Es dauerte für meine Belange deutlich zu lang, bis wieder Irgendetwas passierte und in der Zwischenzeit wäre ich ein bis zwei Mal beinahe an dem Kloß im Hals erstickt. Nicht, als hätte ich es wirklich anders verdient, als an meinem eigenen psychischen Leid zu verrecken, aber ich hasste dieses Gefühl. Wegen der eigenen Tränen nicht mehr richtig Luft zu kriegen war unfassbar unangenehm - jedoch bei Weitem nicht so unangenehm wie der Klang von Iljahs Stimme, die doch zunehmend wütender wurde. Ich würde mir selber gerade aufrichtig wünschen, einfach mit dem Geheule aufzuhören, wenn es doch nur so einfach wäre, wie er das hier gerade ausspuckte. Ich versuchte tief durchzuatmen, aber das half nicht halb so gut wie der Anblick es Schwarzhaarigen, während er auf mich zukam. Als wollte mein Körper um jeden Preis mit den ohnehin mit klar sehenden Augen erblicken, was er jetzt tat. Der Griff an meinem Fußgelenk allein war schon reichlich unangenehm und dass ich mich kurz zuvor instinktiv fester an die Wand gepresst hatte, half selbstredend nur wenig bis gar nicht dabei, nicht von ihm durch die Gegend gezerrt und über seine Schulter geworfen zu werden. Letzteres entlockte meiner Kehle ein ängstliches, wenn auch erstickt klingendes Keuchen, weil für mehr der begrenzte Sauerstoff in meiner Lunge gerade gar nicht ausreichte. Ich hätte beinahe instinktiv damit angefangen herumzuzappeln im verzweifelten Versuch mich dadurch von dem Schwarzhaarigen lossagen und erneut den Boden küssen zu können, aber zum einen war mein Körper gerade irgendwie ein Stück weit gelähmt und zum anderen hatte ich Angst dadurch die Wunde an seiner Brust zu treffen. Ironisch, wo ich doch selbst dafür verantwortlich war, aber ich wollte ihm nicht noch mehr weh tun, als ich das ohnehin schon getan hatte. Dazu müsste er wohl schon zu einer erneuten Vergewaltigung greifen... wobei ich dabei jetzt ganz sicher nicht mehr ansatzweise die Hände bewegen können würde, wo er doch wusste, dass es das war, was mich am meisten kaputt machte. Dass in diesem Punkt eine Schocktherapie helfen würde, hielt ich nämlich für reichlich unwahrscheinlich. So oder so war es scheinbar eher ein Abgang über den Balkon, der ihm für mich vorschwebte. Oder zumindest war es das, was mir als erstes in den Sinn kam, als er die Balkontür mit mir als noch immer vor sich hin schluchzendes Häufchen Elend über der Schulter öffnete und in die eisige Nachtluft hinaustrat. Jene jagte mir unweigerlich einen Schauer durch den gesamten Körper, doch mir blieb nun wirklich keine Zeit dazu mich über die arschkalten Außentemperaturen zu beschweren. Es dauerte nach dem Passieren der Balkontür nur noch einen kurzen Moment, bevor ich mich über der Brüstung wiederfand. Einen Augenblick lang hoffte ich fast schon darum, dass er mich einfach nach hinten über kippen ließ, weil man einen Sturz aus dem dreizehnten Stock unmöglich überleben, oder danach noch besonders viel merken konnte und mir dadurch sämtliche Form von Folter erspart bleiben würde. Sowohl durch die Sorokins, als auch durch den Schwarzhaarigen selbst. Meiner Kehle entwich ein schmerzverzerrter, erstickter Aufschrei, als ich mit den Füßen instinktiv Halt auf dem Boden zu suchen begann, aber viel mehr als die Zehen bekam ich gar nicht auf den eisigen Fußboden runter, während sich meine Hände instinktiv am Geländer festzukrallen versuchten. Der Schmerz am unteren Rücken breitete sich vermeintlich in meinem gesamten Oberkörper aus, als Iljah mir erneut mehr oder weniger die selbe Frage stellte und ich sah über meine rechte Schulter hinweg für den Bruchteil einer Sekunde in die Tiefe. Länger hielt ich es nicht aus, wurde mir allein dadurch doch schon beinahe kotzübel. Vielleicht hatte mein Körper aber auch schlichtweg langsam das Bedürfnis dazu all sein Inneres loszuwerden, weil es nicht zu gebrauchen war. Meine kaputte, allzu verkorkste Seele nicht wirklich zu dem süßen, fast schon unschuldigen Gesicht passte, das mitunter sicher mitverantwortlich dafür war, dass Iljah Gefallen an mir gefunden hatte. Aber nein, ich wollte nicht runterfallen. Also doch, irgendwie schon, aber auch in diesem Punkt überwiegten wieder die Angst und der Überlebensinstinkt in mir, rissen das Ruder zurück in ihre Gewalt. Ich schloss die Augen und atmete die kalte Nachtluft tief ein, um im Folgenden möglichst gut verständliche Worte verfassen zu können. Nur wo fing ich denn da am besten überhaupt mal an? Zumal ich ja nach wie vor nicht einmal genau wusste, warum die beiden Brüder den Mann mit vor sich hin blutenden Brust tot sehen wollten. "Die Sorokins... ich weiß nicht wieso... sie haben mir nie gesagt, warum sie dich... umbringen wollen. Sie haben mich nur zu dir ins Autohaus gesteckt, weil ich Informationen beschaffen sollte... ich hab ihnen nie irgendwas gesagt, was sie nicht selber rausfinden konnten... aber als du mir den neuen Job gegeben hast, war das perfekt für sie... ich hab ihnen nie was gesagt, weil ich nicht einfach so glauben wollte, dass du das verdienst... das hat nur irgendwann nicht mehr wirklich funktioniert, weil du einfach nicht wegbleiben wolltest... sie uns immer öfter zusammen irgendwo gesehen haben... sie haben so viel Druck gemacht und vor ein paar Wochen... ich war am Ende, konnte einfach nicht mehr. Nicht, nachdem ich dich so lange beschützt habe und du mir... das angetan hast.", redete ich ziemlich schnell, wenn auch brüchig drauf los, musste aber zwischendurch immer wieder kurze Pausen machen um Luft zu kriegen, weil meine Brust sich noch immer so schrecklich beengt anfühlte. Ich sah Iljah nur durch den Tränenschleier, blinzelte jetzt nach all den Worten ein paar Mal, um zumindest ein bisschen klarer sehen zu können. "Ich hab ihnen zu viel gesagt... du musst... ruf Irgendwen an. Sie wissen wo du wohnst, du bist da allein nicht sicher...", gestand ich noch schluchzend noch wortwörtlich, dass ich ihn nach Alledem ja doch noch an sie verraten hatte. Gerade jetzt, wo ich dumm genug gewesen war den Tätowierten zu verletzen, hatten sie ihm gegenüber nur noch einen weiteren Vorteil. Nicht hundertprozentig fit zu sein, wenn man auf einer Abschussliste stand, konnte nie gut sein. Es wäre also besser für ihn, wenn er sich ein bisschen Personenschutz anheuerte oder stattdessen irgendwo untertauchte. "Er hat mich vorhin angerufen und mir nur eine Stunde gegeben. Wenn ich mich bis dahin nicht melde, kommen sie mich... uns holen. Vielleicht warten sie jetzt schon unten, ich weiß es nicht.", hängte ich verzweifelt noch eine letzte, nicht unbedingt irrelevante Information hintenan, die ihm unmissverständlich klar machen sollte, dass er besser schleunigst einen Hörer und danach die Beine in die Hand nahm.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Wie ich bereits vermutet hatte, wirkte es wahre Wunder, dass ich die Schwarzhaarige über dem Abgrund schweben ließ, verklang das absolut nervige Schluchzen doch in Sekundenbruchteilen. Sie schien zwar immer noch zu weinen, aber solange sie dabei keinen Mucks von sich gab, war mir das ehrlich gesagt reichlich egal. Zu tief saß der psychische Schmerz über ihren Verrat und auch wenn man die Vergewaltigung in Hinsicht auf die eigentliche Tat selbstverständlich nicht mit ihrem Versuch, mich umzubringen vergleichen konnte, wusste ich doch mittlerweile trotzdem ganz gut, wie sie sich gefühlt haben musste. Verarscht und benutzt. Die Offenbarung, dass sie gezielt darauf angesetzt wurde, Informationen aus mir herauszuquetschen machte es da wirklich nicht besser und ich vernachlässigte einen Moment lang den Druck meiner Hand, was zur Folge hatte, dass der Körper der Serbin mangels ausreichend Gegengewicht etwas ins Schwanken kam. Dadurch wanderte mein leerer Blick, den ich kurzzeitig in die Dunkelheit über der Stadt gerichtet hatte, automatisch wieder zu Irina zurück und ich sah sie mit einer Mischung aus Enttäuschung und Wut in den Augen an. Lauschte aufmerksam den Worten der jungen Frau, mit denen sie ziemlich verzweifelt versuchte, ihren Kopf aus der Schlinge zu ziehen und ich hätte ihr gerne geglaubt. Wirklich. Hätte ihr gerne abgekauft, dass sie nicht geplaudert hatte, aber schon im nächsten Atemzug teilte sie mir mit, es ja doch getan zu haben, weil sie im Zuge der Vergewaltigung verständlicherweise ziemlich enttäuscht von mir gewesen war. Der Grund für den Verrat spielte in meinen Augen nur keine wirklich große Rolle, Fakt war, dass sie es getan hatte. Und ich begann mir unweigerlich die Frage zu stellen, wie oft sie mir während unserer gemeinsamen Stunden eigentlich etwas vorgemacht hatte, obwohl ich grundsätzlich immer ehrlich zu und mit ihr gewesen war. Zu realisieren, dass all das die ganze Zeit über potenziell nur eine sehr einseitige Geschichte gewesen war, ließ mich unruhig mit dem Kiefer mahlen. Nichtsdestotrotz ließ ich die junge Frau erst einmal ausreden, aber keines ihrer Worte vermochte mir den inneren Schmerz zu nehmen, sodass meine darauffolgende Antwort sich wohl weiterhin überwiegend enttäuscht und wütend anhören dürfte. "Sorokins?", formulierte ich ein einziges Wort zu einer Frage und sah Irina währenddessen mit zusammengekniffenen Augen an. Zwar hatte ich den Namen schon einmal irgendwo gehört, konnte aber aktuell leider überhaupt Nichts und Niemanden damit assoziieren, weshalb es wenige Sekunde, in denen ich in Gedanken versank, ganz still wurde. Uns nur der Wind um die Ohren pfiff, bis ich schließlich den Kopf schüttelte, nachdem ich beschlossen hatte, die Warnungen der Serbin wie schon damals geflissentlich zu ignorieren. "Und das soll ich dir jetzt glauben?", fragte ich schließlich, wobei meine Stimme inzwischen deutlich ruhiger geworden war. Ich hatte zwar immer noch das Bedürfnis, Irina einfach anzuschreien oder ihr zumindest in Form eines Knurren mitzuteilen, wie enttäuscht ich von ihr war, aber dafür fehlte mir im Augenblick schlicht und ergreifend die Kraft. Der Grund dafür war offensichtlich... Selbst mit den kalten Außentemperaturen, die das Blut deutlich langsamer aus meinem Körper treten ließ, verlor ich immer noch zu viel von dem lebenserhaltenden Elixier und damit auch an Energie. "Ich weiß ehrlich gesagt nicht, was ich sagen soll.", stellte ich nur wenige Sekunden später fest, während der Körper der jungen Frau weiterhin zur Hälfte dreizehn Stockwerke über dem Boden schwebte. "Du hast mir die ganze Zeit nur etwas vorgemacht, um an Informationen heranzukommen? Über was? Die Geldwäsche?", fragte ich irritiert, weil ich gerade leider kaum noch in der Lage war, eins und eins zu einem richtigen Ergebnis zusammenzuzählen. Nein, eigentlich konnte es nämlich nichts mit der Geldwäsche zutun haben, denn die kam erst deutlich später. Mehrere Monate nach ihrer Anstellung, aber an mein Hauptgeschäft dachte ich im Zusammenhang mit der jungen Frau gar nicht erst. Ging davon aus, sie wüsste nicht, dass ich neben der Geldwäsche noch deutlich mehr Dreck am Stecken hatte. Im Grund genommen war mir aber auch erst einmal egal, für wen sie arbeitete und was ihr eigentlicher Auftrag gewesen war. "Hat es denn wenigstens Spaß gemacht? Mit mir zu spielen, meine ich?", stellte ich ihr noch zwei weitere, vorerst letzten Fragen, bevor ich auf eine Antwort seitens Irina wartete. Dabei war die Bitterkeit meiner Worte wohl kaum zu überhören, aber ich versuchte auch gar nicht erst, überhaupt irgendetwas von der tief sitzenden Enttäuschung zu verbergen. Entweder es war der Schwarzhaarigen sowieso egal, weil sie nichts für mich empfand oder aber sie durfte gerne unter meinem Anblick leiden, sich ansehen, was sie angerichtet hatte. Ich würde mich zweifelsfrei von diesem Verrat erholen, mich binnen einer Woche wieder gänzlich auf die Arbeit konzentrieren können, weil ich mir einfach einreden würde, dass ich das wohl verdient hatte, nachdem ich ihr ebenfalls ziemlich grausame Dinge angetan hatte, aber im ersten Moment tat es nun mal doch irgendwie ziemlich weh.
# Is it all a tragedy? Are we flashes in a rut going in and out of luck? Maybe. #
Als der Halt in meinem Rücken kurzzeitig nachließ, stieß ich ein kaum hörbares Quietschen aus, mir rutschte das Herz in die nicht vorhandene Hose und ich krallte mich fester ans Geländer, als hätte mir das im Ernstfall wirklich irgendwas gebracht. Ich war so ganz allgemein niemals dazu im Stand Dinge zu heben oder festzuhalten, die mein eigenes Körpergewicht von nicht einmal 60 Kilo auf die Waage brachten, wie sollte ich mich da mit den dünnen Ärmchen am Geländer oben halten können? Das wäre erst recht durch das Rückwärtsfallen vollkommen nichtig. Allerdings ließ Iljah mich wider Erwarten gar nicht fallen. Nein, er schien mehr nur nachzudenken und mit dem Namen der Sorokins nicht wirklich etwas anfangen zu können, was mich ein wenig wunderte. Die saßen schließlich nicht gerade erst seit gestern hier in Moskau, auch wenn sie ihren richtigen Aufstieg wohl erst seit zwei oder höchstens drei Jahren feiern konnten. Niemand vertickte innerhalb Moskaus noch mehr oder bessere Drogen als sie und wer es wagte, dessen Kopf rollte ziemlich bald blutig den Bordstein entlang. "Das Sorokin-Kartell..? Die zwei Brüder..? Sie haben fast ganz Moskaus Drogenmarkt für sich seit einer Weile... sie haben mir nie mehr gesagt als notwendig war. Ich sollte einfach nur alles berichten, was ich rausfinde.", versuchte ich dem Schwarzhaarigen mit leisen Worten ein wenig auf die Sprünge zu helfen, falls er damit etwas mehr anfangen konnte. Allerdings schien das auch für mich gleich wieder an Relevanz zu verlieren, weil viel wichtiger war, dass er mir kein Wort zu glauben schien. Wer könnte ihm das verübeln? Nach allem, was ich ihm her gerade auf dem Silbertablett serviert hatte? Er hatte jedes Recht dieser Welt dazu mir in diesem Augenblick gänzlich zu misstrauen und jede meiner bisherigen Handlungen in Frage zu stellen, aber das war nun wirklich der absolut schlechteste Zeitpunkt für diese Diskussion. Noch saß uns die Zeit vielleicht nicht unmittelbar im Nacken, aber wenn er hier jetzt lange diskutieren wollte, dann hatte er mindestens ein genauso großes Problem wie ich selbst. Hierzubleiben und meine Warnung zu ignorieren war eine ganz schlechte Option, weshalb ich atemlos den Kopf schüttelte, während mir die Finger gefühlt schon am Geländer festfroren. Es war zu erwarten gewesen, dass er mir all diese Fragen jetzt an den ohnehin schon viel zu vollen Schädel knallte und damit mindestens einen Teil des verursachten Schmerzens auf mir abladen wollte - was im Übrigen hervorragend funktionierte, weil das unbarmherzige Stechen in meiner Brust mir langsam aber sicher zu viel wurde, mir nächstens den Verstand raubte. War wohl auch so einer der Gründe dafür, warum ich mich von ernsthaften Gefühlen so lange ferngehalten hatte. Ich hatte schon genug seelischen Schmerz, genug andere Sorgen und eine Situation wie diese hier war nur knapp zusätzlich zu ertragen. "Seh' ich für dich grade wirklich so aus, als hätte ich Spaß?", stellte ich dem hörbar verletzten, jungen Mann erst einmal eine bittere Gegenfrage, die er sich eigentlich selbst beantworten können musste. "Du hast jedes Recht dieser Welt mir kein Wort mehr zu glauben, Iljah... aber ich bin eine ziemlich beschissene Schauspielerin und eine noch beschissenere Auftragskillerin. Sonst hätte ich mich gestern nicht schon wieder an dich verloren." Immer spätestens dann, wenn die Angst einsetzte - oder diese beschissenen, nutzlosen Gefühle, ohne die alles einfacher wäre -, verlor ich ja doch meistens die Kontrolle über mein Gesicht. Der gestrige Tag war dafür ein ausgezeichnetes Beispiel, hatte ich die Mission im Grunde doch schon von vornherein in den Sand gesetzt, weil ich ganz einfach keine Selbstsicherheit faken konnte. Er wollte mehr Wahrheit? Konnte er haben. Wenn er mich wirklich hier runterschmeißen wollen würde, tat er es so oder so. "Das an meinem Rücken... das war nicht Kirill. Das war die Strafe dafür, dass ich sie solange angelogen habe... so getan habe, als wüsste ich nichts.", verriet ich ihm die nächste Lüge, die ich aus der Not heraus getätigt hatte. "Es war nie geplant, dass ich dich..." Nein, diesen Satz konnte ich dann doch nicht aussprechen. "Aber es war das einfachste für sie, nachdem du wieder den Kontakt zu mir gesucht hast. Gott, ich wollte keinen Fuß in dieses Hotel setzen... und ja, für einen Moment lang hab' ich mir wirklich gewünscht, dass sie dich einfach aus Moskau schaffen und ich dir nie wieder über den Weg laufen muss, weil du mir so weh getan hast. Ich wollte dich hassen, aber ich kann's einfach nicht... genauso wenig, wie ich dich umbringen kann... oder will. Wieso sollte ich dir das sonst alles sagen, statt einfach darauf zu warten, dass sie herkommen und es selber machen? Hat das auf dich wirklich wie ein ernsthafter Mordversuch gewirkt? Ich wollte einfach nur, dass du den Spieß umdrehst und mich von dieser ganzen Scheiße erlöst, weil ich sie nicht mehr ertrage. Also nur zu... schubs mich hier runter, ist schon okay. Ich weiß, dass ich's verdient habe.", redete ich unter Tränen teilweise etwas wirr vor mich hin, was ganz einfach daran lag, dass ich alles so aussprach, wie es mir hier und jetzt in den Sinn kam. Ich nicht weiter darüber nachdachte, während ich nur mehr stumm vor mich hin weinte. Für Geschluchze hatte ich bei all den Worten einfach keine Luft übrig. "Ich hab dir nichts vorgemacht und auch nicht gespielt.", war Alles, was ich zu seiner letzten Aussage noch aussprach, wobei es jetzt an mir war, ebenfalls ein bisschen beleidigt zu klingen. Wie hätte ich das gestern denn bitte spielen sollen? All die positiven Gefühle, das leise Lachen, das aufrichtig glückliche Lächeln? Ich war nicht der Typ Mensch dafür aus Spaß heraus anderen Gefühle vorzuheucheln, nur um sie dann zu zu verletzen. "Soll ich ihn anrufen? Dir mein Handy zeigen? Reicht das, damit du mir zumindest das glaubst und dich in Sicherheit bringst?", startete ich einen etwas verzweifelten Versuch dazu Iljah irgendeine Art von Beweis dafür geben zu wollen, dass ich ihn zumindest in diesem Moment kein bisschen anlog, sondern hier nichts als die Wahrheit ausspuckte. Er musste mir ja nicht alles glauben. Es würde reichen, wenn er nur einfach erst einmal so weit wieder Vertrauen in mich - oder mein Handy - steckte, dass er den Rückzug antrat und für seine eigene Sicherheit sorgte.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Nein, auch als Irina etwas weiter ausholte, um meinem Gedächtnis auf die Springe helfen zu wollen, fiel mir partout nicht ein, wo ich den Namen schon einmal gehört hatte. Mit Drogen hatte ich schließlich nie wirklich viel zutun gehabt, sodass es nahezu unmöglich war, sich in dem Metier schon einmal über den Weg gelaufen zu sein. Das änderte natürlich nichts daran, dass es noch ausreichend andere Gründe gab, mich zu hassen, wie Irina inzwischen aus erster Hand wusste. Konnte gut sein, dass es sich bei den Sorokins um unzufriedene Kunden aus der Vergangenheit handelte oder ich anderweitig mit ihnen aneinander gerasselt war, aber für mich war es sicherlich nicht weiter von Bedeutung gewesen, weil ich mich sonst wohl schnell an den Namen, beziehungsweise die dazugehörigen Gesicher erinnert hätte. Ich schüttelte also weiterhin bloß mit dem Kopf, signalisierte der jungen Frau damit, dass ich mit den Informationen noch immer nicht viel anfangen konnte, da redete sie auch schon längst weiter. Wollte mir weismachen, dass sie aktuell keinen Spaß zu haben schien - klar, wenn der Spieß plötzlich umgedreht wurde und man selbst auf der Abschussliste stand, konnte einem das Lachen schon mal vergehen - und klärte mich im Nachfolgenden gleich über eine weitere Lüge auf, die mich sie fassungslos ansehen ließ. "Irina... ich hätte diesen Wichser für dich umgebracht.", ließ ich sie wissen, dass ich Kirill allerspätestens dann aus dem Weg geräumt hätte, wenn er mir das nächste Mal über den Weg gelaufen wäre, weil ich nicht hätte akzeptieren können, dass er sich einfach so meinen Worten widersetzt hatte. Und jetzt offenbarte sie mir, dass er ihr das gar nicht angetan hatte? Sicherlich gäbe es noch einen Haufen guter Gründe, warum man ihn stattdessen umbringen könnte, wenn nicht wegen der Missachtung einer sehr deutlichen Anweisung - schlecht gefühlt hätte ich mich danach also so oder so nicht -, aber es ging mir hier einfach um das Prinzip. Ums Prinzip, dass ich für die Schwarzhaarige buchstäblich bereit gewesen wäre, über Leichen zu gehen, weil sie mir einfach schrecklich leid getan hatte. Ich sie beschützen wollte, nachdem sie mich hatte glauben lassen, dass sie noch immer ein Opfer ihrer unschönen Vergangenheit war. Tja und das hatte ich jetzt davon. Vielleicht nicht unbedingt ein gebrochenes Herz, aber ein doch stark beschädigtes Vertrauen und eine blutende Stichwunde. Die im Übrigen begann, langsam aber sicher zicken zu machen und mich dazu zwang, die zierliche Gestalt wieder über das Geländer auf ihre Beine zu ziehen, weil ich keine Kraft mehr in den Armen hatte, um sie festzuhalten. Einfach loszulassen war für mich nie zur Debatte gestanden, denn ich würde Irina nicht den Gefallen tun, dem Ganzen hier ein Ende zu setzen, war außerdem niemand, der wahllos Leute ermordete oder in den Tod stürzen ließ. Sie sollte die Konsequenzen in welcher Form auch immer gefälligst tragen, wenn sie es laut eigener Aussage schon nicht übers Herz brachte, ihren Auftrag mich umzubringen zu erfüllen. Ihre Worte regten mich dahingehend zwar zum Nachdenken an, aber das würde wohl aktuell kaum etwas daran ändern, dass ich gerade im Augenblick so ziemlich alles in Frage stellen würde, was aus dem Mund der Schwarzhaarigen zu hören war. Ich gerne einfach alleine sein wollte, nachdem sie mir das Messer in den Rücken - beziehungsweise die Brust - gerammt hatte. Da konnte auch der klägliche Versuch, mir irgendetwas an ihrem Handy zeigen zu wollen, damit ich ihr zumindest in diesem einen, ihr scheinbar sehr wichtigen Punkt Vertrauen schenkte, absolut nichts dran rütteln. Einen Teufel würde ich tun und mir von ihr noch irgendetwas ansehen. Sie sollte verschwinden, sich von mir aus in die Arme der Sorokins flüchten und dort jämmerlich an weiteren Schlägen verrecken. Natürlich wusste ich, dass ich anders darüber denken würde, sobald ich mich erst einmal ein bisschen beruhigt und die ganze Sache noch einmal Revue passieren lassen hatte, aber im aktuellen Augenblick war es zwecklos, an meinen gesunden Menschenverstand zu appellieren. "Weißt du was..? Es ist mir scheißegal, was geplant war, wie du über das Ganze gedacht und dich letztlich entschieden hast. Es interessiert mich auch nicht, was hiernach mit dir oder mir passiert. Ich will mir nichts angucken, sondern dass du einfach verschwindest und mich in Ruhe lässt. Ich bin weiß Gott auch nicht der perfekte Partner und wäre es wohl auch nie gewesen, aber ich war immer ehrlich mit dir, hab dir deine Zeit gegeben und Prinzipien über Bord geworfen. Von dir habe ich im Gegenzug nicht mehr, als ein bisschen Ehrlichkeit erwartet, aber das war scheinbar schon zu viel.", stellte ich trocken fest und zuckte dabei unter schmerzverzerrtem Gesicht ein wenig mit den breiten Schultern. Setzte mich dann langsam rückwärts in Bewegung, um das Schlafzimmer zu betreten, wobei mein Blick jedoch weiterhin auf der jungen Frau ruhte. Kaum spürte ich das kalte Glas in meinem Rücken, schoss mir auch noch durch den Kopf, dass all das hier vielleicht gar nicht passiert wäre, wenn ich einfach ihre Grenzen respektiert und sie nicht weiter genervt hätte. Im Grunde genommen war ich also wohl selbst Schuld an alledem. "War blöd von mir, deine Grenzen nicht zu respektieren, vielleicht habe ich es also gar nicht anders verdient. In der Zukunft werde ich von Frauen wie dir wohl lieber die Finger lassen und mich doch mit der langweiligen blonden Nachbarstochter zufrieden geben.", ließ ich sie wissen, aus meinen Fehlern gelernt zu haben, bevor ich zum vorerst letzten an sie gerichteten Satz ansetzte: "Den Gefallen, dich einfach über die Brüstung zu schubsen werde ich dir nicht tun. Wenn du Angst vor den Konsequenzen deines Handels hast, musst du schon selbst springen." Die Worten waren trocken, bissig und klangen vielleicht auch deutlich böser, als sie eigentlich hätten klingen sollen, aber mir fehlte gerade einfach die Motivation, jetzt auch noch darauf zu achten, wie das Gesagte bei der Schwarzhaarigen ankommen könnte. Ich wandte mich, als ich erst einmal in der Mitte des Schlafzimmers angekommen war, schließlich auch von Irina ab, um ins Badezimmer zu gehen. Dort nach einem der altbewährten Verbandskästchen zu suchen, um die Wunde zumindest einmal am Bluten zu hindern. Tja... das war es dann wohl gewesen mit dem erholsamen Urlaub im Wellnesshotel.
# Is it all a tragedy? Are we flashes in a rut going in and out of luck? Maybe. #
Vielleicht hätte er das getan, ja. Trotzdem wagte ich stark zu bezweifeln, dass es auch nur eine einzige Menschenseele auf diesem Planeten gab, die geweint hätte, weil Kirill irgendwo vom Beton gekratzt werden musste. Nur war das vielleicht auch eher nicht der Kernpunkt seiner Worte. Ich verstand schon, worauf Iljah hinauswollte - ich hätte mit meiner Lüge potenziell Jemanden für ein Vergehen in den Tod geschickt, das er nie begangen hatte und das war nun wirklich nichts Gutes, viel mehr etwas durch und durch Verwerfliches. Damit hatte er vollkommen Recht, daran ließ sich nichts rütteln. Nur verharmloste ich diese Angelegenheit in meinem Kopf ganz einfach sehr stark, weil es Kirill war, um den es dabei ging. Es interessierte mich ganz einfach nicht, was mit diesem Ekelpaket passierte. Also sah ich nur zur Seite weg und ließ die Sache so stehen, weil nichts, was ich gesagt hätte, dem Ganzen Linderung verschafft hätte. Statt aber wegen Alledem über das Geländer geschubst zu werden, konnte ich bald wieder festen Halt unter den Füßen spüren und hielt mein Körpergewicht selbst aufrecht, wobei meine Hände mit einem hörbaren Schlucken noch weiterhin auf der Brüstung liegen blieben. Womöglich einfach deshalb, weil meine Beine immer noch zu einem großen Teil eher Pudding waren. Das, was der Schwarzhaarige mir danach noch an den Kopf schmiss, machte es leider auch wirklich nicht besser. Führte eher dazu, dass mir gefühlt gleich wieder sämtlicher fester Boden unter den Füßen weggezogen wurde. Ich hätte es nie so weit kommen lassen dürfen, dass ich Gefühle für ihn entwickelte, die nun mal einfach schon durch gesunden Menschenverstand verboten waren. Die Quittung dafür war jetzt der vollkommen berechtigte Schmerz, den all seine Worte in meinem Inneren auslösten und ich konnte es ihm nicht verdenken, das er jetzt zu solchen Worten griff. Dass er sich in all der verletzlichen Wut lieber einfach nur seinem Schicksal hingeben wollte, statt zumindest für sein eigenes Leben noch grade zu stehen. Was hatte ich in dem naiven Glauben, dass Nichts und Niemand Iljah etwas konnte, bloß mit ihm angestellt? Ich meine, ich hatte mir vermutlich nichts sehnlicher gewünscht, als unter diesen wahnsinnigen harten Kern schlüpfen zu können, der sein Herz umschloss... aber dass ich damit tatsächlich so weit gekommen war, dass er im Augenblick schier Alles wegwerfen wollte, das er sich jemals aufgebaut hatte, ließ mich mit einem perplexen Gesichtsausdruck auf dem Balkon zurück, als er wieder rein ging. Dass er mich einfach nur weghaben wollte konnte ich bis ins kleinste Detail nachvollziehen, weil ich selbst schließlich am besten wusste, was ich getan hatte. Aber sein eigenes Leben jetzt aus Frust an die Wand tackern und es stückweise von den Sorokins zerhacken lassen, wie es mir der jüngere der beiden vorhin so deutlich hatte rüberbringen wollen? Himmel nochmal, nein! Meine eigenen Pläne waren ja wirklich oft nicht die besten - sie waren nicht weniger als Scheiße -, aber sein jetziges Vorhaben konnte ich so nicht akzeptieren. Er könnte mir wohl wirklich alles Mögliche an den Kopf schmeißen und trotzdem würde ich ihn jetzt nicht einfach so in seinen eigenen Abgrund marschieren lassen. Nicht, solange ich noch atmete, potenziell etwas daran ändern konnte - und sei es nur dadurch, dass ich ihm weiter auf die vermutlich schon gar nicht mehr vorhandenen Nerven ging. Ich hatte sicher noch eine ganze Minuten in der eisigen Kälte auf dem Balkon herumgestanden, seitdem Iljah aus meinem Blickfeld verschwunden war und leer vor mich hin gestarrt, weil ich nicht wirklich dazu fähig war all seine Worte in so kurzer Zeit zu verarbeiten. Eine ganze Minute, die wir hier eigentlich gar nicht übrig hatten. Also sagte ich mich letztendlich mit schon fast tauben Füßen vom Geländer los und trat zurück ins warme, was mindestens meine nackten Füße und Beine, sowie die schon fast eingefrorenen Finger sehr begrüßten. Ich folgte der leichten Blutspur auf dem Boden bis zum Badezimmer, wo der Tätowierte offenbar gerade dabei war die Wunde flicken zu wollen, die ich ihm zugefügt hatte. Das schlechte Gewissen jaulte wieder laut auf, aber das war gerade nicht mein Hauptproblem. "Ich werde nicht gehen und dich hier diesen Arschlöchern überlassen, das kannst du vergessen.", machte ich meinen Standpunkt was das anbelangte ziemlich unmissverständlich klar, blieb aber im Türrahmen stehen. Scheute mich gerade doch etwas davor zu nahe an ihn heranzutreten, was nach meinem Ausflug auf der Brüstung vermutlich kein Wunder war. "Knall mir an den Kopf was du willst, ich hab das mehr als verdient... aber wenn du mich loswerden willst, dann musst dich mich schon entweder doch noch vom Balkon schmeißen oder dieses blöde Hotelzimmer verlassen und dich irgendwohin verziehen, wo du sicher bist. Keiner oder ich... aber nicht du, Iljah.", stellte ich ihn mit wieder etwas festeren Worten, wenn auch immer noch ziemlich verheult klingend, meinerseits vor vollendete Tatsachen. Entweder er legte mich doch noch um - sei es nun, indem er mich im Pool ertränkte, mir mit einem der Messer die Kehle durchschnitt oder mich doch noch vom Balkon warf -, oder aber er verließ dieses Hotel und schleppte sich mit der Verletzung in zumindest vorübergehend sichere Gewässer. Die dritte Option war dann noch, dass wir einfach beide hierblieben und Hand in Hand - naja, das vielleicht doch eher nicht mehr - gemeinsam ins Messer liefen, weil es aus den Klauen der Brüder nur wenig bis kein Entkommen gab. Die Angst vor dem, was theoretisch noch in dieser Nacht passieren konnte, kroch mir weiter bis nach ganz oben in den Hals, aber gerade war die blanke Sturheit doch deutlich stärker. Vielleicht hatte er meine Hand gerade schon losgelassen, aber ich war nicht bereit dazu das Gleiche zu tun und umklammerte sinnbildlich weiter seine Finger, obwohl er die meinen nicht mehr haben wollte. Das tat weh, aber es war okay - solange er sich nur erst hier wegbrachte.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Konnte Irina es nicht einfach gut sein lassen? Merkte sie denn nicht, dass sie mich innerlich schon ausreichend aufgewühlt hatte? Ich wollte im Augenblick nicht viel mehr, als bloß in Ruhe meine Wunden zu versorgen, bevor ich mir um alles weitere Gedanken machen würde. Zwar blieb dafür laut Irinas Aussage nicht mehr besonders viel Zeit übrig - vorausgesetzt natürlich sie sagte die Wahrheit -, aber das war mir gerade ziemlich egal. Der Erste-Hilfe-Kasten war schnell gefunden, nachdem ich mich für etwa drei bis vier Sekunden im Badezimmer umgesehen hatte, nur war der Inhalt dessen ein Stück weit enttäuschend. Grundsätzlich befand sich in dem Köfferchen weit mehr als bloß ein paar Pflaster und ein läppischer Verband. Gerade die Kompressen wären jetzt äußerst wichtig für mich gewesen, um die Blutung zu stoppen, aber ich musste wohl mit dem arbeiten, was mir dieses überteuerte Hotel zur Verfügung stellte... oder eben auch nicht. In dem Fall würde ich die Wunde lediglich mit dem Verband abbinden, den ich später, wenn das Blut dann geronnen war und die Fasern sich unbarmherzig in den Schnitt gefressen hatten, unter Schmerzen wieder entfernen und mit einer geeigneten Kompresse ersetzen würde. Kein besonders schöner Gedanke, aber ausbluten war eben auch keine Option. Ich war gerade fertig, mich mental damit abzufinden, dass es vorerst keine bessere Lösung für die Wunderversorgung gab, als Irina hinter mir das Badezimmer betrat. Oder es zumindest vorhatte, denn sie blieb vorerst im Türrahmen stehen, was ich ehrlich gesagt begrüßte. Denn anders als noch vor ein paar Stunden, löste ihre bloße Anwesenheit inzwischen Unbehagen in mir aus, weil ich einfach absolut nicht abschätzen konnte, was sie diesen Sorokin Brüdern jetzt alles im Detail verraten hatte und wie vertrauenswürdig sie im Allgemeinen noch für mich war. Da war es mir nur ganz recht, wenn sie mir in meinem angeschlagenen Zustand nicht noch näher kam. Zwar wäre es nach wie vor ein Leichtes gewesen, den zierlichen Körper der Serbin von mir zu stoßen, wenn sie mich ein weiteres Mal angreifen wollen würde, aber ich war froh um jeden Meter, den ich mich mehr auf den stechenden Schmerz vorbereiten konnte, der durch meinen Körper schoss, sobald ich mich zu stark bewegte. Ich stand gerade an dem Waschbecken, auf dessen Armatur Irina vor wenigen Stunden noch gesessen hatte, um das Blut rund um die Einstichstelle zumindest ein klein wenig zu entfernen, als die Worte der jungen Frau an mein Ohr drangen und mich genervt die Augen verdrehen ließ. "Ganz plötzlich ist dir mein Wohlergehen also wieder wichtig?", patzte ich die junge Frau an, als ich ein Stück mit Wasser und Blut durchnässtes Toilettenpapier ins Waschbecken donnerte. "Es wäre alles irgendwie ein bisschen glaubwürdiger, wenn du dir das überlebt hättest, bevor du dich dazu entschieden hast, auf mich einzustechen, verdammte Scheiße.", ergänzte ich meine vorangegangene Frage noch um eine nüchterne Feststellung, die mich den Blick kopfschüttelnd von der jungen Frau abwenden ließ, um stattdessen in den Verbandskasten - es war mehr ein Täschchen, aber gut - zu greifen und den Verband herauszuholen, den ich etwas mühselig mit nur einer Hand anlegte. Angenehm war definitiv anders, was anhand meines zwischenzeitlich vor Schmerz verzerrten Gesichtsausdruck auch ziemlich deutlich gewesen sein dürfte. Es brauchte mich eine schier unendlich lange Zeit, bis das Teil endlich so saß, dass ich halbwegs zufrieden damit war, aber Irina um Hilfe zu bitten kam überhaupt nicht in Frage. Dass sie immer noch da war missfiel mir alleine schon ziemlich, ihr dann jetzt noch zu Kreuze zu kriechen würde mir im Traum nicht einfallen. Während ich die Energie beim Versorgen der Wunde nur so in den Wind geschossen hatte, wurde mir schnell klar, dass ich der jungen Frau daraus wohl kaum einen Strick hätte drehen können, denn ehrlich gesagt wüsste ich nicht, wie ich auf all die Offenbarungen reagiert hätte, wenn ich gesundheitlich nicht angeschlagen, nicht verletzt gewesen wäre. Sicherlich wäre ich nicht weniger enttäuscht gewesen, hätte mich nicht weniger verraten gefühlt, aber hätte es nicht trotzdem von Irinas gutem Willen gezeugt, wenn sie damit auf mich zugekommen wäre, anstatt mir vorher ein Messer in die Brust zu rammen? Eigentlich schon, aber so gesehen hätte ich das in dem Moment bestimmt nicht. Wie auch immer... der Drops war gelutscht, Irina tat all das offenbar schrecklich leid und ich wusste nicht, was ich noch glauben oder fühlen sollte in diesem Moment. Natürlich stand mir weniger der Sinn danach, in die Arme der Sorokins zu laufen, falls sie mich tatsächlich holen kommen würden, wenn sich Irina nicht bei ihnen meldete, aber wer konnte mir denn versichern, dass die Schwarzhaarige in dem Punkt nicht auch plaudern würde und sie dann so oder so wüssten, wohin ich verschwunden war? Nach Hause konnte ich ja ganz offensichtlich sowieso schon nicht, gehörte das wohl zu den Informationen, die Irina an sie herangetragen hatte, im Autohaus würden sie mich sicherlich auch finden... ach, es war doch zum kotzen. Warum hatte es nur so weit kommen müssen? Wieso war mir nicht aufgefallen, dass mich die hübsche Schwarzhaarige nur an der Nase herumgeführt hatte? Warum, verdammt noch mal, war ich mit ihr so nachsichtig gewesen? War es noch, fühlte ich mich doch tief im Inneren hundselend, ihr sicher wieder wehgetan zu haben, obwohl ich eine Hand voll guter Gründe hatte, die die etwas andere Methode der Informationsbeschaffung und auch die groben Griffe rechtfertigten. Nichtsdestotrotz plagte mich das Bedürfnis, mich dafür bei ihr entschuldigen zu müssen und das, obwohl inzwischen ich derjenige sein sollte, der für sie nicht mehr als blanke Verachtung empfand. Verrat war wohl so ziemlich eines der schlimmsten Verbrechen hier in diesem Metier und doch konnte ich ihr nicht böse genug sein, als dass es mich zufrieden gestellt hätte. Als Irina dann auf den Punkt zu sprechen kam, dass entweder nur sie oder keiner von uns hierbleiben sollte, hätte ich mich wohl am liebsten für ersteres entschieden. Sie hier einfach dem Schicksal überlassen, aber ein Blick über meine Schulter in den Spiegel rief mir die Erinnerung an ihre Verletzungen des unteren Rückens wach. Die, entgegen ihrer vorherigen Behauptung, wohl nicht von Kirill, sondern von einem dieser beiden Brüder. Sie erinnerten mich dann prompt an das Gelübde, welches ich ihr gegenüber abgelegt hatte, mit dem ich ihr ein Versprechen gegeben hatte, den Mistkerl umzulegen, der dafür verantwortlich gewesen war. Und ja, der Sinn stand mir danach immer noch, es fiel mir nur unglaublich schwer, mir das im aktuellen Augenblick auch einzugestehen. Zu akzeptieren, dass nicht einmal dieser herbe Vertrauensbruch mich davon abhalten würde, für diese Frau über heiße Kohlen zu laufen, wenn es sie doch nur vor Gefahren schützen konnte. "Ich weiß aber nicht, wohin...", murmelte ich der jungen Frau entgegen, ohne sie dabei anzusehen. Es mochte ein wenig zusammenhangslos klingen, aber ich bezog mich darauf, dass ich nicht wusste, wohin ich bitte verschwinden sollte. Ob mit oder ohne Irina an meiner Seite war mir dabei relativ egal, aber ich wollte zumindest vorerst aus der Schusslinie sein, wenn die Sorokins hier heute tatsächlich noch auftauchen würden. Die Serbin mich nicht ein weiteres Mal angelogen hatte, aber was hatte ich schon zu verlieren? Entweder ich starb hier, weil ich mich vollkommen unbewaffnet und ohne ausreichend Gefolgschaft im Rücken hier nicht verteidigen konnte oder aber Irina verriet den Typen meinen potenziell neuen Aufenthaltsort, womit schließlich ein Rennen um Leben und Tod begann. Ganz egal, worauf ich mich letztlich also einließ. Die Chancen, mit der Verletzung und fernab meiner Leute einen Angriff von einem anderen Clan zu überleben waren schwindend gering. Ob ich da nun versuchte, der Schwarzhaarigen in dem Punkt also doch noch zu vertrauen oder es tat gleich einen Schlag, machte also kaum einen Unterschied. Fakt war, dass ich in jedem Fall noch eine Hose gebrauchen konnte. Ein Shirt vielleicht auch noch, bevor ich - oder wir - das Hotel verlassen würde, weil ich im jetzigen Aufriss sicher viel zu viel Aufmerksamkeit auf mich gelenkt hätte.
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"Ich weiß, Iljah...", seufzte ich leise. Wusste nicht, was ich sonst noch dazu sagen sollte, war meine Schuld in diesem Punkt doch unumstößlich. Natürlich waren Iljahs Bemerkungen allesamt mehr als nur berechtigt. War ziemlich merkwürdig ihm zuerst ein Messer in die Brust rammen zu wollen und ihm dann zu sagen, er sollte sich in Sicherheit bringen, um sich nicht dem Sensenmann auszuliefern. Ironie war dafür definitiv kein Wort mehr und ich wusste auch, wie ich gerade auf ihn wirken musste. Womöglich hielt er mich in diesem Moment nicht für viel weniger geisteskrank als ich das bei ihm getan hatte, nachdem er sich so kalt an mir vergangen hatte. Es war jetzt wohl für keinen von uns beiden mehr ein Geheimnis, dass ich nicht mehr alle Tassen im Schrank hatte, aber auch das war okay. Wenigstens würde ich jetzt kaum mehr einen der Risse in meinem Schädel und meiner Seele vor dem Schwarzhaarigen verbergen müssen, wo er doch gerade in einen davon ganz tief hineingesehen hatte. Viel schlimmer als mehr oder weniger den Versuch zu starten ihn abzustechen ging es auch eigentlich gar nicht mehr, oder? Ich wüsste nicht, was ihm noch deutlicher machen sollte, dass ich mehr als nur einen kleinen Knacks in der Birne hatte. Nur war jetzt gerade eindeutig die Lösungsfindung wichtiger, als über mich und meine Missetaten zu reden, weil die Uhr nun mal nicht aufhörte zu ticken und Iljah ganz offensichtlich selbst keinen Plan davon hatte, wo es nun hingehen sollte. Hatte er nicht sowas wie ein Versteck? Irgendein Bunker oder dergleichen würde ja reichen, er brauchte kein Fünf-Sterne-Hotel um erstmal für ein paar Stunden den Kopf aus der Schusslinie zu ziehen und dort über einen richtigen, brauchbaren Plan nachzudenken. Aber gut, wenn er im Gegensatz zu den Sorokins nicht mit Waren handelte, dann fiel wohl auch sowas wie Lagerhäuser flach. Ich hatte ja noch immer nicht wirklich ein Bild davon, was der Tätowierte in geschäftlicher Hinsicht trieb. Ich wusste lediglich von der Geldwäsche im Autohaus und das ja auch nur, weil ich unglücklicherweise mit reingezogen worden war... was mich zu der unumstößlichen Frage brachte, ob er die ganze Sache dem amerikanischen Pitbull stecken würde. Lieber gar nicht erst darüber nachdenken. Ich seufzte schwer und hob beide Hände an den Kopf, um mir die Haare zu raufen, weil ich nicht recht wusste, wie wir nun aus dieser Sache rauskommen sollten. An dieser Stelle nochmal einen aufrichtigen Dank an mich selbst. "Ich weiß doch auch nicht... hast du kein Versteck? Gar nichts? Auch keine Leute, die du zumindest für ein paar Stunden auf deinem Grundstück parken kannst, bis du weißt, wo du hin kannst? Hat der komische Amerikaner welche hier gelassen? Zu mir können w... kannst du ja auch nicht.", murmelte ich etwas überfordert mit der Gesamtsituation vor mich hin, durchlöcherte dabei angestrengt den gefliesten Boden mit meinen Augen. Ich wollte uns gerade lieber nicht Wir nennen, weil ich nicht wusste, was Iljah nun genau vor hatte. Ob er mich überhaupt noch in seiner Gegenwart tolerieren konnte und wollte, also nahm ich davon Abstand. Sich bei mir zu verkriechen kam nur eben logischerweise auch kein bisschen in Frage, würden sie da doch mit zuerst suchen. Wenn nicht nach dem Schwarzhaarigen selbst, dann eben nach mir. Außerdem wollte ich meine beiden besten Freundinnen auch nur sehr ungern tiefer in dieses Problem mit rein ziehen. Nicht noch tiefer, als sie ohnehin schon drin saßen, weil sie mich so gut kannten. "Ich meine... Iwan wohnt etwas außerhalb der Stadt, da würden sie nicht suchen... aber dem müsste ich wohl auch die Messer unter die Nase halten, damit er dich reinlässt... ich hab nicht sowas wie gute Kontakte.", ließ ich meinen spontanen, wirr klingenden Gedanken einfach freien Lauf, ohne dabei wirklich auf einen grünen Zweig zu kommen. Ich glaubte zwar eher nicht, dass Iwan die Bullen rufen würde, aber zu hundert Prozent traute ich ihm nicht mehr über den Weg, obwohl er eigentlich kein Verräter war. Er konnte Iljah nicht leiden, weil er eifersüchtig war, Probleme waren da vorprogrammiert. Andererseits würde er vielleicht auch einfach den Schwanz einziehen und sich in die Ecke verkriechen, wenn ich ihm sagte, dass ich dem Schwarzhaarigen selbst in die Brust gestochen hatte. Danach ließ er dann bestimmt auch geistig gerne die Finger von mir. Er wohnte noch Zuhause, aber seine Eltern waren im Grunde nie da. Wirklich reich war seine Familie nicht, aber seine Eltern verdienten sich mit was auch immer auf Geschäftsreisen ihr Geld. Ich hatte mir das nicht so genau gemerkt, als er mir das damals erzählt hatte, weil ich mich nicht wirklich für die Jobs seiner Eltern interessierte. Sonst war da aber Niemand, den ich hätte um Hilfe bitten können. Meine Mutter würde mir niemals den Zutritt zum Haus verwehren - vollkommen egal unter welchen Umständen, wünschte sie sich doch nichts mehr, als dass ich endlich nach Hause kam -, aber Iljah mit in mein einstiges Zuhause zu nehmen kam nicht wirklich in Frage. Nicht, solange ich nicht ganz sicher wusste, ob er mir doch noch nach dem Leben trachten würde. Ich war nicht aus dem Haus meiner Eltern ausgezogen, um sie zu schützen und dann im Gegenzug einen Mann da hinzuschleppen, dem ich im Augenblick nur begrenzt trauen konnte. Es müsste schon wirklich die absolut einzige Lösung aus diesem Dilemma sein, damit ich das zur Sprache brachte.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Es war ja wirklich toll, dass sie wusste, was für einen riesigen Mist sie gebaut hatte, nur brachte mir die viel zu späte Einsicht aktuell im Grunde genommen gar nichts. Nach ein paar wenigen Sekunden der Überlegung war ich mir inzwischen sicher, dass sich an meinem Verhalten als solches bestimmt nicht allzu viel geändert hätte, wäre Irina schon vorher mit der Information auf mich zugekommen, mich nur für irgendein verfeindetes Kartell zu bespitzeln, aber ich hätte immerhin deutlich mehr Zeit gehabt, mich auf den Scheiß hier vorzubereiten. Und das wäre ihr im Umkehrschluss sehr wahrscheinlich zu Gute gekommen, hätte sich strafmildernd auf irgendeine definitiv noch folgende Konsequenz des Ganzen ausgewirkt, weil ich diesen Verrat keinesfalls so stehen lassen würde. Auch dann nicht, wenn Irina versuchte, mich jetzt noch irgendwie aus der Schusslinie zu bekommen. Sie hatte ihre Entscheidung schon früh gefällt und brauchte sich deshalb auch nicht wundern, wenn darauf irgendwann noch einmal das Echo folgte. Vielleicht nicht heute oder morgen, aber vergessen, was sie mir angetan hatte, würde ich wohl nicht. Genau so wenig, wie sie vergessen würde, was ich ihr angetan hatte. Für den Moment versuchte ich aber nicht weiter darüber nachzudenken, weil indessen kostbare Zeit ins Land zog, die ich nüchtern betrachtet momentan nicht zu haben schien. Je länger wir uns gemeinsam im Badezimmer die Beine in den Bauch standen und je schneller und verwirrter Irina vor sich hin quasselte, desto sicherer war ich mir damit, dass sie mich zumindest in dem Punkt bezüglich der Brüder nicht angelogen hatte und meine Zeit wirklich knapp bemessen war. Sicher sein konnte ich mir da natürlich nicht, aber alternativ blieb mir nur übrig, ein Risiko einzugehen und hier im Hotel zu verweilen. Einfach so zu tun, als wäre all das hier gerade gar nicht passiert und dann abzuwarten. Wieder ins Bett zu schlüpfen, nur um die Lider zu meiner gewohnten Zeit des Aufstehens dann nicht mehr öffnen zu können. Und je öfter sich diese Bilder vor meinem inneren Auge abspielten, desto weniger wollte ich einen Auftritt der Brüder hier im Hotel riskieren. Dafür musste ich mich nur leider zwangsläufig auf die Serbin verlassen und hoffen, dass sie mich nicht doch wieder verraten würde, sie alternativ einfach mitnehmen, damit ich sie im Auge behalten konnte. Gefallen tat mir der Gedanke zwar nicht, weil ich, wie bereits mehrfach erwähnt, gerade sehr gut auf ihre Anwesenheit verzichten konnte, aber das Leben war in vielerlei Hinsicht nun mal kein Wunschkonzert. Ich riss gerade noch ein Stück Toilettenpapier von der Rolle, um mich noch dem restlichen Blut an meinem Oberkörper zu widmen, als Irinas Geschwafel endlich ein Ende gefunden hatte und ich mich selbst dazu ermahnte, die grauen Zellen in meinem Oberstübchen anzustrengen. Über ihre viele Fragen nachzudenken, wobei mir das im Augenblick doch schwerer zu fallen schien, als das üblicherweise der Fall war. In der Regel brachte mich nichts so schnell aus dem Lot und auch wenn ich manchmal etwas gestresst wirkte, behielt ich doch immer einen verhältnismäßig kühlen Kopf. Vermutlich fiel mir das jetzt gerade nur deshalb so schwer, weil mich das alles emotional ein Stück weit mehr mitnahm, als es eigentlich sollte... blöden Gefühle. Zu Nichts zu gebrauchen der Mist. Nach etwa zwei Minuten, in denen ich weiterhin gegen die Armatur des Waschbeckens lehnte, kam mir schließlich eine Idee. Gut, klar, ich hätte sicher ein paar meiner Männer vor meinem Haus positionieren können, aber damit hätte ich nur unnötigerweise ihre Leben gefährdet, denn wenn Irina Recht behielt und die Sorokins wussten, wo ich wohnte, dann würden sie früher oder später dort aufschlagen und kämen sicher nicht allein. Es wäre hirnrissig, sich dorthin zu verziehen und dann auch noch eine Schießerei oder Ähnliches zu provozieren. Gleiches galt im Übrigen auch für das Obdach bei der jungen Frau. Dort würden sie sicherlich als erstes schauen, es kam also überhaupt nicht in Frage, sich in die privaten Räumlichkeiten zurückzuziehen. Aber auf einem Schiff irgendwo in einem von Moskaus Häfen würde wohl doch kein Schwein nach mir suchen, oder? Ich wusste natürlich nicht, inwieweit die Sorokin über mich und meine Geschäfte im Bilde waren, aber ich bezweifelte, dass sie die Kapazitäten, sowie die Lust und die Zeit dafür übrig hatten, jeden einzelnen Container der umliegenden Häfen zu durchsuchen und wenn ich mir mit einem sicher war dann, dass ich verdammt viele Container mein Eigen nennen konnte. Nicht zuletzt auch die, die extra nach den Sonderwünschen der kasachischen Großfamilie von vor einigen Wochen gestaltet worden war. Ich hatte mir das Werk vor der Abreise des Geldgebers natürlich genaustens angeguckt und wusste, dass es sich darin für ein paar Tage wirklich gut drin leben ließ. Für den Übergang wäre das also gar keine so schlechte Idee, weshalb ich mich mit einem leisen Seufzen von dem Waschbecken abstieß und kurz vor Irina schließlich zu stehen kam. Zu ihr nach unten sah und ja, vielleicht lagen mir noch ein oder zwei durchweg unzufriedene, anschuldigende Sätze auf der Zunge, aber ich schluckte sie runter. Hatte schlicht keine Kraft mehr, mich jetzt noch weiter mit ihr zu unterhalten und schob mich deshalb einfach wortlos an ihr vorbei. Wie gesagt wäre eine Hose und ein Shirt sicher nicht verkehrt, war es nebst der Sache mit der Aufmerksamkeit doch auch scheinbar wirklich kalt draußen. "Zieh... dir irgendetwas an. Ich hab da vielleicht 'ne Idee.", grummelte ich ihr noch über die Schulter hinweg zu und kramte aus der am Boden ihr Dasein fristenden Tasche ein frisches Shirt, sowie Jeans für mich und eine Jogginghose für Irina. Letztere dürfte ihr vermutlich ebenfalls deutlich zu groß sein, machte bei den kalten Temperaturen aber doch deutlich mehr Sinn, als sich jetzt noch einmal in das Kleid zu werfen. Was die Schuhe anging... da konnte ich ihr leider nicht weiterhelfen. Ein paar Socken konnte sie von mir gerne noch haben, aber Sneaker hatte ich nicht im Doppelpack dabei. Mehr schlecht als recht kämpfte ich mich schließlich in die Klamotten und die Schuhe, kurz bevor ich das Handy vom Nachtisch angelte und dann auch schon weiter bis zur Garderobe lief. Dort das Portemonnaie und die Autoschlüssel von der Ablage einsteckte und mich dann wieder zu Irina umdrehte. Ein paar Schritte auf sie zumachte, nur um ihr mittig im Wohnzimmer stehend den Schlüssel für den Mercedes in die Hand zu drücken. Zwar war ich sicherlich noch in der Lage dazu, das Auto selbst zu steuern, würde aber unterwegs gerne noch ein paar Anrufe tätigen. Mir ordentliches Verbandszeug liefern lassen und Aufgaben für voraussichtlich ein paar weitere Tage verteilen. Außerdem sollte ich die Wunde wohl bestmöglich schonen, auch wenn sie alles andere als lebensbedrohlich für mich war, keine bleibenden Schäden, außer einer weiteren, ziemlich hässlichen Narbe hinterlassen würde. Mir war zwar nicht ganz wohl dabei, mein Baby in die Hände einer Verräterin zu geben, von der ich noch nicht einmal wusste, ob sie überhaupt ein Auto fahren konnte, aber selbst wenn, war sie mir wohl weit mehr als das schuldig und hatte sich gefälligst nicht so anzustellen. Ich schwieg, als ich mich letzten Endes nur noch mit einem vielsagenden Blick von der Schwarzhaarigen abwandte, um stattdessen die Zimmertür anzusteuern. Es gab schließlich keine Zeit mehr zu verlieren... oder so.
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Es dauerte eine für meinen Geschmack viel zu lange Ewigkeit, bis Iljah sich schließlich wieder irgendwie regte. Immerhin schien er die Wunde an seiner Brust halbwegs versorgt zu haben. Zumindest so weit, dass er mir nicht in fünf Minuten umkippte - oder zumindest hoffte ich das, weil ich selbst irgendwie nur wenig bis keine Ahnung vom Flicken größerer Wunden hatte. Alles, was mir bei den Sorokins zugetragen worden war, wurde auch da wieder geflickt. Ohne, dass ich darum hatte bitten müssen. Zumal es nie sowas wie Schussverletzungen, ernsthaft tiefe Schnitte oder Stiche gewesen waren. Tendenziell eher nur Schläge und kleine Platzwunden. Maximal sowas, das meinen Rücken gerade zierte. Damit hatte Ksenia mir Zuhause geholfen und es war sicherlich ihr zu verdanken, dass mit Glück keine wirklich gut sichtbaren Narben zurückbleiben würden. Selbst wenn doch, dann musste ich es an meinem Rücken zumindest nicht sehen. Also blieb für mich einfach nur zu hoffen, dass der Schwarzhaarige hier sehr gut wusste, wie weit er mit der Wunde auf diese Weise kam, bevor es kritisch wurde. Als er letztendlich aufstand und auf mich zukam, wusste ich nicht so recht, was ich tun sollte. Rückwärts aus dem Türrahmen fallen, weil ich doch ein bisschen Angst davor hatte, dass noch eine Quittung kam? Ich wollte ihm eigentlich nur ungern noch mehr Angst signalisieren, also wich ich lediglich etwas zur Seite, als er bei mir ankam und augenscheinlich auch vorbei wollte. Ich war letztendlich auch ganz froh, dass er nicht noch länger vor mir stehen blieb und mich ansah, weil mir das wirklich bis in die tiefste Faser meines Körpers unangenehm war. Mich dieser fast schon verachtende Blick schmerzte und ich das Stechen in der Brust gerade erst kurzzeitig überwunden hatte. Nicht wollte, dass es sofort zurückkam, weil ich es gerade ganz einfach nicht brauchen konnte. Ich konnte dann später wieder in Selbstmitleid versinken und mich von ihm fertig machen lassen, erst einmal mussten wir hier weg. Dafür schien der Dunkelhaarige jetzt auch eine Idee zu haben, was ich mehr als ein bisschen begrüßte. Deshalb setzte ich mich zeitnah in Bewegung, nachdem er mir das mitgeteilt hatte - war irgendwie ein bisschen froh darüber, dass sich unsere Wege hier nicht sofort trennen würden, obwohl er gerade nichts Gutes mehr von mir halten konnte. So konnte ich wenigstens sicher gehen, dass er sich wirklich in irgendein Loch verkroch, in dem ihn keiner vermutete. Das war so ziemlich Alles, das mir gerade wichtig war und so nickte ich auf seine Aufforderung mir mehr als das Shirt anzuziehen zügig. Kam ihm auch wieder ein paar Schritte entgegen, als er mir die Jogginghose hinhielt. Ich würde reichlich bescheuert damit aussehen, weil zumindest ich für meinen Teil diesen Hype mit der Jogginghosen-Pumps-Kombination absolut nicht verstand, aber was soll's. Vielleicht erkannte man mich dann wenigstens nicht ganz so schnell, wenn ich draußen rumlief. Wobei ohnehin zu hoffen übrig blieb, dass keine dieser Pestbeulen sich jetzt schon nahe des Hotels aufhielt. Ich bereute es jetzt mindestens zum ersten Mal mir sonst keine Klamotten mitgenommen zu haben, weil ich ja nicht einmal Unterwäsche zum Wechseln hier hatte. Gejammert wurde zwangsläufig jedoch erst später, machte ich mich jetzt erstmal daran in die Klamotten zu kommen. Iljahs Shirt behielt ich an, fühlte mich dann aber doch wohler damit den BH wieder drunter zu ziehen. Schlüpfte zwangsläufig in den gestern zum Glück noch nicht lang getragenen String und danach in die Jogginghose. Noch den Mantel, die absolut nicht zu dem ganzen Aufzug passenden Riemchensandalen. Ich war damit alles in allem ziemlich flink, hatte ich bis auf den leicht schmerzenden Rücken gerade keine größeren Wehwehchen und so sah ich noch kurz auf die Messer runter. Sie hier lassen? War wohl auch schon egal, wenn man sich das Blut im Zimmer ansah. Meine Fingerabdrücke waren genauso wie Iljahs überall, also drauf geschissen. Ich würde mich davor hüten sie aufzuheben, wenn es nicht nötig war, wäre der Tätowierte doch sicher weniger begeistert davon, wenn ich sie wieder in den Händen hielt. Sicher auch dann, wenn mir nicht mehr der Sinn danach stand ihm wehzutun. Er riss mich auch aus dem kurzweiligen Gedanken, als er mir schließlich den Schlüssel für seinen Wagen in die Hand drückte. Ich starrte zuerst perplex den Autoschlüssel an, dann den Rücken des jungen Mannes, weil er sich zu diesem Zeitpunkt schon von mir abgewendet hatte. Ich setzte mit einem Kopfschütteln zur Verfolgung an, war er doch schon beinahe bei der Zimmertür angelangt. Allerdings beschloss ich noch bevor ich das Zimmer verließ mein Handy hier zu lassen. Die wichtigsten Nummern hatte ich im Kopf, wollte kein Risiko damit eingehen aufgrund dieses Geräts irgendwo ausfindig gemacht werden zu können, also zog ich es aus der Manteltasche und ließ es auf den Boden fallen. Für meine Begriffe war das kaputte Display aber nicht genug und deshalb verpasste ich ihm noch einen Tritt mit meinem Absatz. Ich glaubte nicht, dass man in diesem Zustand noch irgendwelche Daten aus meinem Handy ziehen konnte, auch wenn der Anblick ein bisschen weh tat. So huschte ich hinter dem Schwarzhaarigen aus dem Hotelzimmer, ging letztlich mit ihm das kurze Stück den Flur entlang zum Aufzug. "Ich hoffe, dass du dir das gut überlegt hast... ich bin seit meiner Prüfung nicht mehr Auto gefahren und das ist über zwei Jahre her.", ließ ich Iljah murmelnd wissen, dass ich mich wohl schon hinters Steuer setzen würde, wenn er das für eine gute Idee hielt, ich aber wirklich absolut nicht für eine reibungslose Fahrt garantieren konnte. Das Auto der Fahrschule damals war ja noch dazu deutlich übersichtlicher, kürzer und vermutlich auch ein bisschen schmaler gewesen. War sicher überflüssig zu erwähnen, dass ich außerdem nach wie vor komplett durch den Wind war. Konnte also nur lustig werden. Die Fahrstuhlfahrt nach unten dauerte nicht besonders lang, unten angekommen trat ich aber doch nur ziemlich vorsichtig aus dem schützenden Metallkasten. Suchte prompt die Lobby mit den Augen nach bekannten Gesichtern ab, auch nach anderweitig merkwürdig wirkenden Gestalten. Der jüngere Sorokin schien mit der vollen Stunde aber ehrlich gewesen zu sein und es hagelte nicht plötzlich Schüsse oder Baseballschläger, was mich ungemein beruhigte. "Wo gehen wir hin?", fragte ich Iljah schließlich, als wir uns bereits draußen in der eisigen Nachtluft befanden, sein Wagen in Sicht kam. Er hatte darüber bisher kein einziges Wort verloren und eigentlich machte es für mich auch keinen Unterschied. Hauptsache er war da sicher... und insgeheim hoffte ich, dass - wohin auch immer es ging - mich keine absolut kurvenreiche, komplizierte Strecke auf der Straße erwartete. Ich war sicher schon froh, wenn ich heil aus der Parklücke kam. Es würden definitiv drei fette Kreuze von mir gemacht werden, wenn wir wo auch immer angekommen waren, ohne vorher im Graben gelandet zu sein. Ich hatte die Prüfung damals leicht bestanden, aber wenn man danach nicht gleich mit dem Autofahren weitermachte, blieb vermutlich trotzdem nicht so sehr viel davon hängen.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Vermutlich hätte ich unter anderen Umständen jetzt zufrieden genickt und Irina dafür gelobt, dass sie so weit dachte und ihr Handy für normale Dritte - die nicht zum FBI oder anderen, ähnlichen Organisationen gehörten - unbrauchbar machte, um eine eventuelle Ortung unseres Standorts auszuschließen. Nur hatte ich gerade weitaus Wichtigeres im Kopf, als das Ego der jungen Frau zu streicheln, weshalb ich sie lediglich wortlos bei ihrem Tun beobachtete und mich schließlich gemeinsam mit ihr in Richtung Fahrstuhl in Bewegung setzte. Dabei dann auch, kaum hatten wir einen Meter hinter uns gebracht, genervt mit den Augen rollte. Wenn es nach mir ginge, würde ich auch viel lieber selbst fahren, vertraute ich meine Karre doch nicht jedem dahergelaufenen Spinner an - noch weniger irgendeiner Frau -, aber die aktuellen Gegebenheiten ließen mich wohl zwangsläufig wieder ein paar Prinzipien über Bord schmeißen. Schlichtweg deshalb, weil ich so die Zeit deutlich effizienter nutzen konnte, denn ehrlich gesagt traute ich mir momentan nicht zu, ein Auto zu steuern und mich gleichzeitig auf ein Gespräch am Telefon konzentrieren zu können, weshalb ich letzteres vorher sicher noch auf dem Parkplatz erledigt hätte. Dabei wäre dann sicher eine kleine Ewigkeit ins Land gezogen, bis ich mich hinters Steuer hätte fallen lassen und das war, wenn ich die Worte der Serbin richtig deutete, nicht in ihrem Sinn. Irina fand sich also besser damit ab, für diese eine Fahrt meine Chauffeurin zu spielen und behandelte mein Baby pfleglich. Ansonsten konnte sie zusehen, wie sie einen eventuellen Schaden beglich, die Preise für ein solches Luxusauto durfte sie aus der Zeit im Autohaus ja noch bestens kennen. "Denkst du wirklich, ich halte das für eine gute Idee?", fragte ich trocken, als wir die Aufzugskabine betraten und ich meinen kritischen Blick in den von Irina legte. Sie dürfte inzwischen gut genug wissen, dass mir mein Auto absolut heilig war und ich sie niemals fahren lassen würde, wenn es nicht notwendig, absolut unabdingbar war. Also nein, gut überlegt traf es nicht ganz, wenn man mich fragte. Es war mehr eine Art der stillen Akzeptanz der Tatsache, dass ich selbst gerade nicht dazu in der Lage war zu fahren, die mich von der Idee mehr oder weniger überzeugt hatte. Als die Metalltüren sich vor unserer Nase dann schloss, hob ich die Hand an die unter dem Verband furchtbar juckende, pochende Wunde, tastete sie etwas ab. Konnte dabei förmlich fühlen, wie sich die Faser in den Schnitt sogen und es lief mir jetzt schon kalt den Rücken runter, wenn ich nur daran dachte, sie dort wieder herauszubekommen. Ich war schmerztechnisch zwar verhältnismäßig abgehärtet, aber angenehm war nun mal auch anders. Ich schnaubte, schüttelte kurz darauf den Kopf und wandte auf Höhe des elften Stockwerks noch einmal das Wort an Irina. "Wäre ich an deiner Stelle, würde ich mir nicht noch mehr Gründe geben, dich tendenziell nicht doch noch irgendwann einfach umzubringen. Also tu' mir einfach den Gefallen und lenk den Wagen unbeschädigt dahin, wo dich das Navi gleich hin lotsen wird.", ergänzte ich meine vorangegangenen Worte um eine nicht weniger verbittert klingende Aufforderung gepaart mit einer indirekten Drohung. Letztere meinte ich aber wohl nur bedingt ernst, stand es mir doch eigentlich nicht im Sinn, der Schwarzhaarigen das Licht auszuknipsen. Aus mir sprach wohl momentan einfach noch der Zorn, den ihre Aktion in mir hervorgerufen hatte und verdenken konnte man mir das ja ja wohl nicht. Jedenfalls war das dann aber auch tatsächlich erst einmal alles, was ich der jungen Frau noch an den Kopf warf, bis wir uns vor dem Hotel wiederfanden und geradewegs den Mercedes ansteuerten. Bereits auf dem Weg zur Beifahrertür - was ein unglaublich ungewohntes Gefühl war, so ganz nebenbei bemerkt -, zückte ich mein Handy und wählte bereits die erste Nummer. Als der Wagen entriegelt war, sah ich noch kurz über das Dach hinweg zu Irina, um ihre Frage zu beantworten. "Erst einmal durch die nahegelegene Wohnsiedlung. Ich muss noch telefonieren und danach fahren wir zum Hafen.", klärte ich meine Begleitung darüber auf, dass sie erst einmal einen Abstecher durch die umliegenden Gassen machen sollte, damit ich meine Anrufe tätigen konnte. Ich wollte das Handy nämlich auch nur ungerne mitnehmen, wusste ich bei den Sorokins doch kein bisschen, mit wem ich es eigentlich zutun hatte. Wie gut sie aufgestellt waren und zu welchen Methoden sie griffen, um Jemanden, den sie suchten, ausfindig zu machen. Irina durfte sich mit der S-Klasse also noch ein paar Minuten lang warmfahren, bevor es schließlich zu den Container ging, die etwas außerhalb der Stadt am Hafen ihr Dasein fristeten. Ich ließ mich gerade in den Ledersitz rutschen, als meine rechte Hand am anderen Ende der Leitung den Anruf entgegennahm und ich anfing, die aktuelle Lage grob zu schildern. Ihm ein paar Aufgaben überzubügeln und zur Vorsicht aufrief. Nur weil ich das eigentliche Ziel des Clans war, hieß das schließlich noch lange nicht, dass der Rest meiner Männer dadurch nichts zu befürchten hatte.
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Nein, Herrgott. Man brauchte vermutlich nicht einmal gesunden Menschenverstand - den wir beide im Grunde sowieso nicht hatten, wenn ich mir die aktuellen Geschehnisse so ansah -, um sich denken zu können, dass es keine gute Idee war mich mit diesem Auto fahren zu lassen. Iljah hatte mich schließlich noch nie mit einer eigenen Kiste zur Arbeit fahren sehen, da war es ziemlich naheliegend, dass ich ganz einfach keine hatte und demnach auch eher nicht Auto fuhr. Es war nicht besonders kompliziert diesen Schluss zu ziehen. Also nein, natürlich dachte ich nicht, dass der Tätowierte es tatsächlich für eine gute Idee hielt, mich hinters Steuer seines Wagens zu lassen. Er war mit dem Ding sowieso so eigen, was ich bis zu einem gewissen Grad anhand des Kaufpreises auch sehr gut nachvollziehen konnte, ohne eine Fanatikerin in Sachen Autos zu sein. Trotzdem hätte er das zumindest vielleicht ein bisschen weniger so sagen können, als würde er mir noch wirklich den Kopf von den Schultern schlagen, sollte sich auch nur ein winziger Kratzer in den Lack seines Wagens verirren. Immerhin war es nicht gerade beruhigend noch eine Drohung an den Kopf geschmissen zu bekommen, wenn man sowieso schon bis in die kleinste Faser des eigenen Körpers aufgeregt war. Alles, was er dahingehend also noch von mir zu hören bekam, war ein ebenso trockenes "Nein.", womit ich die Sache auf sich beruhen ließ. Ich hatte ja gerade absolut nichts davon, wenn ich ihn noch zusätzlich gegen mich aufhetzte, indem ich ihm meine Meinung sagte. Am Ende war ich sonst noch die nächste, die vor der Schnauze seines Wagens einen Faustschlag kassierte. Auch, wenn ich eigentlich nicht glaubte, dass Iljah mir tatsächlich ins Gesicht schlagen würde. Allerdings würde ich auch das gerade sicher nicht in Stein meißeln und die Paranoia war wieder mein bester Freund, als ich zur Fahrerseite des Wagens ging. Ich wäre lieber auf dem Absatz wieder umgekehrt und weggelaufen, weil ich eigentlich wirklich nicht fahren wollte, aber auch was das anbelangte hieß es jetzt wohl die Zähne zusammenzubeißen und die leichte Panik runterzuschlucken. Wenigstens hatte ich den Führerschein immer im Geldbeutel, auch, wenn ich ihn eigentlich nie brauchte. Ich würde gerade jetzt ohnehin nur wirklich ungern zu einer Verkehrskontrolle anhalten. Ich zog die Fahrertür auf, atmete noch einmal ein wenig tiefer durch und ließ mich dann hinters Steuer sinken. Jedoch sah ich in dieser Sitzposition ungefähr gar nichts, weshalb ich mich erstmal daran machte den Sitz und die Spiegel zu verstellen, nachdem ich den Schlüssel schonmal ins Zündschloss geschoben hatte. Mich beschlich das ungute Gefühl, dass es Iljah nerven würde, wenn er den ganzen Kram wieder für sich einstellen musste, wenn er das nächste Mal selbst hinters Steuer stieg. Ich ließ mich aber auch davon nur möglichst wenig beirren, als ich den Sicherheitsgurt anlegte und dann nach erneutem Durchatmen den Motor startete. Keine Sekunde verschwendete, weil mehr Denken nur schädlich war und die Sorokins mich sonst noch wieder aus dem Verkehr zogen, bevor wir hier weggekommen waren. Das Geräusch des Motors war an sich fast schon sowas wie vertraut und ich schenkte lieber keinen Blick mehr in Richtung meines Beifahrers, war ich mir doch ziemlich sicher, dass mich sein kritischer Blick nur noch nervöser machen würde. Vermutlich konnten alle Beteiligten froh darüber sein, dass ich den Mercedes beim Anfahren nur fast und nicht ganz abwürgte, wäre sonst doch womöglich gleich hier und jetzt ein Kopf gerollt. Die Absätze an den Fersen waren wirklich nicht hilfreich, aber ich tastete mich möglichst vorsichtig und ziemlich langsam mit dem für mich gefühlt viel zu großen Auto aus der Parklücke, um nicht schon hier einen Wutausbruch des Tätowierten zu provozieren. Es half mir alles in allem aber sogar ein bisschen, dass er mit seinem Handy und wem auch immer am anderen Ende der Leitung beschäftigt war und ich dadurch das Gefühl hatte, dass sein Fokus nicht gänzlich auf mir lag. Redete ich mir gerade zumindest ein, um nicht durchzudrehen und das Auto an die nächstbeste Laterne zu setzen, als wir erstmal auf der Straße waren und ich tat, wie mir geheißen. Ob es mir nun half, dass ich noch kein festes Ziel hatte, oder nicht, ließ sich schwer sagen. Wenigstens war der Verkehr zu dieser Uhrzeit wirklich ruhig und es war kaum Jemand auf den Straßen unterwegs, was mir ungemein dabei half, nicht die Nerven zu verlieren. Dennoch fuhr ich grade zu Beginn lieber etwas langsamer und bedachter, um nicht selbst Fehler zu provozieren, weil von Automatismus bei meiner Fahrweise noch kein bisschen zu sprechen war. Dafür müsste ich erstmal regelmäßig wieder Auto fahren. Ich verzog beide Male, als ich die Kupplung beim Schalten etwas zu schnell rausließ, das Gesicht und hätte beinahe instinktiv den Kopf eingezogen. Ich hatte mit den Absätzen aber auch wirklich nicht besonders viel Gefühl auf dem Pedal, konnte es lediglich mit der Fußspitze antippen und das zog leider Gottes den einen oder anderen Fehler hinter sich her. Ich für meinen Teil war trotzdem erleichtert darüber, dass ich zumindest nirgends gegen fuhr. Zwar rutschte mir bei einem etwas höheren Bordstein in einer Kurve kurzzeitig das Herz in die Hose, aber ich schien ihn nicht mitgenommen zu haben. Musste aber knapp gewesen sein und ich war froh über mein eigenes Glück im Unglück, weil ich Felgen in dieser Preisklasse im Ernstfall nicht mal eben so aus dem Portemonnaie bezahlen konnte und sie wahrscheinlich eine Ewigkeit abbezahlt hätte... mit welchem Geld auch immer. War ich mittlerweile eigentlich arbeitslos? Noch so eine Frage, die wir bei Zeiten mal klären sollten. Die jetzt noch schwerer zu beantworten sein dürfte als vor dem laienhaften Attentat. Es dauerte ein paar Minuten, bis Iljah mit seinen Telefonaten am Ende angekommen zu sein schien und auflegte. Bis dahin fühlte ich mich zwar immer noch nicht so richtig sicher am Steuer des Wagens, aber ich hatte zumindest ansatzweise ein Gefühl für das Fahr- und Lenkverhalten bekommen. Ich vermied es bewusst ein Gespräch mit dem Schwarzhaarigen zu führen, weil dabei nichts Gutes rumkommen konnte und folgte letztlich stillschweigend dem Navigationssystem an der Armatur des Wagens, nachdem Iljah sich darum gekümmert hatte. Der Hafen lag nicht gerade zentral in Moskau, was mir nur recht war. Je weiter wir vom Epizentrum der Katastrophe von Brüdern entfernt waren, umso besser. Auch am Wasser herrschte um diese Uhrzeit nur wenig bis eher gar kein Trubel, was uns nur noch mehr in die Karten spielte. Allerdings fing ich beim Passieren der Grundstücksgrenze dann doch an darüber nachzudenken, was genau wir eigentlich hier am Hafen machten - wo es genau hinging. "Wo soll ich anhalten?", fragte ich meinen Beifahrer murmelnd, weil ich mich hier kein bisschen auskannte und man den Wagen besser nicht auf den ersten Blick sehen können sollte, das Navi seinen Job bis hierhin bereits erledigt hatte und mir nicht mehr helfen würde. Vielleicht verschiffte er mich jetzt einfach nach Afrika. Zutrauen tat ich Iljah irgendwie fast Alles, war er doch wahnsinnig schwer einzuschätzen. Aber immer noch lieber nach Afrika verschifft, als von den Sorokins geköpft... denke ich.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Wohl war mir dabei ja nicht, als Irina den Wagen anließ und ihn mehr schlecht als recht schließlich aus der Parklücke lenkte. Es fühlte sich einfach irgendwie falsch an, auf der Beifahrerseite des eigenen Autos zu sitzen und dazu kam noch, dass die junge Frau scheinbar wirklich lange hinter keinem Steuer mehr gesessen hatte. Die meiste Zeit über fiel mir das zwar nicht unbedingt auf, weil ich mich vermehrt auf das Telefonat konzentrierte, aber hin und wieder wanderte mein kritischer Blick doch zu der Schwarzhaarigen rüber, wobei sich diese vollumfänglich auf den Straßenverkehr zu konzentrieren schien. Mich vielleicht auch ganz bewusst einfach nicht ansehen wollte und solange der Mercedes am Ende ohne einen Kratzer oder einer Delle auf dem Hafengelände zum Stehen kommen würde, konnte ich wohl darüber hinwegsehen, wenn sie beim Schalten der Gänge hier und da Probleme hatte. Gab ganz einfach weitaus Schlimmeres und meine Aufmerksamkeit lag sowieso ganz woanders. Ich hatte einen meiner vertrautesten Männer dazu angehalten, sich unverzüglich zum Hafen zu begeben. Auf dem Weg dorthin lediglich in einem 24-Stunden-Shop das Notwendigste für ein paar Tage einzukaufen - allen voran natürlich einen anständigen Verbandskasten. Zwar taugte der im Kofferraum der S-Klasse sicherlich auch, aber es konnte nie schaden, noch einen auf Reserve zu haben, den ich gegebenenfalls dann einfach im Container zurücklassen konnte. Wer wusste schon, wie oft ich mich noch in der Zukunft verletzt dorthin verziehen musste. Ich hoffte natürlich, dass sich mein Aufenthalt auf dem Hafengelände bald schon wieder nur auf die wenigen Kontrollgänge beschränken würde und ich mich dort vor niemanden mehr verstecken musste, aber für den Ernstfall wäre dann immerhin vorgesorgt. Als am anderen Ende der Telefonleitung so weit alles klar war und das Gespräch sich dem Ende neigte, schaltete ich das Handy kurzerhand aus, um es wenig später dann aus dem Fenster des fahrenden Autos zu schmeißen. Dabei achtete ich natürlich darauf, es etwas abseits der Stadt und vor allem auf den Asphalt aufschlagen zu lassen, um wirklich sicher zu gehen, dass das Display und hoffentlich auch ein paar der Komponenten im Inneren des Smartphones auf dem Boden zerschellten. Man als Laie ebenso wenig damit anfangen konnte, wie mit Irinas Handy im Hotel, das zwangsläufig irgendwann gefunden werden würde. Genauso wie das Blut, die Messer und die zahlreichen Fingerabdrücke. Für den Rest der Fahrt ließ ich mich dann - nachdem ich die Adresse des etwas außerhalb gelegenen Hafens ins Navi getippt hatte - etwas tiefer in den Beifahrersitz sinken und trotz des ganzes Trubels wären mir dabei beinahe die Augen zugefallen. Das allerdings auch nur deshalb, weil mein Körper nach all den Wochen voller Stress und Ärger wirklich sehr gut auf eine Aktion wie die der heutigen Nacht hätte verzichten können. Ich war einfach so schon unglaublich müde gewesen, der Blutverlust machte es da kein Stück besser und vermutlich wäre ich auf kurz oder lang auch einfach auf dem Beifahrersitz eingedöst, hätten mich die permanent um sich selbst kreisenden Gedanken nicht immer wieder davon abgehalten. Letzten Endes war für ein Nickerchen dann aber auch überhaupt gar keine Zeit mehr, weil wir das Hafengelände trotz Irinas vorsichtiger Fahrweise schon sehr bald erreicht hatten. Was mich wiederum nur wenig bis gar nicht wunderte, denn die Straßen waren frei und es würde sich um die Uhrzeit auch im belebten Moskau kaum jemand darum scheren, wenn sie ein bisschen aufs Gaspedal drückte und hier und da ein paar Verkehrsregeln missachtete. Ob sie das in dem Fall beabsichtigt tat oder seit der Fahrschule einfach einiges vergessen hatte war mir dabei eigentlich relativ egal. Ich war nur froh, dass wir heile angekommen waren und meinem Wagen so weit nichts schlimmeres zugestoßen war, hing ich doch wirklich sehr an dem Mercedes. Hatte mich schließlich auch einiges gekostet, da durfte man ruhig schon mal ein bisschen kleinkarierter sein. Sich Sorgen machen, wenn wer anders als man selbst hinter dem Steuer saß und an den gewohnten Einstellungen herumspielte. Ehrlich gesagt hatte es mich ja schon ein wenig mit den Zähnen knirschen lassen, tatenlos dabei zuzusehen, wie Irina den Sitz verschob und auch die Spiegel ihrer Position entsprechend anpasste. Dabei verfügte der Fahrersitz Gott sei Dank über eine Memory-Funktion, von der ich nicht erwartet hätte, sie jemals wirklich wertzuschätzen, weil ich bis zum heutigen Tag einfach nicht davon ausgegangen war, das Steuer jemals freiwillig an jemand anderen zu übergeben. Aber es gab ja bekanntlich für Alles ein erstes Mal, auch wenn ich auf den gescheiterten Mordversuch einer mir inzwischen irgendwie vertraut gewordenen Person wirklich hätte verzichten können. Mir weiter darüber Gedanken machen wollte ich allerdings nicht, was nicht zuletzt auch daran lag, dass ein hochgewachsener, blonder Mann vor einem Schiff stehend den Arm in die Höhe streckte, um auf sich aufmerksam zu machen. Ich wies Irina daraufhin mit einem gemurmelten "Da rüber." und einer entsprechenden Geste mit der Hand dazu an, nahe Nikolaj zwischen zwei an Land stehenden Containern zu parken. Ich wartete noch, bis das so vertraute Gurgeln des Motor verstummte, ehe ich die Beifahrertür öffnete und zügig ausstieg. Ich fühlte mich hier ab vom Schuss zwar schon deutlich sicherer, aber die Wunde begann langsam wirklich fürchterlich zu jucken, weshalb ich mich im Verhältnis zu sonst nur relativ knapp bei dem Endzwanziger für die Besorgung von Lebensmitteln, einem Laptop und dem Verbandskasten bedankte und ihn nochmals darauf hinwies, vorsichtig zu sein. Die Augen offen zu halten, weil der Feind in dem Sinne gewissermaßen unbekannt für uns war. Sobald ich mich mit Irina in den Container zurückgezogen hatte und die Stichwunde etwas akkurater versorgt worden war, würde ich mich wohl eingehender damit beschäftigten, Informationen aus der Schwarzhaarigen herauszubekommen und das Internet nach den beiden zu durchsuchen. Vielleicht wurde ich ja fündig und meine Frage, woher mir der Name so bekannt vorkam, hätte sich damit erübrigt. Nach unserer Ankunft zogen maximal noch zehn bis fünfzehn weitere Minuten ins Land, in denen ich Irina keines Blickes würdigte, sondern mich ausschließlich mit Nikolaj unterhielt. Als das Gespräch schließlich beendet war und sich der Blonde vom Hafengelände trollte, sammelte ich die Tasche vom Boden auf. Verzog dabei ein weiteres Mal vor Schmerzen das Gesicht und betete zu wem auch immer hoch über den Wolken, dass Niko an Schmerzmittel gedacht hatte. Eigentlich war er ein ganz pfiffiges Kerlchen, dachte meist etwas weiter, als es seine Kumpanen taten und deshalb machte ich mir darum eigentlich keinerlei Gedanken, sondern setzte mich wortlos in Bewegung in der Annahme, dass mir Irina schon folgen würde, wenn sie nicht alleine in der kalten Nachtluft zurückbleiben wollte. Ich steuerte recht zielstrebig eines der monströsen Frachtschiffe an, auf dem bereits einige Container geladen waren. Logischerweise wurden die Kabinen, in denen Kunden von A nach B reisten nur sehr selten mal abgeladen und befanden sich deshalb auch zu fast jeder Tages- und Nachtzeit an ein- und derselben Stelle. Das hieß ich im aktuellen Augenblick nur allzu willkommen, denn so brauchte ich nicht lange überlegen, wo ich hinzulaufen hatte, nachdem ich zielstrebig den Steg entlanggelaufen war und die heruntergelassene Laderampe betrat. Dabei drehte ich mich erst zu der Schwarzhaarigen um, als ich bereits aus dem Boot stand, um sie mit den Worten. "Jetzt beeil' dich ein bisschen.", dazu aufzufordern, an Tempo zuzulegen. Was gab es denn da zu trödeln? Scheinbar wussten die Sorokins ja so einiges über mich, wenn man den Worten der jungen Frau Glauben schenken konnte. Dann dürfte es sie doch eigentlich kaum überraschen, dass ich bei meinem Business sowohl über eine Flotte an Flugzeugen, als auch an Schiffen verfügte.
# Is it all a tragedy? Are we flashes in a rut going in and out of luck? Maybe. #
Es dauerte glücklicherweise nicht lang, bis Iljah mir eine Antwort gab und ich ebenfalls den Blondschopf erblickte, der mehr oder weniger unser endgültiges Ziel darzustellen schien. Ich nickte nur und lenkte den Wagen kurz darauf zwischen die beiden Container, um ihn im Anschluss dann auch auszumachen. Ich ging mal nicht davon aus, dass der mir unbekannte Typ die Karre mitnehmen würde. Wäre auch nicht gut für den möglichen Fall, dass uns hier Jemand auf die Schliche kam. Ich hielt es zwar für unwahrscheinlich, aber nachdem ich keine Ahnung davon hatte, wie gut die beiden Brüder selbst über den Schwarzhaarigen Bescheid wussten, dem ich es gleich tat und ebenfalls ausstieg, war es leider nicht unmöglich. Ich würde nicht wagen es gänzlich auszuschließen, kannten sie seinen Wagen doch inzwischen auch. Dafür hatte ich aber nicht mal den Mund aufmachen müssen, ihre gefühlt überall hockenden Späher hatten das selber rausgefunden. Um den Teufel an die Wand zu malen war es aber ein bisschen zu früh und ich schloss zögerlich zu den beiden Männern auf, ohne ihnen dabei aber wirklich nah auf die Pelle zu rücken. Mich ging dieses Gespräch im Grunde nicht viel an, aber es war unmöglich nicht zuzuhören, weil es hier außer dem nicht besonders lauten Rauschen des Wassers keine Geräuschkulisse gab. Mir schien ein kleiner Sicherheitsabstand also generell ziemlich angebracht, während ich die Arme schützend vor der Brust verschränkte, weil es ganz einfach eiskalt hier draußen war. Besonders meine Füße waren davon wenig begeistert und nach den paar Minuten gefühlt zu Eis erstarrt, aber ich hatte gerade größere Probleme. Also stand ich die Kälte einfach aus, auch wenn ich inzwischen mangels Bewegung leicht zu bibbern anfing. Gejammert wurde nicht. Der Blonde wendete sich schließlich von uns ab und suchte das Weite. Ich folgte ihm einen Moment lang mit meinem Blick, sah dann aber wieder zur Iljah, als er sich in Bewegung setzte. Ich war kurz davor ihn zu fragen, ob ich ihm den Kram nicht wirklich lieber abnehmen sollte, weil ich mir nicht vorstellen konnte, dass das seiner Wunde gut tat. Er außerdem auch sichtbar Schmerzen hatte, aber ich glaubte kaum, dass er seinen eigenen Stolz jetzt so weit runterschlucken würde, dass er mir die Tasche gab. Für wahrscheinlicher hielt ich eine giftige Antwort, die ich gerade nicht unbedingt haben wollte, war ich doch so schon genug durch den Wind. Da half auch die kalte Nachtluft kein bisschen und so setzte ich mich kurz nach dem Tätowierten mit einem leisen Seufzen in Bewegung. Ging hinter ihm her in Richtung eines ziemlich großen Frachters, den ich fortwährend mit den Augen musterte, je näher wir ihm kamen. Da wollte er rauf? Ich meine, das war an sich bestimmt eine gute Idee, weil ich nicht glaubte, dass uns da Jemand finden würde, nur wurde mir bei dem Gedanken dann doch ziemlich mulmig. Hier draußen würde mich ganz sicher keine Menschenseele schreien hören und außerdem hatte ich keinen Schimmer davon, ob ich überhaupt schiffstauglich war oder ich in ein paar Stunden kotzend in einer Ecke lag. Die einzige Schiffserfahrung, die ich bis zum heutigen Tag gesammelt hatte, bezog sich auf Schlauchboote, mit denen wir im letzten Sommer über einen See geschippert waren, während wir uns betrunken hatten. Ich wagte sehr stark zu bezweifeln, dass das eine Bilanz war, auf die ich mich jetzt stützen konnte. Mir war so oder so nicht wirklich wohl dabei allein mit Iljah dieses riesige Schiff zu betreten, weil ich ganz einfach nicht wusste, ob und was er noch mit mir vorhatte. Da war ich hinter dem Steuer seines Wagens doch eindeutig sicherer gewesen. Wegen all jener Bedenken zögerte ich einen Augenblick ihm tatsächlich bis aufs Deck zu folgen, aber er zog meine Aufmerksamkeit wieder gänzlich auf sich, als er sein Wort an mich richtete. Ich nickte bloß knapp und schluckte leise, ehe ich zu etwas schnelleren Schritten ansetzte und über die Laderampe hinweg zu ihm aufschloss. Eine andere Wahl hatte ich im Augenblick ohnehin nicht. Klar, ich könnte der Angst wegen schon weglaufen, weil ich nicht glaubte, dass Iljah mir mit der Wunde erfolgreich über eine längere Strecke hinterher kam - aber ich wollte ihn ja gar nicht allein lassen. Dabei spielte es wohl auch keine Rolle, was er rein theoretisch alles mit mir anstellen konnte. Gesund war das sicher nicht, aber was tat man nicht alles für... die Liebe? Mit Sicherheit waren Iljah und ich gerade sehr weit davon entfernt, ein sich schon lang liebendes Paar abzugeben, aber all die Umstände änderten nicht mal ein bisschen was daran, dass mein Herz viel mehr an ihm hing, als es das eigentlich sollte. Er müsste mir diese Gefühle wohl eigenhändig ausprügeln, damit ich sie loswurde. Aber zurück zum Hier und Jetzt - ich hatte die Arme noch immer schützend vor meinem Körper, als ich zu dem Schwarzhaarigen aufgeschlossen hatte und ihm über das Deck folgte. Dabei immer wieder an den gestapelten Containern hochsah, weil das Ganze für mich als normalerweise vollkommen Unbeteiligte schon ein bisschen beeindruckend war. Man lief eben nicht jeden Tag auf einem Frachter herum. "Das... ist alles deins?", murmelte ich sehr beiläufig eine Frage vor mich hin, kurz bevor wir eigentlichen Ort der Bestimmung angekommen waren. Ich hatte zwar gewusst, dass er der führende Kopf von was auch immer war, aber das alles hier war trotzdem gerade ein kleiner, sachter Schlag ins Gesicht. War wohl auch eher nur eine rhetorische Frage, weil ich nicht glaubte, dass er auf einem fremden Schiff herumlungern wollen würde. Ich stand seitlich hinter dem jungen Mann, als er dann letzten Endes einen der Container öffnete. Schon bevor die Tür offen war hoffte ich darauf, dass es einen guten Grund hatte, warum es ausgerechnet dieser Container war, den er aufmachte. Ehrlich gesagt sah ich mich in einem stinknormalen, leeren Container nämlich in ein paar Minuten schon bitterlich erfrieren.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Nachdem ich kurze Zeit inne gehalten und auf Irina gewartet hatte, dauerte es von der Laderampe bis zu dem Container dann auch keine fünf Minuten mehr. Ich ließ die vollgepackte Tasche nahe der circa zweieinhalb Meter hohen Containertür auf den Boden gleiten und verfluchte die Serbin wenig später gleich ein weiteres Mal dafür, dass sie mit dem Messer auf mich losgegangen war. Denn die Türen waren bereits im nicht verletzten Zustand wirklich beschissen zu öffnen, da machte es mit der Stichwunde gleich doppelt so viel Spaß, die Metallbolzen zurechtzurücken, damit das verstärkte Blech sich nach außen aufziehen ließ. Ich überspielte die Schmerzen noch während ich an der Tür hantierte mit einem unzufriedenen Grummeln und der Beantwortung von Irinas Frage, die sie mir kurz zuvor gestellt hatte. Offensichtlich schien sie selbst nicht ganz so gut über mich Bescheid zu wissen, wobei das natürlich auch alles nur wieder Vorwand für was auch immer sein sein konnte. Für sie schien es wohl ein Leichtes zu sein, mich hinters Licht zu führen und ich müsste lügen, würde ich sagen, dass mir das gefiel. Es passte mir nämlich absolut gar nicht, dass es ihr so locker von der Hand ging und sie damit sogar noch durch kam, weil ich scheinbar irgendwie... blind war vor Gefühlen. Es war einfach ein absolut unschönes Gefühl, wenn ich darüber nachdachte, was ich bereits für sie getan hatte und in Zukunft getan hätte, wenn das Ganze heute nicht aufgeflogen wäre. Aber genug davon... sollte sich Irina jetzt noch ein weiteres Mal dazu entscheiden, mir in den Rücken zu fallen, würde sie ganz einfach Bekanntschaft mit dem eiskalten Wasser machen, in dem sie ohne Hilfe vermutlich jämmerlich absaufen würde. Gerade um diese Jahreszeit war die Temperatur des Binnengewässers nämlich lähmend für jedes gleichwarme Lebewesen und würde auf kurz oder lang zu einem Kältetod führen, wenn man nicht frühzeitig von einem Sog unter die Wasseroberfläche gerissen wurde. Letzteres war rund um Häfen kein seltenes Phänomen und hatte schon so manchen wagemutigen Schwimmer das Leben gekostet. Alles in allem konnte man wohl sagen, dass die Serbin sich besser gut überlegen sollte, ob sie mich wirklich noch einmal angreifen wollte, weil sie hier zwischen all den Containern sicher keiner suchen würde und ihre Leiche im Wasser nach einer Zeit von den Fischen abgenagt worden wäre. Aber zur Seite mit den Gedanken, hoffte ich doch klammheimlich, dass Irina sich nun tatsächlich für mich und gegen die Sorokins entschieden hatte, weil ich einfach nicht einsehen wollte, dass sie mir so kaltherzig den Rücken gezeigt hatte. Ich bezweifelte trotz der Wut inzwischen auch ein bisschen, dass ausnahmslos alles von der jungen Frau gespielt gewesen war. So wie sie bereits ganz treffend formuliert hatte, gab es einfach Dinge, die man kaum so einfach aus dem Ärmel schütteln konnte, wie ein Lächeln oder ein halbwegs ehrlich klingendes Lachen. Ich sparte mir demnach bei meiner Antwort auch den schnippischen Unterton, sondern nickte bloß, murmelte ein "Ja, schon." und sammelte die Tasche wieder vom Boden auf, um kurz darauf den Container zu betreten. Es war logischerweise erst einmal recht dunkel im Inneren, weil außer dem Mond momentan kein weiteres Licht den Raum erhellte, bis ich den entsprechenden Schalter etwa einen halben Meter vom Eingang entfernt an der Wand drückte. Der etwa zwölf Meter lange und zweieinhalb Meter breite Container wurde plötzlich mit Licht geflutet und zum Vorschein kam ein absolut passables, natürlich nicht vollumfänglich luxuriöses Interieur. Am Ende des schier endlos lang wirkendenden Ganges befand sich ein Bett, das aus mehreren Europaletten und einer dicken Matratze die gesamte Breite ausfüllte, während sich im vorderen Bereich eine Heizung, sowie Sitzgelegenheiten, ein kleiner Flachbildfernseher und ein Kühlschrank befanden. Mit Strom versorgt wurde das Ganze - unter anderem auch das Licht - mit einer Verteilersteckdose auf der gegenüberliegenden Seite. Das Kabel, welches an den eigentlich Stromgenerator des Schiffes angebunden war, verlief durch ein am höchsten Punkt der Tür gebohrten Lochs, sodass kein Wasser in den Container lief, wenn mal Wellengang herrschte. Auf den ersten Blick wirkte der Innenraum also verhältnismäßig wohnlich, aber es war auch hier nicht unbedingt wärmer, als draußen, weshalb meine erste Amtshandlung war, die kleine Heizung anzuschmeißen. Das von Werk aus bestehende Lüftungssystem des Frachtcontainers würde dafür sorgen, dass wir nicht an sauerstoffarmer Luft erstickten, wenn ich die Türen schloss. Ich wartete also nur noch darauf, dass sich die Serbin zu mir ins Innere gesellte, um das Blech hinter ihr wieder zuzuziehen. Als das erledigt war, atmete ich zum ersten Mal, seitdem wir das Hotel verlassen hatten, hörbar auf. Schloss außerdem einen Moment die Augen und legte meinen Kopf in den Nacken, bevor ich Irina wieder direkt ansah. "Du scheinst überrascht zu sein. Hat man dir nicht erzählt, womit ich mein Geld verdiene?", fragte ich mit hochgezogener Augenbraue. Dann setzte ich mich wieder in Bewegung um zumindest den verderblichen Inhalt der vollbepackten Tasche in den kleinen Kühlschrank zu räumen, der in anderen Containern genau so wenig wie der Fernseher zur eigentlichen Ausstattung gehörte. Waren eben Sonderwünsche der kasachischen Großfamilie gewesen und seitdem verkaufte ich die Art der Reise gleich ein Stück weit teurer. Kostete immerhin auch mehr Kohle, den ganzen Mist hier mit Energie zu versorgen. Im Augenblick wollte ich mich darüber aber eigentlich nicht beschweren, hieß es doch nur für gut, nicht irgendwo in einem kalten Bunker ausharren zu müssen. Wo es weder Essen, noch Unterhaltung gab. Zwar konnte ich auf letzteres durchaus auch mal ein paar Tage verzichten, nein sagen würde ich zu dem Fernseher in der aktuellen Situation allerdings nicht. Als ich die wenigen Lebensmittel verräumt hatte, nahm ich mich dem Verbandskasten an und ließ mich mit ihm auf einem der Stühle nieder. Die Wunde wollte heute schließlich noch anständig versorgt werden, damit der Heilungsprozess endlich in Gang kam und nicht ständig von irgendwelchen juckenden Fäden unterbrochen wurde. Nur die Fasern jetzt aus der Wunde zu bekommen... ganz ohne Wasser, meinte ich - darauf freute ich mich ganz bestimmt nicht. Bräuchte vermutlich sogar die ein oder andere helfende Hand, obwohl ich mich gerne alleine um die Versorgung gekümmert hätte. Einfach aus Prinzip. Aber in dem Punkt galt es meinen Stolz wohl herunter zu schlucken und Irina um Hilfe zu bitten, wenn ich wollte, dass der kommende Verband dann anständig saß.
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In den paar Sekunden, die ich darauf warten musste, dass die stählerne Tür des Containers aufging, malte ich mir die unterschiedlichsten Szenarien dafür aus, was sich darin verbergen konnte. Wirklich hilfreich war das allerdings nicht, schweifte ich von einer möglichen Notunterkunft doch schnell ab zu Dingen wie ganz persönlichen Folterkammern. Es war wie so oft die Paranoia, die mich erneut auf dem Absatz Kehrt machen lassen wollte, aber auch jetzt gelang es mir erstaunlich gut, sie einfach runterzuschlucken. Einfach weil ich nicht glauben wollte, dass er mich bis hierhin unter Schmerzen mitgeschleift hatte, nur um mich dann in einen Container voll Leichen zu schubsen und mich in dem Gestank jämmerlich verrotten zu lassen, während er es sich irgendwo gemütlich machte. Schließlich hätte er dann auch einfach seinen Handlanger darum bitten können, mich über die Schulter zu schmeißen und hier abzulagern, hätte sich dadurch die Schmerzen erspart. Trotzdem war ich unweigerlich sehr erleichtert, als ich an ihm vorbei in den nun offenen Container lugte und nichts anderes, als einen zwar spärlich, aber trotzdem recht wohnlich eingerichteten Raum vorzufinden. So gemütlich, wie ein Container auf einem Frachtschiff eben sein konnte, wobei die kleine Heizung in all ihrer Schlichtheit gerade ein absolutes Heiligtum darstellte. Natürlich würde es eine kleine Weile dauern, bis die Wärme sich im gesamten Container etwas ausgebreitet hatte, aber Füße ranhalten reichte mir im ersten Moment ganz sicher auch. Ich betrat die große Metallkiste noch ein wenig skeptisch, sah mich dabei auch ununterbrochen um, entdeckte aber rein gar nichts Verdächtiges, also wanderten meine Augen bald wieder zu Iljah. Er schien überrascht davon zu sein, dass ich in sein Geschäftsfeld keine Einsicht hatte, was ich ihm nicht verdenken konnte. Wäre theoretisch ja sehr gut möglich, dass die Sorokins mir alles Mögliche über ihn gesteckt hatten. In etwa so, wie ich das umgekehrt eben getan hatte, wenn auch weniger auf geschäftlicher Basis, sondern persönlicher. Ich schüttelte also langsam den Kopf und ließ dabei langsam die Arme sinken. Hier drin war wenigstens schon mal der leichte, aber eisige Wind verstummt, der draußen am Wasser herrschte. Da war es in etwa wie mit dem dreizehnten Stock - irgendwas wäre ganz gewaltig faul, wenn im Winter so gar kein Wind ging. Im Sommer war das vielleicht eher möglich. "Nein... sie haben mir nie wirklich was über dich erzählt. Nur, dass du der Kopf von... Irgendwas bist und das vermutlich auch nur, damit ich aufpassen, was ich tue.", seufzte ich leise und der letzten Teil klang womöglich auch ziemlich ironisch. Sollte das der Grund dafür gewesen sein, warum sie mir diese Info über den Schwarzhaarigen anvertraut hatten, hatte diese Taktik schließlich kein Stück funktioniert. Andernfalls säße ich kaum mit ihm hier. Es mochte mir am Anfang noch gehörigen Respekt eingeflößt haben, dass ich nicht wusste, mit was für einer Art von Kartell-, Clan- oder Was-auch-immer-Anführer ich es zu tun hatte, aber als ich Iljah langsam besser kennengelernt hatte, war das ziemlich stark zur Nebensache geworden. Ich hatte wohl eher nicht deswegen so Schiss vor ihm und seiner Nähe gehabt, weil er ein mächtiger Mann war, sondern einfach nur, weil er optisch und in seinem Auftreten ein respekteinflößender Mann war, der mich theoretisch wie ein Streichholz in der Mitte durchbrechen konnte, und weil ich ganz genau gewusst hatte, wie kompliziert eine Beziehung zu ihm sein würde. Dabei spielte es noch nicht einmal eine Rolle, ob nun als platonischer Freund oder als Liebhaber - ich hätte ihn so oder so nicht dem Erdboden gleichmachen können. "Du wirst mir nicht sagen, womit genau du dein Geld verdienst, oder?", hakte ich leise nach, weil ich die Antwort darauf als ein sehr sicheres Nein einstufte. Wieso sollte er auch? Ich hatte gerade in der jetzigen Situation - in die ich mich selbst geschubst hatte - keinerlei Recht auf diese Information, auch wenn mir nun wirklich nicht der Sinn danach stand, sie gegen ihn zu verwenden. Natürlich ließ ein eingerichteter Container wie dieser ein paar Vermutungen zu, aber das war es dann eben auch schon. Ich konnte mir die Frage dennoch nicht verkneifen, weil ich einfach noch immer schrecklich wenig über den Tätowierten wusste und das gerne ändern würde. Ganz allgemein. Nicht, um ihm daraus Stricke zu drehen, sondern um besser verstehen zu können, warum er war, wie er nun einmal war. Ich ging ein paar Schritte durch den Container, sah mich dabei noch etwas genauer um und verkniff es mir auch an diesem Punkt, ihm meine Hilfe bezüglich der Lebensmittel anzubieten, obwohl er die sehr gut hätte gebrauchen können. Ob er mich nochmal neben sich schlafen ließ? Und wenn ja, ob er dann schlafen konnte? Wahrscheinlich mehr schlecht als recht, wenn es nicht sein Körper war, der ihn endgültig in den Schlaf raffte, weil er einfach nicht mehr konnte. Gerade mit der Wunde an der Brust konnte der sicher alles an Energie brauchen, was er in den Laken finden konnte. Apropos - als ich mich schließlich wieder zu Iljah umdrehte, setzte er sich gerade hin. Mit dem Verbandskasten, was mich ihn erneut mustern ließ. Ich war eine hilfsbereite Person und jetzt endete wohl meine Geduld damit, ihn einfach alles selber machen zu lassen. Ich trat langsam auf ihn zu, als er dabei war die Wunde freizulegen. "Lass mich dir helfen, Iljah... zumindest mit der Wunde. Bitte. Ist... schließlich meine Schuld.", bat ihn ihn murmelnd und mit bittendem Blick darum, mir diese Chance zu geben, ihm zu zeigen, dass ich ihm nicht weiter weh tun würde. Ihm von jetzt an nur noch helfen würde, statt mit Messern auf ihn loszugehen.
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Ich hatte gerade den Mantel von den Schultern rutschen lassen und mich aus dem Shirt geschält, als Irina an mich heran trat, um mir ihre Hilfe bei der Wundversorgung anzubieten. Einen Augenblick lang musterte ich ihre Gesichtszüge abschätzend, ehe ich schließlich erneut leise seufzte und den Verbandskasten an sie übergab. Mich dann auf dem Stuhl etwas zurücklehnte und den Arm der unverletzten Körperhälfte auf den kleinen Tisch nebendran stützte. Dort mit dem Saum meines in der Hand gehaltenen Oberteils spielte, während ich wieder anfing, mit dem Kiefer zu mahlen. Schon das Ausziehen war ein ziemlich schmerzhaftes Unterfangen gewesen, ich wollte mir also gar nicht erst ausmalen, wie unangenehm es werden würde, wenn Irina sich dem mit Blut getränkten und an den Rändern inzwischen getrockneten Verband annahm. Um mich von diesem durchweg unschönen Gedanken abzulenken, konzentrierte ich mich lieber auf die vorangegangenen Worte und die abschließende Frage der jungen Frau. Lange überlegen brauchte ich nur leider nicht, weil die Antwort meiner Meinung nach ziemlich klar auf der Hand lag. Warum sollte ich mich nach dem Verrat der Serbin ihr gegenüber noch genauso kontinuierlich öffnen, wie ich das vor dem fehlgeschlagenen Attentat getan hatte? Im Grunde genommen war es schon viel zu viel des Guten, dass ich sie hier mit mir aufs Schiff geschleppt hatte, wobei es dafür einen durchaus nachvollziehbaren Grund gab. Schließlich konnte ich nur so sichergehen, dass sie nicht noch mehr Informationen an die Brüder herantrug. Jedenfalls ließ der scheinbare Besitz eines Frachters schon den ein oder anderen Rückschluss auf mögliche Nebentätigkeiten zu - dass Irina trotzdem noch einmal nachfragte, wunderte mich also ein klein wenig. Wusste sie wirklich nichts? Oder wollte sie mir einfach nur weismachen, dass ihr die Brüder nichts über mich erzählt hatten und insgeheim steckte ihre Nase schon tiefer in meinen Geschäften, als ich das jemals für möglich gehalten hätte? Es war jedoch ziemlich egal, ob sie jetzt nun wusste, was Sache war oder so tat, als wär ihr all das hier gerade neu... solange der Groschen augenscheinlich noch nicht gefallen war, würde ich ihr auch nur ungerne auf die Sprünge helfen wollen und schüttelte deshalb gut sichtbar den Kopf. "Hab ich ja nichts von...", stellte ich im Anschluss gemurmelt fest. Schloss kurz darauf die Augen, als Irina anfing, sich um den Verband zu kümmern, weil es wie erwartet einfach höllisch brannte, das mehr oder weniger eingewachsene Gewebe wieder herauszureißen. Ich ballte die Hand, mit der ich das Oberteil festhielt, zur Faust und rutschte ein wenig unruhig auf dem Stuhl vor und wieder zurück, als würde das die Schmerzen irgendwie lindern können. Tat es logischerweise aber nicht und so schlug ich die Lider letztlich wieder auf, um die Schwarzhaarige direkt anzusehen. "Aber ich könnte mich eventuell auf einen Deal einlassen.", schlug ich stattdessen vor, um mich von der wieder einsetzenden Blutung abzulenken und die Gunst der Stunde der nutzen. Irina nach ein paar Informationen auszuquetschen, wo wir vorerst doch hoffentlich sicher waren. Natürlich konnte die Serbin, genauso wenig wie ich, Gedanken lesen, weshalb ich die vorangegangenen Worte noch um eine ausführlichere Erklärung ergänzte. "Wenn du mir noch ein paar Informationen über die Sorokins lieferst und mir außerdem verrätst, wie du in die ganze Sache reingerutscht bist, bin ich vielleicht bereit, dir auch ein bisschen was über mich und meine Geschäfte zu erzählen." War doch eigentlich ein fairer Kompromiss, oder? Zwar hatte ich im aktuellen Augenblick nicht vor, mich der Schwarzhaarigen gegenüber über meine Haupteinnahmequelle auszutauschen - eben weil der ganze Aufriss hier rein theoretisch auch nur ein Vorwand sein konnte, Informationen zu genau diesem Thema aus mir herauszubekommen -, aber ich gab ihr schließlich auch nicht mein Wort drauf. Würde somit kein Versprechen brechen und vielleicht konnte Irina mich ja wider Erwarten doch noch davon überzeugen, dass irgendetwas Positives für mich dabei heraussprang, wenn ich sie in meine Im- und Exportgeschäfte einweihte. Daran glauben tat ich zwar nicht, wollte mir ad hoc kein konkreter Vorteil, den sie mir bringen könnte, einfallen, aber vielleicht war ich gerade auch einfach nur viel zu sehr durch den Wind. Jedenfalls war das vorerst mein Angebot an die Schwarzhaarige und während ich dabei war, leise vor mich hinzufluchen, konnte sie es sich ja überlegen. Musste auch nicht gleich jetzt eine Entscheidung treffen, wäre die Nacht, beziehungsweise der Rest des sehr, sehr frühen Tags doch noch verhältnismäßig lang. Es war gut möglich, dass ich hiernach und eine Schmerztablette später einfach auf den Europaletten wegnickte, aber da sich die Gedanken noch immer freudig überschlugen, konnte ich mir zumindest nicht vorstellen, dass mein Kopf sehr bald Ruhe geben würde. Dafür war ich einfach viel zu aufgewühlt, mir ging einiges durch den Kopf, was man mir wohl kaum verübeln konnte. Dabei hatte der Schädel schon vor dem Einchecken ins Hotel und dem Treffen mit der serbischen Schönheit geraucht. Es war wohl nur noch eine Frage der Zeit, bis ich an Burnout zu Grunde ging oder doch schon mit dreißig an einem Herzinfarkt verstarb.
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Iljah hakte erst einmal die Übergabe des Verbandskastens an meine Wenigkeit ab, womit ich kein Problem hatte. Zwar tat er auch das eher nur zähneknirschend, aber das war egal. Wenigstens ließ er sich von mir helfen und so legte ich den Verbandskasten auf dem kleinen Tisch neben ihm ab, um mir den Inhalt zu besehen. Es konnte in diesem Fall kaum schaden, sich die noch verpackten, sterilen Handschuhe anzuziehen und deswegen machte ich das erstmal, bevor ich mich dem alten Verband annahm, der zuerst wegmusste. Ich warf dem Schwarzhaarigen schon im Voraus einen entschuldigenden Blick zu, weil sich Schmerzen kaum vermeiden lassen würden. Dann begann ich den Verband langsam von der Wunde zu lösen, was alles andere als schön aussah. Ich war heilfroh darüber, gerade nicht an Iljahs Stelle sitzen zu müssen, weil das Unterfangen doch schon beim Zusehen wehtat. Ich sollte schließlich auch noch eine Antwort auf meine vorherige Frage bekommen und die fiel nicht anders aus als erwartet - hatte er ja nichts von. Ich war drauf und dran das einfach stillschweigend zu akzeptieren, da schlug er mir stattdessen einen kleinen Wissensaustausch vor. Ich zog leicht die rechte Augenbraue nach oben und hielt mit den Händen inne, als ich ihm eine Antwort darauf gab. "Dafür brauchst du keinen Deal, Iljah. Ich sag dir alles, was du wissen willst, solange ich eine Antwort darauf habe. Auch ohne, dass du mir dafür irgendwas anbietest.", ließ ich ihn mit ruhigen Worten wissen, dass er seine Geschäfte von mir aus auch für sich behalten konnte, wenn er sie mir nur gegen andere Informationen verraten wollte. Schließlich wollte ich, dass er mir diese Sache aus freien Stücken anvertraute. Ich hatte mich schon vor einer ganzen Weile für seine Seite entschieden und würde meine Meinung auch nicht mehr ändern. Wenn er - berechtigterweise - Zeit brauchte, um mir wieder genug Vertrauen für persönliche Gespräche entgegenbringen zu können, war das in Ordnung. "Ich fang lieber gleich ganz von vorne an, wenn wir schon dabei sind..", warnte ich ihn vor ein bisschen weiter auszuholen, während ich meine Hände wieder in Bewegung brachte und dann die letzten paar Verbandsfäden vorsichtig aus der Wunde zog. Die Stichwunde hatte längst wieder ein wenig zu bluten begonnen, also versuchte ich mir mit den folgenden Handgriffen, die ich noch beim Erzählen tätigte, nicht zu viel Zeit zu lassen und sah den jungen Mann dementsprechend die ganze Zeit über nicht direkt an. "Ich bin mit 16 gekidnappt worden, weil mein Vater irgendeinem Kredithai viel Geld geschuldet hat. Deswegen die Sache mit den Fesseln, hat mich ziemlich traumatisiert... jedenfalls kam ich da wieder raus, weil er's bezahlt hat. Trotzdem ist er ein paar Tage später aber... umgebracht worden und die Polizei hat die Arschlöcher nie gefunden. Ich hab mich nach meinem miserablen Schulabschluss in zu viele Clubs mit zu viel Alkohol geschmissen und da hat mich der jüngere der Sorokins aufgegabelt. Er hat mir angeboten den oder die Mörder meines Vaters zu suchen und zu finden, wenn ich ihm dafür ein paar Jahre lang ab und zu mal einen Gefallen tue... ist sicher überflüssig zu erwähnen, dass ich betrunken genug war, dazu auch noch Ja zu sagen und der Sorokin mit seiner Wortwahl die Untertreibung des Jahrhunderts veranschlagt hat. Ich bin mir auch bis heute nicht sicher, ob er die Vereinbarung wirklich eingehalten hat oder mir nur Mist erzählt hat, als er die Schuldigen angeblich gefunden und umgelegt hatte... aber ich hatte auch nicht wirklich viel Zeit mich damit zu beschäftigen. Er hat mich an dem Abend einfach eingesackt und zu einem Haufen anderer attraktiver Frauen in seine Villa gesteckt. Wobei ich da als Edelnutte wohl noch Glück hatte. Einige Bordelle in der Stadt gehören ihnen und da solls noch viel übler sein. Von dem Geld hab ich trotzdem nichts gesehen.", erzählte ich so vor mich hin, während ich die Wunde noch einmal ordentlich säuberte, spülte. Nicht weil ich Iljah ärgern wollte, sondern weil ich nicht erleben wollte, wie sich die Verletzung entzündete und anfing zu wuchern. "Das hab ich ein Jahr machen müssen. Danach wurde ich ausquartiert und sollte mit den Drogen helfen. Hab alles Mögliche vertickt, weil Niemand in der unteren, abschraubbaren Hälfte eines Thermobechers nach Drogen sucht und ich mit meinem Gesicht wohl einfach jedem Polizisten schöne Augen machen kann. Sie machen das mit vielen von den Mädchen, die vorher in der Villa waren... ich könnte dir auf der Straße sofort sagen, wenn ich eine sehe, die dazu gehört. Ist immer das gleiche Schema... der einzige Haken an Frauen ist nur, dass sie sich gegen Männer mehr nur schlecht als recht verteidigen können. Ich hab irgendwann angefangen zur Kundschaft direkt nach Hause zu liefern und das war echt der Horror. Ist regelmäßig Jemand auf mich losgegangen, weil das da ja Niemand sieht. Daher auch die Körperverletzungen und zwei Morde in meiner Akte... ich hab nie mutwillig Jemanden umgebracht. Der eine ist in seinem Rausch mit Sicherheit verblutet, der andere etwas unglücklich auf die Tischkante gefallen..." Ich schweifte ein bisschen ab, aber ich hielt das für gar nicht so schlimm, weil all das Gerede den Schwarzhaarigen vielleicht zumindest etwas davon ablenkte, dass ich weiter an seiner Wunde rumhantierte. Ich griff dann auch tief durchatmend nach Nadel und Faden, sollte der Stich doch dringend mal zugemacht werden, damit sich nicht doch noch Bakterien hinein verirrten. Für eine schöne Narbe konnte ich aber eher nicht garantieren, hatte ich bei sowas bisher doch immer höchstens mal zugeguckt. Ich warf noch einen prüfenden Blick zu Iljah, fing dann aber auch schon an, ohne abzuwarten. Setzte parallel dazu auch erneut zum Reden an. "Wie auch immer. Jedenfalls gab das immer mehr Probleme, also sollte ich einen neuen Job im Kartell einnehmen. Da bin ich dann bei dir im Autohaus gelandet und ziemlich lang hat's gut funktioniert, ihnen nichts zu berichten, weil ich mich so gut es ging möglichst unsichtbar verhalten habe. Wenig Fehler machen, nicht unnötig Konversation suchen... und was danach noch kam, nachdem dieser schräge Amerikaner reinspaziert ist, das weißt du ja.", beendete ich dieses Thema etwas nachdenklich für mich, während ich den einen oder anderen Stich setzte. Damit wären wir jetzt also damit fertig, wie ich in diese Misere reingerutscht war. Fehlte noch der Part ihm etwas über die Sorokins selbst zu erzählen. "Was ihre Drogengeschäfte angeht kann ich dir sicher viel über sie sagen. Sofern sie nicht ihre Lagerorte gewechselt oder irgendwas umstrukturiert haben natürlich. Ist ja schon eine Weile her, dass ich damit zu tun hatte, aber darüber weiß ich ganz gut Bescheid. Die Adresse der Villa kann ich dir auch geben, den Grundriss kenn' ich in- und auswendig... was ihren Prostitutions-Geschäftszweig angeht kann ich dir bestimmt auch so ziemlich alles erzählen, weil Ksenia und Anastasia in einem der Bordelle arbeiten. Ich weiß also, woran man die erkennt, die in ihren Händen sind. Ein bisschen Handel auf dem Schwarzmarkt treiben sie wohl auch, aber darüber weiß ich nichts... hatte ich nie was mit zu tun.", schloss ich mit einem schwachen, kaum sichtbaren Schulterzucken ab und verschloss dann den letzten Nahtstich, besah mir im Anschluss kurz mein Werk. An die geübten Hände eines Arztes kam das sicher nicht ran und einen Schönheitspreis würde Iljah mit der Narbe später in keinem Fall gewinnen, aber es blutete jetzt zumindest nicht mehr. Ich tupfte die letzten, ausgetretenen Blutstropfen sorgfältig und behutsam von seiner Haut. Einen Moment lang musterte ich die Naht, aber es kam kein Blut nach und deshalb griff ich letztlich nach einer der Wundkompressen, um die Stichwunde zusätzlich vor äußeren Umwelteinflüssen zu schützen. Zumindest zu Anfang war das sicher ratsam. Gerade wenn er sich schlafen legte und dadurch unter Umständen Irgendwas die Wunde berührte. "Aber dir wirklich alles zu erzählen dauert sicher eine halbe Ewigkeit und ich bin... echt erledigt. Wenn es dir Nichts ausmacht, dann würd' ich das also gerne auf morgen verschieben.", murmelte ich dann noch zu ihm hin und seufzte leise, bevor ich mir die blutverschmierten Handschuhe auszog. Wenn er unbedingt jetzt darüber reden wollte, konnten wir das natürlich auch, aber dann würde ich eher nicht dafür garantieren, dass ich nicht alle paar Minuten mal in einen Sekundenschlaf fiel. Das akribische Zusammennähen seiner Haut hatte mich gerade so ziemlich den letzten Funken an Konzentration und Kraft gekostet, das letzte bisschen Adrenalin schwand langsam wieder aus meinem Blutkreislauf und dementsprechend kaputt sah ich Iljah jetzt eben auch an.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Na umso besser. Zugegebenermaßen hatte ich zwar nicht mit einer derartigen Reaktion seitens der Schwarzhaarigen gerechnet, aber auch in dem Punkt würde ich mich kaum beschweren. Es einfach hinnehmen, dass Irina mich vermeintlich vollkommen freiwillig mit all den Informationen füttern wollte, nach denen es mich im Augenblick gelüstete. Also nickte ich der Serbin nur knapp zu und bedeutete ihr damit, dass sie ruhig mit den Erzählungen anfangen konnte, wenn sie denn wirklich ernsthaftes Interesse daran hatte, mich schon jetzt an ihrem Wissen teilhaben zu lassen. Ich blieb zwar weiterhin skeptisch, war mir doch immer noch ein wenig schleierhaft, warum sie ganz plötzlich mit der vollumfänglichen Wahrheit über ihre Vergangenheit mit den Sorokins herausrücken sollte, aber das änderte rein gar nichts daran, dass ich ihr im Folgenden besonders aufmerksam zuhörte. Vielleicht tat ich das aber auch nur, um mich effektiver von den Schmerzen abzulenken, die kontinuierlich zunahmen, je länger Irina an meiner Stichverletzung zugange war, aber faktisch gesehen waren die Hintergründe ja auch vollkommen egal. Ich schenkte ihr vorerst stillschweigend mein Gehör, ließ ab und an nur ein leises Zischen meine Lippen passieren und nahm das, was sie mir bezüglich ihres Vaters und der daraus über etliche Umwege resultierenden Beziehung zu den Sorokins auftischte kommentarlos hin. Sah manchmal vielleicht etwas irritiert in ihre Richtung, wenn mir nicht ganz klar war, worauf sie mit einer Aussage konkret hinaus wollte. Meist wurde die unausgesprochene Frage in meinem Kopf dann aber mit Irinas darauffolgenden Satz dann auch schon beantwortet und so mimte ich für eine kleine Weile den stillen Zuhörer, bis die Säuberung meiner Wunde letztlich abgeschlossen war und die junge Frau zu Nadel und Faden griff. Ganz Geheuer war es mir immer noch nicht, ihr den Verbandskasten anvertraut zu haben, aber einen Rückzieher zu machen kam überhaupt nicht in Frage. Es war schon sinnvoll, die Stichwunde zu nähen, weil ich sonst all Ritt den blöden Verband hätte wechseln müssen und die Verletzung somit kaum Fortschritte bei der Heilung verzeichnen würde. Sich gegebenenfalls sogar entzündete bei dem Glück, das ich in meinem Leben aktuell zu haben schien. Also ließ ich auch die Nadelstiche noch über mich ergehen, wobei ich dabei doch tatsächlich ein paar Mal leise die WorteVerdammt nochmal oder Scheiße vor mich hin fluchte. Schmerzmittel hatte ich bis jetzt nämlich noch keine eingenommen und es war wohl einzig und allein das noch immer durch meine Blutbahnen rauschende Adrenalin, welches mich noch derart wach hielt und nicht vor Erschöpfung in die temporäre Bewusstlosigkeit schickte. Natürlich nahm es mir auch in gewisser Weise einen Teil des Schmerzempfindens, aber das Ziepen, welches die kleine Nadel rund um die Einstichstelle hinterließ, war dennoch spürbar. Insgesamt zogen sicher zwanzig bis dreißig Minuten ins Land, bis das ganze Prozedere endlich abgeschlossen war und ich erleichtert aufatmen konnte. Bis hierhin hatte ich mich bezüglich all der Offenbarungen noch nicht geäußert, sondern mir etwaige Rückfragen und Antworten für den Zeitpunkt aufgespart, an dem mein Kopf sich keine akuten Sorgen mehr darum machte, wie mit dem hohen Blutverlust des Körpers zu verfahren ist. Inzwischen war die Wunde aber gut verpackt und ich ging erst einmal nicht davon aus, dass es mich heute Nacht doch noch ganz plötzlich an einer akuten Sepsis dahinraffen würde. Soweit ich das beurteilen konnte, hatte Irina kein Schindluder getrieben und sich sorgfältig um ihr Werk gekümmert. Somit lockerte sich die zur Faust geballte Hand, welches das Shirt umklammerte, ein wenig und auch meine Atmung normalisierte sich wieder, nachdem ich die letzten Minuten doch nur ein paar sauerstoffarme Atemzüge getätigt hatte. Als ich mich dann soweit wieder sortiert hatte, setzte ich schließlich dazu an, mich zu der ganzen Geschichte erstmals zu äußern, wobei ich vielleicht noch eine weitere Minute brauchte, um mir entsprechende Worte dafür zurechtzulegen. Am Ende war aber ein "Ich weiß ehrlich gesagt nicht, was ich dazu sagen soll." alles, was ich Irina vorerst als Antwort geben konnte, weil mich ihre Erzählung tatsächlich etwas sprachlos gemacht hatte. Ich wusste zwar nicht, ob sie log und wenn ja, an welcher Stelle sie mir etwas vormachte, um bei mir wieder besser dazustehen, aber einen Großteil wollte ich ihr ehrlich gesagt doch glauben. Konnte mir einfach nicht vorstellen, dass ausnahmslos alles einer blühenden Fantasie entsprungen sein sollte, weil eben das Eine oft zum Anderen passte. Die Angst vor gefesselten Händen beispielsweise. Ja, auch das konnte natürlich an den Haaren herbeigezogen sein, aber wenn ich alles nach Schema F deklarieren würde, dürfte ich mich wohl gar nicht mehr mit Irina unterhalten, weil ich förmlich ihre gesamte Existenz in Frage stellte und das... wollte ich ja eigentlich gar nicht. Ich wollte ihr gerne glauben und ihr auch vertrauen, nur fiel mir das in diesem Moment nach einem Verrat dieser Art wirklich schwer. Ich seufzte also leise, zuckte dann ein wenig nachdenklich mit den Schultern und zog dann mit der auf dem Tisch liegenden Hand den Verbandskasten zu mir rüber. Suchte darin nach Schmerztabletten, die Niko dort eventuell versteckt hatte und wurde nach einem Sekundenbruchteil der Kramerei auch fündig. Ich bat Irina mit einem Nicken in Richtung des kleinen Kühlschranks, mir eine der Wasserflaschen zu reichen, weil sich Tabletten ansonsten wirklich beschissen schlucken ließen. In der Zeit, in der sich die zierliche junge Frau von mir abwandte, redete ich aber weiter. "Ich komm auf den Rest der Geschichte in jedem Fall noch einmal zurück...", kommentierte ich ihre Bitte, das detailliertere Gespräch zu vertagen, weil ich fürs Erste tatsächlich genug gehört hatte. Der Rest mir später sicherlich ausreichen würde, wo ich aktuell doch sowieso nicht wusste, was ich zu all den abscheulichen Taten der Sorokins sagen sollte. Eins war jedoch sicher: Ich kam noch immer nicht darauf, wo und unter welchen Umständen die Brüder und ich schon einmal aneinandergeraten waren. Mit Prostitution hatte ich nicht viel am Hut, irgendwelche Kopfgeldgeschichten wären mir auch neu und das Business mit den Drogen hatte ich schon vor langer, langer Zeit, als ich noch ein Teenager war, an den Nagel gehängt. Ich wurde also nicht wirklich schlauer aus den Informationen, was mich ehrlich gesagt ärgerte. Ich hasste es, wenn mir etwas bekannt vorkam, ich es aber partout nicht richtig zuordnen konnte... Aber na ja, ich würde schon noch drauf kommen. Eine Frage stellte sich mir dann aber doch noch, die ich Irina definitiv stellen musste. "Aber... was ist dann passiert? Ich meine... das, was ich dir angetan habe... wieso hast du dich scheinbar doch für mich entschieden?", fragte ich und unterbrach mehrmals etwas verwirrt den Satz, weil mir einfach nicht einleuchten wollte, was der ausschlaggebende Punkt für sie gewesen war, zu sagen, dass sie gerne für meine Seite kämpfen wollte. Nur um den Sorokins eins auszuwischen? Möglich wäre es, aber damit begab sich Irina gleich doppelt in Gefahr. Entweder ich brachte sie früher oder später noch um, oder aber die Brüder taten es.
# Is it all a tragedy? Are we flashes in a rut going in and out of luck? Maybe. #
Ich hatte Iljah bis jetzt wohl nur selten bis eher nie sprachlos gesehen. Heute hingegen schien ich das gleich zweimal erfolgreich hingekriegt zu haben und das war eine Glanzleistung, auf die ich ganz bestimmt nicht stolz war. Die Dinge waren sowohl dank meiner Naivität und chronischen Unentschlossenheit, als auch wegen all der ungewollt aufgekommenen Gefühle jetzt aber nun einmal so, wie sie waren und damit mussten wir zwangsläufig beide umgehen. Dass er damit - und auch mit der ganzen Vorgeschichte dazu - in etwa genauso überfordert war, wie ich selbst eben auch, war kaum überraschend. Versuchte sicher nicht alle Tage eine Frau ihm ein Messer in die Brust zu rammen, welcher er vorher noch gesagt hatte, dass er sie vermisst hatte. Der er einen riesen Gefallen damit getan hatte, sich ihr immer und immer wieder anzupassen. Ich hatte all das zu einem Haufen zusammengekehrt und dann fröhlich darauf rumgetreten, nur weil ich Angst davor hatte, ihm stattdessen einfach die Wahrheit zu sagen. Immerhin hatte der junge Mann die Wundversorgung inzwischen aber überstanden und ich folgte seinem Nicken mit meinem Blick, ehe ich selbst ebenfalls leicht nickte und mich der nächsten Aufgabe zuwendete. Ich hatte Iljah dabei zugesehen, wie er die Schmerzmittel herausgekramt hatte und war selbstredend dazu bereit, ihm auch was das anging noch zu helfen und etwas zu Trinken zu organisieren. Kaum hatte ich die Kühlschranktür aufgezogen schweifte mein Blick jedoch erst einen kurzen Augenblick lang über den Inhalt, weil ich einfach sehen wollte was sonst noch so da war, wenn auch eher für den morgigen Tag, weil mir gerade wirklich nicht nach Essen zu Mute war. Das beanspruchte aber allerhöchstens drei Sekunden voll flüchtigem Überfliegen mit den Augen, dann griff ich nach einer der Wasserflaschen in der Tür und schloss den Kühlapparat wieder, um zurück zu dem Schwarzhaarigen zu gehen. Schon auf dem kurzen Rückweg begann ich ihm die Flasche auszuschrauben, ehe ich sie ihm überreichte und den Verschluss unweit von ihm auf dem kleinen Tisch ablegte. Ich hatte diesen zusätzlichen Handgriff einfach in der stillen Hoffnung gemacht, ihm dadurch eine Bewegung mit dem zweiten Arm zu ersparen, der nun mal zwangsläufig an der verletzten Brust hing. Bisher wirkte schließlich noch keine Pille in seinem Körper schmerzlindernd, da hielt ich das nur für angebracht. Froh darüber, dass er zumindest das sehr ausführliche Gespräch über die Brüder ebenfalls vertagen wollte, atmete ich schließlich doch einmal etwas erleichtert aus. Die Wunde war versorgt, würde hoffentlich bis auf Schmerzen keinerlei Probleme mehr machen, wir waren hier auf den ersten und auch zweiten Blick ziemlich sicher, ich würde mich heute nicht mehr durch ein endlos langes Gespräch über die Sorokins quälen müssen. Hätte Iljah darauf bestanden hätte ich das natürlich schon gemacht, aber es war alles in allem mit großer Sicherheit sinnvoller, wenn wir beide dafür etwas ausgeruhter und mehr Herr unserer Sinne waren. Meine schrien aktuell nämlich ausschließlich nach Schlaf, war ich doch einfach nur noch hundemüde und fertig mit sämtlichen meiner eigentlich ohnehin nicht vorhandenen Nerven. Eine Frage gab es dann aber doch, die der attraktive Russe noch heute beantwortet haben wollte und die mich nochmal etwas wacher werden ließ. Eine ganz besonders schwere dazu, weil ich mir selber auch nicht zu einhundert Prozent sicher damit war, was nun der größte, ausschlaggebende Punkt gewesen war. Ich wendete den Blick wie so oft auf den Boden ab, während ich anfing darüber nachzudenken, was ich dazu jetzt sagen sollte. Ließ mich schließlich nach ein paar Sekunden während meiner Gedankengänge auf den zweiten Stuhl auf der anderen Seite des Tisches sinken, heftete die Augen zwischen meinen Unterarmen auf die Tischplatte und fing unterbewusst damit an, etwas mit dem Fingern herumzunesteln. Was hätte ich denn davon, wenn ich mich stattdessen für die Sorokins entschieden und ihn ausgeliefert hätte? Vielleicht bekäme ich mit Glück irgendeinen neuen Posten, der weder mit Drogenjunkies, noch mit Vergewaltigung verknüpft war, aber gehen lassen würden sie mich niemals. Es durfte ihnen auch sonst keiner den Rücken kehren, meine Freiheit konnte ich mir mit Iljahs Tod also keineswegs erkaufen. Es wäre es nicht einmal ein kleines bisschen Wert, meine Seele mit dieser Aktion endgültig an den Teufel zu verkaufen und mich dafür den Rest meines Lebens lang in Selbsthass zu wiegen. Ich könnte mir das niemals verzeihen. Da würde auch mehr Geld und ein oberflächlich betrachtet vielleicht minimal besseres Leben nicht helfen. Es würde mir dreckig damit gehen und das für immer. Ich hatte mich ja selbst nach den ungewollten Morden an den Junkies wie ein Stück Scheiße gefühlt, das zu atmen gar nicht verdient hatte, obwohl diesen wandelnden Toten ganz bestimmt keiner nachtrauerte. Wie würde es mir da erst gehen, wenn ich einen Mann dem Tod auslieferte, der mir inzwischen viel bedeutete? Vermutlich war ich dann die nächste, die dem Messer in meiner Hand zum Opfer fiel, weil ich es einfach nicht ertrug. Ich hatte mir die ganze Zeit über unruhig auf der Unterlippe herumgebissen, zwischenzeitlich dann auf meine Finger gesehen, hob schließlich langsam wieder den Blick in Iljahs an. "Weil ich nicht glaube, dass du... wirklich ein schlechter Mensch bist. Natürlich hast du mir damit weh getan. Das Vertrauen gebrochen, das du dir vorher ziemlich mühsam gesammelt hast... trotzdem ist das kein Vergleich zu der ganzen Scheiße, die ich in den letzten Jahren durchgemacht habe und das würde niemals aufhören. Mag schon sein, dass du ziemlich kaputt bis... aber das bin ich sehr offensichtlich auch. Das, was du getan hast... ich glaube nicht, dass das wirklich du bist, Iljah. Das... hast du mir gestern gezeigt.", murmelte ich etwas wirr vor mich hin, zuckte mit den schmalen Schultern und sah wieder auf meine Finger runter. Ich hatte keinen Schimmer was es war, das er in seiner Psyche gerne damit betäuben wollte, andere Menschen - mich in diesem einen Fall - gewaltsam zu unterdrücken, aber es passte einfach nicht wirklich zu dem Rest, den ich von ihm kannte. Es hatte also mit Sicherheit irgendeinen tiefergehenden Grund, warum er sowas tat. Dafür musste ich nicht Psychologie studieren. "Ich hab mich mit dir endlich mal nicht mehr... unsichtbar gefühlt. So viel lebendiger als sonst. Es wäre schlauer von mir alles, was zwischen uns war, einfach wegzuwerfen, weil ich gar nicht weiß, ob du mich überhaupt weiter atmen lässt, nachdem ich dir alles gesagt habe, was du wissen willst... aber ich will dich nicht loslassen, Iljah.", hängte ich noch ein paar Worte an, wobei ich immer leiser wurde und der allerletzte Abschnitt nur mehr gehaucht war. War dann jetzt überflüssig zusätzlich in Worte zu fassen, dass ich mich auf absolut schräge Art und Weise in ihn verliebt hatte, oder? Ich denke schon. Vermutlich wäre ein Kopfschuss nach wie vor der leichteste Weg für mich, nur schien leicht grundsätzlich nie auf meiner Agenda zustehen.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Irina tat mir auch den für heute vorerst letzten Gefallen ohne zu murren und organisierte mir eine Flasche Wasser aus dem Kühlschrank. Ich nickte ihr mit einem unauffälligen Zucken der Mundwinkel dankbar zu, ehe ich das geöffnete Behältnis noch etwas an mich heranzog. Mir die Tablette zwischen die Lippen klemmte und mit einem Schluck vom kühlen Nass dann auch runterspülte. Um den Arm der verletzten Körperhälfte nicht unnötig zu belasten, verschloss ich die Flasche im Anschluss einhändig wieder und schob sie dann etwas zur Seite, damit sie bei einer unbedachten Bewegung nicht plötzlich vom Tisch rauschte. Wenig später ließ sich die Schwarzhaarige mir gegenüber auf den freien Stuhl fallen, um über eine Antwort auf meine Frage nachzudenken. Ich beobachtete sie dabei mit einem müden Blick, den ich sofort abwandte, als sie ihre Augen auf die Höhe der meinen anhob. Ich wollte sie gerade einfach nicht ansehen. Hatte zu große Angst, dass dann diese eigentlich mehr als nur berechtigte Wut auf sie sich dann einfach in Luft auflöste, fiel es mir doch trotz allem schon jetzt unglaublich schwer, sie auf Abstand zu halten. Dabei wäre das, wie Irina ebenfalls ganz treffend formuliert hatte, eigentlich gesündeste für uns beide. Eigentlich sollten wir uns abgrundtief und bis auf den Tod hassen, hatte der eine dem jeweils anderen wirklich Abscheuliches angetan. Nur irgendwie... wollten da scheinbar unserer beider Herzen nicht mitspielen. Anders konnte ich mir zumindest nicht erklären, warum ich nach wie vor das dringende Bedürfnis verspürte, mich einfach mit Irina unter eine Decke zu flüchten und sie in meinen Armen einschlafen zu lassen, als wäre nie etwas gewesen. Mich Irina nicht ernsthaft umgebracht hatte und jetzt stattdessen an meinen Fersen klebte, um sicherzustellen, dass es mir gut ging und ich nicht von den Sorokins aufgelesen wurde. Ich versuchte wirklich, mir einfach einzureden, dass sie eine miese Verräterin war, die meiner Aufmerksamkeit überhaupt nicht würdig war, aber realistisch gesehen war das vollkommender Quatsch. Ich würde zwar nicht sagen, dass ich ihr ausnahmslos alles abkaufte, was sie mir gerade erzählt hatte, aber alleine die Tatsache, dass ich ihr glauben wollte, nachdem sie mir schon einmal das Messer in die Brust gerammt hatte... das war schon ausreichend ungesund genug. Jeder Psychologe und Verhaltensforscher wäre an unserem Fall wohl jämmerlich zu Grunde gegangen, aber was sollte ich schon groß dazu sagen? Beeinflussen konnte ich das Alles hier nur bedingt und wenn es mir doch richtig erschien, warum dann nicht einfach lachend in die Kreissäge laufen? Ob ich heute durch Irinas Hand starb oder morgen über die Reling kippte und im eiskalten Wasser absaufen würde - Risiken barg das Leben wohl eine ganze Menge und es oblag einem jedem selbst, sich mehr oder weniger auszusuchen, auf welche Art und Weise er letztlich ins Gras beißen würde. Von tödlichen Krankheiten wie Krebs oder dergleichen natürlich mal ganz abgesehen. Den Mist wünschte sich wohl niemand freiwillig, aber ich schweifte ab. Die Schwarzhaarige glaubte also ebenfalls an das Gute in mir, so wie ich an das Gute in ihr glaubte und wollte nicht einsehen, dass der Iljah, der sie vor nicht allzu langer Zeit vergewaltigt hatte, der gleiche Iljah war, der ihr jetzt den Umständen entsprechend handzahm gegenübersaß? Ich wünschte wirklich, ich könnte sie in dem Punkt bestätigen, aber so sicher war ich mir da leider gar nicht. "Dann sind wir jetzt wohl... quitt.", stellte ich eingangs ein wenig nachdenklich fest, als ich den Blick kurzzeitig in den von Irina legte. Meinte damit, dass wir dem jeweils anderen jetzt in etwa gleich viel Leid zugefügt hatten, wobei ich die psychischen Auswirkungen meines Übergriffs auf die junge Frau natürlich deutlich gravierender einschätzte. Die Stichverletzung würde irgendwann einfach abheilen und maximal eine Narbe als Andenken an den Angriff hinterlassen, während die Erniedrigung und die Unterdrückung der Schwarzhaarigen vermutlich noch etwas länger tief in ihren Knochen sitzen würde. Sich das Gefühl des benutzt worden seins nicht so einfach abschütteln ließ, wie man sich das ausmalte, aber etwas daran ändern konnten wir beide jetzt wohl nicht mehr. Mussten uns irgendwie mit der aktuellen Situation arrangieren und im Grunde genommen war das ganz leicht. Scheinbar konnten wir irgendwie nicht mehr ohne, uns somit also einfach vertragen, uns ins Bett legen und hinter den beiden absolut skurrilen Vorfällen einen Haken setzen. Nur leider war das "Das weiß ich noch nicht." in Hinsicht auf die mögliche Enthauptung der jungen Frau nach dem abgeschlossenen Informationsaustausch schneller über meine Lippen gekommen, als ich darüber hätte nachdenken können und als ich realisierte, was ich da gerade gesagt hatte, hielt ich einen Moment lang inne. Starrte wortlos gegen die dunkelblaue Containerwand, nur um schließlich mit einem Seufzen vom Stuhl aufzustehen. "Sorry, das... war nicht so gemeint.", entschuldigte ich mich murmelnd und rieb mir mit der Hand des gesunden Arms über das müde und sichtlich erschöpfte Gesicht. Eigentlich hätte ich Irina gerne beruhigt und meine Aussage konkreter revidiert. Ihr versichert, dass sie keine Angst haben brauchte und ich ihr bei Gott nichts tun wollte, weil sie mir inzwischen auch einfach echt wichtig geworden war, aber an dem Punkt schritt mein Stolz ein, der mich dazu ermahnte, sie ruhig noch ein wenig zappeln zu lassen. Sie hatte mich schließlich auch schon oft genug abgewiesen, ihre komische Laune an mir ausgelassen, jetzt durfte auch ich ihr mal die kalte Schulter zeigen, indem ich die mehr oder weniger schlechte oder zumindest recht angespannte Stimmung im Raum stehen ließ, ohne näher darauf einzugehen. Das und die Tatsache, dass ich erst einmal nichts erwiderte, was ihren Worten ähnelte, obwohl ich durchaus genau so fühlte, sollten vorerst hoffentlich ausreichen, damit sie sich weiter mit ihrem hoffentlich schlechten Gewissen auseinandersetzen musste, während ich mich müden Schrittes in Richtung der Europaletten schleppte. Vom Kopf her war ich zwar noch immer kein bisschen müde, aber das Adrenalin klang allmählich ab und sobald die Wirkung der Schmerzmittel einsetzen würde, raffte es mich vom körperlichen Erschöpfungsgrad wohl ohnehin ins Land der Träume. Da war es mir lieber, wenn ich direkt auf einem halbwegs brauchbaren Untergrund schlief, anstatt kurz nach dem Einschlafen vom Stuhl auf den harten Boden zu krachen.
# Is it all a tragedy? Are we flashes in a rut going in and out of luck? Maybe. #