Na bitte, es ging doch. Ich brauchte wohl nicht zu erwähnen, dass es bis zum Himmel stank, dass ich hier scheinbar immer die Schweiz in Form eines Aufpassers spielen musste, damit Niemand aus meinem näheren Umfeld das Zeitliche segnete. Ich war es leid und schon jetzt froh darüber, dass die Sache bald ein Ende haben würde. Beziehungsweise, dass Treffen wie dieses hier nicht mehr nötig sein würden und ich Richard und Hunter wie gewohnt auf Distanz hielt, während ich mich nur selbst mit dem Amerikaner wegen Geschäftlichem auseinander setzen musste. War auf jeden Fall besser für alle Beteiligten und Cosma hatte dann augenscheinlich auch weniger Probleme mit ihnen. Letztere hatte scheinbar ebenso wie ich langsam genug von dem ganzen Theater und verabschiedete sich - nicht ohne den gewissen Knall, der in meinen Augen vollkommen berechtigt war - in die hinteren Räumlichkeiten ihrer Bar. Übel nehmen konnte ihr das hier wohl keiner und ich hätte es der jungen Frau liebend gern gleich getan, wenn ich mich in einer ähnlichen Position befinden würde. Leider war meine Anwesenheit aber noch von Nöten, weshalb ich ihr mit einem angestrengten Seufzen nach sah und mich dann mit den übrigen Problemen an den verbliebenen Rest am Tisch wendete. Da war nämlich noch die Frage bezüglich des Zeitpunkts und auch, wie viel Kohle denn jetzt eigentlich gefragt war. Ich beschloss mich zuerst ersterem zu widmen, weil das die von Richard angesprochene Frage war. Im Grunde hatte er schon Recht damit, dass wir die Sache möglichst zeitnah hinter uns bringen sollten, damit wir die Arschlöcher so bald wie nur möglich endlich los waren. Ich war das Versteckspiel ja selbst leid, wollte mich auch irgendwann mal wieder halbwegs frei - um die Polizei herum - auf den Straßen Oslos bewegen können. Sydney fand es auf Dauer sicher auch nicht besonders witzig, mit so vielen Arschlöchern unter einem Dach zu wohnen. Der Rest unserer super tollen Wohngemeinschaft war nämlich eher ziemlich kurz angebunden und mit rotzigen Worten unterwegs. Klar, es war irgendwo nur logisch, dass sie einer ehemaligen Polizistin gegenüber nicht unbedingt gerne Respekt entgegen brachten, aber ein kleines bisschen Manieren konnte man eigentlich schon erwarten. "Ich würde den Mittwoch anpeilen... das sind zwar noch zwei Tage, aber da ist meistens nicht besonders viel los. Bis dahin kann ich mir noch ein bisschen detaillierter Gedanken machen, wie das Ganze im Idealfall abläuft und Hunter kann seine Personalplanung in Ruhe umdisponieren, weil wir ja seine Türsteher brauchen.", fasste ich in Worte, was ich gedanklich kurz zuvor zusammen gesetzt hatte. Bis dahin das Bild her zu kriegen war ja kein Problem und nach dieser Zeitspanne konnte der Amerikaner dann vielleicht auch wieder ruhig atmen.
Ich sah der sichtlich aufgebrachten Rothaarigen kurzzeitig mit fast weichem Blick nach, als sie sich nach einem recht unmissverständlichen Statement zurückzog. Es war selbst für mich ziemlich eindeutig, dass sie sauer war. Ich meine, ich kannte Cosma jetzt wirklich lange genug um zu wissen, dass sie manchmal selbst ziemlich überreagierte, aber mich beschlich das ungute Gefühl, dass sie in diesem Punkt wohl recht hatte, so ungern ich das einsehen wollte. Sie war eben nicht einfach nur einer meiner Handlanger... ich hatte, ganz gleich was sie mir nun bedeutete, einfach kein Recht dazu, ihr zu sagen was sie zu tun und zu lassen hatte. Dabei wollte ich doch einfach nur nicht, dass ihr was passierte. Sie war einer der wenigen Menschen, die mir am Herzen lagen und im Gegensatz zum Rest meines winzigen Freundeskreises war sie nunmal eine Frau, die sich im Verhältnis nur schlecht verteidigen konnte. Natürlich beruhigte mich der Gedanke, dass sie eine Waffe inzwischen gut zu führen wusste, ein klein wenig, weil sie ja trotzdem an dem Abend anwesend sein würde. Aber es machte dennoch einen Unterschied, dass sie halt kein Kerl war. Noch dazu kam der unschöne Gedanke, dass ich mich nicht damit arrangieren wollte, dass sie sich einem der schmierigen Italiener an den Hals warf... womöglich hatte ich auch dazu keinerlei Recht, weil die Fronten bei uns nach wie vor eher ungeklärt dastanden und wir uns noch nicht ansatzweise auf sowas wie eine feste Beziehung geeinigt hatten. Das änderte aber Nichts daran, dass ich das nicht wollte. Allein der Gedanke daran, sie auf dem Schoß eines fremden Mannes sitzen zu sehen, jagte mir einen kalten Schauer über den sonst so standhaften Rücken. Ich unterbrach den Gedanken und löste meinen Blick von der Tür, die hinter der jungen Frau wieder ins Schloss gefallen war, um mich auf den noch anstehenden Rest der Konversation zu konzentrieren. Zwei Tage waren ausreichend, um die Aufgaben meiner Männer noch mal anders und damit effektiver zu verteilen. Bei Sabin wäre ich ja selbst, also konnte ich dahingehend schon mal zwei Leute abziehen. Ob das dann auch die waren, die letzten Endes in dem Poker-Ambiente platziert waren, stand jedoch noch auf einem anderen Blatt. "Sollte hinhauen... was denkst du, wie viel Asche wir brauchen, damit sie anbeißen?", schob ich noch immer mit grummeligem Unterton die nächste Frage hinterher. "Ich schätze Irgendwas um die Fünftausend reicht, um sie anzulocken... der italienische Hochmut lässt sie sicher jeweils nochmal einen ähnlich hohen Betrag mit rein schmeißen.", gab mir der Italiener mit einem Schulterzucken zur Antwort. Aha, italienischer Hochmut. Was er nicht sagte, kam mir ja gar nicht bekannt vor, aber ich schluckte einen Kommentar in dieser Richtung trotzdem erst einmal runter, um mir einen weiteren Streit zu ersparen, weil meine Gedanken nach wie vor zur Hälfte um den rothaarigen, kleinen Teufel kreisten. "Gut, von mir aus. Ich kümmer mich drum... war's das?", nahm ich die finanzielle Geschichte noch immer eher angepisst klingend auf meine eigene Kappe, weil ich die Kohle sowieso zurück kriegen würde. Entweder weil Cosma das Geld geschickt erspielte, oder spätestens wenn ich die Idioten in absehbarer Zeit sowieso platt machen und mir alles nehmen würde, was sie in ihrer privaten Örtlichkeit momentan horteten. Seien es nun Waffen, Geldscheine oder eine teure, goldene Halskette - ich würde plündern was das Zeug hielt, um mich selbst für den ganzen beschissenen Aufwand zumindest ansatzweise zu entschädigen.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Hola, da wurde ein absolut wunder Punkt getroffen. Schon als Hunter es mir gleich getan und Cosma derart forsch abgewürgt hatte, war mir aufgefallen, wie sich der Gesichtsausdruck der Rothaarigen schlagartig veränderte. Eigentlich hatte sie einen recht neutralen Eindruck gemacht, schien die ganze Geschichte nicht ganz so ernst zu nehmen, aber ab dem Punkt... Tja, da wollte mir keine treffende Umschreibung zu einfallen, außer das sie mächtig angepisst wirkte. Auch der Abgang, mit dem sich Cosma aus der heutigen Runde verabschiedete, bestärkte mich in meinen Vermutungen. Aber gut, folgen wollen würde ich ihr nicht. Sollte sie ruhig ihre Aufzeichnungen wälzen und einen Joint rauchen. Dann wäre die Laune schon sehr bald wieder ein Stück weit besser. Manchmal musste man Menschen einfach ihre Zeit lassen, das wusste ich nur zu gut. Statt mich also weiter mit der Rothaarigen aufzuhalten, deren auffälliger Schopf noch kurze Zeit später durch das eingelassene, runde Fenster in der Tür zu sehen war, widmete ich mich wie alle anderen auch wieder dem Gespräch. Waren schließlich meine Fragen, auf die ich eine Antwort erwartete und sowohl Sabin, als auch Hunter ließen nicht lange auf sich warten, wobei mir letzterer kurzzeitig erneut abwesend erschien. Legte sich dann aber auch bald wieder, sodass ich keine weiteren Frage stellen würde, auf die ich ohnehin nur eine patzige, wenig hilfreiche Antwort bekommen hätte - wenn ich überhaupt eine bekommen hätte. Okay, es sollte also der Mittwoch werden und der Amerikaner kümmerte sich um den finanziellen Aspekt. Schön. "Gut, dann bring ich das Bild morgen vorbei. Die Papiere können wir bei Cosma im Büro einschließen und am Abend hängen wir das Gemälde auf.", gab ich meinen Senf auch noch dazu, beteiligte mich damit verhältnismäßig wenig an der eigentlichen Planung, aber weder würde ich hier Geld beisteuern, noch hatte ich Personal, um das ich mich kümmern musste. Im Endeffekt würde ich mich daheim nur noch einmal zu dem Bild belesen, nur für den Fall, dass es dahingehend Fragen gab, die ich ungern unbeantwortet lassen wollte. Schließlich musste ich einen kompetenten Eindruck erwecken und ewig lang drum herum zu drucksen, weil ich etwas nicht wusste, war ein absolutes No-Go. Ich beschloss, auch diese Information, sei sie nur für mich wichtig, kundzutun. Damit es auch nicht hieß, ich schaukelte mir ausschließlich die Eier und wirkte nur beiläufig am Plan mit. "Werd' mich daheim noch mal ein bisschen in die Geschichte des Bildes rein lesen. Wissen auffrischen und so. Ansonsten, wenn's keine Unklarheiten mehr gibt, sind wir, denke ich, fertig für heute." Mein Blick wanderte schließlich - weniger Streit suchend als noch vor ein paar Minuten - zu Hunter. Dann nickte ich mit dem Kopf in Richtung Tür, hinter der die rothaarige junge Frau gerade verschwunden war. "Wenn das ein kümmern kümmern, im Sinne von alles übernehmen ist, dann solltest du ihr das sagen, bevor sie sich die ganze Mühe, ihre Lohnbücher zu durchforsten, umsonst macht. Hebt die Laune sicher nicht gerade an.", riet ich dem Amerikaner mit einem leichten Schulterzucken, war im Allgemeinen wieder weniger auf Krawall gebürstet - auch wenn mein Kommentar vor unterschwelligen Schuldzuweisung nur so triefte - und äußerte diesen Ratschlag auch nur Cosma zuliebe, wobei es auch ihm zugute käme. Denn wenn sie wüsste, dass er sich um alles kümmerte, musste sie sich nicht so viel Arbeit machen. Hatte sie das erst einmal getan und wurde im Anschluss darüber in Kenntnis gesetzt... Na ja, dann wollte ich noch sehr viel weniger auf dem Weg Richtung Büro sein, auf dem sich Hunter mit knirschenden Zähnen gerade befand. Sah er etwa ein, dass ich ... Recht haben könnte, mit dem, was ich da sagte? Mit einem schmalen und unauffälligen Grinsen hatte ich mir das noch halb volle Glas meiner Bekannten gekrallt, um mit dem Inhalt noch den Rest des Abends ausklingen zu lassen.
Manchmal stellte ich mir wirklich die Frage, warum ich noch nicht irgendwo mitten in den Wald gezogen war, wo mich kein Arsch mehr auch nur im Ansatz nerven konnte. Einmal in der Woche zum Einkaufen Zivilisation ertragen zu müssen stellte ich mir weitaus angenehmer vor, als ... na ja, dieses Leben halt. Verpflichtungen, Ärger und Stress. Es nervte nur noch und wenn ich nicht permanent high war, ließ sich das alles nur mit den Zähnen knirschend ertragen. Zumindest an den wirklich schlechten Tagen und heute war mal wieder einer dieser Tage. Irgendwie passte wieder alles perfekt zusammen, sodass ich schließlich endlos genervt in meinem Büro die Tür hinter mir ins Schloss warf. Beabsichtigt laut, weil ich durfte das ja. War schließlich mein Eigentum und bis vorne in den Eingangsbereich hörte man das sowieso nicht. Ob ich jetzt hier die Inneneinrichtung zerlegte oder es ging eine Bombe hoch. Vollkommen irrelevant, hatte niemanden zu interessieren. Genau so wenig, wie mich jemand davon abhalten konnte, mir, an meinem Schreibtisch angekommen, einen Joint anzuzünden, der meinem Grad an mieser Laune wirklich gebraucht wurde. Jenen bunkerte ich, wie so vieles andere auch, mal wieder in einen der Schubladen meines spärlich besetzten, dunkelbraunen Arbeitsplatzes. Viel Zeit verbrachte ich hier nicht, lediglich an den freien Tagen oder ein, zwei Mal vor Öffnung der Bar fand ich mich hier zu Zwecken der Bearbeitung von Rechnungen und der Erledigung von Personalplanung meiner Mädchen ein. Ansonsten bewegte ich mich ja eher im vorderen Teil der Bar. Heute allerdings war ich ganz froh, dass ich genau diesen Teil meiden konnte, war mir das ganz einfach zu viel geworden. Weil ich nach wie vor nicht wusste, wie die Fronten zwischen Hunter und mir eigentlich waren, fiel es mir schwer, ihm Sachen durchgehen zu lassen, die ich sonst niemand anderen durchgehen ließ, der nicht irgendeine Art von spezieller Beziehung zu mir hatte. Richard war mein bester und eben einziger Freund, dem verzieh ich den ein oder anderen schroffen Tonfall, aber bei dem Amerikaner... war es einfach schwierig. Ich wäre ihm gerne böse - war es zum Teil auch ein bisschen -, auf der anderen Seite wusste ich ja, dass Hunter vor Sabin und Richie nicht ganz so weit ausholen konnte, warum und weshalb es ihm nicht zu passen schien, dass ich mich für den ursprünglichen Plan hatte breitschlagen lassen. Es war alles so schrecklich verwirrend und eigentlich hatte ich nur einen Augenblick lang Ruhe haben wollen, als es plötzlich an der Tür klopfte. Ich hatte mir gerade den Filter zwischen die Lippen geklemmt und angefangen, aus dem Regal, welches bis unter die Decke voll mit Akten stand, einen mit aktuellen, die Finanzen betreffenden, Information zum Schreibtisch rüber getragen und stand somit mit dem Rücken zur Tür. Ein flüchtiger Blick auf die Wanduhr verriet mir, dass gerade einfach zwanzig Minuten seit meinem Abgang verstrichen waren. Und da wollte man mir echt schon wieder auf den Geist gehen? Weil ich wirklich nicht damit gerechnet hatte, dass sich jemand anderes, als der schmale Brünette sich traute, mich aufzusuchen, nachdem ich bereits kundgetan hatte, wie wenig Lust ich auf weitere Konversationen hatte, schnaubte ich schon ein paar personalisierte Worte in Richtung Tür, als ich hörte, wie sie langsam aufgeschoben wurde. "Ich schwöre bei Gott, Richard, ein bisschen mehr, als zwanzig Minuten Ruhe ist doch nicht zu viel verlangt, oder?", knurrte ich gegen Ende förmlich, aber etwas undeutlich, weil die giftigen Dämpfe mir beim Reden die Luft zum Atmen genommen hatten. Erst als ich den Order, der an und für sich einiges an Gewicht hatte, auf den Schreibtisch fallen ließ und mich zu meinem Besuch umdrehte, stellte ich fest, dass es sich bei dem jungen Mann im Türrahmen gar nicht um Richie handelte.
# Is it all a tragedy? Are we flashes in a rut going in and out of luck? Maybe. #
Vorerst schien sich also tatsächlich eine ganzheitlich akzeptierte Lösung für das Problem gefunden zu haben und ich war heilfroh darüber. Richard verkündete sich nochmal intensiver mit dem Bild auseinander zu setzen und Hunter war scheinbar so nett mir einen Anteil an der finanziellen Beisteuerung zu erlassen. Beide bekamen nacheinander ein Nicken von mir, weil das, was sie sagten, für den heutigen Tag erst einmal Alles war, das ich wissen musste. Wenn ich für meine weitere Planung noch irgendwelche anderen Informationen brauchte, dann konnte ich mich ja bei der betreffenden Person melden. Zwar war ich von der Außenwelt momentan ziemlich abgeschnitten, aber ich besaß nach wie vor ein funktionstüchtiges Mobiltelefon. Was Richard gen Ende noch anmerkte - gut, die Wortwahl war wie so oft fragwürdig, aber man konnte nicht Alles haben - trug schon Wahrheit in sich und es war sicher besser für alle Anwesenden, wenn die Nerven des rothaarigen Temperamentsbündels nicht unnötig weiter strapaziert wurden. Immerhin wusste spätestens jetzt sogar Sydney, die nicht mal ansatzweise etwas mit Cosma am Hut hatte, dass man die Gute besser nicht unnötig reizte. Es sollte also in Hunters Interesse sein, die Information noch zeitnah an die Barchefin weiter zu tragen. Er machte sich irgendwie nicht ganz normal wirkend, wenn auch wie gewohnt leise vor sich hin fluchend, auf den Weg nach hinten und bezog von da an keinen Teil meiner Aufmerksamkeit mehr. Ich schüttelte also nur leicht den Kopf und sah dann zu Richard. "Wie auch immer... ist ja jetzt Alles geklärt, also verzieh ich mich. Reicht echt für heute. Tu uns den Gefallen und halt' Sicherheitsabstand, wenn er wieder zurück kommt.", verabschiedete ich mich indirekt von dem Dunkelhaarigen, der sich weiter am Alkohol ergötzte, wobei die letzten Worte wieder leicht sarkastisch klangen. Einfach, weil es grundsätzlich jedem Menschen auf diesem Planeten zu empfehlen war Hunter gar nicht erst auf Armlänge nah zu kommen. Ich stand auf und stellte noch dabei mein Glas zurück auf das Tablett - ja, zumindest einer hier im Raum hatte Anstand -, bevor ich Sydney mit einem leichten Kopfnicken bedeutete, es mir gleich zu tun. Auch, wenn ich sowieso nicht glaubte, dass sie freiwillig mit dem Rest der Sippschaft hierbleiben wollte. Ich hob zum Abschied noch die Hand, ehe ich Richard an dem Tisch zurück ließ und mich auf den Weg zum Ausgang machte. Nur noch meine Jacke vom Haken sammelte und dann nach draußen ging, um wie so oft in letzter Zeit einen von Hunters Handlangern dazu aufzufordern, mich und den weiblichen Anhang von A nach B zu befördern, damit uns keiner auf dem Heimweg den Kopf weg schoss.
Ich hasste es, dass Richard Recht mit dem hatte, was er sagte. Aber ich hatte zum einen kein brauchbares Gegenargument und zum anderen wollte ich Cosma eigentlich nicht noch wütender machen, als sie es ganz offensichtlich ohnehin schon war. Allein das jetzt wieder grade zu biegen erschien mir noch am Tisch sitzend eine unschöne Angelegenheit zu werden, obwohl ich es nicht einmal böse gemeint hatte - ihr gegenüber, der dunkelhaarige Affe konnte von mir aus in der Hölle schmoren. Jedenfalls erhob ich mich mit einem weiterhin reichlich genervt klingenden "Na schön..", vom Tisch und fluchte kaum hörbar vor mich hin, während ich mich die kurzen Haare raufend auf den Weg zum Personalbereich der Bar machte. Dabei wusste ich nicht mal, wen ich gerade genau verfluchte. Richard, weil er einfach eine unfassbare Nervensäge war? Sabin, weil er scheinbar vergessen hatte, wo sein Platz war? Oder doch nur mich selbst, weil ich es immer wieder fertig zu bringen schien Leute zu verärgern, bei denen es nicht mal beabsichtigt war? Keine Ahnung. Die ganze Situation war einfach rundum beschissen und so machte ich mich mit gemischten Gefühlen in der Magengegend daran, an die Tür zu klopfen. Hätte ich im übrigen aus alter Gewohnheit fast vergessen, obwohl die junge Frau es noch so überdeutlich erwähnt hatte. Allerdings wanderte die Hand dann doch in letzter Sekunde an die hölzerne Tür, statt auf die Türklinke und ich wartete kurz, bevor ich dann langsam eintrat. Dabei fast ein wenig zögerte, weil ich abgesehen von der Geschichte mit den Finanzen gar nicht wusste, was ich Cosma eigentlich genau sagen wollte. Jedenfalls schien sie nicht mit mir zu rechnen, flogen mir doch gleich wieder die nächsten patzigen Worte um die Ohren, die jedoch gar nicht mir galten. Oder doch? Ich wusste nicht, ob sie mich hier gerade lieber hatte als ihren besten Freund, aber es spielte auch nicht wirklich eine Rolle. In jedem Fall sollte ich wohl zumindest versuchen, ihr die Geschichte zu erklären. Aber vorerst schloss ich die Tür hinter mir und ging zwei, drei Schritte auf den Schreibtisch zu. "Das mit dem Geld mach' ich schon, du musst nicht blättern... ist wohl für alle die angenehmste Variante. Nach aktuellem Stand soll das Ganze am Mittwoch stattfinden.", schilderte ich ihr knapp den Ausgang des Gesprächs, damit sie auf dem neuesten Stand war, wobei mein Tonfall schon ruhiger war als noch vorhin am Tisch, aber es schwang doch noch die gewisse Grundspannung im Unterton mit. Dann atmete ich ein wenig tiefer durch und versuchte zumindest, mir ansatzweise Worte zurecht zu legen. Funktionierte allerdings nur semi gut, weswegen die folgenden Worte etwas wirr zusammen gewürfelt waren. "Ich wollte nicht... dir nicht sagen, was du zu tun hast. Ich kann nur nicht... ich will nicht, dass dir was passiert, Cosma.", erklärte ich zumindest ansatzweise, warum ich versucht hatte die Rothaarige zu bevormunden, als hätte ich das Recht dazu. Das war eindeutig einer der Momente, in denen mir klar wurde, wie wenig ich für dieses ganze gefühlsduselige Zeug gemacht war und wie viel weniger ich Worte in dieser Richtung erfolgreich formulieren konnte. Aber eine Entschuldigung hielt ich trotzdem nicht für angebracht. Wieso auch? Ich entschuldigte mich doch nicht dafür, dass ich mich um ihren Schutz sorgte.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Guter Witz, ha ha. Nun, ich hatte nicht unbedingt vor, heute noch mit Hunter auf Kuschelkurs zu gehen. Deswegen nickte ich Sabins leicht ironischen Worte nur mit einem schiefen Grinsen ab und verabschiedete mich ebenfalls mit einem "Bin auch gleich weg. Möchte nicht als Zeuge vernommen werden, wenn's heißt, dass die Bar abgebrannt ist." Dabei hatte ich ein deutlich breiteres Grinsen als zuvor aufgesetzt und kippte noch beim Aufstehen den letzten Rest des teuren Rums meinen Rachen hinunter. Während der Italiener und seine Begleitung, die nach wie vor sichtlich verstört wirkte, sich in Richtung Ausgangs trollten, blieb ich noch einen Augenblick lang an meinem Platz stehen und sobald sie außerhalb meines Sichtbereiches verschwunden waren, rieb ich mir mit einem leisen Seufzen über das Gesicht. Ich war müde. Und genervt. Aber in erster Linie müde. Trotzdem wollte ich das Chaos - aus dem kaputten Glas war seit Cosmas Anfall ein kleines Stück heraus gebrochen - nicht so stehen lassen, war eine unaufgeräumte Bar sicher nicht das, was sie vorfinden wollte, wenn sie sich gerade etwas beruhigt wieder nach vorne traute. Also tat ich es Sabin gleich und verräumte neben meinem eigenen Glas auch noch den Rest des Geschirrs auf dem Tablett, welches ich im direkten Anschluss daran zur Spüle rüber trug. Die Scherben des kaputten Behältnisses wanderten postwendend in die Mülltonne, während ich die restlichen drei Gläser unter kaltem Wasser abspülte. Erst da fiel mir auf, dass Sydney überhaupt nichts von ihrem Rum gekostet hatte, was mich einerseits mit den Augen rollen ließ, andererseits war jedes Bisschen Alkohol gerade ein willkommener Tropfen. Nur hätte ich nicht ganz so übermütig alles in einem Zug vernichten sollen, schnürte mir der beißende Geschmack doch beinahe die Luft zum Atmen ab. Aber auch das legte sich schnell wieder und so konnte ich auch das letzte Glas spülen und nach dem Abtrocknen verräumen. Damit war ich dann für heute fein raus und konnte guten Gewissens den Weg nach Hause einschlagen. Mir war zwar nicht gerade wohl dabei, Cosma mit diesem Rotzlöffel alleine zu lassen, aber es war ja nicht das erste Mal, dass Hunter und sie unter sich waren und bis dato war bis auf geringfügige Körperverletzung eigentlich noch nie etwas passiert, also was soll's. Dennoch steckte ich mein Kopf noch einmal durch die Tür, die zum hinteren Teil der Bar führte und rief ein "Ich bin weg für heute, bis morgen.", durch den Gang, in der Hoffnung, dass es bei ihr angekommen war. Dann machte ich aber auch schon auf dem Absatz Kehrt und steuerte zielstrebig die Ausgangstür an. Meine Jacke hatte ich nicht ausgezogen, Portemonnaie und Schlüssel waren entsprechend an ihren gewohnten Plätzen und somit konnte ich ohne weitere Umwege ins Auto steigen und den Abend für heute ausklingen lassen.
Gut, man mochte mir vielleicht ansehen, dass ich mit Hunter wohl am allerwenigsten gerechnet hatte, aber irgendwie änderte auch sein Erscheinungsbild nicht ansatzweise etwas an meiner aktuell ziemlich beschissenen Laune. Ganz im Gegenteil. Schließlich war er der primäre Grund, warum ich mich überhaupt erst nach hinten verzogen hatte, da schmeckte es mir entsprechend wenig, dass ich in dem Sinne plötzlich irgendwie ... eingeengt wurde. Mochte wohl auch der Grund dafür sein, dass ich mich Alles in Allem ein wenig anspannte, als er ein paar Schritte auf mich zukam. Lediglich der Zug von meinem Joint verhalf mir dabei, nicht ganz so nervös zu wirken, als Hunter zu ein paar erklärenden Worten ansetzte. Ganz offensichtlich hatte er mich nur aufgesucht, um mir den Verlauf der weiteren Planung zu stecken, was ich ihm mit einem leichten Nicken dankte, aber das schien wohl noch nicht alles gewesen zu sein. Augenscheinlich hatte der sprichwörtliche Wink mit dem Zaunpfahl gefruchtet, allerdings war ich nicht davon ausgegangen, dass es noch heute zu einer Aussprache diesbezüglich kam. Dafür hatte ich ihn weniger Lebensmüde eingeschätzt, als das er mich mit meiner Laune jetzt noch darauf ansprach. Aber es war ja allgemein bekannt, dass der volltätowierte Amerikaner des Öfteren mal aus dem Takt geriet. Eben auch jetzt. "Nein, ich werd' auch meinen Teil dazu beitragen. Ich stell' den regulären Pott und du kannst gerne den Rest für die schmierigen Italiener drauf zahlen.", stellte ich ziemlich nüchtern auf den ersten Teil seiner Ansprache fest und unterbreitete zeitgleich damit einen Kompromiss, der eigentlich keine Widerworte duldete, weil ich es nicht einsah, dass mir jetzt auch noch der zum Teil unbedeutendste Posten des ganzen Plans aberkannt wurde, während meine Kieferknochen leise vor sich hin mahlten. Zwischendrin hatte ich noch einmal einen letzten Zug von dem Glimmstängel genommen, den ich für den Rest der Unterhaltung unverrichteter Dinge in einem Aschenbecher ausdrückte. Zwar hätte mich der THC Gehalt nicht weiter beeinflusst, was Aussagen und Entscheidungen angingen, aber ich wollte - wie so oft - einfach nicht aussehen, wie der letzte Assi, wenn wir uns unterhielten. Währenddessen stammelte Hunter ungewöhnlich unruhig ein paar weitere Worte vor sich hin, die mich nur leise Schnauben und die Arme sichtlich angepisst vor der Brust verschränken ließen. "Das kann man auch, ohne mir vorzuschreiben, was ich zu tun und zu lassen habe. Das ist ganz dünnes Eis und du kannst von Glück sprechen, dass ich für den Moment dermaßen überrumpelt von deiner Aussage war, dass ich es nicht fertig gebracht habe, dir etwas Passendes als Antwort gegen den Kopf zu werfen. Ich bin alt genug, meine eigenen Entscheidungen und...", ich brach mittendrin ab, weil ich merkte, dass meine Stimme immer lauter wurde, je mehr ich in Gedanken an die Vergangenheit abrutschte. Wo schon einmal jemand über mein Leben bestimmt hatte. Zumindest bis zu einem gewissen Teil. Die darauffolgenden Worte wurden dann ernüchternder Weise etwas ruhiger, hätte ich sie doch ganz gerne mit dem gewissen Nachdruck zur Geltung gebracht. "Das solltest du dir ganz schnell abgewöhnen. Nur weil Richard sich das erlauben kann, ist das kein Freifahrtschein für den Rest der Anwesenden in einem Raum." So, und damit war alles, was ich vorerst dazu zu sagen hatte, gesagt worden. Zwar lagen mir noch eine ganze Menge mehr hitzige Worte auf der Zunge, aber für's Erste sollte das zum Überdenken erst einmal genug Stoff sein.
# Is it all a tragedy? Are we flashes in a rut going in and out of luck? Maybe. #
Oh wow, okay. Danke für... Nichts? Da kam ich ihr ein kleines Stück entgegen, lenkte ein kleines bisschen ein, streckte ihr damit den kleinen Finger hin und sie hatte augenscheinlich nichts Besseres zu tun, als gleich die ganze Hand durch den Fleischwolf zu drehen. Die Sache mit dem Geld war mir persönlich ziemlich scheißegal. Wenn sie es für nötig hielt, dann sollte sie eben auch etwas beisteuern, tat ja keinem weh. Deswegen war die Sache auch gedanklich schon von mir abgehakt worden, als sie mich mit einem sehr unangenehmen Tonfall zurecht zu weisen begann. Warum zum Teufel war sie da so empfindlich? Ich konnte doch Nichts dafür, dass ihr Ex einen Dachschaden hatte und würde außerdem nie auf die Idee kommen, ihr die Bar abschwatzen zu wollen. Zugegeben war ich eher froh, dass sie damit so viel zu tun hatte, damit ihr nicht langweilig wurde. Ich wollte wahrscheinlich gar nicht wissen wie die junge Frau drauf wäre, wenn sie keine Arbeit mehr hätte und nicht wusste wohin mit sich. So gern ich sie auch inzwischen hatte, ließ ihre Tonlage unweigerlich wieder mein Blut kochen und die Augenbrauen tiefer ins Gesicht ziehen, während sich dabei meine Stirn in leichte Falten legte. "Was zum Teufel hätte ich deiner Meinung nach denn bitte tun oder sagen sollen? Oh, nein, das geht aber eigentlich nicht, Schatz, dabei fühle ich mich nicht wohl...?", betonte ich das Ganze recht übertrieben mit einem Kosenamen, von dem wir beide hier für jeden Blinden sichtbar meilenweit entfernt waren - was an sich eigentlich auch gut war, weil ich nicht besonders viel davon hielt. Es diente mir hier lediglich zur Verdeutlichung der Tatsachen, etwa ebenso wie die begleitende, übertriebene Handbewegung. Ob man sich in einer richtigen Beziehung grundsätzlich oft stritt? Falls ja würde ich mir das vielleicht doch erst nochmal überlegen. "Ich kann nicht vor versammelter Mannschaft sagen, dass es mir nicht gefällt, wenn du dich jetzt auch noch mit der Mafia anlegst und ich den Gedanken nicht ertrage, dass du dich irgend so einem... italienischen Kotzbrocken an den Hals wirfst, nur weil Richard so eine gottverdammte Mimose ist.", knurrte ich entsprechend angesäuert, auch ein bisschen lauter zurück und trat dabei noch ein paar weitere Schritte an Cosma heran, auch ein Stück weit um den Schreibtisch herum. Jedoch stellte ich mich trotzdem nicht direkt vor, beziehungsweise neben sie, weil ich nicht näher kam um sie einzuschüchtern, sondern einfach, weil ich nicht quer durch den Raum reden wollte. Wir hatten uns beide eher beiläufig dazu geeinigt, dass es sicher keine gute Idee Irgendjemanden in das Was-auch-immer zwischen uns einzuweihen. Vielleicht hätte ich sie bei Seite nehmen und leise mit ihr reden können, ja, aber auch das war ziemlich auffällig, weil ich ihr dann ja offenbar Irgendwas sagte, das sonst keiner hören sollte. Ungeachtet dessen war es außerdem in einem eher rein geschäftlichen Gespräch schlichtweg nicht angebracht. Man entfernte sich da zwischendurch nicht einfach mal eben so vom Tisch und führte ein zwielichtiges Gespräch unter vier Augen. "Ich will dir Nichts vorschreiben, ich will dich verdammte Scheiße nochmal nur beschützen. Du hast doch keinen Schimmer davon, mit wem du dich da überhaupt angelegt hättest.", machte ich meinem Ärger etwas zu wild gestikulierend weiter Luft, weil sich die Worte und Gestem ganz einfach nicht runterschlucken ließen. Das hatte vorhin einmal geklappt und das allein war schon eine Steigerung, aber die Kapazität dahingehend war dann jetzt auch endgültig aufgebraucht.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Tja. Und prompt hatten wir wohl mal wieder am Zeiger und damit die Zeit zurück gedreht. Etwa bis zu dem Zeitpunkt, an dem es Gang und Gäbe gewesen war, dass wir uns Tag ein, Tag aus nur in den Haaren lagen. Und irgendwie wusste ich nicht, was ich davon halten sollte. Einerseits hatte ich mich an die letzten, zugegebenermaßen sehr ruhigen Tage wirklich gewöhnt, hatte es förmlich genossen, meine Kraftreserven nicht nur mit bösen Worten und einer Menge Frust zu verschwenden, andererseits wollte ich das Ganze jetzt auch echt nicht so stehen lassen. Und da konnten auch die noch so lieb gemeinten Worte Hunters nichts dran ändern. Gut, vielleicht hatte ich kurz inne gehalten, um das Gesagte sacken zu lassen. Schlicht weil er mir damit eine Hand voll neuer Informationen offenbarte, die ich erst einmal verarbeiten musste. Doch ab dem Punkt, dem er anfing, die Sache ins Lächerliche zu ziehen, vertieften sich auf die Falten auf meiner Stirn wieder. Hatte er so etwa vor, die Konversation in trockene Tücher zu bekommen? Wenn dem so wäre, hatte das nächste Gespräch einen anderen Schwerpunkt, da konnte er aber drauf wetten. Auf meine Laune mit derart ironischen und sarkastischen Aussagen zu antworten, triggerte mich nur noch ein ganzes Stück mehr, was der hoch rote Kopf unmissverständlich zum Ausdruck brachte. "Wie wäre es, wenn du für's Erste einfach deine Klappe gehalten hättest?", fauchte ich zurück und gestikulierte jetzt ebenfalls wie wild geworden mit meinen Armen durch die Luft. "Es erst mal so hin genommen und dir beiläufig einen anderen Plan überlegt hättest? Aber nein, Hauptsache der Erste sein, der seinen Unmut darüber Luft macht." Nun, ich konnte ja verstehen, dass er sich Sorgen machte, mir war ja ebenfalls nicht ganz wohl bei der Sache gewesen, wäre es jetzt doch so gekommen, wie es ursprünglich geplant war, aber der zweite Teil ... der Part, dass es ihm nicht gefiel, wenn ich mich anderen Kerlen an den Hals schmiss... der war neu. Ließ mich tatsächlich einen kurzen Moment verstummen, darüber nachdenken und während des Bruchteils einer Sekunde, in der ich durch den Ärger und die Wut hindurch klar sehen konnte auch ein klein wenig Grinsen. Triumphierend, natürlich, ich war mir meines Sieges nämlich sicher. Insofern ich mit meinen Vermutungen Recht behalten sollte, war die Diskussion hier ganz schnell gewonnen. "Kann es sein, dass es gar nicht der Punkt mit der Mafia an sich ist, an dem du dich so aufhängst? Sondern viel eher die Tatsache, dass du eifersüchtig bist?", fragte ich direkt, sehr viel ruhiger als es noch die Worte davor gewesen waren. Währenddessen verschränkte ich die Arme, mit denen ich vor wenigen Augenblicken noch durch die Luft gefuchtelt hatte, wieder locker vor der Brust, lehnte mich mit der Hüfte seitlich an die Kante meines Schreibtisches. Okay, aus der Sicht betrachtet konnte ich ihm ja fast schon nicht mehr böse sein, wurde die Sache dadurch doch viel eher amüsant. Also für mich zumindest. Ob Hunter das genau so sah, stand wohl auf einem anderen Blatt geschrieben. Angesichts seines sichtlich angesäuerten Gesichtsausdruck schätzte ich jetzt erst einmal, dass ich ihn mit der Aussage heute schon zum zweiten Mal das Brett vor den Kopf genagelt hatte. Aber waren wir mal ehrlich: Die Vorlagen waren gut und optisch stand ihm das Teil am heutigen Abend wie maßgeschneidert.
# Is it all a tragedy? Are we flashes in a rut going in and out of luck? Maybe. #
Das hatte ich versucht, verdammte Scheiße nochmal. Was dachte sie denn, warum ich überhaupt erst so lang die Klappe gehalten hatte? Ganz bestimmt nicht, um mich vollkommen grundlos erst so verspätet noch einzuschalten, um die Sache eher notdürftig ins Wanken zu bringen. Es war nunmal nicht leicht sich einen anderen Plan zu überlegen, wenn zum einen Zeitdruck herrschte und ich zum anderen keine Ahnung davon hatte, womit man denn sonst Kontakt zu den Arschlöchern herstellen konnte. Was ihre Vorlieben in welcher Hinsicht auch immer waren, ich hatte dahingehend schlicht und ergreifend nicht die gleichen Mittel wie Sabin. Hatte nicht jahrelang im jetzt feindlichen Lager gesessen, um das gegen jene Leute verwenden zu können. "Das hab' ich doch versucht! Glaubst du ich hab mich aus Spaß so lange raus gehalten? Ich kann mir im Gegensatz zu Sabin solche Infos nicht aus dem Hut ziehen, weil ich noch nicht ein einziges verficktes Mal in Italien oder anderweitig bei der beschissenen Mafia war... und ich kann nicht einfach schweigend dasitzen und Nichts tun. Das bin nicht ich und das weißt du ganz genau!", wetterte ich ein klein wenig leiser, aber mit zischendem Ton zurück und trat schon dabei den letzten fehlenden Schritt an sie heran, weil mir die Sache allmählich wirklich zu bunt wurde. Bei mir merkte man meistens recht schnell, dass der Wutpegel immer weiter anstieg, wenn ich vermehrt damit anfing im Grunde unwichtige, fluchende Wörter einzubauen. Aber das war noch nicht mal Alles. Ich wusste ja, dass Cosma wirklich sehr unverschämt sein konnte - wohl in gleichem Maße wie ich selbst, weil das leider auch eine unserer Gemeinsamkeiten war -, aber dass sie mir jetzt mit diesem absolut provokanten Grinsen im Gesicht einen Strick aus meinen vorherigen Worten drehte, das ging zu weit. Statt irgendwie ansatzweise froh darüber zu sein, dass es womöglich so sein konnte - woran ich selbst zum jetzigen Zeitpunkt, wo sie mir das mal so ganz ungeniert unter die Nase rieb, irgendwie doch nur noch wenig zweifelte - und dass das ein ziemlich eindeutiger Beweis dafür war, dass sie mir wichtig war, verwendete die junge Frau die ganze Sache gegen mich. Nur, weil es ihr augenscheinlich wichtiger war diese dämliche Auseinandersetzung für sich zu gewinnen, als Wert darauf zu legen, dass ich mir diese Blöße überhaupt gab. Dass ich mich verletzlich machte, nur um der Rothaarigen meinen Standpunkt zu erläutern, obwohl sie doch ganz genau wusste, wie schwer dieser ganze Scheißdreck für mich war. Was sollte ich dazu jetzt sagen? Leugnen konnte ich es nicht, weil der kurzzeitig perplexe Gesichtsausdruck wohl schon auf Anderes schließen ließ. Aber ihr wortwörtlich sagen, dass es so war, wollte ich auch nicht. Einfach aus Prinzip, weil sie mich hier mehr als genug vorführte und sie diese blöde Genugtuung nicht auch noch kriegen sollte. Egal was ich jetzt sagte, Cosma würde mich am Strick hängend nur weiter im Kreis drehen, bis ich gar keine Luft mehr bekam. Beim Erlangen dieser Erkenntnis beschleunigte sich meine Atmung - mit inzwischen erneut grimmigem, funkelndem Blick und mahlendem Kiefer - unweigerlich für ein paar Atemzüge ein wenig, während ich den Blick der jungen Frau förmlich mit meinem durchbohrte... und genau wegen dieser schieren Ausweglosigkeit aus der Situation erfolgte wahrscheinlich die kommende Kurzschlussreaktion. In Worte fassen konnte und wollte ich es nicht, also brauchte ich andere Mittel. So überbrückte ich aus dem Nichts die ohnehin nur noch kurze Distanz zwischen uns, hob schon währenddessen die tätowierten Finger an ihre Wange und legte meine Lippen auf ihre. Küsste sie so bestimmt und unmissverständlich, als hätte ich das ohnehin geplant, obwohl das weiß Gott nicht der Fall war. Ich war nicht zögerlich, obwohl ich mir schon so unendlich oft Gedanken darüber gemacht hatte, wann eine Berührung nun angebracht war und wann nicht. Vielleicht, weil ich an dieser hier keine Zweifel hegte. Weil ich irgendwie doch wollte, dass Cosma wusste, dass ich verdammt nochmal eifersüchtig war und dass ich nicht wollte, dass sich weiß Gott wem breitbeinig auf den Schoß setzte, ohne, dass ich es wortwörtlich aussprechen musste.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Es gab Momente in meinem Leben, da wünschte ich mir nichts sehnlicher, als einen Kameramann, der mich durch mein Leben begleitete, nur um am Ende, wenn ich im Sarg lag, die Best-Offs der ganzen Tragödie für die Beerdigung zusammen zu schneiden. Denn dann hätte es dieser Augenblick wirklich auf Platz Eins geschafft und zwar mit Abstand! Hunter, der sichtlich ertappt nach Worten rang. Ein Anblick für die Götter, wirklich. Nun, irgendwie tat er mir natürlich schon ein bisschen Leid, immerhin schien ihm das Ganze doch irgendwie an die Nieren zu gehen und vermutlich hatte er sich von mir eine ganz andere Reaktion erhofft, aber ich konnte einfach nicht anders, als zwischenzeitlich in leises Gackern zu verfallen. Dabei rückten seine gesprochenen Worte zunehmend in den Schatten seines Körpers, der mir mittlerweile ziemlich nahe gekommen war. Ob ich mich deswegen gesorgt hatte? Nö. Wir hatten jetzt lange genug aufeinander gehockt, als das ich keine Angst mehr vor ihm hatte. Nicht, dass das irgendwann so ganz konkret der Fall war, aber es ganz scheinbar Leute, die ließen sich durch solche Spielereien einschüchtern. Dachte er noch immer, dass das bei mir funktionieren würde, oder was war der Grund dafür, dass er mich somit dazu zwang, den Kopf leicht in den Nacken zu legen, damit ich ihm überhaupt noch ins Gesicht sehen konnte. Selbst an dem Tag, wo ich ihm die Ehre erwiesen hatte, in High Heels seine Begleitung für ein dekadentes Essen mit wunderschönem Ausblick über die Stadt zu spielen, war ich ihm gerade einmal ein kleines Stück über die Schulter gegangen. Ich musste also sicher nicht noch einmal erwähnen, dass ich in Sneakers nicht viel mehr als seine Brust sah, wenn er so direkt vor mir stand. Und da nur noch ein einziger Schritt unsere beiden Körper voneinander trennte, blieb mir nichts anderes übrig, als wohl oder übel meine Augen an dem sich immer heftiger bebenden Oberkörper nach oben wandern zu lassen, nur um förmlich zu sterben, wenn Blicke töten könnten. Ganz offensichtlich hatte ich da einen wunden Punkt getroffen, denn ich konnte mir anders nicht erklären, warum Hunter plötzlich so dermaßen ruhig geworden war. Noch vor wenigen Sekunden war es ihm doch so dermaßen wichtig gewesen, mir erklären zu müssen, wieso und weshalb er nicht wollte, dass ich in Kontakt mit der Mafia kam. Und jetzt sagte er plötzlich gar nichts mehr? Zu behaupten, dass ihn das eindeutig verdächtig machte und mich in meiner Annahme nur bestätigte, wäre eine bloße Untertreibung gewesen. Doch noch bevor ich mich dahingehend belustigt, aber auch entschuldigend - war das doch jetzt schon eine wirklich beschissene Lage, seiner Vergangenheit und ohnehin verkrüppelten Gefühlswelt wegen und so - äußern konnte, blieb mir plötzlich die Luft weg. Und weil das Letzte, was ich vernommen hatte, der Oberkörper des jungen Mannes war, der auf mich zugeschnellt kam, dachte ich wirklich, dass es das jetzt war. Der Amerikaner hatte die Schnauze voll von meinen lästigen Sticheleien, wollte sich nicht länger von mir triezen lassen und dem Ganzen endlich ein finales, endgültiges Ende setzen. Scheinbar war alles, was wir einander erzählt hatten nur eine einzige, große Lüge seitens Hunter um ... ja, um was eigentlich? Mich in die Pfanne zu hauen? Zugänglich zu machen, um mich von Inneren heraus zu zerstören? Warum? Vermutlich spinnte sich mein Hirn da gerade weiß Gott etwas zusammen, um eine rationale Erklärung für das ganz Offensichtliche zu finden. Es waren nicht Hunters Hände um meinen Hals, die mir plötzlich die Luft zum Atmen nahmen, sondern ... seine Lippen! Aus Reflex war ich einen Schritt nach hinten getaumelt und wäre da nicht der massive Ledersessel gestanden, hätte es mich vermutlich zu Boden gerafft, aber so hing ich sichtlich erschrocken über den dermaßen unerwarteten Kuss an das Polster gelehnt und wusste im ersten Moment überhaupt nicht, was ich tun sollte. Es dauerte eine verhältnismäßig lange Zeit, bis ich mich aus der Schockstarre lösen konnte, um auf dieses ... Malheur angemessen zu reagieren. Meine Gedanken, die von jetzt auf gleich wieder Achterbahn zu fahren schienen, flossen mit der Kraft meiner Muskeln nahezu aus allen Poren meines Körpers und so war mein Kopf für einen Moment lang wie leer gefegt. In diesem Moment steuerte einzig und alleine mein Herz die Hand an Hunters Wange, wo sie mit dem Daumen zaghaft über die Bartstoppeln und den unteren Teil seines Tattoos strich. Währenddessen erwiderte ich den Kuss, als wären seine Lippen ... nein ... als wäre er bereits ein dermaßen vertrauter Teil meines Lebens.
# Is it all a tragedy? Are we flashes in a rut going in and out of luck? Maybe. #
Während der Zeit, in der Cosma wohl entweder unsagbar überrumpelt war oder einfach nicht wusste, was sie nun tun sollte, klopften doch wieder ein paar unliebsame Gedanken an. War das jetzt doch falsch gewesen? War es für einen Kuss noch immer zu früh und ich überschritt gerade eine Grenze, die ich noch ein wenig länger hätte wahren sollen, um mir damit alles kaputt zu machen? Die ein, zwei Sekunden, in denen die Rothaarige sich selbst wohl noch an den Gedanken gewöhnen musste, kamen mir vor wie eine halbe Ewigkeit. Jedoch entschied sie sich tatsächlich dazu, sich darauf einzulassen und ich müsste wohl lügen, um zu sagen, dass mir dabei nicht ein riesiger Stein vom Herzen fiel. Für einen Moment lang schien mich das auf merkwürdige Art und Weise förmlich innerlich zu beflügeln. Löste eine wohlige Wärme in mir aus, die zumindest einen Teil der Wut unter sich begrub, während ich die sanfte Berührung ihrer Finger an meiner Wange tatsächlich einfach so genoss. Die Zweifel daran, ob ein Kuss gerade - oder ganz allgemein - das Richtige war, waren verstummt und ich gab mich ihm einfach hin. Zog ihn doch schon etwas leidenschaftlicher in die Länge und hob dabei auch die zweite, linke Hand ein klein wenig an, um die Finger an ihrer Hüfte zu platzieren und sie noch etwas näher zu mir hin zu ziehen. Ihr damit auch mehr Halt in meiner direkten Nähe zu geben, weil die junge Frau doch noch so halb mit dem Stuhl gekuschelt hatte. Die rechte Hand stahl sich indessen von ihrer Wange unter die roten, leicht gewellten Haare in ihren Nacken, wobei ich mit dem Daumen weiterhin zart über die dünne, empfindliche Haut strich. Es dauerte ein bisschen, bis ich meine Lippen schließlich langsam wieder von Cosmas' löste. Allerdings blieb ich ihrem Gesicht mit meinem dennoch sehr nah, lehnte für den Augenblick meine Stirn an ihre und ließ die Augen weiterhin geschlossen, während ich ihren Atem noch auf meinen eigenen Lippen spüren konnte. Es war schon wirklich verrückt, was ich hier gerade tat und ich würde womöglich noch eine kleine Weile in einer ruhigen Ecke brauchen, um das ganze Schauspiel zu analysieren und endgültig für gut zu befinden. Aber jetzt gerade schien das noch in weiter Ferne, war mein Schädel doch ausnahmsweise wirklich ziemlich leer. "War das Antwort genug?", murmelte ich leise zu der jungen Grau runter und löste mich nur ein, zwei Sekunden später dann noch ein kleines Stück mehr von ihr, um sie ansehen zu können. Wohl nicht zuletzt, weil ich versuchte aus ihren Augen zu lesen, was sie vielleicht gerade in diesem Moment dachte oder ob ihr Kopf nur genauso leer war wie meiner. Auch, ob sie nach wie vor wütend auf mich war und ich diese dämliche Geschichte noch irgendwie anders wieder grade biegen müssen würde. Ich hatte mich ja gar nicht streiten wollen, als ich her gekommen war. Inzwischen war von dem wütenden Funkeln, das vorher meine blauen Augen besetzt hatte, absolut nichts mehr zu sehen und während ich auf eine Antwort seitens Cosma wartete, beruhigte sich auch mein Puls fast restlos. Allerdings war ich mir bei letzterem nicht ganz sicher, ob er nicht nur deshalb noch immer beschleunigt war, weil ich die Rothaarige so spontan geküsst hatte.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Weil meine Beine im Verlauf des Kusses irgendwann die Konsistenz von Pudding angenommen hatten, war ich fast schon dankbar dafür, dass Hunter mich recht bald noch ein Stück weit enger an sich zog, um mir damit den nötigen Halt zu geben. Andererseits wäre ich auf kurz oder lang wohl einfach an dem Ledersessel und damit aus Hunters Armen gen Boden gerutscht. Nachdem ich zusätzlich das Gewicht etwas verlagert hatte, fand ich nunmehr mit meinem Oberkörper gegen seine Brust gelehnt endlich wieder einen sicheren Stand, konnte die darauffolgenden, schier endlos wirkenden Sekunden des innigen Kusses genießen. Zumindest so lange, bis der durchtrainierte Amerikaner sich von meinen Lippen löste. Mein Blick musste fast schon weinerlich gewesen sein, so enttäuscht war ich darüber, dass es schon vorbei zu sein schien. Aber wir blieben nichts desto trotz noch eine ziemlich lange Zeit Arm in Arm neben dem Schreibtisch stehen, mussten wohl beide das Geschehene erst einmal Revue passieren lassen. Und das stellte sich als recht schwer umsetzbar heraus, wenn man so gar nicht wusste, wo einem eigentlich der Kopf stand. Auf der einen Seite war ich sichtlich überrascht, hatte ich mit einem Ausgang des Gesprächs in diese Richtung nun wirklich nicht gerechnet. Auf der anderen Seite jedoch sehnte ich mich gerade nach so viel mehr, als diesen einfachen Kuss. Es schien gerade einfach alles zu stimmen. Seit sehr, sehr langer Zeit fühlten sich Berührungen endlich wieder gut beziehungsweise richtig an. Und ich zweifelte mittlerweile kein Stück mehr daran, dass diese Sache zwischen Hunter und mir... tatsächlich etwas Besonderes sein könnte. Gut, selbst wenn es nur besonders explosiv war, vollkommen egal. Aber da war Etwas, dass ich seit der Beziehung mit Daith nicht mehr gefühlt hatte. Irgendetwas im tiefsten Inneren meines Herzen, das seit Jahren als ursprünglich verschollen und unauffindbar galt. Ein kleines Fünkchen Hoffnung, meinen Lebtag doch nicht einsam sterben zu müssen, weil es da draußen doch noch jemanden gab, der mich mit all den unzähligen Ecken und Kanten nahm, die ich nun mal zuhauf besaß. Allerdings war ich mir noch immer unsicher, ob ich das wirklich alles so wollte. Wie Hunter womöglich auch, stand ich der ganzen Geschichte trotz des innigen Kusses irgendwie noch skeptisch gegenüber. Aber waren wir mal ehrlich... was musste bitte passieren, dass ich mir wirklich zu einhundert Prozent sicher sein konnte, dass das genau das Richtige war? Musste erst der Himmel geflutet und die Hölle gefroren werden, oder was? Vermutlich würde ich nie mit absoluter Sicherheit sagen können, ob die Entscheidungen, die ich bis dato getroffen hatte, auch alle detailliert überdacht gewesen waren, denn das waren sie keinesfalls. Warum hängte ich mich also gerade an dieser Liebesgeschichte hier dermaßen auf? Ich musste wohl einfach lernen und zu akzeptieren versuchen, dass es Entscheidungen gab, die man erst im Nachhinein als gut oder schlecht bewerten konnte. Im Hier und Jetzt sollte ich mich nicht mehr lange damit aufhalten, ständig hinter diesen Unsicherheiten Schutz zu suchen, sondern Dinge einfach mal auf mich zukommen lassen. Und wenn es schief ging, na ja... dann war das wohl so. Es war eine ganze Weile ruhig zwischen uns gewesen, selbst nach dem überraschenden Kuss hatte ich die Augen noch geschlossen gehalten und öffnete sie erst jetzt, wo Hunter sich noch ein Stück mehr von mir distanzierte, um auf mich hinab zu blicken, wieder. Mit einem freudigen Funkeln in den Augen erwiderte ich seinen Blick und setzte ein unsicheres Lächeln auf. "Ich... denke... ja, schon.", antwortete ich leise, mehr zu mir selbst gemurmelt, als das ich ihm eine direkte Antwort auf seine ziemlich eindeutige Frage gab. Ich wusste ja, dass Hunter in der Hinsicht nicht gerade bewandert war, was sich in Worte ausdrücken anging, aber das er sehr viel eher für eine solche Aktion den Mut aufbringen konnte, hatte ich auch nicht gedacht. "Für mich ist jetzt Einiges ... nachvollziehbarer.", fügte ich noch ein paar weitete, belanglose Worte hinten dran, die ich mit einem Zucken der schmalen Schulter unterstrich. Dabei ließ ich meine Hand, die an seiner Wange geruht hatte, langsam nach unten wandern, sobald sie auf Höhe seines Schulterblattes noch einmal inne hielt.
# Is it all a tragedy? Are we flashes in a rut going in and out of luck? Maybe. #
Gut, ich würde nämlich nach wie vor nur ungern noch ein wörtliches Statement dazu abgeben. Ich war einfach kein Mensch großer Worte und täte mir unheimlich schwer damit. Dementsprechend froh war ich darüber, dass Cosma nicht der Sinn danach zu stehen schien, mir jetzt noch weiter eins reinzuwürgen, obwohl es ihr nüchtern betrachtet ja durchaus zuzutrauen war. Auch, dass die junge Frau scheinbar keinen Drang dazu mehr hatte mich anzuschreien, erleichterte mich ungemein. Ehrlich gesagt wusste ich nämlich nicht wie ich darauf reagiert hätte und es war wohl wirklich unser beider Glück, dass der Kuss die Wogen vollständig geglättet zu haben schien. Zumindest eben für den Augenblick, für die folgenden Minuten. Zwar hielt die Situation hier Alles in Allem weiterhin ein ungewohnt angenehmes Gefühl für mich bereit, aber das leichte Glitzern in Cosmas Augen schien mich gleich noch einen weiteren Gang runterfahren zu lassen. Ich war einfach nur froh darüber, dass ich augenscheinlich nicht der Einzige war, der dem Kuss Etwas abgewinnen konnte. Die Rothaarige küsste gut und das war vielleicht dahingehend ein bisschen gefährlich, dass gute Küsse ein gewisses Suchtpotenzial in sich bargen. Aber war das noch wichtig? Sie würde mir weitere Küsse kaum verwehren, oder? Nachvollziehbarer war jetzt auch so Einiges für mich selbst, beziehungsweise eben einfach sehr viel klarer. Von jetzt an hegte ich wohl keinerlei Zweifel mehr daran, dass meine Empfindungen gegenüber der zierlichen Frau, die mir gerade mal so bis zum Kinn reichte, über ein blankes Freundschaftsgefühl hinaus gingen. Warum sonst würde ich sie einfach so küssen? Quasi aus dem Nichts, obwohl ich mir vorher schon unzählige Male den Kopf darüber zerbrochen hatte, wann eine Berührung denn nun angebracht gewesen war und wann nicht. Letzteres schien mir fast schon surreal angesichts der jetzigen Geschehnisse. Ich schlang meinen linken Arm langsam etwas mehr um ihre Taille, zog sie damit enger an mich heran und übte gleichzeitig mit der rechten Hand ganz leichten Druck auf ihren schmalen Nacken aus, um ihren Kopf an meine Brust zu betten. "Du wirst mich noch irgendwann den letzten Nerv kosten.", seufzte ich leise und sarkastisch angehaucht in Cosmas rotes Haar, hatte den Kopf zu ihr nach vorne geneigt. Es war - und das wussten wir zweifelsohne beide - ganz einfach unvermeidbar, dass wir uns auch zukünftig immer wieder stritten. Unsere Köpfe waren zu stur und der Stolz zu groß, um dem jeweils Anderen immer einfach so kampflos Recht zu geben. Auch dann, wenn man wusste, dass man vielleicht selbst nicht zu einhundert Prozent im Recht war. "Aber das ist es wert, denke ich.", schloss ich den Gedanken wörtlich ab und drückte ihr einen sanften Kuss auf den Haaransatz, als wäre das bei uns beiden schon eine vollkommene Selbstverständlichkeit. Natürlich konnte ich nicht wissen, ob es am Ende wirklich so war. Ob die Sache mit uns beiden gut gehen oder mich doch nur endgültig zu Grunde richten würde. Aber wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Eigentlich stand mir auch so gar nicht mehr der Sinn danach Cosma jetzt allein zu lassen und zu gehen, um meinen Geschäften nachzukommen. Nur noch ein, zwei Minuten...
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Ja, also... war doch jetzt im Prinzip alles klar, oder? Spätestens Hunters letzten Worte machten neben dem Kuss doch ziemlich deutlich, wie er langsam aber sicher zu akzeptieren begann, dass es seit einer schier unendlich langen Zeit tatsächlich ein Mensch geschafft hatte, ihm ans Herz zu wachsen. Das es da jetzt jemanden gab, bei dem er zwei Mal überlegen musste, ob er in der Hitze des Wortgefechts nicht doch lieber die Waffe ziehen sollte. Mittlerweile ging ich nämlich davon aus, dass er genau das wirklich nicht noch einmal versuchen würde, wo es doch vor ein paar Wochen - oder mittlerweile Monaten? - noch ein Leichtes für ihn gewesen wäre. Ich erinnerte mich nur zu gut an die unzähligen Male, in denen unsere zwei überaus schwierigen Charaktere es geschafft hatten, sich gegenseitig derart hochzuschaukeln, dass für den vollblütigen Amerikaner nur noch ein Mord für Linderung seines temperamentvollen Gemüts sorgen konnte. Jedoch kam zu meinem Glück immer mal wieder irgendwer oder irgendwas dazwischen. Sonst würde ich wohl gerade nicht so verliebt in seinen Armen hängen. Aber ich wollte mich nicht beschweren, schien das Leben doch so langsam aber sicher an, wieder Sinn zu machen. Jetzt, wo ganz offensichtlich all die Schmetterlinge aus ihren beschissenen Kokons geschlüpft waren, hielt ich es gar nicht mehr für so unwahrscheinlich, dass die ganzen negativen Gedanken der letzten Jahre langsam aber sicher in ihren Kartons zurück in die dunkle Ecke geschoben werden konnten und dann wagte ich wirklich behaupten, dass das Leben wieder ... lebenswert war. So ganz ohne verbittert und frustriert, verärgert über all die egoistischen Männer sein. Denn bei Hunter konnte ich mir zumindest in ein paar wenigen, aber sehr wichtigen Punkten zu fast einhundert Prozent sicher sein. Bis dato hatte er nämlich alle Versprechen eingehalten, ließ mir ausreichend eigenen Freiraum und würde mir vor allem ganz sicher nicht die Bar abschwätzen wollen. Ob Letzteres nur daran lag, dass er wusste, für was ich mich im Ernstfall entscheiden würde, stand zwar auf einem anderen Blatt geschrieben, aber ich wollte auch in diesem Punkt lieber auf sein gesprochenes Wort vertrauen. Man kann Jemanden nicht dazu zwingen, für den Anderen einen essentiellen Teil seines Lebens einfach so... aufzugeben. Das ist sicher nicht das, was... Liebe ausmachen sollte. Nun... jedenfalls hatte ich meinen Kopf bereitwillig an seiner Brust platzieren lassen. Die Arme waren dabei noch ein ganzes Stück tiefer gewandert und lagen jetzt, aufgrund des Größenunterschieds, locker auf seinen Hüftknochen aufliegend. "Und das sagt mir jemand, für den ich im wahrsten Sinne des Wortes eine Kugel gefangen habe. Streng genommen sogar mehrere...", erwiderte ich mit einem hörbar amüsierten Unterton, konnte mir auch ein schiefes Grinsen nicht verkneifen, was aus der aktuellen Position heraus für ihn allerdings nicht sichtbar war. Den Moment in vollen Zügen genießend, hatte ich die Augen wieder geschlossen und konzentrierte mich nur noch darauf, seinen Duft in gleichmäßigen Atemzügen in mich aufzunehmen. All der angestaute Frust, die Wut auf ihn, dass er mich bevormunden wollte, war für den Moment wie weggeblasen. Was natürlich nicht hieß, dass ich es vergessen hatte. Mein Kurzzeitgedächtnis war zwar recht begrenzt, aber funktionierte hier und da noch ganz zuverlässig. Nur ging ich nach dem Gespräch jetzt einfach mal davon aus, dass er verstanden hatte, wie wenig ich von solchen Aktionen hielt und hoffentlich zügelte er sich dahingehend künftig etwas. Natürlich war es nicht das letzte Mal, dass wir beide uns in die Haare kriegten, aber hey. So ähnlich wir uns auch waren, hatten wir gegenseitig noch eine Menge Grenzen, die wir dem jeweils anderen erst einmal aufzeigen mussten. Na ja und wenn das nur in Form von etwas lauteren Auseinandersetzungen möglich war, dann ... sollte zu der Zeit besser niemand anderes um uns herum sich einklinken wollen. Denn wie schon in Gefangenschaft der Sverres ersichtlich wurde, konnten wir unter Adrenalin im übertragenen Sinne Berge versetzen. Da machte man lieber einen verdammt großen Bogen um uns, wenn einem das Leben heilig war. Aber egal. Es gab da jedenfalls eine Sache, die mir wirklich noch auf dem Herzen lag. Jetzt, wo so vieles schon durch verschiedene Gestiken und Aktionen geklärt worden war, würde ich gerne noch einmal bestätigt haben wollen, was eigentlich schon offensichtlich war. Aber es musste einfach raus, ich brauchte einfach diese Absicherung. "Also das... zwischen uns...", setzte ich leise an, nachdem ich auf die Liebkosung meines Kopfes ausreichend genossen hatte. "Ist jetzt etwas Ernstes, oder?", beendete ich die Frage etwas zögerlich und war froh, dass ich ihn aktuell nicht direkt ansehen musste. Vermutlich wäre mir die Frage sonst um einiges schwerer gefallen, aber ich brauchte einfach die finale Klarheit. Nur damit ich wusste, wie ich mich in Zukunft am Besten verhielt. One Night Stands zum Beispiel wären mit der richtigen Antwort nämlich passé. Nicht, dass das sonderlich oft vorkam, aber ab und an gab es eben Bedürfnisse, die befriedigt werden wollten. Und das bisschen, was ich an treuer Seele noch übrig hatte, weigerte sich vehement gegen etwaige Betrügereien. Natürlich erwartete ich sowas auch von meinem Partner. Musste aber, denke ich, nicht noch einmal erwähnt werden ... oder?
# Is it all a tragedy? Are we flashes in a rut going in and out of luck? Maybe. #
Die Rothaarige entlockte mir mit ihren Worten ein leises, kaum hörbares Auflachen. Es stand völlig außer Frage, dass auch ich sie die einen oder anderen Nerven kosten würde, so wie das gerade eben schon der Fall gewesen war, indem ich mir Etwas raus genommen hatte, das mir nicht zustand. Was das anging war bei uns beiden das Nehmen und Geben vollkommen sicher. Allerdings hoffte ich doch schon inständig, dass Cosma sich nicht noch eine weitere Kugel für mich einfangen müssen würde. In jedem Fall würde ich versuchen das tunlichst zu vermeiden, so viel stand fest. "Hat ja auch keiner gesagt, dass das nicht auf Gegenseitigkeit beruht.", stellte ich ziemlich ironisch fest. Ich glaubte aber, das sie wusste, dass sie Derartiges jetzt nicht mehr zu befürchten hatte. Kam gar nicht in Frage, dass die junge Frau sich nochmal so einer Misere aussetzte, sofern es in meiner Macht stand das irgendwie zu verhindern. Ich verkraftete eine Kugel besser als sie, was das anging hieß es also eindeutig bevorzugt Bäumchen wechsel dich. Ich hatte die Augen derweil geschlossen und lauschte ihren folgenden, eher zögerlich klingenden Worten. Unweigerlich öffnete ich bei Beendigung ihrer Frage wieder die Augen, dachte einen Moment lang nach. Wägte kurzzeitig gedanklich die Folgen dessen ab, obwohl in meinen Augen nicht mehr wirklich ein Zweifel daran bestand. Ob Ashton und Desmond die nächtlichen Stripclub-Eskapaden, die wir uns alle paar Wochen mal gönnten, dann von jetzt an dann allein abhalten mussten? Wahrscheinlich schon. Konnte mir nicht vorstellen, dass Cosma davon begeistert wäre, wenn ich an dieser Tradition weiter festhielt. Zwar würde ich um Stripclubs im Allgemeinen trotzdem nicht ganz rum kommen, weil manche Geschäftspartner es leider bevorzugten sich dort zu treffen, aber in diesen Fällen war ich ja auch nicht wegen den Frauen da. Höchstens wegen dem Alkohol und Geld, das potenziell in meine Taschen fließen konnte. Ansonsten würde sich nicht viel ändern, oder? Wir trafen uns sowieso schon recht regelmäßig... und dass der Sex ausblieb bezweifelte ich, sofern Cosma dahingehend nicht auch irgendwelche Komplexe hatte, von denen ich nur noch nichts wusste. Hielt ich aber für unwahrscheinlich, hatte sie doch auch keine Probleme damit gehabt sich von mir duschen zu lassen. Nackt gesehen hatte ich sie also sowieso schon, aber ich schweifte ab. "Sieht ganz so aus, ja.", gab ich Cosma also nach ein paar Sekunden eine Antwort, musste dabei unwillkürlich ein klein wenig lächeln. Es war schon gut, dass wir das jetzt wörtlich klärten. Ich konnte nämlich gut auf Konkurrenz - als könnte mir irgendwer das Wasser reichen - verzichten und wusste nicht inwiefern ich mich unter Kontrolle hätte, wenn ich das kleine Temperamentsbündel in den Armen eines Anderen sehen würde. Wir täten also gut daran, das zu vermeiden. Diese fast letzte Grenze zu überschreiten und uns gänzlich dem jeweils Anderen anzueignen. Ich löste mich wieder ein klein wenig von ihr, um sie ansehen zu können. Meine rechte Hand an ihr Kinn zu legen und es vorsichtig anzuheben. "So gern ich jetzt auch bleiben würde... ich muss weiter. Die Lagerhalle und so weiter...", murmelte ich doch hörbar unzufrieden mit dieser unumstößlichen Tatsache zu ihr runter, strich mit dem Daumen dann seitlich an ihrem Kieferknochen entlang, ohne wirklich darüber nachzudenken. Kurze Zeit lang sah ich der jungen Frau noch in die blauen Augen, bevor ich mich für den vorerst letzten Kuss zu ihr runter beugte. Zwar fiel auch dieser wieder länger und inniger aus als ursprünglich geplant, aber es war auch irgendwie schwierig damit aufzuhören, wenn man das eigentlich gar nicht wollte... und ganz ohne Abschiedskuss wollte ich irgendwie nicht gehen. Sie sollte schließlich wissen, dass ich die ganze Sache wirklich ernst meinte.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Dass Hunter sich mit der Antwort eine ganze Weile Zeit ließ, machte mich zugegebenermaßen schon etwas nervös. Zwar hatte ich eigentlich keine großen Bedenken mehr, war, wie bereits erwähnt, das Meiste doch schon gesagt worden, aber es schien, als müsste er sich für die verbale Bestätigung noch den letzten Ruck geben. Was natürlich vollkommen okay war, nur sollte er damit eben nicht zu lange warten. Sonst würde ich womöglich noch eines spontanen Herztods sterben, weil ich so aufgeregt war. Der Laut, den ich ausgestoßen hatte, als Hunter mir nach einer halben Ewigkeit endlich mitteilte, dass zwischen uns beiden nicht mehr nur von der, sondern vielmehr einer Beziehung die Rede war, musste entsprechend erleichtert geklungen haben und auch die leicht angespannten Schultern - wann hatten die sich bitte so verkrampft? -, lockerten sich schlagartig wieder. "Okay... gut.", flüsterte beruhigt, weil ich es irgendwie für angebracht hielt, darauf mit etwas mehr als nur einem Nicken zu reagieren. Zwar war es vermutlich vollkommen überflüssig, denn warum stellte ich diese Frage, wenn ich es mir selbst nicht einmal vorstellen konnte? Aber gut, lieber ein oder zwei Worte zu viel gesagt, was das anging, als zu wenig. Jedenfalls schien die Sache dann ja jetzt endgültig unter Dach und Fach zu sein. Jeder wusste, woran er war und alles, was in der Zukunft lag, würden wir von nun an wohl gemeinsam auf uns zukommen lassen. Was ich von dem Gedanken halten sollte, konnte ich so pauschal zwar noch nicht sagen, aber in diesem Moment fühlte sich alles noch so unglaublich gut und richtig an. Also wollte ich mir da auch erst mal nicht den Kopf drüber zerbrechen, sondern akzeptierte, dass man in manchen Punkten erst aus Erfahrungswerten schlauer werden konnte. Also ja, es würde wohl spannend bleiben. Als ich die Hand des jungen Mannes an meinem Kinn spürte, ahnte ich bereits, dass es langsam aber sicher Zeit wurde, zumindest für den heutigen Abend Abschied voneinander zu nehmen. Trotz allem klebte mir das zufriedene und sichtlich erleichterte Lächeln auf den Lippen, die schon kurze Zeit später für einen letzten Kuss in Beschlag genommen wurden. Und als er sich schließlich wieder von mir löste, augenscheinlich eben so unzufrieden damit war, jetzt schon gehen zu müssen, verfluchte ich im Geiste sowohl Sabin als auch die ganze italienische Sippschaft, dass sie indirekt einen Abend zerstört hatten, der in seinem Verlauf noch durchaus Potenzial für einen neuen Liebesroman gehabt hätte, aber gut. Man konnte eben nicht Alles auf einmal haben und die Zeit rannte uns ja - hoffentlich - auch nicht ganz so schnell davon. Zudem konnte ich gut verstehen, dass es diesbezüglich noch Klärungsbedarf gab. Eine abgebrannte Lagerhalle inmitten von sehr viel Nichts warf dann doch ganz schnell mal ein paar Fragen auf. "Mhm, wenn's unbedingt sein muss.", gab ich mit einem recht ironischen Unterton noch einmal zu verstehen, dass es auch mir nicht schmeckte, ihn jetzt schon gehen lassen zu müssen, aber seine ... unsere ... Art von Arbeit hatte selten mal so etwas wie geregelte Arbeitszeiten. Also löste ich mich, nach wie vor eher widerwillig, von Hunter, um die etwas verloren wirkenden Arme wieder vor der Brust zu verschränken. Und dann sagte ich etwas zum Abschied, was wohl das klassische Pendant zum überaus kitschigen und dermaßen verhassten Ich liebe dich oder Du bist mir wichtig war. Daith hatte sowas nur in absoluten Ausnahmesituationen und somit überaus selten von mir zu hören bekommen. Etwa, wenn wir high waren oder ich anderweitig Drogen konsumiert hatte. Wie es Hunter des Öfteren an den richtigen Worten fehlte, lag mir dieses direkte Aussprechen meiner Gefühle nicht sonderlich, also ja. Da musste ein einfaches, aber für mich sehr bedeutsames "Pass... auf dich auf." einfach reichen. Ich meine, jetzt, wo ich wusste, dass das - Hunter - alles von nun an bis zu einem gewissen Grad mir gehörte, wollte ich natürlich auch, dass er heile und in einem Stück wieder bei mir ankam.
# Is it all a tragedy? Are we flashes in a rut going in and out of luck? Maybe. #
Cosma war offensichtlich genauso wenig begeistert von der Tatsache, dass wir für den Rest des Tages getrennte Wege gehen würde, wie ich selbst. Es ließ sich nur leider nichts daran ändern, egal wie sehr ich das in diesem Moment wollte. War ja nicht so, als hätte ich diesbezüglich gerade wirklich eine Wahl. Also mussten wir dieses Schicksal vorerst beide so akzeptierten, wie es eben war. In jedem Fall würde ich aber nochmal zu ihr kommen, bevor die italienische Party im Hinterzimmer ihrer Bar steigen würde. Ob nun morgen oder doch erst übermorgen, das war jetzt noch nicht wirklich abzusehen, aber ich würde es um jeden Preis irgendwo einrichten. Die Prioritäten in meinem Leben hatten sich in den letzten Tagen und Wochen einfach ein wenig geändert und die zierliche junge Frau vor mir gehörte inzwischen in der Liste auf einen der vorderen Plätze. "Geht leider nicht anders... aber ich komm auf jeden Fall nochmal vorbei, bevor wir die Mission durchziehen.", versicherte ich Cosma genau das, war ich kurz vorher gedacht hatte, auch noch wörtlich, als sich unsere Körper letztlich endgültig voneinander lösten und es Zeit war zu gehen. Als ich mich gerade von ihr wegdrehen wollte richtete die junge Frau noch ein paar letzte Worte an mich, die mich unweigerlich ein klein wenig grinsen ließen. Nicht, weil ich es etwa lustig fand, dass sie sich augenscheinlich Sorgen um mich machte. Nein, ich hielt mich nur einfach für ziemlich unbesiegbar und das vollkommen zu Recht. Mir passierte schon Nichts, da brauchte sie sich keine allzu großen Gedanken machen. Zwar war die potenzielle Gefahr für etwaige Verletzungen wohl schon dauerhaft präsent, aber es war inzwischen ganz einfach ziemlich selten, dass ich mal etwas schlimmeres als ein paar Kratzer davontrug. "Keine Sorge... ich bin unkaputtbar, weißt du doch.", versicherte ich der Rothaarigen sehr indirekt, dass mir Nichts weiter passieren und ich - halt so gut wie es möglich war -auf mich Acht geben würde. Zwar war ich nicht unverwundbar, aber ich wusste ja was ich tat und worauf ich ein Auge haben musste, machte sehr Vieles davon schon aus Gewohnheit und Reflex. Sie konnte sich also eigentlich schon ganz gut darauf verlassen, dass ich heil wieder zu ihr zurück kam. Schweren Herzens wendete ich mich dann gänzlich von ihr ab und schlug den Weg zur Tür ein, die ich ohne Umschweife aufzog. Als ich den Türrahmen bereits passierte drehte ich mich um, ließ der Rothaarigen mit kurzem Blickkontakt noch ein "Bis dann.", zukommen und zog gleich im Anschluss daran die Tür hinter mir zu. Widerwillig trat ich den Weg zu meinem draußen geparkten Wagen an, um mich wieder um den ganzen geschäftlichen Scheißdreck zu kümmern, der mir wohl zeitnah wieder die gerade fast ein wenig beschwingte Laune ruinieren würde.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Ich stellte einfach immer wieder fest, dass es Momente gab, in denen ich die Nummer des berühmt berüchtigten Richard O'Lorean einfach wegdrücken sollte. Das würde sowohl mich, als auch einen Haufen meiner Mitmenschen vor mittelschweren bis durchaus riskanten Herzattacken schützen. Heute war im Übrigen ein solcher Tag. Keine Ahnung, aber es schien, als hätte der gebürtige Engländer wirklich ein Händchen dafür, binnen eines Anrufes den Rest einer gesamten Woche gegen die Wand fahren zu können. Dabei hatte es mit dem Montag so gut angefangen und auch der Dienstag versprach durch Hunters Auftauchen nur Gutes. Nur der bisherige Verlauf des Mittwochs ließ zu wünschen übrig, konnte besser sein. Nachdem ich also tatsächlich den Fehler begannen und mit dem Drücken des grünen Telefonzeichens das Gespräch mit Richie angenommen hatte, stand ich etwa eine halbe Stunde später mit etwas rätselnden Gesichtsausdruck vor meinem Kleiderschrank. Auch wenn ich ehrlich gesagt ein verdammt schlechtes Gewissen Hunter gegenüber hatte, war ich ganz offensichtlich auf der Suche nach ein paar Klamotten aus meiner Jugend. Mittlerweile konnte ich auf die knappen Shorts und bauchfreien Tops nur noch kopfschüttelnd zurück blicken, war es für mich gerade einfach unvorstellbar, wie ich sowas wirklich aktiv hatte tragen können. Aber gut, das Meiste davon war glücklicherweise bei meinem Einzug in die Wohnung hier entsorgt worden. Keine Ahnung, wie der klägliche Rest es an der Mülltonne vorbei und zwischen die ansonsten recht langen Hosen und dunklen Pullover geschafft hatte. Jedenfalls musste ich mir eingestehen, dass ich es nicht sehr begrüßte, mich in die recht eng anliegenden Klamotten zu quetschen - die im Übrigen auch gut als Unterwäsche hätten verkauft werden können -, aber nachdem ich sicher zwanzig Minuten versucht hatte, Richard davon zu überzeugen, dass es ganz sicher nur den einen Plan brauchen würde, um die Italiener dingfest zu machen, überrollte er mich mit etlichen Was wäre wenn-Argumenten. Und spätestens als mir klar wurde, dass wir wirklich nur diesen einen Versuch hatten, willigte ich schließlich ein, den Ursprungsplan als Backup bereit zu halten. Dass er die Anderen, also weder Sabin, noch Hunter, nicht darüber unterrichtet hatte, hätte mir eigentlich von vorn herein klar sein müssen - Hunter hatte mir doch unmissverständlich gezeigt, was er von der Idee gehalten hatte?! - und dennoch war ich so naiv, zu glauben, dass das schon alles so passte, abgestimmt war mit dem Rest der Gruppe und es jetzt nur noch an mir lag. Natürlich, nichts desto trotz sträubte sich mein Inneres vehement dagegen, im Fall der Fälle mich doch einem der Schmierlappen an den Hals werfen zu müssen, schlicht weil ich nicht vor hatte, nach den ersten Tagen unserer endgültigen Aussprache gleich die erste Beziehungskrise anzuzetteln. Aber Fakt war, dass Richard, wie so oft, leider Recht hatte mit dem was er sagte. Hatten die Idioten erst einmal die Bar verlassen, ohne das man sie mit einem Besuch in der privaten Galerie ködern konnte, war es schwierig, die Sache noch irgendwie zum Positiven zu wenden. Nicht zuletzt, weil Richie und ich dann ebenfalls aus dem Kreis der Leute ausgeschlossen waren, die sich dem Oberhaupt mit einem x-beliebigen Vorwand anbiedern konnten. Sich auf mysteriöse Art und Weise gleich zwei Mal in recht kurzer Zeit wiederzusehen war einfach viel zu auffällig und damit auch viel zu riskant. Also musste heute einfach alles gut laufen. Sonst hatten wir weiterhin nicht nur ein großes Problem, sondern auch verfickt viel Geld einfach aus dem Fenster geworfen. Ich beruhigte mich also ein klein wenig mit diesem Gedanken, als ich nach etlicher Vorbereitungszeit schließlich den Weg in die Bar einschlug, um diese schon relativ bald auch zu öffnen. Unsere Mission hatte auf die gewohnte Öffnungszeit nämlich absolut keinen Einfluss, also musste ich zusätzlich zu dem ohnehin schon unangenehmen Umstand, dass ich kaum etwas anhatte, jetzt auch noch von weitaus mehr Leuten ein paar durchdringende Blicke weg stecken. Ich hoffte wirklich, zu unser aller Gesundheit, dass einer der Idioten sich auch nur ansatzweise - für den Rest würde der Kunstliebhaber schon sorgen - für das teure Gemälde begeistern konnte und ich somit heute einfach nur... halbnackt kellnern musste. Ansonsten konnte ich mir schon mal überlegen, wie ich den schiefen Haussegen wieder gerade bog.
In meinen Augen hätte der Tag bis dato eigentlich gar nicht besser laufen können. Alles Wichtige und für das Treffen Ausschlaggebende hatte ich bereits organisiert und selbst Cosma konnte ich im letzten Augenblick noch davon überzeugen, sich zumindest für den schlimmsten Fall der Fälle zu präparieren. Natürlich hatte ich weder Sabin, noch den cholerischen Amerikaner darüber unterrichtet, weil mir von vorn herein klar gewesen war, dass ich da auf Granit gebissen hätte. Meiner Meinung nach vollkommen zu Unrecht, aber ich brauchte sicher nicht noch einmal erwähnen, dass gerade Hunter mir ohnehin unsympathisch war. Seine Meinung juckte mich im Verhältnis also eigentlich gar nicht erst. Nur war es jetzt absolut nicht förderlich für die gesamte Situation, wenn so kurz vor der Öffnung der Bar - und damit so kurz vor dem Beginn der Operation - noch ein Krieg ausbrach. Ich war also entsprechend froh darüber, dass ich mich nach langer Zeit der überzeugenden Argumente endlich darauf verlassen konnte, dass zumindest der rothaarige, kleine Teufel auf meiner Seite stand, denn das war mit Abstand das Wichtigste. Und das sie mich dahingehend nicht enttäuschte, sah ich schon von Weitem, als ich durch die Tür der Bar ins Innere trat. Meinen Wagen hatte ich wie immer ein paar Querstraßen weiter abgestellt und schob gerade die Autoschlüssel in meine Hosentasche, als mir die Traube - überwiegend männlicher - Kunden rund um den Tresen ins Auge sprang. Bis jetzt war noch nicht viel los, bestand die Menschenmenge vielleicht aus fünf, maximal sechs Personen, allesamt tuschelnd, die mich schon vom Weitem anfangen ließen zu grinsen. Eigentlich hätte ich mich gar nicht erst so weit an die Bar kämpfen müssen, um zu wissen, welcher Anblick mich da erwartete, aber ich wollte von hier natürlich den besten Blick auf die Eingangstür haben. In erster Linie natürlich, um zu beobachten, ob und wenn ja, wann die italienischen Schnösel hier aufschlugen und es somit an der Zeit war, mich ins Hinterzimmer zu verziehen. Auf der anderen Seite erwartete ich binnen der nächsten paar Minuten noch einen hoffentlich entgeisterten Blick seitens Hunter, der sich so überaus deutlich gegen den Ursprungsplan ausgesprochen hatte. Tja. Und weil ich manchmal ein absolut gehässiger Mensch war, gönnte ich es ihm vom ganzen Herzen, dass Cosma sich dahingehend von mir hatte einlullen lassen, verstand, dass wir nur diese eine einzige Möglichkeit hatten, die keinesfalls ungenutzt bleiben sollte. Und weil wir uns noch einmal kurz hier verabredet hatten, damit auch der Punkt mit dem Geld geklärt war, würde er ganz sicher sehen, wie hinterlistig und falsch ich manchmal sein konnte. Aber ja doch, für mich war das absolut kein Problem, die Sache hier alleine durch zu ziehen, nur musste man eben ausreichend Möglichkeiten in der Hinterhand haben, um unschöne Eventualitäten schon im Keim ersticken zu können. Und na ja, manchmal ging das eben nicht anders, als hier und da eine kleine Notlüge zu erfinden oder, wie in diesem Fall, einfach über die Köpfe anderer hinweg Entscheidungen zu treffen. Das war so und würde sich wohl auch nicht mehr ändern. Er sollte sich einfach nicht so anstellen, war ja nichts Großes dabei. Ich hoffte natürlich, dass ich meiner besten Freundin ersparen konnte, sich gegen ihren eigentlichen Willen so einem Kotzbrocken an den Hals zu werfen, aber sahen wir es mal positiv. Vielleicht waren die jungen Männer im realen Leben deutlich schmackhafter, als auf den Bildern. Dann würde es ihr vielleicht gar nicht so schwer fallen, oder? Nun, für den Augenblick hatte ich Cosma jedoch nur beiläufig gegrüßt und war noch einmal in das Pokerzimmer verschwunden, um das Bild und den Papieren noch einer letzten Kontrolle zu unterziehen. Erst als ich mir ganz sicher war, dass alles so vorbereitet war, wie ich es mir vorgestellt hatte, trollte ich mich wieder auf einen der Barhocker im vorderen Bereich des Gemäuers und ordnete einen Drink, den ich in aller Ruhe und beinahe tiefen entspannt Schluck für Schluck verzehrte, dabei wartete... und wartete.
# Is it all a tragedy? Are we flashes in a rut going in and out of luck? Maybe. #
Eigentlich hatte ich mir wirklich nichts Böses dabei gedacht, als ich den Weg zur Bar eingeschlagen hatte. Meinen Wagen hatte ich in einem Parkhaus ein paar Straßen weiter geparkt, weil er direkt vor der Bar ganz sicher auffallen und uns die Tour vermasseln würde. Immerhin kannten die schnöseligen Mafiosi mein Auto inzwischen und wenn das hier war, war mit großer Sicherheit eben auch ich da. Ließ sich aber leicht vermeiden und so hatte ich Sabin auf dem Hinweg noch eingesammelt, um noch ein paar letzte Dinge ganz in Ruhe klären zu können. Wir einigten uns darauf verdeckt in der leeren, unbewohnten Wohnung zu campen, in der ich sowohl schon selbst gesessen und gewartet, als auch Wachposten für die Bar deponiert hatte. Von da aus konnte man einfach gut einen Blick auf besagtes Gebäude werfen und wir waren nicht weit weg, falls wirklich irgendwas Unvorhergesehenes passieren sollte. Auch, wenn ich das eigentlich nicht glaubte, weil der Plan nun mal gut war und ich ausnahmsweise davon ausging, dass Richard zumindest diesen einen Job richtig machen konnte, wenn er für mich sonst schon so unnütz und nervtötend war. Falls Schüsse zu hören sein sollten konnten wir in jedem Fall zeitnah - und damit hoffentlich früh genug - eingreifen. Lieber würde ich persönlich in der hintersten Ecke der Bar unter den normalen Besuchern sitzen, aber das war leider riskant. Wahrscheinlich rochen die Typen mich - und Sabin erst recht - inzwischen einen Kilometer gegen den Wind, also war es nur sinnvoll dieses Risiko eben ganz zu vermeiden. Das hieß aber nicht, dass mir das gefallen musste. Richard hingegen schien inzwischen einfach seine eigenen Pläne gemacht und Cosma da mit rein gezogen zu haben. Als ich nämlich die Eingangstür passiert hatte - Sabin war gleich draußen geblieben - und mich auf den Weg zur Bar machte, weil ich das Geld noch im Hinterzimmer deponieren musste, kam sie gerade mit einem Tablett voll Getränken hinter der Theke hervor und ich war ganz sicher nicht der Einzige, der sie dabei ansah. Denn sie war gefühlt nackt, wenn man mich nach dieser Art von Kleidungsstil fragte, der mit Niveau so gar nichts zu tun hatte. Was trug sie da? Ich konnte mir wirklich nicht vorstellen, dass das auf ihren eigenen Mist gewachsen war. Immerhin hatte ich der zierlichen Rothaarigen doch eigentlich mehr als deutlich klar gemacht, dass ich das nicht wollte und nur ungern duldete, wo sie doch jetzt zu mir gehörte. Normalerweise hatte ich dahingehend auch ziemlich sicher Nichts zu befürchten, weil das schlichtweg auch so gar nicht Cosmas eigentlichem Kleidungsstil entsprach. Viel mehr war es hingegen der Stil ihres besten Freundes, mich wütend zu machen, schien er damit doch eine neue Lieblingsbeschäftigung gefunden zu haben. Mit einer in diesem Fall wirklich mehr als nur dummen Aktion, die ihm teuer zu stehen kommen würde. Nicht jetzt und nicht heute, weil mein kleiner Teufel hier war und wir die Aktion im Hinterzimmer erfolgreich mit ihm durchführen mussten... aber danach? Gnade ihm Gott. Jeder einzelne imaginäre Herrscher in welchen Religionen auch immer, denn das würde er brauchen. Mir stieg schon jetzt das Blut in den Kopf, die Hauptschlagader an meinem Hals fing an zu pochen und ich zog die Augenbrauen tief ins Gesicht, während ich nach kurzzeitiger Schockstarre auf Cosma zuging und sie vorsichtig am Oberarm - dem ohne Tablett in der Hand - zum Anhalten brachte. "Was zum Teufel hast du da an?", fragte ich sie doch leise knurrend nahe an ihrem Ohr, während ich sie noch einmal kurz musterte, wobei das unzufriedene Geräusch in meiner Stimme gar nicht ihr galt. Ich wusste, dass das nicht ihre eigene Idee gewesen war. Cosma war weder illoyal, noch war sie dumm. Beides traf viel mehr auf den dunkelhaarigen Vollidioten zu, der süffisant grinsend an der Bar vor sich hin trank. Geistig knallte ich ihm sein blödes Cocktailglas schon ins Gesicht, wo es ganz viele, für immer sichtbare Narben hinterließ. Damit er ewig an die Lektion, die er noch bekommen würde, dachte, wenn er in welchen Spiegel auch immer sah.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Zu sagen, dass ich mich in der jetzigen Situation unwohl fühlte, wäre wohl schiere Untertreibung gewesen. Zwar hatte ich in der Regel keine größeren Probleme damit, mich von ein paar angetrunkenen Hohlbirnen anstarren zu lassen, aber das hier war ... na ja, nun mal alles andere, als die Regel. Ich hatte inständig gehofft, dass es bis zu Hunters Eintreffen noch ein wenig voller werden würde, damit ich mich halbwegs unauffällig durch die Massen bewegen und ihm damit mehr oder weniger aus dem Weg gehen konnte. Er somit gar nicht mitbekam, dass ich mich doch noch von meinem besten Freund hatte einlullen lassen, wo das Thema doch eigentlich vom Tisch gewesen zu sein schien. Aber bei meinem Glück betrat der Amerikaner gerade dann die Smith and Wesson, während ich, unter genauer Beobachtung nahezu aller umstehenden Typen, ein Tablett voller Drinks verteilen wollte. Und in diesem Augenblick wünschte ich mir, dass sich unter meinen Füßen ein großes, dunkles Loch auftat, in welches ich gänzlich versinken konnte. Ich hatte nur aus dem Augenwinkel mitbekommen, dass der Amerikaner mich ins Visier gefasst hatte, wollte die Gunst der Stunde eigentlich nutzen, um so zu tun, als hätte ich ihn nicht gesehen, aber der bestimmte, wenn auch alles andere als grobe Griff an meinem Oberarm, ließ mich nur wenige Sekunden später leise seufzen und stehen bleiben. Meinen Blick hatte ich bis zu den knurrenden Worten meines ... Freundes - immer noch komisch, dass das jetzt so richtig ernst zu sein schien - an den Wellen schlagenden Inhalt der Gläser geheftet, hob ihn erst relativ spät an, um die vor Wut funkelnden Augen meines Gegenübers zu fixieren. Schien, als wäre er nicht gerade begeistert, aber das war ja abzusehen gewesen. Wunderte es mich überhaupt? Nun... natürlich ging ich davon aus, dass Hunter auch von mir enttäuscht gewesen sein musste, aber ich konnte spüren, dass sich der eigentliche Zorn weniger gegen mich und vielmehr gegen den dämlich vor sich hin glucksenden Brünetten richtete, der nur unweit von uns an der Bar gelehnt saß und einen äußerst amüsierten Gesichtsausdruck an den Tag legte. Schön, dass wenigstens einer Spaß an der ganzen Geschichte hier zu haben schien. Ich fand das jedoch alles andere als witzig. "Na ja, ganz offensichtlich nicht sonderlich viel.", stellte ich relativ nüchtern, ohne auch nur den geringsten Hauch von Ironie oder Sarkasmus fest. Danach stand mir nämlich aktuell überhaupt nicht der Sinn. Noch weniger aber danach, Hunter die Sache erklären zu müssen, würden alle Versuche, noch im letzten Augenblick - wo es im Prinzip ohnehin schon zu spät war - seinen Segen zu ergattern, ins Leere laufen. "Ich erwarte nicht, dass du das verstehst oder für gut befindest. Nur... ich kann Richard verstehen, wenn er sagt, dass wir nur diese eine Chance haben, also bitte..." Sichtlich verzweifelt legte ich meinen Kopf schief, sah den aufbrausenden, sichtlich angefressenden jungen Mann mit einem entschuldigenden Blick an. Dabei wusste ich nicht so recht, wie ich mich ihm gegenüber im Beisein von Richard jetzt verhalten sollte. Denn noch wollten wir das Ganze, so lange es auf Probe lief, ja noch für uns behalten, richtig? Also war da nichts mit einem beschwichtigenden Kuss oder einem zärtlichen über die Wange streichen. "Mit gefällt das Ganze auch nicht. Ich hoffe einfach, dass es zu nicht viel mehr kommt, als den unangenehmen Blicken, die ich gerade so empfange.", war also alles, was ich abschließend noch dazu sagen konnte und wollte, dann wand ich mich aus dem Griff, biss mir sichtlich unzufrieden mit so ziemlich allem in diesem Moment auf die Unterlippe. Es brachte jetzt nichts, da noch ellenlang drüber zu diskutieren oder sich gar zu streiten. Und das wollte ich auch wirklich nicht. Ich war froh, dass sich die ganzen Spannungen zwischen uns für's Erste gelegt hatten. Nur Richard, der weiterhin fröhlich vor sich hin grinste und pfeifte, schien das irgendwie anders zu sehen.
# Is it all a tragedy? Are we flashes in a rut going in and out of luck? Maybe. #
Ach, nein wie schön. Sie konnte es also verstehen, dass Richard trotzdem noch Bedenken hatte? Dass der Vollidiot, obwohl er doch so viel Ahnung von Kunst hatte, es trotzdem verbocken konnte? Oder dass sich vielleicht unglücklicherweise keiner der Italiener für Kunst interessierte, obwohl die Wahrscheinlichkeit dessen laut Sabin sehr gering war? Waren Beziehungen dafür da, sich in den Rücken zu fallen? Wenn ja, dann verzichtete ich wirklich gerne wieder darauf. "Das geht mir verdammt nochmal am Arsch vorbei.", war also das erste, was ich zu ihr runter knurrte, jetzt doch auch ein wenig sauer auf sie. "Du wusstest ganz genau, dass ich dagegen bin. Ich hab dich mehr als deutlich darum gebeten, es sein zu lassen und du hast das akzeptiert. Warum fällst du mir dann jetzt zusammen mit ihm in den Rücken? Wenn du die Loyalität ihm gegenüber über mich stellst, dann kann ich dir jetzt schon sagen, wo die ganze verfickte Scheiße hier hinführt! Du hättest mich wenigstens nochmal fragen können, aber das ist scheinbar auch schon zu viel verlangt.", beendete ich meine Ansprache diesbezüglich sichtlich wütend, fauchend. Sie hatte gewusst, wie ich darüber dachte und es trotzdem getan, weil Richard sich nicht wohlfühlte. So war das halt, wenn man Krimineller war. Da gab es verdammt viele unangenehme oder gefährliche Situationen und wenn er damit nicht klar kam, dann war er ganz einfach falsch in diesem Business und sollte sich nur noch hinter seinen blöden Schreibtisch verkriechen, wo er hingehörte. Die Rothaarige wusste genauso, dass mir vermutlich Nichts aufs diesem Planeten wichtiger war, als ehrliche, angemessene Loyalität. Dass ich mit vielen eigentlich traumatischen Dingen sehr gut zurecht kam, nur damit nicht. Dass ich es auf den Tod nicht leiden konnte, wenn Jemand entgegen seinen vorherigen Worten handelte - und sie tat es trotzdem in genau diesem Wissen. Stellte es jetzt auch noch so hin, als wäre es in irgendeiner Form berechtigt, was es schlichtweg nicht war. Ich setzte meinen Weg mit reichlich viel Körperspannung und einem Blick, der niemand geringerem als dem Tod höchstpersönlich entsprang, in Richtung Bar fort und zügelte mich dazu erst einmal nur wortlos an Richard vorbei in den hinteren Personalbereich zu gehen. Versuchte auch auf dem Weg ins Pokerzimmer noch ein paar Mal tief durchzuatmen, was nur mäßig gut funktionierte. Ich hatte eher das dringende Bedürfnis dazu mit einem Vorschlaghammer auf die Wände einzudreschen oder den Tisch in zwei Hälften zu sägen, auf dem ich die Geldbündel platzierte, die ich zuvor aus meinen Jackentaschen zog. Aber ich musste damit warten - für mich, weil ich mir selbst scheinbar immer noch der nähste war und es auch bleiben würde, laut aktuellem Stand der Dinge. Also nahm ich den Raum nur noch einmal flüchtig unter die Lupe und trat im Anschluss den Rückweg an, weil bis auf den Zwischenfall Alles wie geplant aussah. Wieder im vorderen Bereich der Räumlichkeiten angekommen kam ich aber doch nicht drum herum, einmal kurz bei dem dunkelhaarigen Hurensohn anzuhalten. "Ja, grins' ruhig weiter... genieß' es, solange du noch kannst. Ich werd' dir das Grinsen nämlich schon sehr bald aus dem Gesicht wischen, du naiver, kleiner Wichser.", ließ ich ihn wissen, was er sich mit dieser Aktion angetan hatte. Tätschelte ihm dabei mit einem psychotischen Grinsen und eiskaltem Blick im Gesicht sehr unsanft die Schulter, bevor ich mich postwendend wieder von ihm abwandte, weil sonst eindeutig Schlimmeres passieren würde. Weil das Alles war, was ich gerade noch an Selbstbeherrschung aufbringen konnte, um den Plan nicht endgültig begraben zu müssen, weil Jemand unvorhergesehen arbeitsunfähig und langzeitbehindert geworden war. Ich setzte meinen Weg nach draußen in die kalte Nachtluft also schleunigst fort und war fast so schnell draußen, wie ich gekommen war, ohne Cosma dabei auch nur noch einen einzigen Blick zu schenken. Sabin schien mir plötzlich wieder der beste Mann in der Truppe zu sein. Er war scheinbar doch der Einzige, der erst nachdachte und dann handelte. Leere Versprechen machte er auch keine. Alles Pluspunkte, die ich dem Rest gerade nicht zuschreiben konnte. Also wartete ich noch etwa eine Stunde mit ihm darauf, dass sich etwas Interessantes vor der Bar tat, nachdem ich ihm von dem Zwischenfall erzählt hatte. Er war von Richards eigennützigem Handeln übrigens auch nicht begeistert.
Ehrlich gesagt ging mir persönlich diese ganze Aktion in Norwegen richtig auf den Sack. Mir war ungefähr rund um die Uhr permanent kalt und der Schnee stank bis zum Himmel. Auch mal abgesehen von den miserablen Wetterverhältnissen, die lediglich zwischen arschkalt und nasskalt wechselten, dauerte mir die Geschichte schon viel zu lang. Natürlich konnte ich verstehen, dass Sabin als Verräter für seine Taten grade stehen musste, er verdiente es ja nicht anders. Ich verstand nur nicht, warum ausgerechnet mein Arsch jetzt hier oben sitzen und Eiszapfen hinter sich her ziehen musste. Es hätte eine Milliarde bessere Optionen gegeben und vor allem Leute, die den Ex-Mafioso besser kannten und damit besser einschätzen konnten. Ich hatte ihn nur ein einziges Mal gesehen und nicht einmal mit ihm geredet, hatte ich zum damaligen Zeitpunkt noch weit unter ihm gestanden. Der Chef hatte aber offensichtlich nicht damit gerechnet, dass es derartigen Widerstand hageln würde. Dass sein ehemaliger Vertrauter sich hier oben in Oslo bereits so fest verankert hatte, dass es kaum von jetzt auf gleich möglich war, seinen Arsch einzutüten und nach Italien zu verfrachten, oder ihm den zumindest wegzuschießen. Er war dem Boss lieber lebend, im Notfall kam er aber trotzdem besser im Leichensack zurück, als gar nicht. Inzwischen hielt ich letzteres tatsächlich auch für wahrscheinlicher, weil uns permanent die Horde eines schießwütigen Idioten im Weg stand und es häufig heiß her ging - für mich mehr als für Emanuel und Stefano, die sich selbst nur wenig am eigentlichen Geschehen beteiligten. Sein häufigster Deckname war wohl Tyr, wobei uns viele verschiedene von Verhörten gesagt wurden. Wäre er nicht da hätten wir Sabin sehr sicher längst gefunden. Heute Nacht sollte sich auch endlich mal eine Möglichkeit bieten, um einen Schritt weiter zu kommen. Natürlich zogen wir in Betracht, dass es ein Hinterhalt war, weshalb wir entsprechend nicht unbewaffnet in die Bar eintraten, in welcher der Italiener mal gearbeitet zu haben schien. Ich ging voraus, weil ich in dieser Form von Dreiergespann der Depp für Alles war, standen die anderen beiden doch noch deutlich über mir. Also fungierte ich als Vermittlung und Schutzschild in einem. Dahingehend war wohl praktisch, dass ich mit meinen 1,89m für den allgemeinen Durchschnitt eher recht groß war. Ich steuerte sehr gezielt den Weg zum Tresen an, nachdem wir die Eingangstür passiert hatten, weil ich die einzige Form von Autoritätsperson - sofern man das in meiner Position so nennen konnte - dort erwartete. Ich wendete mich also schon seitlich und damit im Durchgang zum Bereich hinter der Theke stehend an die junge Frau, die augenscheinlich einen Cocktail mixte. "Ich glaube du weißt, warum wir hier sind.", stellte ich ihr mit grimmigem Blick keine Frage nach dem Pokerspiel, sondern lieferte ihr nur eine Feststellung. Zweifel an dieser Tatsache waren schließlich komplett unbegründet. Ich war vielleicht so gut wie untätowiert - das Zeichen der Mafia zwischen meinen Schulterblättern mal außen vor gelassen, aber bis dato hatte ich sowieso noch die lästige Winterjacke an - und gefühlt nur halb so alt wie die beiden Macker in meinem Rücken, aber wir sahen jetzt nicht wie ein paar freundliche Kerle aus, die einfach nur Einen heben gehen wollten. Schon gar nicht in einer Spelunke wie dieser, ich war weit Besseres gewohnt.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Ah, jetzt war dann doch wieder ich die Böse, ja? Dass Hunters Groll sich zunehmend gegen mich richtete, war kaum zu überhören. Und ja, bis zu einem gewissen Grad konnte ich das auch nachvollziehen. Nicht umsonst hing mir das schlechte Gewissen im Nacken wie ein stetig vor sich hin wachsender Tumor, aber es ging hier nicht ausschließlich um Richard. In erster Linie ging es darum, Sabin im wahrsten Sinne des Wortes aus der Schussbahn zu bringen und auch der aufbrausende Amerikaner würde davon profitieren, wenn das italienische Gesocks nicht mehr ständig an seinen Fersen klebte. Warum also konnte er, so dumm und wenig durchdacht meine Kurzschlussreaktion auch gewesen sein mochte, nicht einen Augenblick lang hinter meiner Entscheidung stehen? Stattdessen wendete er das Blatt lieber gegen mich und noch ehe ich auf einen seiner durchweg gemeinen Anschuldigungen hätte reagieren können, war er auch schon verschwunden gewesen. In den hinteren Teil der Bar, während ich wie ein nasser Hund mit dem Tablett in der Hand hinter ihm her sah. Okay, dann ließen wir das zwangsweise wohl so stehen. Ignorierten die Tatsache, dass seine Ansprache gerade wie ein kleiner Messerstich ins Herz gewesen war und er mir mit dem ansonsten wortlosen Abgang nicht einmal die Möglichkeit dazu einräumte, nach einem Pflaster oder Verband zu greifen. Zwar gab es ohnehin nicht sonderlich viel, was ich darauf hätte erwidern können - denn Recht hatte er allemal -, aber er hätte hören sollen, dass ich ihm eben nicht - wie in seinen Augen - grundlos in den Rücken fiel, sondern mir zum großen Teil einfach Sorgen machte. Ich hatte noch lange nicht das Level einer besorgten Ehefrau erreicht, aber ich lebte nicht hinter dem Mond und bekam durchaus mit, wie die Italiener hier Stück für Stück an Land gewannen und Hunter so einer weiteren - in dem Metier allerdings einer der unzähligen - Gefahr ausgesetzt war. Wieso also war ich jetzt hier das illoyale Miststück? Weil ich ihn nicht noch einmal gefragt hatte? Ja ja. Vermutlich hätte ich bei der Frage nach seiner unmissverständlichen, ersten Klarstellung seinerseits doch noch eine Ohrfeige kassiert. Auf die Art und Weise brauchte er mir also nicht zu kommen. Sichtlich angefressen wandte ich mich schließlich von der Tür mit dem Bullauge ab, um die bestellten Drinks an den Mann zu bringen. Dass ich dabei keinen besonders amüsierten Gesichtsausdruck an den Tag legte, hielt mir von da an den ein oder anderen schleimigen Hohlkopf vom Leibe, zog wiederum aber die Blicke interessierter Gaffer auf mich, welche die eher einseitige Diskussion zwischen mir und Hunter am Rande mitbekommen hatten. Ich brauchte sicher eine gute halbe Stunde, bis ich mich durch die tuschelnden Menschenmasse wieder an die Bar retten konnte, wo Richard noch immer sehr gut gelaunt seinen mittlerweile bestimmt dritten oder vierten Drink vernichtete. Mein Blick sprach ihm gegenüber Bände und so brauchte es nicht lange, bis er sich schließlich ohne Weiteres von meinem Radar entfernte und seine Stellung im hinteren Bereich der Gemäuer bezog. Besser war das auch, sonst hätte ich in der Hitze des Gefechts sicher übersehen, viel eher ignoriert, dass das Objekt der Begierde nur wenig später ihren Weg in die Smith and Wesson fand. Ein hochgewachsener junger Mann in Begleitung zweier deutlich reifer wirkenden Deppen bahnten sich nur kurz nach Richards Verschwinden ins Pokerzimmer ihren Weg an die Bar, wo ich durchaus nach Fassung ringend gerade ein paar Gläser spülte. Dass der ohnehin schon wenig freundlichen Ansage nicht einmal eine Begrüßung vorangestellt worden war, ließ mich zusätzlich zu der insgesamt reichlich beschissenen Situation nur noch mehr mit den Zähnen knirschen und mich beinahe vergessen, was hier gerade auf dem Spiel stand. Denn so richtig realisieren, dass wir sie zumindest schon einmal in die Bar gelockt bekommen hatten, damit schon ein riesiger Schritt in Richtung erfolgreicher Abschluss der Aktion getan war, tat ich das zwischen den sich überschlagenen Gedanken gerade nämlich nicht. Andererseits wären meine folgenden Worte sicher ein wenig freundlicher, schleimiger gewesen und ich hätte mich generell mehr ins Zeug gelegt, eher positiv als negativ aus der Masse hervorzustechen. "Fällt mir schwer, das zu leugnen.", war das Minimum, auf was ich meine hörbar ironische Antwort reduzieren konnte. Wäre die Sache nicht so ernst, oder mir ein Stück weit egal, hätte ich sehr gerne noch ein Aber Mensch-Ärger-Dich-Nicht Turnier findet in der Kneipe gegenüber statt hinten dran gehängt. Vor dem Hintergrund, dass ich in dem Augenblick nicht riskieren wollte, die Teilnahme der Männer am Pokerspiel aufs Spiel zu setzen, bat ich das Trio mit einer aussagenden Armbewegung, mir ins Hinterzimmer zu folgen.
# Is it all a tragedy? Are we flashes in a rut going in and out of luck? Maybe. #