Es war eher weniger überraschend, dass der Tätowierte nur bedingt sanft mit mir umging. Zwar wäre es für mich und mein davonrennendes Herz sicher entspannter gewesen, wenn wir beide es insgesamt ziemlich ruhig angegangen wären, aber dass das eher nicht passieren würde, war mir doch schon vorher recht klar gewesen. Erstens hatte ich den jungen Mann nun schon eine halbe Ewigkeit lang auf das hier warten lassen und auch unabhängig davon, ob er sich in der Zwischenzeit nun mit anderen Frauen vergnügt hatte oder nicht - was ich so gar nicht einschätzen konnte -, vermutete man bei einem Kerl wie ihm auch schon von vornherein eher weniger, dass er einer von der ganz zärtlichen, soften Sorte war. Ich meine, es war Iljah. Ein Mann, der zwar vielleicht nicht grundlegend immer so aussah, als würde er grundlos Schläge verteilen, aber er hatte einfach einen recht stechenden Blick und noch dazu auch außerhalb seines Schlafzimmers eine eher dominante Art an sich. Da wäre es wohl schon ziemlich grotesk, wenn er hier plötzlich aus eigenen Stücken einen Kuschelkurs anschlagen würde. Stattdessen griff er ziemlich fest nach meinem Fußgelenk, um sich den Platz zu verschaffen, der heute ganz ihm gehörte. Mein Herz machte trotzdem einen kleinen Sprung, wobei sich das aber nicht nur dem kleinen Schreck meines umschlungenen Knöchels zuschreiben ließ, sondern gleichzeitig der stillen Vorfreude entsprang. Denn auch, wenn es mir gleichermaßen etwas Respekt einflößte, mochte ich wie er mich ansah, mich mit seinen Augen förmlich an Ort und Stelle hielt, während er mir mit diesem etwas zu perfekten Körper immer näher kam. Sich schließlich über mir wiederfand und sich die Finger meiner rechten Hand schon nach seinem Hals ausstreckten, noch bevor seine Lippen auf meine trafen. Ich strich über das seitliche Tattoo hinauf in seinen Nacken, wo ich weitere Spuren mit den Fingerspitzen an seinem unteren Haaransatz zog. Die Finger meiner linken Hand legten sich an seinem Rücken aufs Schulterblatt, während ich den Kuss leidenschaftlich erwiderte. Der Schwarzhaarige verharrte jedoch nicht lange in dieser Position, sondern trat den Weg nach unten an und mir blieben die Lippen offen stehen, als sich die nächste Gänsehaut auf meiner Haut ausbreitete. Mein Körper war nur allzu empfänglich für die zärtlich bis provokanten Berührungen an meiner Oberweite. Ich reckte ihm meinen Oberkörper dabei vollkommen unterbewusst etwas entgegen und auch, wenn meine Brust nicht übermäßig viel Aufmerksamkeit bekam, entlockte mir der Tätowierte damit schon das erste zufriedene Seufzen, das über die offenstehenden Lippen leicht seinen Weg nach draußen fand. Meine linke Hand war bereits zurück aufs Laken gesunken, während sich die Finger der anderen Hand doch kurzzeitig leicht in seinen Nacken krallten, ehe Iljah zielstrebig noch weiter mit seinen Lippen nach unten wanderte. Dabei löste sich dann auch meine zweite Hand vorerst von seinem Körper und ich biss mir doch etwas nervös auf die Unterlippe, als er so gut wie am Ziel war. Zögerte aber dennoch nicht wirklich damit meine Beine über seine Schultern zu legen, als er mich dazu aufforderte. Die Position war schließlich auch für mich bequem und es breitete sich sofort ein förmlich elektrisierendes Kribbeln auf der dünnen Haut an der Innenseite meiner Oberschenkel aus, als der junge Mann meinen Körper dort mit seinen Lippen berührte. Von da an sollte es nur noch ein paar Sekunden dauern, bis sich seine Zunge zu meiner Körpermitte absenkte und das war der Moment, in dem sich mein Blick erstmalig seit einer Weile wieder aus seinem löste und Richtung Decke wanderte, weil ich den Kopf in den Nacken sinken ließ. Meine Oberschenkel zuckten einmal, wenn auch nur kaum sichtbar und meine linke Hand vergrub sich etwas mehr in der Bettdecke. Es war mit Sicherheit meiner langen Abstinenz zuzuschreiben, dass ich - auf positive Weise - derart stark auf seine Zunge reagierte. Denn auch, wenn die Menschheit wirklich sehr kreativ damit war immer mehr Sexspielzeug zu erfinden, kam für mich kaum etwas davon nur ansatzweise an die geschickt eingesetzte Zunge eines Mannes heran. Erst recht nicht, wenn es sich dabei um einen so attraktiven Kerl wie Iljah handelte, dem für meinen Geschmack nicht allzu viele das Wasser reichen konnten. Deshalb ließ das erste, wenn auch noch leise Stöhnen kaum mehr lange auf sich warten, als er damit angefangen hatte sich meinem Kitzler zu widmen. Die Augen fielen mir schon bald zu und ich schob ihm mein Becken instinktiv ein wenig entgegen, während mir die erregten Laute in immer kürzer werdenden Abständen über die Lippen kamen. Es fiel mir sekündlich weniger schwer mich einfach fallen zu lassen, je länger der Schwarzhaarige mich darin bestätigte, dass es nicht so verkehrt gewesen war ihm mein Vertrauen zu schenken. Zumindest bis jetzt enttäuschte er mich - mal ungeachtet der nicht ganz passenden Aussage auf dem Hinweg - nicht und als er dann auch noch seine Finger mit ins Spiel brachte, hatte er mich recht deutlich hörbar in der Tasche. Wie konnte sich etwas, das moralisch im Grunde ziemlich falsch war, eigentlich so gut anfühlen? Es war besser so, dass Iljah mir gar nicht erst Zeit dafür ließ, um darüber nachzudenken, sondern mir stattdessen nun auch das eine oder andere etwas lautere Stöhnen entlockte. Während sich meine linke Hand immer fester ins Laken krallte und ich auch den Rücken mehr durchbog, streckte ich die Finger meiner rechten Hand langsam über die Bettdecke hinweg nach seinem unbeschäftigten Arm aus, weil es das einzige von ihm war, das sich für mich in angenehmer Reichweite befand. Erst legten sich meine zierlichen Finger dort nur um eine schmalere Stelle seines Unterarms, aber je länger er das Vorspiel fortführte, desto fester griff ich zu. Als ich merkte, wie sich meine Muskeln sowohl im Beckenbereich, als auch in den jetzt doch vermehrt zuckenden Oberschenkeln anspannten, bekam der Tätowierte auch am Unterarm meine Fingernägel zu spüren und parallel dazu hauchte ich ein dünnes "Iljah..." zu ihm runter. Er dürfte zwar selbst schon längst gemerkt haben, dass es hier und heute kaum viel brauchte, um mich einen Gang höher schalten zu lassen, aber sein Name fungierte an diesem Punkt quasi als letzte Warnung - wenn er mir jetzt noch keinen Höhepunkt gewähren, ihn sich aufheben wollte, dann sollte er jetzt schleunigst den Rückzug antreten. Ich selbst würde wohl kaum Nein dazu sagen, wenn er es doch weiter darauf anlegte, aber ich würde mich davor hüten ihm was das anging Vorschriften machen zu wollen. Dazu hatten sich seine Worte zu Beginn doch eindeutig zu stark in meinem Schädel eingeprägt, also überließ ich ihm die Zügel.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Man wollte meinen, dass bei so einer attraktiven jungen Frau die Männer förmlich Schlange standen und sie sich jeden Tag aufs Neue mit einem anderen Kerl durch die Laken wälzte, um auf der Arbeit einen durchweg entspannten, kompetenten und allgemein einfach ausgeglichenen Eindruck zu machen. Vielleicht mochte ein Teil der Annahme auch stimmen und Irina hatte eine Hand voll Verehrer - spontan fiel mir da ihr komischer Freund ein, den ich in der Bar mit Worten hatte zurechtstutzen müssen, weil er sich mir und auch den anderen gegenüber einfach deutlich zu frech verhalten hatte -, aber der teils wirklich heftigen Reaktion auf mein Zungenspiel nach zu urteilen, schien das letzte Mal auch bei der Serbin eine Weile zurückzuliegen, was die Sache für mich gleich doppelt und dreifach interessant machte. Das eröffnete mir Möglichkeiten, an die ich bis eben nur flüchtig gedacht hatte, was mich durchweg zufrieden in mein Handeln hineingrinsen ließ. Währenddessen lauschte ich den von Lust erfüllten Lauten der jungen Frau, die mich nur noch mehr anspornten, sie einfach gezielt in Richtung ihres ersten Höhepunktes des Abends zu tragen. Von dem war sie offenbar nämlich nicht mehr allzu weit entfernt und auch wenn mein Vorhaben ein gewisses Risiko barg, dass sie mich gleich wieder von sich stoßen wollen würde, weil sie fertig war - was in meinem aktuellen Rausch so oder so nicht passieren würde, bis ich dem Ganzen ein Ende setzte -, legte ich es förmlich darauf an, dass sie schon einmal von den Wellen der Lust mitgerissen wurde. Lag ich richtig mit der Vermutung, dass Irinas Sexleben auch eine Zeit lang stillgestanden hatte, dann dürfte einer darauf aufbauenden Fortsetzung mit dem geplanten Hauptakt eigentlich nichts im Wege stehen. Ich genoss also weiterhin einfach das hörbar erregte Seufzen und Stöhnen der Schwarzhaarigen, nahm auch ihren verzweifelten Versuch, mich davon abzubringen, einfach weiter zu machen, zur Kenntnis, ignorierte diesen aber geflissentlich und fing stattdessen an, ihren Kitzler behutsam mit den Zähnen zu bearbeiten, Unterdruck aufzubauen, indem ich an ihm saugte, während mein Handeln fortwährend von den sich teilweise immer schneller bewegenden Fingern begleitet wurde. Weil Irinas Körper bereits nach einigen Minuten sinnbildlich die weiße Flagge zu hissen begonnen hatte, brauchte es bis über die erste Ziellinie dann auch gar nicht mehr lange. Gemeinerweise ließ ich jedoch nach einigen Sekunden, nachdem ich den Orgasmus mehr oder weniger eingeleitet hatte, von ihr ab, grinste dabei hämisch. Normalerweise war ich ein sehr gewissenhafter Mensch, der seine Arbeit ordentlich und vor allem bis zum Ende erledigte, aber Frauen in diesem Stadium zurückzulassen reizte mich einfach viel zu sehr, als dass ich Irina jetzt den Gefallen tun konnte, das Gefühl des Sinne raubenden Höhepunktes vollumfänglich auszukosten. Dafür sehnte ich mich einfach schon wieder viel zu lange nach diesem Blick, der mir mit einer Mischung aus Verzweiflung und unvollkommener Freude eine angenehme Gänsehaut bescherte, die sich von meinem Schwanz ausgehend über meinen ganzen Körper erstreckte. Ich selbst wurde nach nur wenigen Augenblicken ziemlich unruhig und teilweise aggressiv, wenn mich eine Frau derart auf die Folter spannte, aber das war bis jetzt glücklicherweise auch nur sehr, sehr selten vorgekommen. Und das lag mindestens mal an die fünf Jahre zurück. Damals, als ich noch jung und experimentierfreudig war. Das Zepter beim Sex gerne auch mal abgegeben und mich damit quasi bereitwillig auf die Folterbank begeben hatte. Inzwischen hatte ich meinen Platz in der Welt - der Frauenwelt vor allem - gefunden und so schnell spielte man keine dummen Spielchen mehr mit mir. Jedenfalls begab ich mich dann recht bald wieder auf Höhe von Irinas Gesicht, nachdem ich mich von ihrer viel zu gereizten Körpermitte distanziert hatte, wobei ich dieses Mal einseitig auf dem Unterarm gestützt liegen blieb und ihr deshalb schon deutlich näher war, als noch vorhin, wo ich meine ausgestreckten Arme rechts und links neben ihm Kopf platziert hatte. Während die Haut unserer beider Oberkörper aufeinandertrafen, strich die freie Hand mit beinahe hauchzarten Berührungen über die andere Seite ihres nackten Körpers, hielten bei ihrer Brust kurz inne, um diese etwa fünfzehn Sekunden lang zu massieren, ehe sie weiter zu ihrem Hals hinauf wanderte, dort schließlich zum erliegen kam und ich mich mit meinen Lippen wieder ihrem Ohr näherte. "Ich werd' jetzt aufstehen und mir diese beschissene Boxershorts ausziehen. Wehe, du fasst dich an.", raunte ich ihr mit gewohnt rauer Stimme zuerst eine Feststellung und direkt danach eine unmissverständliche Drohung ins Ohr. Es folgte noch ein flüchtiger Kuss auf die dünne Haut unter ihrem Ohrläppchen, bevor ich die junge Frau kurzzeitig alleine auf der Matratze zurück ließ, um mir die lästige Shorts von den Beinen zu streifen. Dabei behielt ich Irina die ganze Zeit über sehr akribisch im Blick, weil ich schlichtweg nicht wollte, dass sie mein angefangenes Werk einfach zu Ende brachte, indem sie sich selbst berührte. Die wenigen letzten Meter einfach alleine zurücklegte, ohne mich. Und auch wenn ich mir ziemlich sicher war, dass Worte alleine vollkommen ausreichend gewesen wären, um sie auch im Verlauf unserer Spielchen genau davon abzuhalten, sammelte ich auf dem Weg zurück ins Bett ihr Oberteil vom Boden auf. Es war wirklich schön, stand ihr gut, aber es würde sicher niemanden auffallen, wenn sie es in der Zukunft nicht mehr tragen würde, weil ich die langen Ärmel kurzerhand zum Fixieren ihrer Handgelenke nutzen würde, damit sie nachfolgend auch wirklich keine Chance mehr hatte, ohne mich überhaupt noch den Weg ins Ziel zu finden. Dass der Stoff dabei ausleiern und damit künftig untragbar sein würde, war mir bewusst und vollkommen egal. Ich bezog wieder meinen Posten zwischen Irinas Beinen, die zu zucken noch nicht aufgehört hatten, um mich wie bereits zu Anfang über sie zu beugen. Dieses Mal stützte ich mich allerdings nicht auf den Armen ab, sondern widmete mich zielstrebig den zierlichen Handgelenken der jungen Frau, ohne vorher auch nur darüber nachzudenken, ob ihr das gefiel und ob sie das denn überhaupt wollte. Im aktuellen Augenblick ging ich stark davon aus, dass es ihr reichlich egal war, was ich mit ihr anstellte, solange ich ihr irgendwann noch einmal einen ausgiebigen, zufriedenstellenden Orgasmus gewährte. Und wenn wir mal ehrlich waren... dann tunnelte ich wie bei diesen unschönen Aussetzern so üblich war, ganz schön darauf, meine Dominanz mit allen erdenklichen Mitteln zur Schau zu stellen. Das wiederum hatte allerdings auch zur Folge, dass ich für Vorlieben, Bedürfnisse und Wünsche der Schwarzhaarigen nur noch wenig bis eigentlich gar nicht mehr empfänglich war und nur noch meine eigenen Vorteile sah. Darauf erpicht war, das zu erreichen, was ich haben wollte, während es mir zunehmend egaler wurde, wie es Irina bei der ganzen Sache eigentlich ging...
# Is it all a tragedy? Are we flashes in a rut going in and out of luck? Maybe. #
Das Stoppschild wurde vermutlich ziemlich bewusst ignoriert und eher nochmal aufs Gaspedal gedrückt, statt die Bremse zu ziehen. Wahrscheinlich wollte ich eher nicht wissen, an wie vielen Frauen er all das schon bis zur Perfektion hin praktiziert hatte. Hätte es wohl doch lieber, wenn er einfach nur ein Naturtalent wäre und ich nicht nur Nummer XYZ der Kerben im Holz war - andererseits spielte das aber wohl doch keine allzu große Rolle, sah die Zahl was Männer auf meinem Konto anging doch auch wirklich unschön aus. Es zählte nur das Hier und Jetzt und das war wortwörtlich berauschend. Iljah trug mich auch die letzten Höhenmeter noch weiter nach oben in die Wolken und ich ließ mich mit einem lauten Stöhnen letztlich einfach von der Welle der Lust überrollen. Meine Fingernägel bohrten sich unweigerlich tiefer in seine Haut und meine Oberschenkel begannen unter all der Anspannung zu zittern, während ich den Rücken instinktiv vermehrt in die Matratze drückte und mich dem euphorisierenden Gefühl hingab. Nur sollte das wider Erwarten gar nicht besonders lange anhalten, weil der junge Mann aus dem Nichts heraus einen Cut setzte. Einfach damit aufhörte mich zu stimulieren und damit auch meinen von Lust getränkten Lauten ein jähes Ende brachte. Ich schlug flatternd die Lider auf und sah zu ihm hinab, um herauszufinden, was denn nun genau der Grund dafür war - Fehlverhalten meinerseits war es schon einmal nicht. Denn mich empfing kein Schmerz, keine tief ins Gesicht gezogenen Augenbrauen, sondern ein wissendes Grinsen. Es war nicht weniger als pure Absicht seinerseits, mich den Orgasmus nur flüchtig und längst nicht in vollem Ausmaß genießen zu lassen. Mir damit überdeutlich unter die Nase zu reiben, wer in diesem Raum darüber entschied was passierte und was nicht. Zwar war das im ersten Moment doch schon ziemlich fies, aber unter der Prämisse, dass das noch nicht Alles gewesen war, zu verkraften. Immerhin hatte der Tätowierte selbst bisher nicht wirklich viel von unserer Zweisamkeit gehabt und das kleine Machtspielchen allein dürfte ihn kaum zufrieden gestellt haben. Ich würde meine Fortsetzung schon noch kriegen... blieb zumindest zu hoffen. Ich folgte Iljah ohne darüber nachzudenken mit meinem Blick, als er zurück zu mir nach oben kam. Es schien ihm auch gar nicht im Sinn zu stehen jetzt in Eile zu verfallen, machte er es sich doch erst einmal noch in einem ruhigen Moment bequem, während mein eigener Körper noch ein wenig vor sich hin bebte, ich doch auch etwas beschleunigt atmete. Dass seine Haut stellenweise förmlich an meiner klebte, während ich seinen Blick hielt und er parallel dazu auch noch weiter mit der freien Hand hier und da ein Kribbeln auslöste, mir auch noch die Brust massierte, machte mich halb wahnsinnig und ich war mir sehr sicher damit, dass ihm genau das im Sinn stand. Ob das jetzt seine Rache dafür war, dass ich ihn so lange hatte warten lassen? Möglich wars. So oder so spannte er mich bis aufs Äußerste auf die Folter und ich hätte ihn wirklich gerne durch gezielten Druck an seiner Schulter auf den Rücken gerollt, um mich auf ihn zu setzen und mir zu nehmen, was mir - in meinen Augen - gerade wirklich zustand. Nur dürfte Eigeninitiative gerade eher nicht gefragt sein und so folgte lediglich ein bittender Blick in seine Augen, während ich meine gereizten Sinne für den Moment einfach aussaß und lediglich kurze Zeit lang die Finger einer Hand nach seinem Oberkörper ausstreckte, um sachte über seine Haut zu streichen. Iljah teilte nach der kurzen Massage auch bald schon den nächsten, sehr unmissverständlichen Wunsch an mich aus, der allein der Wortwahl und der Stimmlage nach zu urteilen keinerlei Widerrede duldete. Mir wurde bei der forschen Wortwahl doch wieder ein bisschen unwohl, aber mein Kopf war wohl gerade wirklich einfach noch zu benebelt, während ich auch den gehauchten Kuss am Hals noch genoss und demnach machte ich mir zu diesem Zeitpunkt noch nicht allzu viele Gedanken. Ich nickte lediglich, als er sich von mir löste und damit auch meine Hand wieder absank. Jene kam auf meinem Bauch zum Erliegen und ich strich mir dort kurzzeitig leicht kribbelnd über die Haut, um mich bei Laune zu halten. Jedoch nicht lange, weil ich nicht wusste, was 'Wehe, du fasst dich an' jetzt im Detail genau alles mit einschloss und darum fand sich meine Hand bald auf der Bettdecke wieder. Während Iljah mich ununterbrochen im Blick hielt, blieben auch meine Augen stetig an ihm hängen. Aber wohl hauptsächlich deshalb, weil ich einfach wissen wollte, womit ich gleich zu rechnen hatte und wie hoch das Risiko war, morgen noch breitbeinig zu laufen. Letzteres hing natürlich aber auch stark davon ab, wie er weiter vorgehen würde und wie grob er zu mir war. So oder so würde ich sicher noch eine Weile lang nach dem Sex etwas im Beckenbereich spüren. Ich war eher klein und zierlich gebaut, hatte demnach ohnehin schon nicht viel Platz da unten und nach gefühlt ewiger Abstinenz verstärkte sich dieser Effekt auch noch zusätzlich. Das würde mich vermutlich jedoch erst im Nachhinein wirklich aktiv stören. Für kurze Zeit lang bildete sich noch ein vorfreudiges Lächeln auf meinen Lippen, während ich Iljah weiter mit meinen Augen folgte. Er schließlich auch eines der Kleidungsstücke vom Boden aufhob, das ich kurz darauf als mein Oberteil identifizierte. Ich schrieb es meinem Zustand in halber Trance zu, dass ich nicht gleich zu Anfang darauf kam, was er vorhatte, obwohl sein Vorhaben gerade angesichts seiner vorherigen Worte eigentlich eindeutig war. Dennoch verstand ich nicht, bis er schließlich wieder bei mir war und sich meine Hände nahm. Erst in diesem Moment machte es Klick in meinem Hirn und mein Gesichtsausdruck veränderte sich schlagartig. Kippte von Erregung und Vorfreude zu aufflackernder Panik, während sich im gleichen Moment wieder mein gesamten Körper verkrampfte - auf sehr ungute Art und Weise, die mit Lust und Euphorie rein gar nichts mehr zu tun hatte. Ich schluckte und schob mich der Angst wegen mit den Füßen ein wenig nach hinten in Richtung Kopfende von ihm weg. Natürlich hatte er mich trotzdem noch an den Händen, lag der Stoff doch schon viel zu fest um meine Handgelenke, weshalb ich damit nur wenig bis gar nicht weit kam. Ich sah wie ein aufgescheuchtes Tier zu ihm auf und mein Puls legte den zehnten Gang ein. "Nicht... bitte. Ich kann nicht... bitte mach sie wieder ab.", bat ich den Tätowierten mit einer Stimmlage, die kaum hätte noch unterwürfiger klingen können, darum, die Fessel wieder zu lösen. "Ich mach auch nichts... wirklich nicht.", hängte ich noch ein paar mehr Worte an, die der in mir ansteigenden Panik wegen noch etwas dünner waren als die vorherigen. Ich hoffte wohl einfach mit dem angehängten Versprechen noch irgendwie aus der Situation herauskommen zu können, während mir das Herz nur so gegen die Brust hämmerte. Die Angst spiegelte sich dabei auch unweigerlich in den unsicher schimmernden Augen wieder. Er konnte mich doch auch einfach mit den Händen festhalten, der Effekt wäre ziemlich genau der Gleiche. Nur mit dem maßgeblichen Unterschied, dass mir seine blanken Handflächen nicht derartige Angst einjagen, sondern mich hoffentlich wieder einen Gang runterfahren lassen würden.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Für jeden geistig halbwegs gesunden Menschen wäre wohl vollkommen offensichtlich gewesen, dass Irina keinen besonders großen Gefallen an der Fixierung ihrer Hände fand. Mir mit ihrem Versuch, sich aus dem Oberteil, welches im Übrigen wunderbar als Fesseln fungierte, zu winden, sogar ziemlich deutlich signalisierte, dass sie sich mehr als nur ein bisschen unwohl dabei fühlte. Selbst ein Blick in ihr Gesicht hätte vollkommen ausgereicht, um zu dieser Erkenntnis zu gelangen, aber an der Stelle sollte eventuell noch einmal für das Protokoll erwähnt werden, dass ich ziemlich weit weg von geistig halbwegs gesund war. Ich mich persönlich eher zu dem Personenkreis zählen würde, dem man besser aus dem Weg ging und die grundlegend einer nach dem anderen in eine spezielle Anstalt eingewiesen gehörten. Allerdings befand ich mich aktuell noch auf freiem Fuß und so leid mir das Ganze unterbewusst vielleicht tun mochte, reagierte ich auf Irinas Bitte mit nicht viel mehr, als konsequenter Ignoranz. Ich sagte so lange kein Ton, wie ich den Knoten, der aufgrund der anfänglichen Bewegung der jungen Frau etwas locker geworden war, nachbesserte und das, was daraufhin folgte, war sehr wahrscheinlich auch nicht das, was die Schwarzhaarige jetzt von mir hatte hören wollen. Nachdem das Oberteil in meinen Augen ausreichend festgezurrt und damit eine Bewegung der Handgelenke vollkommen ausgeschlossen war, richtete sich mein vor Freude und Geisteskrankheit funkelnder Blick wieder in die Augen meines Opfers. Bevor ich jedoch zu einer Antwort ansetzte, nahm ich Irinas Kinn in meine Hand, strich mit dem Daumen grotesker Weise behutsam über ihren Kieferknochen und grinste zufrieden vor mich hin, was ein erstes, auch für Außenstehende sichtbares Indiz dafür war, dass ich im Augenblick jeglichen Bezug zur Realität irgendwie verloren hatte. Nur in meiner eigenen kleinen Welt lebte, in der es ausschließlich um mich und meine Bedürfnisse ging, die anderen vollkommen uninteressant waren. Und aus dieser Parallelwelt würde ich wohl auch nicht eher zurückkehren, bis ich das bekommen hatte, wonach mir gerade der Sinn stand und das war definitiv der nackte Körper dieser serbischen Schönheit. Zugegeben machte sie der leicht panische Gesichtsausdruck gleich noch ein Stück weit schöner, auch wenn das für jeden anderen Menschen vermutlich vollkommen krank und absolut nicht nachvollziehbar gewesen wäre. Mich machte die Angst der jungen Frau aber nun mal wirklich an und ich begann unterbewusst zu merken, dass wir uns damit gerade in eine vollkommen falsche Richtung bewegten. Ich das Oberteil besser einfach entknotete, um zu schauen, ob sich dadurch Irinas Panik wieder in die Kiste stecken ließ, aus der sie so plötzlich herausgekrabbelt war, aber selbstredend machte ich euphorisiert und angestachelt von meinem eigenen, an etlichen Ecken und Kanten ziemlich defekten Ego, dessen Risse alle paar Wochen auf sich aufmerksam machten und versuchten, durch Aktionen wie dieser hier zu heilen, ich das Ganze wohl aber nur noch schlimmer. Statt mich verständnisvoll zu zeigen, der recht simplen Bitte einfach nachzugehen - schließlich gab es ja tatsächlich noch x andere Möglichkeiten, guten, für beide Parteien befriedigenden Sex zu haben -, schüttelte ich nur leicht, trotzdem gut sichtbar den Kopf und schnalzte dann mit der Zunge. "Ist doch halb so wild. Benimm' dich und dir passiert auch nicht.", raunte ich für eine Beschwichtigung der aufkeimenden Panik wohl nur kontraproduktive Worte zu der jungen Frau runter, während ich mit dem Daumen ihre Unterlippe passierte. Im direkten Anschluss daran beugte ich mich wieder zu ihr nach unten, hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn und brachte mich dann in Position, den eigentlich Akt einzuleiten. Denn für mich war das Spiel hier noch lange nicht zu Ende, mein Schwanz war nach wie vor steinhart und selbst wenn das Unterbewusstsein mit mahnenden Worten um sich schmiss - sie waren viel zu leise, als dass ich sie im Augenblick hören konnte. Dafür war das Rauschen in meinen Ohren, ausgelöst von allen erdenklichen Glückshormonen, die sich mit Höchstgeschwindigkeit durch meine Blutbahnen bewegten, einfach zu laut und somit erstickte der kleine, lädierte Engel - der offenbar versuchte, die bis hierhin sehr gute Beziehung zu Irina noch irgendwie zu retten - auf meiner Schulter schließlich an dem Dreck, der ihm durch das Teufelchen in den Mund gestopft wurde. Quasi im selben Augenblick setzte ich dazu an, in Irina einzudringen und weil das bei einem derart verkrampften Körper nicht ganz so leicht war, konnte ich nicht behaupten, wirklich sanft dabei gewesen zu sein. Hatte dem ersten Stoß einen gewissen Nachdruck verliehen, während ich mit dem Oberkörper wieder gänzlich über dem der jungen Frau lag. Das eingangs nur leise Seufzen wurde dann aufgrund der unten vorherrschenden Umstände - die Kleine war ziemlich eng -, schon bald etwas lauter, verformte sich erst zu einem Stöhnen und ließ sich irgendwann nur noch als ein fast schon animalisches Knurren titulieren. Ungeachtet der Tatsache, dass ich es mir mit der Aktion gerade vermutlich auf Ewig bei der jungen Schönheit verscherzt hatte, genoss ich das mittlerweile nur noch eher einseitige Liebesspiel wirklich. Tat halt einfach gut, mal wieder etwas Dampf abzulassen, aber ob es mir den Preis wirklich wert war, den ich im Anschluss zahlen müssen würde? Ich bezweifelte es irgendwie, war Irina inzwischen nun wirklich mehr, als bloß eine gute Freundin für mich. Von Liebe sprechen würde ich zwar weiterhin noch eher nicht, aber zu leugnen, dass ich mehr wollte, als sie bloß flachzulegen, wäre wohl ziemlich dumm. Ansonsten hätte ich mich vermutlich nie derart lange mit ihr herumgeärgert, flogen mir doch tagtäglich allerhand Weiber zu, die sich über ein Rendezvous mit mir - und sei es nur für eine Nacht - freuen würden. Trotzdem hatte ich mich dazu entschieden, die letzten paar Tage - oder waren es mittlerweile sogar schon Wochen? - auf die Nähe zu anderen weiblichen Individuum mit Ausnahme meiner Schwester zu verzichten. Und wofür? Offensichtlich, um mir selbst auf so unterschiedlichste Art und Weise einfach nur ins Bein zu schießen.
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Das konnte er jetzt nicht ernst meinen. Ich versuchte verzweifelt zumindest ein winzig kleines Anzeichen in Iljahs Gesichtszügen dafür zu finden, dass das ein verdammt schlechter Scherz von ihm war und er die Fessel gleich wieder lösen würde. Er sie nur noch einmal festgezogen hatte - eindeutig zu fest, drückte der Stoff doch schon ziemlich auf meine Haut -, um mir zu seiner Belustigung einen weiteren Schrecken einzujagen. Nur passierte das nicht. Statt die Sache aufzulösen und mir die Handgelenke wieder freizugeben, nahm er sich mein Kinn und sagte mir kurz darauf im übertragenen Sinne auch noch ins Gesicht, dass ich mich nicht so haben und einfach mitspielen sollte. In diesem Kontext wirkte der Kuss auf meiner Stirn - wohl genauso wie das Streicheln über die Unterlippe - mehr als grotesk für mich und ich zuckte unter dem Kuss ein klein wenig zusammen, während die Angst sich noch tiefer in mir einnistete und ich mich verkrampft ins Kissen drückte. Als könnte ich dadurch einfach irgendwie durch die Matratze nach unten abtauchen und der Situation entfliehen, mich durch ein Loch im Boden auf die Matratze in meinem eigenen Zimmer fallen lassen. Die Fessel im Tunnel dazwischen bereits zurücklassen und vor allem allein in meinem eigenen Bett landen, ohne dass Iljah mir durch das Loch folgen konnte. Ich befand mich einige Sekunden lang in panisch angespannter Schockstarre und fing an deutlich unruhig und leicht beschleunigt zu atmen, als der Tätowierte doch tatsächlich dazu ansetzte einfach weiterzumachen. Meine eigentlich sogar sehr deutliche, eindringliche Bitte vollkommen ignorierte. Es interessierte ihn scheinbar kein bisschen, wie ich mich im Augenblick fühlte. Anders ließ sich sein Verhalten für mich nicht erklären und er ließ sich nicht mal ein klein wenig davon beirren, dass ich instinktiv die Schenkel zusammendrücken wollte. Das war an sich natürlich auch sehr ineffektiv, weil er sich ohnehin schon zwischen meinen Beinen befand, aber mindestens das hätte ihm mit einem kaum hörbaren, nur dünn gehauchten "Iljah, hör auf." doch wirklich eindeutig signalisieren müssen, dass hier für mich Schluss war. Dass ich mich mehr als ein bisschen unwohl fühlte und er eine Grenze überschritt, von der ich mir immer wieder eingeredet hatte, sie ihm überhaupt gar nicht erst aufzeigen zu müssen. Nur lag ich in der Annahme, dass er mich wirklich respektierte oder ihm gar etwas an mir lag wohl ganz gewaltig falsch. Hatte mich wie zuvor schon so oft bitterböse in eine aussichtslose Sackgasse verrannt, obwohl ich all die Schilder auf dem Weg bis ans Ende eigentlich gesehen hatte. Mir unterbewusst wahrscheinlich längst klar war, dass bis zu diesem Punkt einfach alles viel zu gut gelaufen war. Die Sorokins die Füße wirklich lange still gehalten und ich die Zeit mit Iljah tatsächlich ein wenig hatte genießen können, obwohl das nie der Plan gewesen war. Es war wahrscheinlich sowas wie das Schicksal oder das Karma, das mir jetzt eine Quittung für meine Naivität überreichte in der Hoffnung, ich würde in Zukunft noch irgendwann daraus lernen - die Chancen dafür standen eher schwindend gering. Oder es war einfach nur die Schuld meiner eigenen, maßlose Dummheit, die mich Iljah wirklich hatte glauben lassen, als er gesagt hatte, dass er eben nicht einfach nur wie alle anderen Männer war, sondern etwas auf sich hielt. Das war die selbe Dummheit meinerseits, wie die, die mich Ksenia doch tatsächlich in einem der kleinen Streits der letzten Tage hatte sagen lassen, dass der Schwarzhaarige anders war, obwohl er - jetzt dann auch für mich sehr offensichtlich - genauso ein egoistisches Arschloch war, wie alle anderen auch. Er machte nicht Halt und als er doch allen Ernstes trotz meinem eindeutigen Veto in mich eindrang, entlockte er mir wegen der dabei entstehenden Schmerzen ein nicht zu überhörendes Wimmern. Gleichzeitig kniff ich die Augen zu und es dauerte kaum mehr als zwei, drei noch immer hochgradig unangenehme Stöße, bis ich sichtbar am ganzen Körper zu zittern begann. Es kam Stück für Stück alles wieder hoch. Die Nacht, in der ich unfreiwillig unter einer nicht mit Worten zu beschreibenden Tortur meine Jungfräulichkeit verloren hatte, flackerte in Bruchstücken vermehrt vor meinem inneren Auge auf, während mich Iljahs Stöhnen einfach nur noch anwiderte und mir eisige Schauer den schwitzigen Rücken hinunterjagte. Die gequälten, schmerzlichen Laute meinerseits häuften sich und ich merkte trotz geschlossener Lider, wir mir die Tränen in die Augen stiegen. Ich wusste eigentlich von vornherein, dass ich kaum eine Chance haben würde den jungen Mann von mir runterzukriegen, solange er das nicht wollte. Er brachte schlicht und ergreifend viel zu viel Gewicht dafür auf die Waage, als dass ich ihn einfach problemlos mit gefesselten Handgelenken von mir hätte runterrollen können. Aber die Angst, die mir sekündlich mehr die Brust zuschnürte, verleitete mich dennoch zur Gegenwehr. Ich hatte die Hände bisher krampfhaft auf Höhe meines Schlüsselbeins unter meinem Kinn gehalten. Meine Arme unterbewusst mehr oder weniger als Schutz dafür hergenommen, den jungen Mann auf Brusthöhe nicht mehr als unvermeidbar an mir zu spüren, wo ich ihn doch einfach nur noch von mir weghaben wollte. Deshalb kehrte schließlich doch wieder Leben in meine Finger und ich öffnete die von Tränen verschleierten Augen, als ich meine Hände nach Iljah ausstreckte. Ich sah sein Gesicht leicht verschwommen - hätte es am liebsten aber sowieso gar nicht mehr gesehen -, als ich meine Händen ziemlich schlagartig unten, leicht seitlich an seinen Kiefer legte und so viel Druck ausübte, wie mir in meiner aktuellen Verfassung möglich war. Das Zittern hatte nicht aufgehört, aber ich bekam es trotzdem hin zumindest seinen Kopf auf sicherlich nicht angenehme, durch die seitliche Handposition schiefe Art und Weise von mir wegzudrücken. Es war wohl ebenso die blanke Panik, die mich gleichzeitig zu den nun doch etwas lauteren, aber kratzigen Worten "Geh von mir runter!" beflügelte, während die Tränen langsam aber sicher unaufhaltsam an meinen Wangen runterzulaufen begannen. Mal gut, dass es bei einer Vergewaltigung für gewöhnlich keinen Arsch interessierte, ob mir die Mascara bis unters Kinn verlief oder ob sie mir höllisch in den Augen brannte.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Ich würde gerne, Irina. Wirklich, flüsterte das durch den Dreck watende Engelchen, welches sich auf der Suche nach den Überresten meines gesunden Menschenverstandes in den Untiefen meiner kaputten Psyche verlaufen zu haben schien. Seitdem nur noch ziellos umherirrte, während sich das perfide Teufelchen einfach weiterhin an den gequälten Lauten der Schwarzhaarigen ergötzte. Er schien kein Problem damit zu haben, einen Menschen, der mir in gewisser Hinsicht vertraut hatte, auf niederträchtigste Art und Weise zu verletzen, wenn sich dadurch der psychische Druck beseitigen ließe, der mich auf kurz oder lang immer mal wieder in den Wahnsinn trieb. Dass es noch etliche andere Möglichkeiten gab, sich diesem Problem anzunehmen, ohne dabei das Leben eines Mitmenschen negativ zu beeinflussen, daran dachte das gehörnte Miststück im Augenblick vermutlich gar nicht. Stattdessen fokussierte es sich ausschließlich auf das leise Wimmern, die Tränen und Irinas verzweifelten Versuch, mich von sich zu stoßen. Letzteres schien ihn für einen kurzen Moment sogar noch zusätzlich anzustacheln, war es doch äußerst amüsant, wie sich die zierliche junge Frau gegen mich zur Wehr zu setzen versuchte, bis sie trotz der gefesselten Hände doch tatsächlich einen Weg fand, mich in meiner Bewegung innehalten zu lassen. Zumindest, wenn ich mir nicht gerade das Genick brechen lassen wollte und das... war eine wirklich gewagte Aktion von ihr, wenn man mich fragte. Es hätte vermutlich keine fünf bis zehn Minuten mehr gedauert, dann wäre sie mich losgewesen, brauchte es aktuell doch wirklich nicht viel, um mich in dem Sinne zufriedenzustellen. Zum Ende kommen zu lassen und da war es meines Erachtens nach nicht besonders schlau, mich mit so einer verzweifelten Zurschaustellung ihrer ungeahnten Kräfte zu unterbrechen. Nicht nur, dass sie für ihren aktuellen Stellenwert gerade ganz schön frech wurde, nein. Sie tat mir auch noch weh, musste ich den Kopf doch auf eine ziemlich unangenehme Art und Weise drehen, damit ich ihren Händen entfliehen konnte, was mich unzufrieden knurrend zu ihr runter sehen ließ. Dabei konnte einem der Anblick dieses Häufchen Elends eigentlich nur das Herz zerbrechen. Man wollte Irina gerne in den Arm nehmen, ihr die Tränen von den Wangen streichen und ihr ein 'Alles wird gut.' auf den Haaransatz hauchen, damit sie sich wieder beruhigte, aber dass das während meiner periodischen Geisteskrankheit eher nicht in Frage kam und ich komplett gegenteilig reagierte, war sicher unnötig zu erwähnen. Andernfalls hätte ich wohl kaum mit einer Hand nach den gefesselten Handgelenken der jungen Frau gegriffen, um sie über ihrem Kopf in die Matratze zu drücken, während ich mit der anderen Hand an ihren Hals griff. Dabei fixierte ich lediglich mit drei Fingern - dem Daumen, Zeige- und Mittelfinger - ihr Kinn, ließ den Rest Druck auf den Kehlkopf und die Halsschlagader ausüben, wobei nicht davon auszugehen war, dass Irina Probleme beim Atmen bekommen würde. Ich wollte lediglich, dass sie mich ansah, mir gut zuhörte, als ich ihr mit folgenden Worten unmissverständlich klarzumachen versuchte, dass ich nicht so einfach verschwinden würde, wie sie das vielleicht ganz gerne hätte. Mein vor aufkeimender Zorn funkelnde Blick lag dabei kontinuierlich in dem ihren, als ich mich zu ihr herunter beugte, um den geknurrten Worten noch mehr Nachdruck zu verleihen. "Ich gehe erst, wenn ich mit dir fertig bin. Also tu uns beiden einen Gefallen und halt's Maul.", forderte ich die Serbin dazu auf, es einfach gut sein zu lassen. Nicht weiter zu versuchen, mich von sich zu schieben oder anderweitig in meinem Handeln zu stören. Faktisch kostete uns das beide einfach eine Menge Zeit, wäre ich doch schon längst fertig, wenn sie nicht so ein Theater gemacht hätte. Letzteres war unter der Prämisse, dass das Alles hier gerade gegen ihren Willen geschah, absolut nachvollziehbar und das würde mir spätestens dann klar werden, wenn ich morgen alleine in meinem Bett lag. Mein Blick auf den im Laken verschmierten Mascara fallen würde und ich schließlich an die Nacht zurückdachte, in der ich das gesamte Vertrauen, was die Serbin zu mir aufgebaut hatte, mit einer einzigen, vollkommen blöden Aktion einfach weggeschmissen hatte. Und ich würde mir nicht erklären können, warum ich das getan hatte. Irina meinte es bis dato auf so vielen verschiedenen Ebenen wirklich gut mit mir, ließ sich ungeachtet der unzähligen - berechtigten - Warnungen ihrer Freunde trotzdem noch auf mich ein und ich dankte es ihr, indem ich sie darin bestätigte, dass die Männerwelt aus nicht mehr als absoluten Arschlöchern bestand. Ich nicht diese eine Ausnahme war, welche die Regel bestätigte. Nein, ich war genau so egoistisch und unberechenbar, wie alle anderen Männer auch. Undankbar und gierig noch dazu, war Irina doch eigentlich im Begriff gewesen, sich auch sexuell auf mich einzulassen. Vollkommen freiwillig und trotzdem hatte ich es geschafft, die Beziehung zu ihr mit Höchstgeschwindigkeit gegen die Wand zu fahren, weil ich auf diese blöden Fesseln bestanden hatte. Es gab ja nicht genug andere Wege, sich prächtig zu amüsieren, nein. Die Frau durfte definitiv ihre Hände nicht bewegen dürfen... so ein Schwachsinn. Es lag wohl an der Stille, die auf meine ziemlich eindringlichen Worte folgte, dass ich ein bisschen zu viel Zeit hatte, über all das, was mir gerade durch den Kopf schwirrte - das Teufelchen hatte sich kurzfristig zur Kaffeepause verabschiedet -, nachzudenken. Und in genau diesem kurzen Zeitabschnitt hatte der Pilger in meinem Oberstübchen sein Ziel erreicht. Schlug einen Freudentanz aufführend die Flagge mit seinen Initialen in das letzte bisschen Verstand, was er noch hatte finden können und stieß dann einen lauten Siegesschrei aus, mit dem er den Teufel samt seiner beschissenen Kaffeetasse für den Moment ins Eck schickte. Daraufhin setzte bei mir dann das schlechte Gewissen ein und nahm damit automatisch den Druck aus der Hand, die um Irinas Hals lag. Auch mein Gesichtsausdruck, der bis eben noch den Anschein erweckt hatte, als würde ich heute noch morden, wurde weicher, auch wenn er sich nicht gänzlich entspannen wollte. Letztlich ließ ich dann auch ihre Handgelenke los und nachdem ich mich für ein paar Sekunden in Gedanken verloren hatte, schüttelte ich leise seufzend den Kopf. Zog mich aus der jungen Frau zurück, um mich wortlos, wenn auch sichtlich angespannt neben sie aufs Bett zu setzen. Es brauchte mich noch ein paar Sekunden, in denen ich den Vorfall gerade eben flüchtig Revue passieren ließ und wieder zu mir kam, bis ich das Oberteil letztlich entknotete und Irinas Hände damit wieder frei gab. Anschließend vom Bett aufstand - nach wie vor schweigend, denn womit hätte ich die Vergewaltigung bitte schönreden können? -, und die Boxershorts vom Boden aufsammelte. Diese lag unmittelbar neben den Klamotten der Schwarzhaarigen, die ich beim nächsten Mal bücken, nachdem ich in das Stück Stoff gestiegen war, aufhob und zu ihr aufs Bett schmiss. "Verschwinde.", signalisierte ich ihr mit nur einem einzigen Wort, dass ich sie von einer Flucht kaum abhalten und es sogar begrüßen würde, wenn sie sich jetzt einfach aus dem Staub machte. Es war verdammt schwer, zu erklären, was gerade in meinem Kopf alles abging, aber allgemein ließ sich wohl sagen, dass es sowohl für Irina, als auch für mich besser war, wenn wir heute oder auch in der Zukunft getrennte Wege gehen würden. Wie ich letzteres dem Amerikaner gegebenenfalls erklären würde, wusste ich zwar noch nicht, aber bevor ich nicht wieder vollkommen klar im Kopf war, brachte es auch nichts, wenn ich jetzt anfing, darüber nachzudenken. Ich konnte mir jedoch nicht vorstellen, dass eine kurzzeitige Pause, in der wir uns nicht sehen würden, ausreichen würde, um dieses Ereignis irgendwie... ungeschehen zu machen. Ich stand unweit der Zimmertür, als ich ein letztes Mal meinen Blick auf die verstörte Irina richtete und ja, jetzt in dem Moment hätte ich sie wohl gerne wieder wie ein normaler Mensch in meine Arme gezogen, um sie zu trösten. Blöd nur, dass das absolut nicht effizient war, wenn man selbst der Grund dafür war, warum es Jemanden so scheiße ging. Und so beschloss ich, nach einem weiteren Kopfschütteln über meine fortwährende Inkompetenz, mit meinem Sprung in der Schüssel umzugehen, das Zimmer kurzerhand zu verlassen. Sie wusste ja, wo es raus ging. Mein Haus war zwar groß, aber relativ übersichtlich. Verlaufen würde sie sich hier wohl kaum. Ich für meinen Teil erinnerte mich jedenfalls daran, dass ich im Wohnzimmer noch ein angefangenes Glas Rum stehen hatte, was gerne noch ausgetrunken werden wollte.
# Is it all a tragedy? Are we flashes in a rut going in and out of luck? Maybe. #
Es dauerte wirklich nicht lang, bis ich das Echo dafür bekam einen letzten Versuch dafür gestartet zu haben, dieses Ekelpaket von Mann von mir runterzukriegen. Iljah fixierte mir die Hände mit seinen eigenen Fingern endgültig gefühlt in der Matratze oberhalb meines Kopfes, übte er doch nicht wenig Druck darauf aus. Dass er sich mein Kinn auch noch griff ließ mich unter leisem Aufächzen zusammenzucken - als würde das bei meinem Gezitter überhaupt noch großartig auffallen - und ich hielt unterbewusst die Luft an, während er parallel dazu unangenehmen Druck auf meinen schmalen Hals ausübte. Dann folgte schon bald die nächste Drohung, die ich angesichts seiner Reaktion wohl schon hatte kommen sehen und ich kniff ab etwa der Hälfte seiner Worte erneut die Augen zu. Konnte und wollte seinem stechenden Blick nicht mehr standhalten, während er mir seine Forderung förmlich ins Gesicht spuckte. Als wäre das überhaupt noch notwendig gewesen. Als würden seine Gesten allein nicht dazu ausreichen, mir ohne jeden Zweifel klarzumachen, dass er sich einen Dreck um mich scherte. Dass er hier und jetzt ausschließlich auf seine eigene Gunst erpicht war und ich überhaupt keine Rolle bei Alledem spielte. Ich scheinbar nur hier war um sein krankhaftes Ego zu befriedigen, weil er mich trotz meiner anfänglich ziemlich vehementen Abweisung ja doch noch rumgekriegt hatte. Ich mich ihm auch noch freiwillig ausgeliefert hatte, als würde ich es nicht eigentlich besser wissen. Als hätte ich nichts von Alledem hier schon irgendwie ahnen können... aber ich hatte mir wohl einfach gewünscht, dass es anders war. Dass er mich nicht nur so lange umgarnt hatte, um irgendwelche niederen Instinkte und Komplexe zu beruhigen. Ob ich es jemals lernen würde hinter die Fassaden anderer Menschen zu sehen? Ich glaubte langsam wirklich nicht mehr daran, konnte es auch ganz einfach nicht verstehen. Iljah hatte vorher doch immer Acht auf mich gegeben. War sanft gewesen, hatte sich mir einfach angepasst und darauf gewartet, dass stattdessen ich auf ihn zukam - mit Erfolg. Wie konnte nichts davon echt gewesen sein? Und ich war auch noch drauf und dran gewesen mich in ihn zu verlieben... das konnte man wohl schon gar nicht mehr nur als Naivität betiteln. Ich schien einfach ein Faible dafür zu haben mich wie Dreck behandeln zu lassen, anders konnte ich mir das kaum noch erklären. Ich gab mich also einfach meinem Schicksal hin, schien ich doch gar keine andere Wahl zu haben und es kam mir noch wie eine halbe Ewigkeit vor, in der ich stumm vor mich hinweinte, bis der Tätowierte letztlich innehielt. Die Hand sogar von meinem Hals nahm, was mich sofort den Kopf zur Seite wegdrehen ließ, sobald seine Finger locker genug für Bewegung meinerseits geworden waren. Öffnete die Augen dann auch nur wieder, um etwas verzweifelt zu versuchen die Mascara aus meinen Augen wegzublinzeln. Außerdem konnte ich den Schwarzhaarigen so zumindest im Augenwinkel sehen - falls er stattdessen dazu ausholen würde mich zu schlagen, was ich ihm inzwischen zweifelsohne zutraute. Genauso wie alles andere auch, das mir die Situation nur noch unangenehmer machen konnte, weil ihn das offensichtlich anmachte. Nur passierte wider Erwarten nichts in dieser Richtung. Stattdessen löste er sich von mir und ich fragte mich augenblicklich, ob er mich womöglich einfach nur in eine andere, noch unbequemere Stellung zwängen wollte. Aber er blieb weg. Setzte sich einfach nur unweit von mir auf die Matratze und ich richtete zögerlich meinen nach wie vor verschleierten Blick auf ihn. Als er dann die Hände wieder nach meinen ausstreckte, um mich tatsächlich von den Fessel zu befreien, verstand ich nur noch Bahnhof. Ich meine, er war ja offensichtlich noch nicht fertig - warum also hörte er auf? Ich schob mich instinktiv so weit auf der Matratze von ihm weg, wie nur irgendwie möglich war, sobald meine Hände frei waren und er aufstand. Warum er aufhörte wusste ich nicht, aber eigentlich spielte das auch gar keine Rolle. Das machte schließlich nichts von dem, was vorher passiert war, wieder ungeschehen. Mein Blick haftete noch immer vollkommen starr und verstört auf ihm, während ich am oberen Bettende kauernd von Iljah zu hören bekam, dass ich mich aus dem Staub machen sollte. Bei Gott, nichts lieber als das - nur fand ich im Augenblick noch nicht ansatzweise die Kraft dazu mich zu bewegen, während mir das Herz weiter bis zum Hals schlug. Ich die Arme schützend um meinen geschundenen Körper legte, als würde mir das im Ernstfall jetzt irgendetwas bringen. Meine Augen trafen noch einmal kurz auf die meines Peinigers, nachdem mich das auf dem Bett landen meiner Klamotten auch noch einmal hatte zusammenzucken lassen, bevor er sich aus eigenen Stücken verzog und mich allein im Raum zurückließ. Dass er aus meinem Blickfeld verschwand ließ mich das erste Mal seit einer gefühlten Ewigkeit wieder aufatmen. Nur reichte auch das nicht, um die Tränen zu stoppen oder mich ansatzweise zu beruhigen. Ich legte das Gesicht in meine Hände und weinte sicher noch an die weiteren zehn Minuten vor mich hin. Schaffte es erst dann tief genug durchzuatmen, um den Kopf wieder anzuheben. Ich sah auf mein Oberteil. Wollte es nicht mehr anziehen, es eigentlich am liebsten gar nicht mehr anfassen, aber es leistete mir auch in seinem ausgeleierten Zustand noch gute Dienste damit, mir die Tränen aus dem Gesicht zu wischen. Danach schmiss ich es achtlos auf den Boden und zog nach und nach meine Klamotten an mich heran. Zog sie an, wenn auch sicher nach wie vor in Zeitlupe, weil die Tränen ja doch noch nicht ganz aufgehört hatten. Mein Oberkörper blieb bis auf den BH jedoch nackt, weil Iljah mein Oberteil mit Freuden behalten konnte. Vermutlich fror ich draußen dann zwar, aber das würde mir in meinem aktuellen Umstand kaum auffallen. Sobald ich angezogen war wischte ich mir noch einmal mit dem Handrücken über die Augen und stand mit noch ziemlich wackligen Beinen auf. Brauchte einen Moment, bis ich mich letztendlich in Bewegung setzte und in Richtung Ausgang taumelte. Der Tunnelblick war dabei unverkennbar. Denn obwohl mein Schritt an sich alles andere als sicher und ziemlich unkoordiniert waren, waren sie trotzdem ziemlich zügig und der Kopf leer - nur noch hier weg, alles andere war für den Moment egal. Deshalb würdigte ich absolut nichts in meiner Umgebung noch mit einem einzigen Blick, sondern taumelte schnurstracks bis in den Eingangsbereich des Hauses zurück. Zog mir die Stiefel so schnell wie in meinem aktuellen Zustand möglich über die Füße, schmiss mir den Mantel über die Schultern ohne ihn zuzumachen und griff nur noch nach meiner Handtasche auf der Garderobe, bevor ich stolpernd in die kalte Luft nach draußen floh. Noch während ich die Einfahrt hinunter zurück zur Straße ging schloss ich den Mantel Stück für Stück und danach suchte ich mit den noch immer bebenden Fingern in der Handtasche nach meinem Handy. Ich würde kaum hier direkt vor Iljahs Haus stehen bleiben, um auf ein Taxi zu warten, also rief ich mir eines zu der nur ein paar hundert Meter weit entfernten Bushaltestelle. Ich konnte gerade wirklich gut darauf verzichten mich von unzähligen Leuten im Bus anstarren zu lassen und wollte einfach nur so schnell wie möglich auf direktestem Weg nach Haus. Sah auf dem Weg zur Haltestelle aber immer wieder über meine Schulter zurück, um sicherzugehen, dass dieses Arschloch mir nicht auch noch folgte. Zuzutrauen war es ihm und ich war mir auch nicht mehr sicher damit, ob ich ihm denn noch glauben konnte, dass er mich gar nicht selbst ausspioniert hatte. Würde zu seinem kranken Schädel schließlich gut passen.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Die letzten Tage in Russland ließen sich Dank des komfortablen Hotels und der nur noch wenig bis gar nicht angespannten Stimmung zwischen Tauren und mir ganz gut aushalten. Wenn ich mich nicht gerade mit Iljah traf, der in den letzten zwei bis drei Tagen ziemlich durch den Wind zu sein schien, ließ ich es mir in der Sauna gutgehen oder verzockte ein paar Rubel im Casino, während der Norweger seiner alltäglichen Arbeit nachging. Nachdem ich ihn noch das ein oder andere Mal mit zum Bunker begleitet hatte, wurde mir das dann doch irgendwie zu langweilig und ich war bevorzugt in der Stadt geblieben. Hatte mich - wie so oft -, auf den Straßen Moskaus herumgetrieben, ein bisschen geshoppt und ansonsten in dem dekadenten Hotelzimmer darauf gewartet, dass der junge Mann am Abend nach Hause kam, um dann mit ihm noch etwas Zeit zu verbringen. Nichtsdestotrotz war ich wirklich froh, als die Heimreise bevorstand. Inzwischen war Kuba mehr und mehr zu meinem Zuhause geworden und ich hatte Heimweh. Das war in der Regel selten, war ich es doch gewohnt, öfter mal ein paar Tage die Heimat verlassen - was erst Russland und dann Italien gewesen war -, aber womöglich lag das auch einfach an den unschönen Vorkommnissen, die ich hier im Osten gerne hinter mir lassen würde. So ganz darüber hinweg, dass Tauren mir derart in den Rücken gefallen war, war ich nämlich noch nicht, aber ich ging davon aus, dass es umgekehrt nicht anders sein würde. Er nicht weniger enttäuscht von mir war, auch wenn wir wieder wie gewohnt in einem Bett schliefen und regelmäßig miteinander kuschelten, nicht mehr darüber redeten. Wie bereits mehrfach an- und besprochen war da auf beiden Seiten einfach einiges schiefgelaufen und ich hoffte, dass sich dieser unangenehme, nach wie vor präsente Druck auf der Brust irgendwann von selbst in Luft auflösen würde und das Thema damit endgültig vom Tisch war. Bis dahin war das untereinander entgegengebrachte Vertrauen vermutlich etwas eingeschränkt, aber ich zweifelte zu keiner Sekunde daran, dass sich das wieder bessern würde. Dafür hatten wir beide unmissverständlich klar gemacht, wie wichtig uns die Beziehung zu dem jeweils anderen war und mit der Zeit würden die Risse ganz bestimmt heilen. Zumindest hoffte ich das, wollte ich doch wenigstens ein einziges Mal positiv denken, was diese ganze Liebelei anbelangte, auch wenn mir das alles andere als leicht viel. Jedenfalls freute ich mich inzwischen wirklich darauf, mich wieder am kubanischen Meer durch den Sand rollen zu können und die warme Sonne auf meiner Haut zu spüren, wovon man hier in Russland nur träumen konnte. Denn auf der anderen Seite der Erdhalbkugel wurde es allmählich Winter, die Temperaturen rutschten gerade nachts nicht selten in den zweistelligen Minusbereich und von wärmender Sonne war über den Tag kaum eine Spur zu sehen. Demnach viel es mir überhaupt nicht schwer, mich am Tag der Abreise von meinem Bruder zu verabschieden, der nach wie vor eher nur halbherzig anwesend zu sein schien, als ich meine Arme um ihn schlang und ihm alles Gute für den weiteren Verlauf der Geldwäsche wünschte. Ich hatte in den letzten Tagen bereits ein paar Mal versucht, mit ihm zu reden. Ihn auszuquetschen, was los war, weil er doch übermäßig geknickt wirkte und ich ihn so nun mal einfach nicht kannte. Er doch normalerweise immer einen frechen Spruch auf den Lippen hatte, bevor er mich in den Flieger steigen ließ, aber heute wirkte er irgendwie sehr steif. Kurz angebunden und überhaupt nicht richtig bei der Sache. Bedauerlicherweise war ich nicht einmal im Ansatz so gut darin, ihn zum Reden zu bringen, wie das umgekehrt der Fall war und so stieg ich letztlich mit gemischten Gefühlen ins Flugzeug ein. Einerseits interessierte es mich natürlich, was meinem Bruder auf der Seele lag, andererseits wollte ich es vielleicht auch gar nicht so genau wissen, weil ich mir dann nur selbst wieder Gedanken machen würde und all meinen Prinzipien zum Trotz hatte ich darauf gerade wirklich keine Lust. Ich wollte jetzt einfach nur den Flug hinter mich bringen, auf meinem Handy daddeln oder ein Buch lesen, bis wir wieder kubanischen Boden unter den Füßen hatten. Dann würde ich mich Zuhause angekommen um die Klamotten kümmern, damit diese nicht auch noch Wochen nach der Ankunft ihr Dasein im Koffer fristen mussten und dann... wusste ich noch nicht genau, was ich tat. Vielleicht würde ich, abhängig von der Uhrzeit, vielleicht tatsächlich noch einmal den Strand aufsuchen und andernfalls einfach Zuhause den Jetlag auskurieren. Bis das Zuhause jedoch in greifbare Nähe rückte, vergingen erst einmal wieder einige verdammt lange Stunden über den Wolken, die ich zu einem sehr großen Teil dann doch wieder mit etwas Arbeit überbrückte. Iljah hatte mir im Laufe des Fluges ein paar Dateien geschickt, mit denen ich letztlich bis zur Landung dann auch beschäftigt war. Es handelte sich um Auszüge aus der Buchhaltung, die ich mir mit einem prüfenden Blick einmal genauer angucken sollte, was eingangs doch beide Augenbrauen reflexartig in die Höhe hatte schießen lassen. Eigentlich hatte ich mit der Geldwäsche als solches nämlich nichts zutun, hatten sich der Amerikaner und er doch darauf geeinigt, dass das Geschäft nur sie beide etwas anging. Dass ich mich nun doch mit den Finanzbüchern auseinandersetzen sollte, wunderte mich daher schon stark. Allerdings hatte ich kaum Zeit dazu, diesbezüglich weiter nachzuhaken, weil ich mich erst einmal durch die ganzen Eintragungen hatte lesen müssen und als ich endlich begriff, was Iljah denn nun eigentlich von mir wollte, setzte der Vogel bereits auf der Landebahn in Kuba auf, was mich leise seufzend den Laptop, der nach mehreren Stunden Betrieb langsam ohnehin die Segel strich, zuklappte und ihn in der Tasche verstaute, die ich ich schulterte, um anschließend meinen Koffer durch den Gang nach draußen zu rollen. Es war hier auf Kuba noch früh am Tag, elf Uhr in der früh, wie mir mein Handy nach einem flüchtigen Blick aufs Display bestätigte und trotzdem war ich hundemüde. Den Strand würde ich heute aller Voraussicht nach also erst später, wenn überhaupt besuchen, wollte nach der langen Reise gerne erst einmal ein paar Stunden zur Ruhe kommen und den Schlaf nachholen, der mir über den Wolken heute nicht vergönnt gewesen war. Nach aktuellem Stand der Dinge würde mich Tauren dabei jedoch nicht begleiten, bekam ich am Rande ein Telefonat mit, aus dem sich zweifelsfrei heraushören ließ, dass Hunter bereits direkt nach der Landung nach seiner Anwesenheit verlangte, was mich im Geiste bereits beim Aussteigen leise seufzen ließ. Ich wusste schließlich, dass ihm noch ein durchaus unangenehmes Gespräch bevorstand und dass der Amerikaner dieses offenbar so schnell wie nur irgendwie möglich hinter sich bringen wollte, behagte mir nicht. Ließ mich in gewisser Hinsicht unruhig werden, weil Hunter nun mal nicht gerade für seine freundliche und kompetente Art, Ungereimtheiten zu klären, bekannt war. Ich sorgte mich also schon ein Stück weit um den Norweger, als ich neben ihm her zu einem der Autos trottete, die bereits darauf warteten, jeden einzelnen von uns nach Hause zu kutschieren. Wirklich dazu äußern tat ich mich allerdings nicht, weil ich nun mal einfach nicht wusste, was ich noch groß hätte sagen sollen. Beruhigende Worte halfen in der Regel, die innere Unruhe in den Griff zu bekommen, aber wir wussten beide, dass diese gerade in Hinsicht auf ein anstehendes Gespräch mit Hunter schlichtweg nichts brachten. Einfach zu schweigen erschien mir aber auch nicht richtig und so wandte ich mich am Auto angekommen dann doch noch einmal an den hochgewachsenen Schönling, sah ihn einerseits besorgt, andererseits entschuldigend an. Letzteres nur, weil ich wusste, dass ich durchaus dazu hätte beitragen können, seine herannahende Strafe noch irgendwie abzumildern, aber es ging nicht. Ich hatte mir inzwischen wirklich viele Gedanke gemacht. Mir die Frage gestellt, ob es sich nicht doch irgendwie einrichten ließ, sich mit seinem Boss darüber noch einmal zu unterhalten. Ihm im Gespräch aufzuzeigen, dass sein Schützling nicht grundlos auf Michail losgegangen war, aber es ging einfach nicht. Egal, wie oft ich mir eine solche Unterhaltung ausmalte, ich fühlte mich jedes Mal einfach nur unwohl und verwarf den Gedanken dann auch recht schnell wieder. "Ich fahr zu dir, wenn es in Ordnung ist?", fragte ich murmelnd und richtete den Blick dann auch schon auf meine Füße, weil ich mir gar nicht ausmalen wollte, wie viele Teile des Norwegers ich von der Straße pflücken und zusammenschustern musste, wenn Hunter mit ihm fertig war. "Und warte da dann auf dich... ich...", ergänzte ich den vorangegangen Satz um ein paar Worte, brach den zweiten angefangenen Satz jedoch ab. Eigentlich hätte ich gerne so etwas gesagt wie 'Ich bereite des Erste-Hilfe-Koffer schon mal vor' oder zumindest etwas in diese Richtung. Allerdings waren das in meinen Augen keine besonders aufheiternden Worte. Also dachte ich kurzerhand um und formulierte beim Verstauen der Koffer und dem darauffolgenden Einsteigen ins Auto stattdessen: "Wenn du zurück bist, gucken wir einen Film oder kochen zusammen... Machen einfach irgendetwas kitschiges, okay?" Dabei zierte ein ehrliches und aufrichtiges Lächeln meine Lippen und ich beugte mich, kurz nachdem wir im Inneren der geräumigen Limousine die Sicherheitsgurte angelegt haben, zu Tauren rüber, um ihn zu küssen. Meinen Worten dadurch noch etwas mehr Gewicht zu verleihen. Vorausgesetzt, er war dann überhaupt noch in der Lage dazu, die Augen offen zu halten oder sich gar an den Herd zu stellen.
# Is it all a tragedy? Are we flashes in a rut going in and out of luck? Maybe. #
Es war reines Wunschdenken gewesen, dass mich die Vorkommnisse im Hause von Vahagns Bruder nach dem klärenden Gespräch mit meiner besseren Hälfte nicht mehr verfolgen würden. Ich konnte mir noch so oft selbst sagen, dass all das irgendwie egal war, solange nur die Brünette bei mir blieb und mich auffing - das hinderte die Gedanken trotzdem nicht daran, des nachts in meinem Unterbewusstsein weiterhin herumzustochern und mir dadurch einen erholsamen Schlaf vorzuenthalten. Mich schräge Situationen im Schlaf erleben zu lassen, die entweder Iljah und Hunter formten, wie sie sich darauf einigten mich doch einfach zu köpfen, oder es spielte sich noch ein weiteres Mal die Szene ab, die ich in Vahagns Zimmer gesehen hatte, kurz bevor ich ihrem widerlichen Ex-Freund das Messer in den Rücken gerammt hatte. Ich schlief mit der schönen Russin an meiner Seite zwar wieder deutlich besser als in der ersten Nacht im Hotel, die direkt auf unseren unangenehmen Streit gefolgt war, aber ich kam ja doch nicht richtig zur Ruhe. Nicht aber, weil ich ein schlechtes Gewissen bekam, sondern ganz einfach deswegen, weil ich nicht wusste was Hunter nun wirklich als Strafe im Sinn stand. Eigentlich war ja die Brandmarke in meinem Nacken schon die letzte Warnung gewesen - nur irgendwie doch nicht, weil ich seitdem ja durchaus noch weitere Male Anschiss kassiert hatte. Wann würde seine Geduld mit mir also endgültig am Ende sein? Er war schon am Telefon wahnsinnig wütend gewesen, vielleicht war das Limit jetzt ja erreicht..? Ich konnte es kein bisschen einschätzen. Vielleicht würde ich mich innerlich deswegen weniger kirre machen, wenn ich Vahagn nicht an meiner Seite hätte. Wenn es nach wie vor Niemanden gäbe, der unter meinem Verlust leiden müssen würde. Es blieb also für mich zu hoffen, dass der Amerikaner heute einen wirklich guten Tag hatte. Dass er mir überhaupt erst einmal zuhören würde, bevor er zu einer Strafe ansetzte und dass er mir vor allem auch glauben würde. Es stand dann natürlich Aussage gegen Aussage und ich konnte ihm logischerweise auch nicht sagen, dass meine Freundin schon seit geraumer Zeit Probleme mit ihrem Verflossenen hatte. Dass es eine lange Vorgeschichte gab, die ich kannte und der ich ganz einfach ein Ende hatte setzen wollen. Wenn ich die Brünette nicht ein weiteres Mal gegen mich aufhetzen wollte dürfte ich Hunter gegenüber lediglich an der Oberfläche von Alledem kratzen und das war nicht gerade hilfreich dafür möglichst unbeschadet aus Alledem herauszukommen. Viel mehr als blanke Hoffnung auf einen für seine Verhältnisse entspannten Amerikaner blieb mir demnach nicht übrig. Wenigstens waren die letztem Tage in Russland für mich nur noch wenig bis gar nicht stressig. Zwar war das erneute Aufeinandertreffen mit Iljah für ein paar letzte, abschließende Worte nicht unbedingt entspannend, aber es hätte wohl auch was das anging deutlich schlimmer kommen können. Das mulmige Gefühl im Bauch blieb mir trotzdem den ganzen Rückflug über nicht erspart und ich fand keine Sekunde lang genügend Ruhe dafür zu schlafen, obwohl das hinsichtlich der baldigen Konfrontation mit Hunter durchaus angebracht gewesen wäre. Natürlich stand es nicht ansatzweise zur Debatte mich in irgendeiner Form zu wehren, wenn er mir weiß Gott was für Verletzungen zufügte, aber geschärfte Sinne und vor allem Konzentration für eine mögliche Unterhaltung davor hätten mir trotzdem nicht schaden können. Ich hatte keine Angst vor den Schmerzen an sich, hatte mich mein kleiner Ausflug in den von schmierigen Italienern besetzten Hotelkeller doch noch ein ganzes Stück mehr abgehärtet - noch schlimmer zurichten könnte Hunter mich kaum, ohne mich gleichzeitig dem Sensenmann zu überreichen -, aber diese Unwissenheit bezüglich der Strafe machte mich halb wahnsinnig und dementsprechend gedanklich abwesend war ich wohl auch den ganzen Heimflug über. Kam erst wieder richtig zu mir, als ich Vahagn auf kubanischem Boden angekommen ihr Wort an mich richtete und mich damit aus dem immer gleichen Gedankenstrudel rauszog. Ich schüttelte kaum merklich den Kopf und sah dann zu ihr hin. Sie hatte ohnehin längst den Zweitschlüssel für meine Wohnung von mir gekriegt, damit sie nicht auf mich angewiesen war, weil meine Arbeitszeiten zum Ende hin ja nie wirklich fix waren und deshalb nickte ich schon bald. War sicher nicht verkehrt, wenn sie da war, wenn ich nachher von der netten Unterhaltung mit meinem Boss zurückkam. "Ja, mach das.", willigte ich vermutlich recht überflüssigerweise noch wörtlich ein, wenn auch eher nur gemurmelt. Verstaute kurz darauf schon mein Gepäck im Wagen und schloss danach dann den Kofferraum, bevor ich mich ebenso ans Einsteigen machte wie die junge Frau selbst. Irgendetwas Kitschiges klang schon jetzt wie Musik in meinen Ohren, würde ich das doch ziemlich sicher brauchen können, wenn ich erst einmal zurück war. Deshalb zuckten meine Mundwinkel auch ein kleines bisschen nach oben, noch bevor Vahagns Lippen auf meine trafen. Ich lächelte schwach in den Kuss hinein, streckte schon dabei meine Hand nach ihrer aus. Verschränkte meine Finger mit ihren, weil Körperkontakt zu der russischen Schönheit im Augenblick wohl das einzige war, das mir einen Hauch von all der inneren Unruhe nehmen konnte. Machen wir uns an dieser Stelle nichts vor, ich war für meine Verhältnisse auch nach außen hin gerade trotzdem ungewöhnlich unruhig, aber es würde zumindest ein kleines bisschen helfen die Fahrt über die Brünette noch bei mir zu haben. "Klingt gut... dann hab ich doch noch was, auf das ich mich heute freuen kann.", seufzte ich leise an ihre Lippen, blieb jenen auch nach dem Kuss recht nahe. Stahl mir letztlich noch einen zweiten, kurzen, aber liebevollen Kuss von ihr, bevor ich mich aus der recht schiefen Position löste und mich wieder gerade hinsetzte. Dem Fahrer nur eine kurze Anweisung dazu gab, wo er uns hinbringen sollte, bevor ich erneut zu meiner Freundin rübersah und der Wagen ins Rollen kam. "Nimmst du mein Zeug dann schonmal mit in die Wohnung?" Ich sparte mir den Zusatz 'weil ich nicht weiß, ob ich's später selber noch hochschleppen kann'. Erstens wäre es nur unnötige Hin- und Herschieberei meiner Tasche, wenn ich sie erst noch mit zum Treffpunkt nahm und zweitens wusste ich eben nicht, wie - oder ob - ich später Zuhause ankommen würde. War dementsprechend das Einfachste, wenn Vahagn sich der Tasche erst einmal annahm und ich hatte auch nicht mehr als das Nötigste mitgenommen. Sie würde sich also nicht mit einer gefühlten Tonne Gepäck herumärgern müssen.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Für Tauren sprach also absolut nichts dagegen, dass ich es mir bei ihm Zuhause bequem machen würde, was mich ehrlich gesagt auch nicht wirklich wunderte. Schließlich hatte ich bereits vor der Reise nach Russland einen Großteil meiner Zeit bei ihm in der Wohnung verbracht und war nur alle Jubeljahre mal in meine eigene zurückgekehrt. Meist nur dann, wenn mir wichtige Unterlagen für die Arbeit fehlten, denn ansonsten hatte ich doch so ziemlich alles in der Wohnung des Norwegers untergebracht. Selbst das meiste, was ich an Klamotten besaß, fand sich inzwischen in seinem Kleiderschrank wieder. Geplant war das so natürlich nicht gewesen, hatte sich aber irgendwann einfach ergeben, weil mir das ständige hin- und herpendeln einfach zu blöd geworden war, Tauren ebenso und bei den wechselnden Arbeitszeiten war es schwer, gemeinsam Zeit zu verbringen, wenn man dafür dann noch quer durch die Stadt fahren musste. Der junge Mann besaß zwar nach wie vor seine Maschine, aber ich konnte nachvollziehen, dass man nach einem anstrengenden Tag nur noch bedingt Lust hatte, sich spät in der Nacht noch auf das Motorrad zu setzen, um die Freundin zu besuchen. Da war es doch weitaus angenehmer, wenn letztere bereits im Pyjama auf der Couch lag und man sich nur noch dazugesellen musste, abschalten konnte. Für mich war das natürlich eine ganze neue Erfahrung und in der Anfangszeit hatte ich mir schwer damit getan, das einfach so passieren zu lassen, aber mittlerweile wiegten die Vorteilte die negativen Eigenschaften des Zusammenwohnens auf. Es war ja außerdem auch nicht so, als hätte ich keine andere Möglichkeit, mich zurückzuziehen. Wenn mir mal nicht der Tag nach Kuscheln oder Menschen sehen im Allgemeinen stand, dann verschanzte ich mich eben in meiner eigenen Wohnung und man sah sich für ein oder zwei Tage halt mal nicht. War auch kein Weltuntergang, was dadurch offensichtlich wurde, dass niemand von uns jämmerlich verendet war, nachdem wir vor der Abreise in getrennten Betten unterschiedlicher Räumlichkeiten gepennt hatten. Heute würde ich jedoch nur ungerne alleine ins Bett gehen, waren die Sorgen um Tauren doch nach wie vor präsent. Das wurde auch dann nicht besser, als ich merkte, wie der junge Mann - welcher sonst immer sehr gefasst und ruhig war - nicht weniger auf heißen Kohlen zu sitzen schien, als ich selbst auch. Wundern tat mich aber auch das nicht wirklich. Wir wussten nun mal beide, dass Hunter einen nicht mit Samthandschuhen anpackte, wenn man etwas so richtig verbockt hatte und einen Geschäftspartner zu verärgern, was in dem Sinne sicher kein Kavaliersdelikt. Allerdings kannte ich den Amerikaner nicht gut genug, um zweifelsfrei einschätzen zu können, wonach ihm denn heute eventuell der Sinn stehen würde. Ich konnte nur hoffen, dass der Norweger lebend und in einem Stück wieder zu mir zurückkehrte, weil ich noch nicht wirklich bereit war, ihn im Geiste zu verabschieden. Zwar konnte ich auch nicht wirklich sagen, wie ich reagieren würde, wenn Tauren tatsächlich nicht mehr zurückkäme und ich ihn irgendwann begraben müssen würde, aber eigentlich wollte ich mir darüber jetzt auch gar keine Gedanken machen. Lieber die ausgetauschten Zärtlichkeiten genießen, während ich mich langsam wieder an die warmen Außentemperaturen gewöhnte und gedanklich auf Kuba ankam. Ich erwiderte also auch den zweiten, von dem jungen Mann ausgehenden Kuss, während ich meine Finger mit den seinen verschränkte und mich zufrieden lächelnd schließlich wieder nach vorne drehte, um seinen folgenden Worten zu lauschen. Dabei hatte ich den Kopf leicht in den Nacken gelegt und die Augen geschlossen, weil die Tatsache, wieder heimischen, Michail freien Boden unter den Füßen zu haben einfach unglaublich beruhigend auf mich wirkte. Natürlich war die Konfrontation des Norwegers mit seinem Chef noch immer präsent, aber mein Körper rief nach der langen Reise trotzdem ziemlich lautstark nach ein bisschen Ruhe und da war es grundlegend egal, wie schnell sich die Gedanken in meinem Kopf um sich selbst kreisten. Einschlafen tat ich auf der Rückbank der Limousine jedoch nicht, wollte ich die wenigen Minuten vom Flugplatz bis zu Taurens Wohnung noch gerne bewusst mit ihm auskosten, bevor ich ihn dann zwangsläufig weiterfahren lassen musste. Also gab ich mir selbst einen Ruck, schlug die Lider wieder auf und drehte meinen Kopf, den ich an die im Auto dafür vorgesehene Stütze lehnte, in Richtung meines Freundes. "Ja, immerhin etwas...", bestätigte ich murmelnd, dass der Tag heute nicht nur Schlechtes für ihn bereit hielt, sondern ich durchaus bemüht war, das später eher verstimmte Gemüt wieder aufzuheitern. Blieb nur zu hoffen, dass er dafür dann auch empfänglich war, hatte sich an meiner kaum vorhandenen Geduld doch bis jetzt nichts geändert. Auch wenn ich mir inzwischen darüber im Klaren war, dass ich den jungen Mann wirklich zu lieben schien, würde es mich vermutlich nicht weniger nerven, wenn er auf so ziemlich gar keinen Versuch, seine Laune anzuheben, ansprang, wie das bei anderen normalerweise auch der Fall gewesen wäre. Was dann seine Klamotten anging, nickte ich überflüssigerweise nur noch einmal kurz, weil ich sie vermutlich so oder so mit in die Wohnung genommen hätte. Es handelte sich ja glücklicherweise nicht um allzu viele Taschen, da wäre das kein Problem, diese auch noch die Treppen mit nach oben zu schleppen. Ich bestätigte ihm im Anschluss dann auch noch mal verbal, dass ich mich seinem Gepäck annehmen würde, indem ich ein knappes "Mach' ich." von mir gab. Anschließend wurde es dann verhältnismäßig still, war ich nun doch auch ganz schön müde und geschlaucht von der Heimreise, sodass ich erst wieder mein Wort an den Norweger richtete, als das Auto vor seiner Wohnung zum Stehen kam und ich im Begriff war, auszusteigen. Ich atmete tief durch, seufzte dann leise und drückte die Finger des jungen Mannes - von denen ich mich die ganze Fahrt über nicht getrennt hatte - ein bisschen fester. "Wir sehen uns dann später...", hoffentlich, hätte ich gerne noch ergänzt, tat es aber nicht, als ich mich ein letztes Mal zu Tauren rüber beugte, um ihm einen besorgten, etwas langgezogenen Kuss auf die Lippen zu drücken. Ich zog den vorübergehenden Abschied wohl noch etwas in die Länge, wollte ich ihn doch eigentlich gar nicht gehen lassen, aber eine Alternativoption gab es keine. Demnach löste ich mich entsprechend widerwillig von dem gutaussehenden jungen Mann, um schließlich aus dem Auto auszusteigen und die Taschen aus dem Kofferraum zu kramen. Es folgte noch ein knapper Abschied an den Fahrer des Wagens und ein sehnsüchtiges Hinterhersehen des Autos, als dieses mit meinem Freund von Dannen zog, bis ich mich schließlich langsam in Bewegung setzte, um die Haustür anzusteuern. Ich wartete noch, bis die Rücklichter der Limousine gänzlich aus meinem Sichtfeld verschwunden waren, bis ich jene Tür aufschloss und mit dem Gepäck die Treppenstufen nach oben stieg. In der Wohnung angekommen, schob ich mir die Schuhe von den Füßen und hängte meine dünne Lederjacke - alles andere war, sobald man sich wieder in wärmen Regionen aufhielt einfach zu viel - an der Garderobe auf, bevor ich bestimmt fünf Minuten reglos im Flur herumstand. Mich erst einmal wieder an die verhältnismäßig kleine, bescheiden eingerichtete Wohnung gewöhnte, ehe ich mich dann langsam in Bewegung setzte, um mich wie geplant der Wäsche anzunehmen. Ein weiterer Vorteil, dass Tauren mich darum gebeten hatte, seine Tasche gleich mitzunehmen war, dass ich dessen Inhalt gleich mit in die Waschmaschine stopfen konnte, wobei es zum Aufhängen dann aber gar nicht mehr kommen sollte. Denn als die Trommel sich zu drehen begann, hatte ich eigentlich vorgehabt, mich lediglich für ein paar Minuten auf das Sofa zu legen, nachdem ich mir in der Küche eine Kleinigkeit zu Essen gemacht und eine Wasserflasche aus dem Kühlschrank mitgenommen hatte. Als ich jedoch vollgefressen und mit eingeschaltetem Fernseher auf der Couch Platz genommen hatte, fing ich schon bald an, vor mich hinzudösen und auch wenn mich die Gedanken an einen malträtierten Freund grundsätzlich immer mal wieder in die Gegenwart zurückholten, schlief ich ja irgendwann dann doch ein, nur um einige Stunden später dann von einer zufallenden Tür aus dem Schlaf gerissen zu werden.
# Is it all a tragedy? Are we flashes in a rut going in and out of luck? Maybe. #
Meine Sachen würden ihr Dasein also nicht vorübergehend auf der Treppe im Inneren des Hauses fristen müssen, sondern Vahagn würde sie gleich mit hoch nehmen. Es wäre wirklich angenehm, wenn meine einsamen Klamotten gerade die einzige Sache wären, über die ich mir Gedanken machen müsste. Ich nickte nur noch einmal langsam, als die Brünette unweit von mir bestätigt hatte sich darum zu kümmern. Weil Schweigen eintrat richtete ich meine Augen schon bald abwesend aus dem Fenster, strich aber unterbewusst den ganzen gemeinsamen, restlichen Weg über den Handrücken der jungen Frau. Hätte sie auch dann am liebsten nicht losgelassen, als der Wagen das erste Mal anhielt und es für sie schon viel zu früh Zeit zum Aussteigen war. Ich drehte meinen Kopf automatisch wieder zurück zu Vahagn, die kurz darauf zu ein paar letzten, verabschiedenden Worten ansetzte. Bevor ich aber etwas darauf erwiderte, genoss ich erst einmal den vorerst letzten Kuss der brünetten Schönheit. Versuchte die daraus resultierenden, positiven Gefühle förmlich in mir aufzusaugen und hob noch während des Kusses die Hand an ihre Wange, um dort über die weiche Haut zu streichen. Nur für den Fall, dass ich ein paar Tage lang gefühlt keinen Arm heben konnte. Trotzdem konnte mir auch der lange, innige Kuss die innere Unruhe nicht nehmen. Den Sturm in meinem Kopf zwar für einen Augenblick lang beruhigen - für dieses kurze Aufatmen war ich auch wirklich dankbar -, aber als sich Vahagns sinnliche Lippen wieder von meinen lösten, seufzte ich ja doch einmal leise. "Bis dann.", war alles, was ich murmelnd zum Abschied von mir gab. Strich noch ein letztes Mal mit dem Daumen über ihren Wangenknochen, bevor sie sich von mir abwendete und meine Hand sich dadurch automatisch von ihr löste. Ich sah der Russin ziemlich wehmütig nach, solange sie sich noch in meinem unmittelbaren Blickfeld befand. Das Auto setzte sich auf mein Geheiß wieder in Bewegung und kurz nachdem ich die Brünette aus den Augen verlor lehnte ich stumpf meinen Kopf an die Fensterscheibe unmittelbar neben mir. Schloss für einige Sekunden lang die Augen und versuchte tief durchzuatmen. Hätte ich ihr noch einmal sagen sollen, dass ich sie liebte? Nur für den Fall, dass ich nicht zurück kam? Vielleicht. Aber ich hatte nicht gewollt, dass es zu sehr nach einem endgültigen Abschied klang. Ich wollte und würde zurückkommen, hatte bisher immer einen Weg dazu gefunden den absolut tödlichen Amerikaner davon abzubringen, mich endgültig dem Erdboden gleichzumachen. Nur war das leider so gar keine Garantie dafür, dass ich das auch heute schaffen würde. Er war schließlich schon ein paar Mal kurz davor gewesen, mich umzunieten und ich war mir auch ziemlich sicher, dass er mich bei den Italienern eigentlich hatte loswerden wollen. Hatte nur nicht funktioniert, beruhigte mich gerade aber auch so gar nicht. Deshalb verwarf ich den Gedanken daran so gut es ging wieder und öffnete die Augen. Auch die vorbeiziehenden Häuserfassaden konnten mich nicht wirklich beruhigen und mein Puls beschleunigte sich unweigerlich, als ich schließlich an der Fabrik etwas außerhalb der Stadt ausstieg, die ich ehemals mit ausgeräumt hatte. Deren Untergeschoss mittlerweile dazu diente die falschen Geldscheine zu drucken, während die eigentliche Halle darüber nur als Lagerraum fungierte. Trotzdem war das Gelände schwer bewacht und es begrüßten mich bereits am vorderen Eingangstor zwei von Hunters Schergen mit ihren Maschinengewehren in den Händen. "Schöner Tag zum Sterben, findest du nicht, Tauren?", flötete mir einer von beiden entgegen, als er mir das etwas schwerfällige, hohe Metalltor aufmachte. Ich sah ihn zwar vollkommen stumm, aber dennoch vielsagend an. Mir war nun wirklich nicht nach blöden Sprüchen, die er sich definitiv sparen würde, wenn er nicht wüsste, dass ich gerade bis zum Hals in der Scheiße stecken würde. Normalerweise wäre ich schließlich sein Vorgesetzter, aber er war zumindest so gut die Klappe zu halten bis ich letztlich das Tor an der Grundstücksgrenze passierte und danach dann mit steigendem Puls den Eingang ansteuerte. Mich durch die ebenfalls bewachte Lagerhalle auf die Metalltür zur Treppe nach unten zubewegte. Die Hand auf die Klinke legte und noch ein weiteres Mal ganz tief durchatmete, bevor ich die Tür aufmachte und nach unten ging. Schon am unteren Ende der Treppe angekommen sah ich Hunter durch die offene Tür am Ende des etwas längeren Gangs. Er lehnte in seinem Bürostuhl, die Füße mitsamt Stiefeln schräg auf dem Schreibtisch abgelegt. Drehte ein durchgehend schwarzes Militärmesser in seiner Hand vor sich hin, während er mich mit diesem mir nur allzu bekannten, stechenden Blick fixierte, der für sich allein schon gefühlt tödlich war. Aber ich hielt dennoch nicht inne, sondern ging zielstrebig weiter in seine Richtung. Als ich die Türschwelle zu seinem Teilzeitbüro übertrat bedeutete er mir mit einer schwachen Kopfgeste mich auf den Stuhl gegenüber zu setzen. Ich tat mit einem sichtbaren Nicken wie mir geheißen und parkte meinen Hintern auf dem nur spärlich gepolsterten Stuhl. Danach passierte erst einmal gar nichts, außer, dass der Tätowierte gegenüber mich sicherlich zwanzig Minuten lang anstarrte. Wohl hoffte, dass ich dadurch irgendwann einfach wild drauf los plauderte und mir noch mehr ins eigene Fleisch schnitt, aber diese Zermürbe-Taktik funktionierte bei mir schon seit einer ganzen Weile nicht mehr. Also nahm er die Füße runter, rollte an den Tisch ran und rammte das Messer mit ziemlicher Wucht in die hölzerne Tischplatte, was mich zusammenzucken ließ. "Na schön, Tauren... dann erklär' mir doch mal, warum zum Teufel du es für richtig hältst meinem Geschäftspartner auf der Nase herumzutanzen.", bat er mich in gefährlich ruhigem Tonfall um eine Erklärung und kniff die Augen leicht zusammen, ohne mich aus seinem Blick zu entlassen. Ich räusperte mich ein klein wenig und faltete die Hände vor meinem Magen, bevor ich ihm die Situation schilderte. Natürlich so, wie sie wirklich gewesen war und nicht die leere Es-Ist-Gar-Nichts-Passiert-Fassung von den Gniwek-Geschwistern. Sagte ihm, dass ich Vahagn lediglich hatte beschützen wollen, was im Grunde ja eigentlich auch in seinem Sinn sein müsste. Schließlich gehörte sie auch mit zu seiner geschäftlichen Konstellation, ihre Unversehrtheit sollte ihm also - wenn auch nicht so sehr wie mir - am Herzen liegen. Außerdem sagte ich ihm auch, dass es zu dieser ganzen Sache eine ungute Vorgeschichte gab, die lediglich nicht ans Licht kommen sollte. Um was es dabei konkret ging ließ ich der Russin zur Liebe natürlich gänzlich weg. Hunter lachte leise, sehr bitter auf, kurz bevor er das durchweg psychotische Lächeln aus seiner Trickkiste packte. "Und wieso genau sollte ihr dir das glauben, Tauren? Es wäre nicht das erste Mal, dass du mir etwas verschweigen oder mich anlügen würdest.", stellte er mir trocken die nächste Frage, ohne mich aus seinen Augen zu entlassen. Als ich zum Reden ansetzte stand er jedoch langsam auf und dadurch allein setzte mein Herz zum nächsthöheren Gang an. "Was hätte ich denn davon, sinnlos Iljahs Mitbewohner abzustechen, Hunter? Wir wissen beide, dass das nicht meine Art ist. Ich bin nicht wie du." Ich wusste nicht, warum mir der letzte Satz über die Lippen rutschte. Denn auch, wenn es natürlich nichts als die Wahrheit war, waren wir beide doch so verschieden wie Tag und Nacht, reizte das den Amerikaner unnötig. Seine Bewegungen beschleunigten sich und er zog das Messer aus dem Tisch, als er bei mir ankam. "Genau das ist das Problem." Er setzte die Spitze des Messers an meine Kehle. Drückte minimal zu, was jedoch reichte, um den ersten Blutstropfen an meiner Kehle hinunterlaufen zu lassen. "Du bist nicht so loyal wie ich, Tauren. Deine Handlungen sind immer an deine beschissenen Gefühle geknüpft und das ist wirklich ein lästiges Problem." Er drückte fester zu, was mich instinktiv den Kopf nach hinten nehmen ließ. Hunter machte mir bei meiner Flucht allerdings einen Strich durch die Rechnung. Stellte sich hinter mich und zog mir den Kopf an den Haaren in den Nacken. So weit wie nur möglich, damit ich trotzdem zu ihm aufsehen musste, während er die Klinge diesmal mit der Klinge erneut an meinen Hals legte. "Würdest du einfach so dabei zusehen, wenn irgendein Kerl sich Cosma aufdrängt, nur weil er einer deiner Geschäftspartner ist?", stellte ich ihm eine sehr gewagte, leicht kratzige Gegenfrage, weil sich in dieser Haltung wirklich nicht gut sprechen ließ. Er funkelte mich wütend an und setzte daraufhin zum ersten Schnitt an. Ich sah schon mein Leben an mir vorbeiziehen, aber er schnitt gar nicht tief, obwohl das bei der Schnelligkeit seiner Bewegung durchaus zu vermuten gewesen wäre. Es war zugegeben auch jetzt immer noch ein bisschen beängstigend, wie unfassbar präzise er mit sämtlichen seiner teilweise tödlichen Handbewegungen war. Statt aber zu röcheln, weil mir Blut in die Luftröhre lief, verzog ich bei dem brennenden Schmerz des Schnitts lediglich das Gesicht. "Nein, würde ich nicht. Der Unterschied ist aber, dass es dann immer noch mein Geschäftspartner ist und nicht deiner. Lern endlich wo dein Platz ist, du ignorantes Stück Scheiße.", spuckte er mir einige Worte förmlich ins Gesicht, bevor er mir das Gesicht geradewegs auf den Tisch knallte. Ich war mir im ersten Moment nicht sicher damit, ob er mir damit die Nase gebrochen hatte, weil der Schmerz in meinem Gesicht so dumpf und penetrant war, dass er mir gefühlt alles betäubte. Ich nichts mehr spürte außer dem dröhnenden Kopf und dem stumpfen Schmerz in meinem Gesicht. Außerdem drückte er mir das Gesicht auch weiterhin gegen die Tischplatte, hob das Messer stattdessen in meinen Nacken. "Weißt du, Tauren... unabhängig davon, ob du mir hier die Wahrheit erzählst oder nicht, könnte es mir theoretisch wirklich scheißegal sein, wenn du Michail umgelegt hättest. Es würde mich nicht mal interessieren, solange man es dir nur nicht hätte nachweisen können. Aber nein - du musst immer wieder auf all die Dinge scheißen, die ich dir schon seit einer Ewigkeit einzutrichtern versuche, nur weil du deine nutzlosen Gefühle nicht unter Kontrolle hast.", redete Hunter zynisch weiter vor sich hin, zeichnete dabei langsam mit dem Messer die Narbe in meinem Nacken nach. Schnitt zwar nicht so tief wie einst, hinterließ aber doch wieder Schnitte in meiner Haut. Als wäre die Narbe nicht schon dick und hässlich genug. Aber ich mahlte lediglich mit dem Kiefer, schluckte den Schmerz runter und kniff die Augen zusammen, gab keinen Ton von mir. "Und weil wir beide inzwischen wissen, dass du gegen rein körperliche Folter sowas wie immun bist, muss ich jetzt wohl leider, leiiider andere Karten ziehen." Er hob meinen Kopf ruckartig zurück in seine vorherigen Position an, was mir erneut Schmerzen am Hals einbrockte und mich aufächzen ließ. Mir lief das Blut aus der Nase über die Lippen und es dauerte nicht lange, bis ich das Eisen schmeckte. "Du wirst zu Ashton ziehen... mindestens für einen Monat. Und du wirst arbeiten, bis du tot umfällst, darauf kannst du Gift nehmen.", zischte er zu mir runter und bis dahin erschloss sich mir noch nicht zu einhundert Prozent, was er mit dem Umzug genau im Sinn hatte. "Du darfst sie genau einmal zur Halbzeit anrufen. Sollte ich dich dabei erwischen, wie du versuchst Vahagn ab davon zu erreichen oder sie zu sehen, bist du ein toter Mann." Mein Blick wurde schlagartig ein ganzes Stück weicher und deutlich unruhiger als zuvor, während der Amerikaner mir das Blut am Messer mit der flachen Seite der Klinge an die Wange schmierte. Das konnte er doch jetzt nicht ernst meinen. Die Beziehung zu der Brünetten war nach dem Streit noch nicht ansatzweise fertig repariert, uns jetzt auseinanderzureißen würde es nicht gerade besser machen. Es war wieder einer dieser Momente, in denen ich mir wünschte, dass Hunter ein Stück weit dümmer wäre. Nicht wüsste, wie er sich meine Schwäche zu Nutzen machen konnte. Er ließ mich mit dieser Aktion überdeutlich spüren, wie sehr er mich eigentlich in der Hand hatte. Dass ich nichts weiter als ein mordender Wachhund war, der am Hundehalsband zurückgezogen und sinnbildlich verprügelt wurde, sobald er Mist baute. Es wäre kein Stück übertrieben zu sagen, dass ich ihm gehörte. Er konnte noch so oft sagen, dass wir im Grunde durchaus sowas wie eine Familie waren, die sich gegenseitig den Rücken freihielt - wenn es für ihn drauf ankam, dann richtete er seine Brüder hin. Es reichte für ihn ja, wenn sie innerlich tot genug waren, um ihm blind hinterherzulaufen, es musste gar kein körperlicher Tod sein. "Ashton wird dir noch eine Software aufs Handy ziehen, damit ich sicher gehen kann, dass du keinen Unsinn machst, Kleiner.", ließ er mich zum Abschluss noch wissen, dass er mich zu allem Überfluss quasi 24/7 überwachen würde und das wohl nicht nur mittels Spionage auf meinem Handy, sondern wahrscheinlich auch durch seine rechte Hand selbst. Er sah mich nur noch einen kurzen Moment lang an, bevor er mir das Gesicht ein weiteres Mal nach vorne auf den Tisch schlug. Dieses Mal biss ich mir dabei auf die Lippe und der Blutgeschmack wurde postwendend noch viel intensiver. Aber er ließ mich daraufhin tatsächlich los und ich atmete schwer auf, als ich mich unter Schmerzen wieder aufrichtete. Hustete und die rechte Hand anhob, um mir die Lippe abzutasten. Sie war aufgeplatzt und ich sog scharf die Luft ein, ließ die Hand wieder sinken. "Er wartet draußen auf dich. Du wirst deine Sachen holen und keine Minute mehr als nötig damit verschwenden.", erteilte er mir eine letzte Anweisungen und bedeutete mir dann mit einer fuchtelnden Bewegung des Messers in seiner Hand aufzustehen. Mit einem jetzt doch deutlich dünner klingenden "Verstanden." stand ich langsam auf, stützte mich dabei etwas auf die Tischkante vor mir. Im ersten Moment drehte sich alles um mich herum und Hunter nutzte diesen Moment, um mir das Messer auf Höhe der Niere in den Rücken zu stechen. Nur so tief, wie die Organe unter der Schutzschicht aus Muskeln unbeschadet blieben, aber er entlockte mir damit dann doch noch einen leisen, schmerzverzerrten Aufschrei. Ich hielt mich krampfhaft an der Tischkante fest, als er die Klinge wieder hinauszog und im Anschluss noch einen Querschnitt über den Stich zog. "Damit du diesen Fehler auch ja nicht vergisst.", knurrte er mir noch ein paar letzte Worte ans Ohr, bevor er mich in Frieden ließ und wenige Sekunden später den Posten auf seinem Stuhl erneut bezog. Es dauerte etwa eine Dreiviertelstunde, bis Ashton den Wagen nach meiner Auseinandersetzung mit Hunter schließlich am Straßenrand nahe meiner Wohnung anhielt. Ich hatte mein Shirt in der Zwischenzeit ausgezogen, es an meiner Rückenverletzung zwischen den Autositz und meinen Körper geklemmt. Das dämmte die Blutung zumindest ein bisschen ein und ich fing unter den anhaltenden Schmerzen sowieso ziemlich zu schwitzen an. Immerhin schien die Nase aber nach einem prüfenden Blick in den Spiegel über dem Beifahrersitz nicht gebrochen zu sein. Geschwollen war sie trotzdem - ebenso wie meine Unterlippe -, während auch mein rechter Wangenknochen blau anzulaufen begann. "Ich geb' dir zwanzig Minuten. Lass es mich nicht bereuen.", zeigte Ashton sich sehr gnädig, als ich gerade die Beifahrertür aufschob. Ich sah ihn noch einen Moment lang über meine Schulter hinweg an, aber er schien diesen kleinen Zeitpuffer ernst zu meinen und ich ließ ihm ein knappes, aber aufrichtiges "Danke." zukommen, bevor ich mich auf den Weg nach oben machte. Das Shirt hielt ich auf Höhe der Stichwunde fest, während die Treppenstufen nach oben schleppte. Schließlich auch mit schmerzverzerrtem Gesicht die Wohnungstür aufschloss, nur um sie danach plump zurück in den Türrahmen zu schubsen. Ich schob mir die Schuhe gar nicht erst von den Füßen, sondern ging mit weiterhin leicht schwächelndem Kreislauf gen Wohnzimmer, weil ich die Russin dort am ehesten vermutete. Die schien bis jetzt geschlafen zu haben, machte sie mir doch einen noch leicht verpennten Eindruck auf dem Sofa. Sie sah mich dennoch bereits an, als ich mich mit leicht gekrümmter Körperhaltung mit der Schulter an den Türrahmen lehnte. "Kannst du..? Er hat mir in den Rücken gestochen.", formte ich eine indirekte Bitte um ihre Mithilfe was die Stichwunde an meinem Rücken anging, deren Schmerz sich mittlerweile gefühlt durch meinen gesamten Oberkörper zog. Der Schnitt vorne am Hals war dagegen schon gar nicht mehr der Rede wert, würde mit Glück doch nur eine dünne Narbe zurückbleiben. Die Narbe in meinem Nacken hingegen würde wohl noch hässlicher und dicker werden, als sie ohnehin schon war. Als würde sie nicht sowieso schon jedem förmlich ins Gesicht springen, der meinen Hinterkopf sah.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Es wäre vermutlich ein Leichtes für meinen Körper gewesen, zurück ins Land der Träume zu finden, hätte ich die Augen einfach wieder zugemacht. Von ausgeschlafen oder auch nur erholt war ich nämlich trotz mehrerer Stunden Schlaf nach wie vor ziemlich weit entfernt, aber mein Unterbewusstsein hielt mir, kaum hatte ich die Lider aufgeschlagen, rekordverdächtig schnell vor Augen, dass einfach wieder einzuschlafen definitiv nicht zur Debatte stand. Denn es schossen mir sofort unzählige Bilder von einem unkenntlich geschlagenen Gesicht, sowie abgetrennten Gliedmaßen durch den Kopf, die mich binnen weniger Sekunden in eine sitzende Position aufrichten und meinen Blick in Richtung Tür schnellen ließ. Obwohl ich sonst verhältnismäßig paranoid war, Haustüren gerne doppelt und dreifach verschloss, während sämtliche Fenster über Nacht verriegelt wurden, zweifelte ich in diesem Augenblick trotz meines schlaftrunkenen Zustandes keine Sekunde daran, dass es Tauren war, der sich schwerfällig durch den Flur in Richtung des Wohnzimmers schleppte. Eben kein Einbrecher sein Glück hier versuchen würde - was mich bei der Gegend hier allerdings auch wirklich wundern täte, gab es doch sicherlich in kaum einer der Wohnungen wirklich etwas zu holen - und glücklicherweise sollte ich damit auch Recht behalten. Ich atmete hörbar erleichtert aus, als ich die blonden Locken im Türrahmen erspähte, weil diese doch ein eindeutiges Indiz dafür waren, dass ihr Träger noch lebte und das war im Moment primär das, was zählte. Um alle erdenklichen Arten von Verletzungen konnte man sich kümmern, sie behandeln, während Tote ins Reich der Lebenden zurückzuholen nach aktuellem Stand der Wissenschaft nur sehr begrenzt, bis eigentlich gar nicht möglich war. Dementsprechend froh war ich also, seine Stimme zu hören, als ich mich gerade von der Couch erhob und in Richtung des halbnackten Mannes stolperte - buchstäblich, war mir beim Schlafen wohl eines der Sofakissen auf den Boden gefallen und da meine gesamte, durch die Müdigkeit stark eingeschränkte Aufmerksamkeit vollumfänglich auf dem Norweger lag, trat ich natürlich prompt drauf und fiel beinahe hin. Noch bevor ich bei ihm angekommen war, analysierte ich flüchtig mit müden Blicken das Ausmaß seiner Verletzungen und musste gestehen, dass er für die Art von Verbrechen noch relativ glimpflich davon gekommen zu sein schien. Klar, die Stich- und Schnittwunden waren alles andere als schön und bereiteten ihm sicherlich höllische Schmerzen, genauso wie die aufgeplatzte Lippe, aber im Verhältnis zu einem abgetrennten Finger oder vom Fleisch gezogener Haut erschien mir Hunters Bestrafung irgendwie... mild. Vor allem deshalb, weil der Blonde bereits in der Vergangenheit einige Fettnäpfchen mitgenommen hatte und der Amerikaner nun wirklich kein Mensch von großer Geduld war oder unzählig viele Chancen gab. Anstatt mich darüber jetzt aber zu wundern, nickte ich die indirekte Bitte um Mithilfe meines Freundes stillschweigend ab und bedeutete ihm mit einer aussagekräftigen Handbewegung, mir ins Badezimmer zu folgen. Ich wollte ihn ungern auf dem Polster der Couch Platz nehmen lassen, schien vor allem die den Rücken betreffende Stichwunde noch immer zu bluten. Bevor also die Sofagarnitur auf dem Müll landete, sollte er lieber das geflieste Bad vollsauen, das ließe sich im Nachhinein deutlich einfacher reinigen. Außerdem befanden sich ohnehin sämtliche Erste-Hilfe-Utensilien dort, so blieb mir auch das lästige hin- und herlaufen erspart. "Wie ist es gelaufen?", fragte ich murmelnd, als ich den jungen Mann bat, auf dem geschlossenen Toilettendeckel Platz zu nehmen, während ich mich zuallererst um ein paar Schmerzmittel kümmerte, mich denen sich Tauren in der Zwischenzeit betäuben konnte. Ich nahm ihm das mit Blut durchtränkte Shirt ab und drückte ihm stattdessen eine Tablette in die Hand, die er mit einem Schluck Wasser aus dem Glas, welches in der Regel unser beider Zahnbürsten beherbergte, runterspülen sollte, sodass ich mich im direkten Anschluss daran um die Desinfektion der Wunden kümmern konnte. Dabei sah ich ihn durchweg wehleidig an, war inzwischen auch wieder deutlich wacher, als noch vor wenigen Minuten im Wohnzimmer, was gut war, weil ich die Konzentration bei der Wundversorgung einfach brauchte. Der Norweger hatte wegen mir bereits ausreichend gelitten, ich musste es nicht noch schlimmer machen, als es das ohnehin schon war. Ich tupfte gerade das bereits angetrocknete Blut um die Einstichwunde am Rücken weg, als ich erneut mein Wort an ihn richtete. Damit einfach noch mal klarstellen wollte, dass mir durchaus bewusst war, dass es eben nicht besonders gut gelaufen sein konnte, weil er andernfalls kaum derart zugerichtet worden wäre, aber ich wollte, dass er ins Detail ging. Mir sagte, wie die Unterhaltung abgelaufen war, wobei mich das grundlegend eigentlich kaum interessieren brauchte. Aber ich war neugierig, ein Stück weit noch immer paranoid und wollte deshalb gerne wissen, ob er Hunter gegenüber in Sachen Michail ausgepackt hatte oder aber die Informationen auf ein absolutes Minimum beschränkt hatte. Natürlich gab es weitaus Wichtigeres, um das ich mir jetzt viel eher hätte Gedanken machen sollen, aber es wäre gelogen, würde ich behaupten, dass es mich nicht stören würde, dem Amerikaner irgendwann noch einmal über den Weg zu laufen mit dem Wissen, dass er pikante Details aus meiner Vergangenheit kannte. Mochte sein, dass ihm das auf rein geschäftlicher Ebene absolut gar keinen Vorteil versprechen würde, aber Hunter wäre nun mal nicht Hunter, wenn er es nicht trotzdem schaffen würde, mir irgendeinen unschönen Mist auf Grundlage eben dieser Informationen vor die Füße zu spucken. Er konnte und würde mir daraus sehr wahrscheinlich einen Strick binden. Wie der aussah und was ihm der letztlich brachte, das wusste ich nicht, war aber auch nicht sonderlich erpicht darauf, es rauszufinden. Tauren täte sich demnach wirklich gut daran, wenn er aus seinem Fehler gelernt und seinem Boss gegenüber den Rand gehalten hatte, weil ich sonst ehrlich gesagt nicht wusste, ob mich ein Leben irgendwo anders auf der Welt nicht doch eher ansprechen würde, als weiterhin hier auf Kuba zu verweilen, wo ich augenscheinlich dann auch nur belogen und hintergangen worden war. Noch stand ich der Sache aber recht positiv gegenüber und formulierte meinen vorangegangenen Satz erst einmal neu. "Ich meine... ich kann sehen, dass er dich übel zugerichtet hat, aber... bei aller Liebe, ich habe es mir schlimmer vorgestellt.", redete ich weiter nur eher leise vor mich hin, schmiss gen Ende dann den schmutzigen Tupfer, welchen ich gemeinsam mit dem Desinfektionsmittel und Verbandsmaterial aus einem der Badezimmerschränke gekramt hatte, ins Waschbecken und hielt inne. Weil ich mich bedingt durch die Höhe der Verletzung etwas hinknien musste und somit seitlich neben dem Norweger hockte, rückte ich etwas weiter nach vorne, um in Taurens Sichtfeld zu gelangen, damit ich ihn ansehen konnte. Er sollte aus meinem Gesicht lesen können, dass ich mit meinen Worten nicht darauf hinauswollte, dass er nur oberflächlich und überhaupt nicht schlimm zugerichtet worden war, sondern es eben einfach... noch schlimmer ging und wir waren uns wohl beide einig, dass eine aufgeplatzte Lippe, sowie der Seitenhieb mit dem Messer nach der Geschichte noch ein mehr oder weniger gnädiges Urteil war. Als ich die Wunde an seinem Rücken versorgt hatte, fiel mir zwar auch die bereits vorhandene Narbe in seinem Nacken auf, die ebenfalls unter Hunters Wut gelitten zu haben schien, aber auch das würde verhältnismäßig schnell wieder abheilen, weshalb mich das ungute Gefühl beschlich, dass diese Verletzungen noch lange nicht das Ende der Fahnenstange waren, auch wenn ich es mir vielleicht gewünscht hatte.
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Vahagn brauchte nicht lange, um meiner Bitte nachzukommen und so schleppte ich mich schon bald mit ihr weiter ins Badezimmer. Warf dort im Vorbeigehen einen Blick in den Spiegel, der mir ziemlich deutlich zeigte, dass ich schon besser ausgesehen hatte - schlimmer allerdings auch. Was die körperlichen Folgen anbelangte war Hunter für seine Verhältnisse wirklich sanft mit mir umgegangen. Was der Grund dafür war, hatte er mir aber auch gesagt: Es brachte ihm eben einfach nichts, hatte noch nie große Wirkung bei mir erzielt. Schmerz und mein Körper ganz allgemein war nicht meine Schwachstelle. Es war das Herz. Meine Gefühle, die ihm - und damit irgendwie auch mir - immer wieder im Weg standen. Meine Nase hatte inzwischen schon zu bluten aufgehört, während die Lippe noch immer leicht vor sich hin tropfte und deshalb griff ich auch nach dem Klopapier neben der Toilette, als ich mich mit einem leisen, schmerzlichen Stöhnen auf den Klodeckel hatte sinken lassen. Während Vahagn ihre Frage an mich richtete knüllte ich die zwei Blätter Klopapier in meiner Hand zusammen, um sie im Anschluss daran an meine geschwollene Unterlippe zu drücken. Auch dabei verzog ich das Gesicht ein weiteres Mal, ließ mir das Shirt noch von der Brünetten abnehmen und nahm stattdessen dankend die Pille an mich, wartete mit einer Antwort auf ihre Frage auch noch bis ich die Tablette runtergeschluckt hatte. Gab ihr auc das Glas noch zurück und drückte danach das Knäuel aus Klopapier wieder an meine brennende Lippe. "Naja... wie man's nimmt...", grummelte ich nicht allzu laut vor mich hin, war das Sprechen doch allgemein gerade ziemlich unangenehm. Mir tat bei Regung von ganz gleich welchem Gesichtsmuskel sowohl die Nase, als auch die Lippe und der geprellte Wangenknochen weh. Es fiel mir auch etwas schwer mich wirklich auf eine vernünftige Antwort zu konzentrieren, weil die Brünette damit begann sich der Wunde an meinem Rücken zu widmen und das ganz einfach unfassbar unangenehm war. Nicht vergleichbar mit all dem Schmerz, den ich wegen den Italienern hatte aushalten müssen, aber ich könnte dennoch wirklich gut auf die Stichwunde verzichten. Sie würde noch tagelang bei jeder Bewegung meines Körpers wehtun, weil sie an einer ungünstigen Stelle lag und die Arbeit - die laut Hunter ja nicht gerade weniger werden würde - forderte ziemlich sicher das dauerhafte Zudröhnen mit Schmerzmittel. Allerdings war das aktuell eher das geringere Problem, graute es mir doch jetzt schon davor die Russin für mindestens viereinhalb Wochen lang nicht zu sehen. So wie ich Hunter kannte würde er die Frist ganz nach Belieben noch weiter ausdehnen, wenn ihm der Wind gerade in die richtige Richtung dafür wehte. Ich täte also gut daran mir auch bei der Arbeit an sich nichts zu schulden kommen zu lassen - unabhängig davon Vahagn nicht zu kontaktieren. Letztere schien dem Frieden meiner optisch verhältnismäßig milden Strafe nicht recht trauen zu können und hakte noch weiter nach, was ihr kaum zu verdenken war. Meine Augen fanden für einen Moment lang die ihren und ich wusste schon, wie sie all das meinte. Es war schließlich der cholerische Amerikaner, von dem wir hier redeten und ich hatte ihn schon oft andere Menschen sehr übel zurichten sehen. Konnte mir auch bis jetzt nicht wirklich erklären, warum er ausgerechnet mit mir so unendlich viel Geduld zu haben schien - aber ihm was das anging reinzureden stand mir eher nicht im Sinn. Nahm das Glück, das ich was das anging zweifelsfrei hatte, ganz einfach nur dankend an. "Das hier ist ja auch nicht die eigentliche Strafe. Um Hunter zu zitieren: Weil wir beide inzwischen wissen, dass du gegen rein körperliche Folter sowas wie immun bist, muss ich jetzt wohl leider andere Karten ziehen.", äffte ich den Amerikaner gehässig und trotz des schmerzenden Gesichts etwas übertrieben nach. "Ich weiß nicht, ob er mir geglaubt hat, dass ich einen guten Grund dafür hatte... ich konnte ja nicht näher auf die Sache eingehen, aber ich glaube, dass das für ihn auch gar keine Rolle spielt. Es geht ihm nicht darum, dass ich Michail verletzt habe, sondern darum, dass ich... ihm mit meinem Kopf und meinen Gefühlen im Weg stehe.", redete ich so vor mich hin, schilderte meiner Freundin meine Sicht der Dinge und ließ sie im gleichen Atemzug auch wissen, dass sie sich keine Gedanken darüber machen musste, dass ich wiederholt etwas ausgeplaudert hatte. Ich hatte nicht vor die gerade erst notdürftig wieder gekittete Beziehung gleich wieder mit Vollgas an die Wand zu fahren. Umso schlimmer war es der Brünetten jetzt beichten zu müssen, dass mein Chef mir für den kommenden Monat quasi vorschrieb, den Kontakt zu ihr abzubrechen. Dass ich dem im Grunde absolut gar nichts entgegenzusetzen hatte und mir nicht wirklich etwas anderes übrig blieb, als es so hinzunehmen, wenn mein Kopf nicht rollen sollte. "Er zwingt mich für mindestens einen Monat lang zu Ashton zu ziehen, Vahagn. Er wartet unten... ich bin im Grunde nur hier, um meine Sachen zu holen.", setzte ich zur Erklärung an, richtete noch währenddessen den Blick nach unten auf den Klodeckel. "Ich darf dich nicht sehen, keinen Kontakt zu dir haben. Das Einzige, was er mir gestattet, ist ein Anruf nach zwei Wochen.", komplettierte ich die Worte des Amerikaners für die Brünette und wurde dabei immer leiser, weil ich mich ganz einfach schrecklich dabei fühlte. War schließlich zu großen Teilen meine Schuld, dass wir da jetzt durch mussten - weil ich meine Gefühle nicht unter Kontrolle hatte. Weil ich ein Herz hatte. Weil ich Michail ganz einfach sofort hatte tot sehen wollen, statt auf einen günstigen Moment dafür zu warten, wie Hunter es allen seiner Schergen vehement eintrichterte. Töte wen du willst, solange es mir bei meinen Geschäften nicht im Weg steht und es dir keiner nachweisen kann. Das war so ziemlich alles, woran man sich in dieser Hinsicht halten musste und ich bekam es nicht hin, weil... ja, weil ich nun mal kein herztotes Arschloch war. Es war absolut menschlich seinen Gefühlen nach zu handeln und vielleicht wusste Hunter das sogar, wo er doch jetzt Cosma hatte und augenscheinlich selbst sowas wie Liebe entwickelt hatte - nur galt das vermutlich weiterhin für Niemanden, außer ihn selbst, weil er sich für Gott höchstpersönlich oder wen auch immer sonst hielt. Das schlimmste daran war, dass er mit Alledem auch noch durchkam. Es Niemand wagen würde, diesem psychotischen Serienmörder auch nur ein bisschen mehr als nötig die Stirn zu bieten, obwohl er genau das in meinen Augen mal ganz dringend nötig hatte, um zu merken, dass er nicht der einzige Mensch auf diesem gottverdammten Planeten war. Dass die Welt sich für alle drehte und nicht nur um seine eigene Existenz.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Es dauerte dann auch gar nicht lange, bis ich auf meine Frage eine Antwort bekommen sollte. Tauren tat sich mit dem Reden zwar ein wenig schwer, aber weil ich ohnehin schon recht nah bei ihm saß, war es für mich absolut kein Problem, dass er leiser redete, als normal. Dennoch unterbrach ich all meine Bewegungen, um unnötiges Rascheln ganz einfach zu vermeiden, während meine ungeteilte Aufmerksamkeit sich auf die Worte des jungen Mannes legte. Auch wenn ich anfänglich etwas schmunzeln musste, als der Blonde den Amerikaner meiner Meinung nach ganz treffend nachäffte, war mir nur wenige Sekunden später absolut nicht mehr zum Lachen zumute. Ich wollte erst gar nicht glauben, was Tauren mir da erzählte, hielt das für einen makabren, in keiner Weise witzigen Scherz, aber dass der jungen Mann während er redete bereits gen Boden sah und damit meinen Blicken auswich, sprach für mich doch eine sehr deutliche Sprache. Schließlich hatte er sonst kein Problem damit, meinem Blick standzuhalten, wich ihm nur aus, wenn er mir etwas Unangenehmes mitzuteilen hatte oder ich bei einem Streit mal wieder einen empfindlichen Punkt getroffen hatte, nicht aber, wenn wir uns über Hunter unterhielten. Das kam natürlich relativ selten vor und vielleicht hatte ich deshalb auch einfach keinerlei Vergleichswerte, wie er im Bezug auf seinen Boss sonst so reagierte, aber ich konnte spüren, dass er sich im Augenblick keinen blöden Scherz erlaubte, sondern vollkommen ernst meinte, dass er wohl nur noch ein paar Minuten hier sein würde, bevor wir uns für schätzungsweise einen Monat - vorausgesetzt, Hunter verzichtete auf einen Nachschlag -, nicht mehr sehen durften. Es wurde für bestimmt zwei lange Minuten vollkommen still, was angesichts der Tatsache, dass Tauren nicht lange bleiben konnte, weggeworfene Zeit war, aber ich brauchte sie einfach, um die Worte in meinem Kopf zu sortieren. Mir vor Augen zu halten, dass mir der Mann, für den ich das erste Mal seit einer sehr langen Zeit wirklich aufrichtige Liebe empfand, einfach aus den Armen gerissen wurde. Gewissermaßen hörte sich das etwas übertrieben an, weil Tauren entgegen meiner Erwartungen heute nicht dem Erdboden gleichgemacht worden war, aber ich konnte es gerade mit anderen Worten nicht treffender beschreiben. Für mich war es einfach ein Schock, außerdem war ich traurig und vor dem Hintergrund, dass ein Dritter - in dem Fall Hunter - für die mehr oder weniger temporäre Trennung verantwortlich war, auch wütend. Dass ich nicht besonders gut darin war, meine Gefühle gerade in der Hinsicht für mich zu behalten, musste man sicherlich nicht noch einmal erwähnen. Es dürfte demnach auch Niemanden mehr wundern, dass meine Antwort entsprechend gefühlvoll ausfiel, als ich nach den zwei Minuten meine Stimme endlich wiedergefunden hatte. "Das kannst du... kann er nicht ernst meinen. Das geht nicht, Tauren." Also doch, irgendwie ginge das sicher, aber ich wollte es ganz einfach nicht. Normalerweise war ich hinsichtlich räumlicher Trennungen eigentlich nicht gerade empfindlich. Mein Gott, dann sah man sich halt für ein paar Tage mal nicht, das war vollkommen okay. Hatten wir auch schon hinter uns und trotzdem war noch niemand am lack of attention gestorben. Es war wohl viel mehr der Tatsache geschuldet, dass man sich eben nicht einfach zwischenzeitlich mal kontaktieren konnte, wenn einem gerade mal der Sinn danach stand. Man einfach die Stimme des jeweils anderen für fünf Minuten hören oder wissen wollte, wie es dem Partner ging. Das war also grundlegend etwas ganz anderes, als sich erst nach einer festgelegten Zeit wieder hören zu können. Nicht früher, nicht später, sondern genau an diesem Tag. Eine bestimmte Uhrzeit und ansonsten herrschte Stille, was ich einfach nicht akzeptieren wollte. Es auch gar nicht wollte, weil ich langsam wirklich anfing, Gefallen an den Gefühlen für den Norweger zu finden und da wollte ich jetzt nicht einfach kampflos aufgeben und ihn einfach von Dannen ziehen lassen, auch wenn ich sicherlich nicht besonders viel ausrichten können würde. Ich wollte es jedoch versuchen und stand erst einmal wieder auf, begab mich in eine gerade Position, weil ich auf kurz oder lang in der Hocke einfach nach hinten gekippt wäre, je länger ich mich in meinen Gedanken verloren hätte. "Er kann dir doch nicht einfach verbieten, mit wem du dich zu treffen hast und mit wem nicht. Du kannst jetzt nicht gehen. Ich will das nicht.", versuchte ich fast schon einen verzweifelt klingenden Versuch zu starten, mir selbst einzureden, dass es nicht so einfach ging und doch wusste ich, dass genau das Gegenteil der Fall war. Ich hatte es von Anfang an gewusst, schon als sich die Gefühle für den Norweger langsam entwickelt hatten, dass er auf Lebzeiten unter den Fittichen des Amerikaners stehen würde und ich hatte auch gewusst, was das bedeutete. War schließlich lange Zeit selbst Anführerin einer Horde wildgewordener Männer gewesen und hatte natürlich auch die ein oder andere Anforderung an meine Jungs gehabt, der sie bedingungslos nachkommen sollten, weil ich sonst ziemlich sauer hatte werden können. Warum sollte das also bei Hunter und seiner Mannschaft anders sein? Dennoch wünschte ich mir nichts sehnlicher, als dass der Amerikaner einfach ein Stück weit dümmer war, als ich selbst, nur war das leider absolut nicht der Fall. Ich musste in dem Punkt vermutlich sogar meinen Hut vor ihm ziehen für diesen Einfall, wenn er mich selbst nicht so schwer treffen würde. Zum ersten Mal seit einer ewig langen Zeit, fiel es mir wirklich schwer, das sonst so geübte Pokerface aufzusetzen, hinter dem sich all meine Gefühle verbargen. Welches mich nach außen hin als absolut unantastbar darstellte, denn der Gedanke daran, für den nächsten Monat kaum etwas von dem jungen Mann zu hören, war ein schwerer Schlag. Dementsprechend geknickt sah ich ihn in diesem Augenblick vermutlich auch an, während meine hängenden Schultern das allgemein unzufriedene Abbild meiner Gemütslage passend zu unterstreichen wussten. Ehrlich gesagt war ich mir auch nicht sicher damit, was ich mir jetzt dadurch erhoffte, Tauren darüber in Kenntnis zu setzen, dass ich das alles einfach nicht wollte. Denn ich war mir sicher, dass es ihm nicht anders ging und trotzdem würde es an der Ausgangslage rein gar nichts ändern. Den Abschied sogar nur noch um einiges schwerer machen...
# Is it all a tragedy? Are we flashes in a rut going in and out of luck? Maybe. #
Zwar hatte ich mich inzwischen durchaus schon daran gewöhnt, dass Vahagn mir immer mehr von ihrer gefühlvollen Seite zeigte, aber vielleicht hatte ich unterbewusst dennoch darauf gehofft, dass das hier keiner dieser Momente war. Dass sie es irgendwie ein bisschen überspielt hätte, wie schlecht es ihr mit dem neu gewonnenen Wissen ging. Ich ihr nicht so überdeutlich ansehen könnte, dass ihr diese Angelegenheit genauso missfiel wie mir selbst - dass sie das traf. Denn das versetzte mir unmittelbar den nächsten Stich ins Herz, obwohl ich nicht derjenige war, der die Trennung angeordnet hatte. Ich wollte sie genauso wenig hier zurücklassen, wie sie wollte, dass ich ging - und trotzdem meinte Hunter das sehr wohl ernst. Sogar genau deswegen, weil er wollte, dass mich die Strafe innerlich in der Brust und auch im Kopf traf, während mir auch die paar körperlichen Wunden zu schaffen machten, wenn auch vergleichsweise wenig. Ich atmete etwas tiefer durch und schluckte leise, weil ich Vahagns emotionalen Ausbruch nur schwer zu verarbeiten wusste. Nicht dafür gewappnet war, nach der vorherigen, fast schon unerträglichen Stille auch noch diese Worte hinzunehmen. Und was sollte ich auch dazu sagen? Dass sie recht hatte und es nicht ging? Dass ich trotz allem hierbleiben würde, nur damit Ashton mich dann wegen meinem offensichtlichen nicht wieder Auftauchen ausgeknockt nach unten ins Auto schleifte, um mich zurück zu Hunter zu bringen? Eher nicht. Es gab in meinen Augen auch nicht wirklich eine gute Möglichkeit dafür die Russin zu beschwichtigen, ohne sie anzulügen oder die Wahrheit einfach nur schön zu reden. Letzteres brachte keinem von uns beiden auch nur irgendwas, außer weiterem Schmerz, wenn uns die eigentliche Wahrheit wieder einholte, sobald wir alleine waren. Das wirklich einzig Gute daran, dass ich gehen musste, war, dass ich dann diesen gekränkten Blick nicht mehr ertragen müssen würde. Ich war mir sicher, dass Vahagn damit nicht bezwecken wollte, dass ich mich noch schlechter fühlte, sondern sie viel mehr einfach nur selbst nicht wirklich gut mit der Situation umzugehen wusste, aber genau das war der Fall. Natürlich war ein Monat nicht ewig - sofern Hunter es denn dann auch dabei beließ - und wir würden das zweifelsfrei überleben, aber es schmerzte mich trotzdem sie schon bald in einem so aufgewühlten Zustand allein zurücklassen zu müssen. Sie stattdessen nicht einfach in den Arm nehmen und sie bei mir halten zu können, bis sie sich wieder etwas beruhigt hatte. Als die junge Frau sich letztlich vollständig aufrichtete folgte ihr mein Blick noch einen Moment lang, ehe ich ebenfalls langsam wieder aufstand. An den Nacken kam ich selbst ran, der müsste schon nicht genäht werden. Der Schnitt vorne am Hals genauso wenig, aber es bedurfte beides zumindest einer Säuberung - ich hatte ja keinen Schimmer, wo dieses Messer vorher schon überall gewesen war. Hunter war zwar bekanntlich äußerst akribisch mit der Säuberung seiner Waffen, aber mich auf den Zufall zu verlassen stand mir eher nicht im Sinn. "Ich kann nicht hierbleiben, Vahagn... sonst kannst du bei meiner Hinrichtung zusehen. Das... war unmissverständlich.", redete ich bemüht ruhig vor mich hin, aber der hörbar aufgewühlte Unterton blieb dennoch bestehen, während ich zum Waschbecken rüberging. Das Zeug auf das Schränkchen daneben stellte und sowohl den benutzten Tupfer, als auch das mit Blut befleckte Klopapier beiläufig in den kleinen Mülleimer unweit des Waschbeckens schmiss. Beugte mich dann leise norwegisch fluchend etwas nach vorne, um nicht das Badezimmer zu fluten, während ich mir das Blut auf der Brust abwusch. Danach auch vorsichtig - und zwischendurch der Schmerzen wegen leise grummelnd - mein Gesicht so gut es ging von dem überwiegend bereits getrockneten Blut befreite, bevor ich mich wieder aufrichtete und nach dem Handtuch am Haken an der Wand griff, um mich wieder abzutrocknen. Danach griff ich selbst noch einmal nach dem kleinen Verbandskoffer, weil ich einen der übrigen Tupfer in Desinfektionsmittel tränkte, um mir damit den brennenden Nacken auszuwischen. Aber auch, als ich jenen danach vorsichtig abtastete, schien die Blutung nicht wieder einzusetzen und so widmete ich mich mit dem Desinfektionszeug auch noch dem dünnen Schnitt vorne an meinem Hals. Schmiss danach auch diesen Tupfer in den Mülleimer, bevor ich die Hand nach einem der kleinen Hängeschränke ausstreckte. Die Salbe herausnahm, die sowohl ein kleines bisschen desinfizierend wirkte, als auch die Wundheilung etwas unterstützte, mit Glück die Narbenbildung ein wenig eindämmte. Also trug ich sie zumindest dünn auf sämtliche Schnitte und Stiche auf, bevor ich die Tube wieder zuschraubte und sie neben dem Waschbecken beim Desinfektionsmittel ablegte. Ich tastete noch einmal ganz vorsichtig meine Nase ab, bevor ich mich Vahagn wieder zuwendete. Die zwei kleinen Schritte auf sie zuging und die rechte Hand mit wehmütigem Blick an ihr Gesicht hob. "Er wird mich mit Arbeit überschütten, also... werd' ich einfach versuchen alles so gut es geht zu erledigen. Dann belässt er es vielleicht wirklich bei dem einen Monat.", murmelte ich mit langsam anschwellendem Kloß im Hals zu ihr runter, strich ihr vorsichtig eine Haarsträhne hinters Ohr und streichelte danach sanft ihre Wange. "Es tut mir leid... ich wollte doch nicht, dass...", er dich in die Scheiße mit reinzieht. Ich ließ den ohnehin nur gehauchten Satz unvollendet, sah stattdessen schuldbewusst wieder nach unten weg. Zwar war das an sich bestimmt weniger Hunters Ziel, wollte er doch eindeutig primär mir damit schaden, aber das änderte nun einmal nichts an der Tatsache, dass die Brünette dieses Päckchen genauso tragen müssen würde wie ich. Ob ich jemals einen Weg finden würde Hunters fiesem Ego zu entkommen? An Tagen wie dem heutigen hoffte ich das noch mehr als sonst, sah was solche absolut utopische Ambitionen anging bisher aber keinen noch so winzigen Funken Licht am Ende des jetzt schon unendlich langen Tunnels. Bis dahin würde ich die Schuld also weiterhin ertragen und ausbaden müssen, wenn ich weiterleben wollte.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Wie ich erwartet hatte, war die Antwort seitens des Norwegers nur wenig zufriedenstellend. Ich wusste ja bereits, dass es keine Alternativen gab und Tauren sich dem Willen seines Chefs beugen musste, wenn er seinen Kopf behalten wollte, aber ich hatte gehofft, dass wir uns zwischendrin trotzdem sehen würden. Er einen Plan ausgearbeitet hatte, der es uns ermöglichte, unter dem Radar des Amerikaners ein paar gemeinsame Minuten zu verbringen, aber es kam nichts dergleichen. Kein 'Wir treffen uns jeden Abend um 18 Uhr hinter der nächsten Kirche' oder 'Ich rufe dich während der Arbeit zwischendrin an'. Rein gar nichts. Tauren schien das tatsächlich einfach so hinnehmen zu wollen und auch wenn es vermutlich nur klug war, Hunter nicht noch weiter auf der Nase herumzutanzen, ließ es mich ihn enttäuscht ansehen. Denn anstatt die Sache rational zu betrachten und einzusehen, dass sich mit disziplinierten Verhalten sehr viel mehr erreichen ließ, als sich von seinen Gefühlen leitend noch tiefer in die Scheiße zu reiten, verstand ich nicht, wieso er einfach kampflos aufgab. Faktisch war es natürlich gesünder für uns beide, wenn er sich keinen weiteren Fehltritt mehr erlaubte und alles zu Hunters vollsten Zufriedenheit erledigte, damit dieser keinen Grund hatte, noch einen Monat, in dem wir uns nicht sehen durften, obendrauf zu packen, aber dahingehend an meinen Verstand zu appellieren war vergebene Liebesmüh. Ich würde es trotzdem nicht einsehen wollen und immer wieder wie nachfolgend darauf reagieren. Im ersten Moment beobachtete ich den jungen Mann dabei, wie er sich vor dem Spiegel noch um den Rest seiner Wunden kümmerte, kurz bevor er wieder zu mir aufschloss und seine Hand an meine Wange legte. Ich sah Tauren nur kurz in die Augen, wandte den Blick dann schnell nach unten ab, weil der sich bildende Kloß in meinem Hals mir nicht nur die Luft abschnürte, sondern auch Tränen in die Augen steigen ließ. Dabei war mir gerade eigentlich nicht nach Heulen zumute, es war nur... es stauten sich einfach verdammt viele Emotionen in meinem Inneren an und bis ich die alle in Worte gefasst hatte, würde die Nadel des Druckablassventils schon längst am Anschlag kratzen. Die unschönen Gedanken und jedes böse Wort, welches mir gerade durch den Kopf ging und mit dem ich Hunter sehr gerne tituliert hätte, einfach mit etwas Tränenflüssigkeit aus meinem Körper zu spülen ging da schon deutlich schneller. Und trotzdem riss ich mich zusammen. Zumindest noch so lange, bis Tauren mir seine Hand an die Wange legte und zu einer Entschuldigung ansetzte. Weil ich wusste, wie in etwa der abgebrochene Satz lauten sollte und dass er wirklich nur das Beste für mich wollte, war es zunehmend schwerer, die Dämme aufrechtzuerhalten. So schwer, dass mich die Emotionen letztlich doch übermannten und ich wütend seine Hand aus meinem Gesicht schlug. Mich quasi in der gleichen Bewegung noch von ihm abwandte, um mit glasigen Augen das Badezimmer zu verlassen. Ich wollte nicht, dass Tauren sah, wie ich wegen ihm weinte. Wegen der Tatsache, dass wir uns sehr bald schon nicht mehr sehen würden, wegen meiner eigenen Dummheit, meiner Vergangenheit, einfach wegen allem. Ich konnte schon gar nicht mehr genau definieren, was letzten Endes der Grund dafür war, dass mir die Tränen ungehalten, jedoch ohne Schluchzen oder dergleichen über die Wange rollten, weil es davon einfach zu viele gab. Primär schien der Umstand, dass Hunter es ohne Weiteres schaffte, uns auseinanderzureißen, jedoch das meiste Öl ins Feuer zu gießen und ich begann mich unweigerlich zu fragen, ob ich künftig auch noch damit leben können würde, dass die Beziehung zu Tauren zwangsläufig immer auch eine Beziehung zu dem Amerikaner war, der grundsätzlich zwischen uns stehen würde. Der den Norweger bevormundete, ihn bestrafte, wenn er wegen mir Mist baute und ehrlich gesagt, war das kein besonders schöner Gedanke. "Wird das jetzt immer so laufen?", platzte der sich eben noch in meinem Oberstübchen abspielende Gedanke in Form einer Frage plötzlich aus mir heraus, als ich die Badezimmertür passiert hatte und auf der Schwelle zum Flur stehen blieb. Dabei drehte ich mich nicht um, wischte mir lediglich mit dem Handrücken die feuchte Wange wieder trocken. "Wird Hunter jetzt den Rest unseres Lebens zwischen uns stehen? Dich bevormunden, mir wegnehmen und irgendwann umbringen, wenn wir uns weiterhin sehen und streiten, wie das in einer Beziehung nun mal üblich ist?", konkretisierte ich die vorangegangene Frage mit zittriger Stimme, wobei ich schon dabei war, ins Wohnzimmer zu laufen, weil mir die Luft im Bad ganz einfach zu dünn wurde. Ich brauchte gerade ein offenes Fenster, selbst wenn die am Nachmittag ganz besonders warme Luft auch nicht gerade als frisch zu bezeichnen war. Sie war in jedem Fall besser, als die Anspannung weiterhin ertragen zu müssen und half mir vielleicht auch dabei, wieder einen klaren Gedanken zu fassen, wobei das wohl eher Wunschdenken war. Denn bezugnehmend auf meine Frage jemals eine, für alle Parteien zufriedenstellende Lösung zu finden, war schier unmöglich. Entweder entschied sich Tauren dafür, Hunter uneingeschränkt loyal zu sein und setzte damit seine Beziehung zu mir aufs Spiel - denn nein, ich würde vermutlich nicht damit leben können, mit dem Norweger auch immer den Amerikaner zu assoziieren - oder aber wir beide packten unsere Sachen und bezogen ein Iglo irgendwo in der beschissenen Antarktis, wo uns niemals jemand finden würde. Ein dazwischen gab es nämlich nicht, denn augenscheinlich hatten sein Boss, als auch ich sehr radikale Ansichten, was den jeweils anderen anging.
# Is it all a tragedy? Are we flashes in a rut going in and out of luck? Maybe. #
Auch ganz unabhängig davon, dass mir die Wunde im Rücken unter der ruckartigen Bewegung meines Arms und damit eben auch meines Oberkörpers weh tat, als die Brünette meine Hand wegschlug, zuckte ich vor allem auch deshalb zusammen, weil ich ganz einfach nicht mit einer solchen Reaktion gerechnet hatte. Kein normaler Mensch würde es Vahagn verübeln können, dass sie enttäuscht war. Womöglich auch einfach wütend, weil sie dieser Situation ebenso wie ich schutzlos ausgesetzt war. Im Grunde Nichts dagegen tun konnte, außer sie so hinzunehmen und auszusitzen. Sich gegen den Amerikaner aufzulehnen war schließlich keine wirkliche Option - zwar ein auch mir durchaus hin und wieder sehr sympathischer Gedanke, aber es in die Tat umzusetzen war Selbstmord. Der einzige Weg sich Hunter sofort vom Hals zu schaffen wäre ihn umzulegen. Selbst, wenn das machbar sein sollte - was an und für sich schon eher unwahrscheinlich war, weil er ein wahnsinnig feines Gespür dafür hatte, wann Gefahr drohte -, dann hatte man danach Ashton an den Fersen und im Grunde wollte ich doch auch gar nicht, dass hier irgendwer starb. Ich verdankte dem Choleriker trotz allem mein Leben und ich würde hier nicht stehen, wenn er mich damals nicht aufgelesen hätte. Für mich gab es entweder nur eine friedliche Lösung, bei der man im Guten auseinanderging, oder es gab gar keine und ich blieb, wo ich war. Ich wollte nicht einfach nur flüchten und mich daraufhin für den ganzen Rest meines Lebens irgendwo am Arsch der Welt vor ihm verstecken, weil er mich ohne jeden Zweifel suchen lassen würde. Das war kein Leben, einfach nicht erstrebenswert für mich. Nur schien Vahagn das nicht so einfach hinnehmen zu können wie ich selbst. Warf mir, nachdem sie sich von mir weggedreht hatte und mich mit leicht offenstehenden Lippen zurückließ, ein paar wirklich unschöne Worte an den Kopf. Als hätte sie all das nicht vorher schon gewusst. Als wäre ihr nie bewusst gewesen, dass ich nur bedingt ein eigenes Leben führte. Eben nur so lange, bis ich einen Schritt in die falsche Richtung machte und augenblicklich die Hölle unter mir aufriss. Mir das jetzt auch noch vorzuhalten war aber nicht fair. Nicht mal ein bisschen, weil das eben nicht erst seit heute so war. Vielleicht bekam die Russin Hunters Einfluss auf mich erst jetzt so richtig zu spüren, aber da gewesen war er schon immer. Dementsprechend fassungslos sah ich ihr auch einen Moment lang nach, als sie sich erneut in Bewegung setzte und sich endgültig von mir und dem Badezimmer distanzierte. Ein paar Sekunden lang blieb ich ziemlich überfordert stehen, bis ich mir wieder ins Gedächtnis rief, dass ich für Warterei jetzt gerade wirklich keine Zeit hatte und setzte daraufhin zur Verfolgung an. Auch, wenn ich nicht wirklich wusste, wie ich diese Situation noch zurück ins Lot bringen sollte. Wie ich verhindern sollte, dass die Brünette weiter stumm vor sich hin weinte, wo sie doch gerade keinen einzigen Grund zum Lachen hatte. Jetzt war ich jedoch derjenige, der noch im Türrahmen stehenblieb. "Das ist aber nicht erst seit heute so.", stellte ich erst einmal doch hörbar gekränkt, wenn auch etwas trocken fest. Ja, jetzt gerade pfuschte Hunter uns beiden vielleicht das erste Mal wirklich aktiv in die Beziehung hinein, aber wir beide waren uns über dieses Übel bewusst gewesen, als wir die Beziehung eingegangen waren. "Du wusstest, dass das passieren kann. Er hat dir das schon in Russland klargemacht und du hast dich trotzdem für das hier entschieden.", rief ich ihr in Erinnerung, dass sie ihren Frust darüber jetzt nun wirklich nicht berechtigt bei mir abladen konnte. Ja, ich brachte Hunter leider mit in die Beziehung, aber sie hatte ihn schließlich mit heraufbeschworen, als sie über die wahren Umstände der Auseinandersetzung mit Michail gelogen hatte. Und ja, ich wusste um das unschöne Gespräch in der Bar mit Hunter und den Gniweks, weil er mir das auch nochmal an den Kopf geknallt hatte, als er danach noch mit mir unter vier Augen darüber geredet hatte, dass er eigentlich nichts von meiner Beziehung zu Vahagn hielt. Er sie zwar tolerieren würde, aber ohne zu zögern einschreiten würde, wenn es ausschlaggebende Probleme machte. Tja und jetzt war das nun mal passiert. Er hatte es zwar unter Umständen mehr oder weniger bewusst provoziert, als er mich mitsamt Vahagn nach Russland geschickt hatte, aber das änderte nichts daran, dass die Brünette sich genauso wie ich auf diesen Deal eingelassen hatte - nicht mal unwissend, sondern ziemlich bewusst. "Wenn du auch noch im Streit auseinandergehen willst, wo wir uns sowieso schon eine gefühlte Ewigkeit nicht sehen werden... bitte, deine Entscheidung. Aber ich werde jetzt nicht über etwas diskutieren, dass ich im Moment ganz einfach noch nicht ändern kann ohne mir dabei mein eigenes Grab zu schaufeln.", gab ich doch hörbar niedergeschlagen, weitere Worte von mir, schluckte im Anschluss den größer werdenden Kloß in meinem Hals runter und drehte mich um. Steuerte daraufhin meine leere Tasche an, die von der Brünetten im Flur geparkt worden war. Bis auf den Kram fürs Badezimmer war da nichts mehr drin, hatte sie sich um die Klamotten doch scheinbar schon gekümmert. Das ließ mich schwer seufzen, rieb es mir doch noch ein weiteres Mal unter die Nase, wie viel besser mein Leben geworden war, seit ich die junge Frau an meiner Seite hatte. Nur bewahrte mich das nicht vor dem Schmerz, den der begonnene Streit in meinem Herzen ausgelöst hatte. Der mich auch dann noch nicht verlassen wollte, als ich die Tasche auf mein Bett schmiss - in dem ich nicht mehr oft alleine geschlafen hatte in letzter Zeit - und anfing ein paar Klamotten aus dem Schrank ungeordnet hineinzuschmeißen. Vorwiegend eben schwarzes und dunkelgraues Zeug, das ich sonst zum Arbeiten anhatte, weil ich in den kommenden Wochen wohl kaum etwas anderes tun würde, als meiner Strafe nachzukommen und dabei Vahagn zu vermissen. Daran würde sich auch nichts mehr ändern, wenn sie die Sache jetzt nicht gut sein lassen konnte. Nur wegen eines Streits würde ich schließlich nicht prompt aufhören sie zu lieben.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Mochte sein, dass Hunter nicht erst seit gestern seinen Einfluss auf Tauren wirken ließ, nur war es bis dato noch nie zu derartigen Machtdemonstrationen gekommen, die auf unangenehmste Art und Weise an meinem Ego kratzten. Ich mochte es einfach nicht, Materielles, wie in dem Fall auch Immaterielles teilen zu müssen und genau aus dem Grund ließ mich die protzige Art des Amerikaners förmlich mit der bloßen Faust gegen die Wand schlagen wollen. Er konnte mir mit seinen blöden Machtspielchen gar nicht deutlicher signalisieren, dass ich für Tauren immer nur an zweiter Stelle stehen würde und für Jemanden, der mit Beziehungen oder Vertrauen im Allgemeinen ohnehin schon so seine Schwierigkeiten hatte, waren das natürlich alles andere als die besten Voraussetzungen für ein langfristiges Miteinander. Aber in dem Punkt schienen der Norweger und ich mal wieder vollkommen unterschiedliche Ansichten zu vertreten, denn der Blonde schien weniger Probleme damit zu haben, die Entscheidung seines Chefs einfach hinzunehmen. Reagierte nicht einmal im Ansatz so emotional auf den bevorstehenden Abschied und würde ich behaupten, dass mir das nicht weh tat, würde ich wohl ziemlich dreist lügen. Ja, ich wusste, worauf ich mich eingelassen hatte, war trotz aller Vorsicht einfach viel zu naiv gewesen und hatte dem Ganzen doch tatsächlich eine Chance geben wollen, aber inzwischen fragte ich mich, ob es nicht für beide Seiten das Beste gewesen wäre, es einfach gut sein zu lassen. Wir einfach hätten akzeptieren sollen, dass der ein oder andere Flirt oder gar eine gemeinsame Nacht zwar drin gewesen wäre, aber eine feste Beziehung auf lange Sicht zum Scheitern verurteilt war. Es hätte vermutlich sowohl dem Norweger, als auch mir einiges an Ärger erspart, aber im Nachhinein konnte und wollte ich gar nicht mehr zurückrudern. Inzwischen hatte ich nämlich wirklich einen Narren an dem blonden Schönling gefressen und ihn nach meinem Liebesgeständnis in Russland gleich wegen der ersten Herausforderung hängen zu lassen, stand mir nicht im Sinn. Andererseits wusste ich nicht, wie ich damit denn nun letztlich umgehen sollte und... ach, es war einfach alles so schrecklich kompliziert. Und ja, auch das war mir bewusst gewesen, barg eine Beziehung hier und da nun mal einfach ihre Tücken, aber ich hatte nicht damit gerechnet, dass mich diese nervlich schon so bald auf die Probe stellen würden. Mal ganz abgesehen davon, dass mich Taurens Wissen von dem Gespräch zwischen Hunter und mir irgendwie sprachlos machte. Im Grunde genommen war die Unterhaltung ja nun wirklich nicht schlimm gewesen, hatte ich dem Amerikaner doch nur noch einmal versichert, dass es mir mit seinem Schützling durchaus ernst war, nur fragte ich mich an der Stelle ja wohl berechtigterweise, warum er das Tauren unbedingt noch unter die Nase hatte reiben müssen. Für mich ergab das einfach nicht wirklich viel Sinn, aber schlussendlich konnte es mir auch egal sein, weil ich ohnehin wortlos von Dannen zog. Gar nicht weiter darauf einging, sondern den jungen Mann mit Nichtachtung strafte. Es fiel mir gleich um einiges leichter, einmal tief durchzuatmen, als ich im Wohnzimmer angekommen das Fenster ansteuerte, dessen Griff ich mit meiner Hand umschloss, um ihn in die Stellung zu manövrieren, bei der sich das Fenster gänzlich öffnen ließ. Als das erledigt war, stützte ich mich mit beiden Händen auf der Fensterbank ab, streckte meinen Kopf in die wie erwartet eher stickige Nachmittagsluft und schloss dann für ein paar wenige Sekunden meine Augen. Atmete ein, zwei Mal tief durch und hoffte, dadurch auch die letzte Träne aus meinen Augen verbannen zu können, aber so einfach wollten sie es mir dann ja doch nicht machen. Ich stand sicherlich geschlagene drei, vielleicht sogar vier Minuten einfach wortlos am geöffneten Fenster, bis mir das Engelchen in meinem Oberstübchen ordentlich den Marsch blies. Von zwanzig Minuten, die dir mit deinem Freund bleiben, vergeudest du an die fünf, nur um dich mal wieder über etwas zu echauffieren, was dir von vornherein bewusst war und das du nicht ändern kannst. Es folgten daraufhin noch weitere, mahnende Worte, dir mir allesamt nur wieder die Tränen in die Augen trieben, während ich geistesabwesend runter auf die Straße sah. Die Lider inzwischen wieder aufgeschlagen einem scheinbar obdachlosen Drogenjunkie nachsah, während er auf der Suche nach Kippenstängeln oder Fixbesteck durch die Gassen streunte. Und als sich hinter mir der junge Mann schließlich in den Flur trollte, nur um kurz darauf im Schlafzimmer zu verschwinden, seufzte ich schwer, absolut unzufrieden mit der Situation, denn nein, eigentlich wollte ich nicht unbedingt im Streit auseinandergehen. Wollte die Sache nicht an die zwei bis vier Wochen einfach so stehenlassen, nur um jede Nacht aufs Neue absolut beschissen zu schlafen, wo es mir doch sowieso nicht leicht fallen würde, mich ins Land der Träume zu verabschieden. Mittlerweile hatte ich mich einfach derart an die Anwesenheit des Norwegers gewöhnt, dass es mich sicherlich ein paar Tage brauchen würde, die gähnende Leere neben mir im Bett irgendwie zu akzeptieren. Als einer der ersten Schritte, dahingehend Erfolge zu verzeichnen, war wohl klarzustellen, dass ich ihm nicht unbedingt vorwerfen wollte, wie sehr es mich nervte, dass Hunter ihm prinzipiell dauerhaft auf den Fersen war, sondern ich schlichtweg ganz alleine sauer auf den Amerikaner war. Ihn als armer, kleiner Angestellter keinerlei Schuld traf und das sollte ich vermutlich so schnell wie möglich tun. Tauren war nämlich bereits dabei, seine Sachen zu packen und hielt mir damit einmal mehr vor Augen, dass die Zeit langsam wirklich drängte. Wir mit der Wundversorgung schon viel zu viele Minuten hatten ins Land ziehen lassen, auch wenn das leider ein notwendiges Übel gewesen war. Deswegen verlor ich jetzt, als ich mit sichtlich verheultem Gesichtsausdruck das Schlafzimmer hinter dem jungen Mann betrat auch nicht mehr Zeit, als unbedingt nötig, um zum Kleiderschrank aufzuschließen. Mich vor die etlichen Schubladen und Kleiderhaken zu stellen, damit Tauren mich in jedem Fall ansah, wenn er sich das nächste mal umdrehte, um das nächste Shirt in seiner Tasche zu verstauen. "Ich will nicht streiten und wollte dich gerade noch viel weniger derart angehen...", brachte ich auf den Punkt, dass ich mir deutlich schöneres vorstellen konnte, als ihn jetzt anzuschnauzen und entschuldigte mich quasi im selben Atemzug noch dafür, seine Hand so forsch aus meinem Gesicht entfernt zu haben. "Nur Tauren, ich... ich weiß nicht, ob ich das kann. Langfristig, meine ich. Ich fang' gerade erst an, das alles irgendwie zu verstehen und es fällt mir einfach unglaublich schwer, zu akzeptieren, dass ich dich teilen muss. Und das auch noch mit Jemanden, dem ich seinen ersten Platz niemals streitig machen kann. Ich will nicht ein Leben lang nur deine Nummer zwei bleiben.", murmelte ich hörbar gekränkt vor mich hin, wobei ich es erneut einfach nicht übers Herz brachte, meinen Blick anzuheben. Denn ich wusste, wie sich das anhörte und das eine mögliche Trennung nicht unbedingt bessere Voraussetzungen waren, um der Zeit, die wir getrennt verbringen würden, halbwegs entspannt entgegenzutreten, wusste ich natürlich, aber ich hatte doch auch überhaupt nicht vor, ihn jetzt fallen zu lassen, wie eine heiße Kartoffel. Ich wollte schlichtweg darauf aufmerksam machen, dass ich in der Zukunft nicht mehr so verhältnismäßig ruhig, viel mehr nur verletzt darauf reagieren würde, wenn er Amerikaner sich in unsere Beziehung einmischte, sondern Tauren sich wirklich gut daran täte, einen Weg zu finden, wie sich sein Job im weitesten Sinne mit seinem Privatleben unter einen Hut bekommen ließ, ohne, dass ich diejenige war, die zurückstecken musste. Wie er das anstellte, sollte mir grundlegend egal sein und wenn er einen geeigneten Plan hatte, würde ich auch mitspielen, aber wollte er den Rest seines Lebens unbedingt weiterhin Hunters Schoßhündchen spielen, dann konnte er das natürlich auch tun - nur dann eben ohne mich.
# Is it all a tragedy? Are we flashes in a rut going in and out of luck? Maybe. #
Das leichte Stechen in meiner Brust wurde gefühlt sekündlich penetranter. Denn eigentlich hatte ich Vahagn gar nicht wirklich alleine am anderen der Wohnung stehen lassen wollen, nur hatte ich mich eben genauso wenig weiter anschnauzen lassen oder gar streiten wollen. Wie so oft befand ich mich gerade also in einem schrecklichen Zwiespalt, weil weder das eine, noch das andere eine gute Option war. Also packte ich ziemlich durch den Wind einfach meine Sachen weiter zusammen und verzog von Zeit zu Zeit das Gesicht, fluchte wegen der Schmerzen hier und da leise. Wünschte mir parallel dazu, dass das Schmerzmittel schneller wirken würde und sich nicht nur auf den körperlichen Schmerz beschränken, sondern den seelischen Schutt auch gleich mitnehmen würde, weil der mir wohl doch deutlich mehr zu schaffen machte. Ich stand inzwischen fast jede Art von Verletzung ohne viel zu murren durch, auch wenn es natürlich unsagbar nervte, aber ein blutendes Herz war wesentlich schlimmer. Das ließ sich nämlich nicht einfach so wieder zunähen oder ein Pflaster drüberkleben. Messer und Pfeile blieben unbarmherzig darin stecken und konnten in den meisten Fällen nur unter Qualen wieder herausgezogen werden. Dennoch setzte ich mich all dem ganz bewusst und vollkommen freiwillig aus. Vielleicht war es nicht besonders klug, sich dafür ausgerechnet in Vahagn zu verlieben, weil sie nun mal einfach eine relativ komplizierte Persönlichkeit war, aber Gefühle waren eben nur bedingt steuerbar. Um das zu unterbinden hätte sie mir von Anfang an nur Körbe geben müssen. Es ließ sich nicht leugnen, dass ich wohl einfach ein hoffnungsloser, blinder Romantiker war und ihr vermutlich ewig weiter hinterher gerannt wäre, wenn sie mich nur mal kurz an sich herangelassen und danach wieder von sich gestoßen hätte. Irgendwann hätte es zwar sicher aufgehört, wenn sie Kuba verlassen hätte, aber im Leute krampfhaft festhalten wollen war ich leider sehr gut. Konnte auch dann nur schwer loslassen, wenn die andere Partei gar nicht festgehalten werden wollte. Ich hatte wohl einfach schon zu viele Menschen verloren und das war dann eben mein eigener, persönlicher Knacks im Hirn. Während andere in meinem Umfeld sadistisch mordeten, vergewaltigten oder nachstellten, um psychisch zu foltern, war ich hingegen... naja, einfach nur sehr übertrieben anhänglich. Auf sehr ungesunde Art. Wobei man vielleicht auch dazu sagen musste, dass ich mich wohl schon zu Anfang in die bildschöne Russin verguckt hatte. Schon zu dem Zeitpunkt, als ich noch von Opiaten durchtränkt und von den Italienern durchlöchert Sprüche mit ihr geklopft hatte. Ich wusste nicht recht, ob ich an sowas wie Liebe auf den ersten Blick glauben sollte, aber irgendwie war das schon so gewesen. Für mich zumindest, bei Vahagn hatte es wohl etwas mehr Überredungskunst gebraucht. Während ich so in meinen Gedanken versank merkte ich im ersten Moment gar nicht wirklich, wie die junge Frau zu mir ins Zimmer kam. Nahm sie erst dann wahr, als sie zwischen mir und dem Kleiderschrank stand. Als hätte es diese zwangsweise Trennung von den Klamotten wirklich gebraucht, damit ich ihr zuhörte. Wahrscheinlich hätte ich so oder so innegehalten, wenn ich ihre geknickte Stimme gehört hätte. Oder allerspätestens dann, wenn ich die noch glasigen Augen und die Tränen gesehen hätte, während sie mich so verzweifelt ansah wie nie zuvor. Mein Blick wechselte demnach auch ziemlich schnell von gequält-grummelig zu deutlich weicher und mitfühlender, während Vahagn hier wie nicht viel mehr als ein Häufchen Elend vor mir stand. Und bei Gott, ich verstand sie ja - ich würde genauso ungern wie sie die zweite Geige spielen. Sie war der wichtigste Mensch in meinem Leben und ich hasste mich selbst dafür, sie nicht an erste Stelle setzen zu können. Hunters Befehle nicht missachten und stattdessen ein unabhängiges Leben mit ihr aufbauen zu können, wie ich mir das nun mal eigentlich wünschte. Nur änderten unsere Wünsche leider nichts an den gegebenen Umständen, die ich nicht mal eben einfach so ausradieren konnte. "Hey... sieh mich an.", forderte ich die Brünette dazu auf ihre Augen in die meinen anzuheben und legte vorsichtig meine Finger an ihr Kinn, um es sachte anzuheben. "Das wirst du nicht, okay? Ich finde einen Weg." Das war ein sehr ambitioniertes Versprechen. Eines, von dem ich selbst noch nicht wusste, ob ich mich überhaupt auch nur rein theoretisch daran halten konnte. Ob sich jemals eine gute Chance dafür auftun würde, den Klauen des Amerikaners zu entrinnen. Weil das allein also noch nicht wirklich vielversprechend für Jemanden klang, der Hunter kannte, hängte ich lieber noch ein paar mehr Worte ran. "Dass ich jetzt einen höheren Stellenwert bei ihm habe hat einen harten Preis und das weiß ich. Aber je mehr ich über ihn und seine Muster weiß, desto besser kann ich ein annähernd sicheres Schlupfloch finden... nicht nur für mich, sondern für uns beide.", erklärte ich mit verhältnismäßig leiser Stimme relativ plausibel, dass es neben all den unschönen Nachteilen auch seine Vorteile hatte, wenn er mich jetzt insgesamt deutlich näher an sich heranließ. Ich verstand, wie er seine Geschäfte im einzelnen genau plante, nach welchem Schema er vorging, wie genau er tickte. Denn Hunter war selbst für mich noch ein ziemlich leeres Buch, obwohl ich ihn schon eine ganze Weile lang kannte, weil er einen nun mal nie mehr als unbedingt nötig wissen ließ, solange man nicht Ashton oder Desmond hieß. Amerikanisches Gesindel. Ich löste meine Hand von ihrem Kinn, nachdem ich einmal sanft mit dem Daumen darüber gestrichen hatte und legte die Hand stattdessen behutsam an ihren Hinterkopf, um sie das kleine Stück noch an mich ranzuziehen und ihren Kopf an meine Brust zu betten. "Du musst nur ein wenig durchhalten, Vahagn... bitte.", hauchte ich nur mehr an ihren Haaransatz und legte ihr meine Hand an die Taille, hielt sie mit nur wenig Druck bei mir. Durch den nach vorn geneigten Kopf entstand natürlich wieder unangenehmer Schmerz an meiner Kehle und auch an meinem Nacken, aber das war für den Moment zweitranging. Ich wollte einfach nur, dass sie verstand, dass ich schon lange nicht mehr den Sklaven und Fußabtreter spielen wollte. Es nur bisher einfach keine gute Möglichkeit für mich gab den Kopf aus dieser immer enger werdenden Schlinge zu ziehen, denn machen wir uns an dieser Stelle nichts vor - ich würde immer und immer wieder mit Hunter unschön aneinander geraten und es war sicher nur eine Frage der Zeit, bis er genug davon hatte. Nur ließ sich ein Ausweg aus dieser Misere eben nicht von heute auf morgen finden und deshalb mussten wir beide lang genug stark bleiben. Natürlich tat es weh, dass Hunter womöglich noch mehrfach sein überdimensional großes Ego zwischen uns schieben würde, aber ich glaubte dennoch daran, dass wir das durchstehen konnten - allerdings nur gemeinsam. Es reichte nicht, wenn bloß ich willens war weiterhin an diesem Strang zu ziehen.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Vollkommen unabhängig von der Tatsache, dass ich Tauren gerade sowieso nicht direkt ansehen wollte, hätte ich es aufgrund der glasigen Augen noch nicht einmal richtig gekonnt. Denn als ich den Blick anhob, um der Bitte des jungen Mannes nachzukommen, sah ich nicht viel mehr, als die verschwommenen Umrisse seines Gesichts. Es war nicht so, als müsste ich jetzt zwangsläufig mehr sehen, um mir absolut sicher sein zu können, dass der Norweger seine Worte, die er mit einer warmen, sehr willkommenen Hand an meiner Wange zusätzlich zu unterstreichen vermochte, durchaus ernst meinte, weil das anhand seiner Stimmlage schon ziemlich offensichtlich war, aber ewig durch den dichten Schleier hindurchzusehen wurde auf Dauer doch ziemlich anstrengend, bereitete mir außerdem Kopfschmerzen. Ich nutzte daher die Gunst der Stunde, die sich anstauenden Tränen einfach laufen zu lassen, als mich Tauren schließlich zu sich heran zog und ich meinen Kopf an seinen Oberkörper betten konnte. Kaum berührte meine Wange die nackte Haut seiner Brust, löste sich auch schon die erste Träne aus dem Wimperngeflecht und ich schloss leise schluchzend die Augen. Ich wünschte, es wäre so einfach, den Worten des jungen Mannes einfach meinen Glauben zu schenken und positiv in die Zukunft blicken zu können, aber wir kannten Hunter beide inzwischen zur Genüge. Wussten, dass es eher unwahrscheinlich war, sich von ihm lossagen zu können, ohne dafür mit dem Leben zu bezahlen, aber ich hoffte einfach, dass er Recht behalten und einen Weg finden würde, damit wir künftig ein unabhängiges Leben führen konnten. Für mich, der ohnehin schon eher eigenbrötlerisch veranlagt war, glich es nämlich reinster Folter, sich derart einschränken zu müssen, aber was tat man nicht alles für die Liebe? Ich hatte damals schon in die Beziehung zu Michail viel zu viel Energie hineingesteckt, es würde sich in Sachen Tauren dahingehend vermutlich kaum etwas geändert haben und das war einfach ein großes Problem. Sobald der Stein, dem meine Gefühle und den dazugehörigen Emotionen anhafteten, ins Rollen kam, dann gab es auch kein Halten mehr. Natürlich brauchte es entsprechend lang, bis sich der mehrere Tonnen schwere Klotz überhaupt erst in Bewegung setzte. Ohne entsprechend viel Geduld und Beharrlichkeit brauchte man es daher gar nicht erst versuchen, jedoch brachte der Norweger im Umgang mit mir gleich beides mit und das wurde ihm in Situationen wie den jetzigen vermutlich zum Verhängnis. Denn machen wir uns nicht vor: Taurens Leben wäre ohne die Beziehung zu mir vermutlich deutlich angenehmer. Zwar ließ er mich immer wieder wissen, dass er mit mir absolut glücklich war - was ja nicht immer nur mit Worten geschehen musste -, aber er hätte sich faktisch gesehen sehr viel weniger mit der Gewalt seitens Hunter auseinanderzusetzen, die ihm aktuell ja nur widerfuhr, weil er sich wegen mir - erneut - in die Scheiße ritt. Und das tat mir leid, wirklich. Ich konnte gar nicht in Worte fassen, wie sehr eigentlich, weil zu reden momentan nichts als anstrengend war. Sowieso hätte ich kein verständliches Wort zusammenbekommen, von einem Satz mal ganz zu schweigen, also ließ ich es gleich ganz sein. Stattdessen wurde das Schluchzen nur immer lauter und ich versuchte, mich gedanklich in das Versprechen des Norwegers zu flüchten. Mir einzureden, dass es tatsächlich einen Weg gab, weil ich mir mittlerweile nichts sehnlicher wünschte, als ein eigenständiges, schönes Leben mit Tauren zu führen und irgendwie wusste mich der Gedanke dahingehend zumindest ein bisschen zu beruhigen. Ich war nach wie vor noch ziemlich weit entfernt davon, die baldige Trennung einfach hinzunehmen und zu akzeptieren, aber ich schöpfte aus den Worten des Norwegers neue Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Vermutlich - wie so oft - würde ich mich da nur in Etwas verrennen, aber so war das nun mal, wenn man Gefühle zuließ. Man wurde zeitweise einfach blind, naiv und vollkommen unempfänglich für negative Einflüsse, was einerseits natürlich gut war, weil sich Situationen wie diese sehr viel einfacher verarbeiten ließen, andererseits konnte das auch für mächtig Ärger sorgen. Etwa dann, wenn Hunter sich das nächste Mal in unsere Beziehung einmischen und Tauren mir erneut versprechen wollen würde, dass in Zukunft alles anders sein würde. Denn ich mochte naiv sein, wenn ich für jemanden aufrichtige Gefühle entwickelt hatte, aber ich war nicht dumm und ließ mich auch nicht verarschen. Wenn mich der Norweger also so gut kannte, wie er das vorgab - und wie ich mir das erhoffte -, dürfte er das auch wissen und täte gut daran, sich wirklich zu bemühen, bis zum nächsten Mal eine Lösung für diese Misere zu finden. Andernfalls hatte er besser nennenswerte Fortschritte parat, die mich davon abhalten würden, letztlich schweren Herzens doch noch meine Sachen zu packen und das Weite zu suchen. Zwar lag es mir eigentlich absolut fern, ihn einfach zu verlassen, aber auf Dauer so zu leben konnte ich definitiv auch nicht. Da war ich mir ziemlich sicher und an der Einstellung würde sich künftig bestimmt nur sehr wenig, bis gar nichts dran ändern. Aber wie bereits mehrfach erwähnt, würde ich ausnahmsweise versuchen, positiv in die Zukunft zu blicken und beruhigte mich deshalb ein paar Sekunden, nachdem mir die Tränen unaufhörlich über die Wange gekullert waren auch wieder. Loslassen wollte ich den gutaussehenden Mann aber trotzdem nicht, schlang vorsichtig - natürlich stets bedacht darauf, ihm nicht noch weiter wehzutun, indem ich gegen die am Rücken befindliche Wunde kam - meine Arme um seinen Körper. Schmiegte mich dann noch für wenige Sekunden wortlos an ihn, bis ich mir sicher sein konnte, dass meine Stimme nicht nur quietschen und kaum verständlich sein würde. "Ich versuche es...", flüsterte ich mehr nur ein paar wenige Worte an seine Brust, hielt die Augen dabei weiterhin geschlossen, als würden sich sämtliche Sorgen und Probleme dadurch einfach in Luft auflösen. War aber natürlich nicht so und ich musste mich wohl damit arrangieren, dass es langsam an der Zeit war, bis zur Halbzeit seiner Strafe voneinander Abschied zu nehmen. Ich löste mich daher widerwillig von dem - trotz der unzähligen, teils frischen Narben - viel zu ansehnlichen Oberkörper des jungen Mannes, nur um mir im direkten Anschluss daran wieder mit den Händen über das Gesicht zu wischen. Mittlerweile waren das aber nicht mehr nur ein oder zwei Tränen, die sich locker trocknen ließen... ich würde schon ein Taschentuch oder aber den Saum meines Shirts brauchen, um die Feuchtigkeit von meinen Wangen zu verbannen. "Versprich mir, dass du auf dich aufpasst." War sicher unnötig zu erwähnen, stand es Tauren ebenso wenig im Sinn, vorzeitig abzudanken, wir mir selbst, aber es kam mir gerade einfach so über die Lippen, als ich mich einen halben Schritt von ihm distanzierte. Ihn durch die untypisch verheulten Augen ansah, wofür ich mich später sicherlich nur hassen würde. Mich derart verletzlich zu zeigen, war nämlich eigentlich gar nicht meine Art, aber Gefühle ließen sich leider nur bedingt steuern und wenn meinem Körper gerade der Sinn danach stand, vollkommen ohne jegliche Art von Kontrolle zu handeln, dann musste ich das wohl oder übel einfach hinnehmen. Der junge Mann mir gegenüber ebenso. Zumindest eben so lange, bis er seine Sachen gepackt und sich etwas angezogen hatte, bevor er letzten Endes das Schlafzimmer und darauffolgend die Wohnung verließ.
# Is it all a tragedy? Are we flashes in a rut going in and out of luck? Maybe. #