Das Kopfschütteln allein gab mir zwar ein bisschen, aber eben nicht besonders viel Aufschluss darüber, was genau der Brünetten nun vorschwebte. Es dauerte dann auch noch einige Sekunden, in denen ich ein wenig unschlüssig in der Gegend herumstand, bevor eine genauere Erläuterung seitens Vahagn folgte und dahingehend konnte ich ihr wohl nur zustimmen. Zwar hatten die beiden sicherlich keine anderen, wirklich wichtigen Termine - na gut, Sabin vielleicht schon, ich wusste ja nicht inwieweit Hunter und seine Wenigkeit schon mit den Drogen am arbeiten waren, beziehungsweise sich mit dem ganzen Drumherum beschäftigten -, aber es wäre eben so gar nicht nett sie jetzt doch sehr kurzfristig wieder mit unseren Problemen hier zu belästigen. Sich dahingehend ständig umzuentscheiden und das an den beiden auszulassen wäre einfach furchtbar nervig für sie, also war es wohl wirklich besser, wenn wir sie da heute und womöglich auch noch morgen rausließen. Im Verlauf des morgigen oder übermorgigen Tages konnte ich mich dann ja noch einmal bei ihnen melden und sie im baldigen Anschluss mit einem leichten, unterschwelligen Hundeblick und einem entschuldigenden Lächeln begrüßen, wenn sie dann erst einmal wieder hier an der Türschwelle standen. Außerdem bekamen sie wohl auch das Rundum-Sorglos-Paket hinzu, womit ich ihnen Kaffee beim Eintreten und andere kleinere Annehmlichkeiten anbot. Hatten wir hier sowas wie Backformen für Muffins in den Tiefen unserer Küche? War vielleicht gar keine so schlechte Idee, wo sich für die kleinen Gebäckstücke doch irgendwie fast jeder begeistern konnte. Jedenfalls war es sicher für alle Beteiligten erst einmal das beste, wenn wir Sabin und die ehemalige Agentin noch eine kleine Weile aus der Sache rausließen. Hieß zwangsweise nur leider auch, dass ich das dann selbst machen musste und das würde es wohl schlichtweg nur schwerer machen, meine Finger bei mir zu behalten. Dass danach irgendwie alles wie vorher war, hielt ich zumindest von meiner Seite aus für reichlich unwahrscheinlich. Jemanden nackt zu sehen, den man schon in Klamotten verpackt anziehend fand, machte ganz einfach was mit einem. Spornte den Körper nur weiter dazu an den Hormonspiegel anzuheben und die Augen weiter nach genau jener Person offenzuhalten, auch wenn das im Grunde gar keine so gute Idee war. Da waren die männlichen Triebe nicht selten stärker als der Verstand, der von ersteren schlichtweg überrollt wurde. Um die ganze Situation nicht noch merkwürdiger werden zu lassen, als sie es nun ohnehin schon war, trat ich mit einem leichten Nicken und den Worten "Ja, da hast du wahrscheinlich Recht.", ins Badezimmer ein, ehe ich die Tür hinter uns beiden wieder abschloss. Auch von da an ließ ich kaum mehr Zeit verstreichen - die uns nur unnötig Spielraum auf beiden Seiten gab, um erneut festzustellen, wie komisch der Moment eigentlich war -, ehe ich Vahagn vorsichtig das Shirt auszog. Dabei wieder stets darauf bedacht war, ihr das Unterfangen möglichst schmerzfrei zu gestalten. Ich ließ das Oberteil im Anschluss achtlos auf den Boden fallen und vermied es aber genauso wie damals in Hunters Villa auch jetzt, sie punktuell zu lange anzusehen. Dann war da noch der BH, für dessen Öffnung ich theoretisch gesehen einfach um ihren Körper hätte herumgreifen können. Das erschien mir aber nicht förderlich, weil die junge Frau dadurch nur noch näher zu mir hingetrieben werden würde und sie dabei schon so gut wie nackt war. Also entschied ich mich dazu die zwei Schritt um sie herumzugehen und den Verschluss hinter ihr stehend zu öffnen, bevor ich ihr die dünnen Träger achtsam von den Schultern strich, damit das letzte bisschen Unterwäsche quasi einfach über ihre Arme nach unten hinweg und auf den Boden gleiten konnte. Tat sie wie von mir eingefädelt, nur ließ mich wohl genau das kaum hörbar etwas tiefer durchatmen, während mein Blick einen Moment lang einfach stur geradeaus über ihre Schulter hinweg gerichtet blieb. Sie war nun mal einfach wahnsinnig attraktiv und selbst über die momentan vorhandenen, noch relativ frischen Nähte, den einen oder anderen blauen Fleck und ein paar Kratzer ließe sich unschwer hinwegsehen. Ich brauchte sie nicht einmal aktiv zu mustern, um das zu wissen und so setzte ich mich doch lieber langsam in Richtung Wanne in Bewegung, um die Geschichte hier bestenfalls so knapp wie möglich zu halten. "Brauchst du nur Hilfe mit den Haaren, oder... mit allem?", fragte ich recht neutral, aber doch leicht gemurmelt während der wenigen Schritte nach. Ersteres wäre günstiger, bei letzterem musste ich sie schließlich zwangsweise da ansehen, wo ich sie berührte, um ganz einfach keinerlei empfindliche Stellen zu treffen. Was ich nicht sah, konnte ich schließlich nicht umgehen, also hoffte ich im Grunde eher auf ersteres, während ich Vahagn dabei half möglichst unbeschadet in die Wanne abzusinken.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Diese Situation war auf so vielen Ebenen einfach nur absurd und merkwürdig. Vor noch gar nicht allzu langer Zeit hätte ich einen Teufel getan, mich schwer verletzt und damit absolut hilflos in die Hände eines mir vollkommen Fremden zu begeben, der dazu noch Mitglied eines anderen Clans war. Wenn man meine Männer, mich und mein damit verbundenes Geschäft in Ruhe ließ, hielt ich von Machtspielchen und dem akribischen Abstecken von Revieren zwar nicht besonders fiel, weshalb mich der Aspekt, dass Tauren unter einer anderen Flagge segelte jetzt nicht besonders störte. Aber Fakt war jedoch, dass dieses gewisse letzte Bisschen an Misstrauen weiterhin fortbestehen würde und sich nicht aus der Welt schaffen ließe, weil ich schlichtweg paranoid war. Schließlich könnten die ganzen netten Gespräche ja auch reiner Vorwand sein, um aus mir welch Informationen auch immer heraus zu bekommen. Das würde zumindest erklären, warum der Norweger bis dato immer wieder mit dem Leben davon gekommen war, obwohl der Geduldsfaden seines Bosses mittlerweile schon mehrfach gerissen sein müsste. Mhm. Jetzt, wo ich da so drüber nachdachte, war das Ganze schon wirklich merkwürdig, aber wollte ich mich damit jetzt befassen? Wollte ich nicht wenigstens kurzzeitig ein bisschen Spaß haben? Ich konnte schließlich darauf achten, was ich ihm gegenüber verlauten ließ und mich von ihm verwöhnen lassen. Sprach doch eigentlich nichts dagegen oder? Der Verstand rebellierte natürlich und wollte mir einreden, dass das nicht die feine englische Art war, mit jemandem umzugehen, aber auf der anderen Seite rissen gerade meine Eierstöcke das Zepter an sich, indem sie mit dem Ausschütten von einer Menge Hormonen förmlich einen Freudentanz aufführten. Die hauchzarten Berührungen Taurens, die hier und da einfach unvermeidbar waren, lösten ein überaus angenehmes Kribbeln in mir aus und jenes erinnerte mich prompt daran, dass ich jetzt auch schon wieder eine ganze Weile lang auf dem Trockenen saß. Klar, Selbstbefriedigung war schön und gut, ab einem gewissen Zeitpunkt auch einfach notwendig, wenn man nicht noch frustrierter durch die Welt laufen wollte, als man das eh schon tat, aber über eine gute und ausgiebige Nacht mit einem hübschen Mann ging nun mal nichts drüber. Das schöne an ungezwungenem Sex war ja, dass man zielgerichtet seine Bedürfnisse stillen konnte, ohne sich damit zwangsläufig an jemanden binden zu müssen und ja... keine Ahnung, was ich mir von dem Gedankengang jetzt noch erhoffte. Mehr, als mich hibbelig und empfindlicher gegenüber den Berührungen des attraktiven jungen Mannes zu machen, brachte mir das nämlich hier und jetzt nämlich gar nicht. Die Tatsache, dass der ganze Umstand nichtsdestotrotz irgendwie erniedrigend für mich war, holte mich letztlich auf den Boden der Tatsachen zurück und erinnerte sogleich daran, dass sicher kein Mann wirklich Lust darauf hatte, eine Frau flach zu legen, die er vorher erst noch waschen durfte. Mal ganz abgesehen davon, dass da sowieso nichts lief und auch nichts laufen sollte, verdammt noch mal! Also warum hing ich mich dermaßen an diesem Gedanken auf? Warum war mir das so wichtig? Ich seufzte leise, folgte Tauren, nachdem das Shirt und auch der BH zu Boden gegangen waren, mit etwas angesäuertem Gesichtsausdruck bis rüber zur Wanne und ließ mich dort dann mit seiner Hilfe etwas tiefer auf dem kalten Keramik nieder. Mein Körper quittierte die im Verhältnis zur Außentemperatur sehr kalte Oberfläche postwendend mit einer Gänsehaut, die sich über den ganzen Körper erstreckte und auch vor meinen Brustwarzen keinen Halt machte. Das weniger verletzte Bein hatte ich indessen etwas an meinen Körper heran gezogen, um mittels des Knies den Arm mit der Schusswunde am Schlüsselbein zu entlasten, während das andere Bein weiterhin ausgestreckt blieb. "Ich schätze, dass ich nur Hilfe mit den Haaren und dem anschließenden Abtrocknen brauchen werde.", gab ich nicht lauter von mir, als der junge Mann seine Worte zuvor an mich gerichtet hatte, während ich meinen Blick stur auf den großen Zehn geheftet hatte, weil es sonst nicht sehr viel mehr gab, was ich fixieren konnte, um mich effektiv davon abzulenken, dass das hier gerade der Vorbote von nichts Gutem war.
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Die Antwort der jungen Frau war dann doch verhältnismäßig beruhigend. Solange es bei den Haaren blieb nahm es zumindest nicht noch komischere Züge an als ohnehin schon. War ja dann fast wie bei einem Friseurbesuch... nur irgendwie in der Badewanne. Zuhause, ganz privat. Und zumindest auf der Kundenseite nackt. Irgendwie brachte es wirklich Nichts, immer mehr darüber nachzudenken, weil ich ja doch keine guten, brauchbaren Anhaltspunkte dafür fand, warum das hier nicht eindeutig viel zu privat war. Ich brauchte mir da nichts vorzumachen - mir hatte die reine Freundschaftsgrenze ja von Anfang an nicht wirklich gefallen und das hier machte sie mir nicht gerade viel schmackhafter. Mit einem "Okay.", ließ ich Vahagn nur noch einmal wissen, dass ich verstanden hatte und nickte dabei auch ein klein wenig, bevor ich nach dem Brausekopf an der Wandhalterung griff und das Wasser nahe ihren Füßen über dem Abfluss anmachte. Mich immerhin kurzzeitig mit dem Einstellen der Temperatur beschäftigen konnte, bevor es dann ja doch ans Eingemachte ging, als das Wasser eine angenehme Gradanzahl erreicht hatte. Es folgte nur noch ein kurzer, prüfender Blick in die Augen der jungen Frau in der Wanne, ehe ich mich leicht versetzt neben ihr auf den Rand der Badewanne setzte und sie bat den Kopf ein wenig in den Nacken zu legen, soweit wie es eben möglich war, ohne das ehemals angeschossene Schlüsselbein zu sehr unter Spannung zu setzen. So würde ihr weder das Wasser in die Augen, noch unnötig viel davon nach vorne über die etwas frischeren Wunden laufen. Dann blieb womöglich auch der stärker betroffene Arm so gut wie vom Wasser verschont, bis er selbst mit dem Baden dran war. Ich legte den Duschkopf dann einfach kurz hinter ihr in der Wanne ab - ich meine, hey, das bisschen Wasser mehr war jetzt auch nicht schlimm und so blieben zumindest ihr Hintern und die Füße warm, während sie hier nackt herumsaß -, als ihre etwas längeren Haare soweit alle nass waren und griff nach der Flasche mit dem Shampoo, das Sydney und Sabin zu Beginn letzter Woche mal auf dem Hinweg mitgenommen hatten, damit die Russin sich mit meinem oder Richards recht männlich riechendem Duschgel begnügen musste. War wohl einer der Gründe, weshalb sich ihr leicht süßlicher Geruch so sehr in meinen Laken verfangen hatte... aber ich wollte nur ungern schon wieder abschweifen. Ich gab etwas von dem Shampoo in meine Hand und verrieb es leicht in beiden Händen, bevor ich damit anfing es in ihr Haar einzumassieren. Gründlich, aber doch weiterhin recht sanft. Glich vermutlich am ehesten einer sachten Kopfmassage, bevor ich den Schaum auch noch in den Längen verteilte. Letzteres dauerte weniger lang, als das Shampoo bis an ihren Haaransatz einzumassieren, weshalb ich dann schon bald erneut nach der Brause griff, um den Schaum aus den dunklen, unter dem Wasser fast schwarz aussehenden Haaren zu waschen. Es war übrigens wirklich nicht leicht, mich auch wirklich darauf zu konzentrieren, wo ich rein theoretisch durch den leicht nach hinten geneigten Kopf einen nur noch besseren Ausblick auf diese viel zu perfekten Brüste haben konnte. Es ließ sich auch nicht restlos vermeiden, dass mein Blick ein oder zwei Mal über ihre nackte, schmale Schulter nach vorne glitt... aber zumindest jetzt beim Ausspülen hielt ich mich damit wirklich zurück, damit im besten Fall nichts von dem ausgeschwemmten Shampoo über eine ihrer Wunden floss, nur weil ich meine eindeutig zu gierigen Augen nicht an sich halten konnten. Letztlich war der Schaum auch wieder beseitigt, woraufhin ich noch einmal einen prüfenden Blick auf ihr Haar warf. Aber da war nichts mehr, also spülte ich den kleinen Rest an Shampoo auch noch von meinen eigenen Händen, bevor ich Vahagn den Duschkopf hinhielt. Ich war ja jetzt fertig mit meiner ersten Aufgabe und würde mich dann wohl gleich auf den Klodeckel verziehen, bis sie mich erneut brauchte. Da konnte ich zur Abwechslung wenigstens auf mein Handydisplay starren, um meine Augen nicht stattdessen über den nassen Körper der jungen Frau wandern zu lassen.
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Tauren zögerte dann auch nicht unbedingt lange, bevor er direkt loslegte. Das Wasser auf eine annehmbare, weder zu heiße, noch zu kalte Temperatur einstellte, um sich damit schließlich meinen Haaren zu widmen. Aufgrund der nach wie vor anhaltenden Nackenschmerzen war es verdammt unangenehm, den Kopf zurück zu legen, aber allemal besser, als das mir der Schaum noch in die Augen oder im schlimmsten Fall über die frischen Wunden lief. Leider gab es nur selten ein Shampoo für Erwachsene, welches weder in den Augen noch auf offenen Wunden brannte und das war einer der wenigen Momente, in denen ich das Kind sein ein bisschen vermisste. Damit meinte ich nicht, noch einmal Teenager sein zu wollen, denn das war mit Abstand die schlimmste Zeit meines Lebens gewesen und ich war froh, jene hinter mir zu haben, aber Kleinkind... ja, noch einmal unbeschwert im Sandkasten spielen und sich mit Absicht kinderfreundliches Duschgel in die Augen schmieren. Der Hit. Leider schien die Erfindung der Zeitmaschine immer noch in der Entwicklungsphase zu stecken und somit musste ich mich wohl damit abfinden, im Hier und Jetzt gefangen zu sein. Nicht, dass es nicht auch seine guten Seiten hatte, erwachsen zu sein, aber die Verantwortung, die einem so plötzlich übertragen worden war und die Bedürfnisse, welche erfüllt werden wollten, ließ mich noch heute manchmal erschöpft nach Luft ringen. Nun gut, zurück zum eigentlichen Thema. Ich bevorzugte es also, nicht beidseitig zu erblinden, weil der Schaum mir direkt ins Auge floss und so biss ich kurzzeitig die Zähne zusammen und legte den Kopf trotz des unangenehmen Ziepen in den Nacken, während ich versuchte, den Rest des Körpers weitgehend zu entspannen. Im Zusammenspiel mit dem angenehm temperierten Wasser klappte das eigentlich auch ganz gut und ich genoss die Kopfmassage regelrecht, während ich für diesen einen Augenblick sämtliche Gedanken zur Seite schob, nichts von ihnen hören oder sehen wollte, weshalb ich symbolisch für letzteres auch die Augen schloss, bis das nasse Haar nicht mehr in den Händen des Norwegers lag, sondern wieder an meinem Rücken klebte. Der Duschkopf wurde mir just in dem Moment, als ich die Augen wieder öffnete, überreicht und ich schenkte Tauren ein schmales, dafür aber aufrichtiges Lächeln. Er musste das nicht machen, gab sich, wie so oft, lediglich seinem Helfersyndrom hin, aber genau deswegen war ich ihm ja so dankbar. Zwar würde ich ihm nie so überschwänglich ins Gesicht sagen können, dass die Heilung meiner Wunden und mein Leben in den nächsten Monaten ohne ihn im Allgemeinen ziemlich schlecht ausgesehen hätte, aber ich hoffte einfach, dass er das wusste. Er auch die kleinen, aber feinen Zeichnen zu deuten wusste, die ich ihm hier und da zukommen ließ, weil er mir einfach zu schwer fiel, meinen Dank direkt auszusprechen - und es einfach sehr viel witziger war, ihm auf die Nerven zu gehen. Ich nahm die Brause wortlos entgegen, folgte ihm mit meinen Blicken noch, bis er sich auf dem Toilettendeckel niedergelassen hatte und fing dann an, mich dem Rest der Körperhygiene zu widmen. Zwar musste ich den Kopf, aus dem der angenehm warme Wasserstrahl schoss, ab und an neben mir in der Wanne ablegen, weil ich das Gewicht auf kurz oder lang nicht mehr halten konnte, aber alles in allem funktionierte die Säuberung der Körperstellen, welche unterhalb des Halses lagen einwandfrei. Ich verzichtete darauf, Duschgel auf Regionen aufzutragen, die mit Narben geziert waren, ebenfalls um zu vermeiden, dass das Duschgel-Wasser-Gemisch die Narben reizte, nutzte es lediglich unter den Armen und den weniger verletzten Beinen. Den Rest spülte ich lediglich mit Wasser ab und weichte hier und da ein bisschen Schorf rund um ein paar Kratzer auf, um diesen kurz darauf wegzuwischen, Teile davon vielleicht auch etwas grob abzukratzen, damit er mit dem restlichen Schmutz im Abschluss verschwand. Als ich so weit dann fertig war, stellte ich das Wasser ab und hakte den Duschkopf, inklusive des Schlauchs in die dafür vorgesehene Halterung an der Wand ein und versuchte dann, mich weitestgehend alleine auf die Beine zu raffen. War angesichts der nassen und rutschigen Oberfläche gar nicht so leicht, aber wenn man sich Zeit nahm, Stück für Stück und ganz vorsichtig all die Kraft in seine Beine fließen ließ, dann schaffte man es tatsächlich ohne große Belastung des Oberkörpers, sich aufzurichten. "Würdest du mir ein Handtuch umlegen?", richtete ich mein Wort nach einer langen Zeit des Schweigens wieder an den jungen Mann, der etwas geistesabwesend angefangen hatte, auf seinem Handy herum zu tippen, nachdem er sich von der Badewanne entfernt hatte. Außerdem könnte ich etwas Gegengewicht brauchen, wenn ich aus der Wanne stieg. Andernfalls stünden die Chancen gut, dass ich ausrutschte und es mich heute nach der ohnehin schon beschissenen Nacht und den anhaltenden Schmerzen dann auch noch zu Boden riss.
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Das Handy in meiner Hand sorgte zumindest relativ erfolgreich dafür, dass ich beschäftigt und abgelenkt war, solange Vahagn sich um den Rest ihres Körpers kümmerte. Zwar hätte ich am liebsten trotzdem noch eine Kappe oder dergleichen aufgehabt, deren Schild ich mir gefühlt bis in die Augen hätte runterziehen können, aber eigentlich war das jetzt auch schon ziemlich egal. Ich hatte den Körper der schlanken Brünetten bis hierhin zwar noch nicht wirklich so ausgiebig gemustert, um gefühlt jeden Zentimeter ihres Körpers vor meinem inneren Auge ablichten zu können, aber ich hatte mehr als genug gesehen. Wusste inzwischen nur zu gut, dass sie nicht einfach nur einen unnormal gepushten BH trug oder durch gut sitzende Klamotten hier und da ein bisschen Speck verschleiert hatte. Nein, sie war einfach schön. Umso akribischer versuchte ich mich jetzt auf das Beantworten von ein paar Nachrichten zu konzentrieren. Schrieb ein bisschen mit Björn, der mir die aktuelle Lage im Quartier des Teams grob schilderte. Dass die Gemüter dort hier und da mal recht angespannt waren, weil hin und wieder bei derart gewalttätigen, leicht reizbaren Menschen sicher mal Streit entstand, wunderte mich nicht die Bohne. Er gehörte genauso wie ich derzeit eher zum unteren Teil der Nahrungskette und hatte daher mein volles Mitleid, würde ich dabei doch wirklich kein Stück mit ihm tauschen wollen. Zumindest so lange bis das Wasser abgestellt wurde und sich in meinem Augenwinkel vermehrt Bewegung auftat. Vahagn schien fertig zu sein und aufzustehen, wobei ich ihr eigentlich schon wieder gern geholfen hätte... nur hätte ich sie dann eben unweigerlich an ihrem nackten, feuchten Körper anfassen müssen und darauf verzichtete ich aus Gründen gerade doch sehr gern. Trotzdem hatte sie sofort meine volle Aufmerksamkeit, als sie nach meiner Mithilfe und einem Handtuch fragte. Ich schob das Smartphone zurück in meine Hosentasche und stand ohne zu zögern auf, um eines der frischen, großen Badehandtücher aus dem Schrank zu ziehen und damit zu ihr rüber zu gehen. Es ihr um den Körper zu legen und erst ein klein wenig ihren Nacken und den oberen Teil der Schultern abzutrocknen, weil ich ganz einfach wusste, wie unangenehm der Luftzug aus dem immer gekippten Fenster an den feinen Härchen im Nacken sein konnte, solange die Haut dort noch nass war. Außerdem musste sie ihre Hände dahingehend dann zumindest nicht anheben. Im Anschluss daran umschloss ich ihren Körper dann mit dem weißen Handtuch, führte es unter ihren Armen hindurch und schloss es deutlich oberhalb ihrer Brust mit einem tauglichen Knoten. Ich bewegte mich gar nicht erst vom Rand der Badewanne weg, sondern half Vahagn kurz darauf auch noch damit so unbeschadet wie möglich aus der Wanne zu kommen. Hielt sie hier und da ein wenig fest, damit sie keine Bruchlandung verkraften musste. Erst danach fand mein Blick wieder für einen Moment lang den ihren, aber es war schlichtweg immer noch reichlich komisch, sie anzusehen, solange sie eben nicht wirklich etwas anhatte. Irgendwie würde ich auch wahnsinnig gern etwas sagen, dass die Situation gänzlich entschärfen und die leichte Anspannung aus der Luft nehmen würde, aber mir fiel ganz einfach nichts ein. Ich wusste normalerweise wirklich fast ausschließlich immer, was zu sagen war, konnte stets gut mit Worten umgehen, aber so eine derart komische Situation hatte ich schlichtweg noch nie gehabt. Nach dem ausdrücklichen 'lass deine Hände im Bett bei dir' war ich mir fast sicher, dass alles in Richtung kecker Spruch oder gar Flirt vollkommen unpassend war, aber andererseits... war auch das nicht so ganz nachvollziehbar für mich, weil sie sich hier ja verhältnismäßig unbefangen im Vergleich zum Anfang letzter Woche einfach so von mir duschen ließ. Es passte einfach nicht wirklich zusammen und ich hatte absolut keinen Schimmer davon, was eigentlich wirklich im Kopf der Brünetten vorging. "Das Ganze hier ist aber nicht nur für mich irgendwie komisch, oder?", versuchte ich extrem indirekt mit ein paar sarkastischen, locker klingenden Worten herauszufinden, was denn nun in Vahagns Oberstübchen vor sich ging. Vielleicht konnte ein kleines bisschen reden auch einen Bruchteil der Zeit überbrücken, in der noch ein Teil des Abtrocknens und des erneuten Anziehens auf meine Kappe gehen musste. Immerhin kam sie genauso schlecht in Oberteile und BHs rein, wie sie auch raus kam.
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Der junge Mann kam mindestens genau so schnell mit einem Handtuch in der Hand herbei geeilt, wie er vor der Tür gestanden hatte, als ich ihn vor einigen Minuten zu mir ins Bad gerufen und um seine Hilfe gebeten hatte. "Danke...", murmelte ich zu ihm rüber, als Tauren gerade dabei war, mir freundlicherweise den Nacken und einen Teil der Schultern, an den ich selbst nur bedingt dran kam, abzutrocknen. Das Handtuch wurde schließlich mit einem geschickten Handgriff und einem darauffolgenden Knoten oberhalb der Brust fixiert und ich fühlte mich mit weniger nackter Haut gleich viel besser. Zwar würden die Hüllen noch ein weiteres Mal fallen müssen, wenn es um die Ankleide der frischen Klamotten ging, aber fürs Erste konnte ich erst einmal durchatmen. Nein, gewöhnen konnte ich mich da ganz sicher nicht dran, entstand nicht einmal im Ansatz eine solche Spannung, wenn Sydney und ich uns gemeinsam im Bad aufhielten und sie sich um meine Körperhygiene kümmerte. Zwar schwiegen wir einander auch an und wechselten nur das Nötigste an Worten, aber es war doch schon um ein Vielfaches ungezwungener, weniger unangenehm für mich, vor ihr blank zu ziehen. Ich meine, das Prozedere an sich hatte ich überstanden und überlebt, aber ich müsste lügen, würde ich behaupten, dass es mich nicht immer noch beschäftigte, mir die hauchzarten Berührungen des Norwegers an ganz anderen Körperstellen vorzustellen. In dem Punkt war ich sehr dankbar dafür, dass Gott - oder wer auch immer - mich nicht mit einem Penis bestückt hatte. Manchmal war das zwar sicher ganz angenehm und brachte viele Vorteile mit sich, aber zum einen würde ich mich mit einem männlichen Geschlecht jetzt nicht in dieser Situation hier befinden und zum anderen ließ einen das Teil beim viel zu intensiven Nachdenken über nackte, sehr attraktive Männer wie Tauren einer war, doch ziemlich schnell auffliegen. War also gar nicht mal schlecht, dass bis auf die Gänsehaut, welche streng genommen auch dem leichten Windzug zuzuschreiben gewesen wäre, nichts darauf schloss, dass meine Gedanken bei der vorerst letzten Berührung des jungen Mannes - nämlich als er mir aus der Wanne verhalf, damit er mich nicht noch kaputter vom Boden auflesen musste - schon wieder ganz woanders waren. Erst als die hörbar sarkastischen Worte der männlichen Blondine an mein Ohr drangen, zwang ich mich dazu, dass Kopfkino zu verlassen und meine ungeteilte Aufmerksamkeit stattdessen wieder auf Tauren zu richten, der mir mit seiner Frage gerade förmlich aus der Seele sprach. Ich atmete erleichtert aus, weil es scheinbar nicht nur mir alleine so ging. Es auch für den Norweger entsprechend seltsam gewesen war, obwohl wir beide verhältnismäßig gefasst wirkten. Aber es spielte sich bei uns beiden scheinbar vieles auch unterbewusst ab, was Außenstehende schlicht und ergreifend nicht wahrnahmen konnten. "Nein, ich weiß selbst auch nicht so genau, wohin mit mir.", stellte ich nicht weniger sarkastisch fest, dass auch für mich die ganze Situation so abstrus, wie auch verwirrend war und ich nicht sicher einzuordnen wusste, warum und wieso das eigentlich. Schließlich gab es nicht erst seit gestern auch Freundschaften zwischen Mann und Frau, die weit über den vorherrschenden Werte und Normen der Gesellschaft lebten und jene neu schrieben. So war es beispielsweise eigentlich kein großes Thema mehr, dass es mittlerweile vereinzelt Unisex Toiletten und Duschkabinen in Schwimmbädern gab oder beste Freunde sich das Bett teilten, kuschelten, weil es kalt war, ohne dabei Hintergedanken zu pflegen. "Da sind die abschweifenden Gedanken nicht unbedingt förderlich, um mich wieder zu sortieren.", setzte ich ganz ungeniert noch einen Kommentar oben drauf, der einmal mehr ganz viel Nichts aussagte, während ich mich mit dem Rücken zu Tauren drehte, um mir von der Ablage zumindest schon mal die Unterwäsche zu angeln. Hilfe brauchen würde ich schließlich nur wieder beim Oberteil und so hatte ich wenigstens einen guten Grund, ihn nicht zwangsläufig bei dem Gespräch ansehen zu müssen.
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Gut, also bildete ich mir diese merkwürdige Anspannung in der Luft wenigstens nicht nur ein. Interpretierte hier nicht irgendwas rein, das gar nicht vorhanden war, sondern stand mit diesem Empfinden nicht alleine hier im Badezimmer. Einerseits war das gut, weil wir uns in dieser Sache hier dann nur noch mehr oder weniger missverstanden, aber andererseits hieß das ja doch auch, dass Vahagn genauso wenig mit der aktuellen Situation umzugehen wusste, wie ich selbst. An was für einem Punkt standen wir hier dann jetzt eigentlich? Konnte wohl keiner von uns beiden beantworten und das machte es auch nicht direkt leichter. Das hieß vielleicht höchstens, dass sich die Grenzen langsam ein kleines bisschen weiter zurückstecken ließen. Zwar konnte ich nach wie vor nicht beurteilen, ob die Brünette das überhaupt wollte, aber so ganz sicher mit ihrer damals eigens gesetzte Freundschaftsgrenze konnte sie sich ja eigentlich nicht mehr sein. Oder doch? Vielleicht begann ich hier schon wieder mit reichlich unangebrachtem Wunschdenken, aber es wollte sich partout nicht abstellen lassen. Bahnte sich von ganz allein immer wieder den Weg in mein Bewusstsein und würde wohl auch nicht verschwinden, bis ich einen unangenehmen Dämpfer in Form eines miesen Korbs bekam. Falls das denn zukünftig noch passieren würde - so sicher war ich mir da nicht mehr. "Na immerhin das.", bemerkte ich eher nur noch ziemlich beiläufig und mehr nur an mich selbst gerichtet, dass ich wenigstens nicht allein mit meinem irritierenden Bauchgefühl war. Aber das sollte es tatsächlich noch gar nicht gewesen sein. Wider Erwarten setzte Vahagn dem Ganzen jetzt eine ordentlich Schippe drauf, kaum dass sie sich von mir abwendete. Einen Moment lang musste ich ihren Hinterkopf auch tatsächlich ziemlich perplex anblinzeln, weil ich für den Augenblick reichlich verwirrt war. Erst sagte sie mir, dass ich die Pfoten von ihr lassen sollte und nur ein paar viel zu wenige Minuten später gestand sie dann irgendwelche abschweifenden Gedanken. Natürlich konnte das auch sehr viel Nichts heißen. Sie konnte theoretisch auch einfach nur meinen, dass sie sich schlecht auf den eigentlichen Badevorgang konzentrieren konnte, weil sie den Kopf noch mit etwas ganz anderem voll hatte. Gab vermutlich eine ganze Menge an Dingen, über die sie sich für die Zukunft zwecks ihres Geschäfts noch Gedanken machen müsste. Allerdings war das in meinen Augen ziemlich unwahrscheinlich, wo diese Andeutung doch echt nichts als zweideutig klang. Gut, vielleicht konnte man meine Auffassung der Worte der Brünetten auch ein bisschen auf das Testosteron schieben, aber warum sollte sie denn eigentlich weiterhin abgeneigt davon sein, dass wir die platonische Grenze irgendwann überwanden? Ich gab ihr im Prinzip ja absolut keine Gründe dafür. Half Vahagn wo ich konnte, war zuvorkommend, schenkte ihr hier und da auch einfach mal nur mein Gehör, wenn sie sich etwas von der Seele reden musste, sorgte mich um sie... und ich war nicht unattraktiv. Natürlich war das reine Geschmackssache, aber sie hatte damals im Hafen am Meer ja auch schon mal so eine halb flirtende Bemerkung gemacht, als wir uns das erste Mal so richtig gut verstanden und uns locker unterhalten hatten. Zeigte sich mir gegenüber ganz allgemein auch absolut nicht mehr so abweisend und gemein, wie das zu Beginn unserer Bekanntschaft der Fall gewesen war. All diese Gedanken waren innerhalb kurzer Zeit durch meinen Kopf gerattert und ließen mich jetzt mit einem leicht wehleidig klingenden Seufzen zurück. "Du bist echt die erste Frau, die ich kein Stück verstehe. Du kannst mir doch nicht zuerst vor einer halben Stunde anordnen, dass ich meine Hände bei mir lassen soll und danach dann... sowas sagen.", offenbarte ich der Brünetten hörbar irritiert von ihrem Verhalten, dass ich allein keinen Millimeter dabei vorwärts kam zu analysieren, was sie denn nun eigentlich wollte und was nicht. Rieb mir danach dann einmal von oben nach unten übers Gesicht, um zumindest den offensichtlich verwirrten Gesichtsausdruck wegzuwischen.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Er verstand mich nicht? Schien mir in Anbetracht der Tatsache, dass er fortlaufend unter anderem mit Fragen oder Feststellungen auf meine Aussagen reagierte, eine ziemlich dreiste Lüge zu sein, denn wie konnte er sonst entsprechende Antworten formulieren, wenn er das, was ich ihm gegenüber verlauten ließ, überhaupt nicht verstand? Ich wusste natürlich, dass sich diese Anmerkung auf etwas vollkommen anderes bezog, aber mich amüsierte der etwas resigniert wirkende Tonfall in Kombination mit dem irritierten Gesichtsausdruck des jungen Mannes sichtlich, als ich mich nach dem Anziehen der Unterhose wieder in seine Richtung gedreht hatte. Meine Lippen zierte ein schmales, noch eher zurückhaltendes Grinsen, als ich gerade nach der Jogginghose griff, um wenig später mit etwas wackligeren Beine in die dafür vorgesehenen Löcher zu steigen. "Kann ja gar nicht sein. Weder rede auf Russisch, noch Italienisch mir dir und mein Englisch ist bis auf den Akzent ja wohl auch nahezu ohne Tadel.", antwortete ich währenddessen entsprechend belustigt, schüttelte weiterhin schwach grinsend mit dem Kopf, was beinahe zur Folge gehabt hätte, dass ich das Gleichgewicht verlor. War aber dank der Kommode in meinem Rücken gerade noch mal gut gegangen. Es gefiel mir, wie er sich durch so viel Nichts aussagende Worte beeinflussen ließ, obwohl das eigentlich weniger meine Absicht gewesen war. Mitunter fiel es mir zwischen den durcheinander gewürfelten, abschweifenden Gedanken einfach nur einfach verdammt schwer, über die Worte nachzudenken, bevor sie mir über die Lippen kamen, denn ansonsten hätte ich sie zur Vermeidung etwaiger Kommunikationsschwierigkeiten vermutlich nie derart ausgesprochen oder aber sehr viel konkreter umschrieben. Aber gut, Tauren hatte sich bis hierhin auch schon den ein oder anderen Witz auf meine Kosten gemacht und ich fand es nur fair, dass auch ich jetzt einmal an der Reihe war. Zwar war das der denkbar ungünstigste Zeitpunkt dafür und implizierte zudem, mich ihm gegenüber zur Aufklärung seiner anhaltenden Verwirrung weiterhin zu öffnen, aber was hatte ich jetzt noch groß zu verlieren? Die Demütigung und Erniedrigung - die ich mir mit meiner überaus dummen, spontanen Idee, mich nach Kuba verschiffen zu lassen selbst zuzuschreiben hatte und ausnahmsweise nicht auf andere abwälzen wollen würde -, saß bereits tief in meinen Knochen, so viel schlimmer konnte es also gar nicht kommen, egal, wie ich mich verhielt und was ich Tauren gegenüber jetzt sagen würde. So oder so saß ich in einer Zwickmühle, die es in einer ruhigen Minute noch mit mir auszudiskutieren galt. Ich hatte gerade den Bund der Hose vorsichtig über die Narbe auf Höhe meines Bauchnabels gezogen, als ich mit meinem zum Teil tatsächlich etwas verunsichertem, teils aber auch leicht funkelnden Blick den von Tauren suchte. Er schien gerade nicht wirklich ansprechbar zu sein und biss sich womöglich gerade die Zähne daran aus, aus meinem wirren Verhalten irgendwie schlau zu werden, aber dahingehend konnte ich ihm leider nur die Hoffnung nehmen, als ihm bei der Findung einer Antwort zu helfen, denn ich wusste nämlich selbst nicht so genau, was momentan eigentlich los war. Bezugnehmend auf seine hilflos wirkende Aussage schien es so, als wäre ich jetzt diejenige mit den sprunghaften Entscheidungen, aber störte mich das oder machte ich mir deswegen Sorgen? Nein, eigentlich nicht. Mir war schließlich von vornherein klar, dass ich nicht alle Latten am Zaun hatte, aber der essentielle Punkt, weshalb ich damit so gut klar kam war, dass ich mittlerweile aufgehört hatte, solche skurrilen Geschichten zu hinterfragen. Schlicht und ergreifend aus Angst, auf Antworten zu stoßen, die ich nicht verkraften würde. Wäre in diesem Fall wohl genau das gleiche Spiel, deshalb zuckte ich irgendwann nur noch schwach mit den Schultern, was postwendend ein unangenehmes Zwicken des Schlüsselbeins zur Folge hatte, ehe ich mit ein paar deutlich ernst gemeinteren Worten dann doch irgendwie versuchte, die Verwirrung über meine wechselhafte Persönlichkeit aus der Welt zu räumen. "Okay, okay, Spaß beiseite. Was verstehst du denn nicht? Dass ich dich durchaus attraktiv finde und die Berührungen trotz des absolut unangenehmen Umstandes als sehr schön empfand? Oder das ich einfach versuchen möchte, zumindest ein Stück weit die Grenzen zu wahren, damit sich beide Parteien nicht zu viel auf dem entgegengebrachten Vertrauen des jeweils anderen einbilden?", stellte ich ihn mit einem recht neutral wirkenden Gesichtsausdruck vor eine klassische Alternativfrage, die ich am liebsten mit vor der Brust verschränkten Armen und einem fragenden Blick unterstrichen hätte. Leider war nur letzteres möglich und so lehnte ich mich, beide Arme locker neben meinem Oberkörper baumelnd, mit der Hüfte gegen die Kommode gelehnt da und wartete gespannt darauf, wie Tauren auf die plötzlich so klaren, absolut unmissverständlichen Worte reagieren würde.
# Is it all a tragedy? Are we flashes in a rut going in and out of luck? Maybe. #
Sehr komisch, wirklich. Ich kam nicht umher auf ihre reichlich witzig formulierte Bemerkung ein kleines bisschen mit den Augen zu rollen, weil sie genauso gut wie ich wusste, dass in ihrer Aussprache eher nicht das Problem lag. Viel mehr eben in der Bedeutung der Worte, die sie irgendwie mal so und mal so formulierte, je nachdem in welche Richtung der Wind halt gerade wehte. Mal schien sie das eine zu wollen, dann ein paar Minuten später aber doch lieber den Ansatz des kompletten Gegenteils. Es machte nun mal einfach keinen Sinn. Natürlich gab es hier und da sicher ein paar Haken, die wir geflissentlich in Kauf nehmen müssten, wenn wir uns dazu entscheiden würden, die platonische Grenze zu überschreiten... zum Beispiel die Tatsache, dass ich eben nach wie vor zu Hunters Quartier gehörte und mich im Ernstfall grundlegend immer für ihn entscheiden musste, weil es da keine Optionen gab. Oder aber, dass Vahagn Kuba relativ sicher wieder verlassen würde und ich dann mit nach mehr lechzender Seele allein hier zurückblieb. Auch, dass mein gutgläubiges Herz leider sehr prädestiniert dafür war, sich Hals über Kopf in irgendwelche utopischen Hoffnungen zu stürzen, wo doch irgendwie ziemlich offensichtlich war, dass die Russin sich nicht gerne an Jemanden band... und ich mir hingegen auch sicher damit war, dass ich mehr als ein kleines bisschen eifersüchtig wäre, wenn ich sie irgendwann, irgendwo mit einem anderen Kerl sehen würde. Es würde wohl Tote geben - zumindest mit Blicken. Also womöglich war es rein logisch geschlussfolgert wirklich schlauer uns einfach diese paar Punkte - und noch einige mehr - vor Augen zu halten, wann immer komisch intime Momente aufkamen und damit die Möglichkeit auf Körperkontakt im Keim ersticken. Nur war ich leider auch gerne naiv und schob all diese Kontras gekonnt in einer Kiste unters nächstbeste Bett in der hintersten Ecke meines Schädels. "Russisch wär auch echt der Gipfel.", stellte ich hörbar ironisch fest und rieb mir mit der Hand vor dem Gesicht die gefühlt vor lauter Verwirrung schon kochenden Schläfen, weil ich dann wohl maximal noch das Amen in der Kirche verstehen würde. Ich kannte das eine oder andere italienische Wort, aber bei Vahagns Muttersprache wäre ich zweifelsfrei aufgeschmissen. Man hätte eigentlich meinen sollen, dass die Brünette mit ihren noch folgenden Worten dann endlich mal Licht ins Dunkle bringen würde. Tat sie ja auch kurzzeitig, weil ich damit dann zumindest wusste, was so in etwa die Gründe dafür waren, weshalb sie sich irgendwie selbst mit ihren Worten und Handlungen widersprach. Nur zog sie trotzdem gleich wieder Schatten ins lichtdurchflutete Tal, weil sich ja auch das irgendwie erneut widersprach. Versteht mich nicht falsch - es war sehr gut zu wissen, dass die hübsche junge Frau mir selbst und auch meinen Berührungen scheinbar nicht gerade abgeneigt war. Nur schien sie das ja irgendwie auch nicht zu einer Entscheidung bezüglich der was-auch-immer-Grenze zwischen uns zu führen, weil sie dahingehend eher kein Risiko eingehen wollte. Im Endeffekt war ich jetzt also immer noch nicht maßgeblich weiter als vorher und es war auch wirklich schwierig, sich auf das Gespräch und die Gedanken dazu zu konzentrieren, wo sie mir hier weiterhin halbnackt gegenüber stand. "Beides in Kombination.", stellte ich fest, nachdem mein Blick ungewollt mal kurzzeitig nach unten abgerutscht war. Ich war hier ja wirklich stark was das anging, aber wenn Vahagn sich derartig vor mich stellte konnte nicht mal sie noch von mir erwarten, dass ich nicht hinsah. Ging einfach nicht. Deshalb nahm ich sie auch sachte an den Schultern, übte nur ganz minimalen, sicher kaum spürbaren Druck auf jene aus, damit sie sich mir wieder mit dem Rücken zuwendete. Ich stand kurz darauf relativ dicht hinter ihr und griff nach dem BH und um sie herum, um sie mit beiden Armen in die Träger schlüpfen zu lassen. Sie im Anschluss bis zu ihren Schultern hochzuziehen und dann den Verschluss einzuhaken. "Ein Stück weit heißt aber nicht ganz... und wenn du dich nicht entscheiden kannst, tu ich's früher oder später. Beides geht nicht.", legte ich ihr mit leicht rauem Tonfall eine Tatsache dar, als ich mich seitlich etwas nach vorne beugte, um noch nach dem Tshirt zu greifen. Ich war mit den Lippen nicht direkt bei ihrem Ohr, aber doch deutlich näher als vorher. Ich war vielleicht ein Gentleman, aber kein bisschen immun gegen ihre nackte Haut. Immer mal wieder half ich ihr beim An- oder Umziehen, wenn Sydney eben gerade nicht zur Stelle war und es wurde mit jedem Mal nur schwerer, sie nicht anzufassen. Von der Situation hier im Bad mal ganz zu schweigen. Wenn Vahagn also weiterhin der Meinung war, mir mal solche und dann wieder ganz andere Signale zu senden, während wir uns zwangsweise immer wieder recht nahe kamen, dann würde ich irgendwann ganz einfach auf die Wenns und Abers scheißen. Auch auf die Gefahr hinaus, dass sie mich dann abwies, weil sie im Gegensatz zu mir die Bedenken womöglich nicht einfach wegwerfen und aussperren konnte. Ein eindeutiger Korb war langfristig nämlich wirklich leichter erträglich als dieses unfassbar verwirrende hin und her, das schlichtweg mentale - und auch ein bisschen körperliche - Folter war.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Ja, das müsste ich wohl tatsächlich - mich entscheiden, meine ich. Entweder ich steckte die Grenzen künftig klar ab und hielt mich dann auch selber an eben jene oder aber ich war mir zu einhundert Prozent sicher, dass ich Kuba schon zeitnah wieder verlassen würde und es dann grundlegend eh egal war, ob und wenn ja, was letztlich zwischen Tauren und mir lief. Nur konnte ich halt weder zu der einen, noch der anderen Aussage ein klares und verlässliches Ja oder Nein geben, weil ich mir, verdammt noch mal, nicht sicher war. Halbnackt in der Gegenwart von dem gut aussehenden Norweger ließ es sich eben nur bedingt gut denken und deshalb beschloss ich, dass einfach auf eine ruhige Minuten irgendwann später zu verlegen. Dann würde ich evaluieren, auf welche Lösung es letzten Endes hinaus laufen sollte, aber für den Augenblick räumte ich mir einfach weiterhin das Recht ein, die hauchzarten Berührungen noch ein wenig zu genießen. Würde sowieso nicht mehr allzu lange dauern, bis auf den BH schließlich das T-Shirt folgte und wir das Badezimmer verließen. Auf die paar Minuten mehr oder weniger kam es also wirklich nicht mehr an. "Ich weiß...", ließ ich Tauren, während er mir die Träger des BH über die Schultern strich, nachdenklich wissen, dass ich mir durchaus im Klaren darüber war, wie wenig uns das ganze Hin und Her hier eigentlich weiter brachte, aber ich konnte es nun mal nicht so einfach ändern. So war ich nun mal und hätte er mich nicht darauf hingewiesen, wie seltsam ich mich verhielt und was für widersprüchliche Aussagen ich machte, wäre es mir vermutlich auch gar nicht aufgefallen. Die meisten, mein Liebesleben betreffenden Aussagen kamen mir einfach so über die Lippen, ohne das ich wirklich groß darüber nachdachte, was das bei meinem Gegenüber eventuell auslösen konnte. Wenn ich mir mit etwas wirklich sicher war, dann bestand ich auch auf meine Meinung, ließ da absolut nicht mehr mit mir reden, aber sollte es dann alle hundert Jahre einmal vorkommen, dass ich nicht sofort wusste, was ich eigentlich wollte - dann sollte man Zeit mitbringen und zusätzlich ein wenig Geduld. War wieder einer der Aussagen, die ziemlich ironisch waren, denn mein Geduldsfaden war ja anderen gegenüber bekanntlich nicht besonders strapazierbar, nur war das natürlich etwas ganz anderes, wenn ich persönlich ein bisschen Bedenkzeit brauchte. Sollte klar sein, oder? "Ich lass dich heute Abend wissen, wie ich mich entscheiden habe.", fügte ich noch eine Information hinzu, die ihm Aufschluss darüber geben sollte, dass er vor dem Zubettgehen noch eine Antwort von mir hinsichtlich der ganzen Geschichte erwarten konnte. Zwar würde ich ihn nicht ansatzweise in den Plan einweihen, dass ich mich zurückziehen und tatsächlich darüber nachdenken würde, ob es wirklich machbar war, sich hier und da auf ein wenig Körperkontakt einzulassen oder ob ich das nicht doch lieber sein lassen sollte. Hinterher stempelte er mich noch für komplett verrückt ab, wenn er das nicht ohnehin schon getan hatte, denn kein geistig gesunder Mensch würde das Thema betreffend Pläne schmieden. Entweder man ließ sich kurzfristig darauf ein - und arrangierte sich mit etwaigen Konsequenzen - oder ließ es einfach ganz bleiben. Aber das wollte ich nicht. Ich wollte nicht, dass mir irgendeine Intimität negativ vorgeworfen wurde, nur weil ich nicht im Vorfeld darüber nachgedacht hatte, also ja... Würde ich wohl später noch einmal mit meinem Bruder telefonieren, ob er mich in Russland brauchte oder ich erst einmal zusehen sollte, in Kuba eine eigene Bleibe zu finden. Konnte ja durchaus sein, dass die Firma in meinem Heimatland tatkräftige Unterstützung brauchte, aber weil Iljah ein nicht weniger guter Geschäftsmann war, wie ich eine Geschäftsfrau, ging ich eigentlich nicht davon aus. Er hatte die Sache ganz sicher im Griff und ich wusste nicht, ob mir das jetzt zugute kommen sollte oder eben nicht. Würde ich dann sehen, wenn das Östrogen abgeflacht war und ich wieder einigermaßen geradeaus denken konnte. Fürs Erste beließ ich es jedoch bei der Aussage Tauren gegenüber und bedankte mich nach dem Anziehen des Shirts nur knapp mit einem schwachen Nicken, ehe ich die getragene Wäsche vom Boden auflas. Nicht zuletzt wegen dem Bündel voll Geld in der Hosentasche, welches ich ungern mit in die Wäschetonne schmeißen wollte.
# Is it all a tragedy? Are we flashes in a rut going in and out of luck? Maybe. #
Immerhin schien die junge Frau einzusehen, dass ihre Unentschlossenheit für Niemanden hier besonders förderlich war. Mich selbst zu der Misere äußern bräuchte ich schließlich kaum, hatte ich doch schon mit ihr zu flirten angefangen, als ich noch ans Sofa gefesselt und sie noch ziemlich kühl und abweisend gewesen war. Zwar hatte ich zu jenem Zeitpunkt wegen den Opiaten den Mut und die Dreistigkeit auch wirklich mit Löffeln gefressen, aber das war nicht der ausschlaggebende Punkt. Es war also sehr sicher komplett überflüssig ihr noch wortwörtlich ins Gesicht zu sagen, dass ich ihr nicht abgeneigt war. War wohl selbst für Außenstehende recht offensichtlich, sonst würde Ashton kaum immer mal wieder Bemerkungen in dieser Hinsicht in meine Richtung machen. Natürlich half ich Vahagn auch ohne etwaige Intimitäten gerne, weil das für mich ganz einfach auch zum guten Ton gehörte, nachdem sie uns bei der Beseitigung der Italiener geholfen hatte. Ich auch ganz allgemein einfach kein Problem damit hatte, anderen unter die Arme zu greifen, weil mir das in den meisten Fällen sogar Spaß machte. Ich bekam gern einen aufrichtigen Dank und ein erfreutes Lächeln zurück, verlieh mir das doch ausnahmslos immer das Gefühl etwas gutes und auch richtiges getan zu haben. Trotzdem wäre richtiger, körperlicher Kontakt zu der hübschen Brünetten hier natürlich ein wahnsinnig schöner Bonus zu den Danksagungen, die sie hier und da mal in meine Richtung verlauten ließ. Gut, hätte dann natürlich auch ein gewisses - vermutlich recht hohes - Suchtpotenzial, aber wie gesagt war ich wohl nur allzu bereit dazu über jegliche Formen von Nebenwirkungen hinwegzusehen. Dass die junge Frau mir allerdings quasi sogar einen festen Termin für die Verkündung ihrer Entscheidung diesbezüglich nannte, ließ mir kurzzeitig verblüfft die Augenbrauen nach oben zucken. Natürlich war es das beste, wenn dahingehend möglichst früh absolute Klarheit herrschte, aber dass sie das Ganze dann doch so verhältnismäßig zeitnah auflösen wollte kam irgendwie ein bisschen unerwartet. Blieb nur noch zu hoffen, dass das ganze nicht in einem endgültigen Korb für mich ausartete, aber eigentlich... glaubte ich das nicht. Wollte es vielleicht auch einfach nicht glauben, sondern lieber weiter in der beschwingenden Hoffnung vor mich hin schweben. Einfach nur, weil ich positive Gefühle grundlegend immer bevorzugte. Brachte mir ja auch absolut nichts, wenn ich mir schon jetzt den Kopf darüber zerbrechen würde, worauf die Entscheidung der Russin letztlich fallen würde. Also nickte ich nach diesem Gedankengang und beim Anziehen des Tshirts leicht, bevor ich noch die leicht sarkastisch angehauchten Worte "Gut, damit kann ich arbeiten.", dazu äußerte. Die paar Stunden würde ich ja sicher irgendwie rumkriegen, wenn auch vermutlich nicht ohne immer wieder mit dem grinsen anzufangen. Immerhin hatte ich mir bis vor kurzem nicht einmal erhoffen brauchen, dass da jemals Irgendwas lief, also war es jetzt vermutlich ziemlich schwer den Tag über nicht immer wieder nochmal daran zu denken. Allerdings hielt ich trotzdem für sinnvoll das Thema hier und jetzt erst einmal zu begraben, um die Gemüter zur Ruhe kommen zu lassen. "Ich hab ein paar Eier gekocht, falls du eins zum Frühstück willst.", schnitt ich also ein komplett anderes Thema an und wendete mich dann doch langsam von Vahagn ab, weil meine Arbeit hier ja getan war. Vielleicht ließen sich die beiden Toastscheiben ja noch irgendwie retten, mein Magen knurrte schließlich nach wie vor vor sich hin. Also ging ich zurück zur Badezimmertür um aufzuschließen und warf der Brünetten noch einen kurzen, schwach lächelnden Blick über meine Schulter hinweg zu, bevor ich den Raum verließ und zurück in die Küche ging. Dort angekommen dann feststellte, dass der Toast schon wirklich grenzwertig hart und natürlich kalt war. Also musste der Toaster noch für zwei weitere Scheiben herhalten, weil ich so viel Anspruch dann doch noch an mein Frühstück hatte. Wenigstens ließ sich die Zeit mit dem Schälen meines Eis überbrücken, das unter der Schale zum Glück recht warm geblieben war.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Tja, ihm blieb auch gar nichts anderes übrig, denn ich würde mir die relativ knapp bemessene Zeit definitiv nehmen. Dass ich schon vor der von mir gesetzten Frist zu einer Entscheidung gekommen war, hielt ich persönlich für sehr unwahrscheinlich. Bis ich damit fertig war, mir meine eigenen Gedanken zu machen, würden sicher ein paar Stunden ins Land ziehen und dann war es drüben in Moskau vermutlich schon spät. Wie viele Stunden Zeitunterschied letztlich zwischen der kubanischen Insel und dem russischen Festland lagen, konnte ich so ad hoc nicht sagen, war aber der Meinung, dass es circa sieben Stunden sein mussten, die Moskau vor Havanna lag. Ein Blick auf die im Badezimmer angebrachte Wanduhr verriet mir daher, dass es auf der anderen Seite der Welt beinahe halb acht Uhr abends war. Wenn ich jetzt noch ein paar Stunden verstreichen ließ, um erst einmal ausgiebig zu frühstücken und vielleicht eine Runde spazieren zu gehen, damit der Kopf frei wurde, dann war es schätzungsweise mitten in der Nacht, wenn ich Iljah anrief. Abhängig davon, ob er heute noch etwas geplant hatte oder ausnahmsweise mal früh ins Bett ging, brauchte es vielleicht den ein oder anderen Versuch, ihn an den Hörer zu kriegen und dann durfte ich mir ganz bestimmt erst einmal sein Gejammer anhören. Was mir denn einfallen würde, ihn zu so später Stunde noch zu stören und warum die ganzen Fragen denn nicht bis morgen hätte warten können. Dann würde ich mich - natürlich wenig ernst gemeint - entschuldigen und ihm erklären, dass es in Havanna gerade einmal... keine Ahnung, vielleicht vier Uhr am Nachmittag war und von da an hätte ich dann ganz sicher sein Gehör, weil sich diese Tatsache einfach nicht anzweifeln ließ und auch mir das Malheur passieren konnte, einmal eben nicht die Zeitverschiebung zu denken. Aber wie genau und vor allem was ich ihm konkret sagen oder ihn fragen wollen würde, musste ich mir über den Tag noch zurecht legen. Bis hierhin war mir nämlich nicht sehr viel mehr, als die Frage nach dem Stand der Dinge eingefallen und wie es meinen Männern eigentlich ging, die nach dem Anschlag auf unsere italienische Firma von Iljah in Sicherheit gebracht worden waren. Nur brachten mir die Fragen im Prinzip nicht wirklich viel, um meinen Bruder davon zu überzeugen, dass er mich in Russland gebrauchen könnte und das war der Plan, den ich vermutlich verfolgen würde - die ganze Sache einfach ein bisschen anders einzufädeln. Ich vermutete nämlich fast, dass ich Kuba gar nicht mehr verlassen wollen würde, schlicht weil in meinem Heimatland einfach zu viel alte Kamellen auf mich warteten, aber das wiederum würde ja heißen, dass ich hier auf der Insel eben entsprechende Grenzen einrichten und Regel aufstellen musste, sollte der Kontakt zu Tauren weiterhin bestehen bleiben. Denn ich konnte mir gut vorstellen, dass ich nicht mehr loslassen konnte, wenn da einmal was zwischen uns gelaufen war. Setzte natürlich voraus, dass der Sex mindestens genau so gut war, wie das Aussehen des jungen Mannes vermuten ließ, aber das bezweifelte ich jetzt erst einmal überhaupt nicht. Jedenfalls hatte ich keine besonders große Lust, mich dann mit einer Klette am Hintern und eigenen, ziemlich verwirrenden Gedanken herum ärgern zu müssen und überlegte deshalb, meiner besseren - oder doch schlimmeren? - Hälfte ins Gewissen zu reden, damit er mich auf kurz oder lang darum bat, nach Russland zu kommen und weil ich meinem Bruder für gewöhnlich keinen Wunsch abschlagen konnte, wäre das doch die Idee, bei der am Ende des Tages ausnahmsweise mal nicht ich das Arschloch war. Oder zumindest eben nur sehr... indirekt. Aber genug davon. Ich würde noch ausreichend Zeit haben, die nächsten Stunden darüber nachzudenken und löste mich deshalb von den unzähligen Überlegungen, um Tauren stattdessen aus dem Bad zu folgen. Das ganze Prozedere mit dem Duschen an sich war ja jetzt nicht weiter schlimm gewesen, hatte sich gut aushalten lassen, aber die damit verbundenen, neuen Probleme waren irgendwie... blöd. Nichtsdestotrotz schmiss ich die schmutzigen Klamotten, bis auf Ausnahme des Geldbündels, eigentlich ganz gut gelaunt in den Wäschekorb, ehe ich das Badezimmer verließ, um dem Norweger in die Küche zu folgen. "Frühstück im Allgemeinen klingt sehr gut.", ließ ich verlauten, als ich mich wenig später recht entspannt wieder auf einen der freien Stühle fallen ließ. Mein Hunger hielt sich zwar nach wie vor eher in Grenzen, weil die leichte Übelkeit des gestrigen Abends weiterhin anhielt, aber manchmal konnte eine Scheibe Toast in der Hinsicht Wunder wirken. Hier und da war es einfach notwendig, sich über die vielleicht negativen Warnungen des Körpers hinweg zu setzen, damit es schließlich besser werden konnte.
~lö zeitsprung
Was war ich froh, dass die Verabredung mit Vahagn heute und allem Anschein nach auch in der Zukunft fürs Erste gestrichen waren. Man verstehe mich bitte nicht falsch, so schwerwiegende Probleme mit der Russin, wie Cosma sie hatte, lagen bei mir nicht vor, aber die Renovierung und Einrichtung der Bruchbude, die uns Hunter freundlicherweise zur Verfügung gestellt hatte, raubte mir seit Tag eins schon den letzten Nerv. Nicht zuletzt, weil ich viele neue Gesichter kennen lernte, mit denen Sabin und ich künftig zwangsweise unter einem Dach hausen mussten. Nicht jeder von ihnen war so angenehm umgänglich wie unsere letzten Mitbewohner und auch ich als eigentlich recht ruhig, geduldige Persönlichkeit war bereits das ein oder andere Mal beinahe an die Decke gegangen, weil man mir dermaßen auf den Keks gegangen war. Stattdessen hatte ich dann aber einfach das zum Renovieren notwendige Werkzeug aus der Hand gelegt und war wortlos nach draußen gegangen. Hatte mich gar nicht erst auf etwaige kindische Unterhaltungen eingelassen, weil das Diskutierten mit Schwerverbrechern in der Regel einfach keinen Sinn machte. Also war ich dem Ärger einfach aus dem Weg gegangen, indem ich mir für ein paar Stunden eine Auszeit am Strand genommen hatte. Unter anderem war ich damit auch der ersten Nachfrage Taurens, mich um die verletzte Russin zu kümmern, aus dem Weg gegangen und Sabin hatte ihn erst später zurück gerufen, als sich die Sache scheinbar schon geklärt hatte. Auch wenn es scheinbar eine andere Alternative gegeben hatte, bat mich der Norweger dennoch darum, jeden, bis jeden zweiten Tag vorbei zu kommen, um der scheinbar schwer verletzten Frau unter die Arme zu greifen, als es um ihre Körperhygiene ging. Ich hatte eingewilligt, Gott allein wusste warum, aber es war wohl einfach gegen meine Natur, meine Hilfe gegenüber Menschen, die sie gebrauchen konnten, auszuschlagen, auch wenn sich meine Sympathie ihr gegenüber wirklich in Grenzen hielt. Also hatte ich mich am darauffolgenden Tag zu der Adresse bringen lassen, die Tauren uns per SMS zukommen ließ, um mich schließlich der Russin anzunehmen. Natürlich waren alle Versuche, herauszubekommen, was passiert und wieso sie jetzt hier auf Kuba war, vollkommen ins Leere gelaufen und so hatte ich irgendwann einfach aufgehört, sie in einen gut gemeinten Smalltalk verwickeln zu wollen und den Akt damit so kurz wie möglich gehalten. Es brauchte nicht unbedingt viel Zeit, Vahagn auszuziehen, sie zu baden, abzutrocknen und wieder anzuziehen, aber das ständige hin- und herfahren war auf Dauer einfach nervig. In Verbindung mit dem Renovierungsstress und der Suche nach einer Teilzeitstelle, um ein bisschen eigenes Geld zu verdienen und mich nicht nur aushalten lassen zu müssen, fiel mir Zuhause schon nach der ersten Woche die Decke förmlich auf den Kopf. Ich war also mit einer der ersten, die dem Vorschlag eines der etwas jüngeren Mitglieder aus Hunters Reihen, am Abend wegzugehen, zugestimmt hatte. Jetzt, wo uns aktuell noch niemand nach dem Leben trachtete, erschien mir das als ein sehr guter Ausgleich zu dem ganzen Ärger und somit war ich gleich doppelt froh, heute nicht noch einmal zum abgelegenen Bungalow der drei Verletzten gurken zu müssen. Ich konnte damit heute also, bis auf den Großeinkauf für die gesamte Meute, ein wenig abschalten und hatte die Zeit nach Bekanntwerden des Plans für den heutigen Abend damit verbracht, ein wenig durch die Stadt zu bummeln und nach einem geeigneten Outfit Ausschau zu halten. Leider musste ich feststellen, dass mir für die Art von neuen Klamotten dann aber doch schlichtweg das Geld fehlte und so müsste ich mich wohl mit dem arrangieren, was mein Koffer zu bieten hatte. Ich erinnerte mich zwar dunkel daran, dass ich in Norwegen etwas gekauft hatte, was man für etwaige Besuche von Bars und Clubs durchaus anziehen konnte, aber das Kleid war vor meinem Inneren Auge leider so überhaupt nicht abrufbar. Nachdem ich also von meinem Ausflug zurück gekehrt war, stand der Punkt, das Stück Stoff zu inspizieren, ganz weit oben auf der To Do Liste. Gleich nach dem täglichen Sonnenbad am Strand, aber das verstand sich ja wohl von selbst.
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Seit wir auf Kuba gelandet waren fühlte ich mich zeitweise wirklich wie der Erzieher in einer viel zu großen Kindergartengruppe mit Erwachsenen. Ich war auch wirklich heilfroh darüber, dass Ashton in der Anfangszeit noch hier bei uns wohnte und mir damit einen Teil der Arbeit abnahm. Die Idioten zur Ordnung rief und hier und dort mal ein Machtwort sprach, wenn es eben zu bunt wurde. Glücklicherweise stand mir Hunters rechte Hand bezüglich der Stimmgewalt kein Stück nach und so blieb diesbezüglich zumindest nicht alles an mir hängen. Eben gerade weil mich die derzeitige Wohnsituation ankotzte hatte ich schon mehrfach aktiv mittels Telefon das Gespräch mit dem Kopf unserer Organisation gesucht, damit er sich zumindest nebenher schon mal auf die Suche nach einer geeigneten Immobilie machte. Ich gab ihm noch hier und da ein paar entscheidende Anhaltspunkte, die er im Idealfall beachten sollte mit auf den Weg, damit er nicht zu viel Zeit unnötig mit unpassenden Objekten vergeuden musste. Jedenfalls sehnte ich schon den Moment herbei, in dem wir uns vermutlich im Verlauf der nächsten Woche irgendwann mal die ersten Standorte anschauen würden, denn je schneller ich wieder flüssig war und meine Schulden bei ihm abgehakt hatte - was dennoch sicher eine ganze Weile dauern würde -, desto früher konnte ich wieder aus dieser stresslastigen Wohnsituation raus. Zwar würden sich die Kabbeleien jetzt am Anfang sicher irgendwann ein Stück weit legen, aber bei den unzähligen explosiven Charakteren innerhalb der Wände würde trotzdem immer wieder Streit entstehen. Immerhin war aber das Schlafzimmer inzwischen schon grundlegend fertig renoviert und es fehlten nur noch ein paar neue Möbel. Im restlichen Teil des Hauses fehlte nach wie vor hier und da ein neuer Anstrich oder gar neuer Fußboden, aber wir machten Fortschritte. Zumindest in Sydneys und damit auch meinen ganz privaten vier Wänden war das Wohnen schon halbwegs erträglich. Mit persönlich machte es auch nicht wirklich etwas aus fast tagtäglich zu Richard und Tauren rüberzufahren, weil es für mich eine Pause vom Alltag bedeutete. Ich musste mich im Gegensatz zu Sydney ja dann nicht mit Vahagn auseinandersetzen, sondern unterhielt mich stattdessen meistens in der Zwischenzeit bei einer Tasse Kaffee mit dem Norweger, der von Tag zu Tag immer ein wenig agiler wirkte. Mittlerweile wieder ohne Krücke unterwegs war, was mich wirklich für ihn freute. Weniger amüsant war für mich aber, dass er mir gestern ganz unauffällig gesteckt hatte, dass er mit Richard momentan nicht wirklich klar kam, weil der Dunkelhaarige sich augenscheinlich ein bisschen zu viel Spaß mit Drogen gönnte. Mit dem eigens produzierten Crystal, wie der Jüngling vermutete. Darüber mit ihm gesprochen hatte er wohl noch nicht, aber drum rum kommen würde er nicht. Wenn das allerdings so gar nichts brachte sollte im Idealfall Cosma mal mit ihm reden. Sollte selbst das ins Leere verlaufen war wohl meine Wenigkeit an der Reihe, aber bis jetzt hoffte ich, dass sich das umgehen ließ. Junkies waren eben einfach ziemlich anstrengend und nur schwer zur Vernunft zu kriegen, wenn ihr Körper erstmal tagein, tagaus nach Stoff schrie. Ich beneidete Tauren da kein Stück. Nichtsdestotrotz waren die Gemüter Zuhause nach wie vor angespannt und da kam es mir persönlich wie gerufen, dass sich einige der Jungs für eine Nacht in Havannas Innenstadt aussprachen. Natürlich sah ich dabei als alter Hase, der etliche Jahre zwischen Kriminellen verbracht hatte, durchaus ein wenig Gefahrenpotenzial, war die eine oder andere Kneipenschlägerei doch nicht unbedingt unwahrscheinlich, aber ich beschloss die Bedenken ganz einfach zu ignorieren. Schließlich war das nicht meine Aufgabe und für das Auseinanderhalten von Sturköpfen wurde ich nicht bezahlt, die Schulden wurden dadurch nicht weniger. Ich hatte Sydney heute nicht mit zum Strand begleitet, sondern mich stattdessen noch vermehrt mit den anderen der Renovierung des Schuppens gewidmet und damit waren zumindest mal die Wände und Böden in der Küche - falls man das überhaupt so nennen konnte, war da doch kaum mehr als ein uralter Gasherd, ein für diese Menge an Leuten zu kleiner Kühlschrank und ein Spülbecken zu finden -, einem der Badezimmer und auch im Wohnzimmer fertig. Fehlten nur noch die Möbel, eine neue brauchbare Küche und neue sanitäre Anlagen im Bad. Es nervte mich unsagbar, dass ich in dieses Haus auch noch einen kleinen Anteil von meinem bisschen Ersparten geben musste, aber auch das ließ sich nicht umgehen. Ich hielt die erfrischende Dusche in einem der absolut verkommenen Badezimmer nach der ganzen Arbeit aber dennoch relativ kurz, weil mich der miserable, alte Duschkopf im Grunde nichts als nervte und so tat ich wie schon die ganze Woche über nicht viel mehr als das Nötigste. Sauber werden, hier und da rasieren und danach die Haare schon mal in Form bringen, damit ich mich dahingehend später nicht mehr abmühen musste - der gesplitterte Spiegel im Bad war übrigens auch nur bedingt eine Hilfe. Offenbar war auch die Brünette wieder nach Hause gekommen, während ich im Bad gestanden hatte und so war sie bereits im Schlafzimmer, als ich mich bis dato nur in Boxershorts gehüllt genau dorthin zurückzog. Wohl gleich erstmal sehen musste, was ich denn anziehen würde. Glücklicherweise hatte ich noch sowas wie ein paar ansehnliche Hemden, aber das lag tatsächlich auch daran, dass ich mir früher angewöhnt hatte fast jeden Tag in gutem, schicken Stoff herumzulaufen. Machte besseren Eindruck bei Geschäftspartnern. In der Zeit seit meinem Überflug nach Norwegen hatte ich mich eher wieder an Tshirts und Tanktops gewöhnt, quasi zurück zu den Ursprüngen. So wie mein Geldbeutel leider auch. "Na, wie war's?", stellte ich Sydney eine ganz normale Frage in Form von Smalltalk, quasi zur indirekten Begrüßung. Es war wirklich angenehm, dass wir uns nicht mehr so wie früher in Norden Europas größtenteils anschwiegen, sondern inzwischen eine für meine Begriffe sehr gesunde Freundschaft pflegten. Sie war im Gegensatz zum Rest meines Umfelds einfach... herrlich normal.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
In Situationen wie diesen dachte ich nicht selten an die Zeit zurück, als alles noch in Ordnung gewesen war. Ich noch beim FBI mein Geld verdient hatte und ein mich liebender Ehemann und mein Sohn nach einer langen Schicht Zuhause auf mich warteten. Mittlerweile hatte ich mich zwar an das Leben mit Sabin und Hunters kleiner Gangster Clique arrangiert und als so schlimm empfand ich es schon lange nicht mehr, aber schön oder gar das, was ich mir für den Rest meines Lebens vorstellte war es dann halt auch wieder nicht. Allen voran nervte mich die Tatsache, auf jeden müden Penny achten zu müssen. In den Staaten war ich durch Boutiquen geschlendert und hatte mir gekauft, wonach mir gerade der Sinn stand, schlicht weil ich es mir leisten konnte. Mittlerweile verriet mir ein Blick ins Portemonnaie jedoch, dass mir neben dem Geld, welches mir jeder anteilig für den Einkauf in die Hand gedrückt hatte, vielleicht noch ein paar wenige Dollar zur Verfügung standen und so konnte ich mir nicht einmal das schicke Abendkleid aus einem Second Hand Laden in Havannas Innenstadt kaufen. Ich war wirklich kein anspruchsvoller Mensch, brauchte eigentlich nicht besonders viel, um glücklich zu sein und schon gar keinen teuren Schnickschnack, aber wenn einen die Kaufkraft so gänzlich verließ, war das kein besonders schönes Gefühl. Aber resigniert den Kopf in den Sand stecken wollte ich dann auch nicht, weil ich mir dafür wiederum zu stolz war und ich schon sehr viel Schlimmeres in meinem Leben überstanden hatte. Da würde mich Kuba ganz bestimmt nicht klein kriegen und außerdem sah ich für die Zukunft gar nicht mal so schwarz, weil ich es zwischen dem ganzen Stress und der Bemutterung von etlichen Riesenbabys tatsächlich geschafft hatte, die ein oder andere Bewerbung zu verschicken. Nachts, wenn ich aufgrund des Lärms, den die anderen beim Fernsehen machten, nicht schlafen konnte, hatte ich mit dem Handy nach Stellenausschreibungen erkundigt. Überwiegend suchten momentan Restaurants und Bars nach einer Servicekraft und so lange ich noch nicht zu einhundert Prozent wusste, was ich eigentlich genau machen wollte, war das vollkommen ausreichend für mich. Auf eine Bewerbung hatte ich bereits zwei Tage später eine Antwort in Form eines Einladungsschreibens für ein Vorstellungsgespräch nächste Woche bekommen, was mich zumindest ein schwaches Licht im dunklen Tunnel der finanziellen Sorgen sehen ließ. Mittlerweile war ich nämlich nicht nur bei Hunter verschuldet, der den Flug mittels Gniwek Airlines für mich vorgestreckt hatte, sondern auch Sabin lag ich seit geraumer Zeit auf der Tasche, weil ich an das Geld auf meinem amerikanischen Konto nun mal einfach nicht dran kam. Es war mir also schon wichtig, dass es in dem Punkt langsam wieder bergauf ging und ich würde mich wohl von meiner besten Seite zeigen, in der Hoffnung, dass es direkt auf Anhieb klappen würde. Bis dahin musste ich allerdings zusehen, unnötige Ausgaben zu vermeiden und so verabschiedete ich mich mit einem leisen Seufzen von dem Kleid im Schaufenster und lief weiter in Richtung des nächsten Supermarktes. Streng genommen hätte ich mir schon das Bahnticket in die Innenstadt nicht leisten können, aber der mitunter einzige junge Mann mit fahrbarem Untersatz hatte just in diesem Moment keine Zeit gehabt. Immerhin hatte ich mich mit Ashton darauf einigen können, dass ich zwar mit den öffentlichen Nahverkehrsmitteln die Strecke bis in Havannas Herz fahren würde, dann eben ein wenig die Zeit mit Bummeln totschlug und er mich eine Stunde oder auch zwei später dann mit den vollen Einkaufstüten abholen würde. Das war, zumindest in meinen Augen, auch das Mindeste, denn ich würde einen Teufel tun, mit etlichen, bis zum Rand gefüllten Einkaufstaschen in die Bahn einzusteigen. Außerdem war das schon alleine vom Kraftaufwand her überhaupt nicht möglich. Mehr als zwei volle Einkaufstaschen trug selbst ich als trainierte FBI Agentin nicht, drei vielleicht an guten Tagen. Na ja, jedenfalls brauchte es mich dann tatsächlich gute anderthalb Stunden, bis ich den Einkaufswagen mit den grundlegenden Versorgungsmitteln gefüllt hatte. Fehlten nur noch die vielen Extrawünsche der einzelnen Männer, die ich step by step arbeitete. Hier und da konnte ich nur fragend die Augenbrauen zusammenziehen und den Kopf schütteln, aber jeder hatte wohl so seine verkorksten Vorlieben, beispielsweise in Hinsicht auf bestimmte Jogurts oder Rasierschaum. Es verstrich schließlich eine weitere halbe Stunde, bis ich mit den Einkaufstüten - zehn an der Zahl - vor dem Supermarkt darauf wartete, dass die dunkle Limousine vorfuhr und ich den ganzen Mist im Kofferraum verstauen konnte. Die Rückfahrt war dann sehr viel entspannter, als der Weg in die Innenstadt es gewesen war und daheim angekommen, griff mir Hunters rechte Hand ohne das ich darum bitten musste beim Tragen der Tüten unter die Arme. Ich nickte ihm dankend zu, als der ganze Scheiß seinen Weg in die Küche gefunden hatte, welche mittlerweile halbwegs anständig aussah, seitdem die Jungs ihre Renovierungsarbeiten hier drinnen abgeschlossen hatten. Sabin war jedoch nirgends aufzufinden und ich beschloss, ihn auch nicht noch einmal suchen zu gehen, nachdem ich die essbaren Sachen verstaut hatte und den Rest für das Bad erst einmal in den Tüten verweilen ließ. Schlicht weil ich keine Lust mehr hatte und die Utensilien nicht schlecht werden würden, wenn sie bis heute Abend stehen blieben. Wurde langsam Zeit, dass ich mir die Sonne auf den Pelz scheinen lassen und ein bisschen abschalten würde. Ich machte nur noch einen Abstecher ins Schlafzimmer, um mir passendere Klamotten für einen Aufenthalt in der Sonne anzuziehen und klemmte mir beim Verlassen des Hauses nur noch die Sonnencreme unter den Arm, bevor ich die Sorgen mit dem Zufallen der Haustür die nächste Stunde in der Gemeinschaftsunterkunft beließ. Aus der Stunde waren dann fast zwei geworden, weil ich mich dazu entschieden hatte, auch meine Beine noch kurzzeitig ins Wasser zu stecken. Die Temperatur war einfach fabelhaft und hätte ich mich dazu aufraffen können, noch einmal zum Haus zurückzulaufen, um mir meinen Bikini anzuziehen, wäre ich wohl auch noch eine Runde geschwommen. Konnte ich aber nicht und so waren lediglich meine Beine noch etwas feucht, als ich nach einer halben Ewigkeit wieder nach Hause zurück kehrte. Dort angekommen, hatte ich mich einer flüchtigen Dusche unterzogen und stand gerade mit dem Handtuch auf dem Kopf vor dem Kleiderschrank, als Sabin das Schlafzimmer betrat. Wir waren heute scheinbar immer mal wieder aneinander vorbei gelaufen, hatten einander aber nie richtig wahrgenommen, denn auch der Italiener schien und roch so, als käme er gerade aus der Dusche. Vermutlich war er also entweder vor oder nach mir im Bad gewesen. "Hey.. oh, frag nicht. Einkaufen für so viele Personen ist die Hölle. Hab's schon damals für drei Personen gehasst.", stellte ich gemurmelt fest, als ich gerade zwischen ein paar Shirts und Hosen nach dem Kleid kramte, welches ich mir in Norwegen gekauft hatte. Leider fand ich es auf die Schnelle nicht und seufzte resigniert. Wenn alle Stricke reißen würden, müsste ich wohl aus einem großzügig aufgeschnittenen Top und einer kurzen Hose das Beste machen. "Und bei dir? Ich hab gesehen, dass ihr die Küche fertig habt. Sieht gut aus.", sprach ich ein ehrliches Lob dem Italiener gegenüber aus, mit dem ich inzwischen immer besser klar kam. Vermutlich gerade deshalb, weil er einer der wenigen, vernünftigen und umgänglichen Menschen hier in diesem Chaos war und man sich hier absolut ohne Bezugsperson auf kurz oder lang sicher nur die Kugel geben konnte...
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Das konnte ich mir denken, ja. Ich meine rein theoretisch konnte Einkaufen schon was angenehmes sein, selbst wenn es nur um Lebensmittel ging. Das setzte dann aber in der Regel voraus, dass man nicht auf die Preise schauen musste. In meinen Augen mindestens ein qualitativ hochwertiges, richtig teures Steak mit Beilage und einen mehrjährigen Wein in den Einkaufswagen packen konnte. Mit der Aussicht auf ein richtig gutes Essen, sowie auch das ausklingen lassen des Abends mit einem guten Schluck Alkohol war das Besorgen von Lebensmitteln nämlich gleich viel angenehmer. Wenn es so wie in unserer aktuellen Lage aber lediglich im Schleppen von unzähligen Tüten, sowie auch einem gefühlt endlos langen Einkaufszetteln ausartete, dann war das eigentlich nichts als nervig und auch gewissermaßen anstrengend. Ich für meinen Teil wollte das zumindest immer schnell hinter mich bringen und war froh, dass ich damit nicht so oft an der Reihe war. Ashton war wesentlich öfter, quasi so gut wie immer mit eingebunden und auch darum beneidete ich ihn keinen Meter... andererseits war ich mir aber auch sicher, dass Hunter ihn dafür noch entsprechend entlohnen würde. Schließlich waren das Babysitten und die hin und her Kutscherei eigentlich weit unter seinem gewöhnlichen Arbeitsniveau. "Ja, das glaub ich dir sofort.", stimmte ich Sydney mit einem kaum sichtbaren Nicken zu, während ich den Raum durchquerte und im Anschluss meine Klamotten in eines der wenigen bereits gekauften Einrichtungsgegenstände schmiss - eine verhältnismäßig dekorative Wäschebox aus Stoff. Ich hatte nämlich absolut keine Lust dazu meine Klamotten zukünftig immer zwischen denen der anderen Idioten suchen zu müssen und würde sie demnach ganz einfach separat zusammen mit den Sachen der jungen Frau waschen. War vermutlich das Beste für alle und ersparte mir damit zumindest ein oder zwei der unzähligen genervten Seufzer, die mir ohnehin tagtäglich in diesem riesigen Wohnhaus über die Lippen kamen. Ihre Worte bezüglich der Küche nahm ich mit einem aufrichtigen Lächeln wirklich dankend entgegen. Es hatte unfassbar viele fluchende Worte, verdammt viel Schweiß - wir waren hier alle nicht Hunter, der seinen Arsch in einer laut Ashton richtig angenehm temperierten Villa parkte, sondern mussten eben damit leben mit 25 oder gar noch mehr Grad Innentemperatur zu arbeiten - und auch Kraft gebraucht, um die handwerklichen Aspekte zu bewerkstelligen und parallel dazu noch den Rest der Beteiligten zu koordinieren, weil ich hierbei ganz bestimmt absolut nichts dem Zufall überlassen würde. Wenn hier renoviert wurde, dann auch ordentlich. Der Perfektionist in mir weigerte gegen sich gegen sämtliche anderen Optionen und bekam schon im noch unrenovierten Teil des Anwesens förmlich die Krätze, was vollkommen ausreichend war. Was das - und nur das - anging wäre ich gerade wirklich wesentlich lieber in meiner einstigen komfortablen, recht luxuriösen Behausung in Italien. Die Wahl war aber längst getroffen worden und nun musste ich mich mit dem arrangieren, was ich kriegen konnte. "Hör mir bloß auf... das gleiche Chaos wie immer, einer anstrengender als der andere. Aber wenigstens geht's vorwärts, das Wohnzimmer haben wir heute auch hingekriegt...", gab ich ebenfalls eher relativ resignierte Worte bezüglich des Tagesablaufs von mir, aber das dürfte sie wohl kaum wundern. Sydney wusste selbst schließlich mit am besten wie unfassbar anstrengend, kindisch und stur der Haufen an Schlägern und Mördern sein konnte. Ich hatte mich während meiner Worte locker mit der Schulter unweit neben dem Schrank an die Wand gelehnt, die Arme entspannt vor der Brust verschränkt und beobachtete die Brünette dabei, wie sie offenbar auf der Suche nach etwas Bestimmtem im Kleiderschrank war. "Gehst du mit?", hakte ich nach, weil wir uns dahingehend bis jetzt noch nicht ausgetauscht hatten und uns seit heute Morgen beim Frühstück auch nicht mehr wirklich über den Weg gelaufen waren. Zumindest nicht, um uns zu unterhalten. Ich ging aber dennoch davon aus, dass die junge Frau inzwischen ebenfalls Wind davon bekommen hatte, dass ein paar der Jungs - ich selbst inbegriffen - heute Abend in die Stadt wollten, um eine Bar oder einen Club unsicher zu machen. Je nachdem, was in unseren Augen von außen eben am besten aussah. Natürlich konnte sie theoretisch auch nur nach einem anderen bestimmten Kleidungsstück suchen, weil sie unbedingt das eine haben wollte, um den Rest des Abends absolut bequem zu verbringen, aber das würde ich wohl erst mit einer Antwort ihrerseits erfahren.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Ah, er schien also heute genau so viel Spaß gehabt zu haben, wie ich selbst auch. Ohne dabei gewesen zu sein, konnte ich mir trotzdem sehr gut vorstellen, dass das Renovieren mit dem Haufen an cholerischen Idioten nicht besonders angenehm war. Wie bereits erwähnt, war auch ich schon das ein oder andere Mal in den letzten Tagen mit einer Hand voll der Männer aneinander geraten und ich schätzte einfach mal, dass Sabin sich nicht wie ich einfach zurück gezogen hatte. Machte auch nur wenig Sinn, wenn man schnell fertig werden wollte, was längerfristig vermutlich die Nerven eher schonte, als sich ständig für eine Stunde zurück zu ziehen, nur um wenige Minuten nach Wiederaufnahme der Arbeit genau das gleiche Thema noch einmal durchzukauen. Mir war meine Psyche in diesen Momenten jedoch wichtiger, als die Bruchbude hier möglichst schnell hübsch zu machen. Das Schlafzimmer, welches Sabin und ich uns teilten, sowie die Küche sahen mittlerweile ja doch verhältnismäßig brauchbar aus und sobald die neuen Möbel ihren Weg ins traute Heim gefunden hatten, konnte man sich zumindest in den bis jetzt bereits renovierten Teilen des Hauses fast schon wohlfühlen. Deswegen hatte ich nicht einmal im Ansatz ein schlechtes Gewissen, wenn ich den Schraubenzieher oder den Farbpinsel einfach zur Seite legte und der Konfrontation mit Ärger aus dem Weg ging. Die andere Alternative wäre nämlich in den meisten Fällen, dass besagte Instrumente in Richtung desjenigen flogen, der mir so unfassbar auf den Zeiger ging und wenn darauf kein Mord und Totschlag folgte, dann wusste ich ja auch nicht. Ich musste jedoch gestehen, dass der Haufen für die Dicke ihrer Strafakten vom menschlichen her ab und an wirklich auszuhalten waren. Man mit ihnen zwischendrin tatsächlich zwei Worte wechseln konnte, ohne direkt einen Krampf zu kriegen und auch gemeinsam Fernsehen war in den meisten Fällen unproblematisch. Es sei denn, es wurde sich wieder einmal um den begehrtesten Sitzplatz auf dem Sofa geprügelt - dann war das natürlich alles andere als schön. Aber wie auch immer. Ja, ich konnte nachvollziehen, dass er froh war, die Arbeit für heute hinter sich zu haben und so nickte ich, noch während ich mich wieder in Richtung des Kleiderschranks drehte, leicht mit dem Kopf. "Ich will vermutlich gar nicht wissen, wie viele verschiedene Schimpfwörter auf was für Sprachen auch immer durch den Raum geflogen sind.", kommentierte ich mit einem gewissen Grad an Ironie in der Stimme, dass es vermutlich mehr als nur ein einziges Mal etwas lauter geworden war und Ausrufe der Unzufriedenheit umherwirbelten. Und da sich unter den zahlreichen Clanmitgliedern nicht nur ausschließlich Norweger befanden, war mit Sicherheit auch das ein oder andere böse Wort auf Polnisch, Spanisch, Deutsch oder Französisch gefallen. So genau kannte ich die Anteile der Nationalitäten natürlich nicht, aber dass sich alle nur auf Norwegisch oder Englisch beleidigten, hielt ich persönlich für sehr unwahrscheinlich. Ich streckte mich gerade ein Stück weiter nach oben, um so auch die hinteren Ecken der Ablage im Kleiderschrank abzutasten, als Sabin ein paar weitere, dieses Mal fragende Worte an mich richtete. Weil mir aufgrund der gestreckten Haltung gerade die Luft zum Reden fehlte - ich hatte sie nämlich angehalten -, antwortete ich allerdings erst circa eine halbe Sekunde später, dafür hatte ich das Objekt der Begierde doch noch gefunden. Glücklicherweise war es bei unserem Umzug nicht abhanden gekommen und offensichtlich hatte ich es auch noch nicht weggeschmissen, was meine nächste Befürchtung gewesen wäre, wenn ich das kurze, dunkelblaue und oberhalb der Brust mit Pailletten besetzte Cocktailkleid nicht gefunden hätte. Ich stieß die angehaltene Luft hörbar aus und wehte mir damit eine Strähne aus dem Gesicht, die mir unglücklicherweise vor die Augen gefallen war. Quasi als erster Teil einer Antwort hielt ich mir das Kleid vor den Körper. "Eh ja, hatte ich vor. Denkst du, das ist okay?", klärte ich ihn über meine Anteilnahme an diesem Abend auf und richtete nachdenklich noch eine Frage an den Italiener. "Ich weiß gar nicht, ob mir das überhaupt noch passt...", fügte ich murmelnd und mehr an mich selbst gerichtet hinzu, beschloss stumm, es ganz einfach anzuprobieren. Ohnehin wäre es bald an der Zeit, sich fertig zu machen und wenn ich jetzt schon feststellen würde, dass ich für das Kleid doch ein paar Kilo zu viel angesetzt hatte, dann blieb mir noch genug Zeit, mir eine Alternative zu suchen. Es war mittlerweile eigentlich schon vollkommen normal, dass ich mich vor Sabin einfach auszog. In Unterwäsche durch das Zimmer turnte, wie er das auch tat. Machte nämlich nur reichlich wenig Sinn, kein Problem damit zu haben, sich mit jemanden ein Bett zu teilen, aber auf der anderen Seite dann zu zieren, zu viel Haut zu zeigen. Ne ne, das Problem war schon seit unserer Zusammenkunft in Norwegen kein Thema mehr gewesen und seit unserem ersten, etwas näheren Körperkontakt schon gar nicht mehr. Die Jogginghose und das lockere Top, mit dem ich aus dem Bad ins Schlafzimmer geschlendert war, wanderten also binnen weniger Sekunden aufs Bett und wurden durch geplante Outfit für den heutigen Abend abgelöst. In meinen Augen saß das Teil noch ganz in Ordnung. Hier und da sollte ich zwar trotzdem an den kleinen Speckröllchen arbeiten, aber ich brauchte keine Angst zu haben, dass Nähte platzen würden, nur weil ich mich vielleicht etwas ungünstig hinsetzte. Es lag verhältnismäßig eng an, ja, war aber durch den formbaren Stoff weiterhin bequem und einmal mehr wusste ich, warum ich mir das Teil dazumal gekauft hatte.
# Is it all a tragedy? Are we flashes in a rut going in and out of luck? Maybe. #
Dürften schon einige gewesen sein. Zwar sprach ich natürlich nicht sämtliche Sprachen, die in der Gruppe hier vertreten waren, aber wenn einer der Jungs lauter wurde und dabei sichtlich unzufrieden klang, während er auch noch seine eigene Muttersprache dazu wählte, dann war eigentlich immer klar, was Sache war. Hatte schließlich seine Gründe, dass sie in jenen Momenten kein Englisch, Italienisch oder Norwegisch wählten, weil sie andernfalls sicher den nächsten Tadel von mir ernten würden. Ich ließ mich hier nicht wissentlich beschimpfen, zumindest nicht mit der üblen Sorte Worte. Kam auf den Schweregrad an - sowas wie Arschloch tolerierte ich noch, aber bei Worten wie Hurensohn oder Bastard war ganz schnell Schluss mit lustig. Da verstand ich keinen Spaß, weil mich der Haufen hier ganz einfach mit Respekt zu behandeln hatte. Taten sie in den meisten Fällen ja auch, aber hier und da gab es mal einen Aussetzer, der bei nicht vorhandener Entschuldigung auch geahndet wurde. Natürlich nicht mit einer abgehackten Hand oder dergleichen, aber ein hochgradig unangenehmer Boxhieb in den Magen durfte es dann schon mal sein. "Ich wahrscheinlich auch nicht. Hätte bestimmt Tote gegeben.", schloss ich mich mit einem ironischen Tonfall an und schüttelte ein klein wenig mit dem Kopf. War wohl besser für alle Beteiligten, wenn wir uns nicht für Jedermann verständlich ständig irgendwelche fiesen Worte an den Kopf schmissen. Dann lieber kurz in der eigenen Sprache fluchen und damit dem Großteil der Anwesenden oder gar Allen die Gedanken vorenthalten. Ich war zwar ein Freund davon, wenn Jemand grundlegend sagte was er dachte, aber auch dafür gab es ganz eindeutig ein paar wichtige Grenzen. Beleidigungen waren für eine sinnvolle Unterhaltung nämlich schlichtweg nicht notwendig. Wie bereits von mir vermutet wollte Sydney sich uns heute Nacht anschließen und damit vermutlich genauso wie ich selbst einfach mal ein wenig abschalten. Nach einer derartig stressigen Woche - die Strandbesuche, bei denen sich wirklich gut entspannen und die kubanische Sonne genießen ließ, mal außen vor gelassen - hatten wir uns das wohl auch ganz einfach verdient. Noch dazu wollte die Brünette augenscheinlich von mir wissen, ob das auserkorene Kleid für diesen Anlass denn auch passend war. Bei den Worten, die sie kurz darauf noch anhängte, konnte ich aber lediglich grinsend die Augen verdrehen. Dahingehend unterschied sich die ehemalige Polizistin wirklich kein bisschen vom Rest der weiblichen Weltbevölkerung, wie mir schien. Soweit ich das beurteilen konnte - war ja nicht so, als würde ich sie mir ständig ganz genau ansehen oder gar anfassen - hatte die junge Frau nicht wirklich zugenommen. Vielleicht höchstens Kondition und Muskeln eingebüßt, weil sie das Training nicht so regelmäßig hielt wie ich selbst, sondern sich nur hin und wieder mal bei mir einklinkte, wenn ihr gerade nach ein bisschen Sport war, aber das war ja nicht ausschlaggebend dafür, ob sie nach wie vor in das Kleid passte. Allerdings schien Sydney sich auch prompt davon überzeugen zu wollen, dass sie wirklich noch in das Kleid hineinpasste und so wartete ich mit meiner Antwort letztlich einfach noch ab, bis das dunkelblaue Kleid seinen Platz an ihrem Körper gefunden hatte. Musterte sie dann auch einen kurzen Moment, bevor meine Augen wieder die ihren fanden. "Wie bereits von mir vermutet sitzt das Kleid wie angegossen...", äußerte ich mich zuerst bezüglich ihrer vorherigen Aussage und stieß mich dabei ganz leicht von der Wand ab, ohne den Blick jedoch abzuwenden. "...und es sieht gut aus, ja. Steht dir.", bestätigte Sydney dann noch, dass sie in dem Kleid eine gute Figur machte. Das war auch nicht geschleimt, sondern meine vollkommen ruhig zur Geltung gebrachte Meinung. Die Passform schmeichelte ihrem Körper und die Farbe stand ihr gut, also machte sie damit sicherlich nichts falsch. War zwar relativ kurz, aber das war ja nicht per se etwas schlechtes. Ich wendete mich erst einmal selbst dem Kleiderschrank zu und suchte nach einem der drei schwarzen Hemden, sowie meiner beigen, knapp über den Knöcheln endenden Chino-Hose. War schon witzig, wie sich die Zeiten wieder änderten, wäre ich früher doch nur unwahrscheinlich ohne Anzughose raus gegangen. Inzwischen besaß ich nicht mal mehr eine, weil ich nicht wüsste wofür überhaupt. Immerhin hatte ich aber noch ein paar meiner Klamotten aus Italien mitgehen lassen und mir bisher kaum etwas Neues kaufen müssen. "Aber mach mir die Jungs nicht nervös, ja? Ich will nicht auch noch nach Feierabend testosterongesteuerte Teenager auseinanderziehen müssen.", gab ich ihr mit einem breiten Grinsen einen nur mehr oder weniger ernst gemeinten Rat mit auf den Weg, kurz bevor ich mir selbst erst einmal die Hose anzog. Ich glaubte nicht, dass sie wirklich Interesse an einem der groben Schläger haben könnte - wenn doch, dann sollte sie sich aber bitte für einen entscheiden und nicht mehrere hinter sich her watscheln lassen.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Tote wären zum jetzigen Zeitpunkt doch denkbar... ungünstig, um es mild auszudrücken. Wir waren gerade mal etwas länger als eine Woche auf der Insel und auch wenn ausreichend Leute von uns das Wissen besaßen, eine Leiche ohne den Hauch einer Spur verschwinden zu lassen - ich bezog mich als ehemalige Ermittlerin, die wusste, wonach konkret gesucht wurde einfach mal mit ein -, musste man ja nicht eher damit anfangen, das Schicksal herauszufordern, als das wirklich notwendig war. Sollte nämlich wider Erwarten beim Verscharren der Leiche doch etwas schief gehen, hatten weder Hunter, noch seine Männer Kontakte, auf die sie zurück greifen konnten und ich war mir sicher, dass Sabin keine besonders große Lust hatte, gleich ein weiteres Mal irgendeine Bruchbude, dann vielleicht doch im kalten Sibirien renovieren zu müssen. War in dem Fall also ganz gut, wenn die Jungs lieber in ihrer Muttersprache fluchten. Dadurch hatte maximal ein Bruchteil der Gruppe - wenn überhaupt - die Beleidigung verstanden und der Rest war vermutlich ihrer zugeteilten Arbeit nachgegangen, ohne sich näher mit dem Aussetzer zu befassen. "Das wäre auf ziemlich vielen Ebenen ganz schön blöd gewesen.", ließ ich Sabin noch wissen, wie erleichtert ich war, dass heute wohl augenscheinlich jeder gerade noch einmal so mit dem Leben davon gekommen war. Hätte uns anderweitig sicherlich nur den Abend versaut und ich müsste lügen, würde ich behaupten, dass ich mich nicht schon darauf freute, einfach mal wieder unbeschwert das Tanzbein zu schwingen. War in meinen Augen schon viel zu lange her und im Allgemeinen hatten wir uns die letzten Tage, Wochen, Monate genug gelangweilt. Ein bisschen Abwechslung würde uns beiden wohl nur zugute kommen und ich wäre wohl ziemlich sauer, wenn der Ausflug ins Wasser fiel, nur weil uns die Bullen am Arsch klebten. Ich schenkte schließlich auch den darauffolgenden Worten des Italieners noch mein Gehör, wobei sich ein zufriedenes, sichtlich geschmeicheltes Lächeln nicht unterdrücken ließ. Es legte sich quasi wie von selbst auf meine Lippen, als Sabin mir seine persönliche Meinung bezüglich meiner Wenigkeit in diesem Kleid kundtat. Brachte mich damit glatt dazu, kurz und nur flüchtig an mir herunter zu sehen, um hier und da eine Falte glatt zu streichen, die sich durch den Transport in Koffern nun mal nicht gänzlich vermeiden ließen. "Okay, dann bin ich ja beruhigt.", bedankte ich mich doch sehr indirekt für das Kompliment, während ich weiterhin überlegte, ob die Länge des Kleides für den Anlass angemessen oder doch ein wenig too much war. Weil ich in den Staaten nie wirklich feiern gegangen war - schlicht weil es die Freizeit mit Mann und Kind gar nicht hergegeben hatte -, konnte ich schlecht beurteilen, wie der inoffizielle Dresscode der Clubs aussah, aber ich hoffte einfach mal, dass das so okay war und in Ordnung ging. Andernfalls würde ich wohl einfach wieder nach Hause fahren oder mich alleine mit einer Flasche kubanischem Rum am Strand besaufen - würde ich dann wohl sehr spontan entscheiden. Fürs Erste fand das Kleid aber zumindest die Zustimmung des Italieners und blieb damit erst einmal da, wo es gerade war - nämlich an meinem Körper. Statt es vor dem Weggehen noch einmal auszuziehen, behielt ich es einfach direkt an und würde damit dann gleich rüber ins Bad gehen, um mir dort die Haare zu richten und das gewohnte Bisschen Make-Up aufzutragen. Bevor es dazu kam, entlockte mir Sabin allerdings erst noch ein herzhaftes Lachen und das aufrichtige Lächeln war einem amüsierten Grinsen gewichen. Stimmt, irgendwie hatte ich total ausgeblendet, dass wir gar nicht alleine weggehen würden, sondern uns noch ein Haufen weiterer Kerle begleitete. Na, ob das gut gehen würde? "Ich tue mein Bestes, mich möglichst unauffällig zu verhalten.", versicherte ich dem Kindergärtner der etwa fünfzig Mann umfassenden Tagesgruppe in spe, dass ich es nicht darauf anlegen würde, mich einem der Hitzköpfe an den Hals zu schmeißen. Es befand sich zwar ein Großteil von Hunters Handlangern in meiner Altersklasse, einige waren vielleicht ein Stück weit jünger, aber das änderte rein gar nichts an der Tatsache, dass ich mir nicht vorstellen konnte, auch nur eine jämmerliche Nacht an der Seite von einem der unzähligen sozialen Krüppel zu verbringen. Man konnte von den Typen ja halten, was man wollte, aber sie waren allesamt irgendwie... nicht ihrem Alter entsprechend reif, um es mal nett zu formulieren. Schon das ein oder andere Mal war mir aufgefallen, dass ich als Frau sehr viel weniger Ernst genommen wurde, wenn es beispielsweise um das Thema Kochen oder Einkaufen ging. Schon von Anfang an hatte ich klar stellen müssen, dass ich nicht Mutter Theresa war, die liebend gern ihre Zeit hinterm Herd oder im Supermarkt totschlug und wir uns damit gefälligst abwechseln würden. Das alleine hatte schon für ein entnervtes Augenrollen meinerseits gesorgt, weil sich daraus schließen ließ, dass - natürlich mit ein paar Ausnahmen - Frauen hier in diesem Haus nur ein Mittel zum Zweck waren und das konnte ich einfach nicht gut heißen. Entsprechend würde ich einen Teufel tun, auch nur einem der Typen den Gefallen zu tun, ihm meine Aufmerksamkeit länger, als für ein knappes Gespräch zu schenken.
# Is it all a tragedy? Are we flashes in a rut going in and out of luck? Maybe. #
Die Amerikanerin schien glücklicherweise zu dem Prozentanteil an Menschen zu gehören, die ein Kompliment annehmen konnten, ohne es noch weiter in Frage zu stellen. Ich wusste auch nicht, warum das Einige so machten. Über Komplimente sollte man sich doch einfach bedenkenlos freuen können und sie sich nicht selbst kaputt machen, um das Selbstbewusstsein noch weiter abzusenken. Ich war allerdings schon immer mit einer gesunden Portion Selbstbewusstsein gesegnet gewesen. Hatte schon in den letzten Jahren der Schulzeit keine Probleme mehr damit gehabt das Interesse von Frauen an mir zu wecken, was mich rückblickend betrachtet wirklich wunderte, weil ich eine absolut bescheuerte Frisur mit mir herumgeschleppt hatte. War wohl eher mein Charme gewesen, aber gut, für das Entwickeln von Stilbewusstsein hatte ich mir ja inzwischen mehr als genug Zeit genehmigt, weswegen ich jetzt kaum noch nachdenken musste, wenn ich in den Kleiderschrank griff. Die Frisur blieb, wie sie war und es war wohl in meinem Interesse in den nächsten Tagen mal nach einem geeigneten Barbershop in der Stadt Ausschau zu halten. Zwar bekam ich es meist auch selbst irgendwie hin, aber erstens wollte ich mich langsam mal wieder normalen Standards annähern und zweitens war der Übergang von den kurzen zu den etwas längeren Haaren am Hinterkopf immer schwierig. War einfacher, wenn das jemand vom Fach machte, der direkte Sicht auf meinen Schädel hatte. Jedenfalls war Sydney wohl nicht weniger amüsiert über meinen vorherigen Kommentar als ich selbst, was mich das Grinsen gleich beibehalten ließ. "Firma Mazzanti dankt von Herzen.", ließ ich sie nicht minder ironisch mit einer angedeuteten Verneigung wissen, dass ich ihr dafür durchaus dankbar war. Ich wollte einfach entspannen und den Abend genießen können, wobei ich die Brünette eigentlich sowieso nicht als besonders sprunghaft einschätzte. Wäre sie so gar nicht Herrin ihres Hormonhaushalts würde sie wohl kaum immer so unschuldig schlafend neben mir im Bett liegen. Außer natürlich, wenn ich schlichtweg nicht ihr Typ Mann war... was vielleicht gar nicht so unwahrscheinlich war, weil ich nun mal ein Schwerverbrecher und bis unters Kinn tätowiert war. War aber auch nicht so wichtig. Ich schlüpfte in die Ärmel des schwarzen Hemds mit der seidenglatten, leicht schimmernden Oberfläche. Knöpfte es im Anschluss in aller Seelenruhe zu und krempelte die Ärmel bis knapp unter die Ellenbogen nach oben. Schob danach den unteren Saum unter den Bund der Hose, bevor ich nach einem meiner beiden Gürtel griff und mir jenen auch noch umlegte. Sydney verschwand irgendwann nochmal aus dem Zimmer, vermutlich um den Turban auf ihrem Kopf endgültig loszuwerden und sich noch anderweitig vorzubereiten. Ich zog dann das einzige Paar handgefertigter, italienischer Budapester aus dem unteren Teil des Schranks, das sich noch in meinem Besitz befand. Ich hatte in Italien unzählige davon im Schrank gehabt, aber dieses schwarze Paar Designerschuhe hatte mich um die zweitausend Euro gekostet und war zudem noch unheimlich bequem. Eben echte italienische Maßarbeit, die ich nach wie vor richtig zu schätzen wusste. Ein leises, theatralisches Seufzen fand aber doch den Weg über meine Lippen, als ich die Schuhe auf dem Bett sitzend zuband. Ich legte mir noch die silberne, ebenfalls mehrere tausend Euro schwere Armbanduhr - ich konnte ja zumindest mal für ein paar Stunden so tun, als hätte ich immer noch Kohle bis zum Abwinken - um das rechte Handgelenk und schob dann mein Handy, sowie den Geldbeutel in meine Hosentaschen, bevor ich das Zimmer schon mal verließ und nach unten ging. Nach und nach sammelten sich ein paar der Jungs bei mir am Durchgang vom Flur zum gefühlt riesigen Wohnzimmer, während wir schlicht darauf warteten, dass sich Alle, die mitwollten, hier einfanden. Der eine oder andere kippte dabei schon das erste Bier, aber ich hielt mich damit zurück. Warf stattdessen einen flüchtigen Blick auf meine Uhr, aber wir hatten noch ein paar Minuten, bevor wir uns auf den Weg zur Haltestelle bewegen mussten. Wenn bis dahin nicht alle fertig waren ging ich halt mit denen, die da waren, schon mal vor - so regelmäßig wie in Italien oder Norwegen fuhren Züge und Busse hier in Havanna nämlich nicht.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Auch auf seine letzte Aussage erntete Sabin von mir nur weiter ein belustigtes Lachen, bevor ich mich schließlich dazu aufraffte, meinen im Kleid so gut zur Geltung kommenden Hintern in Richtung Bad zu bewegen. Zwar konnte ich auch mit einem Handtuch auf dem Kopf losziehen, aber das sah dann halt absolut beschissen aus und wenn ich in dem Kleid ein so gutes Bild abgab, wie Sabin behauptet hatte, dann sollte es jetzt bitte nicht an der Frisur scheitern. Ich griff daher im recht geräumigen Badezimmer angekommen zu eines der wichtigsten Utensilien eines Haushaltes, dem eine Frau beiwohnte: dem Föhn. Ich war jetzt schon seit mehreren Jahren mit gesunden und langen Haaren gesegnet, kannte entsprechend die ein oder andere Frisur, welche sich sicher gut für einen Abend auf der Tanzfläche eignete, aber eine nasse Mähne formte sich bekanntlich eher schlecht. Somit steckte ich den Stecker ein, klemmte mir das Gerät dann noch kurzzeitig zwischen die Knie, um mit den freien Händen eine gute Portion Schaumfestiger ins Haar einzumassieren, bevor ich schließlich an die fünfzehn Minuten brauchte, bis das Haar komplett trocken war. Erst dann ging es ans Eingemachte und na ja, was sollte ich sagen... ein Großteil der Frisuren, die mir in den Sinn geschossen waren, scheiterten allesamt an irgendwelchen absurden Kleinigkeiten. Mal hatte ich nicht die richtige Art von Haargummi parat, dann fehlte für eine andere Form die Spangen. Mir war glatt nach Losheulen zumute. Einerseits hatte man so viele Möglichkeiten und auf der anderen Seite beließ ich es wie sonst auch ja doch bei einem schlichten Pferdeschwanz. War angesichts der Tatsache, dass man im Club sicher leicht zu Schwitzen anfing gar nicht mal so verkehrt. Dann klebten mir die Strähnen immerhin nicht im Nacken oder nahmen mir bei etwaigen energischeren Tanzbewegungen die Sicht. Dennoch war ich ein wenig frustriert, als ich mich schließlich der Aufbereitung meiner Wimpern und der Lider widmete, weil ich einfach viel zu viel kostbare Zeit für eine solch simple Frisur in den Sand gesetzt hatte, dass ich jetzt etwas unter Zeitdruck stand. Glücklicherweise hatte ich heute keinerlei Probleme damit, Kajal und Wimperntusche ordentlich aufzutragen, was hieß, dass ich mir eine Menge Zeit durch nicht notwendige Korrekturen sparte. Ein letzter, prüfender Blick in den Spiegel und ich eilte wieder zurück ins Schlafzimmer, um aus dem Kleiderschrank noch ein paar Ballerina zu kramen. Ich wusste bereits, dass wir mit dem Bus oder der Bahn fahren würden und verzichtete deshalb ganz bewusst auf High Heels. Ließ sich angetrunken nämlich auch nicht besonders angenehm darauf laufen und weil ich wenig Lust darauf hatte, mich ab morgen mit einem kaputten Knöcheln herum zu ärgern, fiel meine Wahl sehr schnell auf etwas mit keinem, beziehungsweise nur einem flachen Absatz. In den letzten zehn Minuten vor der dem geplanten Aufbruch war ich noch auf der Suche nach einer kleinen Umhängetasche oder einer Clutch. Nicht, dass ich jetzt besonders viel Geld mit mir herum trug - mehr als die paar erwähnten Dollar hatte ich schließlich nicht mehr -, aber es ging mir auch um ausreichend Stauraum für das Handy und die Hausschlüssel. Die paar Scheine hätte ich sicher noch im BH verstauen können, aber bei dem Rest sah es dahingehend eher schlecht aus. Ich fluchte leise, als ich das ganze Zimmer auf den Kopf stellte und unweigerlich schoss mir die Frage in den Kopf, wie ich bitteschön innerhalb der ersten Woche gefühlt die Hälfte des Inhalts meines Koffers verlieren oder verlegen konnte. Letztlich gab ich es einfach auf und beschloss, Sabin darum zu bitten, mir mindestens das Portemonnaie abzunehmen und später auf mich zu warten, wenn er nach Hause fahren wollte. Die Hausschlüssel und das Handy ließ ich jetzt ganz einfach hier. Ich kam also als eine der letzten im Wohnbereich an, gerade noch rechtzeitig, wie mir die bereits geöffnete Haustür verriet, was mich erleichtert aufatmen ließ. Normalerweise war ich ja ein sehr pünktlicher und zuverlässiger Mensch, aber manchmal überkam selbst mich der Zeitdruck. "Würde es dir etwas ausmachen, heute Abend auf meinen Geldbeutel aufzupassen?", richtete ich eine direkte, leicht gemurmelte Frage an den Italiener, als wir gemeinsam mit dem Rest der versammelten Mannschaft loszogen. "Ich hab auf die Schnelle meine kleine Tasche nicht finden können und da ich leider nicht mit so unzählig vielen Hosentaschen gesegnet bin, wie du es bist, wäre das wirklich sehr nett. Ich habe im Übrigen auch keinen Hausschlüssel dabei.", klärte ich ihn beiläufig darüber auf, weshalb ich ihm das weniger gut gefüllte Portemonnaie andrehen wollte und eröffnete noch im selben Atemzug die Tatsache, dass ich später wohl auf einen der Jungs - oder Sabin selbst natürlich - angewiesen wäre, wenn ich nicht auf der Straße schlafen wollte. Das war einer der wenigen Punkte, wo ich Männer durchweg nur beneiden konnte. Die unzähligen Taschen, die sich überall in ihren Oberteilen oder den Hosen befanden... unglaublich. Man konnte einfach so viel Scheiß in den Klamotten der männlichen Bevölkerung verstauen, während man in Kleidern hingegen... na ja, nur gut aussah und dazu genötigt wurde, beim Shoppen direkt noch eine kleine Tasche für das Wichtigste mitgehen zu lassen.
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