nicht mehr zahlen konnten ... Tja, der Kreis der Tatverdächtigen wuchs, wenn man sich damit mal näher beschäftigte, rasant an. Beunruhigend. Ich hatte nicht gedacht, dass ich scheinbar so vielen Leuten auf den Schlips getreten war. Nun, man konnte es eben nicht allen Recht machen. Was Taurens letzte Frage anging, musste ich zustimmend nicken. Brachte nichts, dass zu leugnen. "Tatsächlich kam schon mal etwas vor. Aber nicht derart", erklärte ich, während ich mich an ihm vorbei in den Wohnungsflur schlich, noch einmal den Weg ins Bad einschlug, um meine Schuhe anzuziehen. Diese hatten von der heutigen Tortur Gott sei Dank nichts abbekommen. Ich nickte in Richtung Haustür und bedeutete meinem Begleiter damit, mir in die Bar zu folgen, die direkt nebenan lag. Sabin hatte sich auch hier eingefunden, schien den Vorfall noch mal Revue passieren zu lassen. "Vor ein paar Monaten haben mir ein paar Leute die Scheiben eingeschlagen und meine Hauswand besprüht. Klassische Parolen, und so weiter... im Prinzip nichts Wildes. Aber das, was heute passiert ist... Nein, das kam so noch nie vor.", beendete ich schließlich meine Überlegungen. Ich hatte zwischendurch inne gehalten, um gedanklich die letzten Monate vor meinem geistigen Auge abzuspielen. Aber wie ich es bereits sagte, war bis auf den Vorfall nichts ungewöhnliches passiert. Und wenn es so gewesen wäre, hätte ich mich vermutlich schon früher um einen Personenschutz gekümmert. Was mich an der Sache allerdings etwas beängstigte, war der Fakt, dass ich jetzt schon seit Tagen ein Ungutes Gefühl hatte, bei dem nicht zuzuordnen war, warum es da war. Schließlich war das auch der Grund gewesen, warum ich mich Tr anvertraut hatte. War das alles bloß ein Zufall..? Auch der heutige Übergriff? Es schien einen Zusammenhang zwischen meinem Bauchgefühl und den heutigen Ereignissen zu geben. Aber es wollte sich mir partout nicht offenbaren.
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Immerhin schien Cosma die Hure schon beseitigt zu haben. Mir wäre es ganz eindeutig zu blöd, mich auch noch um deren Gesundheit kümmern zu müssen. War also definitiv nicht die Art von Geschäft, in das ich zukünftig einsteigen würde. Nicht, dass ich es finanziell gesehen brauchen würde, Hunter gab mir schon genug Geld und ich kam damit besser hin als nur über die Runden. Aber für Frauen, die schon viel angefasst worden waren - gelinde gesagt -, hatte ich sowieso noch nie was übrig gehabt. Nicht, dass ich extrem kitschig veranlagt und der Meinung war, dass man für Sex unbedingt Liebe brauchte, aber die Vagina potenziell mit X Kerlen pro Nacht teilen zu müssen... nein, ich war wirklich froh, keine Frau oder gar Nutte zu sein oder eine von ihnen anfassen zu müssen. Gesundheitskontrollen hin oder her, machte mich einfach irgendwie nicht an. Ich nickte Cosmas Worte ab, bevor ich ihr ein weiteres Mal am heutigen Tag zu folgen begann. Als wir in der Bar angekommen waren, erklärte mir die junge Frau dann auch, inwiefern sie schon Erfahrungen mit gewalttätigen Leuten hatte machen müssen. Allerdings fiel das letzten Endes dann doch eher unter Vandalismus, der mehr nur die Vorstufe zu dem war, was vorhin leider passiert war. Der Italiener saß an der Bar und gönnte sich wohl gerade einen Kurzen, wie ich im Augenwinkel vernahm. "Dann würde ich dir vorschlagen, so rein aus Erfahrung, dass du entweder nur noch wenig allein oder zumindest nicht unbewaffnet rausgehst. Safety First.", erwiderte ich leicht gemurmelt, bevor ich anfing den Raum zu mustern. Mögliche tote Winkel ausfindig zu machen und mit einen groben Überblick verschaffen. Mein Blick drehte sich dann erst wieder spezifisch in eine Richtung, als Sabin das Wort ergriff. "Wollte mir den anderen eigentlich nochmal vorknöpfen... war leider schon weg.", seufzte er und drehte sich auf dem Barhocker, um uns besser sehen zu können. War ärgerlich, hätte man aus dem Kerl doch vielleicht noch eine Information quetschen können. Aber da war dann jetzt auch Nichts mehr zu machen, hätte er - oder wir - früher drauf kommen müssen. Ich war mir hinsichtlich dessen aber keiner wirklichen Schuls bewusst, war das Verstauen der Leiche doch erstmal weit wichtiger gewesen. "Kann man Nichts machen.", meinte ich dann nur mit einem Schulterzucken, sah ihn relativ gleichgültig an. Sollte derjenige nochmal aufkreuzen, würde der Dunkelhaarige ihn doch sicher wieder erkennen und könnte ihn dann dingfest machen. Falls nicht, was schlauer vom Täter wäre, weil er sonst definitiv in die ewigen Jagdgründe einging, dann halt nicht. Was das anging würde ich mich also ebenfalls überraschen lassen müssen.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
"Das sollte nicht so schwer sein", antwortete ich prompt und brach beinahe in schallendes Gelächter aus. So bitter sie auch war - die liebe Wahrheit - so amüsant fand ich sie. "Ich gehe kaum weiter, als vor die Haustür. Und dann auch nur, um die zwei Schritte in meine Bar zu machen", hängte ich rein informativ noch hinten dran. Alles, was ich zum Leben brauchte, passte in diese zwei Schritte am Morgen und in der Nacht, wenn ich die Wohnung verließ und wieder Heim ging. Ich bestellte für die Bar über einen Lieferanten, konnte so entsprechend auch den privaten Einkauf liefern lassen. Sowohl was die Getränke, als auch das Essen anging. Frühstücken tat ich hier in der Bar, wie bereits erwähnt, benutzte ich in der Wohnung ausschließlich das Bad und das Schlafzimmer. Da war ich eher pragmatisch. Dahingehend sollte ich also niemanden seine Zeit rauben müssen. Ich ließ mich neben Sabin auf einen der Barhocker fallen, griff über die Theke und genehmigte auch mir einen Kurzen. Den konnte ich nach dem Schock gut gebrauchen. Meine Gastfreundschaft reichte natürlich so weit, dass ich auch Tauren einen Drink anbot. Alternativ, wenn er keinen Alkohol trank, konnte er sich auch gerne an den Säften bedienen. So wie es aussah, war er nämlich mit ins Boot gestiegen, gehörte quasi zur Crew. Dann durfte er sich auch gerne bedienen, solange er es nicht übertrieb. Gleiches galt für Leute wie Richard oder Sabin. Tyr hatte sich dieses Privileg noch nicht erarbeitet, aber so wie ich ihn einschätze, würde er auf sowas wie Erlaubnis ohnehin einen Fick geben. Wenn nach einem Besuch von ihm also eine Flasche fehlte, wusste ich Bescheid. "Wie sieht denn jetzt der weitere Plan aus?", fragte ich, nachdem ich mich von meinem mittelschweren Lachanfall wieder erholt hatte. Da die Zeit drängte - bald war es Zeit, die Bar zu öffnen - würde ich gerne wissen, wie ich mich den Abend über zu verhalten hatte. Ich war zwar grundlegend eine eigenwillige Person, aber wenn es um meine Sicherheit ging oder um meine Bar, war ich gerne bereit, Kompromisse in der Rollenverteilung einzugehen. Da durfte mir Tauren ruhig ein paar Grundlegende Verhaltensregeln vorschreiben. Anders als sein Boss, war ich nämlich anpassungsfähig...
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Nun gut, dann sollten Alleingänge seitens Cosma ja kein allzu großes Problem darstellen, wenn sie ohnehin nicht besonders oft unterwegs war. Ein Problem weniger. Scheinbar war der allgemeine Hang zu Alkohol hier im Raum gerade recht hoch, wie mir im Folgenden bewusst wurde. Ich selbst sah dafür nicht wirklich einen Grund. War zwar nicht so, als würde ich mich nicht immernoch einen Funken schlecht dabei fühlen, einer anderen Person das Leben auszulöschen, aber der Drang mich ins Delirium zu befördern war in dieser Hinsicht schon lange weg. Allgemein war ich nicht der Typ dafür, mich alle zwei Tage völlig mit Alkohol oder anderen Drogen komplett auszuknocken. Zum einen hätte das Konsequenzen, wenn ich zur falschen Zeit am falschen Ort unzurechnungsfähig wäre und zum Anderen reizte es mich an sich auch noch nie so sehr wie manch Anderen. Ich war gerne Herr meiner Sinne, in ein vollkommenes Besäufnis würde ich also hier und jetzt nicht einsteigen. Aber ein einziger Drink zog mir ja nicht gleich den Boden unter den Füßen weg, weshalb ich mir mit einem "Danke.", ein Glas, Rum und Cola schnappte. Ich machte besagtes gläsernes Gefäß auch nur halb voll, obwohl ich recht trinkfest war. Dann dachte ich kurz über die Frage der Rothaarigen nach, zuckte ein wenig mit den Schultern. "Naja, so bis 23 Uhr werd' ich noch hier sein... um die Zeit müsste Drew dann soweit sein, mir den Wagen für den Transport vorbei zu bringen.", apropos, den sollte ich wohl noch anrufen. Gleich. "Wenn ich mit dem Typen fertig bin komm' ich zurück und warte auf die Ablöse.", erklärte ich den eigentlich simplen Ablauf des Abends. Ich glaubte nicht, dass Cosma in den nächsten Stunden schon den nächsten Angriff zu befürchten hatte, aber allein lassen konnte ich sie hier trotzdem nicht. Wenn ich dann nach dem Verschwindenlassen der Leiche wieder hier war, würde es vermutlich noch ein paar weitere Stuneen dauern, bis letztendlich Ashton kam, um die nächste Schicht anzupacken und den Tag über Kontrollgänge in den nahen Straßen um die Bar herum zu machen. Dann hatte ich Zeit zu schlafen und danach ging es dann auch schon wieder los. Jetzt aber zog ich erst einmal das Handy raus, um Drews Nummer zu wählen und mit ihm abzuklären, ob es denn auch so hinhauen würde, wie ich mir das vorgestellt hatte. Schien auch tatsächlich so hinzuhauen, weshalb ich mit einem doch etwas erleichterten Seufzen wieder auflegen und mich den anderen beiden zuwenden konnte.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Hörte sich nach einem ziemlich simplen Plan an. Ich nickte zustimmend. Richtig, da war ja noch die Sache mit der Leiche gewesen. Hatte ich vorhin nicht noch gesagt, dass gerade ich es nicht vergessen würde? Witzig. Ich schob es für den Moment einfach auf die Müdigkeit, außerdem konnte ich immer noch nicht so richtig glauben, was heute passiert war. Und die Zeit, da weiter darüber zu grübeln, hatte ich auch nicht mehr. Ich nickte Tauren als Zeichen des Verständnis kurz zu, versuchte dann die letzten ruhigen Minuten vor dem großen Ansturm noch zu genießen. Ich hätte mir zwar gewünscht, Sabin heute bei mir in der Bar zu haben, aber ich verabschiedete ihn wenig später an der Eingangstür. Der Gute hatte heute bereits genug für mich getan und ihm sei sein freier Tag auch gegönnt gewesen. Der Abend zog sich schließlich wie Kaugummi. Richard hatte sich heute auch nicht blicken lassen, entsprechend hatte ich niemanden, der mich an der Bar ein bisschen wach halten konnte. Klar, leisteten die Kunden gute Arbeit, bestellten fleißig, aber es war noch mal etwas anderes, wenn man ein bekanntes Gesicht hatte, den man ein bisschen mehr anvertraute als das Glas, in dem das Getränk serviert wurde. Nichts desto trotz überlebte ich die Nacht irgendwie, hatte zwischendrin kleinere Pausen eingelegt, wenn ich Tauren zu seinem Transport verabschiedete und seine Vertretung für die Zeit willkommen hieß. Glücklicherweise war diesen Abend nicht ganz so viel los, ich konnte mich zwischenzeitlich einfach mal hinsetzen. Gen vier Uhr in der früh verschwand endlich der letzte Gast des Abends und ich konnte mich daran machen, die Bar aufzuräumen. Auch wenn es heute wirklich ruhig gewesen war, Dreck war allemal vorhanden. Ich begann damit, alle dreckigen Gläser einzusammeln, verstaute sie in der Spülmaschine und wischte dann mit einem feuchten Lappen über den Tresen und die Standtische. Zu mehr war ich heute dann aber auch nicht mehr zu gebrauchen. Den Boden wischen würde ich morgen... später, wie auch immer. Würde jetzt schon keiner mehr in dem Siff kleben bleiben, außer ich selbst. Ich verstaute noch das Obst und die Alkoholflaschen an Ort und Stelle, wo sie hingehörten, bevor ich mich mit leisen Schritten Tauren näherte, der vor der Tür eine Zigarette rauchte. "Ich mache jetzt zu", murmelte ich müde, rieb mir verschlafen die Augen. Der Arme sah nicht weniger fertig aus. So hart er auch sein mochte, der Tag schien ebenfalls seine Spuren an ihm hinterlassen zu haben. Zwar konnte ich es in dem gedimmten Licht nicht erkennen, aber ich vermutete, dass Augenringe so langsam Einzug in seinem Gesicht hielten. Als ich ihn fragte, wie lange er noch bleiben müsse, bis jemand anderes seine Schicht übernehmen würde, grummelte ich unzufrieden vor mich hin. Ich war kein herzlicher Mensch, aber erzogen worden war ich. Und Mutti sagte immer, niemand solle Hungern oder Frieren. Da letzteres auf kurz oder lang unabdingbar war, wenn er den Rest der Nacht hier vor der Bar hocken würde, nickte ich eine Tür weiter, zog gerade die der Bar hinter mir zu, um für heute dicht zu machen. "Ich denke... hoffe, dass heute nichts mehr passieren wird. Willst du mit hoch kommen? Ich denke, du kannst den Schlaf genau so gut gebrauchen, wie ich", bot ich ihm mit neutraler Stimme an. Ich hatte in dem Raum, den andere vermutlich als Wohnzimmer titulierten eine Schlafcouch und einen Fernseher - der ehrlich gesagt noch nie benutzt worden war - stehen. Es würde mich also nicht schmerzen, wenn er dort seine Mütze Schlaf und die nötige Wärme bekam. Mehr konnte ich ihm nicht anbieten, aber mein Gewissen war immerhin beruhigt.
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So weit, so gut. Schien für den Moment dann auch Alles geklärt zu sein und ich konnte mich erst noch ein klein wenig entspannen, bevor meine eigentliche Arbeitszeit dann anbrach. Der Italiener war schon verschwunden, als ich schließlich meinen Posten an der Außenwand der Bar bezog und mir erstmal ein wenig den Allerwertesten abfriere durfte. Ich war zwar nicht blöd und hatte mir einen dicken Parker mit ordentlich Innenfutter übergeworfen, aber nachdem da doch so ein paar unschöne Blutspuren dran waren, musste ich mit einer Jacke aus Cosmas Fundsachen Vorlieb nehmen. Das an sich widerstrebte mir schon ziemlich und so richtig warm war die auch nicht, also war ich ziemlich froh darüber, als ich einen der mir nur allzu bekannten Wagen anrollen sah. Ich bedeutete Drew in die schmale Gasse einzulenken, bevor ich der Barinhaberin Bescheid gab, damit Alles in geregelten Bahnen lief. Die Leiche war schnell - eingerollt in der Decke - in den Frachtraum des kleinen Lieferwagens geschmissen und so drückte ich mein Amt an meinen Mithelfer ab, bevor ich mich auf den Weg ein wenig außerhalb der Stadt machte. Nicht allzu weit, aber wir nutzten Außenposten in kleinen, alten Industriegebäuden dafür. Innerhalb der Stadt war wegen des unsagbare Gestanks, den die Prozedur auslöste, undenkbar. Ich fühlte mich auch dieses Mal wie der Schlachtmeister höchstpersönlich, als ich den toten Mann in seinen Einzelteilen letztlich mit der Lauge übergoss und mich dann in den Raum nebenan verzog. Satte zweieinhalb Stunden, in denen ich immer wieder nach dem rechten sah, brauchte es, um den Typen komplett unkenntlich zu machen und ich war heilfroh darüber, damit fertig zu sein, als auch die letzten paar Überreste beseitigt waren. Ich wusste nicht, wohin das breite Rohr führte, in welches ich den Mist rein kippte, war aber einfach nur froh als es passiert war. Ich machte zwangsweise noch ein wenig sauber, bevor ich mich dann auf den Rückweg machte. Es war so der mit Abstand ungeliebteste Teil meiner Arbeit, ohne den ich aber leider nicht auskam. Die Jacke, an der sich die DNA befand, hatte ich indessen auch verbrannt. Safety first, ich ging kein Risiko ein. Wieder an der Bar angekommen verabschiedete ich Drew in den Schlaf und bezog nach kurzer Info an Cosma wieder meinen Posten. Diese furchtbar lange Zeit des Nichtstuns verleitete mich gekonnt zu der einen oder anderen Zigarette mehr als sonst, bevor die junge Frau die Bar letzten Endes schließen wollte, woraufhin ich nur nickte. Für mich war die Arbeit damit ja noch nicht zu Ende, die Nacht noch nicht vorbei. Allerdings machte die junge Frau mir dann ein Angebot, mit dessen Ablehnung ich mir wirklich schwer tat. Ich wusste, dass das nicht in Hunters Sinn wäre, weil ich die Straße und die Bar so nicht im Blick haben würde. Dass ich die Arbeit damit schleifen ließ. Aber man, mir war jetzt schon verdammt kalt. Ich tat mir schon schwer die Zigarette zwischen den eisigen Dingern noch festzuhalten. Ich zögerte einige Sekunden, wägte Alles noch einmal gedanklich an, bevor ich aber doch einknickte. "Klingt, als könnt' ich nicht nein sagen.", erwiderte ein klein wenig grinsend, bevor ich die Kippe fallen ließ und am Boden austrat. Ich rieb die kalten Hände aneinander, als ich der Rothaarigen dann erneut in den Flur des heutigen Geschehens folgte.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Für die kommenden Tage würden wir uns in dem Punkt etwas einfallen lassen müssen. Konnte ja nicht angehen, dass Tauren die ganze Nacht in der eisigen Kälte ausharren musste. Selbst mit entsprechender Kleidung war das keine schöne Sache. Würde ich vielleicht noch mal eine Absprache mit Tyr treffen, dass mir der Gebäudeschutz nachts nicht ganz so wichtig war. Was konnte da maximal kaputt gehen? Nur Sachwerte, nach Ladenschluss hielt ich mich selten noch in der Bar auf. Und wenn dann eben wieder eine Scheibe eingeschlagen wurde, na ja, dann war das halt so. Nahm ich lieber auf meine Kappe, als einen erfrorenen Menschen. Ich schloss besagte zwei Schritte weiter die Tür zum Hausflur auf, in dem vor wenigen Stunden noch der tote Körper meines Angreifers gelegen hatte. Ein letztes Mal sah ich mich prüfend um, ob auch wirklich alles beseitigt war, bevor ich die Treppenstufen weiter empor stieg. Oben angekommen, ließ ich erschöpft die Haustür hinter uns ins Schloss fallen, bedeutete Tauren den Weg ins Wohnzimmer, während ich eine Tür weiter ins Schlafzimmer einbog. Dort hortete ich im Schrank nämlich meine restlichen Kissen und Decken. Ich kramte zwei verschiedenen Kissen und eine dicke Decke aus dem Versteck, die ich dem jungen Mann schließlich auf die Couch warf. "Du kannst gerne Fernsehen gucken, wenn er noch funktioniert." Um ehrlich zu sein, hatte ich länger nicht mehr überprüft, welche elektrischen Geräte hier in der Wohnung überhaupt noch brauchbar war. "Kaffee und Frühstück kann ich dir morgen früh aber leider nicht anbieten. Müsstest dafür dann runter in die Bar", murmelte ich weiter. Gab einfach keine Utensilien, mit denen er sich hier etwas zu Essen oder ein Heißgetränk machen konnte. Den Kühlschrank hatte ich zum Einsparen der Stromkosten ebenfalls ausgesteckt, alles Lebenswichtige befand sich somit in der Smith and Wesson. Dieses Mal war ich diejenige, die den Posten im Türrahmen bezog. Zumindest so lange, bis mir noch etwas Wichtiges einfiel. Ich trat ein paar Schritte auf meinen heutigen Gast zu, streckte die Hand nach ihm aus. "Dein Messer, bitte", bat ich ihm in neutraler Stimmlage. Zwar hegte ich nicht unbedingt die Vermutung, dass er vor hatte, mit in der Nacht ab zu stechen, aber sicher war sicher. Selbst wenn er noch weitere Waffen dabei hatte, würde ich mich mit der Abnahme des Messer schon mal ein Stück weit besser fühlen. "Du weißt schon: Safety First.", wiederholte ich seine Worte von vorhin, konnte ein schmales Grinsen nicht unterdrücken. Sobald ich hatte, was ich wollte, würde ich ihn in Ruhe lassen und auch ins Land der Träume abdriften. So lange das aber noch nicht passiert war, würde er mich hier nicht loswerden.
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