Eigentlich hatte ich Tauren hauptsächlich deshalb mitgenommen, um ihn in eine unangenehme Situation zu bringen. Gar nicht mal deshalb, weil ich dem Norweger primär etwas Schlechtes wollte, sondern viel eher nur um zu sehen, wie er auf etwaige unangenehme Momente reagieren würde, falls solche überhaupt entstehen würden. Mit Sicherheit vorhersagen konnte ich das natürlich nicht, aber ich hoffte einfach darauf, weil er es weiterhin vorzog mir nicht ein Sterbenswörtchen darüber zu sagen, dass er regelmäßig bei Vahagn war. Unabhängig davon, dass ich es auch seinen Blicken in ihre Richtung auf der Feier immer wieder deutlich ansehen hatte können, hatte ich ihn vielleicht auch ein kleines bisschen beschatten lassen, um Gewissheit zu kriegen. Also theoretisch hatte ich sogar schon zwei andere Quellen, die mir sagen würden, wo die Russin kampierte - zum einen jene selbst und dann auch noch Desmond, der seinen Job wie immer absolut unauffällig und perfekt ausgeführt, mir zum Anschluss auch die Adresse gegeben hatte. Ich brauchte also keineswegs ausgerechnet Tauren, um zur Vollendung meines Geschäfts zu kommen, nahm ihn aber trotzdem mit, weil ich ihn nach all den Dingen, die er sich in Vergangenheit zu Schulden hatte kommen lassen, schlichtweg wahnsinnig gern auf die Probe stellte. Wenn er wirklich ein höheres, besseres Amt in meinen Reihen anstreben wollte, dann bekam er das nunmal nicht geschenkt. Man könnte es jetzt sowohl Instinkt, als auch pures Glück nennen, dass ich der folgenden Situation zu Teil wurde und meine Schadenfreude war mir durchweg anzusehen. Das Grinsen ließ sich kein Stück verbergen und die eisige Kälte, die seitens der Brünetten an der Tür auf meine vorangegangenen Worte folgte, war eine herrliche Genugtuung für mich. Der sichtlich niedergeschlagene, entrüstete Norweger ließ mir wie gewohnt den Vortritt und gedanklich summte ich wohl eine Lobeshymne auf mich selbst vor mich hin, während ich mich ins Wohnzimmer begab. Ich ließ meinen Blick wie so oft erst einmal ein wenig durch die Räumlichkeiten schweifen, weil man seine Umgebung nie gut genug kennen konnte - um auf ausnahmslos alles vorbereitet zu sein -, bevor ich mich endgültig zum Sofa begab und es mir dort bequem machte. Dabei hing ich aber trotzdem nicht wie ein Schluck Wasser in der Kurve auf dem Polster, sondern stützte mich mit den Ellenbogen nach vorne auf meine Knie und rieb kurzzeitig ein wenig die inneren Handflächen aneinander. Auch, wenn ich nicht glaubte, dass ich hier bei Vahagn irgendwas zu befürchten hatte, steckte meine Pistole wie gewohnt hinten im Hosenbund. Ich bedeutete Tauren mit den knappen Worten "Stell's ab.", dass er die Taschen nahe des Wohnzimmertisches auf den Boden wandern lassen konnte - was er ohne große Umschweife ziemlich plump tat, indem er einfach nur die Griffe losließ - und ließ ihn dann mit einer lockeren Handbewegung wissen, dass er sich ruhig ebenfalls hinsetzen konnte. An seinem Gesichtsausdruck hatte sich inzwischen auch ein kleines bisschen was geändert, wie ich feststellte, als er sich ebenfalls aufs Sitzpolster sinken ließ und ich ihn einen Moment lang ansah. Da waren jetzt nicht mehr nur Entsetzen und blanke Enttäuschung zu sehen, sondern auch ein Hauch davon, dass er angepisst war, was man bei dem Jüngling tatsächlich nur selten zu Gesicht bekam. Ungeachtet dessen, dass ich nach wie vor keinen Schimmer davon hatte, wie weit das mit den beiden eigentlich schon ging, war es ihm aber wohl so oder so auch nicht zu verdenken. Hätte Cosma sich in der Zeit zwischen unserem ersten Kuss und jetzt irgendwann mal einem Kerl hingegeben, dann wäre wohl mindestens eine Person auf sehr sadistische Art und Weise kastriert oder umgebracht worden, so viel war sicher. Wenn ich mich der langen Durststrecke hatte opfern können, verlangte ich das schließlich auch von der Rothaarigen, wo Frauen doch nicht einmal mit diesem penetrant nervtötenden Testosteron zu kämpfen hatten. Es war also trotz der Tatsache, dass es eben unser gutherziger Tauren war, absolut nachvollziehbar, dass er sauer war und ich selbst versuchte jetzt langsam mal, mir das Grinsen aus dem Gesicht zu wischen. Nicht jedoch, weil ich einen der beiden anderen Anwesenden weniger provozieren wollte, sondern schlicht wegen dem Geschäft. Da war eine gewisse Ernsthaftigkeit grundlegend angebracht, sowie auch notwendig und so wartete ich nur noch darauf, dass die Russin ebenfalls Platz nahm, bevor ich erneut das Wort ergriff. "Nachdem ich jetzt so ziemlich alles hier habe, was ich für einen reibungslosen Geschäftsablauf brauche, überlege ich mir natürlich, wie ich am effektivsten expandieren kann. Sich sein eigenes Geld zu drucken ist schön und gut, aber das alles ausschließlich auf kubanischem Grund zu machen ist riskant und dauert für meine Begriffe zu lang.", mit Geduld hatte ich's bekanntlich ja nicht so. "Wie sieht's denn bei deinem Bruder in Russland aus? Hat er irgendwelche Geschäfte, über die sich Geld verhältnismäßig leicht waschen lässt - im Idealfall mit mehr als zweistelligen Beträgen?", kam ich wie sonst meistens auch unweigerlich direkt auf den Punkt, weil ich nichts davon hielt, lang um den heißen Brei herumzureden. Momentan waren meine freien Stunden mit Cosma dank der Arbeit wieder etwas begrenzter und da wollte ich hiermit nur ungerne mehr Zeit verschwenden, als notwendig war. Mein Blick lag dabei auch vehement im Blick der Brünetten, wie das bei mir so üblich war. Geschäfte ohne Blickkontakt gab es für mich schlichtweg nicht.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Dass ich Hunter nicht besonders gut leiden konnte war ja an und für sich kein großes Geheimnis, aber in Momenten wie diesen wünschte ich mir ehrlich, dass der Typ nicht so viel Kohle hatte und für mich damit wertlos war. Ich es verkraften würde, wenn ich ihm einfach den Rücken kehrte oder ihn auf welche Art und Weise auch immer kalt machen würde. Dieses provokante, sichtlich amüsierte Grinsen auf seinen Lippen konnte er sich echt schenken - witzig war an dieser unangenehmen Situation nämlich absolut gar nichts. Ich wollte nicht sagen, dass ich mich unbedingt schlecht fühlte, denn mit meinem Körper konnte und durfte ich noch immer machen, was ich wollte - selbst wenn Tauren und ich eine Beziehung geführt hätten, wobei Fremdgehen in so einer offiziellen Sachen halt trotzdem nicht mein Stil war -, aber es tat mir schon Leid, ihn so gekränkt zu sehen. Und ja, liebend gerne hätte ich etwas dazu gesagt, auch wenn sicher niemand von mir hätte verlangen können, dass ich mich diesbezüglich äußerte - in dem Fall wollte ich das aber ganz einfach. Blöderweise war aber Hunter noch mit von der Partie und weil ich mir zum Einen absolut nicht sicher war, inwieweit Tauren ihm die Sache mit uns schon kommuniziert hatte und außerdem für absolut niemanden vor den Augen eines Geschäftspartner zu Kreuze kriechen würde, schluckte ich das Bedürfnis fürs Erste herunter. Folgte den beiden Männern stattdessen schweigend ins Wohnzimmer. Hunter ließ sich, unbeirrt wie immer natürlich, geradewegs auf das Sofa fallen und machte es sich bequem, bedeutete Tauren, es ihm gleich zu tun, nachdem er ihn dazu aufgefordert hatte, die Taschen mit dem Geld abzustellen. Und die Art, wie der Norweger das Geld abstellte - vermutlich hätte er liebend gerne noch einmal dagegen getreten, um seinen Ärger noch deutlicher zu unterstreichen - gab Aufschlüsse darüber, was er von Miguel und dem, was zwischen uns vorgefallen war hielt. Nämlich absolut gar nichts, aber darauf konnte ich hier und jetzt leider keine Rücksicht nehmen. Nicht solange der Amerikaner sich noch Späße auf unsere Kosten machen würde, je länger wir einander blöd ansahen. Demnach wartete ich noch kurz, bis auch der Norweger seinen Platz auf dem Sofa eingenommen hatte, nur um mich den zweien gegenüber in den gemütlichen Sessel fallen zu lassen. Ich überschlug die Beine, winkelte einen Arm auf der dafür vorgesehenen Lehne an, um wenig später meinen Kopf gegen die zur Faust geballten Hand zu lehnen. Mein äußerlich ruhiger, innerlich um ein Gespräch unter vier Augen bittender Blick lag dann noch eine verhältnismäßig lange Zeit auf dem mittlerweile offensichtlich auch angepissten jungen Mann, bis sein Chef schließlich das Wort ergriff und auf den Punkt brachte, warum es notwendig gewesen war, dass wir uns gemeinsam noch einmal um den Couchtisch herum versammelten. Noch während Hunter redete, wanderte mein Blick langsam von seinem Handlanger auf ihn über und ein leises, frustriertes Seufzen konnte ich mir ja dann doch nicht verkneifen. Dann aber appellierte ich an meine für Geschäfte so essentielle Professionalität und schob die Gedanken an Tauren kurzzeitig mal in die hinterste Ecke meines Oberstübchens. Natürlich fiel es mir schwer, meinen Blick von ihm zu lösen, aber mich auf das, was Hunter da von sich gab, zu konzentrieren, half eigentlich ganz gut dabei. Ich bevorzugte es ganz einfach, meinen Gegenüber bei etwaigen Verhandlungen direkt anzusehen, um frühzeitig erkennen zu können, wann, wie und auf welche Art man mich eventuell hinters Licht führen wollte. Das nach oben wandern meiner rechten Augenbraue machte wohl ziemlich deutlich, dass ich bei dem Amerikaner gerade durchaus das Gefühl hatte, er wolle mich auf die Schippe nehmen, aber in seinem Gesicht war kein Anzeichen dafür zu sehen. Vielleicht täuschte ich mich aber auch, wo ich doch nicht zu einhundert Prozent anwesend war und meine Gedanken doch weiterhin um die Geschichte mit Miguel kreisten. Ich wiederholte gerne noch mal: Was hatte der Norweger hier eigentlich verloren? Vor allem bei Geschäftsgesprächen? War Hunter da nicht eigentlich immer hinterher, dass nur eine Hand voll ausgewählter Mitarbeiter bei Gesprächen dieser Art hier dabei waren? Gut, im Prinzip ging mich das auch nicht wirklich etwas an, inwieweit er seinem Schützling jetzt eigentlich vertraute, es wunderte mich einfach nur. Aber zurück zum eigentlichen Thema. Hunter druckte also mittlerweile Geld, aha. Eigentlich hätte ich an der Stelle jetzt die Frage in den Raum geschmissen, warum und weshalb er so offen darüber redete, hielt sich doch auch seine Sympathie mir gegenüber stark in Grenzen, aber die darauffolgenden Worte sollten meine Frage schon vorab beantworten. Als Zeichen des Verständnisses nickte ich zwischendrin leicht und atmete gen Ende dann ziemlich schwer aus. Ob das jetzt nur der Tatsache zu verschulden war, dass ich damit ein Stück weit Erleichterung ausdrückte, weil er mir - oder meinem Bruder besser gesagt - damit indirekt ein neues Angebot zur Rettung der Firma unterbreitete oder es doch einen ganz anderen Hintergrund hatte, konnte ich so ad hoc nicht sagen. Wirklich von Belangen war das aber ohnehin nicht, weshalb ich mir darüber dann auch keine tiefgehenderen Gedanken mehr machte und stattdessen anfing, darüber nachzudenken, ob Iljah drüben in Russland nicht noch Geschäfte unterhielt, womit sich Geld potenziell waschen lassen würde. Spontan fiel mir da nicht wirklich etwas ein und so schüttelte ich bereits langsam, nachdenklich den Kopf, bis mir dieser öde Autohandel wieder einfiel. Keine Ahnung, warum mein Bruder den Schuppen damals überhaupt gekauft hatte und was er letztlich eigentlich für einen Nutzen hatte, aber potenziell war das etwas, wo man ihn sicher hätte fragen können. Ich war mir nur mittlerweile gar nicht mehr sicher damit, was für Autos er da eigentlich verscherbelte, weil diese Firma noch nie in Kontakt mit kriminellen Machenschaften gekommen war, so weit ich informiert war. Aber selbst wenn es nur gute Gebrauchtwagen waren, konnte man damit sicherlich immer noch eine beträchtliche Summe waschen. Blieb nur zu klären, ob Iljah den Schein des absolut korrekten, für die russische Allgemeinheit ausgelegten Autohandel wahren wollte oder sich dazu überreden ließ, mit einzusteigen. Ungeachtet dessen wartete Hunter sicher auf... na ja, irgendeine Antwort, die ich ihm letztlich auch lieferte. "Mhm, ja, da gibt's tatsächlich war. Details zu dem Laden hab ich nicht viele, aber Iljah verkauft irgendwo in der Nähe von Moskau noch Autos. Frag mich nicht, wieso und warum und überhaupt, aber das wäre sicher eine Möglichkeit.", ließ ich Hunter und damit zwangsläufig auch Tauren an meinen Gedanken teilhaben, während ich mit beim Überlegen leicht auf der Unterlippe herum kaute. Dabei hatte ich den Blick kurzzeitig abgewendet und ihn nachdenklich auf den Couchtisch vor mir geheftet. Bei meiner Antwort hob ich ihn allerdings wieder an, um den des Amerikaners zu suchen und ihn auf eine Antwort, ob das Geschäft theoretisch passen könnte, warten anzusehen.
# Is it all a tragedy? Are we flashes in a rut going in and out of luck? Maybe. #
Es dauerte eine ganze Weile lang, bis die Russin letztlich zu einer Antwort ansetzte. War aber ausnahmsweise auch gar nicht schlimm, denn solange ihr Blick sich im Raum verlor wanderte mein eigener wieder zu meinem norwegischen Anhängsel, das permanent auf den Boden neben dem Sofa starrte. Ich wusste ehrlich nicht, ob er das Gespräch mitverfolgte oder nicht, was mir nicht passte. Wenn er sich weiterhin gut anstellte, dann wollte ich ihn nämlich eigentlich ganz gerne teilweise in die Sache mit der Geldwäsche einbinden, wenn auch definitiv nur hier vor Ort, wo ich ihn im Auge behalten konnte. Natürlich würde ich ihm nicht von jetzt auf gleich die gesamte Verantwortung übertragen, aber ich hatte vor ihn - sofern er bis dahin keine Scheiße mehr baute, sich nichts zu Schulden kommen ließ - Ashton an die Hand zu geben. Ich wusste zwar, dass letzterer von neuen Schülern allgemein immer wenig begeistert war, aber er hatte auch Desmond damals gut geschult und seit Michael nicht mehr da war, fehlte nun mal einer im Team. Mir war durchaus bewusst, dass ich da mit Tauren ein gewisses Risiko einging, aber ich war kein Mann leerer Worte. Er packte seit seiner Verletzungspause nach der Folter mit mindestens 110% an und ich hatte gesagt, dass er künftig mehr Verantwortung kriegen würde, wenn er sich motiviert zeigte und fortan eine weiße Weste behielt, also bekam er sie auch. Bis er sich unersetzbar schimpfen durfte hatte der Norweger zwar noch einen unfassbar langen, sehr anstrengenden Weg vor sich, aber es war nicht wirklich seine Entschlossenheit, an der ich zweifelte. Eher die Tatsache, dass er sich viele Dinge zu sehr zu Herzen nahm und nicht die psychische Gleichgültigkeit an den Tag legte, die ziemlich von Vorteil für seinen Kopf wäre. Das brandaktuelle Beispiel war da mal wieder perfekt - ich verstand ihn zwar, aber es war nun mal Vahagn. Bei einer Frau wie ihr war es schlichtweg komplett vorprogrammiert, dass sie Ärger machte, Es war schlichtweg nichts worüber er sich großartig wundern musste, also sollte er gefälligst seinen Stolz wiederfinden und hier nicht so gucken, als hätte man gerade alle seine Weihnachtsgeschenke mutwillig in den Häcksler geworfen. Deshalb streckte ich auch meine Hand nach ihm aus und boxte ihm unsanft - wenn auch für meine Verhältnisse ziemlich sachte - gegen die Schulter, damit er mich ansah. Er war inzwischen ziemlich gut darin tadelnde Blicke von mir zu deuten, weshalb er sich leicht räusperte und sich dann final aufrichtete. Statt schräg in der Ecke zu hängen lehnte er sich gerade an die Rückenlehne und streckte den Oberkörper durch, bevor er auch die Arme noch vor der Brust verschränkte. Ich musterte seinen Gesichtsausdruck noch kurz, um mir sicher damit zu sein, dass er nicht sofort wieder weicher wurde. Aber Tauren wahrte den neutralen bis kritischen Gesichtsausdruck, der ihm schon zu Beginn antrainiert worden war, weshalb ich mich getrost wieder in meine vorherige Körperhaltung begeben und gänzlich Vahagn widmen konnte, als sie endlich zu einer Antwort ansetzte. Die Antwort war sogar relativ zufriedenstellend, denn die Sache augenscheinlich legal über den An- und Verkauf von Autos abzuwickeln, klang recht vielversprechend. Vehikel ließen sich gut bar bezahlen - mit Falschgeld in diesem Fall versteht sich -, ohne dass es auffällig war und wenn man gut im Verhandeln war was den An- und Verkaufspreis betraf, dann konnte man das Ganze theoretisch sogar noch gewinnbringender gestalten. Quasi noch zusätzlich mehr Scheine rausschlagen, als man reingesteckt hatte und das noch zum festen Gewinn addieren. Da die Farbe für die Geldscheine nicht ganz billig war, war das mehr als ein bisschen Musik in meinen Ohren. Natürlich ließ sich von mir als bisher noch komplett unwissenden Außenstehenden nicht vollends beurteilen, ob das Autohaus in Iljahs Besitz dafür wirklich so gut geeignet war, wie mir auf den ersten Blick schien, wo doch auch Vahagn darüber nur verhältnismäßig wenig zu wissen schien. Sollte es sich aber tatsächlich als richtig profitabel herausstellen, dann sah ich die Geldscheine vor meinem inneren Auge schon regnen. Mehr Geld war immer gut und Mein Blick löste sich nicht aus dem der Russin, während ich darüber nachdachte, ob das Ganze sich in dieser Form potenziell für mich lohnen könnte. Ich hatte mir all das innerhalb von etwa einer halben Minute durch den Kopf gehen lassen, weshalb sie weit weniger lang auf eine Antwort von mir warten musste. "Das könnte theoretisch funktionieren. Du kannst mir sicher ein paar mehr Infos besorgen..? Was er für Autos verscherbelt, wie viele im Durchschnitt pro Monat und so weiter... so ein paar grundlegende Dinge, damit ich weiß in welcher Größenordnung sich das Ganze bewegen könnte.", forderte ich Vahagn mit einer indirekten Frage dazu auf, dass sie mir ein paar mehr wichtige Informationen darüber bringen sollte, wenn ihrerseits - und natürlich auch aus Sicht ihres Bruders - Interesse an einem Deal in dieser Richtung bestand. Zwar würde ich mir das Unternehmen sowieso am Ende noch selbst ansehen, bevor ein Deal offiziell zu Stande kam, weil ich niemals ins Blaue handelte, aber ich musste zumindest schon einmal wissen, ob sich ein Flug nach Russland dafür denn überhaupt lohnte. War schließlich nicht gerade um die Ecke und wenn mir eine Menge Zeit umsonst für dieses Unterfangen flöten gehen würde, wäre ich ziemlich angepisst. Vahagn täte also gut daran sich mit den Infos Mühe zu geben, wo sie damit schließlich die Wahrscheinlichkeit auf einen Reinfall mindern konnte.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Ich beobachtete das Szenario rund um den Boxhieb nur beiläufig und lediglich aus dem Augenwinkel heraus, wobei das, was ich aufgeschnappt hatte, vollkommen ausreichend war, um in mir das Bedürfnis zu wecken, Hunter mit ein paar mahnenden Worten in seine Schranken zu weisen. Ich besann mich jedoch rechtzeitig - den Mund hatte ich schon leicht geöffnet gehabt - eines Besseren, als mir klar wurde, dass ich definitiv nicht in der Position war, darüber zu urteilen, wie der Amerikaner mit seinen Handlangern umging. Im aktuellen Augenblick war Tauren leider nicht viel mehr als das. Hunters Fußabtreter, der hier und jetzt nach seiner Pfeife zu tanzen und entsprechende Konsequenzen, wenn er dies nicht tat, zu tragen hatte. Da tat unser persönliches Verhältnis zueinander überhaupt nichts zur Sache und somit hielt ich mich mit etwaigen Kommentaren diesbezüglich dann doch zurück, tat es ihm einfach gleich. Lenkte mich damit ab, meine Haltung im Sessel ebenfalls ein wenig zu korrigieren und so richtete ich mich auf, legte beide Ellenbogen auf die gepolsterten Lehnen und verschränkte die Hände vor meinem Bauch ineinander. Der Blick wanderte indessen zwischen dem Norweger und Hunter hin und her, wobei er wenig überraschend dann irgendwann wieder länger auf letzterem ruhte. Der Amerikaner ergriff nämlich sehr viel schneller wieder das Wort, als ich damit gerechnet hatte, was mich gleich ein weiteres Mal die Augenbraue nach oben ziehen ließ, aber mir sollte das nur recht sein. Natürlich legte ich sehr viel Wert darauf, meine Geschäfte in aller Ruhe zu besprechen und nahm mir dafür in der Regel auch die entsprechend notwendige Zeit, aber hier und jetzt wollte ich die Unterhaltung bloß schnellstmöglich beenden, denn... eigentlich wollte ich gerade sehr viel eher mit Tauren reden und nicht mit seinem Boss. Jener hatte aber noch die ein oder andere durchaus berechtigte Frage und so appellierte ich noch einmal an meine kaum vorhandene Geduld und fokussierte mich für die letzten Minuten der Konversation noch einmal gänzlich auf meinen Geschäftspartner. "Klar. Ich wollte morgen sowieso mit ihm telefonieren.", ließ ich Hunter Wissen, dass er nicht besonders lange auf die erhofften Antworten warten brauchte. Iljah und ich telefonierten gerade in den letzten Tagen wieder regelmäßig und morgen waren wir gegen Abend ohnehin verabredet gewesen. Da war es mir ein Leichtes, die Fragen ins Gespräch mit einzubinden, aber einen kleinen Haken hatte die ganze Sache jedoch. "Da ich mich bis jetzt nicht besonders für den Laden interessiert habe, wird Iljah mich sicher fragen, warum ich genau jetzt Informationen zu dem Schuppen haben will. Ich werde ihm von deinem indirekten Angebot erzählen..?", hängte ich meine Bedenken mit ein paar wenigen Worten hinten an und ergänzte das Ganze noch um eine unterschwellige Frage. Logischerweise hätte mein Bruder auf kurz oder lang sowieso eingeweiht werden müssen, wenn Hunter sein Go für die Tauglichkeit der Firma gegeben hatte, ganz unabhängig davon, ob ich erst nach einem Gespräch mit Iljah oder bereits vorab mit Informationen herausgerückt war. Trotzdem wollte ich geklärt haben, ob der Amerikaner sein Angebot insoweit ernst meinte, als dass ich darüber bereits mit meiner besseren Hälfte sprechen durfte. Mir lag es nämlich fern, Hoffnung zu säen, wenn sich am Ende herausstellte, dass das Ganze doch nur ein schlechter Scherz oder ein Test für was auch immer war. Ich wollte mich einfach absichern. Schließlich quatschte man auch nicht mal eben so mit jedem über seine kriminellen Machenschaften, auch wenn derjenige zur Familie gehörte. Außerdem... fiel mir da doch glatt noch eine weitere Frage ein, die sich sicher auch der Russe auf der anderen Erdhalbkugel stellte, sobald ich auch nur im Ansatz einen Auftrag erwähnte. Um meine darauffolgenden Worte zu verdeutlichen, rieb ich den Daumen und den Zeigefinger der rechten Hand aneinander, während sich mein durchdringender Blick in den des Amerikaners legte. "Sollte Iljahs Firma in Frage kommen und er mit der Geldwäsche einverstanden sein. Was springt für uns dabei raus?", fragte ich ziemlich direkt. Schließlich galt auch in unserem Metier das Motto 'Eine Hand wäscht die andere.' Dass wir dafür bezahlt wurden, sobald sich die Geldwäsche in Russland rentierte, war selbstredend. Hunter brauchte bloß nicht glauben, dass ich oder mein Bruder aus der finanziellen Not heraus für einen Hungerlohn ackerten und sein Falschgeld durfte er gerne behalten. Ich bevorzugte echte, absolut makellose und perfekte rosa Scheinchen. Die Gelben waren auch okay - kam eben auf die Menge an.
# Is it all a tragedy? Are we flashes in a rut going in and out of luck? Maybe. #
Die Sache mit der Informationsbeschaffung sollte sehr zu meiner Freude schon zeitnah erledigt sein, auch wenn die Geschichte einen gewissen Haken hatte. Ich hielt es nach wie vor für unwahrscheinlich, dass ich von den Russen etwas zu befürchten hatte, weil ich keinem von beiden jemals ein Haar gekrümmt hatte - viel mehr sogar im Gegenteil, hatte ich doch zuerst mit Vahagn zusammen gekämpft und jetzt auch noch mit reichlich Schotter geholfen -, aber ich erzählte allgemein nur ungern mehr Leuten etwas über meine Geschäfte, als unbedingt notwendig war. Nur ließ es sich so oder so früher oder später nicht mehr umgehen den Bruder der hier anwesenden Brünetten einzuweihen und im Grunde konnte er mir schlichtweg auch nichts. Weder wusste einer von ihnen, wo genau das Geld hergestellt wurde, noch war das hier deren Territorium. Kuba gehörte mir, auch wenn ich nichts dagegen hatte Vahagn hier ebenfalls Fuß fassen zu lassen. Immerhin war die junge Frau für mein Geschäft auch nicht schlecht, also brachte das im Grunde beiden Seiten Vorteile. Sich zu bekriegen war schlichtweg - selbst in meinen Augen - vollkommen unnötig und wenn ihr Bruder halbwegs bei Verstand war, würde er nie etwas dergleichen versuchen. "Wir werden seine Zustimmung ja sowieso früher oder später brauchen, also soll er ruhig schon wissen worum's geht.", willigte ich mit einem kaum sichtbaren Nicken auch was das anging ein. Außerdem kannte Iljah sein Geschäft selbst am besten und würde am ehesten wissen, ob es denn wirklich sinnvoll und auch verhältnismäßig sicher über jene Firma abwickelbar war. Risiken gab es immer, aber mir wäre es natürlich trotzdem lieb, wenn jene sich so gering wie irgendwie möglich hielten. Vahagn fackelte dann auch gar nicht lange, bis sie eine weitere Frage hintenan hängte, die ich bis hierhin noch nicht konkret beantworten konnte. Dafür musste - und vor allem wollte - ich zuerst wissen, in welchem Rahmen wir uns genau bewegten und je nachdem würde ich mich entscheiden, wie viel Geld ich an die beteiligten Kräfte abgeben wollte. Ich hatte es zwar nicht notwendig auf jeden Penny Acht zu Geben, aber das hieß noch lange nicht, dass ich mein Geld gern sinnfrei aus dem Fenster warf. Mit mir zu feilschen brachte auch nur in den seltensten Fällen etwas, man war also entweder einfach damit zufrieden, oder man ging ohne abgeschlossenen Deal wieder seiner Wege. Der höchste Spielraum, auf den ich mal eingegangen war, hatte sich auf 5% belaufen und das auch nur, weil ich schlichtweg darauf angewiesen war. Irgendwann später hatte jener Kerl sehr zu meiner Schadenfreude noch aus eigener Dummheit das Zeitliche gesegnet, weil er sein Kartenhaus instabil und zu schnell gebaut hatte. Dennoch stand es in diesem Fall hier ganz außer Frage, dass es den Russen genug Geld in die Taschen spielen würde, wenn sie die Sache richtig aufzogen. Ich war vielleicht geizig, aber auch nicht dumm - wenn ein Angebot absolut unmoralisch war und nur aus Not angenommen wurde, dann hatte das immer irgendwann Konsequenzen, wenn die unzufriedene Partei genug davon hatte und auf unnötige Auseinandersetzungen diesbezüglich verzichtete ich ganz gern. "Genau kann ich's dir nicht sagen, weil ich dazu erstmal mit sämtlichen Transportkosten und der eigentlichen Gewinnspanne kalkulieren können muss. Deswegen solltest du mir auch einen Richtwert liefern, was die hin und her Fliegerei kosten wird. Aber es wird sich lohnen, so viel kann ich euch versprechen. Einen fairen Deal hast du bisher schließlich immer gekriegt.", sagte ich diesbezüglich viel und gleichzeitig wiederum nur wenig. Aber bisher hatte ich zu wenige Fakten auf dem Tisch, die ich zu einem konkreten Angebot definitiv brauchte. Sobald Vahagn mir aber die notwendigen Eckdaten lieferte, bekam sie auch eine Antwort in Zahlen. Ich warf einen erneuten Blick auf die Uhr an meinem Handgelenk, die ich mir in einem örtlichen, teuren Juweliergeschäft hatte mitgehen lassen, das ursprünglich sicher überwiegend für Touristen gedacht war. Sie war unheimlich praktisch und machte sich gut über den Tattoos, auch wenn ich über die letzten Jahre hinweg eine ziemlich präzise innere Uhr entwickelt hatte. Doppelt hielt bekanntlich besser. "Wenn du sonst keine Fragen mehr hast geh' ich wieder los, es wartet Arbeit auf mich. Was ist mit dir, Tauren?", ließ ich dem Norweger einen Hauch von freiem Entscheidungswillen, was seinen weiteren Aufenthalt hier anging. Die Betonung lag aber eindeutig auf Hauch, hatte er seiner Arbeit später doch definitiv trotzdem noch nachzukommen. Frei bekam hier Niemand.
Ich wäre hier und jetzt wirklich liebend gern durch das Sitzpolster der Couch und danach durch den Boden in ein schwarzes Loch verschwunden. Obwohl es in meinem Leben schon sehr viele unangenehme Momente gegeben hatte, an die ich ungerne zurückdachte, war vermutlich auch das hier künftig einer davon. Ich hatte zwar gewusst, dass Vahagn nicht besonders einfühlsam war, aber dass sie sich nebenher irgendeinen Kerl - oder gar mehrere, was wusste ich schon? - zu sich bestellt, nur weil sie sich nicht traute in Hinsicht auf uns beide ins kalte Wasser zu springen... nein, damit hatte ich ganz einfach nicht gerechnet und es war sicher überflüssig zu erwähnen, dass das wirklich weh tat. Es war ja nicht nur die Tatsache, dass sie es tat, sondern auch, dass sie mir davon wahrscheinlich nie auch nur irgendwas erzählt hätte, wenn ich nicht zufällig heute mit an Hunters Fersen geklebt hätte. Mehr oder weniger zufällig zumindest, hatte der Amerikaner mich sehr wahrscheinlich auch bestimmten Gründen mitgeschleppt, weil er seine Auswahl grundsätzlich nie dem Zufall überließ. Vielleicht wollte er auch einfach nur mal wieder, dass ich mich scheiße fühlte, weil das weiß Gott nicht das erste Mal wäre. Das Gesicht zu verziehen und meinen eigenen Gedanken nachzuhängen war dem Hitzkopf aber auch nicht recht und so kassierte ich einen leichten Hieb an die Schulter, der mich daran erinnern sollte, dass ich nicht hier war um Trübsal zu blasen. Ich tat wie mir gehießen und wechselte von der wütend-enttäuschten Mine zu einer weit undurchsichtigeren, die nicht viele Emotionen sehen ließ, während ich mich gerade hinsetzte. Er hatte mir diesen Gesichtsausdruck schon zu Beginn kontinuierlich eingedrillt, weil es einfach immer eine gute Strategie war, sich nichts anmerken zu lassen. Also setzte ich das wie schon so oft, wenn ich bei der Arbeit war, auch jetzt um, obwohl der Orkan in meinem gefühlt immer schwerer werdenden Schädel nur so vor sich hin tobte. Ich verfolgte das Gespräch der beiden deshalb auch nach wie vor nur mit etwa 75% meiner Aufmerksamkeit, aber mir entging nicht, dass der Amerikaner scheinbar ziemlich sicher nach Russland expandieren wollte. Deshalb fiel mein Blick auch zwischendurch wieder auf ihn, statt weiter die Brünette zu durchlöchern, aber selbstverständlich sagte ich nichts dazu. Wusste auch gar nicht, was ich dazu denn überhaupt hätte sagen sollen. Es war schließlich mehr oder weniger vorprogrammiert gewesen, dass die beiden noch häufiger auf Geschäftsbasis miteinander interagieren würden, wenn die junge Frau weiter auf Kuba verweilte. Sollte die Sache mit Vahagn und mir jetzt so steil den Bach runtergehen, wie ich bisher annahm, wäre es sicherlich auch gar nicht weiter von Bedeutung. Dass Hunter mich schließlich vor die Wahl stellte, ob ich ihm sofort nach Abhaken des Gesprächs folgen, oder noch ein klein wenig hierbleiben würde, kam quasi absolut aus dem Nichts. Er sah mich bei jener Frage auch vollkommen ausdruckslos an. Weder irgendwie angepisst, noch anderweitig so, als wolle er mir damit nur die nächste Falle stellen, damit er mir den Kopf abhacken konnte. Meistens hatte er dann so ein dezentes, aber für mich inzwischen sehr aussagekräftiges Funkeln im eisigen Blick, das jetzt nicht da war. Natürlich lag sein Blick genauso kühl in meinen Augen wie sonst auch, aber ich konnte die Frage intuitiv als nicht bedrohlich einstufen. "Wie viel Zeit hätte ich?", hakte ich mit bemüht ausdrucksloser Stimme nach. Der ursprüngliche Plan war gewesen, dass er mich einfach gleich mit zum Treffpunkt nahm und ich so wie die anderen bei den Vorbereitungen auf den nächtlichen Trip half. Wann genau wir zur eigentlichen Aktion aufbrachen hatte er bisher nicht gesagt. "Um eins brechen wir auf.", ließ er mich dann knapp wissen, dass ich theoretisch noch circa eine Stunde hierbleiben könnte - sofern ich denn wollte -, bevor ich selbst auch zum Treffpunkt aufbrechen müsste. Das war wohl auch die eigentliche Frage - wollte ich denn? Ziemlich viel in mir schrie danach dem Chef einfach glatt mit durch die Haustür zu folgen, wenn er aufbrach, aber ich war einfach nicht der Typ Mensch dafür einen Streit ungeklärt zu lassen. Noch war es zwar keiner, aber ich war mir fast sicher, dass es noch zu einem werden würde. Ich musste ein extrem tiefes Seufzen wegen meines eigenen inneren Zwiespalts bewusst unterdrücken. "Ich komm' sobald wie möglich nach.", ließ ich den Tätowierten mit ein paar Worten und einem schwachen Nicken wissen, dass ich baldmöglichst zu ihm und dem Rest des Trupps aufschließen würde. Er nickte das ab und stand dann auch vom Sofa auf.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Ah, natürlich doch. Im Prinzip hätte mir schon von vornherein klar sein können, dass Hunter auf die doch mit Abstand wichtigste Frage noch keine verbindliche Aussage treffen konnte, weil ihm dazu schlicht und ergreifend das Wissen über die Größe und vor allem Wirtschaftlichkeit von Iljahs Firma fehlte. Brachte ja nichts, wenn er mir Summe X versprach, die Bruchbude aber nicht einmal annähernd so viel abwarf, dass dadurch irgendwelche Kosten gedeckelt wurden. Natürlich war die Titulierung des Geschäftes in diesem Augenblick nur aus der Luft gegriffen, hatte ich wie gesagt keine Ahnung, was mein Bruder innerhalb der letzten Jahre da so getrieben hatte, aber wenn die Firma noch immer stand, konnte sie so schlecht ja gar nicht laufen. Ich würde mich trotzdem nicht allzu weit aus dem Fenster lehnen wollen, um zu behaupten, dass ein Autohandel die perfekte Lösung zur Geldwäsche war, weil es doch viele verschiedene Risiken barg, aber letzten Endes war das dann nicht nur meine Entscheidung, sondern auch Hunters. Ich hatte zwar nicht besonders viel mit dem Amerikaner zutun, aber ich meinte zu glauben, dass er ein Gespür für etwaige lukrative Geschäfte hatte. Ein ausgeprägteres als ich, musste ich gestehen, aber momentan lag das wohl schlicht und ergreifend daran, dass mir der Kopf ganz woanders stand. Ansonsten hätte ich vermutlich keine Zweifel an der ganzen Geschichte gehabt und wäre der festen Überzeugung gewesen, dass wir das Kind schon geschaukelt bekamen. Schließlich war ich sonst auch nicht so negativ und ließ mich liebend gern auf ein paar spannende Spielchen ein. Nur war ich sonst auch immer relativ gut bei Kasse gewesen und konnte mir ein paar Tausender Miese durchaus leisten, was aktuell leider nicht wirklich der Fall war. Sollte die Sache schiefgehen, konnten wir die Firma vermutlich abschreiben, was mich einerseits natürlich beunruhigte... andererseits sah ich den Aufschwung schon anrollen, sollte der Plan wider Erwarten ohne größere Komplikationen anlaufen. Zum aktuellen Zeitpunkt blieb mir wohl nichts anderes übrig, als mich einfach überraschen zu lassen und bekanntermaßen hasste ich Überraschungen. Ich stieß deshalb gedanklich ein ziemlich tiefes Seufzen aus, während ich nach außen hin nur schwach mit dem Kopf schüttelte. "Macht Sinn. Hab' ich nicht dran gedacht.", räumte ich mit knappen Worten ein, dass ich ausnahmsweise mal nicht so weit gedacht hatte, als dass ich mir die dumme Frage hätte schenken können. Ganz im Dunkeln tappen lassen wollte mich Hunter aber scheinbar nicht, wenn es um das Thema Bezahlung ging, versprach ein gerechtes Entgelt, was ich ebenfalls mit einem schwachen Nicken zur Kenntnis nahm. "Okay, passt so. Ich vertrau' dir in Sachen Geld einfach mal.", untermalte ich meine Aktion auch noch mit Worten, grenzte mein Vertrauen ihm gegenüber jedoch darauf ein, dass er zumindest bei den Geschäften immer ein fairer Verhandlungspartner gewesen war und ich glaubte auch nicht daran, dass er mich bei der Geschichte mit dem Falschgeld über den Tisch ziehen wollte. Andernfalls könnte er sich für den Transport und Vertrieb der Blüten wohl einen anderen Deppen suchen. Ich war mir fast sicher, dass das Hunter so weit auch klar war und meinte die Sache mit dem Vertrauen diesbezüglich entsprechend ernst. Normalerweise war ich ja nicht so leichtgläubig, aber er hatte mir schon mal einen indirekten Gefallen getan, wieso also sollte er mich ausgerechnet verarschen? Klang nicht besonders einleuchtend, weil es ja auch für ihn um Einiges an Kohle ging. Demnach ließ ich das Besorgnis, es könnte sich hierbei vielleicht um einen Komplott handeln, gar nicht erst aufkommen und erstickte es mit einem schmalen, aber durchweg zufriedenen Grinsen. "Sobald ich mit Iljah gesprochen habe, melde ich mich bei dir.", stellte ich abschließend unnötigerweise fest, dass ich sofort zum Telefon greifen würde, sobald ich brauchbare Informationen gesammelt hatte. Vielleicht fielen mir bis dahin auch noch ein paar Fragen oder Bedingungen ein, an die ich eine Zusammenarbeit knüpfen würde - momentan war mein Kopf jedoch ziemlich leer und ich unsagbar froh, dass der Amerikaner es für heute auch erst einmal bei dieser oberflächlichen Besprechung belassen wollte. Reichte in meinen Augen auch vollkommen aus, alles Weitere konnten wir sowieso erst abschließend klären, wenn meine bessere Hälfte mit dem Deal überhaupt einverstanden war und mir die gewünschten Infos zukommen ließ. Sollte Iljah sich dagegen aussprechen, war die Sache ohnehin ohne weiteren Diskussionen vom Tisch. Leider ließ sich der gesittete, nicht unbedingt immer taktvolle Russe nur äußerst selten von einer Entscheidung abbringen und wenn er sich gegen ein Geschäft aussprach, hatte das meistens auch seine Gründe. Bis jetzt sah ich allerdings noch nichts, was dagegen sprechen sollte und hoffte demnach einfach mal das Beste. Jedenfalls schien das auch für Hunter erst einmal alles gewesen zu sein und ich verneinte seine indirekte Frage, ob noch Klärungsbedarf bestand, erneut mit einem leichten Kopfschütteln. "Bin so weit im Bilde. Falls ich vor dem Anruf morgen noch was wissen muss, klingel' ich durch.", verabschiedete ich den jungen Mann und sah anschließend zu Tauren rüber. Jener hatte auf die Frage seines Chefs doch ziemlich offensichtlich geantwortet, dass er noch kurz bleiben würde und ich wusste just in diesem Augenblick nicht mehr, ob ich das jetzt gutheißen sollte oder nicht. Vor wenigen Sekunden, Minuten noch hatte ich mir nichts sehnlicher gewünscht, als unter vier Augen mit ihm reden zu können, um die Sache mit Miguel ins rechte Licht zu rücken, aber als sich jetzt die Möglichkeit auftat, wäre ich am liebsten in einem sich unter meinen Füßen ausweitenden schwarzen Loch verschwunden. Ich sah dem Amerikaner noch nach, wie er aus dem Wohnzimmer verschwand und lauschte nicht zuletzt auch noch der Tür, die binnen kürzester Zeit nach Hunters Verabschiedung auch schon wieder in ihr Schloss zurück fiel. Mit jenem vielsagenden Geräusch wandte ich meinen Blick vom leeren Türrahmen ab, um ihn stattdessen langsam und für meine Verhältnisse doch ein wenig unsicher in Richtung Tauren wandern zu lassen. Auch wenn mir die Situation von vorne bis hinten unangenehm war, legte sich mein ruhiger Blick trotzdem in die wunderschönen blauen Augen meines Gegenübers. Ich war inzwischen auf dem Sitzpolster nach vorne gerutscht und mimte nun quasi Hunters Ausgangsposition. Die Ellenbogen auf die Knie stemmend, sodass ich mir beim sachten nach vorne lehnen mit beiden Händen über das Gesicht reiben konnte. In der Hoffnung, dadurch etwas klarer im Kopf zu werden, sah ich den Norweger schließlich wieder an, nur um nach einem tiefen Seufzen - welches dieses Mal nicht nur gedanklich war - zum Reden anzusetzen. "Hör' mal, Tauren... das... ist alles blöd gelaufen.", stellte ich erst einmal fest, was offensichtlich war. "Ich hab nicht damit gerechnet, dass du heute noch mal auftauchst.", redete ich weiter, wobei sich wieder mein mangelndes Einfühlungsvermögen bemerkbar machte. Schließlich tröstete es ihn sicher keinen Meter, dass ich ihn heute nicht erwartet hatte. Ganz im Gegenteil sogar. Würde ich mich selbst reden hören, dann hätte ich mich schon längst selbst geohrfeigt. Schlicht und ergreifend deshalb, weil es noch sehr viel verletzender war, wenn davon ausgegangen wurde, dass man nicht mehr erwartet wurde und deshalb die Sau raus ließ. Aber es war ja allgemein bekannt, dass ich mit so manchen Charaktereigenschaften einfach ziemliche Probleme hatte.
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Mein Blick lag auf dem Amerikaner, als er nach einem letzten Nicken in Vahagns Richtung den Raum verließ. Noch immer war mir schleierhaft, warum er mir den Freiraum gab erst irgendwas Persönliches zu klären, bevor ich mich wieder der Arbeit mit ihm und den anderen widmete, aber ich war mir sehr sicher, dass er mir das noch sagen oder sich das anderweitig zeigen würde. Er tat nichts aus reiner Gutherzigkeit, letztere besaß er nämlich ganz einfach nicht. Mein Blick klebte auch noch immer auf dem Türrahmen des Wohnzimmers, als Hunter verschwunden war und die Brünette gegenüber zu reden ansetzte. Ich schloss für eine kleine Weile die Augen, während ich den paar wenigen Worten der jungen Frau lauschte. Sie sorgte allein mit diesen beiden Sätzen schon wieder dafür, dass ich mich gern doch noch umentschieden, sofort aufgestanden und auf den Beifahrersitz des Musclecars gesprungen wäre, um meinen Schädel lieber in Arbeit zu stürzen, statt hier mit ihr über die aktuellen Vorkommnisse zu reden. Denn schon allein dieser kleine Ansatz zeigte mir mehr als deutlich, dass sie nicht mal ein bisschen verstand, was sie angerichtet hatte. Vielleicht wollte sie das aber auch gar nicht, wo sie doch offensichtlich liebend gern weiter ihren Ego-Trip schob und mich außen vorließ. Ganz ungeachtet dessen, was ich womöglich davon halten könnte. Wichtig konnte ihr meine Ansicht der Dinge schließlich kaum sein, wo ich doch nicht einmal etwas davon hätte mitkriegen sollen, dass der Typ hier gewesen war. Ich mahlte noch immer ganz leicht mit den angespannten Kiefermuskeln, als ich die Augen wieder öffnete und meinen Kopf zurück in Vahagns Richtung drehte. "Hörst du dich eigentlich jemals selbst reden?", waren die ersten paar Worte, die ich der Russin trockn entgegnete. Dabei war ich nicht laut, auch in keiner anderen Form aufbrausend. Stattdessen hatte meine an sich ruhige Stimme einen verbitterten, durchweg giftigen Unterton, den ich ausnahmsweise auch gar nicht verstecken wollte. Auch das unruhige Funkeln in meinen Augen ließ sich nicht unterdrücken. Sie sollte ohnehin ruhig unmissverständlich merken, was sie angerichtet hatte. "Dass du mir offensichtlich nie was davon gesagt hättest, wenn Hunter nicht zufällig mich statt irgendeinen anderen Idioten mitgeschleppt hätte, macht es nämlich echt kein Stück besser.", fügte ich noch ein paar mehr Worte an, den hörbar angepissten Tonfall stetig beibehaltend, während auch die Arme vor meiner Brust weiterhin abweisend verschränkt blieben. Die einzige, winzig kleine positive Seite an der Geschichte war wohl, dass ich jetzt überdeutlich gut verstand, warum Hunter es nicht leiden konnte, wenn man ihm Dinge vorenthielt. Zwar war es sicher ein bisschen was anderes als in meiner aktuellen, reichlich beschissenen Situation, aber der Beweggrund war im Grunde der Gleiche - er wollte einfach einhundertprozentig wissen, woran er war. Ich würde künftig also sicherlich davon absehen es zu versäumen, ihn über irgendwelche Details nicht in Kenntnis zu setzen. Trotz der durchaus hilfreichen Lehre, die ich aus der Misere mit Vahagn gerade zog, hätte ich liebend gern auf einen Moment wie diesen hier verzichtet. Vielleicht war ich selbst daran Schuld, weil die Brünette schlichtweg nicht gerade der Typ Frau war, den man als ideale Partnerin hätte einstufen können - wobei mir ohnehin so schien, als würde sie sich lieber weiter mit Hunter verbünden wollen und mich nur weiter ins Leere lechzen lassen - und es wohl nur eine Frage der Zeit war, bis ich mit ihr auf die Schnauze fiel. Auf Hunters Feier hatten mir mehrere der Jungs in ihrem benebelten Zustand lachend gesagt, dass ich mir das Herz doch auch einfach gleich aus der Brust reißen und es steinigen gehen konnte, wenn ich so erpicht darauf war Vahagn weiter in meiner Nähe zu haben. Sie waren eben nicht blind. Die eine Stunde, welche die junge Frau noch am Pool der Villa mit uns verbracht hatte, hatte sicher offensichtlich genug gemacht, dass ich an ihr hing. Von ihrer Seite gewichen war ich nämlich nicht, bis sie wieder gegangen war, auch wenn ich bewusst auf jegliche Form von Berührungen verzichtet hatte. Ganz gleich, wie sehr ich sie in diesem Moment gerade auch dafür hassen wollte, dass sie mich einfach so überging, konnte ich das trotzdem nicht. "Und jetzt komm mir bloß nicht damit, dass das nichts persönliches, sondern nur Sex war... du hast es schon zu was persönlichem gemacht, als du mich geküsst hast.", schmiss ich der Russin noch eine weitere Sache an den Kopf, mit der sie mir hier jetzt wirklich nicht antanzen brauchte. War ja schön und gut, dass sie mit dem Sex mit einem Fremden einfach nur vor ihrem inneren Zwiespalt davonrennen und mich womöglich ursprünglich gar nicht damit verletzen wollte, aber sie tat es trotzdem. Bohrte in aller Seelenruhe einen Dolch in meine Brust, als hätte sie nichts besseres zu tun. Es war eindeutig einer dieser Augenblicke, in denen ich mich selbst dafür hasste in Menschen immer nur das Gute sehen zu wollen. Ich wusste inzwischen wohl besser als jeder andere - vor allem besser als das blöde Arschloch, das vorhin über ihre Türschwelle gekrochen war - hier auf Kuba, dass Vahagn durchaus auch gute Seiten an sich hatte. Dass sie nicht immer so kühl und abweisend war wie beispielsweise bis gerade eben noch Hunter gegenüber, während es um die Geschäfte gegangen war. Nur reichte dieses manchmal nicht fies sein mir gegenüber ganz einfach nicht aus.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Es war wohl nur logisch, dass Tauren angefressen war. Enttäuscht darüber, dass ich einen anderen Mann ihm vorgezogen hatte, als es um den Sex ging, aber er schien gar nicht erst hören zu wollen warum, wieso und überhaupt. Knallte mir stattdessen direkt ein paar verbitterte Worte an den Kopf, noch bevor ich meine vorangegangene Aussagen ins rechte Licht hätte rücken können. Und alleine das ließ mich schon wieder an Gesprächen wie diesen hier zweifeln. Es hieß immer, Kommunikation wäre der Schlüssel und wenn man miteinander redete, dann ließen sich einige Unklarheiten aus der Welt schaffen. Vielleicht mochte das bei anderen ja auch durchaus der Fall sein und gut funktionieren, aber zwischen Tauren und mir endeten Gespräche dieser Art scheinbar in einem Streit. Noch keiften wir uns hier zwar nicht wie zwei pubertierende Gören an, aber wenn der Norweger der Meinung war, mir noch weitere giftige Dinge an den Kopf zu werfen und sich mit dem Arsch auf meine Ansichten setzen zu müssen, dann wusste ich ganz genau, in welchem Maß das Ganze ausarten würde. Fürs Erste nahm ich die hörbar angepissten Worte aber erst einmal so hin, mahlte nur ebenfalls leicht mit dem Unterkiefer und bemühte mich bei meinen folgenden Worten weiterhin um einen ruhigen Tonfall. Klappte tatsächlich auch ganz gut, wobei es sicher auch noch ruhiger gegangen wäre, wenn ich mir persönlich nicht schon wieder so auf den Schlips getreten gefühlt hätte. Schließlich hatte er mir noch nicht einmal die Zeit eingeräumt, mich überhaupt bei ihm entschuldigen oder die Sache erklären zu können. "Bist du nur geblieben, um mir das jetzt an den Kopf zu werfen?", fragte ich also und schüttelte dabei leise schnaubend den Kopf, während ich die Hände meiner auf den Knien aufliegenden Arme ineinander faltete. Meinen Blick dabei stetig auf den jungen Mann mir gegenüber gerichtet hielt, um auch ja jede einzelne Regung in seinen Gesichtszügen sehen zu können. "Keine Sorge, ich hatte nicht vor, mich mit derartigen Ausreden aus der Affäre zu ziehen. Mir ist schon klar, was ich getan habe, nur hätte ich es dir gerne erklären und mich bei dir entschuldigen wollen.", redete ich weiter, ohne eine Antwort auf meine vorherige Frage abzuwarten. Wenn er mir die nötige Zeit nicht geben wollte, um mich zu rechtfertigen - was ich ja im Prinzip auch eigentlich gar nicht musste, weil es nun mal mein Körper und meine Entscheidung gewesen war -, dann nahm ich mir jene ganz einfach. "Ich will das... mit uns einfach nicht... also...", grummelte ich mit immer wiederkehrenden Unterbrechungen, weil mir die passenden Worte leider nicht so einfach über die Zunge gehen wollten, wie ich mir das in meinem Kopf gerade innerhalb weniger Sekunden zurecht gelegt hatte. "... nicht überstürzen, Tauren. Ich will es nicht überstürzen, okay. Ich möchte dich als Person kennen und schätzen lernen, nicht nur deinen Körper oder Sex. Trotzdem hat auch eine Frau gewisse Bedürfnisse." Meine Stimme wurde nun doch wieder deutlich ruhiger und ich redete auch viel leiser, als noch zuvor, weil das schlechte Gewissen just in dem Moment ungeachtet der Tatsache, dass der Norweger mich mit seinen Worten - vermutlich vollkommen unberechtigt - verärgert hatte, wieder anklopfte. Aus dem Grund wendete ich auch meinen Blick von ihm ab und heftete diesen stattdessen auf den Couchtisch vor mir. Er war hölzern, aber die oberste Schicht war aus Glas und so sah ich mein eigenes Spiegelbild, was ich im Augenblick genau so wenig sehen wollte, wie das Gesicht des Norwegers. Also schloss ich die Augen lieber und seufzte einmal ziemlich schwer, bevor ich sie wieder öffnete und aufstand. Ruhig sitzen war mir zwar im Gespräch mit Hunter noch halbwegs gelungen, aber mittlerweile brauchte ich einfach etwas, womit ich mich ablenken konnte. Deshalb tigerte jetzt unruhig hinter dem Sessel auf und ab in der Hoffnung, dass das etwas zu einem positiven Gesprächsverlauf beitragen würde. War natürlich nur Wunschdenken, aber wie auch immer. "Ich wollte dich damit nicht verletzten, weshalb du davon auch eigentlich nichts erfahren solltest.", setzte ich nach einer kurzen Pause noch einmal zum Reden an, während ich mir mit einer Hand durch das Haar strich und mir einseitig die angespannte Kopfhaut kratzte. Klar, die Offenbarung, dass ich ihm nie etwas von den Eskapaden mit anderen Männern erzählt hätte, mochte auch nicht besonders schön und durchaus verletzend sein, aber wäre er heute nicht hier aufgetaucht, dann hätte doch auch kein beschissener Hahn danach gekräht, oder? Was man nicht weiß, macht einen nicht heiß oder wie war das?
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Nein, war ich nicht. Aber es gab einfach Dinge, die raus mussten. Vahagn scheute für gewöhnlich auch nicht ihrem Ärger Luft zu machen, also durfte und konnte ich das jetzt genauso, wenn mir nun mal einfach der Sinn danach stand. Es fühlte sich schlichtweg absolut scheiße an, wenn man nur durch Zufall herausfand, was so hinter dem eigenen Rücken abgezogen wurde. Die Tatsache, dass die Brünette sich wenigstens nicht sinnlos herauszureden versuchte, schaffte es aber nur wenig den eigentlichen Umstand abzumildern. Vielleicht war es aber auch relativ egal, wie sie sich zu Alledem noch äußerte, weil ich so oder so ganz einfach ein wenig Zeit brauchen würde, um diese Form von Betrug zu verarbeiten. Mir war schon klar, dass wir nicht zusammen waren und ich im Grunde weniger Recht dazu hatte, mich darüber zu beschweren, als mir lieb war, aber ich konnte ganz einfach nicht anders und das war eine der wenigen meiner Eigenschaften, die ich selbst nicht besonders gut leiden konnte. Ich hängte mich zu schnell zu sehr an Menschen, die nicht bereit dazu waren mich auf exakt die gleiche Ebene ohne Abzüge zu stellen. Ganz gleich, aus welchen Beweggründen Vahagn die Sache jetzt durchgezogen hatte, würde mir selbst wohl nicht mal im Traum einfallen jetzt mit einer anderen Frau zu schlafen. Natürlich stand meinem eigenen Körper auch der Sinn danach den Hormonen ihren freien Lauf zu lassen und sich etwas auszutoben, aber genau das war es in meinen Augen, was eine zwischenmenschliche Beziehung ausmachen sollte. Man sollte dazu fähig sein dem anderen zuliebe seine eigenen Bedürfnisse hintenanzustellen, auch wenn das temporär mal nervig oder gar anstrengend sein konnte. Ich verstand schon, dass die Brünette sich nach dem, was ihr bisher im Leben schon widerfahren war, ganz einfach schwer damit tat sich wirklich ernsthaft auf Jemanden einzulassen, restlos zu vertrauen und ihr einen Strick daraus zu drehen wäre nicht richtig. Jeder Mensch ging mit Angst und Bedenken anders um und das hier war wohl leider schlichtweg ihre Art davon. Aber auch, wenn ich das alles bis zu einem gewissen Grad irgendwie nachvollziehen konnte, änderte das nun mal absolut nichts daran, dass sie meine Gefühle mit diesem ignoranten Verhalten ziemlich verletzte. "Nein, nicht nur deswegen. Aber gerechtfertigt ist es trotzdem.", stellte ich erst einmal recht trocken klar, dass es mir nicht primär darum ging hier einen Streit vom Zaun zu brechen, ich aber ziemlich sicher jedes Recht dazu hatte, hier und jetzt sauer und angepisst zu sein. Daran änderte auch die Tatsache nichts, dass sie mich nicht richtig betrogen hatte, weil wir nicht zusammen waren. "Das weiß ich und das ist auch nicht mein Problem. Es macht mir nichts aus, dass du mit diesem Schritt länger warten willst... aber es macht mir verdammt nochmal was aus, dass du ernsthaft glaubst, dass es auf irgendeiner Ebene okay wäre, dass du stattdessen mit weiß Gott wem alles schläfst, während ich mir alle paar Tage aufs neue den Arsch dafür aufreiße, dass das hier überhaupt was werden kann.", machte ich meinem Unmut weiter Platz. Dass Vahagn inzwischen aufgestanden war und herumlief beruhigte mich dabei auch nicht unbedingt. "Und auch, wenn du mich nicht bewusst verletzen wolltest, hast du's jetzt trotzdem getan.", hängte ich mit einem verständnislosen Kopfschütteln noch ein paar Worte an, bevor ich ebenso wie sie vom Sofa aufstand, im Gegensatz zu ihr aber einfach stehenblieb, wo ich gerade war. Ich hörte jedoch nicht damit auf ihr mit meinen Augen durch den Raum zu folgen. Was, wenn sie jetzt einfach so damit weitermachen wollte? Wenn sie weiterhin immer wieder quasi den nächstbesten zu sich in die Wohnung holte, kaum war ich ein paar Stunden lang weg? Es würde mich von innen heraus auffressen. "Wenn du damit weitermachen willst, weil du es nicht mal aushältst ein paar Wochen auf Sex zu verzichten... bitte, tu dir keinen Zwang an - aber dann tust du's ohne mich. Ich werd's mir nicht antun dich mit wem auch immer teilen zu müssen, während ich für Niemanden außer dich was übrig habe.", wurde ich noch ein paar mehr Worte los und unterstrich das Ganze mit einer wegwerfenden Handbewegung. Meine Augen rutschten im Verlauf auf die Taschen mit Bargeld ab, die nur unweit vom Couchtisch entfernt standen. Auch änderte sich mein Tonfall im Verlauf der Sätze von giftig zu eher niedergeschlagen, weil mir wohl schon allein der Gedanke daran wehtat. Ich wollte nicht mal indirekt dabei zusehen müssen, wie sie immer wieder Kerle zu sich einlud, während ich stattdessen nie mehr als ein paar Küsse oder ein paar Minuten Kuscheln bekam, wenn sie sich gerade bereit dazu fühlte. Ich genoss zwar auch diese Kleinigkeiten jedes Mal, aber entweder wir machten beide vorübergehend Abstriche was unser Sexleben anging, oder ich würde mich zurückziehen. Ich war es leid im Leben immer mehr zu geben, als ich auch zurückbekam und wenn Vahagn wirklich etwas an uns beiden lag, dann musste sie nun mal genauso wie ich auch Einbußen in Kauf nehmen. Ohne Opfer gab es nun mal nur selten einen Sieg.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Ich hatte jetzt bestimmt schon das ein oder andere Mal erwähnt, dass ich durchaus nachvollziehen konnte, warum Tauren sich hintergangen fühlte, aber mir fehlte irgendwie das Verständnis dafür, wieso man aus einer Kleinigkeit - und nichts anderes war der Grund unseres aktuellen Gespräches für mich - so ein riesen Drama machen konnte. Schließlich hatte ich jedes Recht der Welt, mit wem auch immer in die Kiste zu steigen, solange ich nicht in festen Händen war. Würden der Norweger und ich inzwischen eine Beziehung führen, dann wäre das natürlich etwas vollkommen anderes gewesen, weil Fremdgehen nun mal einfach schäbig war. Das sah ich selbst dann noch so, wenn ein Partner dem jeweils anderen eigentlich gute Gründe dafür lieferte. Häusliche Gewalt war beispielsweise nicht ohne und ich konnte verstehen, dass man sich dann gerne in fremde Arme flüchtete. Sich in jemanden verliebte - ob langfristig oder nur für eine Nacht war dabei vollkommen unerheblich -, aber dann hatte man in meinen Augen auch einen Schlussstrich zu ziehen und den aktuellen Partner nicht an der Nase herum zu führen. Was die Sache zwischen Tauren und mir allerdings anging... na ja, das war halt nun mal einfach - noch - nichts Festes und selbst wenn seine Erklärungen bezüglich seiner Enttäuschung durchaus einleuchtend waren, ließen sie mich überwiegend nur die Stirn runzeln. "Bitte glaub' mir, ich geb' mir echt Mühe, aber ich steige einfach nicht dahinter, was daran für dich jetzt so schlimm ist und wo konkret eigentlich dein Problem liegt.", äußerte ich verständnislos, als ich inmitten des Wohnzimmers stehen blieb und meinen Kopf in die Richtung des jungen Mannes drehte, der sich inzwischen ebenfalls vom Sofa erhoben hatte. Jedoch stehen blieb und nicht wie ich auch damit anfing, nachdenklichen Schrittes durch den Raum zu wandern. "So wie ich das gerade verstehe, Tauren, unterstellst du mir, dass ich das Ganze hier" - ich machte dazu eine unterstreichende, ausschweifende Armbewegung - "keinen Meter ernst nehmen und das verletzt mich wiederum. Was ist denn so schlimm daran, zwischendrin einfach ein bisschen Spaß zu haben? Ich würde schließlich auch nicht so ein Theater machen, wenn du dir eine andere Frau anlachst, bevor das mit uns ernst wird." Ach, echt?, klopfte plötzlich mein inneres Engelchen an und ließ mich dadurch kurzzeitig inne halten. Eventuell war es tatsächlich etwas gewagt, diese Behauptung mal so eben in den Raum zu stellen, weil ich das eigentlich gar nicht so wirklich beurteilen konnte. Ich hatte jetzt schon sehr lange keine wirklich ernst zunehmende Beziehung geführt und konnte demnach nicht zu einhundert Prozent sagen, wie es aktuell um den Grad meiner Eifersucht stand. Der Gedanken daran, wie der Norweger sich mit einer anderen amüsierte, löste zumindest so ad hoc kein beklemmendes Gefühl in mir aus, aber das musste noch lange nichts heißen. Einen Rückzieher machen war nach der Aussage jedoch auch nicht mehr drin und so setzte ich nahezu unbeirrt fort, wo ich aufgehört hatte. Jedoch senkte ich meine Stimme wieder und wendete zudem meinen Blick von ihm ab. "Du brauchst mir also keine Vorwürfe zu machen, wenn für dich das gleiche Recht gilt.", ergänzte ich meine vorherigen Worte also noch um einen weiteren Satz, setzte dann meine Wanderung hinter dem Sessel fort, wobei sich meine Gedanken im Kopf gerade zu überschlagen begannen. Zum einen war da einfach dieser Seitenhieb, dass ich den Versuch, unsere zwischenmenschliche Beziehung weiter auszubauen, nicht ernst nehmen würde. Auf der anderen Seite versuchte ich immer noch zu verstehen, was konkret ich eigentlich falsch gemacht hatte und allgemein konnte man sagen, dass der ganze Scheiß rund um Gefühle einfach zum kotzen war und ich inzwischen wieder wusste, warum ich jahrelang die Finger davon gelassen hatte. Belastete einen ja doch nur und machte verletzlich, außerdem fiel es mir schwer, mich aufs Geschäft zu konzentrieren und das war eigentlich der Punkt, an dem ich die Reißleine hätte ziehen sollen. Aber... ich wollte das nicht. Aus mir noch unerfindlichen Gründen sträubte sich alles in mir, den jungen Mann einfach fallen zu lassen und demnach traf mich auch sein Ultimatum mit voller Wucht ins Gesicht. Ich war gerade in etwa auf seiner Höhe, nur etwa einen Meter von ihm entfernt stehend, als er mich indirekt vor die Wahl stellte. Entweder Spaß mit anderen Männern oder ihn an meiner Seite und mein Gesichtsausdruck dürfte Bände sprechen, was ich davon hielt. Oder vielleicht auch nicht, weil sich momentan ziemlich viele Emotionen darum stritten, die Kontrolle meiner Gesichtszüge an sich zu reißen. Am ehesten sah man mir momentan aber wohl das Entsetzen an. Meinte er das jetzt wirklich ernst? Schwer zu sagen, wenn ich ehrlich sein sollte, denn bis jetzt hatte mir Tauren einen ziemlich treudoofen Eindruck gemacht, aber ob ich das Risiko eingehen wollte, es mir tatsächlich mit ihm zu verscherzen? Mhm, nein, eher nicht. "Das kannst du nicht ernst meinen.", äußerte ich nach einer halben Ewigkeit ziemlich trocken und mittlerweile dominierte der Zorn in meinem Gesicht. Die Augenbrauen waren tief ins Gesicht gezogen und ich spannte die schmalen Schultern bis zum Zerreißen an. "Ich hab in der letzten Zeit so oft versucht, es dir recht zu machen und für dich zumindest zu einem halbwegs erträglichen Menschen zu werden, nur damit du mir wegen so einem Schwachsinn jetzt die Pistole auf die Brust setzt?", fauchte ich in seine Richtung und riss dabei einen Arm in die Luft, weil ich einfach nicht verstehen konnte, was das Ganze jetzt sollte. Ja, ich hatte mich falsch verhalten und das auch eingesehen. Es mir sogar eingestanden, verdammt noch mal. Und vermutlich wäre es in der Zukunft auch nicht mehr vorgekommen, aber das Tauren mich jetzt unmissverständlich dazu aufforderte, ihm das auch noch einmal zu bestätigen - egal, ob nur mit einem Nicken oder verbal -, ließ mich innerlich schon wieder kochen.
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Gut, okay, das war jetzt wohl falsch rübergekommen. Beziehungsweise war ich mir selbst gar nicht so sicher damit, ob ich wirklich hatte zum Ausdruck bringen wollen, dass der Russin nichts an der Sache zwischen uns lag. Eigentlich glaubte ich das nämlich nicht, weil sie hier und da doch immer wieder mit Kleinigkeiten ganz gut zum Ausdruck brachte, dass dem nicht so war. Andererseits war ich vielleicht auch schlichtweg ein bisschen überfordert damit die Geschehnisse für mich richtig einzuordnen, weil das Stechen in meiner Brust nach wie vor da war. Wusste nicht, was genau ich nun davon halten sollte und ob ich wirklich mit Vahagns Taten implizieren sollte, dass ihr nichts an mir lag. Wäre das so, dann würde sie sich die Diskussion hier mit mir vermutlich einfach sparen und mich vor die Tür setzen. Dachte ich zumindest, weil sie bekanntlich ganz gern kurzen Prozess machte. "Nein, das... so mein ich das gar nicht.", setzte ich also mit einem schweren Seufzen dazu an, dieses kleine Missverständnis aus dem Weg zu räumen, weil wir grade wohl auch ein klein wenig aneinander vorbei redete. Ich hob die rechte Hand an, um mir einmal mit etwas Nachdruck von oben nach unten übers Gesicht zu streichen, bevor mein Blick wieder zu der Brünetten wanderte und ich fortfuhr. "Würde dir nichts an mir liegen, würden wir dieses Gespräch wahrscheinlich gar nicht führen.", verdeutlichte ich der jungen Frau an einem sehr simplen Beispiel, dass ich nicht der Überzeugung war, dass sie unsere Annäherungsversuche einfach so mutwillig in den Sand setzen wollte, weil sie keine Lust mehr dazu hatte und es sich anders überlegt hatte. "Der Unterschied zwischen uns beiden ist nur ganz einfach, dass ich gar keine Lust dazu habe mir nebenbei irgendwelche Frauen aufzureißen, Vahagn. Das hat für mich ganz einfach keinen Reiz, wenn ich mich viel lieber nur auf dich fokussiere. Das Recht mich durch die Gegend zu vögeln kannst du also gern behalten, weil ich's gar nicht will.", machte ich keinen Hehl daraus, dass die Dinge aus meiner Sicht ganz einfach anders waren. Ich hatte die ganzen letzten Jahre doch schon damit verbracht flüchtige Bettbekanntschaften zu haben und mir persönlich fiel kein nennenswerter Grund dafür ein, damit nebenher fortfahren zu müssen, wenn doch eigentlich nur die attraktive Brünette hier vor mir das Ziel war. Die Hormone ließen sich nämlich durchaus auch anders eine ganze Weile lang im Zaum halten, bevor es unerträglich wurde - zumindest wenn man wollte, versteht sich. Auch ihre folgende Reaktion machte ziemlich deutlich, dass die Russin absolut nicht damit gerechnet hatte, dass mir die Sache hier tatsächlich dermaßen ernst war. Dass es für mich eben nicht nur ein aus Mücke gemachter Elefant oder Schwachsinn war, sondern mir das alles doch recht nahe ging. Einerseits konnte ich durchaus verstehen, dass sie sich von meinen Worten ein Stück weit bedrängt fühlte, weil ich ja nur allzu gut wusste, wie wichtig Vahagn ihr Freiraum war. Wenn jener sich allerdings vollumfänglich auf meine Kosten belief, dann ging das schlichtweg zu weit und war auch nichts, womit ich mit mir verhandeln lassen würde. Es gab genug andere toxische Leute in meinem Umfeld, deren Anwesenheit oder Verhalten mir hier und da mal etwas zu sehr an die Nieren ging. Ich wollte die Russin schlichtweg nicht auch noch in diese Kategorie einordnen müssen, nur weil sie nicht bereit dazu war diesen einen Kompromiss einzugehen, der in meinen Augen nicht mal wirklich viel verlangt war. Ich bat sie schließlich nicht darum einen Keuschheitsgürtel anzulegen und sich nicht einmal mehr selbst anzufassen, bis sie sich irgendwann dazu entschied, dass sie sich auch auf intimerer Basis auf mich einlassen wollte. Gerade dieser Moment hier war auch einer, in dem sie mich besser kennen lernte, was sie ja so unbedingt wollte. Der ihr ziemlich deutlich machen sollte, dass ich unser leicht merkwürdiges Verhältnis zueinander sehr ernst nahm und dass ich nicht für irgendwelche konfusen, halben Sachen zu haben war, nur damit sie sich von anderen Kerlen bespaßen lassen konnte. Also ja - das war mein voller Ernst. "Ich würde nie bestreiten, dass du dir mit der Sache zwischen uns Mühe gibst, weil wir sonst nie überhaupt erst an diesem Punkt angekommen wären. Aber wenn du nicht mal bereit bist für eine Weile auf Sex zu verzichten, weil du mir sonst verdammt nochmal über weiß Gott wie viele Wochen hinweg weh tust", ich betonte die letzten beiden Worte ganz besonders, wurde tatsächlich selbst dabei auch ein klein wenig lauter und unterstrich sie auch parallel dazu mit einer sehr energischen Handbewegung. "dann glaube ich ganz einfach nicht daran, dass du irgendwann in Zukunft mal bereit zu irgendwelchen Abstrichen auf deiner Seite bist. Es ist ganz einfach unumgänglich in einer gesunden Beziehung sich selbst öfter mal hintenan zu stellen und wenn du das schon bei so einem Schwachsinn nicht kannst, dann mach ich lieber jetzt noch die Biege, bevor du's noch schlimmer machst.", verdeutliche ich ihr meinen Standpunkt der Dinge und dass ich schlichtweg nicht die Kraft dazu hatte mich mit ihr auf ein noch größeres Risiko einzulassen, als dass ohnehin schon der Fall war. Sah ich jetzt gerade ja schon wieder überdeutlich. Es war an sich ja schon schwierig und kräftezehrend nicht zu wissen, wohin die Sache mit uns beiden überhaupt führte, oder ob ich nach etlichen Stunden, Tagen und Wochen mit ihr doch nur leer ausgehen würde. Das allein spannte mich genug auf die Folter, da konnte ich es ganz einfach nicht gebrauchen, mir auch noch wegen irgendwelcher Kerle Sorgen machen zu müssen. Vahagn konnte mich hier noch so wütend anschauen, es würde nichts daran ändern wie ich fühlte und mir gewiss auch nicht die Angst davor nehmen, dass sie früher oder später ganz einfach genug von mir hatte, weil ich nun mal sowas wie ein Herz ohne allzu harte Schale außenherum hatte. Ich war nicht Hunter, Ashton oder Desmond - bei mir funktionierte und lebte das Teil in der Brust noch zu einhundert Prozent, der dünne Panzer ließ sich leicht durchbrechen. Man musste es lediglich erst dazu bringen fest genug zu schlagen, danach war das ein Kinderspiel.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Es fehlte nicht mehr viel. Das Fass war endgültig voll und es fehlte nur noch ein allerletzter beschissener Tropfen, um jenes endgültig zum Überlaufen zu bringen. Daraus resultierend würde hier und heute noch irgendwas zu Bruch gehen und wenn das nicht Taurens Nase war, dann vielleicht meine Hand oder der Couchtisch zu meinen Füßen. Der Norweger brachte mich mit seinen Aussagen geradewegs an einen Punkt, wo ich das dringende Bedürfnis verspürte, einfach irgendwo gegen zu treten oder zu schlagen, weil ich meine innere Wut mit Worten gar nicht mehr zum Ausdruck bringen konnte. Er stellte mich mit seinen Worten geradewegs als einen Unmensch dar, der sich seinen Gelüsten folgenden mit dem Arsch auf die Meinung all der anderen in seinem Umfeld und so war ich doch überhaupt gar nicht. Wie der junge Mann es ausnahmsweise ganz treffend formulierte, hätte ich mich sonst wohl kaum auf diese Diskussion hier eingelassen und ihn stattdessen gebeten, mit seinem Chef zusammen meine Wohnung zu verlassen. Wäre rückblickend betrachtet wohl gesünder für meine Nerven gewesen, aber im Nachhinein war man bekanntlich immer schlauer. Je länger Tauren redete, desto schwerer fiel es mir, meinen Zorn zurück zu halten und irgendwann holte ich ja dann doch aus, um gegen den oberen Teil der Rückenlehne des Sessels zu schlagen, weil ich es einfach nicht mehr aushielt. Andernfalls sicher angefangen hätte, ihn einfach nur anzubrüllen, was mir in der jetzigen Situation als nicht richtig erschien. Schließlich hatte er jedes Recht dazu, sich mitzuteilen, wenn ihn etwas störte oder er sich verletzt fühlte. Es lag vielmehr an mir, wusste ich doch mal wieder nicht, wohin mit all den Gedanken. Ich ging sogar so weit, zu behaupten, dass der Zorn sich nicht einmal primär gegen den Norweger richtete, sondern mir unterbewusst einfach klar wurde, was da gerade auf dem Spiel stand, wenn ich jetzt nicht einfach mal meinen Stolz herunterschlucken und klein beigeben würde. Dass mir aber genau das so unglaublich schwer fiel, führte dazu, dass ich einfach wütend auf mich selbst war, weil Tauren seit Langem mal jemand war, für den ich gerne ein bisschen mehr aufgeopfert hätte, weil er es schlicht und ergreifend verdient hatte. Er bewies mir doch von Tag zu Tag, dass ich momentan scheinbar wirklich die einzige Frau in seinem Leben war und dass, obwohl man bei mir schon längst nicht mehr nur von einer anstrengenden Persönlichkeit sprechen konnte. Ich war die personifizierte Form von allem, was den gesunden Menschenverstand auf kurz oder lang in die Knie zwang und trotzdem hielt er weiterhin an mir fest. Natürlich ließe sich an der Stelle darüber streiten, dass er sich das Ganze überhaupt nicht antun musste und prinzipiell auch einfach gehen konnte, aber der Aspekt, dass er genau das eben nicht tat, ließ mich ihn auch nicht gänzlich loslassen zu wollen. Vermutlich weil ich wusste, dass der Norweger so ziemlich die einzige Chance war, aus meinem verbitterten Leben noch das Beste heraus zu holen, aber aktuell bezweifelte ich wirklich, dass das mit uns beiden noch eine Zukunft hatte. Offensichtlich vertraten wir einfach zu verschiedene Ansichten, was vor allem aus dem letzten Satz seitens meines Gegenüber ganz deutlich hervorging. Er schien nämlich der festen Überzeugung zu sein, dass das mit Abstrichen auf meiner Seite nichts werden würde, während ich der Meinung war, ihn schon mehr als ein Mal über meinen Stolz gestellt zu haben. Schließlich hatte ich mich in Richards Hütte bei ihm entschuldigt, als er im Recht gewesen war und auf dem Fort stehende hatte ich ihm ganz sicher nicht primär wegen meiner mentalen Entlastung gebeichtet, was ich für ihn fühlte, sondern war über meinen Schatten gesprungen, damit er sich besser fühlte. Wusste, woran er war - zumindest mehr oder weniger eben. So richtig klar, was da zwischen uns jetzt eigentlich lief, war es ja immer noch nicht. Dennoch war all das, was ich ihm an jenem Abend gesagt hatte der Wahrheit entsprechend und nicht erzwungen gewesen, aber es war nun mal einfach ein großer Schritt, den ich nicht einmal mal eben so gemacht hatte. Nein, es kostete mich einen Arsch voll Überwindung oder, um es mit anderen Worten zu formulieren: Ich hatte meinen Stolz und meine normalerweise eisige Fasse hintenan gestellt, beziehungsweise herunter gefahren und mich ihm verletzlich gezeigt. Allerdings schien ihm das nicht zu reichen und er erwartete ganz offensichtlich mehr von mir, als ich im Augenblick bereit war, zu geben, weshalb die nachfolgenden Worte in meinen Augen aktuell die einzige, gangbare Lösung darstellten. Ich war momentan einfach viel zu aufgebracht, als dass ich auch nur einen einzigen, klaren Gedanken fassen konnte und wir würden hier wohl kaum weiterkommen, wenn wir einander nur anschnauzten und uns gegenseitig Vorwürfe machten. Wie ich bereits erwähnt hatte, würde ein erneutes Rendezvous mit einem anderen Mann ohnehin nicht vorkommen, aber ich musste das Gespräch von gerade eben erst einmal verarbeiten und mir in Ruhe Gedanken darüber machen, ob ich dazu bereit war, Tauren das auch ganz offiziell zu versprechen, wo meine Entscheidung doch folgenschwere Konsequenzen haben würde. Hier und heute kam ich jedoch zu keinem Ergebnis, weil ich dafür schlichtweg zu aufgewühlt war. "Weißt du was? Ich glaube, es ist ohnehin besser, wenn du jetzt gehst. Auf einen grünen Zweig werden wir hier und heute nämlich ganz bestimmt nicht kommen, wenn du der Meinung bist, mir auf Teufel komm raus eine Antwort aus der Nase ziehen zu müssen. Ich mache mir Gedanken darüber und melde mich dann bei mir.", stellte ich für meinen vorangegangenen Schlag gegen das Polster verhältnismäßig ruhig fest, ziemlich trocken fest, wobei meine Augen inzwischen zu Funkeln angefangen hatte. Glasig wurden, weil mir eigentlich nicht der Sinn danach stand, ihn jetzt vor die Tür zu setzen, aber es brachte einfach nichts. Ich würde mich jetzt nicht binnen weniger Augenblicke einfach umkrempeln und auch den Rest meiner Prinzipien über Bord werfen können und wenn er nicht bereit war, das zu akzeptieren, dann hatte sich das für mich sowieso erledigt. Er wusste, wie sehr ich es hasste, wenn man mich zu etwas drängte, was ich vielleicht überhaupt nicht wollte. Zwar schmeckte mir der Umstand nicht, dass er den ungeklärten Streit mit auf die Arbeit nehmen und sich dort vermutlich weiterhin den Kopf darüber zerbrechen würde, aber ich war fertig für heute. Ein Wunder, dass der Versuch, die Tränen an mich zu halten nicht vergebens war. Dennoch war ziemlich offensichtlich, dass auch an mir der Konflikt nicht spurlos vorbei gezogen war und ich den Rest des Abends sicher auch daran zu knabbern hatte.
# Is it all a tragedy? Are we flashes in a rut going in and out of luck? Maybe. #
Da schlug sie einfach gegen den Sessel. Jeder halbwegs gesunde, vollkommen normale Mensch, wäre dabei vermutlich unweigerlich zusammengezuckt, weil es ein unmissverständlicher Ausdruck von Unbehagen und Wut war. Nur war wohl keiner von uns beiden wirklich normal und ich war es schlichtweg gewohnt, dass sich Leute um mich herum prügelten oder mal eben so den Kopf weggeschossen bekamen. Zwar hatte ich was das anbelangte jetzt lange Zeit Schonfrist gehabt, aber seit wir wieder mit Raubzügen und dem Abstecken von Territorium beschäftigt waren, hatte sich das erneut in meinen Alltag eingeschlichen. Ich hatte selbst schon einigen Drogendealern Angst machen müssen - ja, das ging auch mit meinem auf den ersten Blick eher netten Gesicht, wenn man eine Waffe, sowie auch die richtigen Worte im richtigen Tonfall parat hatte -, um ihnen klar zu machen, wo sie künftig nichts mehr verticken durften, damit Sabin dort freie Bahn hatte. Gewalt und energische Bewegungen waren für mich demnach vollkommen normal. Dennoch sorgte dieser kleine Emotionsausbruch wohl unweigerlich dazu, dass ich kurzzeitig etwas verdutzt in Vahagns Richtung sah, weil ich damit nicht gerechnet hatte. Außerdem ließ es mich doch wieder ein bisschen nachdenklicher werden, weil mir ursprünglich wirklich nicht im Sinn gestanden hatte, die junge Frau mit meinen Worten so weit zu treiben, dass sie nicht mehr wusste wohin mit sich selbst. Leider hatte ich aber schon immer dazu geneigt in eine gewisse Abwehrhaltung zu rutschen, wenn das Herz einen Stich hatte erleiden müssen. Auch unabhängig von Liebesangelegenheiten, womit ich an sich nie wirklich viel oder lange Erfahrung gesammelt hatte, weil es mir des Jobs wegen schlicht nicht möglich gewesen war. Die einzige Ausnahme von diesem Verhaltensmuster bildeten wohl Hunter und sämtliche seiner Schergen, die in der Nahrungskette über mir standen, was leider einige waren. Bei jenen überlegte ich es mir lieber zwei Mal, ob ich Forderungen stellte oder anderweitig zu forschen Worten griff, weil mit zu loser Zunge gerne mal eine Faust in mein eigenes Gesicht oder meinen Magen flog. Ernsthaft weh tun durfte mir von Hunters Leuten ja Niemand, aber eine sehr kräftige Ordnungsschelle war untereinander eben durchaus erlaubt, solange es gerechtfertigt war. Von Vahagn hingegen fürchtete ich sowas im Grunde gar nicht. Bis jetzt jedenfalls. Nach diesem Ausrutscher war eine Ohrfeige vermutlich gar nicht mehr besonders abwegig und das war gerade wohl das letzte, was ich wollte. Es war eigentlich auch gar nicht meine Art andere Menschen zur Weißglut zu treiben, aber gerade wehte wohl auf beiden Seiten ein etwas anderer Wind als gewöhnlich. Auch deshalb, weil die Augen der Brünetten tatsächlich wieder glasig wurden, nachdem sie mir sagte, dass ich Leine ziehen sollte. Unweigerlich kroch wieder dieser nervtötende Beschützerinstinkt meinen Rachen nach oben und wollte, dass ich mich postwendend entschuldigte und ihr versicherte, dass ich es nicht so gemeint hatte... nur hatte ich es eben sehr wohl so gemeint, wie ich es gesagt hatte und deshalb blieb jenes schlechte Gewissen lediglich in Form eines Kloßes im Hals zurück, ohne sich irgendwie zu veräußerlichen. Jedoch senkte sich auch mein eigener Blick alles in allem geknickt ab und ich seufzte ein weiteres Mal hörbar. Die Brünette hatte wohl schlicht und ergreifend Recht mit dem, was sie sagte - eine sofortige Einigung war nur sehr unwahrscheinlich möglich und ich wollte außerdem auch nicht, dass Vahagn jetzt nur irgendwas sagte, damit ich ging und sie in Frieden ließ, woran sie sich später dann doch nicht hielt. Davon hatte keiner von uns beiden was und trotzdem hasste ich es, dass die Geschichte zwangsweise noch eine Weile offen im Raum stehen würde. Auf unbestimmte Zeit natürlich, weil die Russin dahingehend alles offen ließ. So wie immer eben. Zeitlimits schienen wirklich nicht ihr Ding zu sein. "In Ordnung.", war am Ende jedoch alles, was ich mit einem schwachen Nicken noch von mir gab. Noch mehr Druck zu machen wäre mehr als ein bisschen kontraproduktiv und so musste ich wohl erneut im Dunklen tappen, bis die junge Frau sich dann irgendwann dazu entschied das Licht anzumachen und mich aufzuklären. Ich warf nur noch einen letzten, flüchtigen Blick in ihr Gesicht, bevor ich mich zum Gehen abwendete und geradewegs die Haustür der Wohnung anstrebte, nur um wenig später wieder in der kalten Nachtluft zu verschwinden. Als wäre das Alles an sich nicht ohnehin schon beschissen genug, durfte ich jetzt auch noch arbeiten und mir dabei nicht einmal einen Hauch davon anmerken lassen, dass die Gedanken in meinem Kopf um etwas ganz anderes kreisten. Anstrengend war dafür schon gar kein Wort mehr und es kam wirklich selten vor, dass ich auf reichlich viel Action - also in diesem Fall quasi Mord und Totschlag - hoffte, wenn ich einen Job anfing... aber gerade wäre das sicher so ziemlich das einzige, das meinen Schädel auf andere Gedanken bringen, beziehungsweise leerfegen und in den Survivalmodus schalten lassen würde. Kaum war ich an der Straße angekommen raufte ich mir wegen Alledem auch noch mal mit etwas lauterem Gefluche - das für den an mir vorbeigehenden, älteren Heeren nicht überhörbar gewesen sein konnte - die Haare. Wie genau kam ich jetzt eigentlich zum Treffpunkt? Zeit hatte ich theoretisch genug, aber mich von irgendeinem Zivilisten oder Taxi in die Nähe kutschieren zu lassen kam eigentlich nicht in Frage. Ganz allgemein immer nur so wenige Spuren und Zeugen zu hinterlassen wie möglich war schließlich auch so eine Sache, die mir eingeprügelt worden war. Zu laufen wäre aber viel zu weit und so hielt ich nach der nächsten Bushaltestelle Ausschau, damit ich nur die letzten Meter Landstraße selber gehen müssen würde. Auf dem Rest der Strecke noch ein paar Schritte allein zu machen konnte eigentlich nicht verkehrt sein, um noch mal in mich zu gehen und vielleicht doch noch den Hebel zum Kopf ausschalten zu finden.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Es war jetzt etwas mehr als eine Woche vergangen, seitdem Hunter und ich über das Geschäft geredet hatten. Über seinen Plan, mit dem Falschgeld nach Russland zu expandieren, wo es dann durch uns - in erster Linie aber wohl durch meinen Bruder und sein Autohaus - gewaschen werden sollte. Wir waren so verblieben, dass ich mich bei dem Amerikaner melden würde, sobald ich wusste, ob Iljah damit einverstanden war, wenn wir seine Firma dazu missbrauchten und je nach dem, wie sich meine bessere Hälfte schließlich entschied, gab es da natürlich auch noch ein paar Informationen, die Hunter hatte haben wollen. Zahlen, Daten, Fakten quasi und die hatte ich dem jungen Mann vor etwa zwei Tagen auch geliefert. Demnach war wohl offensichtlich, dass der Russe am gefühlt anderen Ende der Welt vorstellen konnte, das bis dato kaum mit kriminellen Machenschaften in Verbindung gebrachte Autohaus zu opfern, weil er genau so gut wusste wie ich, dass es womöglich die einzige Chance war, unserer eigentliche Haupteinnahmequelle langfristig vor dem Bankrott zu bewahren. Sollte das mit der Geldwäsche gut laufen, brauchten wir uns in der Zukunft keine besonders großen Sorgen mehr machen, wenn temporär mal ein anderer Geschäftszweig einbrach. Aber gut, lange Rede, kurzer Sinn: Ich hatte Hunter all die Informationen zukommen lassen, nach denen er sich erkundigt hatte und soweit schien die Größe des Unternehmens, sowie die verkauften Autos - sowohl was die Preisklasse, als auch die Menge anging - es zumindest den Versuch wert zu sein. Final zusagen wollte mir der Amerikaner den Deal jedoch trotzdem noch nicht, weil er darauf bestand, sich abschließend noch ein eigenes Bild von dem Geschehen vor Ort zu machen, was ich kurzerhand und ohne groß darüber nachzudenken abgenickt hatte. Ein Problem sollte das für mich nicht darstellen, hatte ich meinen Bruder doch sowieso in nächster Zukunft mal wieder besuchen wollen und wenn sich das direkt mit dem Geschäft verbinden ließ, schlug ich glatt zwei Fliegen mit einer Klappe. Grundlegend war es vermutlich auch ab von der Tatsache, dass ich den kläglichen Rest meiner Familie besuchen wollte notwendig, den Amerikaner zu begleiten, um etwaige Sprachbarrieren zu umgehen. Zwar sprach Illjah aufgrund der internationalen Auftragslage sehr gut Englisch, aber sobald sich Hunter mit Mitarbeitern der Firma unterhalten wollen würde oder sich anderweitig in der Stadt aufhielt, kam er mit der Allerweltssprache nur selten besonders weit - die Russen hielten sich was die englische Sprache anging zumindest mit dem Sprechen zurück, verstehen taten sie diese aber sehr wohl - und Norwegisch sprach da drüben erst recht niemand. Es war also nur sinnvoll, wenn er mich zumindest zur Sicherheit als Dolmetscherin dabei hatte. Weitaus wichtiger jedoch war, dass ich in die ganze Sache ja ebenfalls aktiv mit eingebunden wurde und ich wiederum von meiner Seite aus darauf bestand, in alles, was die Geldwäsche betraf, auch eingeweiht zu sein. Allerdings gab es da noch einen kleinen, aber feinen Haken an dem ich mich aufhängte, seitdem Hunter und ich beschlossen hatten, Kuba am heutigen Abend zu verlassen, um dann am morgigen Vormittag in Moskau zu landen. Die ganze Woche über hatte ich den Vorfall mit Tauren ziemlich erfolgreich verdrängt, weil ich bis zum Hals in Vorbereitungen gesteckt hatte, aber als ich schließlich eine dritte Sporttasche, die bis obenhin mit Kleidung befüllt war, neben die mit dem Geld aus dem letzten Abkommen mit dem Amerikaner fallen ließ, fiel mir wieder ein, dass der Norweger und ich eigentlich noch einen Streit beizulegen hatten. Seitdem der junge Mann mit einem geknickten Gesichtsausdruck meine Wohnung verlassen hatte, war es still um uns geworden und auch die seit neustem relativ unregelmäßigen Besuche hatte er eingestellt. Vermutlich, damit ich genug Zeit und Ruhe hatte, den Konflikt noch einmal Revue passieren zu lassen und mir Gedanken über eine Entscheidung zu machen. Es wäre gelogen, würde ich sagen, dass ich es nicht versucht hatte, aber als Iljah mir sein Go für die Nutzung des Autohauses gegeben hatte, war ich mit geschäftlichen Dingen beschäftigt gewesen und konnte dem jungen, auf eine Reaktion meinerseits wartenden Mann noch keine konkrete Antwort geben, wobei diese ja eigentlich auf der Hand lag und ich mich bloß zierte, sie auszusprechen. Eventuell würde mir ja die Zeit in Russland dabei helfen, wieder ein Stück weit den Kopf frei zu bekommen, wobei sich momentan so ziemlich alles in mir dagegen sträubte, heute Abend ins Flugzeug zu steigen. Eigentlich wollte ich nämlich gerne hierbleiben und die Sache mit Tauren klären, weil mir der Streit doch wirklich quer im Magen lag, aber weil es um eine Menge Geld ging, hatte ich im Grunde genommen keine andere Wahl. Außerdem würde ich ja wiederkommen und nicht auf ewig in meinem Heimatland verweilen. Nichtsdestotrotz war es in meinen Augen nur fair, wenn ich den jungen Mann darüber zumindest in Kenntnis setzen würde, dass ich in der nächsten Zeit nicht direkt ansprechbar sein würde. Nur für den Fall, dass er sich auf kurz oder lang dann wunderte, warum ich mich überhaupt nicht mehr meldete. Also hatte ich Tauren kurzerhand eine Nachricht via Mobiltelefon zukommen lassen, dass ich gerne mit ihm reden würde. Er noch heute Nachmittag - die Uhr schlug gerade zur vollen Stunde, es war Punkt 16 Uhr - vorbeikommen sollte, weil ich ihm etwas Wichtiges mitzuteilen hatte. Dass es sich dabei noch um keine Entscheidung handelte, die unseren letzten Streit betraf, schrieb ich jedoch nicht dazu und verzichtete auch sonst darauf, mehr Informationen als nötig in die Textnachricht zu packen. Ich wollte ihm lieber persönlich von der Abreise erzählen und noch nichts vorweg greifen. Eine Antwort in Form einer Zu- oder Absage bekam ich jedoch nicht und so vermutete ich beinahe, dass er entweder am Arbeiten war oder kein Interesse mehr daran hatte, sich mit mir zu unterhalten, was meine Laune im Verlauf des Tages natürlich zunehmend in den Keller zog. Ich hatte die Hoffnung schon aufgegeben, als ich gerade meinen Kulturbeutel in die Sporttasche stopfte, als es wider Erwarten doch noch an der Tür klingelte. Seit der Nachricht an ihn waren mittlerweile drei Stunden vergangen. Draußen war es inzwischen dunkel geworden und in circa einer Stunde müsste ich los, um den Flugplatz vor 20:30 Uhr zu erreichen. Gegen 21 Uhr würde das von Iljah gesandte Flugzeug mit Hunter und mir an Bord dann starten. Mir viel demnach ein riesiger Stein von Herzen, dass ich dem jungen Mann nicht bloß via einer weiteren Textnachricht darüber in Kenntnis setzen musste, dass er mich mal mindestens für eine Woche nicht mehr sehen würde. Ich stopfte das kleine Täschchen mit Zahnbürste und Duschgel als Inhalt noch fix in die Tasche, welche ich kurzerhand noch einmal auf dem Sofa abgestellt hatte, weil mir noch ein paar Sachen eingefallen waren, die unbedingt mit mussten, bevor ich zielstrebig die Haustür ansteuerte, um jene zu öffnen. "Hey.", begrüßte ich den dahinter wartenden Norweger leise und schenkte ihm ein schwaches, wenn auch recht unsicheres Lächeln, ehe ich ihn in die Wohnung bat.
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Wenn man es mild ausdrücken wollte, dann konnte man wohl behaupten, dass die folgende Woche eher beschissen gewesen war. Denn auch dann, wenn man von dem Streit mit Vahagn absah, waren jene letzte Tage nichts als anstrengend. Ich meine, ja, ich hatte in dem Gespräch mit Hunter auf der Terrasse von Richards Bungalow zu ihm gesagt, dass ich mich häufig wirklich nicht von ihm wertgeschätzt und auch unterfordert fühlte, was die Arbeit anging. Dass ich gerne mehr, beziehungsweise vor allem Wichtigeres tun würde, damit ich in dem Ganzen auch einen Sinn sehen konnte. Ich wollte ganz einfach nicht für den Rest meines Lebens auf einer der untersten Stufen eines Clans fungieren, weil sich das kriminell sein dann erstens finanziell nicht lohnte und es zweitens schlichtweg unmenschlich war, wie die Anderen mit mir umgingen. Ich kam aus diesem Metier aber sehr sicher ohnehin nie wieder raus, weil ich bestens wusste, dass Hunter seine Männer nicht einfach so gehen ließ und so blieb mir nur noch der Weg nach oben, wenn ich zumindest ein bisschen was von meinem noch jungen Leben haben wollte. Noch hatte ich die Kraft und die Energie mich in die höheren Ebenen durchzuboxen, also sollte und wollte ich das nutzen. Dass der Amerikaner damit aber gleich wieder in die Vollen ging, hätte ich mir eigentlich denken können, weil halbe oder schonenden Aktionen wohl einfach nicht sein Ding waren. Demnach wurde ich nach dem Raubzug am Abend nach dem Streit mit der Russin so gut wie 24 Stunden am Tag an Ashtons Seite postiert. Abgesehen von ein paar wenigen Stunden Schlaf pro Tag hatte ich im Grunde gar keine Zeit mehr für mich, weil dem Boss außerordentlich wichtig zu sein schien, dass ich verstand was es überhaupt hieß, wenn man ganz oben in der Nahrungskette stand. So viel konnte ich sagen - Hunters rechte Hand lebte ein einerseits zwar bequemeres, andererseits aber auch riskanteres und stressigeres Leben, als ich es bisher tat. Immer auf Abruf zu sein war Ashtons Lebensinhalt. Ganz gleich, womit er gerade beschäftigt war - wenn Hunter rief, dann musste er ohne Wenn und Aber sofort los. Egal um welche Uhrzeit, egal welche Pläne er eigentlich gehabt hatte. Das allein war wohl ein ziemlich saurer Apfel, in den gebissen werden musste, war ein solches Leben doch absolut fremdbestimmt. Im Grunde konnte er sich nie irgendwas fest vornehmen. Auch traf er sich häufig mit Desmond, weil die beiden als Hunters momentan wichtigste Männer sich grundlegend immer absprachen und ich hielt mich zwar schweigend raus, bekam aber auch darin einen kleinen Einblick. Es war nur ein Bruchteil von dem, was der Amerikaner dem Großteil seiner Belegschaft verschwieg, aber ich schnappte immer wieder Dinge in jenen Gesprächen auf, von denen ich keinen blassen Schimmer gehabt hatte, dass sie überhaupt irgendwo im Hintergrund passierten, weil ich nicht selbst daran beteiligt gewesen war. Das machte mir überhaupt erst so richtig bewusst wie unfassbar viele Strippen Hunter gleichzeitig zog, ohne dass er mehr als nur unbedingt notwendig auf seine Mitarbeiter abwälzte. Beziehungsweise immer nur die richtigen Leute an den richtigen Orten einsetzte, damit nicht jeder über Alles im Bilder war, sondern sich primär bestmöglich auf seine eigene, aktuelle Aufgabe fokussieren konnte. Eben gerade die Tatsache, dass er mir allein das schon offenbarte, zeigte mir deutlich, dass er auf der Terrasse genauso wie ich keine Scherze gemacht hatte und dass es jetzt für einen Rückzieher wohl auch schon zu spät war. Immerhin konnte er das Wissen, das ich bis hierhin jetzt aufgeschnappt hatte - und waren es noch so wenige Fitzelchen -, nicht wieder aus dem Schädel ziehen und das allein war Grund genug dafür, dass ich Ashton so gut wie nur irgendwie möglich bei seinen Aufgaben unterstütze. Das einzig gute an dieser durchweg stressigen Woche war, dass ich nicht ganz so viel an Vahagn dachte, wie ich es normalerweise getan hätte, weil ich ganz einfach gar keine Zeit dazu hatte. Trotzdem holten mich die Gedanken an den Streit spätestens Zuhause immer wieder ein, wenn ich dann kaputt ins Bett fiel und das erste, einzige Mal wirklich Ruhe am Tag einkehrte. Ich hatte die Auseinandersetzung wohl jeden Tag Revue passieren lassen und wünschte mir von einigen Dingen inzwischen, dass ich sie nicht so unschön formuliert, sie der Brünetten nicht so forsch an den Kopf geknallt hätte. Ich war aber leider auch nur ein Mensch, der in manchen Situationen gefühlsbedingt etwas über die Stränge schlug. Als mich heute Vahagns knappe Nachricht erreichte, wusste ich nicht so recht, wie ich mich dabei fühlte. Einerseits war ich froh darüber, dass sie sich überhaupt bei mir meldete, aber andererseits löste jener Text auch ein unwohles Gefühl in meinem Bauch aus. Ich wusste auch gar nicht, ob ich denn überhaupt vorbeikommen konnte, denn eigentlich stand wie schon die Tage zuvor volles Ashton-Programm an. Letzterer erkundigte sich, weil er ohnehin mit ihm telefonierte, in meinem Namen bei Hunter, ob ich vor dem eigentlichen Job heute Nacht noch eine kurze Pause einlegen konnte. Er willigte ein, ich sollte jedoch erst noch den Ausflug mit Ashton und Desmond am späten Nachmittag erledigen. Weil ich nicht wusste, wann wir damit fertig sein würden, verzichtete ich auf eine Antwort an Vahagn und versuchte mich noch bestmöglich auf die Arbeit zu konzentrieren, ehe Hunters rechte Hand mich vor dem Haus absetzte, in dem sie wohnte. Desmond bezog meinen vorherigen Platz auf dem Beifahrersitz und ließ mir seinen Wagen da, damit ich nachher leichter wieder von hier wegkam. Noch so eine kleine, aber sehr feine Annehmlichkeit - hoher Posten bedeutete unweigerlich einen eigenen, stark gepanzerten Dienstwagen, der einem das Leben gleich viel leichter machte. Vor allem bei Verfolgungsjagden, versteht sich. Jedenfalls betätigte ich tief durchatmend die Klingel und es sollte nicht lange dauern, bis Vahagns Gesicht hinter der Tür erschien. Wieder breitete sich ein unruhiges Gefühl in meinem Brustkorb aus, als ich sie erblickte und ihre Begrüßung mit einem eher leisen "Hi.", erwiderte, bevor ich an ihr vorbei in die Wohnung trat. Da ich aber so gar nicht wusste, was mich hier erwartete und ich wohl aktuell einfach ein bisschen chronisch gestresst war - auch, wenn ich mich mit Ashton und Desmond inzwischen sehr gut verstand und es hier und da durchaus auch Spaß machte, mit ihnen unterwegs zu sein -, tat ich mir mit einem Lächeln wohl noch schwerer als die Brünette, weshalb meine Mundwinkel lediglich flüchtig nach oben zuckten. "Sorry, das ich nicht geantwortet hab'... ich wusste nur nicht, ob und wann ich's überhaupt schaffe... viel Arbeit.", setzte ich sie mit einem leisen Seufzen dennoch knapp darüber in Kenntnis, weshalb ich erst so spät hier auftauchte und nichts von mir hatte hören lassen. Ich wollte aber nicht so unbequem im Flur herumstehen, weshalb ich so frei war langsam rüber ins Wohnzimmer zu gehen, wo mir eine neue, gepackte Tasche ins Auge fiel. "Verreist du?", hakte ich ohne große Umschweife nach und sah Vahagn wieder an, der Tonfall aber nach wie vor ziemlich ruhig, lediglich ein bisschen verwundert.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Es breitete sich sofort ein ungutes Gefühl in meinem Inneren aus, als der junge Mann meine Wohnung betreten und ich hinter ihm die Tür geschlossen hatte. Dass Tauren nach unserem letzten Streit direkt freudestrahlend in meine Wohnung spaziert kam, mich in seine Arme zog, nur um mir dann einen langen und intensiven Kuss auf die Lippen zu drücken war wohl reichlich unwahrscheinlich gewesen, aber ein bisschen bessere Laune als am Tag unserer Auseinandersetzung hatte ich schon erwartet. Oder es mir zumindest erhofft, weil es mir dann nicht ganz so schwer fallen würde, mich von ihm zu verabschieden. Als ich jedoch sah, dass der Norweger offensichtlich ziemlich erschöpft und gerädert war, kroch sofort wieder das schlechte Gewissen an, welches mir weiß machen wollte, dass ich zumindest eine gewisse Teilschuld an seiner gedrückten Laune trug. Dabei war es wohl viel mehr die Arbeit, die ihm zusetzte, als dass ich ihn im Dunkeln tappen ließ, was meine ihm versprochene Antwort anging. Ich seufzte leise, mehr in mich hinein, als für Tauren hörbar und folgte ihm kurz darauf ins Wohnzimmer. "Macht nichts. Freut mich... dass du es überhaupt noch geschafft hast.", antwortete ich wahrheitsgemäß und mit einem leichten Schulterzucken, als ich mich hinter ihm stehend in den Türrahmen zum Wohnzimmer lehnte. Dort angekommen traf der Blick des Norwegers bereits die gepackte Sporttasche und ließ ihn mir einer Frage stelle, die nicht besser als eine Überleitung zu dem Thema hätte fungieren können. Ich nickte daraufhin mit dem Kopf, stellte aber schnell fest, dass er mit dem Rücken zu mir stand und das deshalb gar nicht sehen konnte. Also setzte ich kurzerhand zu einer verbalen Erklärung der Umstände an. "Ja, das... ist der Grund, warum ich dich gebeten habe, vorbei zu kommen. Ich wollte mich von dir verabschieden.", klärte ich ihn viel-, aber zeitgleich auch nichtssagend darüber auf, dass ich fürs Erste verschwinden würde. Weil ich aber natürlich nicht wollte, dass es den Anschein erweckte, ich würde mich vor ihm flüchten wollen, ergänzte ich das Ganze noch um ein paar entsprechende Worte. "Hunter möchte sich ein Bild von Iljahs Firma machen und ich werde ihn begleiten - als Dolmetscherin und weil die Information auch für mich wichtig sein werden. Ich wollte nur nicht, dass... dass du dich wunderst, wo ich bin oder so.", redete ich nachdenklich weiter und kratzte mich etwas verloren wirkend im Nacken, als ich mich aus dem Türrahmen abstieß, um mit ein paar wenigen Schritten zu dem jungen Mann aufzuschließen. Ich blieb unweit neben ihm stehen, weil ich ihn bei den nachfolgenden Worten gerne direkt ansehen wollte. "Wir fliegen in einer Stunde und ehm... ich weiß nicht, wann wir zurück sein werden. Eine Woche bleiben wir wohl mindestens. Sollte Hunter die Firma zusagen, treffen wir schon ein paar Vorbereitungen, schätze ich...", mutmaßte ich einen Zeitraum, der plus minus ein paar Tage sicher hinkommen dürfte. Ein ganzer Tag würde alleine für die Hin- und Rückreise drauf gehen und in weniger als ein oder zwei weiteren Tage war der Ablauf in der Firma leider auch nicht erklärt, keine Statistiken erstellt, wobei ich meine bessere Hälfte darum bereits gebeten hatte. Er sollte mir und vor allem dem Amerikaner bei unserer Ankunft verbildlicht darstellen können, was für Autos in welcher Preisklasse er monatlich verkauft. Inzwischen hatte ich nämlich herausgefunden, dass neben Gebrauchtwagen auch Neuwagen - überwiegend SUVs und Kleintransporter - ihren Weg an den Mann fanden und es wäre gut zu wissen, welches Modell sich bis dato am erfolgreichsten verkaufte. Na ja, jedenfalls konnte ich mit meinen Einschätzungen auch falsch liegen und wir waren übermorgen schon wieder zurück, aber ich fand es grundlegend einfach besser, wenn man mehr Zeit einplante, als vielleicht notwendig war. Dann vermisste einen niemand und es war eine schöne Überraschung, wenn man doch früher als gedacht zurückkehren konnte. In jedem Fall hatte ich alles gesagt, was in meinen Augen wichtig gewesen war und hoffte jetzt einfach... ja, worauf eigentlich? Plötzlich war mir schleierhaft, weshalb ich Tauren überhaupt hierher beordert hatte, weil ich diese Information tatsächlich auch einfach in eine Textnachricht hätte verpacken können. So wirklich beigelegt war der Streit von vor einer Woche nämlich noch nicht und ich bezweifelte stark, dass ich jetzt eine verabschiedende Umarmung oder einen Kuss von ihm erwarten konnte, wo ich mir vermutlich genau das doch eigentlich gewünscht hatte. Vielleicht wollte ich aber auch ganz einfach, dass er sich nicht kalt abgespeist und dadurch noch verletzter fühlte, er das vermutlich ohnehin schon war. Schließlich wusste ich nur allzu gut, wie geknickt er vor einer Weile gewesen war, als ich ihm offenbarte, dass es für mich vermutlich hieß, zurück nach Hause zu fliegen, weil ich hier auf Kuba einfach keine Zukunft sah. Damals wäre es vermutlich noch ein Leichtes für mich gewesen, einfach abzuhauen und mir den Norweger aus dem Kopf zu schlagen. Mittlerweile wollte ich das gar nicht mehr und freute mich entsprechend darauf, wenn wir in Russland dann wieder ins Flugzeug Richtung Kuba stiegen. Ungeachtet des ziemlich schwachsinniges Clinches fühlte ich mich in Taurens Nähe nämlich nach wie vor einfach besser, als wenn ich alleine meine Nächte hier in der Wohnung fristete und zu sagen, dass ich in den letzten Tagen wirklich beschissen geschlafen hatte, weil der junge Mann lange nicht mehr vorbei geschaut hatte, wäre wohl untertrieben gewesen.
# Is it all a tragedy? Are we flashes in a rut going in and out of luck? Maybe. #
Es ließ sich wohl absolut nicht vermeiden, dass mir im ersten Moment das Herz in die Hose rutschte, als Vahagn sagte, dass sie sich von mir verabschieden wollte. Denn anfangs klang verabschieden für mich sehr endgültig und demnach war ich heilfroh, dass die junge Frau diese Sache noch aufklärte, bevor ich mich zu ihr umdrehte. Andernfalls hätte sie ein ziemlich perplexes Augenpaar angestarrt, das nicht recht glauben wollte, was die Ohren gerade gehört hatten. So jedoch konnte ich zeitnah innerlich aufatmen und es war nur die gepackte Tasche, die mein kurzzeitiges Bangen zu Gesicht bekam. Es schien lediglich geschäftliche Ursachen zu haben, dass die Brünette Kuba für eine kleine Weile lang den Rücken kehren musste und ihren Worten nach zu urteilen stand auch gar nicht zur Debatte, dass sie danach einfach in Russland bei ihrem Bruder blieb. Ich hatte schon beiläufig aufgeschnappt, dass Hunter für die nächste Woche die Führung an Ashton übertragen hatte, aber welche Ursachen das hatte, war mir bis gerade eben nicht klar gewesen. Jetzt ergab das Ganze natürlich Sinn und ich wusste nicht, ob mir wohl dabei war, dass er sich so viel in Vahagns Nähe aufhalten würde - allerdings hatte das nichts mit Eifersucht zu tun. Wäre einer von beiden erpicht darauf den jeweils anderen auf andere als geschäftliche Art für sich zu gewinnen, dann wäre das sicher längst passiert. Hunter nahm sich immer was er wollte, egal auf wessen Kosten. Aber vielleicht pflegte er trotzdem den Hintergedanken parallel zu den Geschäften etwas auf Tuchfühlung mit der Russin zu gehen, nur um aus ihr heraus zu kriegen, was sie denn eigentlich genau im Schilde führte, was meine Wenigkeit anging. Andererseits wüsste ich nicht, warum Vahagn ihm irgendwas darüber erzählen sollte, was nun zwischen uns beiden war oder nicht war, ganz gleich wie penetrant der Amerikaner nachbohren würde. Immerhin war das nicht nur meine Privatangelegenheit, sondern auch ihre und es würde mich schon sehr wundern, wenn sie erpicht darauf wäre Hunter mehr darüber wissen zu lassen, als er selbst schon wusste. Also kam ich mit meinen Gedanken da an, wo ich schon vorher war - ich keine Ahnung, was genau ich nun davon halten oder nicht halten sollte, aber etwas daran ändern konnte ich ohnehin nicht. Lieber nicht mehr den Kopf darüber zerbrechen, als unbedingt nötig war. Als ich die Schritte der jungen Frau hinter mir hörte, drehte ich mich ruhig in ihre Richtung um, damit ich sie wieder ansehen konnte. "Okay... danke.", ließ ich sie im Anschluss daran leicht gemurmelt, aber aufrichtig klingend wissen, dass ich es durchaus zu schätzen wusste, dass sie mich darüber in Kenntnis setzte und mich nicht unwissend im Regen stehen ließ. Aber was nun? Zu ihrer Abreise an sich brauchte ich schließlich nicht viel zu sagen. Zwar würde ich durchaus gern mitkommen, aber dass das keine Möglichkeit war, brauchte ich wohl kaum zu erwähnen. Hunter würde sich wie sonst auch seine beiden Leibwächter bereits ausgesucht haben und wäre ich einer davon, dann wüsste ich das längst. Und was gab es sonst noch, das ich unbedingt loswerden wollte, wenn ich schon mal hier war? Das kurzzeitig eintretende, recht betretene Schweigen war mir schrecklich unangenehm und einfach so stehen lassen konnte und wollte ich all die unschönen Dinge vom letzten Mal nicht. Es machte mich als eigentlich sehr harmoniebedürftiges Wesen fertig und ich hatte momentan wirklich noch genug andere Dinge um die Ohren, die mir zu schaffen machten. Die Probleme zwischen uns ließen sich zumindest schon bis zu einem gewissen Grad bereinigen, bis die attraktive, junge Frau sich irgendwann dazu entschieden hatte mir eine Antwort auf meine Entweder-Oder-Frage zu geben. "Es tut mir leid, dass ich dich so... in die Enge gedrängt und angeschnauzt habe, Vahagn... ich weiß ja eigentlich, wie wichtig dir dein Freiraum ist. Ich hatte... hab nur Angst, dass du gehst.", setzte ich nun doch zu einer kleinen Entschuldigung an, weil die Fronten sich bei unserer letzten Begegnung wohl gar nicht erst so verhärtet hätten, wenn ich nicht derartig über die Stränge geschlagen hätte. Ich wurde auch immer leiser, je länger ich redete. Senkte ab etwa der Hälfte meiner Worte den Blick und streckte meine rechte Hand nach der Brünetten aus, um nach ihrem schmalen Handgelenk zu greifen und dort sachte an der Innenseite mit dem Daumen über ihre Haut zu streichen. Nur flüchtig, weil ich parallel fürchtete, dass sie mir ihre Hand ohnehin gleich wieder entzog und ich sie daran nicht mit einem festen Griff hätte hindern wollen. Wenn sie noch nicht bereit dazu wäre mir diesen Fauxpas zu verzeihen, würde ich das wohl genauso akzeptieren wie das weitere Warten auf eine Antwort. Trotzdem war mir aber wichtig, dass Vahagn verstand, dass ich mir inzwischen durchaus bewusst darüber war, wie viel ich mir mit meinen Worten vor einer Woche herausgenommen hatte und es nicht für selbstverständlich hielt, dass sie mich trotzdem noch nicht von sich gestoßen hatte.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Okay, danke. Das war alles, mehr hatte er dazu nicht zu sagen? Betreten, dass Tauren augenscheinlich auch nicht wirklich wusste, was er noch sagen oder tun sollte, senkte ich meinen Blick gen Boden, seufzte leise, hörbar angeschlagen und wendete mich daraufhin ein Stück weit von ihm ab. Bereitete mich mental schon einmal darauf vor, ihn nach unserem kurzen Wiedersehen mit ein paar leeren Worten auch schon wieder aus der Wohnung zu geleiten, weil im Grunde alles gesagt worden war. Bezüglich unseres Streits hatte ich mir noch keinerlei Gedanken machen können, ansonsten wäre meine Antwort vielleicht noch Grund genug gewesen, ihn für ein paar weitere Minuten bei mir zu halten. Einfach nur, um seine Nähe zu genießen. Da ich Tauren aber weder etwas versprechen wollte, was ich am Ende dann ja doch nicht einhalten würde, noch mir jetzt im Schnelldurchlauf darüber Gedanken machen und über meinen Schatten springen konnte, nickte ich die knappen Worte des jungen Mannes wortlos ab. Als ich mich gerade von dem jungen Mann verabschieden wollte, ergriff dieser wider Erwarten doch noch einmal das Wort, was in mir sofort einen Funken Hoffnung weckte, dass er mich nicht nur mit einer läppischen verbalen Verabschiedung gehen lassen würde. Der Entschuldigung nach zu urteilen standen die Chancen dahingehend auch wirklich gut, weil ich keinesfalls vorhatte, ihm länger böse zu sein, als das unbedingt notwendig war. Streng genommen war der Zorn auf den jungen Mann bereits verflogen, als wir uns noch inmitten des Konfliktes befunden hatte, weil meine Wut, wie bereits erwähnt, sich ohnehin nicht primär gegen ihn und viel mehr gegen meine Wenigkeit gerichtet hatte. Demnach wäre ich wenige Stunden nach dem ganzen Drama schon wieder dazu bereit gewesen, mich durch seine Arme in den Schlaf wiegen zu lassen. War nur an dem Abend leider nicht in Frage gekommen. Zum einen deshalb nicht, weil ich mir zu jenem Zeitpunkt einfach zu stolz war, um nach dem Streit direkt zu Kreuze zu kriechen und außerdem war er sowieso arbeiten gewesen. Hätte also nicht einmal eine besonders große Rolle gespielt, wenn mir mein Stolz nicht im Wege gestanden wäre. Aber genug von dem Vorfall von vor einer Woche und zurück ins Hier und Jetzt. Tauren griff noch während der leisen, hörbar unsicheren Entschuldigung nach meinem Handgelenk, was mich kurzzeitig auf jenes hinunter sehen ließ. Ich machte jedoch keinerlei Anstalten, es ihm zu entreißen, viel mehr im Gegenteil. Ich drehte mich ihm wieder gänzlich zu, wo ich mich vor wenigen Sekunden noch von ihm abgewendet hatte und machte auch noch den letzten halben Schritt in seine Richtung, um somit unmittelbar vor ihm zum Stehen zu kommen. Dann folgte erst einmal ein Augenblick der Stille, in dem ich mich gänzlich in den hellblauen Augen des Norwegers verlor, bevor ich meinen Kopf schließlich kommentarlos und lediglich mit einem leisen Seufzen an seiner Brust bettete. Mit der noch freien Hand griff nun ich nach seinem Handgelenk, um beidseitig meine Hände mit den seinen zu verschränken. Erst dann konnte ich zum Reden ansetzen, weil der Kloß in meinem Hals eine schier unendlich lange Zeit brauchte, um mir endlich wieder den notwendigen Zugang zum Sauerstoff zu gewähren. "So schnell wirst du mich nicht mehr los, glaube ich...", stellte ich erst einmal wahrheitsgemäß, allerdings nur leise an die Brust des Norwegers gemurmelt fest, dass ich mich ungeachtet jeglichen ungehaltenen Reaktionen ihm gegenüber bereits derart in ihn verguckt hatte, dass er eine Flucht meinerseits nicht mehr zu befürchten brauchte. Ich schloss nach dem ersten Teil der Antwort einen Moment lang die Augen, atmete ein oder zwei Mal den für mich noch immer absolut anziehenden Duft ein, obwohl der nach einem Arbeitstag nicht mehr nur aus Duschgel und Parfum bestand. "Auch wenn es sich manchmal anders anhören mag, aber... keine Ahnung. Ich kann und will irgendwie nicht mehr loslassen.", verlieh ich meinen Gedanken schließlich eine Stimme, ohne mich dabei großherrlich von Tauren zu lösen. Sah ich überhaupt nicht als notwendig an und wenn es ihm zu viel wurde, dann konnte er mich immer noch von sich schieben. "Deswegen tut es mir auch leid, dass ich... na ja, so reagiert habe, obwohl ich wusste, dass ich diejenige war, die einen Fehler gemacht hat.", sprudelte es nur so aus mir heraus, aber das, was eigentlich am wichtigsten für den Norweger zu wissen gewesen wäre - dass ich darauf verzichten würde, mit anderen Männern ins Bett zu steige, auch wenn das zwischen uns noch nichts Ernstes war -, fand trotz der offiziellen Entschuldigung nicht den Weg über meine Lippen. Und ich wusste einfach nicht warum. Immerhin war das schlechte Gewissen, was mich nach der Sache mit Miguel bis heute plagte eigentlich Grund genug, so einen Mist nicht noch einmal abzuziehen. Wieso also fiel es mir derart schwer, das Ganze entsprechend in Worte zu verpacken? Machte ich mich hier bloß etwas vor und das schlechte Gewissen hatte seinen Ursprung ganz woanders? Konnte eigentlich nicht sein, aber anders konnte ich mir das einfach nicht erklären.
# Is it all a tragedy? Are we flashes in a rut going in and out of luck? Maybe. #
Es mochte zwar erst einmal eine ganze Weile ohne weitere Worte seitens der Brünetten vor mir ins Land ziehen, aber sie hätte wohl ohnehin nicht mehr wirklich viel dazu sagen müssen, weil mir ihre Gesten vorerst auch vollkommen als Antwort genügten. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass Vahagn mir nach den Dingen, die momentan eben doch irgendwie noch ein wenig zwischen uns standen, so nahe kam. War aber umso glücklicher darüber, dass sie es tat. Sobald sie mit dem Kopf an meiner Brust lehnte musste ich unweigerlich schwach lächeln und öffnete nur allzu bereitwillig meine Hände ein bisschen mehr, damit sie ihre Finger unbeirrt mit den meinen verschränken konnte. Ihre dann doch noch folgenden Worte ließen das Lächeln auf meinen Lippen noch breiter werden und ich schloss für einen Moment lang die Augen, während ich ihr einseitig über den Handrücken strich. Zwar bedeutete keines ihrer Worte wirklich eine Antwort auf die eigentliche Frage, die im Raum stand, aber sie gab mir damit unweigerlich Hoffnung darauf, dass sie sich - in meinen Augen - richtig entscheiden würde. Eine Garantie war das selbstverständlich noch lange nicht, aber dass die junge Frau ebenso wie ich etwas einlenkte und mir noch dazu sogar sagte, dass ihr gar nicht im Sinn stand meine Wenigkeit hinter sich zu lassen, beruhigte mich ungemein und konnte eigentlich nur ein Schritt in die richtige Richtung sein. Vahagn schob mit ihren aktuellen Worten und Taten also zumindest schon mal einen etwas größeren Teil von dem Schutt bei Seite, der mir momentan eigentlich täglich auf den Brustkorb gedrückt hatte. Gab mir ein bisschen was von der Kraft zurück, die mir die ganzen letzten Tage über gefehlt hatte, weil ich mir ja doch immer wieder den Kopf über unseren Streit zerbrochen und von Neuem in dieses Loch gefallen war, sobald ich versucht hatte zu schlafen. War absolut kontraproduktiv gewesen. Ich verharrte erst noch einige Sekunden lang in dieser Position, bevor ich die linke Hand vorsichtig aus ihrer löste und sie stattdessen unter ihrem Arm hindurch um ihren schlanken Körper legte. Ihr ein klein wenig über den Rücken strich, während ich sie nah bei mir hielt. "Gut. Das... beruhigt mich ein bisschen.", wiederholte ich meine vorherigen Gedanken leise auch noch einmal wörtlich für Vahagn und öffnete dabei die etwas müden Augen, um auf die junge Frau hinabsehen zu können. Ich war nun mal einfach ein Mensch, der leicht vertraute und obwohl sie mich erst vor kurzem so herb enttäuscht hatte, wollte ich der Russin auch weiterhin mein Vertrauen schenken. Mir selbst war auch bewusst, wie naiv das eigentlich war, solange sie noch keine Entscheidung gefällt hatte, aber wenn sie sich am Ende dagegen entschied machte das wohl auch keinen großen Unterschied mehr. Weh tun würde es so oder so und vielleicht war es nicht besonders schlau, sich womöglich mehr Hoffnungen zu machen, als eigentlich erkennbar vorhanden waren, aber was das anging würde ich mich schlichtweg nie ändern. Wenn ich irgendwann aufhören sollte das Gute im Menschen sehen zu wollen, wäre ich ganz einfach nicht mehr ich selbst und ich konnte wirklich gut darauf verzichten so abzustumpfen und zu verbittern, wie das fast alle Anderen um mich herum taten. Ich war was das anbelangte liebend gerne die Ausnahme, die die Regel bestätigte und würde mich davor hüten etwas daran zu ändern. "Schreibst du mir oder rufst kurz an, wenn ihr in Russland angekommen seid?", bat ich Vahagn dann darum sich kurz bei mir zu melden, wenn sie in der Heimat wieder festen Boden unter den Füßen hatte. Einfach nur, damit ich wusste, dass es ihr gut ging und es nicht schon auf dem Flug Tote gegeben hatte, weil dem Amerikaner irgendwas vollkommen Irrelevantes nicht in den Kram gepasst hatte und er ausgetickt war. Natürlich glaubte ich nicht, dass Irgendwas in der Richtung wirklich passieren würde, aber ich wollte dahingehend einfach sicher sein können. Zwar kam es wohl ganz darauf an wann sie landeten, ob ich theoretisch überhaupt ans Telefon gehen können würde oder stattdessen arbeitete oder schlief, aber im Grunde reichte mir auch eine kurze Rückmeldung in Textform. "Und wann musst du hier los? Kann ich kurz bleiben oder bist du schon auf dem Sprung?", stellte ich ihr noch eine weitere gemurmelte Frage, bei der ich auch meine zweite Hand noch von ihrer löste und sie stattdessen anhob, um ihr zärtlich über den Wangenknochen zu streicheln. Eigentlich wollte ich jetzt nämlich noch nicht sofort wieder gehen, nachdem zumindest ein Teil unseres Streits beigelegt war und wir uns einander wieder annäherten. Nur hatte ich was das anging wohl nicht wirklich eine Wahl, wenn der Flieger quasi schon vor der Haustür stand oder Vahagn nicht mehr als nur diese knappe Versöhnung wollte.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Ich war wirklich froh, dass Tauren meine Entschuldigung mit nicht viel mehr Worten kommentierte, als er das gerade eben getan hatte. Keinen dummen Spruch verlauten ließ oder der Meinung war, mir noch eins reinzuwürgen zu müssen, indem er die Ich hoffe, dass kommt nie wieder vor-Karte spielte, denn dann wäre meine aktuell gedrückte bis wolkig-heitere Stimmung glatt wieder ins Bodenlose gerasselt und ich hätte ihn entgegen meines vorherigen Willens mit einem saftigen Arschtritt vor die Tür befördert. Das war nämlich schlicht und ergreifend der Punkt, an dem ich mit Entschuldigungen oft auf die Schnauze geflogen war. Da schluckte man seinen Stolz herunter - in dem Fall überaus berechtigt, gab aber auch Situationen, da war ich im Recht gewesen und wollte meinen Gegenüber lediglich beschwichtigen - und fasste sich ein Herz, entschuldigte sich, nur um sich im Nachhinein noch irgendwas Dummes anhören zu müssen. Im Regelfall war das dann eben so etwas wie die eben genannte Floskel oder aber, ganz klassisch: Fand' ich echt nicht gut von dir. Ich war bis heute nicht dahinter gestiegen, was manche Menschen sich durch solche Aussagen erhofften, schließlich war der Sinn einer Entschuldigung in den meisten Fällen der, dass es ein einmaliger Ausrutscher war, der nicht mehr vorkommen sollte - ha ha, kurz gelacht - und wenn jemand etwas für gut befunden hatte, würde man sich dafür nicht entschuldigen müssen. Also entkräftete schon alleine der gesunde Menschenverstand den Sinngehalt der Äußerungen, aber dass ein Großteil der Bevölkerung das anders sah, überraschte mich kein bisschen. Ich war jedenfalls froh, dass Tauren nicht zu dieser Art von Menschen gehörte und für meine Entschuldigung nur noch ein paar wenige, durchweg angenehm klingende Worte übrig hatte, die mich unweigerlich selbst ein wenig zum Lächeln brachten. Ich schloss gleich ein weiteres Mal die Augen, als die Hand des jungen Mannes über meinen Rücken strich und öffnete diese auch erst wieder, als nach kurzzeitiger Stille eine Frage an mein Ohr drang. Ich löste mich daraufhin ein wenig mehr von dem Oberkörper des jungen Mannes, um ihn direkt ansehen zu können, hielt seine Hände jedoch weiterhin fest. "Ich schreib' dir und rufe dich danach an, nur um ganz sicher zu gehen. Es wird hier aber wohl ziemlich spät sein, wenn ich mich melde. Zeitverschiebung und so.", antworte ich mit einem schwachen, jedoch sichtlich belustigten Grinsen damit, dass er in jedem Fall von mir hören würde und machte ihn im selben Atemzug zudem darauf aufmerksam, dass es voraussichtlich gegen ein oder zwei Uhr in der Nacht sein würde, wenn wir in Russland gegen acht Uhr landeten. Nur damit er vorgewarnt war und es am Ende nicht hieß, dass ich ihn mutwillig aus dem Bett klingelte. Was die nächste Frage des jungen Mannes anging, konnte ich nicht anders, als meinen Blick mit einem leisen Seufzen wieder von ihm abzuwenden und auch wenn der Moment gerade viel zu schön war, als dass ich ihn mir durch den Gedanken an die Abreise hätte kaputtmachen lassen sollen, kratzte es doch gerade weil wir uns versöhnt hatten an meiner langsam aufsteigenden guten Laune. Schlicht und ergreifend weil ich ihn entweder gerne mitgenommen hätte oder hier geblieben wäre, aber es war sicher unnötig, zu erwähnen, dass beide Optionen in keiner Weise in Frage kommen würden, selbst wenn ich mich für sein Mitkommen - was angesichts der Tatsache, dass es direkte Informationen leider nur vor Ort gab, wenn überhaupt die einzige Möglichkeit gewesen wäre - aussprach, weil Hunter dem Ganzen sehr wahrscheinlich einen Riegel vorgeschoben hätte. Und ich konnte es ihm nicht einmal verdenken. Würde einer meiner Männer mit der Anführerin eines anderen Clans schäkern - gut, das war alles in allem schon sehr unwahrscheinlich, wurde das Metier doch eher von Männern dominiert -, und jene wollte mich dann in meinen Entscheidungen bezüglich des Handlangers beeinflussen, würde mir auf kurz oder lang sicher der Kragen platzen. Warum sollte das dann bei dem hochgradig cholerischen Amerikaner dann anders sein. Ich respektierte also die Tatsache, dass Tauren auf geschäftlicher Ebene nun mal einfach nicht zu mir gehörte und würde einen Teufel tun, Hunters Zorn der Gefühle wegen auf mich und den Norweger zu ziehen. Aber zurück zum Wesentlichen. Ein Blick auf die unauffällige, in Silber gehaltene Armbanduhr an meiner linken Hand verriet mir, dass wir seit etwas mehr als zehn Minuten im Wohnzimmer gestanden und miteinander geredet hatten. Nach Adam Riese blieb uns also noch eine gute dreiviertel Stunde Zeit, bis ich los musste. "Ein bisschen Zeit habe ich noch. Fünfzig Minuten in etwa, dann muss ich mich langsam auf den Weg machen, damit ich pünktlich da bin.", ließ ich meine Überlegungen verlauten und löste mich nach der kurzen Liebkosung meiner Wange durch Taurens Hand dann endgültig von ihm. Es fehlte nämlich nach wie vor noch die ein oder andere Sache, die ich dringend noch einpacken musste. Das würde mich jedoch nicht viel länger, als zehn Minuten aufhalten, weil ich wusste, wo ich nach jenen Utensilien und Kleidungsstücken suchen musste. Den Rest der Zeit konnte ich mich dann vollumfänglich um den jungen Mann mir gegenüber kümmern, nach dessen Vorhaben am heutigen Tag ich ihn noch gar nicht gefragt hatte. Kurzerhand beschloss ich, dass ganz einfach nachzuholen. "Und du? Wie lange hast du noch Zeit? Was steht heute bei dir an?", erkundigte ich mich in einem ruhigen Tonfall nach seinen Plänen für den heutigen Abend. Schließlich wusste ich nicht, ob es das mit der Arbeit schon gewesen war oder ob er heute Nacht noch einmal eingesetzt wurde, aber das würde er mir sicher gleich erzählen.
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