Nein, der Strom floss noch immer nicht in wirklich geregelten, oder gar ruhigen Bahnen. Zwar hatte ich inzwischen nicht mehr das Bedürfnis einfach so jedem Unbekannten, der auf dem Heimweg an mir vorbeigekommen war, meine Faust ins Gesicht zu knallen, aber von Ruhe im Innern war ich noch weit entfernt. Es hatte auch so gar nicht funktioniert mir während dem Gehen die unliebsamen Gedanken aus dem Kopf zu schlagen, hatte ich doch gerade dabei so herrlich viel Zeit zum Nachdenken. Bevor ich Sydney überhaupt antwortete - sie war augenscheinlich auf dem Sprung gewesen, die Vermutung, dass das auf meinem Wegbleiben basierte, lag ziemlich nahe - zog ich mir erst einmal die gefütterte Jacke aus. Legte auch den Schal bei Seite und wurde die schwarzen Boots los, die so das Einzige meiner Kleidungsstücke zu sein schienen, das wirklich warm hielt. "Ja, alles okay..", gab ich dann leicht gemurmelt, ein klein wenig grummelnd zur Antwort, bevor ich ihr zwangsweise in den Küchenbereich des Bungalows folgte. Natürlich würde ich ihr nicht die Wahrheit sagen, konnte ich schlichtweg nicht. Aber ich war ein guter Lügner - welch Ironie, wo ich doch genau das so verabscheute - wenn es darauf ankam, also würde mich das kaum in die Bredouille bringen. Also ließ ich mich auf den schlichten Stuhl ihr gegenüber sinken, bevor ich das Wort wieder aufnahm. "Ich weiß, tut mir leid... ich hab's einfach vergessen.", setzte ich seufzend erst einmal zu der wohl angebrachten Entschuldigung an, bevor ich eine Erklärung dran hängte. "Ich hab mich nach dem Kurs spontan noch mit einem Bekannten", Freund würde ich ihn ganz sicher nicht nennen. "aus der Bar getroffen. Er ist eigentlich in Ordnung, wir hatten nur eine nervige kleine Diskussion. Künstler sind manchmal einfach ein bisschen...", ich suchte nach einem Wort, dass irgendwie halbwegs schön beschrieb, dass der Typ eindeutig verkorkst war. "...sonderbar, wenn du mich fragst. Und ich neige einfach dazu, etwas überzureagieren.", gab ich ihr genug kleinere Details, um meine Erklärung nicht zu oberflächlich wirken zu lassen. Dass ich leicht an die Decke ging war ihr ja nicht fremd, war also auch nicht unwahrscheinlich, dass ich in einer simplen Diskussion gerne mal etwas über die Stränge schlug... oder eben Gesichter gegen Gartenzäune, konnte auch passieren. Ich legte mir im Kopf aber schon ein paar weitere Worte zurecht, weil ich noch lange nicht beim Amen angekommen war. Ich war also nur für einige Sekunden still, bevor ich die Frage anhängte, die mir so auf der Seele brannte. "Du musst mir Irgendwas geben, Sydney... es macht mich wahnsinnig, dass ich den halben Tag ohne Antworten darüber nachdenken muss, ob mir die Arschlöcher theoretisch noch auf den Versen sind, oder nicht..", hakte ich dann einfach nach, gefolgt von einem erschöpften Seufzen. Ich verstand ja, dass man mich irgendwo nur mit dem Unwissen schützen wollte. Aber es war kein Schutz, es war blanke Folter. Sie wusste doch ebenso gut wie ich selbst, wie akribisch die Mafia mit Verrätern umging. Es blieb zu hoffen übrig, dass sie mir wenigsten einen Fetzen der Wahrheit gab.
Auch ich hatte mich auf einen der schlichten Stühle niedergelassen, ein Bein angewinkelt, das andere lose baumelnd. "Verstehe", gab ich nur nickend von mir, auch wenn das scheinbar noch nicht alles gewesen war. Es bekräftigte mich nur noch mehr in meinem Gedanken, dass Sabin irgendwie in der Klemme zu stecken schien, aber was sollte ich in der Situation groß tun. Klar, konnte ich die FBI Hosen anziehen, aber inwieweit das jetzt zum Erfolg führte, sei mal dahin gestellt. Ich seufzte schwer. Ratlos und genervt. "Pass auf, ich muss dir sicher nicht sagen, dass Scheiße bauen hier aktuell keine Option ist, das hab ich schon am Anfang erwähnt. Wenn du was verbockt hast, sag es mir bitte frühzeitig, damit ich reagieren kann. Ich möchte nicht vor unvollendete Tatsachen gestellt werden",sagte ich entschlossen, bevor ich die Augenbrauen ins Gesicht zog. Wie kam er denn jetzt auf das Thema? Er wusste doch genau, dass ich über laufende Ermittlungen keine Auskünfte geben darf. Auf der anderen Seite konnte ich nachvollziehen, dass er sich wohl unwohl, gar unsicher fühlte, wenn er nicht wusste, wie es um seinen alten... Kumpanen stand. "Du weißt, dass ich dir da nichts sagen kann, Sabin", versuchte ich vom Thema abzulenken, aber er wollte partout keine Ruhe geben, was mich resigniert nach meinem Laptop greifen ließ, den ich vorhin auf dem Tisch zugeklappt hatte. Ich drückte den Power Knopf, um mir keine fünf Minuten später die aktuellen Ermittlungsakten anzeigen zu lassen. Ich hatte vorhin schon einmal rein gesehen, die Ergebnisse waren ehrlich gesagt nicht sonderlich zufriedenstellend. Grummelnd, weil ich genau wusste, dass ich hier aber sowas von gegen das Gesetz verstieß, drehte ich den Laptop in Sabins Richtung. Der Desktop war übersät mit verschiedenen Ordnern, alles Prozessakten, die besagten, dass der Kopf der Mafia noch immer nicht hinter schwedischen Gardinen saß. Trotz Sabins umfangreichem Geständnis, hatte der Mafiosi für alle, ihm angehängten Verbrechen ein wasserdichtes Alibi. Wir standen also bei Null. Und ich durfte mir im Grunde genommen für umsonst diese ganze Scheiße hier geben, denn Mazzantis Aussage war Alles in Allem komplett für die Tonne gewesen. Aber gut. Half ja alles nichts.
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Ich musste hier wohl Niemandem sagen, dass ihre Warnung so ziemlich nur zum einen Ohr rein und zum anderen kurz darauf wieder raus ging. Ganz einfach deswegen, weil ich ja bisher im Grunde genommen Nichts getan hatte. Natürlich war es irgendwo Körperverletzung, wenn ich dem Typen das Gesicht am Zaun blutig quetschte, aber er wäre mit seinem Job wohl so ziemlich der letzte, der deswegen freiwillig auf die Bullen zuging, um Anzeige zu erstatten. Würde mich zumindest sehr wundern und dann stünde immernoch Aussage gegen Aussage. Es gab weder Zeugen noch anderweitige Beweise, also konnte mir schlicht Niemand was. "Nette indirekte Unterstellung, danke.", grummelte ich kaum hörbar was das anging nur zurück, verengte die Augen ein wenig und legte den Kopf leicht schief. Ich sah es gar nicht ein, dazu überhaupt noch mehr zu sagen. Ich war kein Lamm und das wussten wir beide, aber ich hatte Richard und seinem Geschäft den Rücken gekehrt, was ihr mehr als genug wert sein konnte. Erstmal zumindest. Ebenso wenig sah ich es ein, mich hier ein weiteres Mal mit Sydneys üblicher Leier abspeisen zu lassen. Vielleicht hatte ich in deren Augen kein Recht darauf, die Wahrheit zu erfahren, aber mir reichte es einfach. Sie konnten nicht erwarten, dass ich wie ein pummeliger Hamster brav weiter durchs Rad lief und funktionierte, wenn sie mir nicht einmal sagten, wie es überhaupt um mein eigentliches Hauptproblem stand. Um den Kerl, der mir mein ganzes, gottverdammtes Leben versaut hatte. Also bekam ich schließlich doch noch, was ich wollte, hatte nach schier endlosen weiteren Minuten den Bildschirm des Laptops vor der Nase. Klickte mich zwei oder drei Minuten lang durch unzählige verschieden Akten und Ordner und überflog die Zeilen, bevor ich leise lachend das Gerät wieder ein Stück von mir weg schob. Ein verzweifeltes, recht ironisches Lachen, das keinesfalls aufgrund von Freude erklang. Ich lehnte mich zurück, faltete die Hände am Hinterkopf und lächelte fast schon selig vor mich hin, während ich an die vollkommen leere, weiße Decke sah. Anfing, dabei italienische Worte vor mich hin zu murmeln. Warum gab ich mir diese Scheiße hier überhaupt noch? Ich würde sicher sowieso innerhalb von ein paar Wochen unter der Erde liegen, also wozu der ganze Aufstand? Mich jeden Tag abzurackern wie ein Bekloppter, Zuhause auch noch weiter zu lernen, damit ich den Sprachkurs auch ja so schnell wie möglich abschließen konnte, erschien mir jetzt noch so unfassbar viel sinnloser als noch vor ein paar Minuten. Ich senkte den Blick erst nach etwas mehr als einer Minute wieder, richtete ihn - nach wie vor fast gruselig lächelnd - wieder zu Sydney. "Ach, weißt du... eigentlich könntest du auch einfach gehen. Wenn du hier bleibst unterschreibst du nur dein eigenes Todesurteil.", sinnierte ich weiter vor mich hin. Obwohl ich gerade mehr oder weniger erfahren hatte, dass mir zukünftig zig italienische Kopfgeldjäger auf den Versen sein würden, war es immernoch besser als das Unwissen, das mich vorher geplagt hatte. Jetzt wusste ich immerhin, worauf ich mich einstellen musste... und wenn es nur das Sterben war. Ich wusste, woran ich war.
Ich hatte in der Zeit, in der Sabin sich die Unterlagen durchgelesen hatte sinnlos in der Luft herum geguckt. Immerhin kannte ich ja schon alles, hatte es bereits mehrfach studiert. Es dauerte eine ganze Weile, bis Mazzanti den Laptop wieder zuklappte. Erst dann richtete ich auch wieder mein Blick auf den zugegeben ziemlich blassen Italiener. Ich erschrak ein wenig vor seinem Gesichtsausdruck und noch mehr wegen seiner Aussage. Als Spezialagentin fing ich mich allerdings binnen weniger Sekunden wieder, schüttelte kurz den Kopf. Klar, beschlich mich da ein ungutes Gefühl, gerade weil ich wusste, dass ich für Sabin wirklich kein Hindernis war, wenn es drauf ankommen würde. Ja, ich hatte eine gute Ausbildung beim FBI genossen und ja, ich konnte auch mit einer Schusswaffe umgehen, aber wenn der junge Mann mir gegenüber jetzt unerwartet aufsprang und mir an die Kehle ging, konnte ich mir all das getrost von der Backe schmieren. Da hätte mir nichts mehr helfen können. Dennoch blieb ich ruhig, äußerlich zumindest. "Ich gehe nirgendswo hin", antwortete ich in einem ruhigen Ton. "Das FBI und ich lassen nicht zu, dass dir hier etwas passiert", fügte ich hinzu, obwohl ich wusste, dass das auch nur ein Tropfen Wasser auf dem heißen Stein war. Sabin hatte Angst und ich konnte es verstehen. Mit Mafiosis war leider nicht zu spaßen und ich war mir - auch wenn ich es nicht direkt aussprach - sicher, dass sie ihn hier auf kurz oder lang gesehen finden würden. Aber bis dahin hatten wir, meines Erachtens nach, noch ein wenig Zeit. "Ich weiß, du möchtest das nicht hören, aber jetzt durchzudrehen ist auch keine Option", versuchte ich weite, beruhigend auf ihn einzuwirken. Die ganze Zeit über fixierte ich ihn mit einem nachdenklichen, aber ruhigen Blick, versuchte auch ein schmales Lächeln aufzusetzen, was nur mehr oder weniger funktionierte. Ich fühlte mich in der Situation auch nicht sonderlich wohl, aber schreiend im Kreis zu rennen war in keinem Fall eine Option. Und ich hoffte einfach, die Zeit hier in Norwegen zu überleben, danach war mir - auch wenn es sehr egoistisch klang - alles, was hier passierte herzlich egal. Nur inmitten eines Mafiastreits wollte ich nicht enden.
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Schöne, verblümte Weltansicht, die sie da mit sich herumtrug. Glaubte sie wirklich, dass das FBI Italiens insgeheimem König auch nur Irgendwas anhaben konnte, wenn er das nicht wollte? War das die Sache, die sie nachts ruhig schlafen ließ? Wenn Tommaso (ja er kriegt jetz mal 'nen Namen lol) der Kopf danach stand, dann schickte er seine Söldner gegen ganze Armeen in den Krieg. Das Schlimme daran war nicht einmal, wie unzählig viele Connections und Handlanger er hatte. Aber die Tatsache, dass seine Schläger - was eine sehr, seeehr milde Beschreibung für seine Kamikaze-Jungs war - in ihren Leben wohl nur noch genauso wenig zu verlieren hatten, wie ich selbst, machte sie so unfassbar skrupellos. Durchweg unberechenbar. Denen ging es am Arsch vorbei, ob sie bei so einer Aktion draufgingen und es war ihnen genauso egal, wer sonst noch Alles dabei starb. Das waren allesamt kriminelle Psychopathen, die sich einzig noch durch Geld kontrollieren ließen. So nach dem Motto, wenn sie sonst schon Nichts hatten, dann musste wenigstens das Konto platzen. Ich war ja schon eine Spezies für mich selbst mit meinen Ansichten auf die Welt, aber diese Kerle sprengten ganz einfach sämtliche rational erreichbaren Grenzen. "Ja, red' dir das gerne weiter ein, Syd'.", kommentierte ich ihre Worte in dieser Hinsicht nur sehr trocken, schüttelte verständnislos den Kopf. Ich war nicht dabei, durchzudrehen. Mein Gehirn quittierte Situationen, die es erst einmal verarbeiten musste, nur gerne mit Sarkasmus und Humor. Einfach, weil es so im ersten Moment irgendwie leichter erträglich war herauszufinden, dass man am Arsch war. "Oh, glaub' mir, ich dreh' hier gerade nicht durch. Du würdest es merken, wenn es so wäre.", unterstrich ich meine Gedanken noch einmal wörtlich, wobei es wieder mehr dahin gewitzelt klang, als dass es gar eine Drohung oder dergleichen war. Ich hatte keinen Grund dafür der Agentin ein Haar zu krümmen. Sie machte hier nur ihren Job und dass sie mir damit hin und wieder auf die Nerven gehen musste, dafür konnte sie mehr oder weniger Nichts, hielt sie sich dabei doch nur an die Regeln, an die sie nunmal gebunden war. Neben all dem Sarkasmus, der sich als Schutzmechanismus vor dem Wahnsinn in meinem Kopf gerade ausbreitete, fand sich langsam aber sicher auch die Wut neben jenem ein. Wie konnte man so unfähig sein? Da verließ mich sich ein einziges Mal in seinem ganzen Leben auf die Polizei und das war, was dabei herauskam? Ich hatte ja schon vorher nicht viel von den Idioten gehalten, aber sie gaben sich wirklich alle Mühe damit, diesen Eindruck in meinem Kopf noch weiter zu verstärken. Würden sie einfach nur ein einziges, gottverdammtes Mal auf ihre Gesetze scheißen und ohne weitere Beweise vorgehen, nur eine einzige beschissene Station der Mafia überrollen, dann würden sie Etwas finden, da war ich mir todsicher. Ich konnte nicht mehr stillsitzen, fing an in der nicht allzu großen Küche hin und her zu gehen wie ein Tiger im Käfig.
Man konnte es aber auch wirklich zu ernst nehmen. Ich rollte etwas genervt mit den Augen. Wie ich bereits sagte, konnte ich verstehen, dass ihn das an die Nieren ging, aber jetzt wie ein aufgescheuchtes Huhn durch den Stall zu petzen war auch nicht gerade das Gelbe vom Ei. "Genau aus dem Grund sollen solche Akten eigentlich geheim bleiben. Du machst dir einen viel zu großen Kopf darum. Bis jetzt hat es doch auch gut funktioniert, du lernst die Sprache, du hast einen Job. Keiner hat dich bis jetzt auf deine alte Identität angesprochen", sinnierte ich noch immer in einem ruhigen Tonfall. Wenn jetzt wir beide in Panik ausbrachen, war alles vorbei. Außerdem war ich, wie gesagt, sehr zuversichtlich, dass wir Tommaso noch dran kriegen würden und dann brauchte sich Sabin keine Gedanken mehr zu machen. Der Kopf der italienischen Mafia hat genug Dreck am Stecken, um für eine ganze Weile im Knast zu schmoren. Als Mazzanti schließlich aufstand und nervös durch den Raum tigerte, erhob ich mich ebenfalls vom Tisch. Er machte mich mit seinem Aufstand mindestens genau so verrückt, wie er es aktuell war. Und so langsam gingen mir auch die Argumente aus, um ihn zu beruhigen. Ich bereute direkt, dass ich ihm die Unterlagen zur Durchsicht übergeben hatte, wäre er doch sicher ruhiger, wenn er nicht wüsste, dass er potenziell noch immer von seinem alten Chef verfolgt werden würde. Etwas resigniert sah ich in seine Richtung, zuckte dann nachdenklich mit den Schultern. "Was willst du denn jetzt machen? Dich hier Zuhause verstecken, oder wie darf ich mir das vorstellen?", unterstrich ich meinen Gedankengang verbal, weil ich langsam nicht mehr weiter wusste.
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Ja, bist jetzt mochte Alles halbwegs so funktioniert haben, wie die sich das gedacht hatten. Ich ging zu dem Sprachkurs und hatte auch relativ schnell einen Nebenjob gefunden. Dagegen sagte ich auch gar nichts. Aber das winzige Detail, dass der Kopf der Mafia ihnen schon wieder durch die Lappen gegangen war, das schien sie hier nicht einmal zu interessieren. Sydney tat, als würde aus einer Mücke einen Elefanten machen und das war weiß Gott nicht so. Sie musste sich selbst einreden, dass sie hier sicher war, anders konnte ich mir das einfach nicht erklären. "Es geht nicht um den bescheuerten Sprachkurs oder ums Barkeeper sein.", sagte ich diesbezüglich nur genervt, hielt dann inne und lehnte mich mit der Hüfte an die Küchentheke, bevor ich mir die angespannten Schläfen rieb und die unruhig umher gewanderten Augen schloss. "Wenn ihr ihn jetzt nicht habt, dann kriegt ihr ihn auch nicht mehr. Zumindest nicht aufgrund meiner Aussage. Er ist nicht bescheuert.", stellte ich mit einem tiefen Seufzen fest. Ich wünschte wirklich, Tommaso wäre einfach nur ein dummer Prügelknabe, der ausschließlich mit sturer Gewalt immer seinen Willen durchsetzte und dabei anderen Hintermännern das Denken überließ, aber das war weit gefehlt. Jetzt, wo er wusste, was sie ihm dank meiner Wenigkeit theoretisch Alles anhängen wollten, würde er so viele Vorkehrungen treffen wie nur irgendwie möglich, um das zu verhindern. Egal, was es kostete. Es war sowieso ein schieres Wunder, dass sie ihn hatten schnappen und verhören können, weil er sich normalerweise sehr gezielt außerhalb des Radars der Polizei bewegte - jetzt vermutlich noch so viel mehr als normalerweise schon. Der Mafioso hatte sicher viele Bunker, von denen nicht einmal ich Etwas wusste. Ihre letzten Worte ließen mich wieder trocken auflachen. "Du tust so, als hätte ich auch nur ansatzweise eine eigene Wahl, was ich jetzt tun werde.", erwiderte ich karg und mit einem doch ziemlich zynischen Blick in Sydneys Richtung, hatte die Hand an meinen Schläfen inzwischen wieder sinken lassen. Ich würde weiter den Hamster spielen oder mich freiwillig in den Knast bringen müssen, eine andere Option gab es nicht. Ganz offiziell gesehen zumindest. Ich kannte mich zu gut und war mir demnach auch ziemlich sicher, dass es hier früher oder später aus dem Ruder laufen würde. Denn Gefängnis war auch keine Option. Zum einen deshalb, weil ich ganz einfach kein Feigling war und zum anderen, weil es da noch weniger sicher für mich wäre, als hier in Norwegen. Denn ich würde in einen italienische Knast wandern und, oh Wunder!, da gab es zahlreiche Ex-Mafia-Mitglieder, die sich sicher wieder zurück ins Spiel bringen wollten, indem sie meinen Kopf rollen ließen. Fakt war also ganz einfach, dass ich hier noch tiefer in der Scheiße herumwühlte, als mir vor dem Einblick in die vertraulichen Daten bewusst gewesen war.
Langsam war es für mich echt genug. Wenn er sich partout nicht beruhigen lassen wollte, dann brauchte ich meine Zeit daran auch nicht zu verschwenden. Auch das wenige Vertrauen in die Vereinigten Staaten stieß mir in der Situation sauer auf, sodass ich mich dazu entschied, die Diskussion zu verlassen. "Dann kann ich dir auch nicht helfen. Es sieht aktuell so aus, als würdest du mit deiner schlechten Laune lieber allein sein. Außerdem werde ich nicht dafür bezahlt, mir von dir ans Bein pissen zu lassen", quittierte ich mit einem schnippischen Unterton seine Aussagen. Ich stand vom Tisch auf, nahm mir meinen Laptop und verzog mich anschließend in mein Zimmer. Ich war wirklich froh, dass wir uns nicht auch noch ein Bett teilen mussten, spätestens da wäre ich wahnsinnig geworden. Nicht nur aus dem Grund, dass ich jede Nacht Angst haben musste, potenziell umgebracht zu werden, nein, ich wollte das auch nicht meinem Mann erklären müssen. In meinen privaten vier Wänden schmiss ich die Tür lautstark ins Schloss, drehte den Schlüssel herum - sicher ist sicher - und ließ mich frustriert aufs Bett fallen. Weich und bequem war anders, aber immerhin war es qualitativ zumindest so weit, dass ich keine Rückenschmerzen davon bekam. Alles in allem erfüllte es also seinen Zweck. Genau so wie alles andere hier auch. Die Einrichtung war überwiegend Secondhand, nur wenig war neu gekauft worden. Für mich war das okay, ich kannte nichts anderes, achtete ich doch auch privat sehr darauf, nicht allzu viel zu verschwenden und nur bedingt Neues zu kaufen. Für Sabin war das alles etwas anders. Er kam, so wie ich aus den Akten entnehmen konnte, ja aus eher besseren Verhältnissen. Vielleicht nicht unbedingt aus seiner Kindheit, aber in der Mafia hatte er doch einen echt guten Ruf genossen, entsprechend Kohle gehabt. Aber er hatte dem Leben abgedankt, sich für etwas anderes entschieden, also musste er damit leben, dass das hier kein Luxushotel war.
~ le skippö
Es war ein ruhiger Dienstagabend in der Smith and Wesson gewesen. Ich saß mit einem Mai Thai in der Hand an einem der hinteren Tische und beobachtete die gut gelaunte, teils tanzende Menge, während ich immer wieder einen Schluck nahm. Ich war dieses Mal weitaus später in der Bar als normal, aber ich hatte noch einiges zutun gehabt. Umso glücklicher war ich, dass ich jetzt Feierabend hatte und den Abend richtig gut ausklingen lassen konnte. Ich hatte es mir mit zwei Mädels aus meinem Bekanntenkreis gemütlich gemacht, zwischendrin mit Cosma gequatscht und einige Runden für alle Anwesenden ausgegeben. Nicht zuletzt, um meinen heißgeliebten Barkeeper hinter der Theke ein wenig zu fordern und durch die Blume natürlich auch etwas zu provozieren. Ich wollte ihm damit einfach zeigen, wie viel Geld ihm durch die Lappen ging, weil er sich bis jetzt noch auf keinen Deal mit mir eingelassen hatte. Ich konnte ja nicht ahnen, dass er genau das heute vorhatte, wo ich ihn doch jetzt ein wenig in seinem Job forderte. Es flossen Menschenmassen an die Bar, um sich einen Drink in meinem Namen zu bestellen, was mir unweigerlich ein Grinsen ins Gesicht zauberte. Bei dem Gedanken an Sabin fasste ich mir unweigerlich an die noch immer lädierte Nase. Nach der Begegnung mit dem Zaun war ich froh, dass sie nicht gebrochen war. Das war immer so eine Geschichte, die wieder gerade zu biegen - im wahrsten Sinne des Wortes. Es dauerte eine ganze Weile, bis sich der Trubel um der Bar wieder etwas gelegt hatte, sodass auch ich aufstand, um mir einen neuen Drink mixen zu lassen. Ich war zwar verwöhnt, aber Cosma mit meinen Wünschen zu belästigen, wo sie anderweitig Wichtiges zutun hatte, fand ich nicht richtig. So löste ich mich widerwillig von meinen liebreizenden Begleitungen, bedeutete beiden, dass ich gleich mit Nachschub an Getränken wieder da sein würde und schlängelte mich dann durch die Masse in die Mitte des Raums, wo die Bar ihren Platz hatte. "Ich hätte gerne noch drei Drinks, Mai Thai, Batida Blue und eine Moscow Mule, bitte", waren die an Sabin gerichteten Worte. Ich nahm zum Warten auf einem der Barhocker Platz, hatte den Blick nicht länger als nötig auf den undankbaren Bastard gerichtet, der er war.
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Dass ich herausgefunden hatte, dass mein alter Chef mir noch immer auf den Versen war, war inzwischen fast drei Wochen her. Mittlerweile hatte ich mich für das Ausrasten - konnte man so eigentlich nicht nennen, wenn man es an meinen Standards maß, aber nunja - bei Sydney entschuldigt, weil ich ganz einfach nicht wollte, dass das zwischen uns stand und wir uns im Alltag giftige Blicke zuwarfen. Ich fühlte mich sowieso schon hochgradig unwohl, da musste das nicht auch noch sein. Also hatte ich die weiße Flagge gehisst und ihr gesagt, dass ich versuchen würde, nicht zu viel daran zu denken... aber wer's glaubt wird selig. Es ging mir seitdem nichts Anderes mehr durch den Kopf und daran konnte auch guter Wille Nichts ändern. Dementsprechend dachte ich natürlich auch recht fieberhaft darüber nach, wie ich mich ohne allzu viel Geld investieren zu müssen schützen konnte. Auch da kam ich relativ bald zu dem Ergebnis, dass das schlicht und ergreifend nicht möglich war, wenn es um den Kopf der italienischen Mafia ging. Mit einer Alarmanlage fürs Haus war es schließlich nicht getan. Und wie kam man schnell an Geld? Richtig, mit sämtlichem illegalen Scheiß. Aber Richard war die einzige Adresse, die ich diesbezüglich aktuell hatte und würde kaum noch gerne mit mir reden, nachdem ich sein Gesicht am Zaun frisiert hatte. Dennoch wartete ich an jedem Arbeitstag darauf, dass er wieder in die Bar kam. Heute sollte es soweit sein und dass er sauer war, war mir schon nach ein paar Minuten schmerzlich bewusst. Der Kerl machte sich einen Heidenspaß daraus, mich reichlich Stress auszusetzen und wirklich verübeln konnte man es ihm eigentlich nicht, dass er mir deutlich zeigen wollte, dass ich einen Fehler gemacht hatte. Geil war's trotzdem nicht, zumal ich so auch absolut keine Zeit dazu hatte, mal zu ihm zu gehen und vielleicht mit einer Entschuldigung rauszurücken. Deswegen war ich doch recht froh darüber, dass der Dozent sich nach schier endlos vielen gemixten Drinks von allein zu mir bewegte, um weitere Cocktails zu ordern. Ohne dazu direkt Etwas zu sagen begann ich mit dem Mischen, fing jedoch noch währenddessen zu reden an. "Hast du ein paar Minuten?", hakte ich also nach, als ich den ersten Drink gerade im Mischer durchschüttelte. "Ich hab in...", ich sah auf die schlichte Uhr an der Wand hinter mir. "...fünf Minuten Pause.", fügte ich indirekt noch hinzu, dass ich es bevorzugen würde, an einem ruhigeren Ort als hier direkt an der Bar mit ihm zu reden. Ich konnte ihm schließlich nicht über die Theke hinweg zuschreien, dass ich es mir mehr oder weniger anders überlegt hatte. Zu ein paar kleinen Bedingungen, aber gut... wenn er selbst sich darauf nicht einlassen wollen würde, konnte er mir sicher trotzdem sagen, wo ich sonst noch anklopfen konnte, um mehr Kohle reinzukriegen.
Musik in meinen Ohren. Wenn er schon so anfing, gab es doch nur ein Thema, über das er mit mir reden wollte. Und ich war gesprächsbereit. "Für dich doch immer", war deshalb alles, was ich von mir hören ließ, natürlich nicht ohne dieses süffisante Grinsen. Einfach würde ich es ihm trotzdem nicht machen. Schlicht, weil ich einfach immer noch sauer war. Es gab vieles, was ich tolerierte, aber körperliche Gewalt zählte nicht dazu. Ich war der festen Überzeugung, dass man auch mit Worten genug Schaden anrichten konnte, wenn man es denn richtig anstellte. Aber gut, ich wollte darüber nicht weiter diskutieren, war ich einfach der Auffassung, dass Sabin sich meinen Respekt und auch mein... na ja... Vertrauen - wenn man das denn so nennen konnte - erst wieder verdienen und oder erarbeiten musste. "Aber ich werde erst meine Getränke servieren und genießen", hängte ich beiläufig hinten dran und wartete dann geduldig auf meine Drinks. Da ich ohnehin keine Antwort darauf erwartete, balancierte ich die drei Gläser nach ihrer Fertigstellung gekonnt durch die Menge, um sie wenig später vor meiner weiblichen Begleitung abzustellen. Ich lehnte mich entspannt zurück und legte mir im Kopf schon einige Sachen zurecht, auf die ich gerne in dem Gespräch eingehen wollte. Ich saß zwar von Grund auf schon am längeren Hebel, aber man musste sich ja auf jede Eventualität einstellen. Es war ja nicht so, als wäre ich nicht verhandlungsfähig, aber ich hatte grundlegende Prinzipien, über die ich nicht diskutieren würde. Zum Beispiel das Thema mit der Gewalt. Die Uhr tickte fröhlich vor sich hin, während ich ab und zu einen Schluck von meinem Drink nahm. Es war etwa eine viertel Stunde vergangen, bis ich mich schließlich dazu aufraffen konnte, mich erneut durch die Masse zu schlängeln, nur um vor der Bar einen Abstecher nach Links zu machen. Ein Zutritt nur für Personal untersagte mir theoretisch den Eintritt in die hinteren Räumlichkeiten, aber da ich Cosma ja nun schon länger kannte, würde sie da sicher ein Einsehen mit mir haben - haha. Die Tür flog hinter mir zu und mit dem Mal wurde auch die Musik ganz leise. Es war, als könnte man sich hier fast in normaler Lautstärke unterhalten. Ich betrat einen relativ kargen Raum ausgestattet lediglich mit einem Tisch, einem Aschenbecher, eine Kaffeemaschine war das Highlight des Raums. Hier im Pausenraum lungerte Sabin seit gut zehn Minuten rum, wartete wohl ganz gespannt auf mich. Und er konnte mir glauben, dass ich mindestens genau so interessiert daran war, in welche Richtung sich das Gespräch entwickeln würde.
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Also gut, dann eben erst ein wenig später. War nicht so, als hätte ich es eilig, immerhin hatte ich eine halbe Stunde Pause. Solange er innerhalb dieser Zeitspanne aufschlug, war mir das recht und so schob ich Richard mit einem Nicken die Drinks zu, bevor ich noch die letzten Minuten vor der Pause zu Ende brachte und mich dann in den hinteren Bereich des Gebäudes verzog, um erstmal in Ruhe eine Zigarette zu rauchen. Tat ich nur hier auf der Arbeit und die Kippen hatte ich mir vom Trinkgeld gegönnt, dagegen konnte Sydney also kaum Etwas haben - zumal es mich auch schlicht nicht jucken würde, wenn es so wäre. Also saß ich ganz entspannt an dem Tisch und nahm den gerade letzten Zug vom Glimmstängel, als ich die Tür zum Hauptraum der Bar aufgehen hörte, der dunkelhaarige junge Mann sich wie erwartet zu mir gesellte. Ich drückte die Lungenkrebs fördernde Zigarette erst in aller Ruhe aus, bevor ich aktiv meinen Blick auf ihn richtete und mich dabei etwas auf dem relativ unbequemen Stuhl aufrichtete. Ich wartete noch, bis Richie Platz genommen hatte, ehe ich zu reden begann. "Gleich vorweg - das mit deiner Nase tut mir leid. Ich hab' in dem Moment einfach überreagiert, war nicht okay.", entschuldigte ich mich erstmal in gänzlich ruhigem Ton bei dem Kunstschmuggler, wobei mir wohl anzusehen war, dass ich das auch wirklich ernst meinte. Er war wirklich nicht der Typ, vor dem ich gerade explizit Etwas zu befürchten hatte, er hatte mich nur einfach böse auf dem ganz falschen Fuß erwischt. "Und kommt natürlich auch nicht mehr vor, sofern du überhaupt dazu bereit bist, mit einem Temperamentsbolzen wie mir noch zu verhandeln.", fügte ich dann gleich noch ein paar Worte mehr an, wobei das auch noch nicht Alles gewesen sein sollte, was ich zu sagen hatte. Denn es gab ein paar grundlegende Dinge, die im Ernstfall für mich unabdingbar waren, ohne die das mit uns beiden auf geschäftlicher Ebene einfach nicht funktionieren konnte, weshalb ich sie schlichtweg gleich zu Beginn erwähnen wollte. Ohne Richards Einverständnis diesbezüglich konnten wir uns das sowieso in die Haare schmieren, also wollte ich es einfach schonmal gesagt haben. "Ich bin mir ziemlich sicher, dass du schlau genug bist, um dir deine eigenen Schlüsse zu ziehen... dennoch gilt es wohl zu erwähnen, dass ich nicht neu in dieser Szene bin. Mir sind illegale Geschäfte nicht fremd und ich werde mich auch nicht so behandeln lassen, als wäre ich irgendein Drogenkurier auf unterster Stufe. Wenn, dann sind wir Geschäftspartner auf Augenhöhe, wobei ich dir natürlich trotzdem Raum bezüglich dem Kunstwissen geben würde, das mir noch fehlt.", erläuterte ich ihm eine grundlegende, auf meiner Seite existierende Bedingung. Der Tonfall dabei war noch immer der gleiche - sachlich und ruhig.
Ich ließ mich gegenüber von Sabin auf einen der freien Stühle fallen, lehnte mich, insoweit das möglich war, bequem zurück und steckte mir zu Gesprächsbeginn erst mal eine Zigarette an. Da ich kaum Zeit hatte, meinen Gegenüber zu begrüßen, weil er direkt seine Ansprache startete, wartete ich geduldig darauf, dass er fertig war. Ich pustete in der Zeit ein paar Ringe aus Rauch in die Luft, überdachte jedes einzelne Wort, was er da von sich gab. Hörte sich Alles in Allem ja schon mal nicht schlecht an, aber es gab noch Einiges, worüber man noch reden musste. Als ich schließlich zu Wort kam, war die Zigarette auch schon aufgeraucht und ich erstickte die letzte Glut im Aschenbecher. "Also, eins nach dem anderen...", mit einer entsprechenden Handbewegung signalisierte ich, dass ich einen kurzen Moment brauchte, um mich zu sortieren. "Das mit der Nase ist quasi vergessen" - war natürlich gelogen - "aber ich hoffe doch, dass das einmalig war. Ich bin kein großer Freund von körperlicher Gewalt, weißt du. Es gibt meiner Meinung nach genug andere Wege, jemanden zu verletzten. Aber gut, vielleicht regelt man das in Italien anders, weiß ich ja nicht." Ein schwaches Schulterzucken. War nicht mal böse gemeint, meine Worte waren ruhig und sachlich, wie seine auch. Aber es war de facto so, dass in anderen Ländern eben andere Sitten herrschten. "Wie auch immer. Was Letzteres angeht, wäre ich einverstanden. Ich möchte vorher aber gerne wissen, worauf ich mich einlassen würde und was für mich dabei raus springt." Ich beugte mich in seine Richtung, stützte die Ellenbogen auf dem Tisch ab und gestikulierte mit drei Fingern das internationale Zeichen für Wie viel Kohle gibt's dafür? Mit seiner Aussage bezüglich der Rollenverteilung war ich ohne Wenn und Aber einverstanden. Solange er sich aus meine Business raushalten würde und mich auf Augenhöhe als Geschäftspartner akzeptierte, wollte ich nicht infrage stellen, wie gut er in dem war, was er tat. Aber um auch mich abzusichern und Eventualitäten durch Razzien oder Ähnlichem vorzubeugen, würde ich natürlich gerne wissen, was ihn als Geschäftsidee so durch den Kopf ging. Sicher war der Kunsthandel eines der Dinge, die er weiterhin am Laufen halten wollen würde, gab ja auch gut Schotter, aber so wie es sich anhörte, hatte er auch noch andere Pläne. Zumindest hoffte ich das, denn jemanden als Geschäftspartner zu sehen, der sich wie eine Made durch mein hart erarbeitetes Fleisch fraß, war für mich ein Ding der Unmöglichkeit. Aber wie bereits mehrmals erwähnt, ging ich schon davon aus, dass da noch was kam. Spätestens die Tatsache, dass er mit illegalen Geschäften bereits zutun hatte, ließ viel Spielraum, Kunden noch etwas neben der Kunst anbieten zu können. Sobald ich wusste, worum es grundlegend ging und was für mich dabei heraus sprang, würde ich meine Bedingungen stellen. Immerhin hatte ich nicht umsonst gewartet, bis er auf mich zukam. Ich hatte schließlich Pläne, andernfalls hätte ich das Saatgut gar nicht erst gestreut.
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Ja, es mochte gute andere Wege dazu geben, Jemandem weh zu tun. Ich selbst wusste nur zu gut, dass auch Worte sich wie Messer durchs eigene Herz bohren konnte, wenn Jemand nur geschickt genug einen bestimmten Nerv traf. Aber wenn dann Einer wortwörtlich mit einem Messer in der Hand vor dir steht, solltest du dir schlicht zweimal überlegen, ob du wirklich mit einer wörtlichen Verhandlung anfangen wolltest, statt dich gleich zu wehren. Zögern oder viel drum herum reden hatte ich schon unzählige Male zum Tod führen sehen, also war das schlicht eine Sache, die ich so niemals unterschreiben würde. Das lief nicht nur in Italien so, sondern überall, wenn man sich nur mit den falschen Leuten anlegte. Er schien solche Bekanntschaften wohl noch nicht gemacht zu haben. "Ja, da magst du auch recht haben - aber ich bin schlicht Niemand, den du provozieren solltest, Richard. Lass' die Lügen bleiben und wir kriegen keine Probleme.", unterstrich ich ihm nur noch einmal, dass ich sowas zukünftig ganz sicher nicht mehr dulden würde. Ich brauchte einfach Leute um mich herum, auf deren Ehrlichkeit und Loyalität ich zählen konnte, weil die Geschichte sonst schnell den Bach runter gehen konnte - zu unser aller Leidwesen. Vielleicht hätte ich auch erwähnen sollen, dass ich Zuhause eine FBI-Agentin neben mir auf dem Sofa sitzen hatte. Aber ich würde sie gekonnt zu umgehen wissen, da war ich mir sehr sicher. Sie mochte gut sein in dem, was sie tat, aber sie hatte im Grunde genommen dennoch keine Ahnung davon, was sie mit mir für eine Person vor sich hatte. Dafür reichte das Lesen meiner fetten Akte bei Weitem nicht aus. Jedoch konnte ich die Frage des Dozenten nicht zu einhundert Prozent beantworten. Es war schwierig auf der kriminellen Ebene sicher Fuß zu fassen, wenn man die wichtigsten Personen und deren Bewegungen noch nicht kannte. "Vorerst nur Hehlerei und manipulierte Boxkämpfe...", fing ich recht nachdenklich an zu reden, wobei mein Blick unbewusst auf die fast leere Tischplatte abrutschte. Für solche Dinge Leute zu finden, würde kaum schwer sein. Nicht genehmigte Boxkämpfe mit armen Schluckern im Ring im Untergrund gab es auch hier wie Sand am Meer, worüber ich mir bereits selbst möglichst unauffällig ein Bild gemacht hatte. Daraus mit Manipulation Geld zu scheffeln war eines der leichtesten Dinge der Welt. Und die Hehlerei selbst hatte ich seit mehreren Jahren betrieben, da machte mir auch so schnell keiner mehr was vor. "...ich brauch' erst einen besseren Überblick in die Hauptprobleme Oslo's", damit waren eher nur Personen und deren Hauptgeschäfte gemeint, die eventuell Etwas gegen Neueinsteiger haben könnten. "bevor ich dir explizit sagen kann, was ich mir hier sonst noch erlauben kann, und was nicht.", stellte ich fest, sah ihn erst jetzt wieder an. Ich konnte schließlich nicht anfangen hier wild Koks oder dergleichen zu verticken, wenn der Markt in diesem Gebiet sehr wahrscheinlich Anderen gehörte. Dann wären mir - und unweigerlich auch dem Kunstfanatiker - nämlich sehr schnell noch andere Leute auf den Versen, als nur mein rachsüchtiger Ex-Chef.
Ich sah Sabin mit hochgezogener Augenbraue an, zuckte dann aber schlussendlich nur mit den Schultern. Ich würde lügen wann immer ich das wollte, da hatte ich auch keine Angst vor Problemen, die ich mit ihm bekommen würde. Schlicht aus dem Grund, dass er nicht mein Vormund war und mir so rein gar nichts zu sagen hatte. Wie war das gleich noch mit Geschäftspartnern? Herumkommandieren war, meiner Meinung nach, keine gute Art, Geschäftsbeziehungen zu erhalten. Aber gut, der Klügere gab schließlich nach und so ließ ich das Ganze schließlich unkommentiert. Ich für meinen Teil würde mich ihm zuliebe nicht verbiegen und mich ihm auch nicht unterwerfen, lediglich mit ihm zusammen arbeiten. Und wenn er mich mit Respekt behandelte, konnte er das auch von mir erwarten, aber das ich meine Charakterzüge ablegen würde, konnte er getrost vergessen. Soviel zu dem Thema. Weiter ging es mit den geplanten Geschäftsideen, die ich mir gründlich durch den Kopf gehen ließ, bevor ich langsam, aber zustimmend nickte. "Hört sich vernünftig an", antwortete ich nach einer Weile und überlegte im Hintergrund, wie ich ihm hinsichtlich des Auskundschaften von Oslo helfen konnte, bevor der Groschen fiel. "Ich kenne da jemanden... oder auch nicht", setzte ich an, lachte dann kurz etwas trocken. Kennen war da zu viel gesagt. Mir war einer seiner unzähligen Namen ein Begriff, aber viel hatte ich mit ihm bisher nicht zutun gehabt. Jedoch konnte ich mir vorstellen, dass er seine Nase tief in diesem Business hatte und Sabin bei ihm an der richtigen Adresse war, wenn es um die Probleme der Stadt ging. Gut, ob er da jetzt eine Antwort bekommen würde, war ein anderes Paar Schuhe, aber fragen kostete ja nichts. "Ich weiß nicht, wie er aktuell heißt, aber als ich ihn das letzte Mal gesehen habe, hieß er Tyr. Ein Michelinmännchen, da könntest sogar du dir noch eine Scheibe abschneiden", grinsend hob ich zum zweiten Mal an diesem Abend meine Augenbraue. "Ich bin mir sicher, dass er dir deine Frage beantworten kann. Er war auch schon mal hier in der Bar, aber ich weiß nicht, ob er regelmäßig hier ist", war das Letzte, was ich dazu sagen konnte. Ich tat das Ganze dann auch vorerst mit einem Schulterzucken ab, sah dann auf die Uhr. Da Mazzantis Pause ohnehin zu Ende war, erhob ich mich, drehte mich auf dem Absatz zur Tür. Auf halben Weg hielt ich inne, kramte kurz in meiner Jackentasche, um meinem Geschäftspartner wenig später ein zerknülltes Foto von besagtem vor die Nase zu werfen. Das Bild entstand vor wenigen Wochen an einer Tankstelle hier in der Nähe und erinnerte stark an ein Fahndungsfoto von der Polizei...
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Richard schien mit meinem Vorschlag bezüglich der ersten Einnahmequellen vorerst zufrieden zu sein, was ich nur noch mit einem leichten Nicken abtat. Wie gesagt musste ich mir dennoch zuerst ein grobes Bild darüber verschaffen, wer in Oslo hier welche Fäden zog und ob ich Jemandem damit vielleicht auch schon in die Quere kommen würde. Bei der Hehlerei konnte mir jedoch eigentlich Niemand was vorschreiben, wenn es nicht seine Ware war, die ich stahl. Was die Boxkämpfe anging war das vermutlich nochmal ein etwas anderes Bier. Aber Richie sollte auch was das anging gleich nochmal eine Info für mich haben. Er kannte da also Jemanden. Oder auch nicht. Das war ja schon vielversprechend. Seine Beschreibung war gelinde gesagt sehr wage und wirklich Etwas damit anfangen konnte ich im Grunde genommen auch nicht. Ich hatte nur einen halben Namen - der wohl nicht einmal sein richtiger war, soweit ich das heraushören konnte - und ein unscharfes Bild. Tankstellenkameras eben, die waren jetzt nicht das Non Plus Ultra. Aber der Kerl schien wohl was auf dem Kasten zu haben, so wie er mir von dem Dunkelhaarigen hier präsentiert wurde. Er ließ sich wohl ab und an auch mal hier in der Bar sehen, aber offenbar nicht jeden Abend. Andernfalls wäre er mir sicher auch schonmal ins Auge gefallen, arbeitete ich doch mindestens fünf von sieben Wochentagen in dieser Bruchbude. Wenn er halbwegs regelmäßig hier war, dann in weiten Abständen. Cosma würde das aber sicher wissen, schließlich besaß die gute Frau den Laden nicht erst seit gestern. "Gut, dann werd' ich mal schauen, was sich da machen lässt..", meinte ich diesbezüglich dann nachdenklich, war inzwischen schon aufgestanden, weil die Zeit eben doch langsam drängte. Richard verschwand wieder nach vorne und ich sah nur noch für einen kurzen Moment auf das Foto, bevor ich es tief in meiner Hosentasche verschwinden ließ und dann wieder in den Hauptbereich der Bar ging, wo meine ach so geliebte Arbeit auf mich wartete. - - - - hust, Zeitsprung, hust - - - - Es dauerte einen ganzen verfluchten Monat, bis ich auch nur ansatzweise richtigen Kontakt zu diesem ominösen Kerl herstellen konnte, der an jeder Ecke, an der ich Verbindungen zu ihm fand, irgendeinen anderen Namen hatte. Während er das sicher lustig fand, war es für mich einfach nur wahnsinnig anstrengend und ich war wirklich kurz davor, einfach aufzugeben. Wer nicht gefunden werden wollte, wollte sicher auch nicht reden. Doch schließlich gab es einen kleinen Lichtstreif am Horizont. Ich konnte einen seiner Hintermänner ausfindig machen, der mir nach satter Bestecherei anbot, Tyr - oder wen auch immer, was weiß ich - zu einem Treffpunkt kommen zu lassen, sofern er denn Lust dazu hatte. Eine Bestätigung bekam ich nicht, keine Zusage, keine erneute Rückmeldung. Ich musste mich also ganz einfach darauf verlassen, dass er wirklich in der Smith and Wesson auftauchen würde. Es war unter der Woche, genau genommen ein Mittwoch und viel los war auch nicht. Vereinzelt saßen ein paar Leute zu zweit an den Tischen und genossen ihr Feierabendbier, aber der große Ansturm blieb gänzlich aus, wofür ich nur allzu dankbar war, obwohl ich heute offiziell sowieso nicht arbeiten musste. Solange ich noch auf den vermeintlichen Tyr wartete, half ich Cosma dennoch mit dem Tragen von ein paar Bierkästen und Obstkisten aus, brachte Richard, der ebenfalls anwesend war, ein oder zwei Mal was zu trinken. Es waren 37 Tage vergangen und es war bereits kurz vor ein Uhr nachts, ich hatte die Hoffnung im Grunde genommen auch schon aufgegeben, da kam er doch noch. Was ich erst erkennen konnte, als er die schwarze Kapuze nach hinten abzog.
Ursprünglich hatte ich gar nicht vorgehabt, überhaupt aufzukreuzen. Nicht nur, weil ich es so wie viele andere unsinnige Angebote für blanke Zeitverschwendung hielt, sondern auch, weil ich es momentan weiß Gott nicht brauchte, mich kleineren Geschäften hinzugeben. Ich hätte jedes Mal beim Baden zig Scheine aufweichen und zerreißen können und würde dennoch nicht in Windeseile zum armen Teil der skandinavischen Bevölkerung gehören. Zwar war das Berufsrisiko allgemein sehr hoch, wenn man als Auftragsmörder arbeitete, aber wenn man gut war, machte sich das bezahlt. Teilen musste ich auch nicht zwingend mit Jemandem, warf nur ab und an ein paar Scheine an kleine Handlanger ab, damit sie fröhlich weiter für mich arbeiteten in dem Glauben, ich stünde voll und ganz hinter ihnen. Was ich nicht tat. Würden sie von den Bullen erwischt werden oder sterben, dann juckte mich das genauso sehr wie ein Reiskorn, das in China grade aus dem Sack fiel. Aber sie erledigten die Drecksarbeiten für mich, auf die ich selbst nur wenig Lust hatte, weshalb ich irgendwo ganz weit hinten in meinem Kopf vielleicht ein winziges bisschen dankbar für ihre Arbeit war. Jedenfalls war ich schlussendlich doch die Gassen bis zu der kleinen Spelunke entlang geschlurft, deren Tür ich jetzt aufschob. Einfach, weil ich sonst gerade Nichts zu tun hatte und vielleicht war das Geschäft ja doch nicht so schlecht, wie ich im Voraus dachte. Mal sehen. Drinnen angekommen öffnete ich die schwarze Lederjacke und zog erst danach die Kapuze des ebenfalls schwarzen Hoodies ab, den ich unter jener Jacke trug. Ich ließ den wie immer sehr kalten, leicht funkelnden Blick durch den Raum wandern, ohne Irgendwen dabei gezielt anzusehen. Erst danach ging ich zu dem Tisch, an dem ich immer saß, wenn ich denn dann alle paar Monate mal hier war. Der war besetzt. Also bat ich die beiden älteren Damen - alt war hier relativ, wohl irgendwas zwischen 35 und 40 - erst einmal in fast nettem Ton, sich zu erheben. Taten sie nicht, sahen sich nur etwas irritiert an. Weil mir das allein schon wieder zu lange dauerte und auch die Entzugserscheinungen des gestrigen Alkoholkonsums sich in Kopfschmerzen bemerkbar machten, knurrte ich sie daraufhin an, dass sie gefälligst das Weite zu suchen hatten. Laut. Unhöflich. Eiskalt. Die zweite Bitte schien dann doch angekommen zu sein, eine von beiden kramte noch mit zitternder Hand in ihrem Portemonnaie nach einem Zwanziger und schmiss ihn im Weggehen auf den Tisch, bevor sie die Bar mit der anderen verließ. Dann hatte ich die Bank an der Wand für mich und sehr zu meiner Freude saßen auch an den Tischen und Bänken, die direkt an den meinen angrenzten, keine Leute. Ich warf einen kurzen Blick auf die beiden Drinks, rümpfte dann die Nase und schob beide Gläser weit von mir weg. "Kann man hier auch was zu trinken kriegen, das nicht für Pussys ist?", bat ich - nach wie vor laut, damit sämtliche Angestellte mich auf keinen Fall überhören konnten - um einen ordentlichen, teuren Tropfen Alkohol, der im Idealfall schön die ganze Speiseröhre verätzte. Dauerte auch nicht allzu lang, dann kam der Kerl, der mich beordert hatte, mit einem halbvollen Glas braunem Whiskey auf Eis zu mir rüber. Er entsprach eins zu eins der Beschreibung meines Mittelmanns und sonst sah hier Niemand so aus, war also sehr eindeutig. Der Kerl schob mir das Glas von der anderen Seite des Tisches aus zu, als er sich gesetzt hatte. Ich nahm es in die Hand, roch erst einen Moment daran und nahm dann vorsichtig einen Schluck. Okay, Geschmack hatte er, dann konnten wir jetzt weiterreden. Das Glas landete wieder auf dem Tisch, bevor ich ihn mit meinen Augen fixierte. "So, Sabin... dann erzähl' mir doch mal, warum du mich in dieses Drecksloch von Absteige hast kommen lassen.", forderte ich ihn unmissverständlich dazu auf, auf den Punkt zu kommen, weil ich keine Nerven für lästiges um den Brei herum reden hatte. Außerdem betonte ich seinen Namen ganz bewusst provokant. Er hatte meinem Handlanger keinen Namen genannt, auch sonst keine Details gegeben. Wie gut, dass mich Sowas nicht ansatzweise daran hinderte, mich über Leute zu informieren, bevor ich in Erscheinung trat. Richard war mir ebenfalls schon in den Augenwinkel gehuscht, wobei ich ihm bis dato keine große Aufmerksamkeit schenkte. Seine Geschäfte, die im Vergleich zu meinen eher Peanuts hervorbrachten - dafür aber auf den ersten Blick weit weniger offensichtlich strafbar waren und auch weniger Kugeln im eigenen Fleisch bedeuteten -, waren für mich nicht von Interesse und solange er mir mit Nichts in die Quere kam, sollte er tun und lassen, was er wollte. Ich kannte seinen Namen und wusste im Groben, was er hier in Oslo für Spielchen trieb. Mehr musste ich über ihn vorerst auch nicht wissen.
Am Tag des ausgemachten Treffens hatte sich auch meine Wenigkeit in die Bar bewegt. Sabin hatte mich erst vor Kurzem darüber informiert, dass er scheinbar Verbindungen zu diesem ominösen Tyr hatte herstellen können. Da musste ich schon mal meinen Hut ziehen. Ich selbst hatte wegen privater Dinge lange nach ihm gesucht, es aber irgendwann aufgegeben. Übrig geblieben war lediglich das verpixelte Foto von einer Tankstellenkamera und die negativen Erinnerungen an ihn. Entsprechend gespannt war ich, ihn hier und heute eventuell wieder zu sehen. Schon vor Öffnung der Bar hatte ich auf dem Einlass gestanden, was mich eine Rechtfertigung bei Cosma gekostet hatte, als sie mich da so verloren im Türrahmen stehen sah. Ich wägte einen Augenblick das Risiko ab, welches ich eingehen würde, wenn ich Cosma die Wahrheit erzählen würde. Auf der anderen Seite hatte sie genug eigene Scheiße am Stecken und konnte uns sicher auch das ein oder andere Mal unter die Arme greifen. Ich seufzte tief und rückte zu etwa fünfzig Prozent mit der Geschichte raus, was sie lediglich mit einem Schulterzucken quittierte. Viel Reaktion hatte ich nicht erwartet, aber das war doch schon unter dem Durchschnitt. Scheinbar lag ihr etwas Bedrückendes auf der Seele. Da ich wusste, dass die junge Frau kein Mensch war, der gerne redete, wenn sie Probleme hatte, wartete ich stumm darauf, dass sie mir die Tür öffnete. Dabei ließ sie sich reichlich Zeit, schien über meine Worte nachzudenken. Letzten Endes betraten wir aber beide gemeinsam die Bar und ich half ihr, bis Sabin aufkreuzte, mit ein paar organisatorischen Dingen. Als die Bar sich etwa eine Stunde später gut füllte und auch Cosmas Unterstützung eintraf, zog ich mich etwas in den Hintergrund zurück, beobachtete die hereinströmenden Gäste. Ich orderte immer wieder Drink, bis es schließlich so weit war und Tyr die Tür herein spazierte. Es war schwer, ihn ausfindig zu machen, war es hier drin nicht gerade hell und meine Augen waren hinsichtlich der Sehschärfe in die Ferne auch nicht mehr die Besten. Aber alleine die Tatsache, dass der Pöbel kurz nach seiner Ankunft lautstark auf sich aufmerksam machte, bestätigte meine Vermutung. Kein anderer würde sich so herablassend und unfreundlich aufführen, wenn er nicht wusste, dass er es sich leisten konnte. So war seine Ankunft auch bei Sabin nicht unbemerkt geblieben und er kümmerte sich alsbald um den unangenehmen Gast. Cosma war ebenfalls von hinten nach vorne gekommen, wollte sich scheinbar einen Eindruck verschaffen, wer hier gerade so laut geworden war, dass man es selbst durch die Musik ohne Probleme hatte hören können. Ihrem Blick entnahm ich, dass sie kurz davor stand, auf den jungen Mann zu zugehen, woran ich sie in letzter Sekunde noch abhalten konnte, indem ich sie sachte am Arm nach hinten zog. Leise grummelnd beobachtete gemeinsam mit mir das Gespräch, was sich über die Zeit scheinbar in eine verhältnismäßig gute Richtung entwickelte. Das entnahm ich zumindest den zufriedenen Gesichtern auf beiden Seite. Ich nickte Cosma zu und bedeute ihr mit einem Nicken in Richtung Sabin, dass ich mich den Jungs mal langsam nähern würde. Der Blick auf die Uhr verriet mir, dass es mittlerweile gut zwanzig Minuten an Unterhaltung war. Wurde also Zeit, dass ich mich mal langsam einmischte. So schlenderte ich gelassen auf die beiden zu, die Hängen lässig in den Hosentaschen verstaut. Vor Ankunft setzte ich ein charmantes Lächeln auf, auch wenn mir absolut nicht danach war, ließ mich dann auf den freien Platz unmittelbar neben Tyr fallen. Schien ja sonst keiner neben ihm sitzen zu wollen. "Und, habt ihr euch ausreichend besprochen?", fragte ich und mein Lächeln glich mehr einem schmalen Grinsen. Weitere Fragen ersparte ich mir erst einmal, hoffte einfach auf informative Antworten
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Einerseits hieß ich es grundsätzlich ja schon willkommen, wenn Jemand sehr direkt und offen war. Aber der Kerl übertrieb mit seinem Auftritt dann doch selbst für meine Verhältnisse und ich ging inklusive Getränk mit einem etwas mulmigen Gefühl zu ihm rüber. Angst hatte ich nicht, aber er wirkte doch schon auf den ersten Blick sehr speziell und solche Leute waren einfach mit Vorsicht zu genießen. In jeder Hinsicht. Tyr ließ es mich alsbald wissen, dass er derjenige war, der hier die Oberhand hatte und sich von mir Nichts sagen lassen würde, womit ich aber kein Problem hatte, war mir das doch im Voraus schon klar gewesen. Zwar nicht, dass der Kerl sich offenbar ein wenig zu viel Hintergrundwissen über mich angeeignet hatte, aber gut, damit würde ich jetzt leben müssen. Solange er die Klappe hielt, was das anging... Ich fackelte auf seine Aufforderung hin auch gar nicht lange damit, ihm klar zu machen, weshalb ich ihn hatte kommen lassen. Zum einen wegen einiger Informationen, die dringend notwendig waren, damit ich mit illegalen Geschäften Niemandem versehentlich ans Bein pisste. Das an sich schien für ihn nicht wirklich ein Problem darzustellen, war er gegen eine ausreichende Entlohnung dazu bereit, mir ein paar - viele - Antworten zu geben. In welchem finanziellen Rahmen wir uns bewegten war mir bis dahin noch nicht klar, obwohl es mich schon ein bisschen wunderte, dass er so ungeniert zustimmte, während er immer wieder an seinem Whiskeyglas nippte. Dabei ließ er mich aber nie wirklich aus dem eiskalten Blick, den er an den Tag legte, während ich seinen Augen überwiegend nur mit blanker Neutralität antwortete. Nach der Informationsgeschichte fragte ich ihn danach, ob er auch dazu bereit wäre mir ein wenig Schutz zu leisten, sollte es zu Zwischenfällen kommen, die in der Szene langfristig gesehen fast unvermeidbar waren. Beziehungsweise uns, Richard war nach wie vor mein Geschäftspartner und würde zwangsweise dann auch mit auf die Folterbank gelegt werden. Allerdings fügte ich noch an, dass sich das in Hinsicht auf mich selbst auch auf meine Vergangenheit bezog, weil mir Jemand womöglich einen Besuch abstatten würde. Tyr wusste, wovon ich redete, fing breit an zu grinsen. Schön, dass er sich darüber amüsieren konnte.
Ein paar Informationen also. Das war Alles, was er von mir wollte? Damit konnte ich gegen entsprechende Entlohnung durchaus leben. Dass Sabin selbst sich darüber im Klaren war, dass er Niemandem zu sagen hatte woher er die Informationen denn hatte, war sicher beiden Seiten bewusst. Das brauchte ich ihm nicht wörtlich zu sagen, wenn er in im Untergrund nicht zum ersten Mal Fuß fassen wollte. Aber billig würde ihn das nicht kommen. Gar nichts, was ich tat, war auch nur ansatzweise billig. Wenn er - beziehungsweise auch Richard, wie mir im Folgenden dann noch klar gemacht wurde - sich das leisten wollte, dann hatte das langfristige, finanzielle Folgen. Ich war nämlich nicht blöd und gab mich mit einer einmaligen Zahlung zufrieden, nein. Dann kam er noch mit der Schutzgeschichte an. Von wegen er bräuchte ein oder zwei Leute, die ihm im Ernstfall unter die Arme greifen oder ihm den Arsch retten konnten. Klar, so ganz ohne Prügelknaben ging es nicht. Sein Geschäftspartner sah mir nämlich nicht unbedingt nach einem Schläger aus und Sabin selbst würde alleine nicht viel ausrichten können, obwohl er sicher die eine oder andere Auseinandersetzung hinter sich hatte. Wenn drei oder vier Mann ihnen gleichzeitig in die Quere kamen, hatte sich das ganz schnell erledigt. Sowas machte ich tatsächlich auch recht oft gerne persönlich, sofern ich Zeit dazu hatte und nicht besseren Geschäften hinterher war. Schlicht, weil ich Gewalt so schön befriedigend fand. Es löste eine wunderschöne Genugtuung in mir aus, wenn ich Jemandem den Schädel einschlug oder Körper mit ein paar Kugeln durchsiebte. War besser als jede Symphonie. Bis jetzt hatte ich Alles in Allem standardmäßig kühl in seine Richtung gesehen, konnte mir das Grinsen letzten Endes dann aber nicht verkneifen, als der Italiener darauf kam, dass er mich außerdem gern für einen gewissen anderen Fall, sollte er eintreten, an seiner Seite hätte. Zum einen grinste ich, weil mich der Gedanke anlachte, dass ich womöglich ein paar Mafiosos den Arsch wegschießen konnte und zum Anderen deshalb, weil dadurch nur noch umso deutlicher wurde, dass er mich brauchte. Ob er wollte oder nicht. Auch ein sehr schönes Gefühl. "Sollte sich einrichten lassen.", erwiderte ich daraufhin noch und lehnte mich gerade fast schon entspannt nach hinten, als sich der dritte Kopf des Geschäfts mit am Tisch niederließ. Etwas zu nah für meinen Geschmack, mir war persönlich ja das nur gegenüber sitzen bei geschäftlichen Angelegenheiten lieber, weshalb ich ihn und seinen Strahlemann-Gesichtsausdruck auch mit einer hochgezogenen Augenbraue quittierte, ihn vorerst damit gewähren ließ. Ich wollte mal nicht so sein. Sollten sie sich im Nachhinein aus der Geschichte heraus hangeln wollen, konnte ich ihm schließlich immernoch eine verpassen. Auf Richards Frage hin nickte ich also. "Mehr oder weniger. Euch ein paar Fragen zu beantworten ist an sich kein Problem und für mögliche Gewaltausschreitungen bin ich auch immer zu haben..", stellte ich mit leicht kratziger Stimme fest, weshalb ich gleich noch einmal mit einem Schluck Whiskey nachspülte, bevor ich weiter redete. "Aber die Bezahlung steht noch aus.", klärte ich ihn über die aktuelle Lage des Gesprächs auf, sah beide noch einmal kurz an, bevor ich mit meiner unumstößlichen Forderung rausrückte. "Zwanzig Prozent.", sagte ich und verschränkte die Arme vor der Brust. "Von?", hakte Sabin ruhig nach, was mich erneut ein leichtes Grinsen entwickeln ließ. "Allem natürlich.", definierte ich weiter. "Und von dir eigentlich noch fünf Prozent mehr, für deinen... Sonderwunsch.", ergänzte ich feixend an den Ex-Mafioso gerichtet, der sich daraufhin mit der Hand übers Gesicht rieb. Sollten sich mal nicht so haben. Das waren nur zehn Prozent von Richard und fünfzehn von Sabin. Dann hatten sie immernoch dreiviertel der Beute für sich allein, sofern nicht noch weitere Wünsche aus ihrer Richtung an mich gerichtete wurden. War ja klar, dass das notwendige Budget dann nochmal steigen würde.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Es dauerte nicht lange, bis ich auf meine Frage eine Antwort bekam. Verhältnismäßig gespannt - wenn auch äußerlich ruhig - wartete ich darauf, dass Tyr uns seine Konditionen mitteilte. Sabin hatte mir ja bereits verraten, was er von ihm wollte, hatte ich ihm ja letzten Endes den Tipp gegeben, mal bei ihm anzuklopfen. Hätte nicht gedacht, dass es direkt eine so innige Beziehung werden sollte. Es ging ja erst mal nur um Informationen. Von Personenschutz hatte ich nichts gewusst, aber gut, das beeinflusste ja Gott sei Dank nicht meinen Anteil an der ganzen Sache. Dass niemand hier in Oslo umsonst arbeitete, war mir natürlich vollkommen bewusst gewesen, einer wie Tyr sowieso nicht. Anders als Sabin zuckte ich nur mit den Schultern, als der Prügelknabe uns offenbarte, wie viel er denn anteilig an unseren Geschäften abzwacken wollte. Zehn Prozent also... Pff. Für das, was man aus der ganzen Sache machen konnte war, meiner Meinung nach, ein angemessener Preis. Natürlich kam es darauf an, wie hoch die Ausgangssumme war - schien auch der Gedanke von Sabin zu sein -, aber bei dem, was ich mit meinen Machenschaften so einsackte, da waren das Peanuts. Sollte mir Recht sein, solang auch ich dafür zumindest ein kleines bisschen Rückendeckung bekam. Der Gedanke daran, dass man unter den Umständen gegebenenfalls auch in anderen Gewässern - Preisklassen von Gemälden - schwimmen konnte, ließ mich grinsen. Da ging sicher noch was. "Hört sich doch fair an", war alles, was ich dazu zu sagen hatte. Fragen hatte ich keine. Dahingehend vertraute ich Tyr fürs Erste. Er schien mir nicht der Typ Heuchler zu sein, der jemanden verkaufte, wenn es darauf ankam. Zumindest nicht, wenn man dafür eine stattliche Summe zahlte. Würden mich meine Sinne täuschen und er würde wider Erwarten plaudern, müsste ich mir die Frage stellen, wie man als so Jemand ein... na ja, positives Image hier in Oslo pflegen konnte. Verräter standen selten auf Platz Eins der Kriminellen Rangordnung. Aus dem Augenwinkel vernahm ich eine rasche Bewegung und wäre, wenn hinter mir keine Lehne gewesen wäre, wohl rücklings nach hinten gekippt vor Schreck. Cosma hatte sich, zumindest für mich, unbemerkt an den Nachbartisch geschlichen, schloss sich jetzt der gemütlichen Plauderrunde an. Na klar, hätte ich auch selbst drauf kommen können. Andernfalls hätte sich sicher keine zig unzufriedene Kunden an der Bar gesammelt, wenn Sabin oder Cosma für Bestellungen zugänglich gewesen wären. Mein Herz raste, als ich die rothaarige, junge Frau ansah. Noch bevor ich irgendeine Art von Ton herausbrachte, schlug sie entschlossen auf den Tisch. Die Gläser wackelten, ihr Blick wurde eiskalt und wanderte zwischen Tyr und Sabin hin und her. Auch ich blieb nicht ungeschoren.
Auch wenn Richard mich gebeten hatte, einfach an der Bar zu bleiben, hatte ich mich dagegen entschieden und war ihm wenig später so unauffällig, wie es in einer Bar eben ging, gefolgt, hatte mich an einem etwas abgelegenen Nachbartisch niedergelassen. Durch die Musik hatte ich nur etwa ein Drittel des Gesprächs mitbekommen, was mir aber absolut ausreichte, um wenig später erzürnt zu den Jungs zu stoßen. Richie sah aus, als stünde er kurz vor dem Herztod, aber da konnte ich jetzt keine Rücksicht drauf nehmen. "Wenn in meiner Bar derartige Geschäfte gemacht werden, möchte ich gerne darüber informiert werden", die Mahnung richtete sich in erster Linie an Sabin, der sich als Angestellter sowas eigentlich nicht zu erlauben hatte. Ob Spionage der Mitarbeiter so viel besser war, stand in dem Augenblick nicht zur Diskussion. Wie bereits erwähnt, hatte ich nicht das ganze Gespräch mitbekommen. Aber die Wortfetzen Personenschutz und Gewaltausschreitung reichten mir aus, um mich ins Gespräch einzumischen - frech wie ich war. Ich schlug mit der flachen Hand auf die Tischplatte, brachte damit die Gläser samt Inhalt zum Zittern. Im Gegenteil zu so ziemlich allen Frauen hier, hatte ich keine Angst vor dem voll tätowierten Pöbel, den ich so ungern hier in meiner Bar sah. Entsprechend erntete auch er einen kühlen Blick. Richard hatte mir ja an der Tür vorhin schon einen Teil der Geschichte erzählt, die hier aktuell zu spielen schien. Dass es aber dahingegend ausschweifen würde, hatte er mir verschwiegen, weswegen er der Letzte war, der ebenfalls unter dem imaginären Eis meines Blickes gefrieren sollte. Ich hatte von Anfang an geahnt, dass Sabin Ärger machen würde. Nicht, dass ich es ihm übel nahm, aber ich war eben gerne informiert, was meine Leute anging. Außerdem war ich, wie eben erwähnt, kein großer Fan davon, wenn in meiner Bar Geschäfte geschlossen wurden, die mich eventuell auch interessieren könnte. Gerade, weil es aktuell ein bisschen Ärger mit ein paar Spinnern gab, wo ich noch immer auf das böse Erwachen wartete, wenn die angekündigte Rache irgendwann dann mal kam. Wie auch immer. "Richie erwähnte zwar bereits, dass ihr euch hier zum Plaudern treffen wolltet, aber die interessanten Punkte der Tagesordnung hat er wohl vergessen", mein kühler Blick paarte sich mit einem zynischen Grinsen. Ich ließ nicht außer Acht, meinen besten Freund ein wenig vorzuführen. Das war, meiner Meinung nach, einfach das Instantkarma dafür, dass er mich einerseits belogen und mir auf der anderen Seite etwas verschwiegen hatte. Sollte er sich darüber dann mit Sabin unterhalten, der nicht gerade begeistert über mein Auftauchen zu sein schien. "Ich wüsste gerne, was hier ab geht und möchte mich eventuell sogar anschließen", der Satz richtete sich dieses Mal mehr an Tyr. Personen- beziehungsweise Gebäudeschutz wäre gar nicht mal so schlecht. Und wenn die Konditionen wirklich bei zehn Prozent lagen und ich mich durch die Musik nicht verhört hatte, würde er da bei mir eine gute Summe machen.
# Well I'm not proud about decisions I have made, there has been sorrow caused by my mistakes. #
Vermutlich war ich der einzige hier, der gerne geizig war. Ich hatte nie viel von meinem erarbeiteten Geld abgeben müssen, als ich noch Italien war, weil ich einen gewissen Teil des Geschäfts für mich allein gehabt hatte. Schließlich hatte ich mich nicht umsonst so weit hoch gearbeitet, da wollte ich mein hart verdientes Geld nicht mit X Leuten teilen wollen. Gut, Richard war in Ordnung. Das waren dann zwar quasi satte fünfzig Prozent, weil wir absolut jeden Cent untereinander teilten, ganz gleich wer in welchem Monat mal mehr als der Andere verdienen würde, aber das war nur fair. Das Arschloch hier mir gegenüber trug zu unserem Geschäft an sich ja Nichts bei, sondern kümmerte sich nur um das Drumherum. Da waren insgesamt 25% doch schon eine satte Summe. Vermutlich sollte ich aber einfach froh darum sein, dass er nicht ein ganzes Drittel, also Ebenbürtigkeit verlangte. Dagegen hätte ich mich konsequent geweigert, weil es ganz einfach Grenzen gab... und weil ich geizig war, ja. "Na schön, kriegst du...", erwiderte ich mit einem etwas entnervten Seufzen, kurz bevor ich unerwartete zusammen zuckte, da eine Hand ziemlich unsanft auf die Tischplatte krachte. Ich war wohl ebenso wie Richard Etwas zu vertieft in die ganze Sache gewesen, um zu merken wie die junge Frau sich in unsere Nähe bewegte. Der Einzige, der wohl weiterhin reglos sitzen blieb, war der Prügelknabe gegenüber, während mein eigener Blick sich mit hochgezogener Augenbraue auf Cosma richtete. "Klar, ich erzähl' immer so ganz nebenbei meiner Chefin", das war sie nur hier in der Bar, anderweitig hatte sie mir Nichts zu sagen, auch nicht in Hinsicht auf meine kriminellen Machenschaften. "dass ich mich mit 'nem Serienkiller treffe.", erwiderte ich nur hochgradig ironisch, bevor ich den Blick kopfschüttelnd wieder abwendete. Dann folgten auch schon die nächsten Worte der jungen Frau, für die Richard sofort einen wütenden Blick erntete. War das sein Ernst? Es war mir scheißegal, ob und wie die beiden befreundet waren, er hatte ihr nicht ein Sterbenswörtchen zu erzählen, wenn er mich nicht im Voraus darüber informierte. Nicht gestern, nicht heute und auch nicht in Zukunft. Dafür würde er auch noch einen Einlauf kassieren. Was Cosma selbst anging hatte ich eigentlich nicht vor, sie gleich gänzlich einzuweihen, weshalb ich diesbezüglich erst einmal schwieg und stattdessen zu Tyr sah, der sich bestens unterhalten zu fühlen schien.
Ich hätte wirklich fast gelacht, als die beiden so herrlich erschrocken darüber waren, dass der Rotschopf auf den Tisch schlug, sich dann gekonnt einmischte. Ich hatte sie im Augenwinkel immer näher kommen sehen, aber nicht weiter beachtet, weil ich sie keinesfalls als Bedrohung wahrnahm. Die Gesichter waren besser als in jedem Film, einfach nur Gold wert. Das war auch der Grund dafür, warum ich scheinheilig weiter vor mich hin grinste und die hellblauen Augen fröhlich zu funkeln anfingen. Doch, allein für diese Szene war es absolut jeden Schritt hierher wert gewesen. Wenn es was gab, woran ich mich ergötzte, dann war es wohl das Leid anderer. Natürlich litten sie hier nicht körperlich, aber diese ertappten, teils erschrockenen und auch wütenden Gesichter... Nichts als herrlich. "Und sie ist euer bissiger Schoßhund, oder was?", amüsierte ich mich förmlich summend über das Auftauchen der jungen Frau, war bester Laune. War ich immer, wenn es irgendwo Streit oder Auseinandersetzungen gab. "Du kannst ja versuchen, mich zukünftig um Einlass zu bitten, Schätzchen... aber ich fürchte, da rennst du gegen 'ne Wand.", stellte ich dann weiter fest, wobei das Grinsen nicht aus meinen Gesichtszügen weichen wollte. Ich ging hin wo ich es für richtig hielt, das würde ich mir von Niemandem verbieten lassen, Eigentümer hin oder her. Sollte sie die Bullen doch auch gleich rufen, es würde mich nicht kümmern. Sie hatten Nichts, womit sie mich dran kriegen konnten und noch weniger hatten sie einen Namen oder andere wichtige Daten zu mir, um mich überhaupt vollständig identifizieren zu können. War immer witzig, wenn sie meine Personalien aufnehmen wollten, was inzwischen aber nicht mehr oft vor kam. Allein schon deswegen, weil ich für gewöhnlich schlicht kurzen Prozess mit den Typen machte. War ja nicht bescheuert, ging nie unbewaffnet aus dem Haus. Als der Wirbelwind dann auch noch der Meinung war, sie wolle sich an irgendwelchen Geschäften beteiligen, musste ich doch noch lachen. Erst machte sie hier Terz, dass wir sie zu informieren hatten und dann wollte sie einfach so mitmachen? Sie stellte sich das wirklich sehr einfach vor. Fast ein klein wenig naiv, muss ich sagen. "Tja, was das angeht... ich bin leider nur bezahlt worden, um mir Sabins Vorschlag anzuhören. Wenn du willst, dass ich dir zuhöre, musst du für meine Ohren leider 'nen Tausender Wegzoll mitbringen, sonst kommt das im Gehirn gar nicht an.", eröffnete ich ihr die Bedingung dafür, dass ich überhaupt erst auch nur einen klitzekleinen Gedanken daran verschwenden würde, ihr vielleicht auch meine Dienste zukommen zu lassen, sofern sie mich angemessen bezahlen würde. Ich konnte schlecht einschätzen, inwiefern der Laden hier Geld abwarf. Ein Blick in ihre Unterlagen und eine ehrliche Information darüber, ob sie nebenher vielleicht Steuern hinterzog - war nicht so abwegig, wenn sie doch auch mit Mördern scheinbar kein Problem hatte - wäre dann ebenfalls notwendig. Aber erstmal brauchte ich ein paar schöne Scheinchen hier auf dem Tisch, sonst war das sowieso schon im Voraus Schnee von Gestern. Mein Blick war inzwischen wieder ein klein wenig ernster geworden, als ich erneut das Whiskeyglas anhob, um es leer zu trinken.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Wie ich solch Arroganz hasste. Dieses überhebliche, herablassende anderen gegenüber. Zum Kotzen. Aber na ja. Ich hatte ja kein Interesse daran, mich hier lange mit diesem Wichser da zu unterhalten, weshalb ich nach seiner Ansprache - die ich im Übrigen nur mit einem leisen Schnauben und einem Kopfschütteln quittierte, ebenso wie seinen nervigen Lacher - meinen Geldbeutel aus der Hosentasche zauberte. Tausend also, damit er überhaupt mit mir sprach? Nun, eigentlich war ich ja ein relativ geiziger Mensch, aber alleine wegen der Tatsache, dass er wohl dachte, ich stünde ganz unten in der Nahrungskette, weckte in mir das Bedürfnis, ihm das Gegenteil zu beweisen. Noch bevor ich dazu ansetzte, wandte ich mich noch einmal an Sabin. Er war der Einzige, der von mir ein Kommentar abbekam. "Mir ist scheiß egal, was du außerhalb meiner Bar machst, Sabin. Ich bin nicht deine Mutter, die dir den Arsch abwischt oder für deine Probleme da bist. Aber ich würde mich künftig gerne etwas besser darauf vorbereiten, hier gegebenenfalls ein Blutbad auszubügeln, verstanden?" Meine Worte waren bestimmt. Wenn es ihm nicht passte, konnte er seine sieben Sachen packen und sich hier verpissen, die Bar bekam ich auch sehr gut alleine gewuppt. Ich war so sozial gewesen, ihm den Einstieg hier zu gewähren, ein kleines bisschen Dankbarkeit war da doch nicht zu viel verlangt. Und mittlerweile sollte er mich in der Hinsicht so gut kennen, dass ich ihn nicht wegen eines blöden Treffens herausgeworfen hätte. Aber wenn er ja bald ohnehin wieder Unmengen an Kohle scheffelte, war es nur eine Frage der Zeit, bis ich und meine Bar bei ihm abgeschrieben waren. So lange hatte er aber entweder die Füße still zu halten und mich zumindest zu informieren.. na ja, oder eben das Weite zu suchen. Punkt. Aus. Nachdem sich die Sache für mich damit erst mal geklärt hatte, wandte ich mich wieder dem unangenehmen Barbesucher zu. Aus meinem Portemonnaie zog ich einen, dann einen zweiten und einen dritten der begehrten Lila Scheine. Die fünfhundert Euro extra sollten unterstreichen, dass Geld bei mir keine Rolle spielte. Richard schien etwas verblüfft, was man seinem Gesichtsausdruck deutlich entnehmen konnte. Auch wenn wir uns relativ nahe standen und er wusste, dass ich nicht ganz legal arbeitete, war er sichtlich verwundert darüber, dass ich mal eben so viel Geld locker machen konnte, wenn ich wollte. Und das war erst der Anfang. Haha. "Fünfzehn Prozent", sagte ich, während ich ihm die Scheine über den Tisch zog. "Du kannst dich hinten gerne überzeugen, das Geschäft läuft gut", beendete ich das Angebot. Mehr war ich nicht bereit, zu zahlen. Schlicht weil ich mich dann auch anderweitig umgucken konnte. Er war schließlich nicht der Einzige in der Szene, der Schutz bot. Aber wenn man gerade den Bekanntesten von allen vor sich hatte, konnte man ja mal nett anfragen, oder? "Was ich brauche ist Personen- beziehungsweise Gebäudeschutz. Etwas in Richtung Security. Ich hab hier und da ein paar unangenehme Gäste. Nicht ganz so unangenehm wie du, aber nervig." Ich lächelte kühl, ließ mich erst jetzt auf einen der freien Sitze ihm gegenüber fallen und damit nehmen Sabin. Ich war mir sicher, dass ich zumindest mit dem Geld sein Interesse geweckt hatte.
# Well I'm not proud about decisions I have made, there has been sorrow caused by my mistakes. #