Es schien reines Wunschdenken zu bleiben, dass der junge Mann gegenüber auch nur ein einziges Mal einfach ohne nachzubohren nachgeben würde. Es wäre wohl auch recht merkwürdig gewesen, wenn er diese Eigenschaft nun plötzlich entwickelt hätte. Ein Nein - und sei es nur ein sehr indirektes - mal ohne jegliche Form von Konter zu akzeptieren schien einfach nicht in seinem Blut zu liegen und das war echt ungünstig. Er stellte Fragen, die ich ihm ganz einfach nicht beantworten konnte und das war für uns beide eine nervtötende Sackgasse. Also ich könnte natürlich schon, aber dann war er vermutlich der erste, der mich mit einem Messer an der Wand festnagelte oder Ähnliches. Mir wäre ein schneller Tod definitiv lieber als aufs Neue eingesperrt und/oder gefoltert zu werden. Bevorzugt sollte allerdings keiner von beiden Fällen eintreten, ich war eher noch nicht bereit dazu vom Leben oder meiner Seele abzulassen. Noch hatte ich eine und ich war mir nicht sicher, wie lange das noch so bleiben würde, wenn mich statt dem Tod die nächste psychische Foltereskapade erwarten würde. Ohne lebte es sich vielleicht aber auch leichter. Dann würde ich mir nicht einmal die Frage stellen, ob es richtig wäre ein bisschen Spaß mit Iljah zu haben. Nein, hätte ich sowas wie ein Gewissen wie so viele andere Leute in diesem Metier nicht mehr, dann würde ich schlicht meinen eigenen Vorteil suchen. Mich erst mit ihm durch die Laken wälzen und ihn zum gegebenen Zeitpunkt ohne mit der Wimper zu zucken trotzdem den Sorokins ausliefern. So war ich nur einfach nicht und eigentlich war das auch kein erstrebenswerter Geisteszustand. Ich sah erstmal wieder zu Iljah auf, als er mir eine Auflistung möglicher Gründe dafür gab, warum ich nicht längst auf seinem Schoß Platz genommen hatte und ich kniff leicht genervt die Augen zusammen. Einfach deshalb, weil das unfassbar unverschämt war und es ihn zu amüsieren schien, wie unangenehm mir das Alles ganz offensichtlich war. "Ja, klar. Das mit der Prostitution war nur ein Witz. Oder vielleicht schlaf' ich einfach jeden Tag abwechselnd mit einer meiner beiden Mitbewohnerinnen und kann deswegen gut auf dich verzichten.", ließ ich ihn trocken und nur so vor Ironie triefend wissen, dass ich weder nur an meinem eigenen Geschlecht interessiert war, noch in zwanzig Jahren noch kein einziges Mal Sex gehabt hatte. "Und streng genommen hatte ich wohl auch noch nie was anderes als eine Fickbeziehung, weil es für mehr in meinen Augen seit meiner sexuellen Befreiung nie gereicht hat. Ich glaube Beziehungen aus der Schulzeit zählen wahrscheinlich eher nicht.", informierte ich ihn kopfschüttelnd darüber, dass er auch damit gänzlich in die falsche Richtung ging und sah dann zum Fenster. Er hatte aber wohl auch kaum einen Grund dazu zu glauben, dass ihm ein anderer Clan einen Maulwurf eingeschleust hatte - der seinen Job nur widerwillig und verdammt schlecht machte -, wenn er die Sorokins nie bewusst verärgert hatte. Ich wusste ja immer noch nicht, was eigentlich der Grund für ihren nicht zu bremsenden Hass auf Iljah war. Letzterer schien sogar Ksenia und Anastasia im Verdacht zu haben schlecht über seine Wenigkeit geredet zu haben, was mich ihn kurzzeitig etwas verwundert ansehen ließ. "Nein, auch damit liegst du falsch.", verpasste ich ihm mit einem erneuten Seufzen den nächsten Dämpfer. Ich wünschte aber er läge damit richtig. Würde Irgendjemand mir endlich mal sagen, dass er ein schrecklich schlechter Mensch war und mich nur wie einen benutzten Handschuh fallen lassen würde, sobald er hatte, was er wollte, dann könnte ich wesentlich leichter Nein zu ihm sagen. Das Ganze machte mich jetzt aber doch so unruhig, dass ich aufstand und mir erst sachte mit der Hand übers Gesicht rieb, bevor ich mir die heute offen gelassenen Haare nach hinten raufte. "Ich kann und werd's dir nicht sagen, Iljah. Da kannst du noch so oft nachfragen, du wirst das nicht aus mir rauskriegen.", erklärte ich dem jungen Mann mit nach wie vor eher mulmigem Bauchgefühl, dass er gerade nicht viel mehr tat, als mit seinen Fragen gegen eine Wand zu laufen, durch die er nicht durchkommen würde, weil es schlichtweg keine Tür gab. Dann lehnte ich mich mit dem Hintern an den Schreibtisch direkt neben mir, stützte mich mit den Armen links und rechts von mir leicht auf der Kante ab und biss mir kurzzeitig auf der Unterlippe herum. Ich war Iljah durch den Positionswechsel nicht wesentlich näher gekommen, befand mich mehr nur in weniger direktem Winkel zu ihm... wobei er das durch eine leichte Drehung auf dem Stuhl auch sehr schnell wieder ausbügeln könnte. "Kannst du's nicht einfach... keine Ahnung, gut sein lassen?", startete ich einen leisen, etwas wehleidig und verzweifelt klingenden Versuch ihn von seinem bisher eingeschlagenen Weg abzubringen, richtete nur langsam wieder meine Augen in seine und biss mir dabei ein weiteres Mal auf der Lippe herum. Wir täten beide wirklich gut daran, wenn er aufhören würde mir nachzujagen. Es würde wohl auch schon helfen, wenn er einfach nur damit aufhören würde mich so neugierig anzusehen. Allein sein Blick löste dieses leichte Kribbeln aus, ohne, dass ich ansatzweise eine Kontrolle darüber hatte. Ich sollte also besser nicht einmal darüber nachdenken, wie er mich ansehen würde, wenn wir drauf und dran wären miteinander zu schlafen. Tat ich natürlich aber jetzt trotzdem. Einfach schon aus Prinzip, weil mein eigener Schädel scheinbar keine einzige Möglichkeit auslassen wollte mir diese Situation so unangenehm wie nur irgendwie möglich zu machen. Ich merkte auch, wie mir ein kleines bisschen Hitze in die Wangen stieg, obwohl ich nichts davon ausgesprochen hatte. Ich hasste es, wenn mein Körper sich selbstständig machte.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Ups, da war ich wohl mit Anlauf ins Fettnäpfchen gesprungen. Irgendwie hatte ich schon wieder verdrängt gehabt, dass die schwarzhaarige Schönheit sich Männern eine Zeit lang für Geld angeboten hatte und nachdem ich mir das noch einmal ganz bewusst vor Augen führte, konnte es sicherlich auch daran liegen, dass sie Männern in sexueller Hinsicht eher vorsichtig gegenübertrat. Dabei konnte ich ihr versichern, dass ich kein dahergelaufener Freier war, der sie nur als Mittel zum Zweck benutzen wollte. An guten Tagen würde sie sehr sicher auch etwas davon haben und da sich die Konjunktur meiner Firma aktuell wieder im Aufschwung befand, musste sie nur selten fürchten, dass ich mit dem falschen Fuß aufstand. Zudem war es bei mir ziemlich offensichtlich, wenn ich einen schlechten Tag hatte und so konnte man mir schon von Anfang an aus dem Weg gehen. Das brachte zwar nicht immer was, wenn ich mal wieder kurzzeitig den Verstand verloren hatte, aber in der Regel verhinderte einfaches aus dem Weg gehen schon einige unschöne Konfrontationen - egal in welcher Hinsicht. Irina unterstrich im Darauffolgenden dann auch noch einmal ganz klar, dass sie weder noch Jungfrau war - klar, machte Sinn, gab sicherlich kaum einen Mann der sich langfristig mit einem Hand- oder Blowjob zufrieden gab -, noch etwas mit ihren Mitbewohnerinnen oder anderen Frauen am Laufen zu haben, was mich nur noch zusätzlich verwirrte. Insgeheim hatte ich gehofft, mit einer dieser skurrilen Vermutungen richtig zu liegen, damit ich schlichtweg Gewissheit hatte, was Irinas distanzierte Art mir gegenüber anging, aber stattdessen hinterließ sie ein noch viel größeres Fragezeichen, als sie mir offenbarte, dass sie mir den wahren Grund nicht verraten konnte. Das verlieh der Sache ehrlich gesagt einen wirklich unschönen Beigeschmack, denn ich mochte es nicht, wenn man mir etwas verheimlichte und eigentlich dürfte Irina das auch wissen. Immerhin hatte ich schon des Öfteren zum Ausdruck gebracht, wie angepisst ich sein konnte, wenn man mir wichtige Informationen vorenthielt. Jetzt ließe sich natürlich darüber streiten, ob es wirklich wichtig war, zu erfahren, was hinter dem seltsamen Verhalten der jungen Frau steckte oder ob ich das Nein besser ohne weiteren Diskussionen akzeptieren sollte. Vermutlich wäre letzteres die richtige Wahl gewesen, aber ich entschied mich selten für den moralisch korrekten Weg. Würde einfach eine andere Überredungskunst an den Tag legen und damit versuchen, die Informationen aus Irina heraus zu locken. Sollte es damit nicht klappen, wäre der finale Rückzug meinerseits allerdings absehbar. Dann hatte ich wirklich alles versucht, jede erdenkliche Möglichkeit ausgeschöpft, die junge Frau von mir zu überzeugen und sollte die Niederlage endlich akzeptieren. Bis ich mir diesbezüglich jedoch absolut sicher sein konnte, verfolgte ich die junge Frau mit meinem Blick, als Bewegung in den zierlichen Körper kam und sie vom Stuhl aufstand. Mehr oder weniger ein paar Schritte vor und zurück machte, ehe sie sich an den Schreibtisch lehnte und ihr Wort erneut an mich richtete. Sie erkundigte sich danach, ob ich es nicht langsam einfach aufgeben wollte, ihr auf den Keks zu gehen und ja, weit weg war ich von der stillen Akzeptanz einer Zurückweisung tatsächlich nicht mehr. Ohne ihr auf die in meinen Augen eher rhetorische Frage zu antworten, erhob ich mich letztlich ebenfalls von meinem Stuhl und machte einen halben bis ganzen Schritt zur Seite, um somit seitlich - ohne ihren Körper mit dem meinen zu blockieren - vor der jungen Frau zum Stehen zu kommen. "Aufgeben liegt mir einfach nicht.", meinte ich mit einem schwachen Schulterzuckten und dem gewohnt schiefen Grinsen auf den Lippen. Im direkten Anschluss daran beugte ich mich etwas vor, sodass ich ihrem Gesicht mit meinem wieder etwas näher war. Allerdings hatte ich primär weniger Interesse daran, ihre Lippen erneut in einen Kuss zu verwickeln, sondern wanderte weiter und hielt unweit ihres Ohrs inne. "Ich werd' schon noch herausfinden, was dich davon abhält, diesem durchtrainierten Körper, den unzähligen Tattoos und meinen talentierten Lippen nachzugeben, glaub' mir.", raunte ich ihr vielversprechend und mit nur gedämpfter Stimme ins Ohr. Schließlich sollte sie keinen Hörsturz bekommen, weil ich weiterhin in gewohnter Lautstärke zu ihr sprach, obwohl das gar nicht nötig war. Bei meiner Ansage, die unter anderen Umständen und mit sehr viel mehr Nachdruck fast wie eine Drohung geklungen hätte, setzte ich insgeheim darauf, dass Irina die Paranoia, ich würde sie stalken, noch nicht gänzlich abgelegt hatte. Ich wäre zwar nach wie vor beleidigt, wenn sie mir weiterhin unterstellen wollte, dass ich ihr auf Schritt und Tritt folgte, aber alleine die Vermutung, dass ich es vielleicht ja doch tat, durfte sie sehr sicher darüber nachdenken lassen, ob sie Geheimnisse vor mir hatte oder doch lieber mit offenen Karten spielte. So schlimm konnte der Grund doch eigentlich gar nicht sein... oder?
# Is it all a tragedy? Are we flashes in a rut going in and out of luck? Maybe. #
Warte... Nein. Stopp! Diese drei an sich sehr kurzen Worte trafen vollumfänglich auf meine aktuelle Situation zu. Zum einen deshalb, weil Iljah mir schon wieder eindeutig viel zu nahe kam, was momentan ein gewisses Risiko mit sich brachte. Ich war ganz einfach noch kein bisschen über die Phase der Schwärmerei hinweg und in jener brauchte es bekanntlich nicht sehr viel, um einen Menschen seinen eher niederen Trieben nachgeben zu lassen. Es war also schon mal von vornherein ganz und gar nicht gut, dass der junge Mann sich mir wieder näherte. Dabei war es inzwischen auch längst keine Angst mehr, die hervorrief, dass ich die Finger etwas fester um die Tischkante krallte und ich mich angespannt etwas weiter aufrichtete, weil ich nun mal einfach kleiner war als er. Im Stehen schon und in dieser angelehnten Position fehlten noch ein paar wenige Zentimeter mehr, die ich mit möglichst gerader Oberkörperhaltung wieder wett machen wollte. Funktionierte selbstredend nur wenig bis gar nicht, solange ich mich nicht wieder gänzlich auf die Füße stellte. Zum anderen trafen dieses drei kleinen Worte aber auch auf meine eigene Naivität zu - was hatte ich denn erwartet, als ich dem Tätowierten gesagt hatte, dass es sehr wohl einen Grund gab und er den aber nur nicht von mir erfahren würde? Dass er das einfach so hinnahm und es gut sein ließ, war ziemlich sicher von vornherein klar gewesen, weil ihm aufgeben einfach nicht lag. Seine Worte dahingehend waren sehr unmissverständlich und ich sollte wahrscheinlich eher nicht erwarten, dass sich das in naher Zukunft ändern würde. Ich sah ihn noch immer nicht an, schluckte nur kaum hörbar und ein Teil meiner Instinkte riet mir dazu schnell zu anderen Seite Reißaus zu nehmen, als ich im Augenwinkel sah, dass Iljah sich zu mir runterbeugte. Wieder andere Teile meiner inneren Triebkraft wollten aber eher das genaue Gegenteil, weil sie sich noch allzu gut daran erinnerten, was für eine Art von Behagen ich empfunden hatte, als ich mich bei unserem letzten Ausflug in seine Arme unter seinen Mantel verkrochen hatte und wie sich der Kuss danach angefühlt hatte. Der wie so oft bei mir vorhandene innere Zwiespalt zwang mich für den Moment der blanken Überforderung einfach weiter innezuhalten und ich schloss für den Moment lang die Augen, als er mir auch noch etwas ins Ohr zu sagen begann. Die feinen Härchen in meinem Nacken stellten sich bei dem nur allzu einladenden Klang seiner Stimme unverzüglich auf und er jagte mir im selben Atemzug einen nur halb angenehmen, eisigen Schauer über den Rücken. Teilweise rührte der zwar sicher auch daher, dass mir Iljahs Stimmlage eine leichte Gänsehaut aus angeregter Nervosität einbrockte, aber zum wiederum anderen Teil auch daher, dass ich nicht wollte, dass er versuchte den Grund für mein gewissermaßen merkwürdiges Verhalten herauszufinden. Das sollte und durfte er ganz einfach nicht, weil ich sonst unter Umständen nur so darauf warten konnte, dass er mir irgendwann aus dem Nichts ein Messer in den Rücken rammte, wenn er vorbeiging. Natürlich war es eher unwahrscheinlich, dass er mich an einem öffentlichen Ort hinrichtete, aber meine Paranoia malte sich genau solche Szenarien extrem gerne aus. Solche, die vollkommen unerwartet kamen und nicht kalkulierbar waren. Er müsste mir ja nicht einmal selbst folgen, um mich irgendwann bei einem der Treffen mit den Sorokins zu sehen, hatte er doch sicherlich auch selbst genug Fußvolk, um solche Aufgaben an andere abzuwälzen. Wenn ihn seine Neugier also so weit treiben würde, der Sache nun wirklich auf den Grund gehen zu wollen, dann war ich am Arsch. Aber sowas von und ohne wenn und aber, weil ich nicht glaubte, dass es den jungen Mann großartig interessieren würde, dass ich ihn nicht freiwillig ausspionierte. Dass ich meinen Job dabei so schlecht wie irgendwie plausibel erklärbar machte, spielte ziemlich sicher auch keine große Rolle. Maulwurf blieb Maulwurf, die Umstände waren da eher nicht erheblich. Ich lehnte mich ein kleines bisschen zurück, um den Schwarzhaarigen wieder ansehen und mich ihm insgesamt mehr mit dem Oberkörper zuwenden zu können. Auch die ihm zugewandte Hand schob sich auf der Tischplatte ein wenig nach hinten, um den verlagerten Schwerpunkt meines Oberkörpers besser halten zu können. Dabei waren unsere Gesichter nicht wirklich weit voneinander entfernt und ich musterte seinen Blick etwas unruhig bestimmt an die zehn Sekunden lang. Versuchte daraus mögliche Konsequenzen zu lesen, die auf mich warteten, wenn er es wirklich herausfand - selbstredend funktionierte das nicht, weil ich nach wie vor nicht Gedankenlesen konnte und ich war nach jenen zehn Sekunden noch genauso schlau wie vorher, das Gespräch war für mich zur Sackgasse geworden. Iljah hatte es wohl meiner aufkommenden Angst, meinen Hormonen und auch seinem eigenen, wahnsinnig manipulativem Schachzug zu verdanken, dass ich nur noch einen einzigen Ausweg sah, um das Gespräch zu ersticken und mich zumindest verbal nicht noch weiter in die Scheiße zu reiten. Ich streckte noch während ich die ohnehin nicht große Distanz zu seinen Lippen überbrückte die andere Hand, die bis eben noch an der Tischkante geklammert hatte, nach seinem Nacken aus, um ihn das letzte kleine Stück zu mir runterzuziehen, damit ich mich nicht so strecken musste. Der erste Kuss war doch noch ein wenig unsicher, eher vorsichtig und ich löste meine Lippen noch einmal kurz von seinen, während mein Herz längst wieder auf Hochtouren gegen meine Brust hämmerte. Allerdings wollte ich ihm nicht die Möglichkeit geben jetzt irgendwas zu sagen - weil damit das eigentliche Ziel irgendwie verfehlt wäre - und so folgte nach zwei oder drei Sekunden innehalten, während lediglich mein Atem an seinen Lippen abprallte, auch schon der nächste, deutlich weniger schüchterne und bestimmtere Kuss. Wahrscheinlich aber doch weniger aus zweckbezogenen Gründen, als wegen dem leichten, aufkommenden Suchtpotenzial, denn Iljah küsste noch immer gut und auch an seinem anziehenden Geruch hatte sich rein gar nichts geändert.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Das Ausüben von Druck, indem ich mit der Angst - oder in dem Fall eher Paranoia - der jungen Frau spielte, war selbstredend nicht die feine englische Art und machte mich auch bestimmt nicht zum sympathischsten Schwiegersohn des Jahres, aber ich schien Irina doch noch davon überzeugt zu haben, dass es gar nicht so schlimm war, sich einfach in meine Arme fallen zu lassen. Hier und da vielleicht schon, aber zumindest im aktuellen Augenblick hatte sie wirklich nichts zu befürchten. Zwar wusste ich jetzt noch immer nicht, was der eigentliche Grund dafür war, warum sie mich so lange verstoßen hatte, aber grundlegend war mir das zum Zeitpunkt, in dem ihre Lippen die meinen trafen auch herzlich egal. Fürs Erste hatte ich bekommen, was ich wollte - nämlich ihre Aufmerksamkeit - und den Grund für das lange Warten der jungen Frau würde ich früher oder später schon noch herausfinden. Hatte ich ihr ja gerade sehr indirekt versprochen und Versprechen brach ich in der Regel nur selten bis gar nicht. Eventuell konnte ich ja Hunter - beziehungsweise seine Jungs, die schon sehr bald in Russland eintreffen würden - dafür benutzen, noch ein bisschen mehr über die junge Frau herauszufinden, die sich mir - gegenteilig ihres vorherigen Auftretens - ganz plötzlich an den Hals geworfen hatte. Mir würde schon eine gute und plausible Begründung für die Beschattung der Serbin einfallen, die nicht zum sofortigen Ausschluss von der Geldwäsche-Geschichte und anschließender Exekution führen würde, da war ich mir sicher. Entgegen meiner anfänglichen Behauptung, dass ich mich nur an Informationen Dritter bediente, hätte ich genau so gut einfach meine eigenen Männer auf sie ansetzen können, aber zum einen hatten die aktuell tatsächlich etwas besseres und sinnvolleres zu tun, als dass ich sie für mindestens eine Woche auf so eine Kleinigkeit ansetzen konnte und zum anderen war es ja grundlegend auch gar nicht weiter wichtig, solange sich Irina nach dem Kuss nicht schon wieder spontan dazu entschied, mich links liegen zu lassen und über den Tag mit Nichtachtung zu strafen, bis sie mir bei unseren Privatstunden nicht mehr aus dem Weg gehen konnte. Es mochte gewissermaßen ein wenig naiv von mir sein, auf die Hintergründe ihrer seltsamen Art nicht weiter einzugehen und den Kuss vorerst einfach zu erwidern, aber was würde die junge Frau denn auch im Schilde führen wollen? Ich konnte ja nicht ahnen, dass sie sich nur derart gesträubt hatte, um sich selbst und in gewisser Hinsicht auch mich ein Stück weit vor einem ziemlich großen Unglück zu schützen, welches unter meinen Füßen schon jetzt das Tor zur Hölle aufgerissen hätte, wenn ich gewusst hätte, was für ein linkes Spiel die dunkelhaarige Schönheit spielte. Aber auch dem Kopf eines Clans fiel nicht immer alles sofort auf und entweder das Schicksal verzieh einem die Unachtsamkeit und die Ignoranz sämtlicher Warnglocken oder aber man lag recht bald unter der Erde, weil man zu lange untätig herumgesessen und sich von primitiven Trieben hatte lenken lassen. Ein wirkliches Dazwischen gab es nun mal nicht. Jedenfalls hatte sich das Gespräch in dem Sinne für mich inzwischen erledigt, als ich Irinas warmen Atem nach dem ersten Kuss auf meinen Lippen spürte, kurz bevor sie mich in einen weiteren verwickelte. Ich schloss meine Augen ebenfalls für einen Moment und hob parallel dazu eine Hand an ihren Hals, um ihr dort angekommen unter dem Ohr sachte über die empfindliche Haut zu streichen. An der Stelle blieb die Hand dann auch noch einen Augenblick lang lieben, als wir uns langsam wieder voneinander lösten, während ich die andere locker in meiner Hosentasche geschoben hatte. In meinen Augen hätten wir zwar noch ewig damit weitermachen können - die vollen Lippen schmeckten einfach verführerisch gut -, aber das noch immer recht kahle Büro versprühte alles andere als eine wirklich entspannende Atmosphäre und da Irina nicht gleich rückwärts über den Tisch fiel, um zur Flucht anzusetzen, ging ich jetzt einfach mal nicht davon aus, dass sie mir sofort wieder die kalte Schulter zeigen würde, wenn ich mich jetzt gänzlich zurückzog. "Na also...", murmelte ich mit einem siegessicheren Grinsen auf den Lippen, wobei ich ihrem Gesicht mit meinem noch ziemlich nahe war. Ich löste mich lediglich so weit von ihr, dass ich ohne Probleme ihre Gesichtszüge mustern und mich anschließend über die aufsteigende Hitze in ihren Wangen amüsieren konnte, während ich die Hand, welche bis eben an ihrem Hals gelegen hatte, an ihr Kinn hob. Dort strich ich dann mit dem Daumen über ihre Wangenpartie und ließ meinen Blick vor allem noch einmal ausgiebig über die sinnlichen Lippen der Serbin schweifen, bevor er sich wenige Sekunden später mit einem herausfordernden Funkeln in den ihren legte. "Mhm, ist heute nicht Stammtisch in deiner Lieblingsbar? Was dagegen, wenn ich mitkomme? Dieses Mal darfst du dir auch aussuchen, was ich dir bestellen soll.", erkundigte ich mich danach, ob es der jungen Frau etwas ausmachen würde, wenn ich sie heute zu ihren Freunden in die Bar begleiten würde - und ob sie überhaupt noch etwas mit mir unternehmen wollte oder der Kuss doch nur dazu diente, mich endlich zum Schweigen zu bringen. Dabei spielte ich selbstredend auch ein weiteres Mal auf unsere erste, weniger angenehme Zusammenkunft dort an, weil ich mir ganz einfach einen Spaß daraus machte, ihr immer wieder ihre witzigen Fettnäpfchen vor Augen zu führen. "Ich benehme mich auch, versprochen.", fügte ich breit grinsend noch ein paar Worte hinzu, die ich durch einen weiteren, eher flüchtigen Kuss zusätzlich zu unterstreichen versuchte, weil ich selbst auch nicht durchgängig sehr charmant ihr und ihren Freunden gegenüber gewesen war. Heute brauchte sie sich jedoch nicht davor zu fürchten, dass ich einen blöden Kommentar gegenüber ihrer halbstarken Teenie-Freunde loswerden würde.
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Wahrscheinlich sollte ich einfach damit aufhören mir irgendwelche Ziele zu setzen, die ich am Ende sowieso immer nicht einhielt. Sei es nun aus der Situation heraus oder einfach nur, weil ich nicht wollte - vollkommen egal. Iljah fand immer Wege mich wieder in die für ihn scheinbar richtige Richtung zu schubsen und ich sah was anging eher noch kein Ende kommen. Es war also ein ganzes Stück weit leichter und vor allem viel angenehmer, stattdessen ein bisschen nachzugeben und ihn zu küssen. Auch, wenn das weiterhin einen sich nicht beruhigen wollenden Puls meinerseits mitbrachte, war es fast ein bisschen schade, als auch der zweite Kuss wieder ein Ende fand. Immerhin hielt aber die dadurch ausgelöste, kurzzeitige Leere in meinem Kopf danach noch eine Weile an und ich fing unterbewusst damit an dem Tätowierten mit den Fingern ein bisschen den Nacken entlang zu streichen, als sich unsere Augen schließlich wieder trafen. Es war wohl vollkommen unvermeidbar, dass meine Wangen sich sofort wieder in einen zarten Rotfarbton hüllten, als Iljah mir mehr oder minder noch einmal unter die Nase rieb, dass er ja doch bekam, was er wollte und ich sah deshalb kurzzeitig nach unten weg. War einfach ein Stück weit peinlich. Erst sagte ich ihm immer er sollte wegbleiben und dann kam ich doch mehr oder weniger von allein wieder zu ihm zurück. Fast so wie ein Bumerang - total dämlich. Bestätigte ihn dadurch auch einfach nur noch mehr darin, dass ich ihm nicht besonders viel entgegenzusetzen hatte und das passte mir überhaupt nicht. Ließ sich halt leider aber nur bedingt ändern und es war auch nicht wirklich möglich aktiv darüber nachzudenken, während der Tätowierte mich weiter musterte und mir über die Haut streichelte. Auf so angenehme, sanfte Weise, dass man fast hätte meinen können er sei gar nicht fähig Kirills umzuboxen. Ich sagte auf Iljahs Na also aber sonst nichts weiter und sah ihn erst wieder direkt an, als er erneut zum Reden ansetzte und sich die Hitze in meinen Wangen langsam wieder ein kleines bisschen zu dezimieren begann. Ich hatte nicht wirklich damit gerechnet, dass er nun wegen dem Kuss prompt heute wieder mit mir losziehen wollen würde und sah ihn deshalb wohl kurzzeitig ziemlich nachdenklich an. Ich war mir nicht sicher, ob das eine gute Idee war. Sergej war immer locker, wenn mal jemand Fremdes außerplanmäßig mit aufkreuzte, war einfach ein grundlegend ein sehr entspannter Typ und die Mädels waren da auch locker - also zumindest wenn es nicht gerade Iljah war, aber gut, was soll's -, aber Iwan dürfte wenig begeistert davon sein. Einfach aus Prinzip, weil er es nicht leiden konnte, wenn ich einen Kerl mitbrachte. Erst recht nicht, wenn es einer war, mit dem er allein optisch schon nicht ansatzweise mithalten konnte. Iwan war vielleicht nicht hässlich, aber er sah aus - und benahm sich - wie 16 und das war alles, aber ganz bestimmt nicht mein Beuteschema. Wie der Schwarzhaarige hier schon sehr treffend formuliert hatte, schien ich eher ein Faible für deutlich ältere Männer zu haben und davon war der Jüngling sowohl physisch, als auch psychisch sehr weit entfernt. Eine gewisse Anspannung seinerseits war vorprogrammiert, aber wenn Iljah sich tatsächlich benehmen würde, was er noch einmal betonte, würde das schon nicht allzu schiefgehen. Blieb jedenfalls zu hoffen, weil ich eigentlich auch gar nicht wollte, dass sich unser beider Wege unten auf der Straße schon wieder trennten. Er küsste mich sogar noch ein weiteres Mal, wenn auch nur flüchtig und viel mehr als das schien es an Überredungskunst für mich im Moment auch gar nicht zu brauchen. Ich nickte danach nämlich kaum sichtbar, ehe ich zu einer wörtlichen Antwort ansetzte. "Ist denke ich okay, wenn du mitkommst... außer für Iwan. Er kann es nicht leiden, wenn ich mit einem Kerl aufkreuze...", ließ ich Iljah leicht murmelnd an meinen vorherigen Gedanken teilhaben. Es war nicht so, als wäre das schon oft vorgekommen, aber wenn ich doch mal einen mitbrachte, dann war er grundsätzlich etwas schlechter gelaunt als sonst. Er war wahnsinnig schlecht darin, das zu überspielen, aber wieso sollte ich darauf immer und immer wieder Rücksicht nehmen? Ich konnte nichts dafür, dass er nach einer gefühlten Ewigkeit noch immer nicht damit abschließen konnte, dass ich nun mal einfach nichts von ihm wollte. Während ich so darüber nachdachte rutschte meine Hand vom Nacken des Schwarzhaarigen nach vorne zu seiner muskulösen Brust und ich sah kurz auf meine Finger runter, bevor ich ihn wieder direkt ansah. "...und er wird sehr wahrscheinlich sticheln, also benimm' dich bitte wirklich. Keine gebrochenen Nasen heute, okay?", richtete ich eine ehrliche Bitte an ihn, einfach der erwachsenere von beiden zu sein und das weitgehend zu ignorieren, im Idealfall kein bisschen darauf einzugehen. Immerhin hatte Iljah mich ja irgendwie schon am Haken, er brauchte sich was den Halbstarken anging also keinesfalls irgendwie zu behaupten, hatte ihn ohnehin schon mit den paar wenigen Küssen weit übertrumpft. Zur Untermauerung meiner vorherigen Worte tippte ich mit dem Zeigefinger zwei Mal auf seine Brust und warf ihm noch einen leicht kritischen Blick zu, bevor ich mich langsam aus meiner Position am Schreibtisch löste. Mich zurück auf die Beine stellte, ihn damit ein kleines Stück weit zurückschob und danach löste ich meine Hand auch endgültig von seinem Körper. Schob mich an ihm vorbei und ging zur Rückenlehne des Stuhls, um meinen Mantel einzusammeln und anzuziehen, danach noch meine Tasche vom Boden aufzulesen. Nachdem sich in der letzten Woche die Arbeit aufgestaut hatte, die ich normalerweise erledigt hätte, war es so wie letztes Mal auch schon bereits etwas später geworden und ich hatte schon vorher geplant nach der Buchhaltung gar nicht mehr erst nach Hause zu fahren.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Es dauerte für die Verhältnisse der jungen Frau, welche alles mich betreffende immer zwei oder gar drei Mal überdenken musste überhaupt nicht lange, bis sie mir mit einem kaum sichtbaren Nicken und den darauffolgenden Worten ihre Zustimmung dafür einräumte, sie am heutigen Abend in die Bar begleiten zu dürfen. Natürlich nur, wenn ich mich denn auch wirklich benehmen würde, aber dahingehend konnte ich Irina tatsächlich beruhigen. Nach der letzten Woche war ich froh, wenn ich mich mit Niemanden streiten oder laut diskutieren musste. Es wäre mir auch eigentlich lieber gewesen, statt in die Bar zu gehen einfach einen ruhigen Abend gemeinsam auf der Couch vor dem Fernseher zu verbringen, aber ich würde ein paar Stunden in der stickigen Kneipe schon irgendwie überstehen. Dass einer von Irinas Freunden allerdings weniger begeistert davon sein würde, dass die junge Frau mich als ihre Begleitung mitnahm, entlockte mir ein leises, kaum hörbares Seufzen. Es hätte mir eigentlich klar sein müssen, dass in einer Gruppe aus mehreren Leuten mindestens einer dabei sein würde, der auf Stress aus war und darauf konnte ich heute wirklich gut verzichten. Ich nahm mir deshalb vor, mich wirklich nicht von diesem Iwan beeinflussen zu lassen und ruhig zu bleiben. Abhängig vom Grad der Provokation würde er sich zwar vermutlich trotzdem einen Spruch einfangen, aber ihm die Nase zu brechen stand mir eigentlich nicht im Sinn. "Wenn er vom Iwan plötzlich zum Kirill mutiert kann ich dir leider nichts versprechen.", bildete ich eine einzige Ausnahme von meinem Versprechen, mich zu benehmen. Ich ging zwar ehrlich gesagt nicht davon aus, dass ein scheinbar sehr guter Freund Irinas plötzlich auf dumme Ideen kam, nur um sich irgendwie beweisen zu wollen, aber man konnte nie wissen. Es standen tagtäglich ziemlich viele dumme Menschen auf - nicht auszuschließen, dass Iwan einer davon war. Kurz bevor sich die schlanke Schönheit dann final von mir löste, um ihren Mantel und die Tasche aufzulesen, griff ich mit der Hand, dessen Daumen gerade sanft über ihre Wange gestreichelt hatte, nach der ihrer, die sich kurzzeitig auf meiner Brust verirrt hatte, um sie mir an den Mund zu führen und ihr einen sanften Kuss auf die Fingerknöchel zu hauchen. Erst danach ließ ich sie schließlich ziehen, um mir selbst meinen Mantel anzulegen und den Computer herunterfahren, bevor ich mir ebenfalls noch meine Tasche unter den Arm klemmte und dann konnte es von mir aus auch schon losgehen. Ich ließ Irina selbstredend den Vortritt, als es um das Verlassen des Büros ging - ganz der Gentleman, der ich eben war. Streng genommen diente es jedoch lediglich dem Zweck, dass ich hinter ihr direkt abschließen und sie bereits zum Auto laufen konnte. Bedingt durch meine langen Beine und die daraus resultierenden großen Schritte, die ich machte, holte ich die Serbin auf halben Weg jedoch ein und wir liefen die letzten Meter bis zu dem Mercedes gemeinsam. Ich versicherte mich vor der Abfahrt noch einmal, dass Irina nicht vorher noch zu sich in die Wohnung musste, um dann auf ihr Geheiß direkt den Weg in Richtung Bar einzuschlagen. Ich hätte zwar durchaus nichts dagegen gehabt, mir die Haare noch einmal zu richten und ein bisschen Deo aufzutragen, aber ein Vorteil dieses kalten Landes war wohl, dass man nicht so schnell zu schwitzen anfing. Es machte also überhaupt nichts aus, wenn man sich mal nicht alle fünf Minuten parfümierte. Die Fahrt zur Kneipe verlief relativ schweigsam, was bei der kurzen Strecke jedoch nicht besonders unangenehm war. Insgesamt waren wir wohl maximal fünfzehn Minuten unterwegs, ehe ich den Wagen am Straßenrand in einer freien Parklücke abstellte und kurz darauf gemeinsam mit der jungen Frau die Bar betrat. Im Verlauf des Abends wurde klar, dass Iwan, vor dem mich Irina bereits gewarnt hatte, tatsächlich eine richtige Nervensäge sein konnte. Es war nun wirklich nicht so schlimm, als dass ich einen Schlag ins Gesicht für gerechtfertigt hielt, aber einen dummen Spruch konnte ich mir nach an die zwei Stunden Stichelei dann ja doch nicht nehmen lassen. Danach war allerdings auch für den restlichen Abend Ruhe, weil ich ziemlich deutlich gewesen war, als ich ihn darum gebeten hatte, sich nicht wie ein beschissenes Kleinkind aufzuführen. Mit dem Rest der Belegschaft verstand ich mich hingegen ganz okay. Die meiste Zeit über konzentrierte ich mich natürlich überwiegend auf Irina oder auf mein Getränk, aber wenn eine Frage an mich gerichtet wurde oder mich das aktuelle Thema interessierte, dann konnte ich mich auch ungeachtet des teilweise ziemlich großen Altersunterschieds ganz gut einbringen. Ich hatte schließlich auch überhaupt kein Problem damit, mich mit überwiegend Fremden zu unterhalten, weil ich dann sowohl in meinem legalen, wie auch illegalem Beruf schlichtweg Fehl am Platz gewesen wäre. Eine gewisse kommunikative Ader war da absolut unabdingbar. In beiderlei Hinsicht war ich nun mal ein Verkäufer und der musste seine Kunden nicht selten mal eine ganze Weile mit irgendeiner faden Scheiße belästigen, bis dieser schließlich nachgab und den Kaufvertrag unterzeichnete. Nichtsdestotrotz war das eigentlich Interessante für mich weiterhin die junge Frau, die sich neben mir mit ihren Freundinnen und Freunden über ziemlich belanglose Dinge unterhielt. Ich tat dabei nicht viel mehr, als sie dabei zu beobachten und ab und an mal an meinem Drink zu nippen, der wie gewohnt aus purem Hochprozentigen bestand, während ich einen Arm hinter der Dunkelhaarigen auf der Rückenlehne der hölzernen Bank abgelegt und damit eine für mich deutlich entspanntere und weniger versteifte Position eingenommen hatte. Nach einer schier unendlich langen Zeit - ich hatte ewig nicht mehr auf die Uhr gesehen -, in der zumindest auf meiner Seite eine ganze Menge Alkohol geflossen war, schien sich das kleine Grüppchen langsam aufzulösen. Die zwei Jungs in der Runde zahlten als erstes ihre Rechnung, während Irina und ich das Schlusslicht bildeten und damit die Bar als letztes verließen. Die Kosten der jungen Dame rechnete ich dabei selbstredend auf meine gefühlt unzähligen Drinks drauf, die ich mir im Nachhinein lieber nicht einverleibt hätte. Es zwar noch lange nicht so schlimm, als dass ich jetzt taumelte oder zu lallen anfing, aber meine Fahrtüchtigkeit hatte unter dem Alkohol doch ziemlich stark gelitten und das Risiko auf einen Unfall wollte ich ehrlich gesagt nicht eingehen. Vor der Tür stehend und auf Irina wartend, die noch einmal die Sanitäranlagen aufgesucht hatte, überlegte ich deshalb, ob ich nicht einfach ein Taxi für meine Begleitung und mich rufen sollte. Allerdings lag Irinas Wohngemeinschaft fußläufig und ein bisschen Frischluft konnte ich nach der stickigen Luft im Inneren der Bar eigentlich ganz gut gebrauchen. Ich würde nach Absprache mit der jungen Frau und ihren Mitbewohnerinnen die drei also nach Hause begleiten, wenn sie denn ebenfalls Lust auf ein Spaziergang hatten und mir dann dort ein Taxi rufen. Den Mercedes würde ich heute in jedem Fall nicht mehr anrühren und ihm einen der jungen Frauen anzuvertrauen, die ebenfalls das ein oder andere Glas getrunken hatten, kam unter keinen Umständen in Frage.
# Is it all a tragedy? Are we flashes in a rut going in and out of luck? Maybe. #
Unter dem Umstand, dass Iwan zu einem zweiten Kirill mutierte, hätte Iljah ihm auch ziemlich sicher sogar von meiner Seite aus die Nase brechen dürfen. Bei Belästigung verstand ich selbstredend nämlich einfach nur sehr wenig Spaß und dementsprechend kurz war mein eigener Geduldsfaden da auch. Ich hatte das Pfefferspray, das meistens in meiner Handtasche schlummerte, durchaus schon das eine oder andere Mal benutzt. Allerdings war Iwan wirklich kein Kandidat für solche Schandtaten. Er hatte hin und wieder eine etwas zu große Klappe, aber im Grunde war er nicht weniger als ein absolutes Lamm. Das zeigte er mehr oder weniger auch, als ich mich mitsamt meiner Begleitung an dem Tisch wiederfand, den wir jedes Mal aufs Neue bezogen, wenn er nicht belegt war. Zwar wurde er durchaus ziemlich frech und ich fürchtete ehrlich gesagt auch ein oder zwei Mal, dass die Fahnenstange an Geduld seitens des Tätowierten neben mir ein bisschen kürzer war als erhofft und es doch noch einen Boxhieb rasselte. Allerdings schien der junge Russe sich meiner Begleitung dann doch lieber unterzuordnen, nachdem ein doch sehr eindeutiger Konter aus seiner Richtung erfolgte. War so aber scheinbar auch echt nicht verkehrt, denn Iwan verschonte uns dadurch von noch mehr bissig angehauchten Kommentaren und ich konnte dadurch aufatmen. Natürlich tauschte ich auch ein oder zwei sehr eindeutige Blicke mit meinen beiden besten Freundinnen, die sich wirklich zu fragen schienen, was genau ich mir dabei dachte diesen eigentlich relativ gefährlichen Typen in unseren Freundeskreis mit reinzuschleppen. Irgendwann zwischendurch war ich auch mit Ksenia bei den Toiletten - wie das eben bei den meisten Frauen so war, gingen wir ungern allein - und wir hielten uns da sicher zwei oder drei Minuten länger als eigentlich notwendig auf, weil wir allein waren und sie mich somit ganz offen fragen konnte, ob ich jetzt den Verstand verloren hatte. Vielleicht ein bisschen, ja, aber ich wusste auch ganz ehrlich nicht, was ich darauf antworten sollte. Ich wusste selbst schließlich am besten, dass es mir mehr nur schaden konnte, wenn ich Iljah mehr Platz in meinem Leben einräumte als unbedingt notwendig, aber es... keine Ahnung, ging irgendwie einfach nicht anders. Er stellte zu viele Fragen und ich wollte auch eigentlich gar nicht, dass er wieder weg war. Jetzt noch weniger als vorher, lehnte ich mich den Abend über doch immer mal wieder ein bisschen an ihn, wenn ich mich gerade nicht zum Tisch neigte, um mich besser mit Sergej gegenüber unterhalten zu können oder an meinem Sektglas zu nippen. Denn ja, heute blieb es wirklich bei Sekt. Drei Gläser davon, aber das perlige Gesöff war auch so ziemlich das einzige, von dem ich etwas mehr vertrug, ohne gleich rückwärts umzukippen - quasi die eine Ausnahme schlechthin. Ich hatte also lediglich einen kleinen Schwips, als es schließlich hieß langsam aufzubrechen und ich war wohl auch ganz froh darüber, dass ich Iljah mit diesem Getränk finanziell so gut wie gar nicht zur Last fiel. War einfach wesentlich billiger als Cocktails, solange man nicht gerade den speziell hergestellten Sekt aus der Champagne trank. Der Tätowierte wollte meine Mitbewohnerinnen und mich sogar noch nach Hause begleiten, was mich ein bisschen wunderte. Immerhin wohnte er nicht direkt in der selben Richtung und vor allem auch nicht nebenan. Es wäre allein vom Zeitaufwand her also deutlich sinnvoller gewesen, wenn er sich einfach noch an der Bar ein Taxi gerufen hätte, wo er seinen eigenen Wagen heute doch scheinbar nicht mehr anfassen wollte. Ich wusste zwar, dass er auch mit ein bisschen Alkohol noch ziemlich sicher fuhr, aber er hatte heute eben doch ein bisschen tiefer ins Glas geschaut und da war das absolut nachvollziehbar. Hätte ich ein Auto in dieser Preisklasse würde ich mich vermutlich nicht mal mehr nach einem einzigen Schluck hinters Steuer setzen, ich war also ganz bestimmt die letzte, die darüber schlecht urteilen würde. Zwar warf Ksenia mir einen weiteren kritischen Blick zu, als es darum ging zu entscheiden, ob er zu Fuß noch eine Weile bei uns blieb, aber Anastasia sah das Ganze insgesamt wohl ein bisschen lockerer. Vermutlich auch deshalb, weil Iljah den Abend über nicht gerade den Eindruck erweckt hatte, mich bei der nächstbesten Gelegenheit ins Ausland zu verkaufen oder anderes, ähnlich schlimmes. Sie hatte sich im Gegensatz zur jüngeren Ksenia also ein bisschen beruhigt was das anging und schnappte sie sich einfach mit einem "Guck nicht so." am Handgelenk, damit wir in Richtung WG loslaufen konnten. Ich sah den jungen Mann neben mir wegen dem etwas weniger freundlichen Verhalten einer meiner Freundinnen ein bisschen entschuldigend an, als ich mich bei ihm einhakte und mich ebenfalls in Bewegung setzte. Die kühle Nachtluft tat wirklich gut und schien selbst das erhitzte Gemüt im Bunde nach ein paar Metern zu beruhigen - was sicher auch ein bisschen am Alkohol und den entsprechend wechselhaften Gefühlen lag, weil die anderen beiden etwas tiefer ins Glas geschaut hatten als ich selbst -, weshalb ich mich mit einem durchweg zufriedenen Seufzen vollends entspannen konnte, während ich so neben dem Tätowierten herschlenderte. Wir legten den Weg zur Wohnung nicht wirklich schnell, sondern in eher recht gemütlichem Tempo zurück und trotzdem ging mir das Ganze irgendwie ein bisschen zu schnell. Denn als die anderen beiden bereits dabei waren lachend die Haustür aufzusperren stand unweigerlich der Moment bevor, in dem ich mich für heute von Iljah verabschieden musste... und ich wollte nicht. Vielleicht war es auch an dieser Stelle ein Stück weit dem Nervengift in meinen eigenen Adern zu verdanken, dass mir absolut nicht mehr präsent war, dass ich mich mal von dem jungen Mann hatte fernhalten wollen. Oder vielleicht war ich auch einfach nur bis zu einem gewissen Grad lebensmüde, auch gut möglich. Als ich mich vor ihn stellte streckte ich auch die Hände nach dem abgeknickten Kragen seines Mantels aus und spielte kurz ein bisschen mit den Fingern daran herum. Bevor ich mir ein paar passende Worte zurechtlegen konnte, meldete sich Anastasia allerdings schon zu Wort, weil sie noch einen Moment lang im Türrahmen lehnte, während Ksenia schon auf dem Weg nach oben war. "Jetzt hör schon auf ihn anzuschmachten und nimm ihn mit hoch, Kindchen. Ksenia wird's überleben.", grinste sie wissend vor sich hin und ich tauschte noch einen kurzen Blick mit ihr, bevor sie ebenfalls ins Innere des Hauses verschwand und ich mich mit einem leichten Augenrollen erneut Iljah zuwandte. Ich hasste es, wenn sie mich so nannte, war sie doch gerade mal 5 Jahre älter als meine Wenigkeit. So ein bisschen versuchte ich schon aus dem Blick des Schwarzhaarigen vor mir zu lesen, als ich selbst noch ein paar Worte dazu formulierte. "Willst du? ... hier schlafen, meine ich. Ist ja schon ziemlich spät und dann müsstest du nicht erst noch nach Hause... aber ich versteh's auch, wenn das irgendwie doof ist, weil du morgen Termine hast oder so.", murmelte ich wie so oft ein bisschen unsicher vor mich hin und zuckte schwach mit den schmalen Schultern. Zwar würde es mich ein bisschen wundern, wenn er nein sagen würde, wo ich ihm gerade doch sogar vollkommen aus freien Stücken die Tür zu meinem Bett aufhielt - und nur zu dem, weil ich mich eindeutig noch davor hüten würde mit ihm zu schlafen -, aber vielleicht hatte er ja trotzdem triftige Gründe das abzulehnen. Er war ein vielbeschäftigter Mann, war also durchaus möglich.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Irinas Freundinnen in der Runde waren mir schon von Anfang an ein wenig suspekt. Erst hatte ich vermutet, dass Anastasia und Ksenia - die Namen hatte ich zwischendrin in einem Gespräch aufgeschnappt - Fremden gegenüber einfach ein wenig zurückhaltend waren, machte ich mit den vielen Tattoos, vor allem auch im Gesicht, doch einen relativ ominösen Eindruck, aber mittlerweile war ich mir ziemlich sicher, dass die beiden grundsätzlich komisch waren. Dabei wusste ich noch nicht einmal genau warum. Vielleicht lag es an den skeptischen Blicken, die sie mir mitunter zugeworfen hatten, wenn sich Irina mal etwas an mich lehnte oder ich anfing, ihr mit dem Finger durch die Haare oder über den Rücken zu streichen, während ich allgemein eher teilnahmslos meine Zeit in der Bar absaß. Die offenbar ältere der beiden Freundinnen schien sich im Verlauf des Abends zwar davon überzeugt zu haben, dass ich Irina nicht urplötzlich entführen oder abmurksen wollte, aber Ksenia war weiterhin nur mäßig begeistert von meiner Anwesenheit und warf ihrer Mitbewohnerin auf meinen Vorschlag hin, das Dreiergespann noch bis nach Hause zu begleiten, einen ziemlich kritischen Blick zu. Ich stellte mir für einen Moment lang die Frage, wo jetzt eigentlich konkret ihr Problem mit mir lag, beschloss dann aber schon sehr bald, dass es mir eigentlich ziemlich egal war und sie mit mir auch keinen Kaffee trinken musste, weshalb die Sympathie zwischen uns ruhig eingeschränkt bleiben konnte. Als sie dann kurz darauf durch Anastasia dazu genötigt wurde, sich von Irina und mir abzuwenden, sah ich ihr noch für kurze Zeit hinterher, ehe ich mich wieder auf meine Begleitung konzentrierte, der das Verhalten ihrer Freundin offensichtlich unangenehm war und ebenfalls zum Gehen ansetzte. Die kühle Nachtluft war dabei wie Balsam für die durch trockene und stickige Luft geschundene Lunge, sodass es mir an der Wohnung der Mädels-WG angekommen schon wieder deutlich besser ging. Außerdem war ich auch gleich ein bisschen wacher als vorher, lullte einen die Heizungswärme im Zusammenspiel mit dem Alkohol doch irgendwann ziemlich ein und ließ einen müde werden. Daran hatte sich an und für sich zwar nicht besonders viel geändert und ich freute mich nach dem Tag ehrlich gesagt ziemlich aufs Bett, aber ich schlief immerhin nicht sofort im Stehen ein, als wir vor der Haustür angekommen letztlich inne hielten. Ich hatte meine Hände weiterhin tief in den Taschen des Mantels verstaut, während sich Irinas hingegen an letzterem zu schaffen machte. Statt mich förmlich auszuziehen, wie sie es am Tag des Lagerfeuers getan hatte, beließ sie es heute allerdings dabei, lediglich an dem eingeschlagenen Kragen herumzuspielen, während ich zu ihr herunter sah und mich eigentlich schon damit abgefunden hatte, mir gleich noch ein Taxi rufen zu müssen. Ich hatte das Handy in der Jackentasche bereits in der Hand, als sich wider Erwarten eine der Mitbewohnerinnen zu Wort meldete, die im Türrahmen lehnend auf Irina gewartet hatte. Wir waren allgemein etwas langsamer gelaufen und kamen dadurch mit etwa zehn Meter Verzögerung nach den beiden Frauen am Hauseingang an. Dass die Schwarzhaarige sich daraufhin noch für ein paar Minuten in meine Arme flüchten wollte, bevor sich unsere Wege für den Abend trennen würden, schien ihre Freundin auf eine ziemlich schräge Idee zu bringen. Nicht, dass wir uns da falsch verstanden: Ich würde es durchaus begrüßen, die Nacht bei Irina zu verbringen, nur war es gewissermaßen ein bisschen seltsam, diesen Vorschlag von einer der Frauen zu hören, die sich mir gegenüber am Anfang etwas distanziert verhalten hatte. Vielleicht hatte sie der Alkohol ja tatsächlich etwas sehr locker werden lassen, aber das sollte mir in dem Fall nur recht sein. Die ebenfalls eher zierliche Gestalt verschwand nach einem schmalen Lächeln meinerseits, welches die Augen nicht mehr erreichte, dann auch schon hinter der maroden Holztür und ließ Irina und mich damit kurze Zeit später dann alleine. Seltsamer als der Vorschlag ihrer Freundin, war jedoch die Reaktion der Serbin selbst. Sie schien nämlich nicht besonders abgeneigt davon zu sein, mich bis zum nächsten Tag noch bei sich zu haben und in Anbetracht unseres vorherigen Gesprächs ließ mich das verwundert die Augenbrauen anheben. Nach der - zumindest in Hinsicht auf die Taten - ziemlich deutlichen Aussprache vorhin noch etwas gemeinsam trinken zu gehen, erschien mir mehr als legitim. Dass die schlanke Schönheit aber plötzlich absolut gar kein Problem mehr mit meiner Nähe zu haben schien, kam doch etwas überraschend und zu sagen, dass ich damit absolut nicht gerechnet hätte, wäre noch nicht einmal gelogen gewesen. Ich lockerte den Griff um das Handy in der Jackentasche und legte stattdessen meine Hände über den Mantel an die Hüfte der jungen Frau, um sie etwas näher an mich heran zu ziehen, während ich über ihren Kopf hinweg in Richtung der Bar sah, die vom aktuellen Standpunkt aus natürlich nicht mehr zu sehen war. Viel eher suchte ich mir in der Ferne einen geeigneten Punkt, auf den ich mich konzentrieren und darüber nachdenken konnte, ob morgen früh wichtige Termine anstanden oder ob einer Übernachtung bei der jungen Frau rein organisatorisch tatsächlich nichts im Wege stand. Nach etwas über einer halben Minute richtete ich den Blick schließlich in den der jungen Frau, während ich mit einem weitaus ehrlicherem Lächeln die breiten Schultern zucken ließ. "Du hast Glück... ich hab morgen keine Termine, die nicht auch fünf Minuten warten könnten, wenn ich mich etwas verspäte. Außerdem habe ich es dann nicht besonders weit bis zum Auto und wer kann zu einer Übernachtung bei so einer schönen Frau wie dir schon Nein sagen?", verband ich das praktische Denken noch mit einer in meinen Augen ziemlich rhetorischen, aber nicht weniger schmeichelhaften Frage, bei der nunmehr ein schiefes Grinsen meine Lippen umspielte. Zum Unterstreichen der Worte hob ich außerdem eine Hand an ihre Wange und strich ihr wie vorhin schon seitlich über den Kieferknochen. Auf einen Kuss verzichtete ich vorerst allerdings und schob die zierliche Dunkelhaarige stattdessen vor mich her in Richtung Haustür, die Anastasia mittels eines unter die Tür geschobenen Holzpflocks für uns offen gelassen hatte, damit Irina nicht noch ihren Schlüssel zücken musste. Bis rauf in den Flur kannte ich den Weg, stand dann dort allerdings erst einmal ein wenig verloren in der Gegend herum, weil es mir nicht richtig erschien, geradewegs ins Wohnzimmer zu stolpern, wo sich aktuell die anderen beiden Mädels aufhielten. Ich schob mir also erstmal geduldig die Schuhe von den Füßen und legte dann noch den Mantel ab, bevor ich auf weitere Anweisungen der jungen Frau wartete. Es war immerhin nicht ganz klar, wo ich nun letztlich schlafen sollte und falls Irina mich wider Erwarten mit in ihr Zimmer nehmen wollen würde, wusste ich nicht, hinter welcher der drei geschlossenen Türen dieses nun eigentlich nach. Warten war in dem Fall also die vermutlich beste Option.
# Is it all a tragedy? Are we flashes in a rut going in and out of luck? Maybe. #
Ungefähr eine halbe Minute lang wusste ich noch kein bisschen, woran ich jetzt für den Rest der Nacht war. Es ließ sich allerdings dadurch ein bisschen besser ertragen, dass Iljah mich noch bei sich hielt und mir damit keinerlei Abweisung zu spüren gab. Dass er wiederum ein bisschen von der Frage überrumpelt war, konnte man ihm kaum verdenken. Ich war mir auch fast sicher, dass ich das morgen irgendwann wieder zumindest ein bisschen bereuen würde. So, wie ich das nun mal immer tat, wenn ich ihm mehr Raum bot, als er haben sollte. Also sehr oft. Eigentlich ständig. Ich wusste nicht was es eigentlich war, dass mich ihm gegenüber so verhältnismäßig schwach machte. Wenn ich eines über die letzten paar Jahre gelernt hatte, dann war es Männern die kalte Schulter zu zeigen. Funktionierte bei ihm nur irgendwie einfach nicht und er schien jetzt lange genug in meinem Kopf herumgebohrt zu haben, um einfach einen Platz darin zu haben - was auch immer das genau für einer sein mochte, er war jedenfalls äußerst präsent. So oder so war es eine kleine Form der Erlösung, als er letztlich das Wort ergriff und meine Augen sich automatisch beim Klang seiner Stimme wieder in seine richtete, wo sie vorher doch auf meine beiden Hände abgerutscht waren. Je länger der Tätowierte redete, desto breiter wurde wohl auch das anfangs nur schwache Lächeln auf meinen Lippen. Mitunter sicher auch wegen dem erneuten Streicheln an meiner Wange, bei dem ich mehr nur unterbewusst leicht seiner Hand entgegenlehnte. War auch nur logisch, dass man nicht so oft Komplimente bekam, wenn man Männer immer konstant auf gefühlt fünf Metern Abstand hielt und es war irgendwie schön zu hören. Mehr als einen für den Moment vollkommen glücklichen, dankbaren Blick bekam der junge Mann aber nicht mehr von mir, bevor wir uns vorerst voneinander lösten und den Weg nach oben antraten. Weil keiner von uns beiden absolut sturzbetrunken war brauchten wir dafür auch gar nicht lange und die Wohnungstür fiel bald hinter uns ins Schloss. Ich konnte schon beim Ausziehen des Mantels hören, dass Ksenia der älteren Anastasia irgendwas zuzischte, weshalb ich einen vorsichtigen Blick ins Wohnzimmer warf, nachdem ich auch die Schuhe losgeworden war. Ich wusste, dass sie nur so drauf war, weil sie sich bei jeder Kleinigkeit Sorgen machte... wobei das in diesem Fall hier womöglich auch berechtigt war, aber das blendete ich gerade sehr erfolgreich aus. Ich wollte mit dem Blick wohl auch nur sicher gehen, dass die recht temperamentvolle, junge Frau nicht Irgendwas nach Iljah warf, nur weil es ihr nicht passte, dass er hier war. Sie warf mir stattdessen nur einen weiteren, sehr eindeutigen Blick zu, bevor ich mich mit einem Kopfschütteln dem Tätowierten zuwandte und ohne wirklich darüber nachzudenken nach seiner Hand griff. Ihn mit einem gemurmelten "Komm." dazu animierte mir zu folgen, damit ich ihn nicht unnötig ziehen musste. Ich nahm ihn ohne große Umschweife mit in mein Zimmer, in dem so wie eigentlich immer, wenn ich keinen Besuch erwartete, ein kleines bisschen Unordnung herrschte. An sich war es eigentlich schon ziemlich aufgeräumt, aber meine Klamotten verteilte ich einfach gerne in gefühlt allen Himmelsrichtungen. Das war wie ein Fluch. An einem Tag räumte ich alles weg und am nächsten lagen da schon wieder drei Shirts, fünf Pullover, zwei Cardigans und vier Jeans, obwohl ich davon noch fast gar nichts angehabt hatte. Wenigstens flogen hier aber keine Schuhe herum, weil wir uns gleich beim Einzug um einen möglichst geräumigen Schuhschrank gekümmert hatten. Ich verstaute lediglich ein paar, die ich nicht so oft anzog, in der hintersten Ecke meines Kleiderschranks, der an sich grundlegend überquoll. Wenn ich tatsächlich mal Klamotten aussortierte, dann kaufte ich quasi im selben Atemzug welche nach. War wohl einfach Fluch Nummer Zwei, aber ich hatte mir auch mal sagen lassen, dass man beim älter werden irgendwann automatisch etwas ordnungsbewusster wurde. Blieb in meinem Fall wohl zu hoffen, denn ich sah die Klamottenmenge in meinem Besitz auch zukünftig eher nicht schrumpfen. "Ich würd' ja sagen hier sieht's normalerweise anders aus... aber das wär gelogen.", gestand ich dem Schwarzhaarigen mit einem schiefen Grinsen leicht verlegen, dass es bei mir leider vollkommen normal war, dass ich meine Kleidung gerne hier und da und überall ein bisschen verteilte. Jedenfalls wandte ich mich dann zeitnah meinem Schrank zu, um mir Schlafklamotten rauszuholen. Machen wir uns an diesem Punkt nichts vor: Ich hatte für gewöhnlich weniger beim Schlafen an, als das heute der Fall sein würde, aber in nicht mehr als einem überdimensional großen Shirt zu schlafen kam mit Iljah in meinem Bett - was by the way immer noch komisch in meinen Ohren klang - aktuell nicht wirklich in Frage. Also zog ich wie neulich schon eine kurze Stoffhose und ein eher weites Shirt in normaler Größe raus, bevor ich die Schranktür wieder schloss. Mit einem Blick in Richtung des Schwarzhaarigen und einem knappen "Bin gleich wieder da." verabschiedete ich mich für ein paar wenige Minuten ins Badezimmer. Es musste auf jeden Fall noch das heute wie gewohnt an Arbeitstagen nur eher dezente Make Up runter und auch sonst wollte die Abendroutine noch erledigt werden. Insgesamt dauerte das nur an die fünf Minuten, aber ich ertappte mich am Ende ja doch dabei, wie ich im Spiegel noch einmal nachsah, ob ich denn wirklich halbwegs passabel aussah - als wäre das beim Schlafen irgendwie notwendig. Es gab keinen Menschen, der während er schlief perfekt aussah, also schüttelte ich darüber sogar selbst den Kopf, bevor der Spiegel für heute Geschichte war und ich mich noch in die Schlafklamotten warf. Die Klamotten, die ich heute fast den ganzen Tag getragen hatte - ich hatte lediglich wieder das weiße Hemd Zuhause gegen etwas Bequemeres eingetauscht, als ich nach der Arbeit bis zur Buchhaltung eine kurze Pause eingelegt hatte -, wanderten ohne Umschweife in die Wäschebox unweit der Badewanne und dann sollte es das auch gewesen sein. Ich ging mit einem kleinen Umweg über die Küche, bei dem ich eine Wasserflasche einsammelte, zurück in mein Zimmer und sah dort angekommen zeitnah wieder zu Iljah. "Bad ist frei, falls du noch reinwillst.", ließ ich den jungen Mann mit einem schwachen Schulterzucken wissen, dass er falls notwendig ruhig noch einen Abstecher ins genannte Zimmer machen sollte. Dauerte sicher nicht mehr lang, bis entweder Ksenia oder Anastasia da reinschlüpften und die beiden brauchten meistens doch deutlich länger als ich, jetzt wäre also quasi seine Zeit. Wo sich das Badezimmer befand müsste er von seinem längeren Besuch hier auch noch wissen. Ich nahm auf dem Weg zum Bett erstmal noch ein paar Schlucke aus der Wasserflasche, weil ich der Dehydrierung durch den Alkohol gerne ein bisschen vorbeugen wollte und stellte jene dann auf dem Nachttisch ab, bevor ich mich unter die Decke und an die Wand verkroch. Ich schlief tendenziell sowieso immer eher näher an der Wand, als an der freien Bettkante, also ließ ich Iljah gerne die vordere Seite. Er hatte in jedem Fall sowieso keine Wahl, weil ich nicht vorne schlafen würde. War mein Bett, also auch meine Regeln.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Ich ließ mich ohne Widerstand zu leisten in Richtung Irinas Zimmer ziehen, in dem ich aller Voraussicht nach heute dann auch nächtigen würde. Die zwei anderen, sich im Wohnzimmer unterhaltenden Damen würden jenen Raum wohl noch eine Zeit lang belagern, weshalb ich relativ froh darüber war, dass mich die Serbin mit in ihr Bett nehmen würde. Ich war relativ müde und außerdem dankbar dafür, dass mein Rücken von den grundsätzlich unbequemen Sofapolstern verschont blieb. Zwar war ich dahingehend nicht besonders wehleidig und hatte schon das ein oder andere Mal auf einer Couch meine Nacht verbracht, würde aber eine anständige Matratze mit einer hübschen Frau an meiner Seite jederzeit vorziehen. Ich folgte der jungen Frau also in ihr laut eigener Aussage grundlegend etwas chaotische Zimmer, wobei ich diesem Umstand nur wenig bis eigentlich gar keine Beachtung schenkte. Schließlich sah es bei mir Zuhause nicht wirklich anders aus, was in meinem Fall jedoch lediglich daran lag, dass ich nicht besonders viel Zeit in meinem Schlafzimmer verbrachte. Eben nur, um mich umzuziehen und dort zu schlafen. Den Rest des Tages verbrachte ich dann entweder auf der Arbeit oder trieb mich seit Neustem mit Irina herum. Da hatte ich am Abend logischerweise nur sehr wenig Lust, mich dann auch noch ums Aufräumen zu kümmern. In dem Punkt war es definitiv von Vorteil, einen ordnungsbesessenen Mitbewohner zu haben, der sich wenigstens um den Rest des Hauses kümmerte, damit nicht zusätzlich zu meinen Schlafgemächern auch noch das Wohnzimmer, das Bad oder die Küche in meinem Chaos versank. Ein Mal alle paar Tage lief ich dann meine verhältnismäßig großen vier Wände ab, sammelte alle herumliegenden Klamotten ein, weil im Kleiderschrank nichts mehr zu finden war und schmiss eine Maschine Wäsche an. Einen Großteil - die Hemden, um genau zu sein -, lud ich außerdem auf dem Weg zur Arbeit bei der Reinigung meines Vertrauens ab, weil knittrige Hemden nun mal einfach scheiße aussahen, ich mich aber noch weniger zum Bügeln aufraffen konnte, als zum Aufräumen. Ich besaß streng genommen noch nicht einmal ein Bügelbrett, weil Michail - der ausschließlich Pullover oder Shirts trug - davon auch nicht viel hielt. Kostete ja auch kaum was und auf dem Heimweg konnte ich die Klamotten dann auch schon wieder einsammeln. Na ja. Jedenfalls schenkte ich Irinas Bemerkung daher nicht viel mehr, als ein schiefes Grinsen und beobachtete sie dann dabei, wie sie aus ihrem Kleiderschrank ein paar Schlafklamotten fischte, mit denen sie sich wenig später auch schon ins Badezimmer verabschiedete. Ich hätte selbstredend nichts dagegen gehabt, wenn sie sich einfach hier umgezogen hätte, aber das wäre vermutlich zu viel des Guten für den heutigen Abend. Zudem hatte sie sicherlich auch noch eine Art Abendritual zu erledigen, da ließ sich das Umziehen natürlich wunderbar mit einbinden. Als die Schwarzhaarige dann aus dem Zimmer verschwunden war, nutzte ich erst einmal die Zeit, um mich ein wenig umzusehen. Dabei fing ich jetzt natürlich nicht an, sämtliche Türen zu all den unterschiedlichen Schränken aufzureißen, um mir dessen Inhalt anzuschauen, sondern ließ eigentlich nur meinen Blick ein wenig schweifen. Streunte von der Zimmertür rüber zu Irinas Schreibtisch, um beiläufig die dort herumliegenden Unterlagen zu studieren, ehe es dann am Bett vorbei zum Fenster ging, von wo aus man einen guten Blick über die vor dem Haus verlaufende Hauptstraße hatte. Ich lehnte mich gerade mit der Hüfte gegen das Fensterbrett, als die junge Frau auch schon wieder hinter mir das Zimmer betrat und die Information verkündete, dass das Badezimmer nach der Dunkelhaarigen noch von keiner der Mitbewohnerinnen betreten worden war. Ich also am besten jetzt noch schnell dorthin verschwinden sollte, bevor es zu spät war. "Alles klar.", antwortete ich mit einem schwachen Nicken und stieß mich mit einem letzten Blick nach draußen auf die Straße vom Fenster ab. Mich beschlich schon wieder das ungute Gefühl, von der gegenüberliegenden Straßenseite aus beobachtet worden zu sein und dass, obwohl ich kaum länger, als zwei oder drei Minuten in der Position vor dem Fenster verharrt hatte. Weil es nun schon das zweite Mal war, dass ich mich hier in der Gegend beobachtet fühlte, beschloss ich, auf dem Weg ins Bad noch eine Textnachricht an meine rechte Hand zu verschicken, in der ich ihn darum bat, zwei der aktuell noch verfügbaren Männer durch die umliegenden Gassen zu schicken, um meiner Paranoia auf den Grund zu gehen. Konnte natürlich gut sein, dass mir der Alkohol schlichtweg die Sinne trübte, aber in dem Fall war Vorsicht besser als Nachsicht. Zwar käme mir jetzt niemand so spontan in den Sinn, der mir etwas Böses wollte, aber auch unzufriedene Kunden konnten ab und an mal ungemütlich werden und bevor ich letztlich mit einem Messer im Rücken - oder dann eben gar nicht mehr - aufwachte, ließ ich meine Jungs lieber ein bisschen mehr arbeiten und konnte dafür beruhigt einschlafen. Ich hatte gerade das Badezimmer betreten und die Tür hinter mir ins Schloss fallen lassen, als ich mein Handy wieder in der Hosentasche verstaute und mich dann der mir in einem fremden Haushalt möglichen Abendroutine zu widmen, die zu einem sehr großen Teil wohl lediglich daraus bestand, mich aus den Klamotten zu schälen und das mit Gel an Ort und Stelle gehaltene Haar ein wenig mit den Fingern zu lockern. Normalerweise kämmte ich mir den Mist vorm Schlafengehen zwar mit einem dafür vorgesehenen Kamm raus, aber den führte ich logischerweise nicht immer am Mann - warum auch? Ich wusch mir danach noch einmal das Gesicht und die Hände mit kaltem Wasser, bevor ich mich der Hose und dem schwarzen Shirt entledigte und somit lediglich in Boxershorts bekleidet das Licht im Bad hinter mir ausschaltete, nur um dann wieder zu der Schwarzhaarigen aufzuschließen. Die Klamotten, welche ich mir für den Weg ins Schlafzimmer unter den Arm geklemmt hatte, fanden unweit vom Bett ihren Platz auf einem Stuhl. Meinen Geldbeutel und das Handy ließ ich hingegen direkt neben dem Kopfende auf dem Nachtschrank der Serbin liegen, zu der ich mich kurze Zeit später dann auch schon gesellte. Anfangs saß ich noch einen Moment lang mit dem von Tattoos und Narben übersäten Rücken zu ihr gerichtet auf der Bettkante und rieb mir noch eine gute halbe Minute lang über das müde Gesicht, ehe ich mich schließlich seitlich nach hinten und damit direkt neben die junge Frau fallen ließ. Um Irina noch für einen Augenblick etwas besser ansehen zu können, rollte ich mich aber bald schon auf die Seite, um mich auf einem Arm abzustützen und auf die Schwarzhaarige hinabsehen zu können. An der Stelle hätte ich unter anderen Umständen sicherlich einen blöden, vermutlich auch anzüglichen Spruch losgelassen, aber aktuell war ich ausreichend bedient damit, die Gesichtszüge der auch ohne das wenige Make Up verboten gutaussehenden Schönheit zu mustern, während ein Lächeln, welches erneut eher nicht meine Augen erreichte, meine Lippen umspielte.
# Is it all a tragedy? Are we flashes in a rut going in and out of luck? Maybe. #
Während Iljah nicht im Raum war fielen mir schon einmal die Augen zu. Wohl hauptsächlich deshalb, weil der Tag für mich einfach wahnsinnig lang und zu großen Teilen auch anstrengend gewesen war. Erst hatte ich die gewohnten acht Stunden im Autohaus abgesessen und wenig später dann noch die an sich zwar nur noch wenig stressige Buchhaltung, aber es war ja kein Geheimnis, dass ich dabei insgesamt trotzdem ziemlich unter Strom gestanden hatte. Aus Gründen, die ich dann einfach bei Seite geschoben hatte, weil... weil eben. Vielleicht schlicht und ergreifend deswegen, weil ich das gerne wollte und es mein Leben zumindest für eine Zeit lang weniger kompliziert machte. Eben für so lange bis mir die Sorokins nicht mehr glaubten, dass ich nichts aus Iljah herausbekam, obwohl ich ständig mit ihm herumhing und es deshalb ungemütlich wurde - aber bis dahin hatte ich noch ein bisschen Zeit. Ein paar Wochen in jedem Fall. War ja nicht so, als würden Kartellführer einem ihr ganzes Leben mal eben so ganz locker erzählen. Ich hatte also noch einige Tage meine Ruhe vor den Brüdern und danach... ja, dann ging es wahrscheinlich steil abwärts für mich. Noch viel tiefer als jetzt in der Scheiße sitzen konnte ich glaube ich sowieso nicht mehr, also konnte ich zumindest versuchen mir die Zeit bis zu meinem nächsten Absturz - wie auch immer der genau aussehen würde - noch ein bisschen angenehmer zu gestalten. Vielleicht war das egoistisch, aber ich wusste auch ehrlich gesagt nicht, wie ich Iljah vor seinem oder wie ich mich vor meinem Schicksal noch irgendwie retten sollte. Womöglich war ich dazu schlichtweg nicht tief genug in die kriminelle Szene verstrickt. Ich hatte nicht sowas wie gute Kontakte, die ich hätte um Hilfe oder Rat bitten können. Kannte Niemanden, der mir - und sehr vielen anderen armen Seelen, die sie für sich knechteten - die beiden oder am besten ihre ganze, eklige Sippschaft hätte vom Hals schaffen können. Durch jene Gedanken hatte sich das stumme Lächeln auf meinen Lippen von allein in Luft aufgelöst, weshalb ich ganz dankbar dafür war, dass der Tätowierte erneut im Zimmer auftauchte. Das ließ mich die Augen wieder öffnen und selbstverständlich war in meinem Kopf dann sehr schnell nur noch die viele nackte Haut, die sich über unzählige Tattoos und Muskeln spannte, wirklich präsent. Es war nicht so, als müsste mich der Anblick irgendwie wundern, wo doch wirklich Niemand freiwillig in Hemd und nicht schlaftauglicher Hose im Bett herumlag. Es war also sicher weniger der Überraschungseffekt und mehr der Anblick an sich, der meine Augen gebannt hielt. Ich versuchte zwar sehr wohl nicht zu auffällig zu starren, solange der junge Mann mir den Rücken noch nicht zugewandt hatte, aber es war wahrscheinlich trotzdem ziemlich offensichtlich, dass ich seinem Körper eher nicht abgeneigt war. Als er dann auf der Bettkante saß lagen meine Augen aber primär auf dem vernarbten Gewebe, das quasi nicht zu übersehen war. Hier und da durch ein Tattoo zwar durchaus etwas unauffälliger, aber auch Tinte konnte eine Narbe nicht unsichtbar machen. Erst recht nicht, wenn sie erst nach dem Tätowieren entstanden war. Woher die Narben wohl kamen? Es ließ sich anhand der Form und Größe leider nur mutmaßen und ich hätte einfach aus Neugier gerne die zierlichen Finger danach ausgestreckt. Noch bevor sich dieser Gedanke jedoch hätte vertiefen können drehte Iljah sich zu mir um und meine Augen lagen für ein paar Sekunden in seinen. Dann jedoch rutschten sie wieder ein bisschen ab, weil sie schon auf dem Weg zu seinem Gesicht flüchtig über eine weitere Narbe gewandert waren. Die war nicht groß, befand sich aber für mich aktuell recht gut sichtbar knapp unterhalb seiner Brust und so drehte ich mich etwas mehr in seine Richtung, streckte letztlich ja doch noch die Hand danach aus. Strich mit einer eher noch etwas zurückhaltenden Bewegung über die Narbe. Vielleicht auch nur, weil ich einen Grund haben wollte ihn anzufassen. "Erzählst du mir, woher du die Narben hast? Vielleicht nicht jetzt...", allein schon deswegen, weil das zeitliche bestimmt den Rahmen sprengen würde und ich vor der Arbeit wirklich ein paar Stunden Schlaf kriegen sollte, "...aber irgendwann mal?", murmelte ich mit kurzer Pause eine Frage vor mich hin, bevor ich seinen Blick wieder mit meinem auffing und sich meine Mundwinkel erneut zu einem schwachen Lächeln anhoben. Dann sank auch meine Hand erst einmal wieder zurück auf die Matratze, aber den Blickkontakt scheute ich gerade nicht. Womöglich deshalb, weil der Tätowierte sich nicht wirklich offensiv verhielt, sondern sich erstmal nur neben mich legte. Mich nicht stumpf an sich ranzog, als wäre das etwas vollkommen selbstverständliches, sondern mir - wenn auch vermutlich eher nur unbewusst - noch ein bisschen Zeit dazu gab mich überhaupt an den Gedanken zu gewöhnen, dass er jetzt doch tatsächlich in meinem Bett lag. Allerdings fiel mir das gerade insgesamt erstaunlich leicht. Woran das genau lag ließ sich schwer sagen, aber dass ich den Schwarzhaarigen inzwischen schon eine Weile lang kannte und wusste, dass er mir zumindest meistens den Freiraum gab, den ich von ihm verlangte, ließ mich die Situation wohl von vornherein etwas lockerer nehmen. Man nehme noch drei Gläser Sekt, eine gute Portion Naivität und einen etwas zu verführerischen, muskulösen Oberkörper dazu und die Sache war scheinbar geritzt. Ob wir wirklich noch dazu kommen würden uns über die unzähligen Narben zu unterhalten war unter Umständen fragwürdig. Unabhängig davon, ob Iljah das überhaupt wollte - immerhin gab er damit wohl unweigerlich einen Teil seiner Vergangenheit preis -, hatten wir dazu vermutlich eben auch nicht mehr allzu lange Zeit. Ich konnte also nur hoffen, was das anging. Wenn er grundsätzlich nicht darüber reden wollte, würde ich das natürlich auch akzeptieren. Eher ungern, weil ich was das anging einfach neugierig geworden war, aber ich sagte ihm ja auch nicht gerade alles. Verschwieg ihm im Grunde sogar die wirklich absolut essentiellen Informationen und allein deswegen dürfte ich ihm deswegen kaum böse sein.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Irina brauchte gar nicht zu glauben, dass mir ihre Blicke entgangen waren, hatten sich diese doch schon beim Betreten des Zimmers durch meinen Oberkörper gebohrt und als ich mich letztlich auf die Bettkante hatte fallen lassen, spürte ich sie noch immer in meinem Rücken. Aber das war okay, denn es bestätigte mich nur zusätzlich darin, dass sich die Serbin zu mir hingezogen fühlte und dass das mein Ego streichelte, war überflüssig zu erwähnen, oder? Sie durfte also gerne schmachten und sehen, was ihr gehören konnte, sofern sie sich für ein bisschen Spaß bereit fühlte, denn zumindest meine Muskeln sahen nicht nur gut aus - die Kraft dahinter war bei ausgefallenen Positionswechseln auch ganz praktisch. Aber zu diesen würde es heute vermutlich eher nicht mehr kommen. Die Schwarzhaarige machte keinerlei Anstalten, über mich herzufallen, sobald ich mich zu ihr herumgedreht hatte und ehrlich gesagt war ich wirklich müde. Ich sagte zwar in den seltensten Fällen Nein zu Sex, aber wenn ich derart fertig und dazu auch noch alkoholisiert war - was bei vielen Männern ja auch schon so eine Art körpereigene Kindersicherung einschaltete -, dann verschob ich das doch lieber auf den Morgen danach. Vorausgesetzt der Kater war auszuhalten, aber als gebürtiger Russe musste ich schon wirklich tief ins Glas schauen und vor, beziehungsweise nach dem Trinken von Alkohol so einiges falsch machen, was heute definitiv nicht der Fall war. Ich konnte immerhin noch gerade laufen, redete auch ganz normal und meine Gedanken waren ziemlich klar. Vielleicht ein klein wenig getrübt, als wären sie mit einem hauchdünnen Schleier umhüllt worden, aber das lag höchstwahrscheinlich eher an der Müdigkeit, als an dem Wodka von vorhin. Zwischen Irina und mir war eine kurzzeitige Stille eingetreten, die ich per se jetzt als nicht besonders unangenehm empfand. Sicherlich gäbe es das ein oder andere Thema, über das man sich jetzt noch hätte unterhalten können, bis dem ersten von uns beiden die Augen zugefallen wären, aber die Lust, jetzt noch lange miteinander zu quatschen, war zumindest meinerseits eigentlich kaum mehr vorhanden. Der Tag war ziemlich lang gewesen - zudem fiel nach wie vor noch ein bisschen Last von der letzten Woche von meinen Schultern und nachdem ich meine Beine jetzt auch noch zu der jungen Frau unter die Decke geschoben hatte, wurde mir auch kuschlig war. Optimale Voraussetzungen für eine erholsame Mütze voll Schlaf, wenn man mich fragte. Irina schien sich gedanklich derweil mit ganz anderen Dingen zu beschäftigten und ließ mich spätestens dann auch daran teilhaben, als sie ihre zierliche Hand nach meinem Oberkörper ausstreckte, um dort über eine der ziemlich vielen Narben zu streichen. Inzwischen waren es wohl so viele geworden, dass ich aufgehört hatte, sie zu zählen, aber auf den Rücken und die Brust gesehen kamen da schon einige zusammen. Die Arme und Beine sahen hingegen deutlich besser und weniger malträtiert aus. Aber so war das im Faustkampf - aus der wohl das meiste Narbengewebe resultierte - nun mal. Da hatte der Gegenüber selten Interesse daran, einem bloß das Knie zu zertrümmern oder den Ellenbogen zu brechen, sondern wollte einem in erster Linie das Licht ausknipsen und das bot sich vor allem im oberen Bereich des Körper - vorne, wie hinten - nun mal sehr gut an. Allerdings hatte ich jetzt nicht vor, Irina die Geschichten der Herkunft einzelner Narben zu erzählen, weil das zum einen sicherlich mehrere Stunden in Anspruch genommen hätte, nach denen sie vermutlich nicht mehr schlafen konnte und zudem auch Informationen über mich ans Tageslicht befördert hätte, die weder für Irinas, noch die Ohren eines anderen Fremden bestimmt waren. Denn letzten Endes war auch die junge Frau noch nicht viel mehr als bloß eine Bekannte. Keine Fremde mehr, nein, aber von einer guten, vertrauensvollen Freundin eben auch noch sehr weit weg. Inzwischen kannten wir uns meiner Meinung nach zwar schon etwas länger, aber wirklich etwas über den jeweils anderen wissen taten wir beide nicht und ich würde wohl kaum damit anfangen, ihr zu offenbaren, dass ich neben der offensichtlichen Geldwäsche auch noch ganz andere krumme Dinger am Laufen hatte, aus der Verletzungen dieser Art unter anderem resultieren. Wiederum würde mir Irina auch nicht aus heiterem Himmel brisante Details ihrer Vergangenheit anvertrauen. Zumindest nicht, wenn sie nüchtern oder nur leicht beschwipst war, so wie heute. Ganz ausschließen, dass ich der Serbin nicht irgendwann in der Zukunft doch noch bisschen mehr über mich verraten würde tat ich allerdings nicht. Konnte ja gut sein, dass diese ganze Friends with benefits Geschichte doch noch irgendwann ernster wurde, selbst wenn das beide Parteien im Augenblick anders sahen und bei einem guten Vertrauensverhältnis fiel es mir bestimmt deutlich leichter, mich ihr mehr und mehr zu öffnen. Aktuell war eine Beziehung jedoch das letzte, worüber ich aktiv nachdachte und auch wenn ich in dem Punkt nur für mich selbst sprechen konnte, ging ich stark davon aus, dass die junge Frau neben mir das ähnlich sehen würde. Aber zurück ins Hier und Jetzt, wo ich Irina nicht erzählen wollte, dass eine Hand voll der kleineren, unauffälligeren Narben von der ein oder anderen sich wehrenden Frau stammte, die ich in der Vergangenheit sehr unglücklich gemacht hatte, während die größeren wiederum von Aktionen wie der in Italien bei Vahagns Rettungsaktion oder Boxkämpfen der etwas anderen Art herrührten. "Bestimmt...", war das einzige Wort, welches ich letztlich auf ihre Frage erwiderte. Damit versprach ich erst einmal nichts, woran ich mich später eventuell nicht halten würde, machte die Hoffnung auf entsprechende Informationen dahingehend aber auch nicht vollständig zunichte. Indessen hatte ich eine Hand nach dem Gesicht der jungen Frau ausgestreckt, um ihr eine, durch die offenen Haare nun deutlich längere, Strähne aus dem Gesicht über die Schulter zu streichen, ehe ich mich schließlich wieder auf den Rücken rollte und ein bisschen näher an die Serbin heranrutschte. Einen Arm schob ich mir dabei bequem unter den Kopf, während ich mit dem anderen eine einladende Geste in Irinas Richtung machte. Natürlich stand es ihr vollkommen frei, ob sie lieber mit der Wand oder mir kuscheln wollte, aber ich war zweifelsfrei wärmer, als das kahle Gemäuer und das dürfte die Dunkelhaarige seit der Aktion am Lagerfeuer eigentlich am besten wissen. Vielleicht war ihr nach dem heutigen Abend ein wenig Abstand aber auch nur recht, was ich natürlich ebenfalls akzeptieren würde. Wie gesagt, war ich heute verhältnismäßig handzahm und umgänglich - das würde sich jetzt vor dem Schlafengehen auch nicht mehr ändern. "Was hältst du eigentlich davon, wenn wir morgen ein bisschen später auf die Arbeit fahren? Ich seh' mich irgendwie nicht schon um sechs Uhr wieder aufstehen.", stellte ich mit einem schiefen Grinsen auf den Lippen fest und bot sehr indirekt noch im selben Atemzug an, die junge Frau mitzunehmen, wenn sie das denn wollte. Der Gedanken dazu war mir eben gerade durch den Kopf gegangen und ich bezweifelte stark, dass Irina motivierter war, als ich, morgen wieder zeitig aus den Federn zu müssen. Abhalten würde ich sie davon natürlich nicht, aber ungeachtet der Tatsache, dass ich hier nicht Zuhause war, würde ich mich ihr so früh vermutlich nicht anschließen und einfach liegenbleiben. Eventuell wollte sie aber auch gar nicht, dass ihre Kollegen und damit der Rest meiner Unterstellten mitbekamen, dass wir offensichtlich irgendeine etwas privatere Verbindung zueinander hatten. Dass ich sie mit zur Arbeit nahm wäre in dem Fall wohl noch das kleinere Übel. Ab und an nahm ich einen der Jungs auch mal mit, falls sie sich bei Freunden, die auf dem Weg zwischen meiner Unterkunft und dem Autohaus lagen, befanden, aber wenn Irina dann auch noch eine Stunde später kam und von mir dafür keinen Einlauf kassierte, sie sogar noch von mir gefahren wurde, dann ließ das schon deutlich mehr Raum für Interpretationen und vielleicht war das der Schwarzhaarigen schlichtweg unangenehm. Ich würde es wahrscheinlich erst dann herausfinden, wenn die junge Frau neben mir ihre Antwort formuliert hatte.
# Is it all a tragedy? Are we flashes in a rut going in and out of luck? Maybe. #
Ich bekam nicht mehr als ein einziges Wort zur Antwort, das jedoch absolut ausreichend dafür war. Zwar ließ sich auch da sowohl ein Ja, als auch ein Nein hineininterpretieren, aber ich hätte mich über keines von beidem in irgendeiner Form beschwert. War schließlich Iljahs Körper und auch seine Vergangenheit, seine Privatsphäre. Ein Bestimmt war also bei unserem aktuellen Verhältnis zueinander vermutlich ohnehin das Maximum der Gefühle, weshalb ich mich allein deswegen vielleicht schon ein bisschen glücklich schätzen konnte. Deshalb und auch, weil er mir wie schon ein paar Mal zuvor wieder eine Strähne aus dem Gesicht strich, wobei ich unwillkürlich noch etwas breiter lächelte. Jetzt gerade konnte ich das wohl zum ersten Mal etwas genießen, weil ich mir nicht mehr den Kopf über die Berührung zerbrach, sondern den Schädel einfach mal ausmachte. Noch viel besser als diese eher flüchtige Berührung am Kopf war aber die folgenden Einladung dazu mich an ihn zu kuscheln. Für einen Moment lang biss ich mir leicht grinsend auf die Unterlippe, bevor ich mich ihm näherte. Ob er häufiger mal Frauen dazu einlud bei ihm zu schlafen? Gut möglich, weil es ihm an Auswahl dafür theoretisch gesehen sicher nicht mangelte und außerdem nicht jede Frau was körperliche Annäherung anging so einen Knacks in der Birne hatte wie ich selbst. Aber das interessierte mich eigentlich auch gar nicht wirklich, weil wir voraussichtlich sowieso nicht allzu viel Zeit miteinander hatten und nach aktuellem Stand bald auf die eine oder andere Art wieder getrennte Wege gehen würden. Kein besonders schöner Gedanke, wo ich doch langsam anfing Iljah zu mögen, weshalb ich den unliebsamen Gedankenfetzen ganz schnell wieder bei Seite schob. So oder so war es eine sehr angenehme Wärme, die mich bei ihm willkommen hieß und auch sein Geruch stieg mir prompt wieder in die Nase, als ich meinen Kopf an seine Brust bettete und danach auch die Hand auf seinem Oberkörper ablegte. So versank ich gedanklich allerdings nur ein paar Sekunden lang mit geschlossenen Augen in Iljahs Nähe, weil er mit einer Frage noch einmal nach meiner Aufmerksamkeit verlangte. Die wiederum ließ die Mundwinkel wieder absinken - allerdings nicht, weil er mir damit die gute Laune verdarb, sondern einfach nur, weil ich kurzzeitig darüber nachdenken musste. Das signalisierte das langgezogene "Hmmm..." wohl auch relativ deutlich. Ich fing unterbewusst damit an die Fingernägel von Zeige- und Mittelfinger in Form kleiner Muster über seine tätowierte Brust wandern zu lassen. Dabei folgte ich hier und da auch der schwarzen Tinte, bevor meine Finger sich wieder eigene Wege suchten. Dabei waren meine Fingernägel aber nicht künstlich oder übermäßig lang, aber sie wuchsen von Natur aus bis zu einer ansehnlichen und angenehmen Länge, mit der es sich leichter umblättern oder eben auch kleine Muster auf die Haut malen - oder kratzen - ließ. Was die Vorteile davon wären länger liegenzubleiben war offensichtlich: Länger schlafen und dadurch länger ausnüchtern, außerdem noch ein bisschen mehr Zeit mit dem Tätowierten und ich müsste auch nicht den von der Heizungsluft und den vielen Menschen oftmals stickigen Bus zur Arbeit nehmen, sondern konnte meinen Hintern mal wieder auf dem Beifahrersitz im Mercedes parken. Ein eindeutiges Kontra an der ganzen Sache war allerdings, dass es ein durchaus sehr falsches Bild vermitteln könnte, wenn ich mit dem Chef persönlich auf der Arbeit aufkreuzte. Normalerweise wäre allein deshalb schon ein sehr entschiedenes Nein von mir gefolgt, aber unter der Prämisse, dass ich ja ohnehin nicht mehr allzu lange im Autohaus arbeiten musste, war das eigentlich nur noch halb so schlimm. Die Arbeitszeit, die ich noch mit Autos verkaufen verbringen müssen würde, hielt sich aller Voraussicht nach stark in Grenzen und das allein ließ mich die Sache wohl deutlich lockerer sehen. Ich mochte es nicht, wenn Leute hinter meinem Rücken über mich tuschelten und wirklich von einem meiner Kollegen damit konfrontiert werden wollte ich eigentlich auch nicht - gerade auch deswegen, weil ich vor nicht allzu langer Zeit befördert worden war und das doppelt schräg rüberkam -, aber ich würde es im Fall der Fälle ja nicht allzu lang ertragen müssen. Es war ja auch nicht so als könnte ich nicht belegen, dass ich durchaus gute Arbeit im Autohaus ableistete und dass ich die neue Stelle also auch verdient hatte ohne mit dem Firmenoberhaupt in die Kiste zu steigen. Außerdem war letzteres ja auch gar nicht der Fall. In Zukunft unter Umständen schon, weil ich mich langsam wohl einfach zu sehr an den Schwarzhaarigen gewöhnte, um ihn ewig weiter von der Bettkante schubsen zu können, aber das hatte mit der Beförderung dann eben trotzdem nichts zu tun. Dafür waren eher nur meine Jobleistung und meine Strafakte verantwortlich. Ich hielt mit der Kritzelei undefinierbarer Muster auf seiner Haut schließlich nach ein paar Sekunden wieder inne und sah zu ihm hoch. "Doch, das klingt ziemlich gut.", ließ ich dem jungen Mann mit einem schwachen Lächeln meine volle Zustimmung zukommen, bevor ich den Kopf zurück in seine bequemere Ausgangsposition brachte. Ich strich noch ein letztes Mal sanft über die tätowierte Haut und dann wanderte meine Hand aber ein kleines Stück abwärts, wo sie auf seinem oberen Bauch zum Liegen kam. "Weckst du mich einfach, wenn's Zeit wird?", murmelte ich danach eine leise Frage an seinen Oberkörper und hauchte im Anschluss daran einen kleinen Kuss auf seine Brust, bevor ich mein Bein noch ein wenig zögerlich über seines schob. Nicht in irgendwie gefährlich hoch gelegenem Radius, sondern wirklich nur ein bisschen über seinen Oberschenkel, damit ich bequemer liegen konnte. Es lag mir schließlich fern hier Irgendjemanden zu provozieren, aber ich schlief nun mal für gewöhnlich nicht mit grade nach unten ausgestreckten Beinen. Das obere war immer angewinkelt und das konnte ich jetzt nur bewerkstelligen, indem ich Iljah noch ein kleines bisschen mehr auf die Pelle rückte. Letzteres war aber zweifelsfrei ein angenehmer Nebenfaktor - es ließ sich eben einfach nicht leugnen, dass es besser war sich einen muskulösen Körper zu schmiegen, statt sich nur in die Decke einzurollen. War nicht einmal miteinander vergleichbar, ein ganz anderes und viel besseres Gefühl. Es war also gut möglich, dass ich ohne Iljahs Aufforderung eher nicht aufwachen oder mich freiwillig aufraffen würde. Vorausgesetzt der Klingelton seines Handyweckers war nicht unnormal schrill oder laut, falls er sich einen gestellt hatte. Nüchtern betrachtet hätte ich wohl so oder so verpennt, weil ich mein Handy gar nicht erst mit zum Bett genommen hatte. Das lag wohl noch immer in der im Flur auf der Kommode abgelegten Handtasche. Ich hatte nicht mal daran gedacht es mitzunehmen, was sich allerdings leicht dem sehr ungewöhnlichem Umstand zuschreiben ließ, dass ich mir vollkommen freiwillig einen Mann mit ins Zimmer geschleppt hatte. Kam schließlich nicht gerade oft bei mir vor.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Bis zu einer Antwort seitens der Serbin brauchte es ein paar Sekunden, in denen sich die zierliche Schönheit doch tatsächlich dafür entschied, sich an meinen Oberkörper zu schmiegen, was ich mit einem durchweg angetanen Grinsen quittierte. Zwar hätte ich wirklich nicht gedacht, dass sie heute so ziemlich aufs Ganze gehen wollte, aber das war am heutigen Abend ja schon lange nicht mehr die einzige Überraschung seitens meiner Angestellten gewesen. Sobald Irina sich also an mich gekuschelt hatte und ihre Hand auf meiner Brust anfing, Kreise zu ziehen, legte ich den Arm um ihren Körper und hielt sie einen Moment lang wort- und tatenlos bei mir. Allerdings nur so lange, bis sie auf meine Frage hin einen nachdenklichen Laut von sich gab, der mir signalisierte, dass sie sich um eine Antwort bemühte. In dem Augenblick begann ich damit, den Daumen langsam ihren Oberarm auf und ab wandern zu lassen, dadurch zärtlich und fast schon liebevoll über ihre Haut zu streicheln, während ich gewohnt geduldig ihre Entscheidung abwartete. Dabei genoss ich die Aufmerksamkeiten der jungen Frau mit geschlossenen Augen, was mich nach wenigen Sekunden bereits an die Schwelle zum Einschlafen beförderte, weshalb ich mich doch ganz bewusst wieder dazu entschied, die Lider erneut aufzuschlagen. Just in dem Moment drang allerdings auch schon Irinas Stimme an mein Ohr, die mir mitteilte, dass sie von dem Vorschlag, länger schlafen zu können und zudem auch noch zur Arbeit chauffiert zu werden, nicht unbedingt abgeneigt war. Unterstreichen tat sie das mit ihrem verführerischen Lächeln und einem Kuss auf meine Brust, der ein durchweg angenehmes Kribbeln rund um den betroffenen Bereich auslöste. "Ja, ich weck' dich dann.", murmelte ich ihr bestätigend ins Haar, in welches ich meine Nase gerade gesteckt hatte, um den trotz des langen Tages noch recht präsenten Duft ihres Shampoos einzuatmen. Dabei war ich mir fast sicher, dass Irina von selbst wach werden würde, wenn der Wecker ertönte - spätestens aber dann, sobald ich meinen Arm nach dem Handy ausstreckte, um jenen auszuschalten. Sollte sich an unserer Schlafposition in der Nacht nicht mehr viel ändern, war das zumindest sehr wahrscheinlich, wo Bewegung doch mit Abstand die effektivste Methode war, einen Menschen zu wecken. Solange Irina sich in der Nacht also nicht spontan dazu entschied, dass es an der Wand doch deutlich bequemer war, als in meinen Armen, dann würde ich sie aller Voraussicht nach nicht extra noch aus den Federn scheuchen müssen, weil sich das dann ganz von selbst erledigte. Eine Sache schien ich dabei aber ganz offensichtlich außer Acht zu lassen: Um sich von einem Wecker wecken zu lassen, sollte man das Teil dann logischerweise auch anschalten. Ein und dieselbe Uhrzeit für die ganze Woche einzustellen kam für mich bei den wechselnden Arbeitszeiten leider nicht in Frage und für gewöhnlich dachte ich auch immer daran, mich um den Alarm zu kümmern, aber die besonderen Umstände hatten mich doch ein wenig davon abgelenkt und jetzt, wo Irina ihr Bein über meines schob, dachte ich da erst recht nicht mehr dran. In dem Fall konnte ich für mich selbst wohl einfach nur hoffen, dass meine innere Uhr mich rechtzeitig aus den Laken schmiss oder aber ich würde bis zur Mittagszeit schlafen. Nicht dass ich grundsätzlich etwas gegen mehr Zeit mit der Schwarzhaarigen einzuwenden hatte, aber am morgigen Tag warteten doch ein oder zwei wichtigere Termine, die ich besser nicht verpassen sollte. Andernfalls würde aber vermutlich kein Hahn danach krähen, ob ich letztlich im Autohaus war oder nicht. Normalerweise kündigte ich mich sowieso nicht an und stand plötzlich einfach auf der Matte, wenn es mir gerade gut passte. Irina hingegen würde sehr sicher von ihren Kollegen vermisst werden, kümmerte ich mich doch zumindest immer relativ zeitnah darum, über den Ausfall einer Mitarbeiten zu informieren und gegebenenfalls einen Ersatz zu besorgen oder die Arbeit umzudisponieren, aber in dem Fall wären die Jungs wohl so ziemlich auf sich alleine gestellt. Dass mir die nicht eingeschaltete Weckfunktion allerdings so gar nicht präsent war, wurde schnell klar, als ich ein Stück nach unten rutschte, sodass Irinas Gesicht auf meiner Höhe war, um ihr für heute noch einen letzten, intensiveren Kuss auf die Lippen zu drücken. Dabei versenkte ich meine Hand in den dichten und tiefschwarzen Haaren der jungen Frau, um ihren Nacken der aktuellen Position entsprechend ein wenig zu entlasten. Darauffolgend murmelte ich noch ein "Schlaf' gut." an ihre Lippen und positionierte mich dann mit dem Körper etwas seitlich. Nicht so, dass sich die junge Frau gleich wieder von mir löste. Viel mehr lag ich nun nur etwas bequemer, um meinen Arm, der jetzt eine Weile als Stütze für meinen eigenen Kopf fungiert hatte, nach Irinas angewinkeltem Bein auszustrecken, um behutsam, aber nicht scheu über die nackte Haut zu streichen. Liegen blieb die Hand letztlich auf dem selbst durch die Shorts sehr ansehnlichen Oberschenkel liegen und dann schloss ich auch schon langsam die Augen. Mittlerweile dürfte es nicht mehr sehr lange dauern, bis ich ins Land der Träume abdriftete. Um genau zu zu sein vielleicht maximal eine halbe bis ganze Minute, insofern die Serbin nicht noch einmal ihr Wort an mich richtete.
# Is it all a tragedy? Are we flashes in a rut going in and out of luck? Maybe. #
Es war wohl noch immer nicht ganz klar für mich, wie ein Mann angeblich so furchtbar sein konnte, dass er in den Augen manch Anderer dringend ausgelöscht werden musste, und gleichzeitig aber eine so wahnsinnig sanfte und einfühlsame Art mit sich brachte. Natürlich kannte ich Iljah noch immer nicht besonders lang oder gut und unter Umständen könnte ihm das vielleicht auch nur Mittel zum Zweck sein, aber ich weigerte mich ziemlich vehement dagegen an irgendwas in dieser Richtung zu glauben. Wollte es auch einfach nicht, weil es mir das Bild von dem Tätowierten zerstören würde, das ich bis jetzt noch hatte, während er mich erst am Arm ein wenig streichelte und mir später noch bestätigte mich morgen aus den Federn zu hauen, falls das bei mir aus eigenen Stücken nichts wurde - es hatte schließlich auch so seine Gründe, warum ich immer ganz besonders nervtötende Melodien für den Weckton auswählte, weil bei chronischer Übermüdung einfach nichts anderes wirklich effektiv war. Ich konnte gleich aber ganz getrost einschlafen und musste mir keine Gedanken darüber machen, ob ich denn auch pünktlich aus den Federn kam. Pünktlich war für den nächsten Morgen wohl sowieso ein relativ breit gefächertes Wort und ich wurde doch noch einmal kurz etwas wacher, als vermehrt Bewegung in den jungen Mann kam, weil ich mir im ersten Augenblick nicht sicher damit war, was er jetzt vorhatte. Allerdings gab es was das anbelangte schon sehr bald wieder Entwarnung, weil er lediglich ein Stück weiter zu mir runterkam und mich noch einmal küsste. Ich gab mich dem intensiven Kuss nur allzu gerne hin und seine Hand löste unweigerlich ein leichtes Kribbeln in meinem Nacken aus, weshalb sich die Härchen dort ein wenig aufstellten. Aber das war in keiner Weise unangenehm, sondern viel mehr eine fast schon wohltuende Form der Gänsehaut und es umspielte von neuem ein glückliches Lächeln meine Lippen, als der Kuss vorüber war. Iljah regte sich dann nochmal ein bisschen und wandte sich mir mehr zu, wogegen ich nichts einzuwenden hatte. Bei der Hand an meinem Oberschenkel hingegen wollte mein Schädel beinahe noch einmal die Warnleuchte anschalten. Wahrscheinlich nur, weil er mich da noch nie angefasst hatte und auch damit wieder ein leichtes Kribbeln auf meiner Haut hinterließ. Oder weil mein Kopf das Bein, das normalerweise in seiner Gegenwart meistens in eine Jeans gehüllt und nicht nackt war, als doch etwas privater empfand, als beispielsweise mein Gesicht, das er wiederum inzwischen schon öfter angefasst hatte. Oder auch einfach nur deshalb, weil mich da halt nicht mehr oft Jemand anfasste und das aus guten Gründen. Aber spätestens dann, als sämtliche Regung seitens des Tätowierten ausblieb und die Hand einen festen Platz gefunden hatte, signalisierte er meinem sich wie immer zu viele Gedanken machenden Schädel eindeutige Entwarnung. Ich murmelte noch ein leises "Du auch." in seine Richtung, bevor ich die Augen ebenfalls schloss und ein weiteres Mal dämlich vor mich hinzulächeln begann. Allein aufgrund der Tatsache, dass es ein paar Minuten dauerte, bis ich damit aufhören konnte, brauchte ich wohl ein bisschen länger zum Einschlafen als der Schwarzhaarige, was jedoch nicht schlimm war. Ich genoss liebend gern noch einen Moment lang seine Wärme, seinen Geruch und seine gleichmäßigen, leisen Atemzüge. Was ich allerdings sehr viel weniger genoss, war, dass der junge Mann sich irgendwann nach einigen Stunden zu bewegen begann, als es offenbar mit der Schlafenszeit vorbei war. Es ließ sich nicht leugnen, dass ich wohl so gut geschlafen hatte wie schon lange nicht mehr. Das könnte ironischer kaum sein, wo Iljah normalerweise doch eines der Dinge war, die mir den Schlaf in der Nacht raubten, aber ich nahm das gerne so hin. Es gab kaum eine Nacht in der ich nicht mindestens einmal aufwachte, weil ich einfach eine ziemlich ungesunde Schlafstörung entwickelt hatte, also würde ich mich ganz bestimmt nicht darüber beschweren, mal gut geschlafen zu haben - ganz gleich, was denn nun der Grund dafür war. Trotz des guten Schlafs hatte ich allerdings noch keinerlei Interesse daran jetzt sofort aufzustehen und aktiv zu werden. Das Bett war noch kuschelig wärmer als sonst und es war morgens sowieso immer noch so kühl in der Wohnung. Wie spät auch immer es jetzt eigentlich genau war, weil ich die Augen lieber noch einmal fester zukniff, als sie aufzumachen und auf die Wanduhr unweit meiner Zimmertür zu schauen. Viel mehr grummelte ich ein kaum hörbares, noch ziemlich verschlafen klingendes "Nein." vor mich hin, als ich meine Hand nach Iljahs Taille ausstreckte und mich demonstrativ noch einmal etwas näher an ihn ranzog. Mein Gesicht dann absolut unwillig an seiner Brust vergrub und unterbewusst auch das Bein vermehrt um seines schlang - als könnte ich ihn so irgendwie davon abhalten aufzustehen oder mich von der Matratze zu werfen, wenn er das denn wirklich wollen würde. Aber so fünf Minuten zum wach werden mussten einfach noch drin sein. Lieber zehn, aber vermutlich war das hier eher kein Wunschkonzert... oder zumindest nur bedingt.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Sich keinen Wecker gestellt zu haben rächte sich spätestens dann, wenn man am Tag darauf vollkommen verstrahlt aufwachte und der Blick auf die Uhr einem den Puls nach oben trieb. Damals zu meinen Schulzeiten war das wohl besonders schlimm gewesen, wenn man dann von der Schulsekretärin aus dem Bett geklingelt wurde, während es mich mittlerweile nur noch bedingt interessierte. In dem Punkt war es ganz klar von Vorteil, sein eigener Chef zu sein, weil einem dann keiner an den Karren pissen konnte, wenn man sich mal für zehn, fünfzehn Minuten - oder in dem Fall mehrere Stunden - verspätete. Das hieß jedoch nicht, dass ich hellauf begeistert war, als mich die Sonnenstrahlen im Gesicht weckten und mich das Handy mit ordentlich Koordinationsschwierigkeiten vom Nachtschrank angeln ließ, um einen Blick auf die aktuelle Uhrzeit zu werfen. Die stumme Erkenntnis, dass ich bereits einen der für heute angesetzten Termine glorreich verschlafen hatte, ließ mich noch vollkommen müde und überhaupt nicht bereit, auf die Welt losgelassen zu werden grummeln, ehe ich das Handy ein wenig unsanft zurück auf den Beistelltisch donnerte, um mir anschließend noch einmal die Decke bis unter das Kinn zu ziehen. In diesem Moment regte sich auch die junge Frau neben mir, der ich heute wohl einen ganz besonders tiefen Schlaf zu verdanken hatte und es war zu gleichen Teilen überraschend, aber auch schon ein bisschen niedlich, wie sie sich plötzlich an mich klammerte. Dabei stand mir noch überhaupt nicht im Sinn, jetzt sofort aufzustehen. Dafür fielen mir die Augen in noch viel zu regelmäßigen Abständen immer wieder zu und außerdem war der nächtliche Restart des männlichen Körpers auch noch nicht gänzlich abgeschlossen, wie für Irina sehr deutlich spürbar sein dürfte, als ich einen der kräftigen Arme um ihren zierlichen Körper schlang und sie noch näher an mich heran zog. Dabei begrub ich sie wohl in gewisser Hinsicht zu einem Teil unter meinem Körper, weil ich die Muskeln nun mal ebenso wenig unter Kontrolle hatte, wie das weiterhin hörbar müde Grummeln, mit dem ich mich selbst wohl irgendwie zum wachwerden animieren wollte. "Wir haben verschlafen... es ist zwölf Uhr.", stellte ich nach ein paar Sekunden der absoluten Stille leise gegen Irinas Stirn gemurmelt fest, auf die ich wenig später einen eher halbherzigen, schwachen Kuss setzte. Eigentlich wäre mir dringend anzuraten, meinen Arsch endlich aus den Laken zu kriegen, weil nur mehr und mehr Zeit ins Land ziehen würde, in der ich vollkommen unproduktiv hier mit der Serbin herum lag. Aber ich müsste lügen, würde ich behaupten, dass das nicht irgendwie gut tat. Es war zwar noch nicht besonders lange her, dass ich das letzte Mal mit einer Frau die Nacht verbracht hatte, aber es war doch immer wieder schön, auch wenn mir der Sex natürlich ein bisschen fehlte. Der würde die Sache quasi noch zusätzlich abrunden, aber wie gesagt, wäre ich dazu am gestrigen Abend wohl ohnehin kaum mehr in der Lage gewesen. Demnach hatte das Alles hier schon seine Richtigkeit und war grundlegend in Ordnung, nur fühlte ich mich trotz der unzähligen Stunden Schlaf irgendwie gerädert. Ich hatte zwar nicht grundlegend schlecht geschlafen - ging das neben der schwarzhaarigen Schönheit überhaut? -, aber mich scheinbar irgendwie verlegen, was mir die zwickende Schulter unmissverständlich zu verstehen gab. Die war letzten Endes auch der Grund dafür, warum ich mich irgendwann dann doch langsam mal aufsetzte und mir über das müde Gesicht rieb. Direkt im Anschluss folgte ein langes und ausgiebiges Strecken der Muskeln, was das ein oder andere Gelenk ordentlich knacken ließ - so als wäre es schon mehrere Jahrzehnte alt, obwohl ich mich mit 28 wohl noch immer zum eher jüngeren Teil der Gesellschaft zählen würde. Als das erledigt war, schob ich mir mit einer Hand die für mich ungewohnt wirschen Haaren aus dem Gesicht. Auf ordentlichen Halt ohne entsprechendes Haarspray oder -gel hoffte ich jedoch vergebens und die Strähnen fielen mir prompt wieder in die Stirn und hingen mir damit vor allem auf der rechten Seite absolut nervig vor dem Auge. Bevor ich den Weg ins Bad angetreten war, konnte ich mir die Mühen jedoch sparen, das schwarze Gestrüpp in Form zu bringen. Außerdem setzte der optimale Halt das vorherige Waschen der Haare - im besten Fall kombiniert mit einer warmen Dusche - voraus und dafür war ich ehrlich gesagt noch nicht ansatzweise wach genug. So oder so würde ich mich nicht als einen Morgenmenschen titulieren, sondern mich eher der Kategorie zuordnen, die ohne ihren ersten Kaffee vollkommen unbrauchbar waren. Blieb nur zu hoffen, dass Kaffee in diesem Haushalt hier kein Fremdwort war und ich mir nicht auf dem Weg zur Arbeit erst einen genehmigen konnte, denn das würde meiner bis jetzt eigentlich relativ beschwingten Laune einen ziemlichen Dämpfer verpassen. Um dem vorzubeugen, ließ ich mich nach dem ausgiebigen Strecken wieder neben die Serbin auf die Matratze fallen und strich ihr dann vorsichtig ein paar ebenso wirre Strähnen aus dem Gesicht, ehe ich mich zu ihrem Ohr hinunter beugte. "Bitte sag mir, dass mich in eurer Küche eine Kaffeemaschine anlächelt, wenn ich jetzt gleich aufstehe. Manche Leute müssen nämlich tatsächlich noch arbeiten...", murmelte ich ihr mit einem Grinsen, das man förmlich hören konnte, ins Ohr, wobei ich mir gen Ende noch einen kleinen Spaß erlaubte. Ich bezweifelte zwar, dass Irina unter den Umständen noch wesentlich länger im Bett liegenbleiben würde, als ich und sich schon bald ebenfalls für die Arbeit fertigmachen würde, auch wenn vom regulären Arbeitstag nicht mehr besonders viel übrig war. Ein bisschen wollte heute leider noch geschafft werden, weshalb ich mich schließlich auch schweren Herzens von der jungen Frau, die verschlafen einen unglaublich niedlichen Eindruck erweckte, obwohl sie auch gar anders konnte, löste, um mich stattdessen langsam auf die Beine zu raffen.
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Sehr zu meiner Freude schien es Iljah ebenso wenig im Sinn zu stehen sofort aufzuspringen und mit dem offenbar schon sehr weit vorangeschrittenen Tag zu starten wie mir. Denn statt mich zu bitten ihn loszulassen ließ er sich vermehrt auf die Kuscheleinheit ein, zog mich sogar noch ein bisschen näher zu sich hin, was gewisse... Konsequenzen hatte. Im Grunde eigentlich keine nennenswerten, weil das ja nun nichts Außergewöhnliches war, aber wäre ich geistig schon ansatzweise wach gewesen wäre ich vielleicht trotzdem lieber wieder ein Stück weggerückt. Wäre aber auch dann ziemlich schwierig geworden und ich hätte wohl lediglich durch Umpositionierung meines Beins versuchen können irgendwie Distanz aufzubauen, weil der Tätowierte mich ziemlich fest in seinem Arm hielt - was an sich aber ein durchweg schönes Gefühl war. Ich wusste nicht genau wieso, aber es hatte etwas wahnsinnig Angenehmes an sich, wenn man von den starken Armen eines Mannes umschlungen wurde, dem man - zumindest schon bis zu einem gewissen Grad - vertraute. Ich fühlte mich dann einfach so ein bisschen beschützt und geborgen. Das war wohl auch der maßgebliche Grund dafür, weshalb ich nicht ansatzweise die Flucht ergriff, sondern sogar ein kleines bisschen zu grinsen anfing. Das verflüchtigte sich dann allerdings doch wieder, als Iljah mir mitteilte, dass es längst Mittag war und es offenbar eher nicht von ihm geplant gewesen war so lange hier herumzuliegen. Für diesen ungeplanten Umstand war ich tatsächlich ziemlich dankbar, weil ich vor ein paar Stunden sicher noch deutlich müder gewesen wäre als ich es selbst jetzt noch war. "Phew... können wir dann nicht einfach gleich liegen bleiben?", stellte ich ihm nach dem sachten Kuss auf meiner Stirn eine ironische, rein rhetorische Frage, weil ich mir sehr sicher damit war, dass mich einfach gar nicht mehr auf die Arbeit zu schicken eher nicht in Frage kam. Außerdem hatte der Schwarzhaarige sicher auch noch Dinge zu erledigen, die sich von meinem Bett aus und/oder in meiner Anwesenheit eher nicht bewerkstelligen ließen. Er löste sich dann auch weitgehend von mir und setzte sich auf, weshalb ich mich erstmalig auf den Rücken drehte und noch komplett verpennt an die weiße Decke sah. Dabei wurde ich lediglich ein bisschen dadurch irritiert, dass Iljahs Knochen unter seinen Bewegungen neben mir hier und da echt ungesund klingende Geräusche von sich gaben. Würde er nicht seinem Alter entsprechend aussehen, hätte man fast meinen können er würde schon an der 50 kratzen. Ich schätzte mich jedenfalls gleich doppelt glücklich Anfang diesen Jahres erst die 20 geknackt zu haben und dass meine Gelenke offenbar noch deutlich fitter waren als seine. Ich zog wegen eines Gähnen meinerseits kurzzeitig die Decke ein Stück weit über mein Gesicht. Ließ sie danach aber wieder sinken und es dauerte dann auch nicht mehr lang, bis der selbst kurz nach dem Aufwachen wirklich gutaussehende, junge Mann sich erneut zu mir runterbeugte und ich unwillkürlich ein weiteres Mal schwach zu lächeln anfing. Allerdings wurde daraus bei seinen Worten - mitunter auch wegen dem Klang jener - schnell ein schmales Grinsen und ich streckte die rechte Hand nach seinem Nacken aus, um ihn am unteren Haaransatz zu streicheln. "Da kann ich dich beruhigen... ich brauch meinen Kaffee morgens genauso wie du.", versicherte ich Iljah, dass er dieses Haus nicht ohne Koffein intus verlassen musste und hauchte im Anschluss noch einen flüchtigen Kuss an seinen markanten Kiefer. Dann schien es mit dem Herumliegen aber wirklich schon zu Ende zu sein, denn der Schwarzhaarige löste sich endgültig von mir und stand im Anschluss daran zeitnah auf. Deswegen streckte ich mich jetzt selbst auch ein bisschen, bevor ich mit einem leisen Grummeln an die Bettkante rutschte und da noch einen Moment lang sitzen blieb. Mir über das noch immer müde Gesicht rieb und dann ebenfalls - jedoch noch etwas unkoordiniert, weil mein Kreislauf noch so gar nicht fit war - aufstand. Normalerweise würde ich einfach ohne Klamotten unterm Arm ins Badezimmer schlurfen, aber in Iljahs Anwesenheit hier hielt ich es dann für doch etwas zu riskant danach nur in ein Handtuch gehüllt hier herumzuspazieren. Also führte mich der erste Weg wieder zu meinem Kleiderschrank, damit ich mir neben Unterwäsche und Socken auch eine der schwarzen Jeans und eines der weißen Hemden herausnehmen konnte. Noch währenddessen wandte ich mich aber noch einmal an den jungen Mann. "Machst du mir auch einen? Kapseln sind gleich neben der Maschine und Tassen im Schrank obendrüber.", bat ich ihn darum sich um eine Tasse Kaffee für mich mitzukümmern, was kaum ein Aufwand wäre, weil er dafür an sich ja nicht wirklich viel tun musste. Das würde uns allein schon deshalb ein bisschen Zeit einsparen, weil ich ihn dann nicht mehr erst in trinkbare Temperatur pusten musste, wenn ich aus dem Badezimmer kam. Bis dahin sollte der Kaffee längst etwas abgekühlt sein und konnte meine Kehle schneller runterfließen als gewöhnlich. Denn auch unter dem Vorhaben mir nicht unbedingt mehr Zeit als nötig lassen, weil vom Arbeitstag ja ohnehin schon nicht mehr viel übrig war und ein bisschen Papierkram dann ja doch auch von mir gerne noch erledigt werden wollte, brauchten meine langen Haare leider auch mit Föhn eine Weile um trocken zu werden. Denen war es nämlich egal, ob es erst 6 oder doch schon 12 Uhr war.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Das hätte Irina wohl ganz gerne. Nur weil ich einen Narren an ihr gefressen hatte, brauchte sie nicht zu glauben, mich als ihren Chef nicht mehr ernst nehmen zu müssen. Sie hatte weiterhin ihre Pflichten als meine Angestellte wahrzunehmen und es war eigentlich ein alles andere als selbstverständliche, nach der Nacht in meinen Augen aber nur faire Angebot, dass ich sie heute später ihre Schicht antreten lassen wollte und sie zu jener sogar noch persönlich hingefahren hätte. So spät sollte es zwar eigentlich nicht werden, aber Irina das nun vorzuwerfen, nachdem ich ihr vor dem Einschlafen versichert hatte, dass ich sie wecken würde, lag mir selbstverständlich fern. War nun mal passiert, ließ sich jetzt nicht mehr ändern. Außerdem meinte sie ihren Kommentar diesbezüglich auch gar nicht so richtig ernst, was ihr in dem Fall wirklich zugute kam. Am frühen Morgen zu diskutieren war nämlich nicht gerade eine meiner Lieblingsbeschäftigungen und nachdem sich unsere Beziehung derart zum Positiven gewendet hatte, wollte ich den Fortschritt nicht gleich wieder mit einem Streit zunichte machen. Ich grinste also nur schief und schüttelte parallel dazu ein wenig den Kopf. "Und was soll ich dann deinen Kollegen sagen? Dass du dich auf einer Fortbildung in den Bereichen Verschlafen und Kuscheleinheiten richtig ausnutzen befindest?", fragte ich ebenfalls hörbar ironisch, ohne dabei das belustigte Grinsen einzustellen. Während ich redete, machte ich nebenher die anderthalb Schritte rüber zum Stuhl, um mir dort angekommen zumindest schon mal die Hose anzuziehen. Zwar hätte es mich auch nicht ansatzweise gestört, bloß mit der Boxershorts bekleidet in die Küche zu marschieren, um mich dort um den Kaffee - die entsprechende Maschine dazu schien in diesem Haushalt wohl auch eher zu den essentiellen Einrichtungsgegenständen zu gehören - für Irina und mich zu kümmern, aber es war kurz vor nackt nun mal doch ein bisschen frisch. Auf das Shirt würde ich dennoch bis nach dem ersten Gang ins Badezimmer verzichten und so wartete ich nur noch eine gefühlte Ewigkeit darauf, dass die zierliche junge Frau sich ebenfalls aus dem Bett erhob, um vollkommen entspannt und gemütlich gemeinsam mit ihr das Schlafzimmer zu verlassen. Zuvor hatte sich Irina noch ein paar Klamotten unter den Arm geklemmt und in Anbetracht der eher adretten und weniger... gammligen Kleidungsstücke unterstrich sie mir damit noch einmal unterbewusst meine Vermutung, dass sie ihre vorherige Frage, ob wir nicht einfach daheim bleiben würden, nicht ernst gemeint haben konnte. "Das kriege ich sicherlich hin.", stimmte ich unnötigerweise noch zu, dass ich mich ebenfalls um einen Wachmacher für die Schwarzhaarige kümmern würde, kurz bevor sich unsere Wege fürs erste trennten. Irina in Richtung Bad und ich in der Küche verschwand. Dort angekommen empfind mich schon ein fieser Blick der nüchtern noch immer eher weniger begeistert wirkenden Ksenia, die ganz offensichtlich auch schon wieder unter den Lebenden weilte, obwohl sie gemeinsam mit Anastasia gestern ordentlich tief ins Glas geschaut hatte. Was genau eigentlich ihr Problem mit mir war, konnte ich nicht sagen, aber grundlegend war mir das wohl auch ziemlich egal. Ich schenkte ihr daher nicht allzu viel Beachtung, lediglich einen etwas genervten Blick, weil ich das Rumgezicke nicht wirklich nachvollziehen konnte, dann ging ich geradewegs auf die der Küchentür gegenüberliegenden Kaffeemaschine zu. Dort kümmerte ich mich erst einmal um meinen eigenen Kaffee, weil ich davon ausging, dass die Serbin sowieso noch einen Augenblick im Badezimmer brauchen würde und ich mein Gesöff vorzugsweise brühheiß trank. Die zweite Kapsel ersetzte also wenige Minuten später schließlich die leere, während ich mit der Tasse in den Händen an der Theke gelehnt dastand und einfach nur versuchte, irgendwie ein bisschen wacher zu werden. Dabei ließ ich meinen Blick zu einem Großteil einfach durch den Raum wandern, ohne dabei ein bestimmtes Ziel zu verfolgen, manchmal streifte er allerdings auch die unleidliche junge Frau, für die mir spontan so einige schöne Dinge einfallen würden, damit sie sich mir gegenüber ein bisschen respektvoller verhielt. Es kam nur leider unter keinen Umständen in Frage, mich hier und jetzt mit ihr zu unterhalten oder ihr gar etwas anzutun, aber sobald ich sie künftig einmal alleine au der Straße sah, würde sie schon sehen, was sie von der durchweg negativen Art mir gegenüber hatte. Nämlich absolut gar nichts, das konnte ich ihr reinen Gewissens versprechen. Bevor sich Gedanken dahingehend jedoch vertiefen konnten, kam mehrere Minuten später auch schon die Schwarzhaarige Schönheit um die Ecke gestiefelt, die ich mit einem schwachen Lächeln auf den Lippen in der Küche willkommen hieß. War vermutlich auch gar nicht so schlecht und just in time, weil meine Laune unter solchen Überlegungen doch immer etwas litt.
# Is it all a tragedy? Are we flashes in a rut going in and out of luck? Maybe. #
Die von Iljah genannte Erklärung für mein imaginäres Nicht-Auftauchen auf der Arbeit käme an die Realität so wohl ziemlich nah ran. Ich grinste allerdings lediglich noch absolut wohlwissend vor mich her und ließ das erstmal so stehen. Die Vorstellung davon war halt einfach schön und ich bezweifelte stark, dass ich vom faul herumliegen mit dem jungen Mann genug kriegen könnte. Wobei ich mir aber ziemlich sicher war, dass er irgendwann ganz bestimmt aus eigenen Stücken damit aufhören würde nur rumzuliegen. Zumindest dann, wenn er eine brauchbare Chance für mehr sehen würde - er war eben immer noch Iljah und von handzahm ziemlich weit entfernt, soweit ich das jetzt schon beurteilen konnte. Außerdem ertappte ich mich selbst beim Passieren der Badezimmertür dabei, dass ich den Gedanken daran wohl auch gar nicht mehr so abwegig oder schlimm fand, wie noch vor ein paar Tagen. Ich hatte keine Ahnung, warum der Schwarzhaarige so wahnsinnig gut darin war sich mein Vertrauen zu erschleichen. Vielleicht reichten seine Beharrlichkeit und seine Geduld mit mir in Kombination mit seinem Aussehen dazu schon irgendwie aus. Ich lächelte unterbewusst wohl noch immer ein klein wenig vor mich hin, als ich mich schließlich ausgezogen hatte und unter dem warmen Wasserstrahl in der Dusche verschwand. Ich hätte gut und gerne noch eine ganze Weile tatenlos in der Dusche herumstehen und einfach in angenehmen Gedanken versinken können, nachdem ich meine Haare und auch den Rest meines Körpers gewaschen hatte. Jedoch ermahnte ich mich zu eines Besseren und stellte das Wasser schon bald ab, bevor ich noch so viel wie möglich davon aus den langen Haaren zu wringen versuchte, um auch das Föhnen nicht länger als nötig gestalten zu müssen. Dann wickelte ich die lange Mähne erstmal in ein kleineres Handtuch und trocknete mich mit einem deutlich größeren ab, bevor noch das übliche Eincremen folgte. Danach putzte ich mir die Zähne und fing im Anschluss daran an das bisschen an dezentem Make Up aufzulegen, das ich an gewöhnlichen Arbeitstagen für nötig empfand. Ich hatte mit meiner Haut insgesamt wirklich Glück, fand sich da doch nur eher selten Mal ein Pickel ein und demnach blieb mir sowas wie lästiges Abdecken ungeliebter, roter Punkte an fast allen Tagen erspart. Ich betonte nur gern die Augen ein bisschen und sorgte flüchtig dafür, dass ich etwas frischer und wacher aussah, das reichte schon aus. Bis ich damit fertig war, war auch die Creme auf der Haut restlos eingezogen und ich konnte mich in die bereit gelegten Klamotten hüllen, bevor ich die langen Haare aus dem Turban befreite und sie föhnte. Auch dafür brauchte ich noch die eine oder andere Minute, ehe die Haarsträhnen schließlich trocken genug waren, um sie mit Handgriffen, die ich mittlerweile sicher auch schon im Schlaf beherrschte, in die lockere, aber ordentliche Hochsteckfrisur zu kriegen. Ich fixierte das Ganze noch ein bisschen, damit die Haare nicht in zwei Stunden durch Bewegung in alle Richtungen abstanden, bevor ich einen abschließenden Blick in den Spiegel warf. Es schien alles zu sitzen und so schnappte ich mir lediglich noch das Shirt und die Shorts, bevor ich das Badezimmer verließ. Ich schmiss beides einfach erstmal aufs Bett und würde heute Abend dann entscheiden, ob ich Irgendwas davon noch einmal anzog oder nicht. Bisher noch bestens gelaunt und auch schon deutlich wacher als vorher schloss ich dann zu Iljah in der Küche auf, wobei er da gar nicht allein war... was mir ein bisschen leid tat, weil ich mir gut vorstellen konnte, dass Ksenia ihn mehr oder weniger ununterbrochen mit kritischen bis eher giftigen Blicken dazu hatte animieren wollen, die Flucht zu ergreifen. Als hätte das schon jemals bei Irgendjemandem funktioniert, der sowas wie Selbstbewusstsein hatte. Glücklicherweise legte sich ihr Blick aber automatisch auf mich, als ich die Türschwelle übertrat und weil wir es inzwischen perfektioniert hatten uns lediglich über Blickkontakt und Gestik zu unterhalten, musste auch kein einziges Wort fallen, damit sie sich verzog. Denn selbst, wenn der junge Mann sich gleich ebenfalls ins Badezimmer verziehen würde und damit vorerst seine Ruhe vor ihr hatte, hatte ich selbst gerade so kurz nach dem Aufstehen auch noch absolut keine Nerven dafür mit ihr zu diskutieren oder mich gar zu streiten. Auf Fragen wie 'Was denkst du dir dabei?' oder 'Spinnst du jetzt komplett?' konnte ich gerade wirklich gut verzichten und so deutete ich ihr nach kaum mehr als fünf Sekunden, in denen ich etwas verlangsamt zu Iljah ging, mit einem seitlichen Kopfnicken in Richtung Türrahmen, dass sie mir frühestens nach der Arbeit Irgendwas an den Kopf schmeißen und sich erst einmal verziehen sollte. Sie rollte genervt mit den Augen und verließ mit einem schwachen Kopfschütteln, sowie ihrer Teetasse - sie war nicht so für Kaffee - den Raum, wofür ich gerade wirklich dankbar war. Nachdem vorerst sämtliche Möglichkeiten des genervt werdens eingedämmt waren, atmete ich ein wenig tiefer durch und sah danach mit einem schwachen, erneut leicht entschuldigenden Lächeln zu dem Schwarzhaarigen auf. Es folgte dazu noch ein schlichtes, aber ehrliches "Danke.", das auf den Kaffee bezogen war, nach dem ich jetzt auch griff. Ich setzte nur vorsichtig zum Trinken an, aber wie bereits erwartet hatte das Heißgetränk eine angenehme Temperatur erreicht und ich lief nicht mehr Gefahr mir die Zunge zu verbrennen. Nach den ersten zwei, drei Schlucken wandte ich mich dem Kühlschrank zu und holte mit der freien Hand die Milch raus, weil ein kleines bisschen Müsli ziemlich sicher noch drin war. Mein Magen war nach dem langen Tag und der ebenso langen Nacht recht leer und ich hatte keine Lust darauf hungernd im Büro zu sitzen, also würde ich zumindest eine Kleinigkeit essen. "Willst du was essen oder bist du eher nicht so der Frühstücks-Typ?", fragte ich den Tätowierten beiläufig, als ich mir eine Schüssel aus dem Küchenschrank nahm und warf ihm danach noch einen fragenden Blick zu. Ich wollte mir nicht vorwerfen lassen müssen ihn nicht gefragt zu haben. Meiner Erfahrung nach gab es auch eigentlich nur zwei Sorten von Menschen, was die erste Mahlzeit nach dem Aufstehen anging: Die, die morgens noch keinen Bissen herunterbekamen und die, die zumindest ein kleines Frühstück brauchten, um zu funktionieren. Wobei ich selbst wohl tatsächlich keines von beidem so richtig war - ich konnte morgens gut eine Kleinigkeit essen, aber manchmal hatte ich so früh noch keinen Hunger und dann aß ich eben doch erst in der Frühstückspause auf der Arbeit. Es gab also doch drei Sorten und ich war irgendwie die dritte.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Als Irina die Küche betreten und Ksenia sich daraufhin aus dem Staub gemacht hatte, überlegte ich doch tatsächlich einen Moment lang, ob letztere eventuell nicht einer der Damen gewesen sein könnte, die irgendwann schon einmal das Vergnügen mit mir gehabt hatten. Das würde zumindest erklären, warum sie sich mir gegenüber eher distanziert verhielt und womöglich auch versuchte, Irina vor dem weiteren Umgang mit mir zu warnen. Grundlegend war das ja auch eigentlich gar nicht so verkehrt - was ich der Serbin früher oder später noch sehr deutlich machen würde -, obwohl ich mir nach einigen Sekunden der Überlegung eigentlich ziemlich sicher war, dass ich diese Frau zuvor noch nie in meinem Leben gesehen hatte. Meine Hand dafür ins Feuer legen würde ich allerdings nicht, aber ich beschloss, die Sache fürs Erste auch einfach gut sein zu lassen. Nicht weiter darüber nachzudenken, weshalb ich ganz froh war, dass Ksenia sich aus der Küche verzog, nachdem sie von ihrer Mitbewohnerin einen vielsagenden Blick kassiert hatte. Ich sah der ebenfalls recht zierlichen jungen Frau noch einen kurzen Moment lang mit nachdenklich ins Gesicht gezogenen Augenbrauen nach, ehe sich mein Blick letztlich wieder etwas entspannte, als ich Irina auf mich zukommen sah. Ich bestätigte ihr mit einem ebenfalls verständnislosen Kopfschütteln, dass ich das Verhalten ihrer Freundin nicht wirklich nachvollziehen konnte, aber einen großen Hehl daraus machen würde ich jetzt eher nicht. War ja auch möglich, dass sie schlichtweg eifersüchtig auf die Schwarzhaarige war - was das Aussehen anging, konnte mir nun mal nicht jeder Kerl das Wasser reichen -, schien das Thema doch gerade bei Frauen häufiger mal in Streitigkeiten zu resultieren. Aber wie gesagt: Ich wollte mich damit in keiner Weise weiter beschäftigen und konzentrierte mich daher wieder vollends auf das Heißgetränk in meinen Händen, nachdem ich Irinas ihres mit einem knappen "Gerne." angereicht hatte. Anschließend beobachtete ich die junge Frau dabei, wie sie durch die Küche zu wuseln begann und musste unweigerlich ein kleines bisschen grinsen, schien die Dusche bei ihr doch wahre Wunder gewirkt zu haben. Blieb nur zu hoffen, dass mich der warme Wasserstrahl annähernd so lebensfähig machte, wie das bei Irina der Fall war, wo der Kaffee bis jetzt doch kläglich versagte. Ich war gerade damit fertig geworden, meine Müdigkeit noch einmal mit einem ausgiebigen Gähnen zu unterstreichen, da drangen ein paar fragende Worte seitens der Serbin an mein Ohr, die mir sofort ein schiefes Grinsen auf die Lippen zauberten. Dabei hatte ich den Blick jedoch stur in das dunkelbraune, fast pechschwarze Gebräu in meinen Händen gerichtet. Auch als ich zu einer Antwort ansetzte, hielt ich es erst einmal nicht für nötig, ihn wieder anzuheben, sondern hob mir das für meinen Gang ins Badezimmer auf. "Also eigentlich frühstücke ich morgens immer nur hübsche Frauen.", stellte ich mit einem schwachen Zucken der breiten Schultern und relativ neutralem Tonfall fest, wobei trotzdem herauszuhören war, dass das Grinsen förmlich in meiner Antwort mitschwang. Just in dem Moment stieß ich mich mit der Hüfte von der Küchentheke ab, um den vorerst letzten Schluck aus der Kaffeetasse zu nehmen, bevor jene ihren Weg ins Spülbecken fand. Schließlich hatte ich schon vor einer Weile damit angefangen, den Wachmacher förmlich einzuatmen, da war es wenig verwunderlich, dass meine Tasse schon weit vor der der jungen Frau leer war. Nachdem das benutzte Geschirr meinerseits also verräumt war, trat ich dicht hinter die Schwarzhaarige, welche gerade dabei war, sich das Müsli in die vorher organisierte Schüssel zu kippen. Während ich eine Hand locker an ihre Hüfte legte, beugte ich mich etwas zu ihr hinunter, um auf die empfindliche Haut der Halsbeuge einen Kuss zu hauchen - das Grinsen dabei selbstredend beibehaltend. Mit den abschließenden Worten "Ein paar Tage zu hungern hat aber noch niemanden umgebracht... also keine Sorge." und einem Klaps auf den ansehnlichen Hintern der Serbin löste ich mich dann allerdings auch genau so schnell wieder von Irina, wie ich ihr auf die Pelle gerückt war, um mich so langsam ebenfalls in Richtung Badezimmer zu begeben. Wir waren zwar auch so schon verdammt spät dran, aber man musste es ja auch nicht direkt übertreiben und ich hoffte einfach, dass die junge Frau sich mit dem Frühstücken ein wenig ranhielt, damit wir losfahren konnten, sobald ich aus dem Badezimmer zurück war. Lange würde ich vermutlich nicht brauchen, also tat sich Irina gut daran, wenn sie sich ein bisschen beeilen würde. Was den anzüglichen Kommentar und die darauffolgende Aktion anging, wollte ich der Schwarzhaarigen nur auf dem etwas anderen Weg mitteilen, dass sie sich vorerst noch keine Sorgen darum machen musste, dass ich über sie herfallen würde, sobald sich mir dafür die Möglichkeit bot. Ich ihr auch in dem Punkt noch die nötige Zeit gab, wenn sie die brauchte. Fragte sich nur, wie lange ich den Schein noch wahren konnte, bevor das Bild, welches Irina inzwischen von mir hatte, dann in hunderttausend kleine Splitter zersprang. Der letzte Aussetzer lag nun doch schon eine kleine Ewigkeit zurück und ich konnte mir nicht vorstellen, dass es noch lange dauern würde, bis meine Mitarbeiterin die andere, deutlich unschönere Seite an mir kennenlernen würde. Ich hoffte zwar inständig, dass ich sie irgendwie davon verschonen würde und mich zum Zeitpunkt des Verlustes meiner Selbstbeherrschung nicht in ihrer Nähe aufhielt, weil Irina mir auch ganz abgesehen von ihrem Körper einfach sehr gut gefiel und ich diese Freundschaft Plus Geschichte schon irgendwie ernst nahm, aber diese Anfälle kamen und gingen wie sie wollten. Steuern ließen sie sich in keinem Fall. Bevor ich mich an den nicht besonders tollen Gedanken jedoch aufhängen konnte, beschloss ich, mich nun gänzlich von der Dunkelhaarigen abzuwenden, um die Küche final zu verlassen. Ich steuerte ohne weitere Umwege das Bad an, um mich dort zumindest ein kleines bisschen zu zivilisieren. Nach einer ausgiebigen Dusche mit Shampoo, das nach Lavendel duftete, föhnte ich innerhalb von wenigen Minuten die relativ kurzen Haare und schlüpfte erneut in die Hose, die ich zuvor gemeinsam mit den Socken und der Unterhose auf einem der halbhohen Badezimmerschränke abgelegt hatte. Das Shirt lag noch im Schlafzimmer und so brauchte ich insgesamt bestimmt nicht länger, als maximal zwanzig Minuten, bis ich nach einem letzten - aufgrund der leichten Bartstoppeln eher unzufriedenen - Blick in den Spiegel das Bad dann auch schon wieder verließ, um besagte Schlafgemächer anzusteuern. Auf dem Weg sammelte ich auch gleich noch das Portemonnaie und das Handy ein, damit einem zeitnahen Aufbruch nun nichts mehr im Wege stand. Nach der Dusche fühlte ich mich jetzt tatsächlich ausreichend wach, um mich zumindest ein kleines bisschen auf den Spaziergang zum Auto zu freuen. Müde durch die Kälte zu laufen - und selbst im westlich gelegenen Moskau war der Mittag noch immer ziemlich kalt - war nämlich die reinste Qual. Man fühlte sich durch die frische Luft zwar automatisch fitter, aber ich konnte gut darauf verzichten, erst meinen inneren Schweinehund überwinden zu müssen, um einen Fuß vor die Tür zu setzen. Aber das hatte man nun davon, wenn man verantwortungsbewusst nach dem Alkoholkonsum sein Auto stehen ließ. Natürlich hätte ich mir für die paar Meter auch ein Taxi rufen können, aber ich war gerade definitiv nicht in der Position, Geld an allen Ecken sinnlos zum Fenster hinaus zu werfen.
# Is it all a tragedy? Are we flashes in a rut going in and out of luck? Maybe. #