Ja gut, vielleicht hatte ich nicht unbedingt bedacht, dass das ganze Unterfangen hier theoretisch gesehen auch schief gehen konnte. Vermutlich deshalb, weil mir Sowas in den letzten paar Jahren kaum passiert war. Meine Geschäftspartner hatten selten versucht, sich gegen mich zu behaupten, seit ich mir einen Namen gemacht hatte. Hier hatte ich aber keinen Namen. Hier hatte ich nur einen noch relativ leeren Geldbeutel, meine Vergangenheit und den für die Deckung notwendigen Job in der Bar. Also ja, wahrscheinlich sollte ich es mir vorerst nicht mit Cosma verscherzen. Nicht, solange Sydney noch hier war und hin und wieder der Meinung war, ganz unauffällig überprüfen zu müssen, ob ich denn wirklich arbeiten ging. Sie war mir ein, zwei Mal sehr unauffällig gefolgt, als sie Zweifel gehegt hatte - augenscheinlich aber nicht unauffällig genug. Außerdem war die Inhaberin der Bar an sich ja wirklich nicht verkehrt, wir verstanden und meistens ganz gut. Nur jetzt gerade eben nicht. Vermutlich würde ich auch sauer werden, wenn mir Jemand diesen Kalibers einfach so in die Bar bestellt worden war. Wäre doch sehr unschön, hier Leute vom Boden kratzen zu müssen und noch weniger schön, wenn es einer von uns wäre. War aber zum Glück ja nicht eingetroffen. "Ja, ist angekommen.", lenkte ich ein wenig ruhiger als zuvor ein, bevor ich dem weiteren Geschehen folgte, das doch zunehmend interessanter zu werden schien.
Ich beäugte sowohl Sabin, als auch Cosma während ihrer kleinen Diskussion recht aufmerksam, wobei ich aber eigentlich nur darauf wartete, ob es jetzt Scheine regnen würde, oder nicht. Im Grunde genommen nahm ich Fünfhunderter immer nur ungern an, selbst wenn ich nicht den Glauben daran hegte, dass sie gefälscht waren. Einfach von früher, war ich doch in meiner Anfangsphase zwei Mal über den Tisch gezogen worden. Mit dem Neuling konnte man es ja machen. Inzwischen besaß zwar lange Niemand mehr die Dreistigkeit dazu, mir gefälschte Kröten in die Hand zu drücken, aber die Vorsicht blieb bestehen. Aus Fehlern lernte man ja bekanntlich. So zog ich die drei Scheine mit zwei Fingern näher an mich heran, bevor ich sie in die Hand nahm und doch einmal sehr kritisch begutachtete. Das Licht hier drin war nicht das Beste, aber auf den ersten Blick schienen sie dennoch echt. Genauer überprüfen konnte ich das später immernoch, wenn ich Zuhause war. Konnte man nicht wirklich so nennen, war mehr nur mein Hauptquartier. Eines von Vielen. Ihr Angebot von Fünfzehn Prozent war mir während der Musterung der Scheine zu Ohren gekommen und klang zumindest auf Anhieb nicht verkehrt, für ein bisschen patroullieren und sicherstellen, dass sie hier nicht doch noch das Blutbad bekam, dass sie so ungern wollte. Es war unwahrscheinlich, dass es Jemand überhaupt wagte, sich meinen Handlanger und Schlägern zu näher, waren ihre Gesichter in der Szene doch auch nur zu bekannt. Ich konnte mich schließlich nicht zerteilen und an fünf Orten gleichzeitig sein, aber meine Jungs waren nicht weniger effektiv. Womöglich nicht ganz so erpicht darauf wie ich, eine Konfrontation auszulösen, aber trotzdem fast hundertprozentig effektiv, wenn es um Problembeseitigung in Form von Menschen ging. Wenn doch Mal einer versagte, was bisher nur zwei Mal innerhalb von mehreren Jahren vorgekommen war, dann bezahlte er halt mit dem eigenen Kopf. Sehr simple Rechnung und selbst für den dümmsten unter den Schlägern verständlich. Ihre milde Beleidigung überging ich für den Moment, weil 'unangenehm' zwar sicher nicht lieb gemeint war, aber schlicht der Wahrheit entsprach. Ich war gerne unangenehm. Das ließ Leute nämlich gleich wissen, dass ich nicht lang fackelte, ganz gleich in welcher Hinsicht. "Dann lass' mich mal sehen, was du sonst noch für mich hast, Rotschopf.", sagte ich schließlich nach einigen schweigsamen Sekunden, als ich mich bereits erhob, um mich ab Tisch vorbei zu schieben. Ich bedeutete ihr mit einer unmissverständlichen Handgeste, dass sie vor gehen sollte. Nicht aus Respekt oder alias 'Ladys First', sondern weil ich grundsätzlich niemals Jemanden hinter mir gehen ließ, von dem ich mir nicht ganz sicher sein konnte, ob er mir nicht womöglich ein Messer in den Rücken stach. War auch schon passiert, hatte ich ebenfalls draus gelernt und eine wunderschöne Narbe davongetragen.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Ich nickte Sabin lediglich noch mal leicht zu, als Zeichen, dass ich seine Aussage zur Kenntnis genommen hatte. Gut, sollte also auch nicht mehr vorkommen. Dann konnte ich mich ja jetzt wieder dem eigentlichen Business hier widmen. Wie ich es vermutet hatte, schien ich Tyr' Interesse mit dem Geld geweckt zu haben. Ich schnaubte grinsend, als er sich erhob und mich bat, ihm zu zeigen, womit ich eigentlich meine Kohle machte. Weil ich wusste, beziehungsweise eigentlich nur erahnen konnte, dass er mindestens genau so viel Dreck am Stecken hatte, wie ich es tat, hatte ich damit auch absolut keine Probleme. Zudem wusste ich, wie ich alles innerhalb weniger Minuten beseitigen konnte, bevor ein Bulle auch nur ansatzweise einen Fuß in die Smith and Wesson gesetzt hatte. Obwohl ich mich erst vor wenigen Minuten hingesetzt hatte, stand ich mit ihm auf, bedeutete auch den beiden anderen jungen Männern, uns zu begleiten. Nach wenigen Meter streckte ich die Arme aus, drehte mich Tyr entgegen. "Zum Einen natürlich mein Baby", damit war die Smith and Wesson gemeint. Einer meiner größten Einnahmequellen. Das wahre Geschäft spielte sich allerdings in den hinteren Räumlichkeiten ab. Mit gelassener Körperhaltung und mittlerweile einem neutralen Gesichtsausdruck führte ich die Gruppe nach hinten, vorbei an den Räumlichkeiten, die auch Sabin betreten durfte. Wir kamen an eine Tür, relativ am Ende des Ganges. Ein Schild an der Wand neben dem Türrahmen machte darauf aufmerksam, dass dies mein Büro war und niemand, aber auch wirklich niemand hier ungefragt eintreten sollte. Andernfalls würde wohl ein Donnerwetter ausbrechen. In diesem Moment waren meine Gäste aber natürlich herzlich dazu eingeladen, mir zu folgen. Wir standen in einem ziemlich schlichten Raum, ausgefüllt lediglich mit einem Schreibtisch, einem Bücherregal und ein paar Aktenschränken. Nichts Besonderes auf den ersten Blick. Das wahrlich Interessante verbarg sich hinter einem Vorhang, der augenscheinlich ein wenig deplatziert hinter meinem Chefsessel hing. Dieser dekorative Vorhang versperrte die Sicht auf eine weitere Tür, die wiederum tieferen Einblick ins Innere des Gebäudes versteckte. Alles in allem war die Smith and Wesson deutlich größer, als sie im Bauplan verzeichnet worden war. Aber das hatte auch einen ganz bestimmten Grund. Mein Gesichtsausdruck war nach wie vor unverändert, als ich den Vorhang auf Seite schob, die Tür öffnete und Einblick ins Innere gewährte. Aus schwachen Lichtern heraus sahen circa fünf Gesichter in unsere Richtung - die einen verwundert, die anderen ertappt. Andere wiederum hatten ein triumphierendes Grinsen aufgesetzt. Einen Schritt weiter und wir standen in einem etwa 50m² großen Raum. Etwa ein Drittel davon nahm der riesige Pokertisch ein. Als Eyecatcher stand er mitten im Raum. Um ihn herum mehrere junge Männer. Einer von ihnen hatte scheinbar alles gewonnen, ein anderer alles verloren. Im Hintergrund in dekorativen Käfigen Prostituierte, die sich passend zur Musik im Raum für die Männer rekelten. "Sechzig Prozent Glücksspiel, vierzig Prostitution", kommentierte ich das Bild noch mal für komplett Zurückgebliebene. Sollte eigentlich ein Blinder mit Krückstock erkennen, aber da ich heute auf Nummer sicher gehen wollte...
# Well I'm not proud about decisions I have made, there has been sorrow caused by my mistakes. #
**steigt ma eben auch auf nur ein' chara um, lol**
Ich ließ das Fußvolk noch an mir vorbei und bildete dann das Ende der Reihe. War doch ein wenig gespannt, was denn jetzt kommen würde. Sie würde mir wohl kaum freiwillig mehr Geld zustecken, wenn sich ihre Einnahmen nur auf die Spelunke bezogen. Selbst, wenn die immer gut besucht sein sollte, zahlte sie dabei unfassbar viele Steuern. Also würde Letztere vermutlich eher nur eine sehr gute Deckung und dabei auch eine gute Einnahmequelle bilden, während das eigentliche Spiel woanders stattfand. So nickte ich ihr Baby nur ab, war es doch ziemlich offensichtlich, dass das eines der Dinge war, das ihr Geld in die Taschen spielte. Danach folgte ich ihr und den anderen beiden weiter nach hinten durch den Gang, schließlich durch ihr Büro und dort durch den Pseudovorhang, der nur der Vertuschung diente. Während die anderen beiden schon ein oder zwei Mal Blicke ausgetauscht hatten, ruhte mein eigener nur weiter auf dem Geschehen. Verfolgte genauestens die aufgehende Tür und schließlich auch das, was sich dahinter verbarg, nachdem ich den Raum ebenfalls betreten hatte. Meine Augen wanderten zügig umher, versuchten möglichst schnell Alles einzufassen, was relevant war, während im Hintergrund erneut die Stimme der jungen Frau an meine Ohren drang. Ich antwortete darauf vorerst nicht, sondern schob mich am Rest vorbei und ging einmal quer durch den Raum. Dabei nahm ich im Augenwinkel wahr, wie einer der Kerle am Tisch den Kopf einzog. Ja, Jason schuldete mir noch eine Stange Geld, aber wegen ihm war ich nicht hier. War jedoch gut zu wissen, wo er sein Geld gelassen hatte, wenn er das nächste Mal wieder zahlungsunfähig war. So ging es im Endeffekt zum Teil zwar vielleicht trotzdem wieder in meine Tasche, aber das reichte bei Weitem nicht aus. Er würde also früher oder später den Kopf lassen, wenn er die nächste Frist versäumte. Ich besah mir auch die Frauen, die sich in den Käfigen räkelten. Nicht, weil ich mich aufgeilen wollte, sondern weil hässliche oder vernachlässigte Frauen kein Geld einbrachten. Also überzeugte ich mich kurzerhand selbst davon, ob sie in meinen Augen tauglich waren, bevor ich auch das mit einem Nicken quittierte und anschließend langsam zu der Inhaberin des Schauspiels zurückging. "Sieht zumindest auf den ersten Blick so aus, als würd's mir reichen.", gab ich auch noch einmal wörtlich meine Gedanken preis, kurz bevor ich wieder bei den dreien ankam. "Sofern' ich mich hin und wieder bedienen darf, versteht sich.", fügte ich noch eine winzig kleine Klausel hinzu. Es mangelte mir zwar nicht unbedingt an Sex, aber Nutten waren schnell und einfach zu haben und hin und wieder allein aufgrund dessen die bessere Lösung. Nicht der Regelfall, aber wenn ich sowieso ab und zu hier sein würde, um nach dem Rechten zu sehen... "Ich brauch' euch wohl nicht zu sagen, dass ich in sämtliche Unterlagen Einsicht kriege wann und wie ich es will. Dass ich über jeden verdammten Cent informiert werden will, der in die Kasse kommt. Ohne Aufforderung.", stellte ich noch ein paar grundlegende Dinge klar, die sowohl für die Barbesitzerin galten, als auch für die anderen beiden, weshalb mein Blick jeden Einzelnen von ihnen für einen Moment lang durchbohrte. Ich erwähnte nicht extra, dass Köpfe rollen würden, wenn sich auch nur einer zu widersetzen oder etwas zu verheimlichen versuchte. Sie würden wohl genug Intellekt besitzen, um selbst darauf zu kommen. Wussten, wen sie hier vor sich hatten und dass man besser keine Spielchen mit mir trieb, weil man diese mit 99,99%-iger Sicherheit verlor.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Ich war schon stolz. Jetzt, wo ich das Ganze mal wieder vor Augen hatte, lachte ich mir doch ein bisschen ins Fäustchen, alles auf das richtige Pferd gesetzt zu haben. Um es noch mal klar zustellen, ich redete natürlich gerade von dem Glücksspiel und den Nutten. Was die Errungenschaft mit Tyr anging hielt ich mich eher bedeckt. Ich nickte ihm zu. Auch er schien erkannt zu haben, dass das hier durchaus Potenzial hatte. Die Forderung, die er im Anschluss stellte, stießen mir zwar sauer auf, schlicht weil ich keine fremden Nasen in meinen Unterlagen tolerierte, aber auch damit würde ich mich irgendwie abfinden können. Wie die beiden jungen Männer auch, nickte ich Tyr als Bestätigung kurz zu, bevor wir den Rest der Truppe hier wieder alleine ließen und einen Raum weiter, in meinem Büro, das Gespräch fortführen. "Ich für meinen Teil würde gerne wissen, wie es jetzt weiter geht. Wir scheinen ja jetzt alle im selben Boot zu sitzen. Jemand eine Idee, was, wo, wie und womit wir anfangen?" Ich hatte die Hände in die Hüften gestützt, ließ den fragenden Blick zwischen den drei Männern hin und her wandern. An dem Punkt wollte ich noch mal erwähnen, dass ich immer noch nicht zu hundert Prozent in die Geschichte zwischen Sabin und Richard eingeweiht worden war. Ein guter Schritt in die richtige Richtung wäre gewesen, wenn mir dahingehend mal ein paar Fragen beantwortet worden wären, aber ich war mir sicher, dass ich da lange drauf warten konnte. Dennoch stand ich etwas ratlos in der Gegend, machte aber nicht weniger einen bestimmten, überzeugten Eindruck. Für mich war es in erster Linie wichtig zu wissen, wie die Ganze Sache mit Tyr hier ablaufen würde, was Sabin geplant hatte und inwieweit Richard damit etwas zutun hatte. Ich meine, ich wusste ja, dass er seine Gemälde vertickte, aber was war so bedeutend an ihm, dass sich jemand wie Sabin für ihn interessierte? Fragen über Fragen, auf die ich heute mit Sicherheit keine Antwort mehr bekommen würde. Außerdem wurde ich langsam müde durch das ganze Nachdenken. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass wir noch etwa drei Stunden zu arbeiten hatten - Sabin und ich. Denn so wie es sich für mich angehört hatte, war das Handtuch noch nicht geworfen wurden und nach einer so langen Pause, würde der junge Mann für den letzten Rest ordentlich reinklotzen müssen. Schon alleine das Gespräch hatte mich einiges an wertvoller Kundschaft gekostet, weil keiner von uns hinter der Bar stand. Aber ich wollte heute mal nicht so sein, war etwas gnädig mit ihm, in der Hoffnung, dass er mir jetzt zumindest verraten würde, wie es für uns alle weitergehen sollte.
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[btw hätte sabin eig nich arbeiten müssen, hatte ich ganz am anfang erwähnt, aber nun gut, is egal, er is einfach mal so nett XD]
Also gut, Jedermann hier akzeptierte kommentarlos meine Forderung. Hatte ich aber auch nicht anders erwartet. Mit dem Boot hatte ich selbst nicht allzu viel zu tun. Ich war im Grunde nur hier, um dafür zu sorgen, dass eben jenes Boot sicher das Wasser überqueren konnte und sein Bestimmungsziel ohne große Interruptionen fand. Mit deren Geschäften an sich hatte ich Nichts am Hut, weil ich sie ganz einfach nicht brauchte. Bis eben auf die Einsicht in die Einnahmen, damit ich sichergehen konnte, dass mir keiner der Anwesenden auch nur ein einziges kleines Münzstück zu wenig zukommen ließ. Dahingehend bekam ich also zwar die eine oder andere Information zwangsweise in die Finger woher das Geld genau kam, aber ich war keineswegs dazu verpflichtet einem von ihnen bei jenen Geschäften zu helfen. Das war auch einfach gar nicht mein Einsatzgebiet. Ich ließ ein paar skrupellose Kerle effektiv Securitys spielen und damit hatte es sich. "Das könnt ihr miteinander klären, ich spiel' nur den Türsteher.", stellte ich also ein wenig trocken fest, machte meinen Standpunkt damit recht klar. "Was das angeht sorg' ich natürlich unverzüglich dafür, dass die Bar in guten Händen ist.", noch während dieser Worte nahm ich mir einen fast leeren Zettel vom Bürotisch, auf dem nur minimales Gekritzel vorhanden war, noch einen Kugelschreiber und dann schrieb ich ein paar Zahlen auf. Es waren zwei unterschiedliche Mobiltelefonnummern. "Was euch beide betrifft könnt ihr euch melden, wo und wann genau ihr Jemanden zur Unterstützung braucht. Und ein zweites Treffen vereinbaren, was die Fragen angeht... Ist unwahrscheinlich, dass ihr mich persönlich ans Telefon kriegt, wird aber überstellt oder in dringenderen Fällen an mich weitergeleitet.", erklärte ich die paar Zahlen auf dem Zettel, sah erst die beiden jungen Männer an, die zum Verständnis nickten. Dann auch den kleinen Feuerteufel - sie konnte die Nummern natürlich ebenfalls nutzen, sollte irgendwas sein. Aber die Bar würde sich wohl kaum innerhalb weniger Tage woanders hin bewegen und ich ging auch nicht davon aus, dass sie sich pronto noch mehr Ärger einheimsen wollte, obwohl sie sich das jetzt theoretisch gesehen eher leisten konnte. "Erste Zahlung ist in 14 Tagen fällig.", waren dann meine letzten Worte, bevor ich mir die Kapuze schon im Gehen zurück über den fast kahl rasierten Kopf zog und im Gang meine Lederjacke verschloss, nur um kurz darauf die Bar zu verlassen. Für mich war Alles klar, ich brauchte Nichts mehr zu klären.
Ich hatte schon nicht schlecht darüber gestaunt, was sich im mir unbekannten Abteil der eigentlich nicht dermaßen groß wirkenden Räumlichkeiten noch so abging. Zwar war ich mir im Voraus schon nicht ganz sicher gewesen, ob Cosma nicht vielleicht doch auch zu anderweitigen Geschäften tendierte, einfach wegen ihrer sehr kalten Art, die man in einem solchen Metier zwar nicht dringend brauchte, die aber in jedem Fall von Vorteil war... aber wirklich daran geglaubt hatte ich dann ja doch nicht. Zumal es doch eher ungewöhnlich war, dass eine Frau andere Frauen zur Prostitution bewegte. Nicht mehr so selten wie noch vor ein paar Jahren, aber doch Nichts, was man eben so alle paar Tage mal sah. Ich persönlich hielt von derartigen Geschäften auch Nichts, hatte mich da schon immer raus gehalten. Augenscheinlich ganz im Gegensatz zu Tyr hatte ich doch noch ein wenig Respekt vor der Würde des Menschen... und was das anging ein womöglich etwas zu weiches Herz für meinen "Job". Das Glücksspiel war also eher das, was mein Interesse weckte, konnte man da doch sehr geschickt mit ein paar unauffälligen Tricks viel Geld rausholen. Mehr, als nur durch die bloße Teilnahmegebühr des verbotenen Spiels. Deswegen dachte ich nach Tyrs Verlassen auch während der noch anstehenden Arbeit recht intensiv weiter darüber nach. Nicht nur darüber, sondern auch über zig Möglichkeiten, welchen Weg ich mit den baldigen Informationen denn nun einschlagen wollte und auch konnte, aber es ließ mir dennoch auch kurz nach Feierabend noch immer keine Ruhe. Deswegen suchte ich auch nochmal das Gespräch zu Cosma, als sämtliche Arbeiten nach Schließung der Bar getan waren, lehnte mich an die jetzt so herrlich freie Theke der Bar. "Ich hätte vielleicht... also, sofern es dich interessiert, ein paar Anregungen zu der Sache mit dem Glücksspiel... und grob darüber aufklären, was zwischen mir und Richard abläuft, kann ich dich denk ich auch.", kam ich also noch einmal darauf zu sprechen, dass wir eben alle im gleichen Boot saßen und womöglich noch weiter voneinander profitieren könnten. Jeder von uns hatte Einiges zu verlieren und so war der Einsatz doch recht ausgewogen, den wir damit bringen würden. Natürlich sollte ich vielleicht vorher den Dozenten fragen, was er nun genau davon hielt, aber er hatte mich auch nicht gefragt, ob er Cosma etwas von dem Treffen erzählen durfte. Gleiches Recht für Alle.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Gut, wollte sich also keiner zum Thema äußern. War mir dann auch recht. Ich schnaubte leicht frustriert. Jetzt wussten hier zwar alle, womit ich mein Geld verdiente, aber was so grundlegend der Plan war, wollte mir scheinbar niemand verraten. Tyr hielt sich, seinen Worten nach zu urteilen, ohnehin aus unseren Geschäften raus, solange es nicht den Personenschutz oder die Einnahme betraf. Er verdeutlichte das Ganze noch mal verbal und war dann drauf und dran, sich wieder vom Acker zu machen. Ich lauschte dem letzten Gespräch eher nebenbei, bis er seine Worte gezielt an mich richtete. Na immerhin würde er sich darum bemühen, gleich morgen einen seiner Schoßhunde für meine Bar abzustellen. War ja zumindest schon mal eine Aussage, besser als nichts. Was die anderen zwei anging, würde man sicher noch mal miteinander reden. Hoffentlich. Denn es gab nichts, was ich mehr hasste, als Ungewissheit. Vor allem was solche Themen anging. Nachdem uns Tyr darüber informiert hatte, dass ich zwei Wochen die erste Zahlung fällig sei, verschwand er auch schon relativ bald wieder aus der Bar und ich war zugegeben etwas erleichtert, ihn nicht mehr um mich herum zu haben. Nach wie vor hatte ich keine Angst vor ihm gehabt, aber seine Nähe bescherte mir trotzdem kein gutes Gefühl. Jetzt, wo wir wieder unter uns waren, entspannten sich auch meine Muskeln wieder und ein leises Seufzen unterstrich, dass ich eigentlich gar keine Lust mehr auf den restlichen Tag hatte. Dennoch rief die Arbeit. Ich bedeutete den Jungs mit einer Handbewegung, dass auch sie bitte das Büro verlassen sollten und trollte mich hinter ihnen her in den vorderen Teil der Bar. Dort, wo es wieder so laut und anstregend war. Richie war für den Abend wohl weitgehend bedient gewesen und verabschiedete sich wie Tyr relativ knapp von Sabin und mir, bevor er das Weite suchte. Ein Blick an die Bar verriet mir, dass vor Feierabend noch viel zu tun war und so machte ich mich dann relativ bald daran, die Stapel Gläser, die achtlos abgestellt worden waren, zu spülen und wegzuräumen. Die restlichen drei Stunden vergingen nahezu im Flug, war der Andrang, jetzt wo beide Barkeeper wieder da waren, doch recht hoch und so war ich froh, als die Tür der Bar final in ihre Schlösser fiel und ich diese dämliche Musik ausstellen konnte. Was für ein Tag. Ich war eigentlich in der Annahme gewesen, dass ich jetzt endlich hoch gehen konnte, um im kuschligen Bettchen die Augen zu schließen, als mir Sabin einen Strich durch die Rechnung machte. Ich hatte eigentlich keine Zeit und noch weniger die Lust, diese Konversation fortzuführen, aber wie die beleidigte, nicht antwortende Leberwurst wollte ich auch nicht aussehen. Ich schenkte meinem Mitarbeiter einen müden Blick. "Ach ja? Dann lass mal hören", war alles, was ich fürs Erste dazu zu sagen hatte. Und dies betraf sowohl die Sache zwischen ihm und Richard, als auch seine Tipps, wenn es um Glücksspiel ging. Hoffentlich hatte ich seine folgenden Worte nicht morgen schon wieder vergessen. Meine Aufnahmefähigkeit ließ nämlich schwer zu wünschen übrig.
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Irgendwie klang Cosma davon jetzt nur so semi-begeistert, was mich einen Augenblick lang schweigen ließ, bevor ich antwortete. Eigentlich wollte ich ihr jetzt nicht wirklich auf den Zeiger gehen, sah sie doch ziemlich fertig und nicht unbedingt zu hundert Prozent geistig anwesend aus. Wäre aber schon ganz gut, wenn die junge Frau mit dem Kopf nicht schon im Bett lag, sondern mir wirklich aktiv zuhörte. Ich hatte nämlich absolut keine Lust, Irgendwas noch einmal wiederholen und erneut erklären zu müssen, weil ihr scheinbar schon zur Hälfte schlafendes Gehirn womöglich nicht mehr so ganz aufnahmefähig war. Zwar konnte ich das nicht mit Sicherheit sagen, stieß mich dann aber doch von der Theke ab und schüttelte ein klein wenig den Kopf. "Vielleicht sollten wir das doch erst besprechen, wenn wir ausgeschlafen sind.", stellte ich leicht gemurmelt fest. Formulierte den Satz extra so, dass es nicht nach einer blanken Unterstellung an sie gerichtet klang. Außerdem war ich selbst nach so einer langen Nacht natürlich ebenfalls etwas gerädert, mein Körper lief auch nicht mehr auf Hochtouren. "Treffen wir uns einfach später? 15 Uhr?", schlug ich also stattdessen vor, weil es mir irgendwie sinnvoller zu sein schien, diese doch nicht irrelevanten Themen ausgeschlafen zu diskutieren. "Würde dir einfach nochmal schreiben wo, wenn ich wach bin...", hängte ich mit einem leichten Schulterzucken noch an, hielt den Blick dabei auf ihr Gesicht gerichtet. Dann wendete ich mich aber doch ab, um meine Jacke vom Kleiderhaken in der Ecke zu nehmen, sie schonmal anzuziehen. Ich war mir noch nicht sicher, ob es vielleicht besser wäre, wenn wir uns auf irgendwie neutralem Boden trafen, aber es schien mir doch fast sinnvoller. Es gab in der Stadt ein amerikanisches Diner, in dem ich ein oder zwei Mal mit Sydney essen gewesen war, wenn wir uns nicht zum Kochen hatten durchringen können oder nichts Brauchbares mehr dafür im Haus war. Es war da nicht teuer dementsprechend, schmeckte aber trotzdem ganz gut, eben typisch amerikanisches Fast Food wie man es inzwischen auf der ganzen Welt sah, und bot auch genug Tischauswahl, um dafür zu sorgen, dass in unmittelbarer Nähe Niemand saß. Nicht als wäre das wichtig - wir hatten schließlich nicht sowas wie ein Date -, aber es hatte auch eine ganz angenehme Aussicht, wenn man direkt an einem der vielen Fenster saß. Es war nahe des Flusses gebaut, der sich durch Oslo zog, was mich an sich irgendwie ein wenig beruhigte. Ich mochte Wasser, hatte auch das Meer an Italiens Küsten geliebt, das mit dem hier in Norwegen so gar nicht vergleichbar war.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Sah so aus, als hatte Sabin ein Nachsehen mit mir. Es schien ihm aufgefallen zu sein, dass ich heute nur noch bedingt aufnahmefähig war. Und das, was ich mir noch merken würde, bezog sich ganz sicher nicht auf etwaige Verbesserungsvorschläge oder neue Konzepte. Ich war ihm also sehr dankbar, dass ich nach dem Tag heute verschont blieb und nickte seinen Vorschlag, sich später zu treffen, schweigend ab. "Hört sich vernünftig an", unterstrich ich das Ganze dann doch noch mal verbal - nur um sicher zu gehen, dass er das auch zur Kenntnis nahm - und stiefelte dann mit schweren Schritten auf die Tür zu. "Schlaf gut", murmelte ich noch leise, bevor ich mich aus der Bar trug. Sabin sollte wieder abschließen, wenn auch gleich nach Hause ging. Ein integrierten Zugang zur Wohnung besaß mein Baby leider noch nicht, weshalb es leider nötig war, auf der Straße ein Stück weiter zu gehen, wo schließlich Briefkästen und Klingeln verrieten, dass hier tatsächlich Leute wohnten. Auf meiner Etage angekommen, schloss ich die Wohnungstür auf und schlurfte ohne große Umwege in mein Bett. Zähne putzen und auch Klamotten ausziehen war heute nicht mehr drin gewesen. Schon als ich die Matratze berührt hatte, waren meine Augen wie Bärenfallen zugeschlagen und hatten mich in einen tiefen, traumlosen Schlaf gerissen. Am nächsten Morgen - wobei Morgen ein relativ dehnbarer begriff war, es war beinahe 13 Uhr - war ich zwar noch nicht ausgeschlafen, fühlte mich aber zumindest mal lebensfähiger als am Ladenschluss. Der Mundgeruch, der mir beim Gähnen entgegen schlug, ließ mich kurz das Gesicht verziehen und war letzten Endes auch der Grund, warum ich schon aufstand, anstatt noch fünf bis zehn Minuten zu dösen. Jetzt, wo ich wieder etwas klarer denken konnte, schälte ich mich schon auf dem Weg ins Badezimmer aus meinen Klamotten, ließ sie einfach auf dem Flur liegen. Damit war das auch das Dekorativste in meiner Wohnung, die ansonsten nur sehr dürftig und wenige liebevoll eingerichtet war. Ich verbrachte meine Zeit ohnehin eher in der Bar, weshalb in der Küche noch ein kleiner Tisch und ein Stuhl stand. Die Elektrogeräte waren, soweit ich informiert war, nicht einmal angeschlossen. Essen tat ich in der Smith and Wesson. Mein Kaffee trank ich ebenfalls dort. Im Grunde genommen war alles, außer das Schlaf- und Badezimmer pure Geldverschwendung an dieser Wohnung gewesen, aber na ja. Als ich in meinem kleinen Badezimmer angekommen war, musste ich feststellen, dass ich absolut Scheiße aussah. Nicht nur, dass ich keine Zähne geputzt hatte - und das allein war schon Krise - nein, auch abgeschminkt hatte ich mich nicht und sah entsprechend kaputt aus, als mein Spiegelbild mir so entgegen lachte. Ich wandte mich von der blassen Gestalt im Spiegel ab, widmete mich meiner Zahnbürste, meinen Abschminktüchern und einer warmen Dusche. Im Anschluss hüllte ich mich in neue Klamotten und machte mich wenig später schon nach unten auf, um meinen Kaffee zu trinken, zumindest eine Kleinigkeit zu frühstücken, bis mich schließlich Sabin per Nachricht darüber informierte, wo und wann wir uns jetzt genau trafen. Ich bestätigte ihm kurz, dass ich mich auf den Weg machen würde und verließ quasi im selben Moment die Bar. Es dauerte nicht lange, bis ich an dem amerikanischen Diner angekommen war, wo Sabin schon auf mich zu warten schien. Ich winkte ihm zu, noch bevor ich mich auf dem freien Platz ihm gegenüber fallen ließ. Gar nicht so schlecht die Wahl. Hier konnte man ja doch ein bisschen offener reden, weil nicht an jedem Tisch jemand saß. Dennoch beugte ich mich ihm etwas entgegen. "Hey", wollte ich nicht direkt mit der Tür ins Haus fallen. Das kam er kurz darauf. "Jetzt bin ich definitiv aufnahmefähiger. Also... was wolltest du mir gestern Abend sagen?", fragte ich leise, hob fragend eine Augenbraue.
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Zwar hatte ich nicht wirklich etwas Anderes erwartet, als dass die Barchefin mit meinem Vorschlag einverstanden war, nickte aber dennoch recht zufrieden, nachdem sie mit wenigen Worten eingewilligt hatte. Kurz darauf verschwand sie auch schon, wobei ich ihr nur noch ein "Du auch.", mit auf den Weg gab, bevor ich mir auch den Schal noch umwarf. Dann checkte ich, ob der Haustürschlüssel für die Wohnung auch wirklich in der Jackentasche war und zog noch den Reißverschluss hoch, bevor ich ebenfalls die Räumlichkeiten verließ und hinter mir abschloss. Der Nachhauseweg war recht anstrengend, mit der Müdigkeit fast schon eine richtige Hürde und ich nickte in der Straßenbahn auch einmal kurz weg, wachte glücklicherweise aber zügig wieder auf. Ich schlief tatsächlich durch bis kurz vor 14 Uhr, wachte da dann auch nur auf, weil ich mir in weiser Voraussicht einen Wecker gestellt hatte. War ich mir selbst eben doch der beste Freund, wusste ich, dass ich ohne große Störfaktoren gut und gerne auch zehn Stunden schlafen konnte. Aber das vermied ich durch den schrillen Klingelton gekonnt und grummelte leise vor mich hin, als ich aufstand und mich nur in Boxershorts dem müden Gang ins Badezimmer widmete. Unterzog mich dort dann erstmal einer Dusche, damit man mich überhaupt erst wieder zu den Lebenden zählen konnte. War auch Sydney kein Geheimnis mehr, dass ich ein ziemlicher Morgenmuffel - oder Mittagsmuffel in diesem Fall - sein konnte und sie mich vor der Dusche am besten gar nicht erst ansprach. Also widmete ich mich erst einmal in aller Ruhe meinem morgendlichen Ritual, bevor ich mich in frische Klamotten schmiss und dann meinem Handy das erste Mal Aufmerksamkeit schenkte, um Cosma zu kontaktieren. Es kam auch fast sofort eine kurze Nachricht zurück, weshalb ich nur noch einen kurzen Gang zu der Agentin ins Wohnzimmer erledigte und ihr sagte, wo ich hingehen würde, bevor ich mich mit Schuhen und Jacken schon für die Kälte draußen wappnete und durch die Haustür verschwand. Gelogen hatte ich nicht. Dass ich mich mit meiner Chefin treffen würde, um über die Arbeit zu reden entsprach ja im Grunde genommen der Wahrheit, nur verschwieg ich vielleicht ein paar sehr viele Details, die die Brünette aus allen Wolken hätten fallen lassen. Sollte sie mal wieder der Meinung sein, mir jetzt folgen zu müssen, würde sie auf jeden Fall nichts Anderes als das sehen, was ich ihr beschrieben hatte. Zwei erwachsene, sich in einem Diner unterhaltende Menschen. Nicht mehr, nicht weniger. Ich wartete noch nicht lange, als ich die auffällige Haarpracht der jungen Frau entdeckte und sie sich kurz darauf auch schon mit gegenüber auf die schmale Sitzbank fallen ließ. Weil ich die Bedienung im Augenwinkel im Augenwinkel sah, bedeutete ich ihr mit einer knappen Handbewegung, kurz inne zu halten. Ich nahm meinen Kaffee in Empfang und bestellte mir ein knappes Frühstück, Mittagessen, oder was auch immer, bevor die noch recht jugendlich aussehende Blondine wieder das Weite suchte und sich ihrer Arbeit widmete. "So, jetzt...", setzte ich an, nippte dann aber kurz an dem Kaffee, nur um festzustellen, dass er eindeutig noch zu heiß war. Verdammt. "...vielleicht sollte ich dir erst ein bisschen was über die Sache zwischen Richard und mir erzählen. Ist schließlich nicht ganz irrelevant, falls du deine Geschäfte wirklich irgendwie mit unseren verbinden möchtest.", fing ich dann an, mit der Wahrheit herauszurücken. Ich erzählte Cosma, wie ich überhaupt erst auf Richard gekommen war, dass das im Grunde erstmal nur auf seinen Mist gewachsen war. Dass ich mich letzten Endes doch dafür entschieden hatte mich mit ihm zu einigen, weil ich was kriminelle Geschäfte anging Erfahrung hatte und schlicht und ergreifend schon jetzt nicht mehr mit dem 0815-Leben zurecht kam, weil ich es anders gewohnt war. Ich brauchte sein finanzielles Polster teilweise ein bisschen als Startkapital und eben auch seine Kontakte, mit denen ich mich inzwischen schon ganz gut eingefunden hatte. Nur stichpunktartig erklärte ich ihr, was ich bisher tat. Belief sich ja erstmal nur auf den Beginn der Hehlerei und die ersten paar gezinkten Boxkämpfe, die mir schon ein wenig Geld eingebracht hatten. Im Anschluss erläuterte ich der jungen Frau, was Tyr bei der ganzen Geschichte nun für eine Rolle spielte. Dass er zum einen eben als Schutz für meine kommenden Geschäfte da sein musste und zum Anderen einige Fragen beantworten würde, damit ich Niemandem mit den noch folgenden Geschäften zu arg auf die Füße trat. Die ersten Antworten würde ich vermutlich morgen Abend kriegen, hatte ich doch auf dem Weg ins Diner noch einmal kurz den Kontakt zu einem seiner Handlanger gesucht. "Ich will auf jeden Fall noch einen großen Teil des Drogenmarkts für mich haben... aber dazu muss ich eben erstmal wissen, wer hier schon was vertickt und mit wem davon ich mich freiwillig anlegen möchte.", setzte ich der etwas langen, eher leisen Rede dann ein leise seufzendes Ende, bevor die Bedienung mit dem Spiegelei, Toast und Speck angetanzt kam. Genauso schnell war sie dann auch ein zweites Mal weg. "Was meine Vergangenheit angeht, muss ich dich allerdings enttäuschen. Ist sowohl für dich, als auch für mich sicherer, wenn du's nicht weißt.", merkte ich gleich im Voraus an, dass sie sich Fragen diesbezüglich erst einmal sparen konnte.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Sollte dann nicht lange dauern, bis ich auf meine Frage eine sehr ausführliche Antwort bekam. Weil's doch ein Stück weit länger dauern sollte, bestellte ich mir zwischendurch auch etwas zu Essen. Eher etwas in Richtung fettiges Fingerfood und eine kalte Cola. Gefrühstückt hatte ich ja bereits und so reichten mir die Chickenwings, die Mozzarellasticks und Zwiebelringe. Während ich auf meine Bestellung wartete, lauschte ich gespannt Sabins Worten, die durch die junge Bedienung immer wieder unterbrochen worden waren, wenn sie uns das Essen brachte. Glücklicherweise machte sie sich genau so schnell aus dem Staub, wie sie gekommen war. Da Sabin gerade den interessantesten Teil der Geschichte erzählte, war ich fast schon genervt, wenn wir gestört wurden. Die Beziehung zwischen ihm und Richard war nämlich ein Thema, worauf ich ihn früher oder später sowieso hatte ansprechen wollen. War so ziemlich auch das Einzige, was von gestern Abend noch hängen geblieben war nach der langen Nacht. Grob darüber aufklären, was zwischen mir und Richard läuft, hatte er gesagt. Ich war, zugegebenermaßen ein wenig enttäuscht von meinem eigentlichen besten Freund gewesen, dass er mir eine solch wichtige Information vorenthalten hatte. Ich hätte mich von Anfang an anders verhalten können Sabin gegenüber, aber gut. Was soll's. War jetzt so, meine gewollten Infos bekam ich dann eben jetzt. Mit einem leichten Nicken bedeutete ich dem Italiener zwischendurch, dass auch alles bei mir angekommen war. Noch während Sabin mir erläuterte, wie sein Plan für die Zukunft so aussah, was Richard damit zutun hatte und an welchen Stellen genau Tyr ins Spiel kommen sollte, überlegte ich beiläufig, wie man die Geschäfte eventuell verbinden konnte. Und zumindest im Punkt Hehlerei konnte ich Sabin einen Vorschlag unterbreiten. Freundlich, wie ich war, ließ ich ihn natürlich erst einmal ausreden. Der letzte Punkt seiner Ansprache ließ mich meine Augenbraue erneut heben, war es doch ein wenig seltsam, wenn jemand so absolut gar nicht über seine Vergangenheit reden wollte. Dass er weder hier aus Oslo, geschweige denn aus Norwegen kam, ließ sich nicht von der Hand weisen, aber das war so ziemlich alles, was ich neben dem kriminellen Aspekt von ihm wusste und das machte mich misstrauisch. Ich zog die Brauen ins Gesicht, mimte einen abschätzenden Ausdruck. "Wenn es etwas in deiner Vergangenheit gibt, was uns im Hier und Jetzt Probleme bereiten könnte, würde ich schon gerne davon wissen", kommentierte ich erst einmal die Letzte seiner Aussagen. Ich hatte schlicht und ergreifend einfach keine Lust, ins Ungewisse zu laufen und wenn von irgendwas eine konkrete Gefahr ausging, war ich gerne darauf vorbereitet. Tyrs Prügelknaben hin oder her. Noch bevor ich ihn allerdings antworten ließ, lenkte ich quasi selber vom Thema ab, denn ich hängte den durchdachten Plan direkt hinten dran, was nicht unbedingt zu meinem Vorteil war in dieser Situation. "Was ich außerdem sagen wollte: Ich habe regelmäßig jemanden an meinem Pokertisch, der Elektronik aller Art ankauft. Habe ich beiläufig mal mitbekommen, vielleicht findest du in ihm einen guten Abnehmer? Ansonsten...", ich sah nachdenklich in die Luft, fuhr mir durch das Feuer rote Haar. "Schwierig. Wir arbeiten ja jetzt nicht unbedingt in den Metiers, die fürs Zusammenarbeiten bestimmt sind." Ein schiefes Grinsen zierte die fülligen Lippen, während ich mir ein Zwiebelring vom Teller angelte, nicht gerade Ladylike verspeiste. War hier ja auch kein Date, also musste ich mich nicht unbedingt benehmen, wie eine Louis Vuitton Bitch...
# Well I'm not proud about decisions I have made, there has been sorrow caused by my mistakes. #
Ich wusste auch gern viel, wenn der Tag lang war. So einfach war das Leben aber halt nicht, sonst würde ich Tyr wohl kaum um einige Eckdaten von den größeren Kalibern der Stadt bitten, sondern mir das Wissen darüber einfach herbei zaubern. Das ging aber genauso wenig, wie Cosma jetzt eine richtige Antwort darauf bekommen würde. Ich wusste schon, dass es nicht gut war, meine Geschäftspartner darüber im Ungewissen zu lassen. Den schießwütigen Typen mal außen vor gelassen, aber der musste das auch nur grob wissen, um mich und den Rest im Ernstfall vor den Konsequenzen meiner vergangenen Handlungen zu retten. Er wusste es nur, weil er es musste und weil ich nicht glaubte, dass er ein einziges Sterbenswörtchen darüber verlieren würde. Wieso sollte er auch? Er hätte Nichts davon, außer womöglich seine Geldanlagen gegeneinander aufzuhetzen und für weniger Gewinn zu sorgen. War also nicht sinnvoll und der voll tätowierte Kerl würde da sicher auch von selbst drauf kommen. "Ich kann es dir aber jetzt nicht sagen. Sollte es wirklich Konsequenzen haben, was ich jetzt noch absolut nicht abschätzen kann, rück' ich schon noch mit der Sprache raus, keine Sorge.", gab ich zwischen ein paar Gabeln voll Ei und Speck von mir, redete teilweise etwas undeutlich, weil ich nicht runterschluckte, bevor ich sprach. Aber sie würde schon verstanden haben, war ich mir fast sicher. Immerhin waren wir weiterhin recht eng beieinander mit den Köpfen, weil wir uns noch immer ein wenig nach vorne lehnten, um nicht lauter als unbedingt notwendig sprechen zu müssen. Fiel so beim Essen auch gar nicht weiter auf. Dann lauschte ich ihren weiteren Worten, die ich sogleich mit einem Nicken beantwortete. Das war doch schonmal gut. Elektronik lieferte ohnehin mit die besten Einnahmen was die Hehlerei betraf, waren wir doch im absoluten High-Tec-Zeitalter angekommen und ohne elektronische Geräte schien ja fast Nichts mehr zu funktionieren. Sowas bekam man immer gut los. Dicht gefolgt waren eben jene Gegenstände von teurem Schmuck, an den aber deutlich schwieriger ranzukommen war, war der Scheiß doch meistens noch besser gesichert. Aber es gab immer Mittel und Wege. "Klingt, als könnte ich was damit anfangen. Gib' mir Bescheid, wenn er sich das nächste Mal ankündigt, dann red' ich mit ihm.", bestätigte ich ihr auch noch wörtlich, dass ein Kontaktherstellen sicher nicht verkehrt sein konnte. Unbedingt in den gleichen Sparten arbeiteten wir nicht, nein. Da hatte sie schon Recht, aber man konnte die Kundschaft in ihrem Hinterzimmerchen sicher mit ein paar Drogen beeinflussen. "Ich weiß nicht, ob du schonmal Drogen genommen hast oder dich anderweitig damit auskennst... aber spielsüchtige Leute sind sehr anfällig dafür, sich was einzuschmeißen, weil die häufig auch anderweitig 'nen Knacks in der Birne weg haben. Wie wir Alle wissen machen Drogen einen in der Regel sehr unzurechnungsfähig und begünstigen damit nicht nur immer wieder mehr Geld auf den Pokertisch zu setzen, sondern auch zu kaufen. Die Nutten", ich sprach das Wort ja wirklich nicht so gerne aus, ließ mir aber Nichts anmerken. "werden gleich noch viel sympathischer, schmeißen damit dann auch mehr Geld ab und wenn man nur sehr geschickt und dekorativ genug ein paar käufliche Gegenstände im Hintergrund platziert, die dann zwangsläufig während dem Spiel immer wieder ins Blickfeld geraten, ist auch der eine oder andere Gewinner beim Spiel sicher gereizt sich gleich mal eine neue Uhr oder weiß Gott was zu genehmigen, weil sie es sich in dem Moment ja leisten können.", redete ich nachdenklich vor mich hin und machte eine abwertende Handbewegung. Wenn sie immer mal wieder nur ein, zwei Pillen zu sich nahmen, waren sie irgendwann dann auch abhängig und so spielte sich auch damit wieder Geld in meine - unsere, whatever - Taschen. War quasi eine Win-Win Situation. Zwar konnte ich noch nicht explizit sagen, was ich denn genau in petto haben würde, aber da gab es unzählige gute Möglichkeiten. Eine davon würde sich schon verwirklichen lassen.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Ehrlich gesagt gefiel mir Sabins Ton in dem Moment überhaupt nicht. Noch weniger seine Antwort, aber was wollte ich dazu jetzt noch sagen? Ich würde einfach tierisch aufpassen müssen, auf was ich mich mit ihm einließ, konnte der Sache nicht ganz so entspannt entgegen schauen, wie ich es gerne getan hätte, aber na ja. War dann wohl abgehakt, für's Erste zumindest. Was seine Aussagen anging, konnte ich nur überrascht die Augenbrauen nach oben ziehen. Auch wenn ich es nicht unbedingt offen aussprach, fand ich den schließlich den Ansatz, wie er an die Sache heranging, ziemlich gut. Wäre ich auf die Schnelle nicht drauf gekommen, aber war ja auch erst mal nur wichtig, dass wir grundlegend etwas hatten, worauf man aufbauen konnte. Reichte also, wenn fürs Erste nur einer gute Ideen hatte. Wenn die Sache erst einmal lief, hatte ich noch genug Zeit, das Konzept zu überdenken und gegebenenfalls Änderungen vorzuschlagen. Ich nickte Sabin als zustimmend zu, spielte den Ablauf einmal in meinem Kopf durch. "Neben geklauter Ware können wir vielleicht auch ein oder zwei Bilder von Richard aushängen. So wie ich das verstanden habe, hat er wohl ein paar Bilder, die sich preislich von anderen echt abheben. Aber da hab ich jetzt wirklich keine Ahnung, müssten wir ihn noch mal fragen", schlug ich mit einem leichten Schulterzucken vor. "Was die Drogen angeht...", ich starrte wieder Löcher in die Luft, dieses Mal etwas gedankenverloren. "... habe ich keine guten Erfahrungen mit gemacht, aber können wir machen", beendete ich nach einer kurzen Pause den Satz. Unweigerlich kamen einige der so erfolgreich verdrängten Erinnerungen an meinen Ex-Freund und den damit verbundenen Drogenkonsum wieder hoch, hatte ich doch nach der Trennung darin Trost gesucht. Aber ich hatte mich gefangen. Nicht zuletzt wegen der Bar, die ich um ein Haar verloren hatte, weil mir im Rausch einfach alles aus den Händen geglitten war. War nebenbei im Übrigen der Grund, warum Richard zu meinem einzigen, sehr guten Freund geworden ist. Keine Ahnung, ob er damals Hintergedanken gehabt hatte, als er mir wieder auf die Beine geholfen hatte, aber ich war zumindest nicht vergewaltigt worden, hatte nie etwas mit ihm und konnte mich auch nicht daran erinnern, irgendwas an ihn hatte abgeben zu müssen dafür, dass er sich eine Zeit lang gut um mein Baby gekümmert hatte, während ich in der Entzugsklinik das Pflegepersonal verprügelte. Die ersten Tage des Entzugs waren katastrophal gewesen, hätte quasi gar nicht schlecht laufen können, aber bei wem lief so etwas schon reibungslos? Alles Lügner, die behaupteten, dass es easy war, nicht mehr an den nächsten Schuss oder die nächste Pille zu denken. Nun, wie auch immer. Die Sache war Geschichte und ich hatte mittlerweile keinen Grund mehr, an Marihuana oder Kokain zu denken, konnte das Zeug also auch ticken, wenn es sein musste. "Hast du denn gestern schon ein paar Informationen bekommen können?", fiel es mir wieder ein, dass Sabin sich ja dahingehend umhören wollte. Fand ich auch gar nicht so dämlich. Nicht nur, dass man sich nicht mit den falschen anlegen musstest, weil man entsprechend weite Kreise um manche Bezirke machen konnte, andererseits war anhand der Marktlage aber auch zu erkennen, was an den Geschäften noch ausbaufähig war. Und vielleicht konnte man in der Richtung ja irgendwas organisieren...
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Hielt ich für eine vorzügliche Idee, ja. So konnte man nicht nur nebenher jene Bilder mit zum Verkauf anbieten, sondern sie auch sofort dazu nutzen, den Raum gleich noch viel luxuriöser wirken zu lassen. Immerhin waren es keine billigen Bilder und ältere Gemälde standen schon seit einer halben Ewigkeit dafür, einen gewissen Wohlstand zu besitzen. Warum also nicht deren bloße Anwesenheit allein schon dazu nutzen, das menschliche Hirn noch weiter zu manipulieren und in den potenziellen Käufern den Eindruck zu erwecken, dass sie sich als wichtige, hochrangige Personen fühlen konnten? Wenn der menschliche Verstand schon so leicht manipulierbar war, dann sollten wir uns das auch zu Nutze machen. Ich war mir tatsächlich ziemlich sicher, dass Richard da absolut Nichts gegen einzuwenden hatte. Gab in meinen Augen zumindest keinen ersichtlichen Grund dafür, weil er damit ja auch noch eine zusätzliche Möglichkeit hatte, um seine Bilder bei möglicher Kundschaft ins Rampenlicht zu rücken und mit etwas Glück auch zu verkaufen. Nachdem wir dann ab heute Abend auch einen Wachhund vor der Tür hatten würde kaum Jemand auf die Idee kommen, Etwas klauen zu wollen. Wäre zumindest mehr als dämlich, aber die menschliche Dummheit kannte nach meinen bisherigen Kenntnissen auch keine Grenzen. "Ja, hat er bestimmt Nichts gegen... würde dem Raum auch gleich nochmal ein ganz anderes Ambiente verleihen.", stimmte ich der jungen Frau mit den auffällig roten Locken zu und schob im selben Atemzug den leeren Teller von mir weg, um stattdessen die noch nicht ganz leere Kaffeetasse direkt vor mir zwischen meinen Händen zu platzieren. War einfach angenehm war an den Fingern, während ich Cosmas Worten bezüglich ihrer Erfahrung mit Drogen lauschte. Natürlich machte mich das schon neugierig, lag es doch ein Stück weit einfach in der menschlichen Natur neugierig zu sein und dem auch nachzugehen. Immerhin war das der Weg zur erfolgreichen Evolution bis ins heutige Zeitalter gewesen. Ohne besagte Neugier stünde die Menschheit nicht an dem Punkt, an dem sie jetzt war. Aber ich sagte mir gedanklich selbst, dass es keinen großen Sinn haben würde jetzt nachzufragen. Immerhin hatte ich der jungen Frau auch keine Antwort auf ihren vorherigen Wunsch gegeben, warum sollte sie mir also auf eine derartige Frage antworten? Es konnte schließlich Vieles sein, das sie hinsichtlich der Drogen mitgemacht hatte. Von nur oberflächliche Berührung bis tief im Sumpf stecken konnte das Alles sein, weswegen ich es schlicht vorzog nicht weiter nachzuhaken. Vielleicht irgendwann anders, aber nicht jetzt. Deshalb nickte ich nur entschieden, drehte den Kopf dann leicht zur Seite, um aus dem Fenster zu sehen und die gleichmäßige Bewegung des Wassers im Fluss ins Auge zu fassen. "Ist gut, musst dich ja auch nicht reinziehen lassen.", antwortete ich diesbezüglich also nur, meinte damit schlicht, dass sie gerne weiterhin die Pfoten davon lassen sollte. Würde uns Nichts als Ärger bringen, wenn wir selbst mit dem Schnupfen, Schlucken und Spritzen anfingen. Hieß ich also nur gut, dass sie selbst damit Nichts anfangen konnte. Auf ihre folgende Frage hin seufzte ich leise, bevor ich den Kopf wieder in ihre Richtung zurück drehte. "Nein, leider nicht... aber morgen Abend hat er wohl Zeit, sich länger mit mir zu unterhalten.", klärte ich Cosma auf und zuckte dann leicht mit den noch immer etwas müden Schultern. Irgendwie kam ich ja heute nicht so richtig in die Gänge, auch mit Kaffee nicht. War wohl einfach einer dieser unguten Tage.
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Richard würde da sicher schon etwas finden, was sich wunderbar mit dem gedimmten Rotlicht vertragen würde und ja, das Ambiente wäre dann auch ein ganz anderes. Man konnte das Ganze dann schon fast als Nobelpuff verkaufen. Aber gut, aussehen war nicht alles, es musste einem natürlich etwas verkauft werden. Ob das nun Drogen oder geklautes Zeug war, sollte mir vollkommen egal sein. Dahingehend müsste man sich nur noch überlegen, wie man die an den Mann bringen konnte. Klar, machten sich ohnehin schon alle, die an dem Pokertisch saßen und spielten, strafbar. War trotzdem kein Grund, da ohne Weiteres rein zu spazieren, á la Wir verkaufen den besten Stoff jetzt auch vor Ort. Sie haben noch kein Weihnachtsgeschnk? Gar kein Problem! Kaufen Sie jetzt auch noch geklaute iPhones. Würde vielleicht bei ein paar Leuten als Gag gut ankommen, wiederum ein anderer Teil wollte damit vielleicht gar nichts zutun haben und einfach nur sein Spiel spielen. Man musste es also etwas geschickter angehen. An dem Punkt konnte man eventuell auch die Bar als Solches gut einsetzen. Über die Monate, die ich in der Klinik gewesen war, hatte ich einiges lernen dürfen. Unter anderem auch, dass man viele Sachen einfach eingetrichtert bekam, ohne davon auch nur irgendwas zu ahnen. Würde ich Sabin dann gleich mal vorschlagen, wie ich mir das gedacht hatte, wenn er fertig war mit Reden. Während er mich darüber aufklärte, dass er leider noch keine Informationen von Tyr bekommen hatte, hatte ich meine Beine an den Körper gezogen, um mein Kinn bequem auf den Knien ablegen zu können. Er hatte also noch keine Informationen bekommen können. Schade eigentlich, war ich doch jetzt schon so voller Tatendrang - haha. Ich angelte mir, bevor ich zu meiner Antwort ansetzt, nach meinem Glas, um daraus ein Schluck Cola zu trinken. Ich behielt es auch gleich in den Händen, um zwischendrin immer wieder dran zu nippen. "Okay", setzte ich an, nachdem er fertig mit reden war, folgte seinem Blick auf das Wasser. Erst jetzt fiel mir auf, dass er wirklich einen guten Platz in dem Diner ausgesucht hatte. Das Wasser hätte mich womöglich entspannt, wenn ich es nicht schon längst gewesen wär. Die Nacht hatte mich zum ersten Mal seit Langem zumindest was den Schlaf anging echt erholt, aber gut, die Eingangsvoraussetzung war ja auch eine Steilvorlage für ein gescheites Durchschlafen gewesen. Ich hatte ja wirklich das letzte bisschen Energie gestern Nacht gegeben. Geistig sah das hingegen etwas anders aus. Da kam ich noch immer nicht wirklich zur Ruhe. Weiß der Geier, woran das lag, denn eigentlich hatte ich mit allem, was mir auf der Seele lag, abgeschlossen, aber okay. Ich hatte mich mit dieser mentalen Müdigkeit abgefunden. "Was die Drogen anging, hätte ich vielleicht eine Idee. Ich hab mal in einer Klink...", ich überlegte kurz, seufzte "... gearbeitet. Da haben wir unseren Patienten manchmal die Medikamente untergeschoben, sprich einfach ins Glas getan und aufgelöst oder so", log ich. Zumindest was die Sache mit dem Arbeiten anging. "Wäre doch ein guter Start, die Leute ein bisschen anzufixen. Nicht alle, sonst fällt's auf. Aber vielleicht ein oder zwei Typen pro Tisch am Tag. Irgendwann fressen die uns von alleine aus den Händen", schlug ich vor, nahm erneut einen Schluck von meinem Getränk. "Man könnte sich die Leute dann zur Seite ziehen und na ja... halt ein bisschen was anbieten", redete ich weiter, nachdem ich das Glas abgesetzt hatte. Der Blick wanderte wieder zu Sabin, musterte ihn abschätzend.
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Meine Ohren folgten ihr nach wie vor sehr aufmerksam, während ich weiterhin darauf hoffte, dass der Kaffee doch noch irgendwie zu wirken beginnen würde. Deshalb kippte ich die restlichen paar Schlucke dann auch ohne längere Umschweife meinen Rachen runter, bevor ich die Tasse ebenso wie den Teller ein wenig von mir distanzierte. Im Anschluss daran stützte ich mich wieder mit den Ellenbogen auf der Tischplatte ab, legte sie Hände ineinander. Dabei kreuzte ich aber nicht die Finger, umfasste lediglich meine linke Hand mit der rechten. Die andere Version sah mir persönlich immer viel zu sehr nach beten aus. Mit Gläubigkeit an höhere Mächte war man bei mir an der ganz falschen Adresse. Zugegeben war ich mir nicht zu hundert Prozent sicher, ob Cosma da gerade die Wahrheit gesagt hatte oder nicht. Wie andere Bekannte hier in Oslo schon hatten lernen müssen war ich kein großer Freund von Lügen, aber ich versuchte gar nicht erst darüber nachzudenken, wie viel an der Geschichte jetzt wirklich dran war oder eben auch nicht. Der Ansatz, der sich schlussendlich dahinter verbarg, war wesentlich wichtiger. Diesen stufte ich nämlich fast auf Anhieb, ohne lange darüber nachzudenken als tauglich ein. Natürlich musste man auch das geschickt anstellen, wäre eine zu hohe Dosis dabei doch auch relativ auffällig - für die anderen, nüchternen Mitspieler jedenfalls. Eine langsame Steigerung war auch da ratsam, aber das brauchte ich der jungen Frau wohl kaum noch zu sagen, wo sie doch in jener Klinik gearbeitet hatte. Sowas, oder was Ähnliches. "Ja, klingt machbar.", stimmte ich also zu und nickte ein weiteres Mal, wenn auch nur kaum merklich. Ich wusste auch nicht, was ich sonst noch groß dazu sagen sollte. Immerhin hatte ich noch nicht mal eine Ahnung davon, auf welche Art von Droge es letzten Ende überhaupt hinauslaufen würde. Eine detaillierte Planung war im Hier und Jetzt also ohnehin nicht möglich. Ich seufzte leise und rieb mir die leicht angestrengten Schläfen, dann nach unten übers Gesicht, bevor ich wieder zu der jungen Frau sah. "Gearbeitet?", hakte ich in ruhigem, neutralem Ton nach und richtete den Blick wieder in ihre Augen. Nicht so, als würde ich sie zu einer Antwort vehement drängen wollen, aber doch auch nicht unbedingt zögerlich. Für mich passte es einfach irgendwie nicht richtig zusammen, dass sie dort angeblich gearbeitet haben soll, aber selbst ein Problem mit Drogen erfahren hatte - in welcher Hinsicht genau auch immer. War merkwürdig, aber vielleicht war ich die letzten Jahre über auch einfach chronisch paranoid geworden.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
War machbar. Gut, dann waren wir uns in der Hinsicht schon mal einig. Man musste zwar noch gucken, welche Art von Drogen sich damit gut an den Mann bringen ließ und natürlich auch, wie die Leute darauf reagierten. Ich kannte aus persönlichen Erfahrungen leider viel zu gut, dass manche Menschen einfach anders auf gewisse Substanzen reagierten als andere. Wenn wir jetzt jemanden mit irgendwelchen synthetischen Pillen anfüttern wollten und er uns dann in einem Wutausbruch die Bude zerlegte, war das nicht gerade förderlich. In keinerlei Hinsicht, wenn man mich fragte. Aber das konnte man alles zu gegebener Zeit besprechen. Sabin hatte ja, wie mehrfach erwähnt, noch immer keine Informationen dazu bekommen, was man am besten verticken konnte, ohne irgendwem damit ans Bein zu pissen. Entsprechend stand zwar der Plan, aber die Umsetzung und die Überlegung der Herangehensweise würden noch warten müssen. Für mich war das Thema damit vom Tisch. Im Kopf abgehakt und archiviert, bis zu dem Zeitpunkt, wo man die Akte wieder aus dem Regal ziehen konnte, um das Finale zu planen. Zu meinen Missgunsten schien mir der junge Italiener mir gegenüber die Geschichte mit einer legalen Arbeit in der Klinik nicht abzukaufen, weswegen ich kurzerhand improvisieren und mir eine passende Story ausdenken musste. Bevor ich auch nur irgendwas heraus brachte, nickte ich kurz, aber entschlossen. "Ja, ich habe mein freiwilliges soziales Jahr in einer Klinik für Suchtkranke gemacht" ... nah dran zumindest ... "ich kenn' da also auch ein paar Tricks und wenn es nötig ist, kann ich dir auch einen Katheter oder eine Magensonde legen", versuchte ich weiter, meine Geschichte ein bisschen auf zu hübschen, grinste sogar, um dem Ganzen einen nicht ganz so ernsten Hintergrund zu geben. Weil ich der Meinung war, mich noch immer nicht genug gerechtfertigt zu haben, redete ich noch eine ganze Weile weiter, versank immer mehr in die Gedanken an das Geschehen von damals. Was ich Sabin erzählte war ja nicht mal gelogen. Ich hatte Folgendes wirklich erlebt und eben genannte Maßnahmen konnte ich auch, nur war die Perspektive eben ein bisschen... verändert worden, so wie ich darüber sprach. Für mich war es einfach ein Fakt, dass nicht jeder Arsch in meiner Seele klempnern musste. Schon gar nicht jemand, den ich kaum kannte. Ich konnte Mazzanti schwer einschätzen. Vielleicht wäre die Wahrheit erzählen und die Sache damit ihm gegenüber abhaken besser gewesen, eventuell hätte er ja gar nicht weiter gefragt und auch nichts hinein interpretiert? Aber mein Schutzmechanismus wollte einfach nicht, dass ich schon wieder jemanden einen Stück weiter näher an mich heran ließ. Und das würde zwangsläufig passieren, wenn ich mit ihm über meine damalige Sucht sprechen würde. Na ja. "Was man da alles zu Gesicht bekommt, hat mich gelehrt, die Finger von den Drogen zu lassen", nahm ich meinen roten Faden wieder auf. "Die Leute waren aggressiv, teils wollten sie sich umbringen, weil sie irgendwelchen Halluzinationen hatten. Dann gab es aber auch die anderen Extremen, die du täglich waschen musstest, weil sie zu high waren, um selbstständig zu duschen. Nach der Kur war ein Teil von ihnen ganz anders. 180 Grad Wendung, wenn du mich fragst. Andere waren auf gerichtliche Anordnung da gewesen" - wie ich im Übrigen auch - "und waren, wenn's hoch kommt, eine Woche clean und durftest du dich wieder um sie kümmern." Das sollte jetzt aber auch reichen. Wenn das nicht überzeugend genug war, dann wusste ich auch nicht.
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Woah. Ich hatte keine zwei Stunden lange Story gewollt, als ich Cosma die Frage gestellt hatte, die lediglich aus einem einzigen Wort bestand. Sie holte viel weiter aus, als es mich im Grunde interessierte. Auch ohne die ellenlange Ausführung ihrer Erfahrungen wusste ich, was Drogen mit Menschen machten. Ich hatte den Kram jahrelang schamlos unters Volk gebracht und teilweise auch selber Nasen gezogen, eine Erklärung der Abgründe hinter dem Zeug war also bei Weitem nicht notwendig. Trotzdem hörte der Rotschopf gefühlt gar nicht mehr auf zu reden, weshalb ich ihr doch zwischendurch gerne einfach eine Hand vor den Mund gehalten hätte. Eine simple Antwort hätte gereicht und auch ihre kilometerlange aneinander Reihung von Sätzen war nicht unbedingt das, was mich jetzt absolut überzeugte. Zu viel reden war genauso ein Indiz für eine Lüge, wie zu wenig reden. Ein gutes Mittelmaß war das Einzige, womit sie mich vermutlich hätte kriegen können. Dabei zweifelte ich nicht einmal unbedingt weiter an, dass sie das Alles irgendwie erlebt haben konnte. Ich fragte mich jedoch schon, ob die Ausgangsposition, aus der sie mir das Ganze schilderte, denn nun die richtige war. Ich sah es allerdings als ziemlich sinnlos an, weiter nachzuhaken, weil ich nicht daran glaubte, dass Sie mir die Wahrheit ohne irgendwelche Ausschmückungen und ewiges um den heißen Brei herum reden schildern würde. Also beließ ich es einfach dabei. Sollte sie gelogen haben, würde sich mir das sicher noch irgendwie anders offenbaren. Oder auch nicht und ich würde irgendwann getrost mit der Unwissenheit darüber sterben, whatever. "Ich wollte nicht deinen halben Lebenslauf.", stellte ich ziemlich sarkastisch fest, lehnte mich dann ein wenig zurück und sagte ansonsten auch Nichts mehr dazu, weil ich es schlicht nicht für notwendig hielt. Die Bedienung suchte von einem anderen Tisch aus einige Meter weit entfernt Blickkontakt zu mir und ich nutzte die Gelegenheit, um sie heran zu winken. Ich würde hier sonst Nichts mehr kaufen, konnte also schonmal zahlen, auch falls Cosma noch mehr loswerden wollte. Noch ein paar Minuten sitzen bleiben war ja in jedem Fall drin.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Autsch. War vielleicht gar nicht mal so schlecht gewesen, Sabin nicht mit der Wahrheit zu konfrontieren. Ich ließ es mir zwar nicht anmerken, aber seine Aussage hatte mich schon vor den Kopf gestoßen. Ich hatte nicht erwartet, dass er noch irgendwas zu der Geschichte sagen wollen würde, aber das war schon irgendwie... na ja, eben mehr als irgendwas. Bestärkte mich nur noch mehr in der Ansicht, meiner inneren Barriere mehr zu vertrauen, als irgendwelchen dummen Gedanken, die mir weiß machen wollten, jemand könnte sich für mein Leben interessieren. Ich zog die Augenbrauen tief ins Gesicht, welches ich wieder auf meinen Knien abgelegt hatte. Der Blick wanderte wieder aus dem Fenster und ich konnte ein leises, frustriertes Schnauben nicht mehr länger unterdrücken. "Das war nicht mal im Ansatz die Hälfte", gab ich dann noch etwas schnippisch von mir und pustete noch am Ende des Satzes eine widerspenstige Strähne aus dem Gesicht. Mein Blick manifestierte sich an einer Brücke, die den Spaziergängern und Fahrradfahrern des Parks gegenüber das Überqueren des Flusses möglich machte. Einzig und allein die Kellnerin, die Sabin an unseren Tisch gewunken hatte, riss mich wieder aus meinen Gedanken in die Realität zurück. Die freundliche Blondine befreite unseren Tisch rasch von den leeren Tellern und brachte Sabin kurz darauf die Rechnung. Da sie scheinbar davon ausging, dass wir in der Hinsicht zusammen gehörten, würdigte sie mich beim Abkassieren keines Blickes, sah es als scheinbar als eine Selbstverständlichkeit an, dass der Mann nach einem Essen die Rechnung bezahlte. Oder aber es war das komplette Gegenteil und sie wollte den, zugegebenermaßen nicht schlecht aussehenden, jungen Mann, noch ein bisschen bezirzen. Wie dem auch sei. Sabin würde den Teil, der anteilig von mir stammte auch zurück bekommen, auch wenn er das vielleicht gar nicht wollte. Als das hübsche Ding dann wieder abgezogen war, setzte ich auch schon zum Gehen an. Ehrlich gesagt war mir die Lust nach Reden jetzt vergangen und ohnehin hatte ich noch etwas vorzubereiten für den heutigen Abend. Da ich anders als die meisten Frauen, mein Portemonnaie und mein Handy in der Hosentasche bei mir trug, tastete ich diese kurz ab, um zu überprüfen, ob alles noch da war und setzte mich dann auch schon wortlos in Bewegung Richtung Ausgang. Weder Sabin, noch der Kellnerin, an der ich zum letzten Mal an diesem Tag vorbei gehen würde, brachte ich eine Abschiedsfloskel entgegen. Die Hände tief in den Jackentaschen verstaut, schlug ich ohne Weiteres den Weg in Richtung bar ein. Ob es Sabin war, der mir folgte, wollte ich zu diesem Zeitpunkt nicht wissen. Denn wenn es so gewesen wäre, hätte es mich nicht interessiert. Als aus einem Schatten aber plötzlich zwei wurden, deren Arme sich nach mir ausstreckten, kam ich doch nicht drum herum, mich in Richtung meiner zwei Angreifer umzudrehen.
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Warum waren Frauen eigentlich immer so empfindlich? Das war so der absolut einzige Vorteil, den ich aus meinem jetzt familienlosen Dasein zog - keine Frauen, die irgendwelche Ansprüche stellten. Also im Haus hatte ich leider Gottes trotzdem eine, aber die gehörte in dieser Hinsicht zum Glück nicht zu mir und war auch nicht da, um meine beste Freundin oder gar mehr zu werden, sondern um den überflüssigen, bereits gescheiterten Aufpasser zu spielen. Zugegeben ruinierte mir Sydney zwar manchmal meine eigentlichen Pläne mit irgendwelchen Kontrollen, aber ansonsten schaffte ich es bisher ganz gut, sie von meinen zukünftigen Vorhaben noch fern zu halten. Ich fürchtete nur, dass das ab einem gewissen Punkt vielleicht nicht mehr ausreichend wäre und sie die Lunte irgendwann riechen würde, weil sie leider nicht bescheuert war, aber an diesem Punkt musste sie sich dann eben entscheiden, was sie wollte. Leben und damit überlaufen, oder ganz einfach sterben. Die Gleichungen waren was das anging immer sehr simpel im kriminellen Untergrund. Aber back to topic. Ich sah Cosma noch mit einem entnervten Seufzen nach, als die Rechnung gerade bezahlt hatte. Okay, ja, ich hätte das vermutlich netter sagen können, aber heute war halt einfach nicht mein Tag. So ging ich ein paar Minuten später ebenfalls nach draußen und atmete ein paar Mal tief ein, um die kalte Luft in mir aufzusaugen und vielleicht wenigstens dadurch etwas wacher zu werden. Es half zumindest ein kleines bisschen dabei, meine Gedanken mit vollem Magen etwas mehr zu sortieren und wieder ins rechte Licht zu rücken. Ich musste heute nicht mehr arbeiten, weil ich gestern mit eingesprungen war und geholfen hatte, das Chaos und die angestaute Arbeit zu beseitigen. Hieß also, ich würde keine Möglichkeit mehr dazu haben, mich zu erklären oder zu entschuldigen, wenn ich nicht doch auch den Weg zur Bar einschlug. Es erst sacken und ruhen lassen wollte ich auch nicht unbedingt. Meiner Erfahrung nach änderte das nichts oder machte es nur schlimmer, weil man auf sich hatte warten lassen. Weil ich es mir mit meiner Geschäftspartnerin aber nicht verscherzen sollte, beschloss ich sie doch jetzt gleich im Anschluss noch einmal aufzusuchen. Eigentlich hatte ich einfach an einer der engen Gassen vorbei zur Eingangstür der Bar gehen wollen. Als aus jener Gasse aber tiefe, bedrohlich klingende Stimmen zu hören waren und kurz darauf auch eine weibliche, mir nur allzu bekannte Stimme aufkam, ging ich doch noch einmal zwei Schritte zurück und besah mir das Desaster in der dunklen Nebengasse. Die roten Haare der Barchefin waren selbst auf fünfzehn Metern Distanz absolut nicht zu übersehen und sie schien gerade ordentlich in die Mangel genommen zu werden. Mit diesem Bild vor Augen vergaß ich auch gleich, weshalb ich ursprünglich gekommen war und schritt stattdessen zu anderen Taten, obwohl ich vollkommen unbewaffnet war. Es war wirklich an der Zeit, das zu ändern, aber Tyr würde mir da sicher nachhelfen können, ohne dass ich mir dafür die Hände schmutzig machen musste. Mit einem recht lauten Pfeifen und den herausfordernden Worten "Bereit für ein bisschen Spaß, ihr Arschlöcher?", lenkte ich auch sogleich die notwendige Aufmerksamkeit auf mich. Einer der beiden hielt die junge Frau noch immer konsequent mit den Armen hinter ihrem Rücken fest, während der andere mit einem breiten Grinsen auf mich zuging und ein Messer zückte, dessen Klinge selbst in dem düsteren Licht hier sichtbar glänzte. Er schien aber nicht besonders geübt damit umgehen zu können, weil ich ihn nach ein paar Messerhieben, die ins Leere verliefen, fast problemlos entwaffnen konnte. Ein gezielter Tritt in die Kniekehle, dabei ein Griff nach seinem Arm und ich konnte ihm diesen mühelos verdrehen, sodass der Kerl vor Schmerz aufkeuchend die Klinge fallen ließ. "Es war mir eine Ehre.", waren die letzten Worte, die ich noch zu ihm runter knurrte, bevor ich mit die Hauswand rechts neben uns zu Nutze machte und seinen Schädel dagegen schlug, um ihn zumindest erst einmal ins Dunkel zu befördern. Im Anschluss daran hob ich das scharfe Messer auf, besah mir einen Moment lang die Klinge und erst dann wanderte mein Blick wieder zu Cosma und ihrem Angreifer. Jener hob seine Hände jetzt an ihren Hals und ihren Kopf und drohte mir damit, ihr das Genick zu brechen, wenn ich mich nicht sofort verpissen würde. Scheiße. Messer werfen konnte ich nicht gezielt. Ich sagte es ja - war nicht mein Tag.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Eigentlich hatte mein Tag ja relativ entspannt angefangen, auch das Gespräch war, bis zum Ende jedenfalls, echt angenehm gewesen. Mittlerweile hatte ich mir allerdings gewünscht, meine Wohnung, beziehungsweise meine Bar heute nicht mehr verlassen zu haben. Beim Umdrehen hatte ich einen Blick auf die teilweise maskierten Angreifer erhaschen können und wusste sofort, dass ich aus der Nummer nicht unbeschadet rauskommen würde. Vermutlich konnte ich von Glück reden, wenn ich am Ende noch lebend aus der Gasse kriechen konnte. Der eiserne Griff des jungen Mannes, der mir am nächsten stand, ließ mich schon leise Zischen, drehte er mir den Arm nicht gerade zärtlich auf den Rücken. Okay, das war's dann wohl. Noch während ich die Schritte des zweiten Mannes auf mich zukommen hörte, schloss ich die Augen, erwartete den ersten Schlag binnen wenigen Sekunden, aber es tat sich nichts. Stattdessen drang eine bekannte Stimme an mein Ohr, die ich mit geschlossenen Augen aber nicht zu hundert Prozent zuordnen konnte. Erst als ich das stumme Gebet gen Himmel gesandt hatte, wagte ich es, meine Augen wieder einen Spalt weit zu öffnen. Was ich dann sah, verschlug mir nicht nur wegen der Schmerzen den Atem, der Griff wurde immer stärker. Sabin war mir scheinbar gefolgt und hatte mich in der misslichen Lage aufgefunden. War es das Gebet gewesen? Vermutlich nicht, denn eigentlich glaubte ich nicht an so einen Scheiß, aber gut, war im Endeffekt auch egal. Ich war einfach froh, dass er da war und mich zu verteidigen versuchte. Er zögerte nicht, die Aufmerksamkeit des entfernten Angreifers auf sich zu ziehen und als ich das Messer vernahm, konnte ich nicht anders, als spitz aufzuschreien. Nur weil ich immer einen relativ kalten Eindruck machte, hieß das noch lange nicht, dass ich überhaupt keine Gefühle mehr spürte. Ganz im Gegenteil. In diesem Augenblick wurde ich geradezu mit dem Gefühl von Angst und Sorge um meinen Mitarbeiter und Geschäftspartner überschwemmt. Zu meiner Überraschung hatte Sabin die Sache aber sehr bald unter Kontrolle, zumindest was seinen Flitzpiepen anging. Ich war leider relativ hilflos was das anging. Tritte und Bisse lösten nicht weiter als ein genervtes Zischen hervor und selbst wenn ich es gewollt hätte, gab es aus diesem Griff wirklich kein Entkommen. Aber ich konnte ihn immerhin etwas ablenken. Als der Maskierte hinter mir jedoch irgendwann feststellte, dass sein Kumpane für's Erste nicht mehr aufstehen würde, brachte mich wohl in die unbequemste Situation diesen Tages. Der Griff um meinen Hals war kalt, der Gegendruck an meinem Kopf hart. Eine falsche Bewegung könnte mich mein Leben kosten. Dem Tod - wir wollten es ja übertreiben - so nahe zu sein, ließ mich zum ersten Mal seit langem wieder eine Träne vergießen. Die salzige Perle zog aufgrund meines Eyeliners schwarze Schlieren über die sonst so blasse Wange und landete ziemlich geräuschlos auf dem feuchten Boden in Oslos Seitengassen. Wie schon zuvor, schloss ich die Augen, dieses Mal sparte ich mir aber das Gebet. Was konnte mich in der Situation noch retten? Sabin hatte sein Bestes gegeben, aber zum Messerwerfer wurde man nicht binnen weniger Sekunden und somit standen die Chancen, diesen Griff doch noch lebend zu entkommen gegen Null.
# Well I'm not proud about decisions I have made, there has been sorrow caused by my mistakes. #