Als der werte Herr Doktor dann endlich mal eingetroffen war, half ich ihm nur für ein paar Minuten. Er brauchte immer einen Assistenten, der wenn nötig Klammern und Co festhielt, aber ich unterbrach ihn in seiner Konzentration ständig mit irgendwelchen Fragen, weshalb er mich kurzerhand durch Tauren ersetzte und mich des Raumes verwies, weil ich sonst heute wohl noch Jemanden beerdigen konnte. Nur widerwillig und mit hörbarem Grummeln übergab ich also an meinen Handlanger und trollte mich selbst nach oben, wo ich mich zur Ablenkung erst einmal um meine eigenen Wunden zu kümmern begann. Die Schnitte am Bein desinfizierte und im Anschluss mittels Nadel und Faden aus dem Verbandskasten unter dem Waschbecken im Badezimmer die Einschnitte nähte, damit sie endgültig zu bluten aufhörten. Bei der darauffolgenden Dusche, die mir endlich sämtliches getrocknetes Benzin und auch Blut von der Haut wusch, achtete ich auf die Aussparung meiner Wunde und wäre dabei noch fast im Stehen eingeschlafen. Mein Körper war mit seinem Latein am Ende und so schleppte ich mich im Anschluss mühsam in das sehr kahl eingerichtete Schlafzimmer, zog mir dort saubere Klamotten aus dem Schrank, wobei meine Wahl auf eine bequeme Jogginghose und ein einfarbiges Shirt fiel. Danach ließ ich mich mit einer Flasche Wasser auf dem Sofa nieder und nickte wenig später im Sitzen ein. Erst Stunden später wurde ich wegen dem Zufallen der Metalltür im Keller, zu dessen Treppe ich die Tür bewusst aufgelassen hatte, wieder geweckt und taumelte die ersten beiden, viel zu hastigen Schritte in Richtung Flur, bevor ich den Arzt dort abfing. Mein fragender Blick trieb ihn sogleich zu einer Antwort. "Sie wird's überleben... muss sich aber dringend ein paar Wochen schonen, sonst könnte die Leber wieder aufreißen. Innere Blutungen sind kein angenehmer Tod.", klärte er mich auf und ich nickte nur, bevor ich hastig an ihm vorbei nach unten in den Keller ging, um mir das Ergebnis anzusehen. Cosma schlief noch, atmete aber gleichmäßig und wirkte an sich stabil. Tauren stand an der kurzen Theke, in der sich allerhand medizinische Hilfsmittel und Medikamente befanden, hatte sich am Waschbecken dort wohl gerade die Handschuhe ausgezogen und die Hände gewaschen. Ich nickte ihn heran und nahm mir die Tragegriffe am Kopfende der Liege, bevor ich die Rothaarige mit Hilfe meines Handlangers nach oben zu tragen begann. Langsam, mit aller Vorsicht. Dann bugsierten wir sie behutsam von der Trage aufs Sofa, wo ich ihren Kopf übervorsichtig auf dem Kissen platzierte. Tauren beäugte das ganze skeptisch mit hochgezogener Augenbraue, wandte sich dann aber ab, um eine Decke aus der Kommode zu holen und sie mir zu geben, bevor er sich für eine Zigarette nach draußen verabschiedete. Ich machte mich noch daran Cosma sorgfältig zuzudecken, damit sie mir hier jetzt nicht noch wegfror, bevor ich mich nach einem letzten Kontrollblick in ihr Gesicht ebenfalls von ihr abwendete. Der Doktor stand schließlich immer noch auf sein Geld wartend im Flur, also besorgte ich ihm Jenes kurzum aus einem meiner Verstecke in der Wand der Abstellkammer neben der Küche. Ich drückte ihm mehrere Tausender für die etlichen Stunden Arbeit in die Hand, was er zufrieden abnickte und dann noch eine große Packung Schmerzmittel und Antibiotika aus der Seitentasche seines Kittels zog. Mir sagte, wann und wie oft Cosma die einnehmen sollte. Dann schob ich ihn förmlich aus dem Haus und schloss mich meinem Handlanger mit dem Rauchen an, wofür er mir seine Kippenschachtel hinhielt. Wir ließen uns damit einige Minuten Zeit und blieben drinnen dann am Türrahmen des Wohnzimmers stehen. Natürlich war Tauren neugierig, was genau die letzten Tage passiert war und ich schilderte dem jungen Mann grob das ganze Drama, bevor ich eine Regung im Augenwinkel wahrnahm. Mein müdes Gehirn brauchte noch zwei Sekunden, um zu realisieren, dass Cosma aufwachte. Dann aber setzte ich mich gleich in Bewegung und schloss zu ihr auf, ließ mich noch immer die Pillenpackungen in der rechten Hand haltend auf der Kante des Polsters nieder. Erst sah ich sie einen Augenblick lang nur unbewusst schwach vor mich hin lächelnd an, bevor ich zum Reden ansetzte. "Wie... geht's dir?", fragte ich sie wohl zum allerersten Mal ernsthaft interessiert nach ihrem Wohlergehen. Natürlich meinte ich den Umständen entsprechend. Dass man eher weniger Bäume ausreißen konnte, wenn man einen Bauchschuss kassiert hatte, war ja logisch. Wusste ich selber nämlich ganz gut.
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Mit Aufstehen war also nicht, gut. Dann blieb ich halt hier liegen. War in Anbetracht dessen, das mein Kreislauf bei dem Versuch mich aufzusetzen Amok lief vielleicht gar nicht mal die schlechteste Idee. Ich sank also zurück ins Kissen, bemerkte im Augenwinkel nur beiläufig, dass sich einer der zwei Männer in Bewegung gesetzt hatte, um sich relativ dicht neben meinem Kopf auf der Kante des Sofas nieder zu lassen. Eigentlich hatte ich fest damit gerechnet, in Taurens Gesicht zu sehen, wenn ich meine Augen - welche ich aufgrund der Tatsache, dass sich alles drehte, wieder für einen kurzen Moment geschlossen hatte - öffnen und den Kopf in Richtung der männlichen Silhouette neben mir drehen würde, aber zu meiner Überraschung sollte ich falsch liegen. Statt den im Verhältnis sehr viel eher zur Fürsorge neigenden Tauren anzuschauen, blickte ich direkt in die kristallblauen Augen von Hunter, der mich mit einem unauffällig schmalen Lächeln in der Welt der Lebenden empfing. Zwar lief mein Hirn noch bei Weitem nicht auf Hochtouren, aber als seltsam empfand ich das Verhalten meines Knastkumpels schon ein wenig. Ich war immerhin nicht auf den Kopf gefallen, hatte nicht vergessen, dass die Beziehung zwischen uns beiden eher angespannter Natur war und er sicher Einiges getan hätte, um mich endlich loszuwerden. Warum also hatte er mich mit meiner Schusswunde aufgelesen und sich um mich gesorgt? Und noch viel interessanter war die Frage, warum er plötzlich keine Schwierigkeiten mehr zu haben schien, sich so verdächtig ruhig und freundlich in meiner unmittelbaren Nähe aufzuhalten. Gut, vermutlich war er kurzzeitig genau so verstreut, wie ich es gewesen war, als ich die Schrotkugeln für ihn abgefangen hatte. Entsprechend würde sich seine Verhaltensauffälligkeit wohl sehr bald legen. Zumindest dachte ich das... Im jetzigen Augenblick jedenfalls wollte ich ihn darauf nicht direkt ansprechen, da ich weder Kraft, noch große Lust hatte, etwa eine Diskussion oder gar einen Streit anzufangen. Und selbst wenn ich es vom Kopf her gewollt hätte, wäre es an meiner körperlichen Verfassung gescheitert. Ich war froh, dass ich überhaupt eigenständig atmen konnte und dafür nicht spezielle Apparaturen brauchte, so kraftlos fühlte ich mich. Es dauerte deshalb ein paar Sekunden, ehe ich Hunter eine ehrliche Antwort auf seine, tatsächlich etwas besorgt klingenden, Worte geben konnte. "Beschissen.", antwortete ich knapp, ziemlich leise und musste schon nach diesem einzigen Wort etwas tiefer Luft holen. Zwar ging es mir für den Umstand, das ich durchaus auch den Löffel hätte abgeben können, ziemlich gut, aber ganz im Ernst: Das wäre vermutlich die weniger schmerzhafte Option gewesen, die ich im Moment durchaus bevorzugt hätte. Die Schmerzmittel, die mir vor oder während der Operation verabreicht worden waren, hatten sich schon längst wieder aus meinem Körper verabschiedet und so fühlte es sich an, als würde sich meine Leber von innen heraus auflösen. Meine Blasse Hautfarbe und die Schweißperlen auf der Stirn unterstrichen das Bild, wie sehr mir der aktuell noch ziemlich präsente Blutmangel zu schaffen machte, aber an und für sich... na ja, ein schwaches Lächeln war dann doch drin. Nur ein ganz kurzes, unmerkliches Zucken der Mundwinkel. Denn hey, immerhin lebte ich. War immerhin auch schon mal viel Wert und es war nicht so, als könnte man nichts gegen die Schmerzen unternehmen, die mich ganz sicher keine einzige Minute mehr weiter schlafen lassen würden, selbst wenn ich noch so müde war. Vorsichtig zog ich mir die Decke bis unters Kinn hoch, als ich mich leicht in Richtung der beiden Männer drehte, natürlich stets bedacht darauf, den Druck bestmöglich von der versorgten Schusswunde zu nehmen. Dann nahm ich mir die Zeit, Hunter einen Moment zu mustern. Er sah deutlich besser aus als ich, dennoch machten mir auch seine Wunden Sorgen. Schließlich hatten wir mehrere Tage unter ziemlich beschissenen Bedingungen hausen müssen und das war für offene Wunden bekanntlich keine so gute Ausgangslage, um anständig und ohne weiteren Komplikationen wieder zu verheilen. Also wand auch ich mich mit ein paar besorgten Fragen an den Amerikaner. "Und dir? Sind deine Wunden... auch versorgt?" Zwischendrin eine kurze Pause, ich musste Luft holen, denn so leise wie ich gerade redete, würde er mich wohl kaum verstehen, also musste ich etwas lauter reden. Das wiederum kostete aber zusätzliche Kraft, die ich nur mit kurzzeitigen Unterbrechungen sammeln konnte.
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Eine Antwort in dieser Richtung war zweifelsfrei zu erwarten gewesen und dementsprechend wenig überraschte sie mich damit auch. Ich nickte ein klein wenig, ohne die junge Frau wieder aus den Augen zu lassen. Es vergingen ein paar schweigsame Sekunden, in denen Cosma sich ein klein wenig zurechtlegte, bevor schließlich die Gegenfrage folgte. Ja, wie ging es mir eigentlich? Ehrlich gesagt hatte ich mir bis gerade eben keinen einzigen Gedanken dazu gemacht. Also ließ ich mir mit der Antwort ein paar Sekunden Zeit, bevor ich den Mund öffnete. "Ganz okay... das Bein hab ich genäht und das am Kopf ist dünn zugewachsen... wird schon reichen.", gab ich also kurze Auskunft zu mir selbst und zuckte ein klein wenig mit den Schultern. Schmerzmittel wären bei mir angesichts des dröhnenden Schädels und des Beins, das nach wie vor bei jeder Bewegung stechende Schmerzen auslöste, sicher auch angebracht. Antibiotika ebenfalls, um mögliche in die Wunden gelangte Keime und Bakterien auszumerzen, bevor sie anfingen Schaden anzurichten. Aber noch ging es mir der Lage entsprechend gut. Die Kopfschmerzen waren einigermaßen aushaltbar und kaum vergleichbar mit dem schmerzenden Bauchraum der Rothaarigen, die hier lädiert auf dem Sofa lag. Ich konnte also gut und gerne noch einmal nach unten in den Keller gehen und mir eigene Medikamente holen, wenn sie später wieder schlief und keine Aufmerksamkeit brauchte. Bei diesem gedanklichen Stichwort öffnete ich beide der Tablettenpackungen nacheinander, um jeweils eine der Pillen aus dem Blister zu drücken. Dann legte ich die Packungen bei Seite und griff nach der von mir vorhin angefangenen Wasserflasche, um sie zu öffnen und beides im Anschluss der jungen Frau hinzuhalten. "Antibiotika... und Schmerzmittel.", erklärte ich die beiden Tabletten knapp, bevor sie mir die Pillen abnahm. Zwar war es nicht mehr unbedingt üblich, nach Operationen grundsätzlich Antibiotikum zu verabreichen, aber der Keller hier war weit nicht so steril, wie es ein richtiger Operationssaal gewesen wäre. Außerdem konnten während die Wunde noch offen gewesen war gut und gerne unliebsame, Infektionen auslösende Dinge eingetreten sein. Vorsicht war da also sicher angebracht. Im Folgenden half ich der jungen Frau dann beim Festhalten der Flasche, während sie nach dem Schlucken der Tabletten etwas nach trank. Sie würde in ihrer Position sonst nur unnötig den Bauchraum anspannen und unter Druck setzen müssen, was es zu vermeiden galt. "Der Arzt meinte, du sollst dich ein paar Wochen schonen... sonst riskierst du innere Blutungen.", gab ich die Information des Fachmanns an meine Patientin weiter, als die Flasche wieder abgesetzt war, ich sie zuschraubte und dann schließlich auf dem flachen Couchtisch bei Seite stellte. Dann sah ich zu Tauren und wies ihn an ein paar Lebensmittel besorgen zu gehen, weil der Kühlschrank hier wie immer ziemlich leer war und ich in den nächsten Tagen aber genauso wie der Rotschopf etwas zu Essen brauchen würde. Mein Handlanger war nach einem Nicken und einem letzten, sichtlich verwirrten Blick dann auch schon auf dem Weg nach draußen, weshalb ich meine Blick wieder auf Cosmas' richten konnte. Die Sonne war inzwischen aufgegangen und ich würde grob schätzen, dass in einer halben Stunde bis Stunde die ersten Läden aufmachten.
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Mhm, okay. War vermutlich auch besser so, hätten sich vor allem die Wunden an seinem Bein auf kurz oder lang sicher entzündet, wenn sie unbehandelt geblieben wären. Wie gesagt: Drei Sterne Hotel war etwas ganz Anderes. Ich nickte seine Aussage, so gut das in meinem Zustand eben ging, ab, schloss dann wieder für einen Moment die Augen. Ich war nach wie vor unfassbar müde, aber sowohl starken Schmerzen, als auch mein penetranter Körpergeruch hielten mich davon ab, in einen halbwegs erholsamen Schlaf abzudriften. Seitdem wir aus der Villa entkommen waren, hatte ich nicht mehr geduscht und für die Operation war lediglich mein Bauchraum gründlich gereinigt worden. Man konnte also nur erahnen, in was für einem Mief ich gerade schmorrte. Wäre also beizeiten dann ganz nett, wenn meine Haare und meine Haut auch mal wieder etwas warmes Wasser zu spüren bekamen. War in Anbetracht der riesigen Schusswunde inmitten meines Oberkörpers vielleicht kein sonderlich angenehmes, gar entspanntes Duschen, aber ich würde immerhin nicht mehr stinken wie ein Puma. Eventuell würde ich das also gleich einmal ansprechen, vielleicht ließ sich da ja was einrichten. Nur mit einem Waschlappen das Gröbste erledigen wäre vorerst auch in Ordnung gewesen. Jetzt wollte ich mich allerdings erst mal den mehr oder minder legalen Drogen widmen, weil diese einen weitaus wertvolleren Teil zu meiner Gesundheit beitragen würden, als ein bisschen Wasser und Seife. Erneut hatte ich versucht, mich aufzusetzen, aber wie schon bei dem Versuch davor, musste ich auf der Zielgeraden abbrechen, weil meine Leber mir sehr deutlich signalisierte, dass sie platzen würde, wenn ich noch weiter Druck auf sie ausübte und Hunters darauffolgende Worte, die ihm der Arzt mitgeteilt hatte, bestätigten diesen Verdacht zusätzlich. Ich blieb also liegen und wartete geduldig darauf, dass der junge Mann die Tabletten aus dem Blister gedrückt hatte, um sie mir anzureichen. Anstatt sie jeweils einzeln runter zu schlucken, legte ich sie beide gleichzeitig auf meine trockene Zunge und spülte sie dann angestrengt mit zwei, drei Schlucken Wasser in Richtung Magen. Im Liegen war das alles gar nicht mal so einfach, ja sogar richtig unangenehm. Da störte mich das Wasser, welches mir rechts und links die Mundwinkel hinab sickerte, eher weniger als das Gefühl von Irgendwas steckt mir im Hals fest. Nun, ehrlich gesagt hatte ich ja kein sonderlich großes Vertrauen zu Hunter, erst recht nicht, was sämtliche Arten von Drogen anging - legal oder nicht -, aber in diesem Augenblick hätte er mir manifestiertes Zyankali als Schmerzmittel verkaufen können und ich hätte es wortlos geschluckt. Das lag aber ganz einfach an der Tatsache, dass diese ganze Geschichte in meinen Augen gar nicht schlimmer werden konnte. Entweder, ich war in den nächsten Tagen wieder halbwegs lebensfähig, oder aber ich gab doch noch den Löffel ab. Mehr Alternativen gab es schlicht nicht und wie es kommen wollte, so würde es dann auch kommen. Natürlich hoffte ich, dass die Tabletten, die ich mit Müh und Not herunter gewürgt hatte, auf irgendeine Art und Weise die Schmerzen negierten. Dann konnte ich nämlich zumindest schon einmal an etwas Schlaf denken. "Danke... und okay, ich denke, so schnell bewege ich mich sowieso nirgends hin. Aber ich würde echt gerne kurz unter die Dusche, wenn das irgendwie möglich ist.", antwortete ich, nachdem Tauren aus der Türrahmen und wenig später aus dem Haus verschwunden war. Dann fiel mir aber noch etwas ganz Anderes ein. Über die Tage hatte ich das vollkommen vergessen, weil sich die Prioritäten doch ein wenig verschoben hatten, aber jetzt, wo zumindest mein Hirn langsam aber sicher wieder zur Ruhe kam und versuchte, in den Alltagsmodus umzuschalten, machte es Klick bei mir. "Oh.. und was ist mit der Bar? Die war sicher die ganze Zeit über geschlossen... was eine Scheiße...", fluchte ich leise, raufte mir müde die Haare. Allerdings nicht, ohne dabei die Miene zu verziehen, weil jegliche Art von Bewegung einfach super unangenehm für die genähte Wunde war. Wenn man mal so darüber nachdachte, war eine Verletzung im Bereich des Corpus doch auf sehr viel verschiedene Arten unangenehm. Egal was man tat, alles lief über die Körpermitte. Essen, trinken, laufen... Hieß für mich also, dass ich mein Level an Sedativum für eine ganze Weile konstant halten würde.
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Nein, sich irgendwo hin bewegen würde sie wohl nicht. Das mit der Dusche war also irgendwie ein Problem. Genauso wie die Toilettengänge. Ihr Körper hatte viel Flüssigkeit verloren und musste diesbezüglich sicher erst wieder aufstocken, weshalb Cosma auch besser viel trinken sollte, aber früher oder später würde sie aufs Klo müssen. Sowas wie ein paar Krücken oder einen Gehstock zur Stütze hatte ich hier meines Wissen nicht. Sie am heutigen Tage noch selbstständig laufen zu lassen war aber ganz eindeutig so gar keine gute Idee. Vielleicht würde das Schmerzmittel sie zwar so weit zum Gehen befähigen, dass sie dabei nicht einknickte und gefühlt tot umfiel, aber gut wäre das trotzdem nicht. Es war also schlichtweg nicht drin, sie hier ohne Aufsicht von A nach B humpeln zu lassen. "Duschen ist wahrscheinlich eher keine so gute Idee...", stellte ich also doch ein wenig nachdenklich fest. Zumal sie den Verband wenig bis gar nicht aussparen konnte, es sei denn sie klebte ihn komplett ab. Was Anderes als Frischhaltefolie und Paketklebeband konnte ich ihr diesbezüglich aber nicht anbieten. "Ich meine, ich könnt dich schon rüber tragen und absetzen... aber du müsstest mindestens den Verband abkleben, damit nichts an die Wunde kommt.", murmelte ich weiter vor mich hin, noch immer darüber nachdenkend, wie man die Angelegenheit am besten lösen konnte. Außerdem wollte ich die Rothasrige auch nur ungern im Badezimmer allein lassen. Ihr Kreislauf war nicht unbedingt stabil. Was, wenn sie wieder bewusstlos wurde? Nein, kam gar nicht in die Tüte. "Und meine Anwesenheit müsstest du auch dulden... ich hab nicht vor dich noch an die Dusche zu verlieren, nachdem ich dich gefühlt zwanzig Kilometer weit getragen habe.", knüpfte ich die Duscherei also an eine Bedingung, über die ich auch nicht verhandeln würde. Ich musste ja nicht hinsehen oder so, darum ging es mir weiß Gott nicht. Natürlich waren die zwanzig Kilometer stark übertrieben, aber wenn man selbst unter Schmerzen humpelte, keine Energie mehr hatte und dann auch noch zusätzliches Gewicht schleppte, konnten einem fünfhundert Meter durchaus wie ein halber Marathon vorkommen. Cosma kam noch auf die Bar zu sprechen. Klar, das war hier und jetzt natürlich das Wichtigste. Sie war ja nicht fast gestorben und stundenlang operiert worden. Meine rechte Augenbraue wanderte dementsprechend skeptisch nach oben, brauchte sie doch jetzt so gar nicht auf die Idee kommen, in naher Zukunft arbeiten zu gehen. "Weiß ich nicht... ich hab noch nicht mit Sabin telefoniert. Er wird aber sicher gemerkt haben, dass wir nicht mehr da sind... vielleicht hat er da was unternommen.", dachte ich weiter und zuckte mit den müden Schultern, war Alles in Allem für meine Verhältnisse wohl unnormal ruhig. "Die Bar sollte nach einem Bauchschuss eigentlich deine geringste Sorge sein.", stellte ich doch leicht amüsiert fest. Nicht mal ich dachte wirklich an die Arbeit, wenn ich stark verwundet war und das sollte echt was heißen. Die junge Frau würde sich wohl oder übel dran gewöhnen müssen, ein paar Wochen lang keinen Finger krumm zu machen... und wenn ich sie fest tackern musste. Es gab sicher eine andere Lösung für die Bar. Sabin zum Beispiel. Immerhin konnte ich meine Geschäfte ab jetzt getrost wieder selbst organisieren und er durfte sich zurück hinter die Theke trollen.
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Es war ja wirklich rührend, wie sehr sich Hinter um mich zu sorgen schien, aber genau dafür hätte ich ihm jetzt gerne eins auf die Fresse geben wollen. Es war unglaublich frustrierend, sich nicht ärgern zu können, obwohl man es eigentlich gerne wollte. Zwar gab es dafür nicht ansatzweise einen guten Grund, denn Recht hatte er zu einhundert Prozent. Mich mehr als nötig zu bewegen, würde den Heilungsprozess nur unnötig in die Länge ziehen und Ruhe war alles, an was ich jetzt eigentlich denken sollte. Die Bar könnte warten, das Duschen im Prinzip auch, aber Letzteres würde ich heute auf jeden Fall noch wollen. Ich hatte jetzt seit etwa einer Woche kein sauberes Wasser mehr gesehen und ich vermisste das Gefühl von Sauberkeit. Wenn ich mich bewegte, bildete ich mir ein, Dreck knirschen zu hören - so weit war es schon. Ich seufzte bloß resigniert, weil meine Kraft für eine trotzige Antwort nicht ausreichte. "Ich weiß, dass das keine gute Idee ist, aber ich muss mich zumindest ein wenig waschen.", flehte ich den Amerikaner nahezu an und unterstrich das Ganze mit einem wehleidigen Blick in seine Richtung. Dabei nahm ich eine der Haarsträhnen zwischen die Finger, mit der man mittlerweile Brote schmieren konnte. Ehrlich, das war so eklig, das ich sogar in Kauf nehmen würde, die Wunde abkleben zu müssen, was an sich ja eigentlich kein Problem war. Aber das Entfernen der Folie wäre sicher schmerzhaft oder im Delirium zumindest sehr unangenehm. Außerdem fiel ich Hinter dadurch nur noch mehr zur Last - was für unser ohnehin angeschlagenes Verhältnis aber wohl keinen Unterschied mehr machen würde - müsste er mich tatsächlich ins Bad tragen. Ich traute mir ehrlich gesagt nämlich nicht zu, dass ich in meiner aktuellen Verfassung dazu in der Lage war, einen Fuß vor den anderen zu setzen, ohne dabei ernsthaft zu verunfallen. Aber das war okay für mich. Genau so gut konnte ich mich damit abfinden, mich für einen Moment wie ein pflegebedürftiger Krüppel von Hunter ausziehen und Duschen zu lassen. Nur bei Gott: Man erlöse mich bitte von diesem Gestank. "Ich denke, dass es nicht mehr so lange dauert, bis die Schmerzmittel wirken. Ich wäre dir sehr dankbar, wenn du mich dann ins Bad bringen würdest. Ich kriege das schon irgendwie hin.", was, wenn ich ehrlich sein sollte, gelogen war. Ich fühlte mich alles andere als in der Lage, dieses Sofa hier zu verlassen, geschweige denn mich eigens unter die Dusche zu trollen. Dennoch wollte ich mein Gesicht vor Hunter nicht noch mehr verlieren. Es reichte schon, dass er mich in einer solchen Verfassung sah und ich mich ihm mehr oder weniger so ausliefern musste, weil mir schlicht nichts anderes übrig blieb, wenn ich weiter Wert auf mein Fortbestehen hier auf der Erde setzte. Aber da musste ich es trotzdem nicht übertreiben und machte ihm schnell klar, dass ich trotz Allem noch die starke, junge Frau war, die ihm sonst immer so richtig auf die Nerven ging. Und sollte er mir meinen Wunsch ausschlagen, tankte ich widerwillig ein bisschen Energie, bis ich wieder genug Kraft hatte, seinen Geduldsfaden bis zum Zerreißen zu strapazieren. Irgendwann würde ich meinen Willen kriegen. Und wenn nicht jetzt, dann eben später. Aber er hatte es sich ja ausgesucht. Diese zwanzig Kilometer, die natürlich vollkommen übertrieben dargestellt waren, hatte er Zeit gehabt, sich sein Vorhaben noch einmal gut zu überlegen und er hatte sich entschieden, mir das Leben zu retten. Und dafür war ich ihm dankbar, gar keine Frage, das würde ich ihn auch gleich noch wissen lassen, aber damit hatte er sich wissentlich darauf eingelassen, sich mit meinen Eigenarten zu arrangieren. Ich wollte also keine Beschwerden hören. Ich drehte mich wieder auf den Rücken, wandte den Blick von Hunter ab und starrte stattdessen gen Decke. "Danke im Übrigen. Dass du mich nicht einfach liegen gelassen hast, weiß ich sehr zu schätzen. Aber ich befürchte, dir trotzdem weiter auf die Nerven gehen zu müssen, wenn du mich nicht gleich dabei unterstützt, ins Bad zu kriechen.", meine Lippen zierte zum ersten Mal seit etwa einer Woche wieder ein schmales Lächeln, auch ein leises Aufmachen könnte ich nicht unterdrücken, was ich zwecks der Beanspruchung des Zwerchfells, welches unmittelbar in der Nähe meiner Wunde lag, kurz darauf auch schon wieder bitter bereute. Allerdings war der Schmerz weitaus weniger stechend, als noch vor ein paar Minuten. Das Schmerzmittel schien langsam seine Wirkung zu entfalten, was ich wirklich sehr begrüßte. Es könnte, sollte Hunter keine weiteren Einwände gegen meine Aussagen haben, wegen mir also direkt los gehen. Was das Thema mit der Gegenwart dulden anging, hatte ich mir gar nicht erst die Mühe gemacht, etwas darauf zu erwidern. Was sollte ich schon groß dagegen haben? Ich hatte nichts, wofür ich mich schämen musste und es wäre nicht das erste Mal, dass ich meine Hüllen vor mehr oder weniger Fremden fallen ließ..
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Ich verstand Cosma schon. Immerhin hatte ich nach der Dusche vorhin, auch wenn sie wenig bequem gewesen war, eine gewisse Erlösung empfunden. Mich so gut danach gefühlt, um gleich darauf auf dem Sofa wegzunicken. Stinken war einfach keine schöne Sache, auch wenn ich nicht direkt am Rad drehte, wenn ich mal zwei Tage aus welchen Gründen auch immer nicht duschen konnte. Nach einer ganzen Woche war es dann doch überdringend Zeit dafür. Also nickte ich ein klein wenig, würde ihr diesen Wunsch wohl doch zeitnah erfüllen. Der wehleidige Blick half ihr sicher ein wenig dabei. "Ja, okay...", willigte ich also ein und griff dann noch einmal nach der Wasserflasche, um selbst ein paar Schlucke zu trinken. Mein Körper war zwar weniger kaputt als Cosmas', über Flüssigkeit aber dank des Blutverlustes in den letzten Tagen sehr dankbar. Mal davon abgesehen, dass wir auch nicht viel zu trinken gehabt hatte. Weil die Schmerzmittel nach eigener Aussage der Französin noch einen kurzen Moment lang zum Entfalten ihrer Wirkung haben durften, stand ich erst einmal noch ohne sie auf. Ging in die Küche, um nach der sehr selten genutzten Frischhaltefolie zu suchen, die ich irgendwann auch in einem der Hängeschränke fand und herausnahm. Das Klebeband fand ich in einer der Schubladen der kurzen Theke, in der sich Alles und Nichts befand. Wirr Kram zusammen geschmissen worden war, der sonst irgendwie Nirgends einen Platz fand. Dann ging ich damit ins Badezimmer und legte beides auf dem schmalen Schränkchen zwischen Toilette und Waschbecken ab, bevor ich langsam ins Wohnzimmer zurück humpelte und mir dort auch ihre letzten Worte noch anhören durfte. Natürlich würde sie mir weiter auf die Nerven gehen, was auch sonst? Ich wusste bestens, wie gut die junge Frau dieses Fach beherrschte. Der Dank war das eigentlich Ungewöhnliche an ihren Worten. Wir bedankten uns hochgradig selten beieinander, wobei es vermutlich wirklich angebracht war, nachdem ich ihr das Leben noch gerade so gerettet hatte. Trotzdem ließen mich ihre Worte leicht zu grinsen anfangen, bevor ich die Decke bei Seite schob und in die Hocke ging, um vorsichtig meine Arme unter den Körper der Rothaarigen zu schieben. "Schätze damit sind wir wieder quit... Krüppelchen.", grinste ich fast schon süffisant vor mich her, kurz bevor ich mich mit schmerzendem Oberschenkel wieder aufrichtete. Ich versuchte den Körper der jungen Frau so wenig Belastung wie möglich auszusetzen, während ich mit ihr in den Armen den Weg ins Badezimmer antrat. Dass ich leicht humpelte, war vermutlich nicht so förderlich, aber es ließ sich unter ihrem Gewicht absolut nicht vermeiden. "Kannst mich ruhig weiter nerven... mit weglaufen ist ja nicht mehr, wenn dann die nächste Quittung kommt.", grinste ich weiter vor mich hin, wobei ich ein oder zwei Mal aber kurz das Gesicht verzog. Mein Tonfall machte deutlich, dass das nur ein Witz war. Ausnahmsweise wirklich. Ich hatte nicht vor, ihr noch einmal weh zu tun. Die beiden eher schmalen Türrahmen jeweils in den Flur und dann in das kleine Badezimmer nahm ich seitlich, um Cosma die Füße und den Kopf nirgends anzuschlagen. Ich setzte sie dann vorsichtig erst einmal auf dem geschlossenen Toilettendeckel ab und musste einen Moment der Anstrengung wegen durchatmen, bevor ich mich darum kümmerte, den Verband möglichst lückenfrei mit der Folie darüber abzukleben, damit nirgends Wasser rein kam und sich die junge Frau dabei selbst aber so wenig wie möglich bewegen musste. Blieb zu hoffen, dass es wirklich dicht war, unnötig viel auf dem Klebeband, das auf ihrer Haut lag, herumzudrücken schien mir angesichts der Verletzung nicht gerade sinnvoll. "Schaffst du die Klamotten all...", wollte ich im ersten Moment fragen, ob sie mit der Hose und der noch darunter liegenden Unterwäsche allein zurechtkam, aber die Antwort war offensichtlich weshalb ich den Satz von selbst mit einem Kopfschütteln abbrach. Sie konnte ja ohne den Halt des Spülkastens im Rücken nicht einmal gerade sitzen. "Nein, schaffst du nicht.", beantwortete ich sie mir dann ganz einfach selbst mit einem leisen Seufzen, bevor ich der Rothaarigen auch noch mit dem Ausziehen half. Zugegeben fühlte ich mich gerade wirklich wie ein Pfleger im Altenheim, weil sie ja Nichts wirklich allein hinbekam.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Es brauchte doch deutlich weniger Überredungskünste, als ich angenommen hatte. Hunter ließ sich schon nach ein paar wenigen, aber erklärenden Worten darauf ein, mich kurze Zeit später dann tatsächlich ins Bad zu tragen. Es fiel ihm augenscheinlich schwer, sich neben seinen eigenen Verletzungen auch noch um mich zu kümmern, entging es mir doch keinesfalls, dass er hier und da mal das Gesicht verzogen hatte auf dem Weg ins Bad. Aber ich war froh - wenn auch verwirrt - das er es tat, denn andererseits hätte es ziemlich schlecht für mich ausgesehen. Vermutlich hätte ich in meinen eigenen Exkrementen vor mich hin vegetieren müssen, bis ich endlich wieder dazu in der Lage war, alleine aufzustehen und Dinge erledigen zu können. Wie beispielsweise zur Toilette gehen oder eben eigenständig unter der Dusche stehen. Bei einer Wunde dieser Art hätte das aber sicher eine ganze Weile gedauert und wenn diese dann abgeheilt war, wollte ich nicht wissen, mit welchen Infektionen ich dann zu kämpfen hatte. Alles in Allem wollte ich auch gar nicht weiter darüber nachdenken, lehnte den Kopf stattdessen wortlos gegen Hunters Brust, als er mich vom Sofa aufgelesen hatte. Seine Aussage ließ ich erst einmal unkommentiert, weil ich ein paar Sekunden brauchte, um das Gesagte zu verarbeiten und entsprechend darauf zu reagieren. Erst sah ich ihn etwas entgeistert von unten an, dann schnaubte ich belustigt. "Gab es diese Art von Ableismus nicht erst 1933 irgendwo in Europa?", fragte ich, während er mich geschickt durch die Türrahmen manövrierte, nur um mich zwei Türen weiter auf dem geschlossen Deckel der Toilette abzusetzen. Dort begann Hunter dann, so schmerzfrei wie möglich, damit anzufangen, meinen Verband mit Frischhaltefolie und Klebeband zu sichern, was mir hier und da ein leises Zischen entlockte. Es ließ sich zwischenzeitlich einfach nicht vermeiden, dass er auf manchen Stellen ein Stück weit fester herum drücken musste, weil sie sonst nicht ausreichend vor dem Wasser schützen würden, trotzdem schlug meine Laune ein Bisschen ins Negative. Würde aber gar nicht mal auffallen, war mir ohnehin nicht zum lachen zumute, weil es schlicht unsagbare Schmerzen verursachte. Meine Augen folgten Hunters Händen aufmerksam, bis er sich mit ein paar weiteren Worten an mich wendete. Ich sah ihn mit hochgezogener Augenbraue an, á la dein Ernst, Junge? Aber er hatte sich seine Frage ziemlich bald schon selbst beantwortet, was mich wiederum leise lachen ließ. Nur kurz, denn wie bereits erwähnt, schlug jegliche Bewegung meines Bauches unmittelbar auf die frisch genähte Wunde. Aber um es noch einmal zu unterstreichen: Nein, ich konnte mir meine restlichen Klamotten natürlich nicht alleine ausziehen. Es dauerte nicht lange, bis mein Krankenpfleger mich dann so weit hatte, dass er mich nackt in der Badewanne platzieren konnte und kurz darauf prasselte auch schon angenehm warmes Wasser über meine Haut. Ich merkte förmlich, wie sich mit der Temperatur des Wasser auch meine Laune erwärmte, nachdem der ganze Dreck sich von meiner Haut gelöst hatte. Mit ein bisschen Seife und genügend Geschick konnte ich mir zumindest die Beine eigenständig waschen, für den Oberkörper, die Arme und die Haare musste dann aber Hunter wieder herhalten. Die schlanken Arme über den Kopf zu schlagen war mit dem bisschen Energie, was ich noch hatte, einfach nicht drin gewesen. Alles in Allem dauerte das Bad doch länger als normal, was in Anbetracht der Umstände doch ziemlich... normal war. Man brauchte eben länger, wenn man eingeschränkt und auf die Hilfe von anderen angewiesen war. Aber der junge Mann tat wirklich sein Bestes, mich schnell und effektiv abzuduschen, damit ich mich wenig später in einem Handtuch eingerollt wieder mit dem Rücken am Spülkasten wieder fand. "Hast du zufällig ein paar Klamotten hier, die du mir geben könntest?", fragte ich erst jetzt, wo es doch eigentlich schon zu spät war. Hätte ich wohl früher machen sollen, aber wenn seine Antwort Nein geheißen hätte, wäre mir ohnehin nichts anderes übrig geblieben, als zurück in die alten Klamotten zu steigen - was definitiv nicht in Frage kam - oder aber eingepackt wie ein Baby in diesem großen Handtuch zu schlafen. Wäre auch nicht schlimm, aber eine Boxershorts und ein Oversize Shirt würde er wohl gerade noch entbehren können, oder nicht?
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War gut möglich, dass es sowas schon zahlreich vorher gegeben hatte. Vor Jahrhunderten, Jahrzehnten... ich war weder in Geschichte, noch in Erdkunde besonders aufmerksam gewesen, weil es mich schlicht nicht interessierte. Ich ging hin, wo meine Füße mich hinführen und wenn ich Irgendwas wissen musste, das in Vergangenheit lag, konnte ich gezielt danach suchen. "Es ist aber keine Diskriminierung, wenn ich selber einer bin.", erwiderte ich also lediglich noch recht amüsiert darauf, bevor ich mich weiter um die Unterstützung Cosmas' kümmerte. Erst das Ausziehen und im Anschluss eben noch der ein oder andere Handgriff beim Duschen selbst, weil sie schlicht nicht zur ganzheitlichen Körperwäsche fähig war. Hatte ich auch kein Problem mit. Zwar hielt ich für gewöhnlich gerne Abstand zu Frauen, Sex ausgenommen, aber bei Cosma war das irgendwie einfach okay, obwohl es eine Grenze überschritt, die ich sonst tunlichst umschipperte. Komische Angelegenheit. Letztlich saß die junge Frau wie ein nasser Hund erneut auf dem Klodeckel und schob mir eine Frage zu, die ich ohne lange darüber nachzudenken mit einem Nicken bejahen konnte. Viele Klamotten hatte ich hier zwar nicht, aber ich konnte gut und gerne in ein, zwei Tagen zur Bar fahren und meinen Krempel da wieder abholen. Zumindest einen Teil davon auf jeden Fall, dann konnte ich der Rothaarigen auch ein paar ihrer eigenen Klamotten mitbringen. Bis dahin würden wir schon mit den paar Shirts und Co. hier auskommen. "Ja, warte kurz.", antwortete ich dann auch noch wörtlich, wobei ich mich schon von ihr abwendete und ins Schlafzimmer ging, um aus dem in die Jahre gekommenen Schrank eines meiner insgesamt wohl unzähligen schwarzen Tshirts und eine Boxershort rauszunehmen. Kaum war das getan ging ich mit dem noch immer schmerzenden Bein zurück zu Cosma, wo ich ihr beides kurzum anzog, nachdem sie das Handtuch abgelegt hatte, weil Aus- und Anziehen ja nicht in ihrer Macht lag. Im Anschluss atmete ich einen Moment lang durch, weil mein eigener Kreislauf mir langsam aber sicher deutlich vermittelte, dass ich kürzer treten sollte. Zumindest so lange ich noch Nichts gegessen und die Energiereserven damit leer waren. Aber der Marsch zurück ins Wohnzimmer wollte noch erledigt werden, also nahm ich das letzte bisschen Kraft noch einmal zusammen, um die an sich eigentlich nicht schwere, sondern eher zierliche Frau noch einmal hochzuheben und zurück zum Sofa zu bringen. "Du schuldest mit echt was... so von den paar Tausend Dollar für die Operation mal abgesehen.", redete ich während meiner Schritte vor mich her, wobei das Grinsen doch wieder zurück kam. Einfach, weil ich das ausnahmsweise wirklich nicht ernst meinte. Ich wollte weder, dass Cosma mir das Geld zurück zahlte, noch dass sie mir im Gegenzug irgendwelche Gefallen tat. Nein sagen würde ich zu Letzterem zwar natürlich trotzdem nicht, wenn es sich anbot, aber ich würde Nichts von ihr fordern. Würde ich das wollen oder brauchen, hätte ich sie auch liegen und sterben lassen können. Allerdings war ich mir nicht ganz sicher, ob man heraus hören konnte, dass es eben nicht ernst gemeint war. Mit der richtigen Wahl beim Tonfall hatte ich es ja öfter mal nicht so. Jedenfalls setzte ich das lädierte Huhn wieder auf dem Sofa ab und reichte ihr die Decke, die halb über der Lehne hing, bevor ich mir die Wasserflasche nahm und mich ebenfalls hinsetzte. Da das Sofa allerdings ziemlich kurz war, weil ich hier normalerweise eher alleine saß, musste ich noch einmal vorsichtig ihre Beine anheben, um mich darunter hinsetzen zu können. "Musst leider teilen, bis ich wieder schlafen gehe.", stellte ich schief grinsend fest, bevor ich die Wasserflasche erneut an die Lippen setzte. Vielleicht war sie mich schon los, sobald ich was zu beißen gekriegt hatte, immerhin war ich ja selbst ziemlich erledigt und konnte Schlaf sicher gebrauchen. Aber bis dahin musste sie mich wohl oder übel aushalten.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Hätte mich ehrlich gewundert, wenn er für mich nicht auch noch ein frisches Shirt übrig gehabt hätte. Schließlich war auch er in saubere Klamotten geschlüpft und ich konnte mir nicht vorstellen, dass Hunter nur ein Oberteil und eine Boxershorts hier eingelagert hatte. Dafür wurde der Bunker sicher einmal zu oft benutzt, als das dies ausreichend gewesen wäre. Er bestätigte mir noch einmal zusätzlich zu seinem Nicken, dass er mir welche holen würde, ehe er aus der Tür verschwand und mich somit einen kurzen Augenblick alleine ließ. Die Stille und das Gefühl, endlich wieder geduscht zu sein, lullte mich kurzzeitig ein und es fiel mir plötzlich unglaublich schwer, die Augen offen zu halten. Es war wirklich erschreckend, wie kräftezehrend diese ganze Sache hier für mich war, obwohl ich nur bedingt aktiv werden musste. Hunter hatte mir den Großteil abgenommen, schließlich musste ich nicht eigens ins Bad laufen, mich ausziehen und in die Wanne hocken. Das alles hatte er zu verantworten und dennoch nickte ich, während der Amerikaner ein paar Klamotten für mich organisierte, beinahe auf der Kloschüssel ein. Es sollte aber Gott sei Dank auch gar nicht mehr lange dauern, bis er wieder da war und mich fertig angezogen wieder rüber ins Wohnzimmer trug. Natürlich nicht, ohne auf dem Weg dahin noch ein paar Worte zu wechseln. Wir waren gerade durch die Tür des Badezimmers in den Flur getreten, den Kopf hatte ich der Bequemlichkeit halber wieder an seine Brust gelehnt, als er noch einmal unterstrich, wie viel ich ihm in Summe etwa schulden würde. Dafür das er mich ganz freiwillig aus dem Kiesbett gefischt und operieren lassen hat? Wäre ich in besserer Verfassung gewesen und auf Streit aus, hätte ich ihm trotz seines amüsierten Grinsen wohl den Vogel gezeigt. Bevor ich dafür bezahlte, mir mein Leben retten zu lassen, wenn ich mit jenem eigentlich schon abgeschlossen hatte, musste schon die Hölle zufrieren. Aber auch nur dann würde ich einen Gedanken an solche Absurditäten verschwenden. "Erinner' mich noch mal dran, wenn ich im EuroJackpot gewonnen habe.", murmelte ich eine müde Antwort und hatte ebenfalls ein schmales Grinsen aufgesetzt, als er mich behutsam auf der Couch ablegte, dort dann die Decke über mich ausbreitete und sich anschließend zu mir gesellte. Während Hunter meine Beine anhob, um darunter Platz zu nehmen, fummelte ich bereits an dem Klebeband herum. Wie ich mir bereits gedacht hatte, war das absolut kein schönes Gefühl, aber auch eine Wunde brauchte gewissermaßen ein bisschen Luft zum Atmen. Die Option, die Frischhaltefolie also bis zum nächsten Mal einfach dran zu lassen, fiel damit weg. Es brauchte mich eine gefühlte Ewigkeit, bis ich das Teil endlich runter gerissen habe, hier und da musste ich auch einmal laut geflucht haben, weil die Schmerzmittel zwar grundlegend wirkten, aber nicht, wenn man direkt auf der Wunde herum drückte. Da waren die Impulse im Körper einfach stärker. Aber als das geschafft war, war ich guter Dinge, dass ich in den nächsten Minuten einfach wegpennen würde. Zwar verspürte ich, wie der Amerikaner womöglich auch, einen ziemlichen Hunger, aber lange wach bleiben war irgendwie auch nicht mehr. "Weck' mich, wenn Tauren mit dem Essen zurück ist.", bat ich Hunter und fand so einen guten Kompromiss, als ich mein Gesicht schon wieder halb unter der Decke versteckt hatte. Die Augen fielen mir zunehmend öfter zu und so brauchte ich nicht lange, bis ich frisch geduscht und medizinisch gut versorgt in einen traumlosen Schlaf fiel, der für die Regeneration meines inneren Akkus mittlerweile ziemlich essenziell geworden war.
# Is it all a tragedy? Are we flashes in a rut going in and out of luck? Maybe. #
Ich würde sie wohl nicht daran erinnern, nein. Einfach, weil es an Nichts zu erinnern gab. War wie gesagt ein Scherz gewesen, aber ich musste an entsprechendem Tonfall wohl noch arbeiten. Bekam ich irgendwann auch noch hin. "Nah... passt schon. Die paar Kröten weniger verkraft' ich bestimmt.", erwiderte ich also lediglich noch und grinste weiter vor mich hin, nachdem ich die Wasserflasche dann wieder abgesetzt hatte und lauschte kurz darauf ihren noch folgenden Worten. Schlafen war sicher eine gute Idee bei Cosma, war ihr Körper doch gelinde gesagt gerade ziemlich angeschlagen. Mir selbst knurrte der Magen inzwischen zu sehr, um hier im Sitzen neben der jungen Frau versehentlich einzuschlafen... würde ich liegen wäre das wahrscheinlich aber noch mal eine andere Geschichte. Dann würde mich die Erschöpfung vermutlich auch noch einholen, bevor Tauren wieder zurück war, aber durch meine paar Stunden Schlaf währen der Operation der Rothaarigen hatte ich noch ein klein wenig Energie zum Warten übrig. "Klar, schlaf ruhig... ich mach den Fernseher aber an, so zur Beschallung... leise.", willigte ich in ihre Bitte ein und beugte mich noch einmal leicht nach vorne, um nach der Fernbedienung auf dem Couchtisch zu greifen und den TV einzuschalten. War jetzt nicht das allerneueste Gerät, aber ich lebte hier ja auch nicht Vollzeit. Spielte für mich also keine große Rolle. Ich drehte die Lautstärke noch ein klein wenig runter und lehnte mich zurück, warf einen letzten flüchtigen Blick auf das halbtote Wesen am anderen Ende und richtete den Blick dann erst einmal auf den Fernseher. Es dauerte etwas mehr als eine Stunde, bis mein Gesandter wieder zurückkehrte und ich aufhorchte, weil die Haustür aufging. Es erschien dann wie erwartet Tauren im Türrahmen, der mich wieder ein wenig komisch ansah. Der junge Mann schien nicht recht zu verstehen, warum ich hier mit Cosma saß, wo ich sie doch sonst eher mied. Frauen allgemein bis auf nächtliche Eskapaden auf Abstand hielt. "Ich wusste nicht, was du willst... deswegen hab ich einfach alles Mögliche mitgenommen.", sagte er schulterzuckend und die beiden vollen Einkaufstüten in seinen Händen sprachen für sich. Ach ja, normalerweise schickte ich Desmond oder Ashton. "Pizza?", war meine Gegenfrage. Er nickte, also bedeutete ich ihm den Ofen schonmal anzumachen. Mir war nicht nach Frühstück. Aber wie es da jetzt mit Cosma aussah wusste ich nicht. Lieber was Deftiges oder doch eher Frühstück? Sollte ich sie aufwecken, um zu fragen? Sie schlief so ruhig... und sah dabei fast süß aus. Ich bewegte mich also ganz vorsichtig unter ihr weg in der Hoffnung die Rothaarige dabei nicht aufzuwecken, ehe ich zu Tauren in die Küche ging. Jedoch kam ich auch dort nicht wirklich zu einem Ergebnis, als ich mir die recht große Auswahl besah. Warum war das so schwierig? Also ging ich nach wie vor durch das Gehumple leicht stockend zurück und weckte Cosma vorsichtig an der Schulter auf. "Frühstück oder Pizza?", fragte ich die junge Frau, als sie die Augen langsam wieder geöffnet hatte, sah schwach lächelnd zu ihr runter. So oder so brauchte sie auf jeden Fall was zu essen.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Mhm, also so richtig erholsam war der Schlaf bisher nicht. Mal ganz davon abgesehen, dass gerade einmal eine Stunde vergangen war, bis mich Hunter an der Schulter wach rüttelte - ich hatte die Tiefschlafphase also noch nicht einmal ansatzweise erreicht -, entwickelte sich der anfangs traumlose Schlaf minütlich mehr zu einer Rekapitulation der letzten Woche. Mein Unterbewusstsein arbeitete das Geschehene noch einmal so richtig auf und vermieste mir damit zumindest die geistige Entspannung vollends. Vor meinem inneren Auge sah ich Hunter und mich aus der Sicht einer dritten Person in unserer kleinen Zelle hocken. Es musste Tag drei oder vier gewesen sein, denn besonders gesund sahen wir zu dem Zeitpunkt nicht mehr aus. Wie ich das von meiner Position aus beobachten konnte, wurde Hunter vor wenigen Augenblicken nach der Tortur durch die Sverre Brüder zurück in die Zelle gestoßen und der beißende Geruch des Benzins roch selbst im Traum so unglaublich real. War schon fast beängstigend und ich war somit wirklich froh, dass ich geweckt wurde, noch bevor der restliche Teil des Films abgespielt werden konnte. Denn am End hätte ich mich sicher noch sterben sehen und darauf konnte ich aktuell gut und gerne verzichten. Immerhin war ich froh, noch am Leben zu sein. Das was-wäre-wenn konnte also gerne noch etwas darauf warten, von mir beobachtet zu werden. Ich hatte gar nicht mitbekommen, dass der Amerikaner sich aus dem Wohnzimmer geschlichen hatte und war entsprechend verwirrt, als sich mir hinter dem Schleier, den ich erst einmal weg blinzeln musste, sein Gesicht vor meinem auftat. "Hm?", murmelte ich müde, merkte, wie wenig mir das Bisschen Schlaf gerade gebracht hatte. Irgendwie fühlte ich mich noch beschissener als vorher, wenn das überhaupt möglich war. Am Liebsten hätte ich mich ohne Weiteres wieder auf die Seite gedreht, die Augen zu gemacht und weiter geschlafen. Der Fakt, dass ich in der Bewegung etwas eingeschränkt war und es nach diesem Traum vermutlich nicht die beste Idee war, die Augen direkt wieder zu schließen, hielten mich dann allerdings doch noch etwas wach. Es war also Zeit genug für mich, darüber nachzudenken, was Hunter eigentlich gerade von mir wollte. Wenige Augenblicke und zog Denkversuche später antwortete ich schließlich auf seine Frage, die im ersten Moment so vollkommen zusammenhanglos erschien. "Pizza hört sich gut an.", entschied ich nach kurzer Überlegung, während ich wieder ein wenig wacher wurde, aber trotzdem müde gähnen musste. Ich ging jetzt einfach mal davon aus, dass die Krankenpflege auch all inclusive mit Zimmerservice war, denn von der Couch aufstehen war ja momentan nicht so. Aber das wusste er ja sicher und wenn nicht, würde ich ihn einfach noch mal darauf hinweisen, dass ich vollkommen übermüdet und ohne Kraft, dem Streuschuss in meinem Oberkörper geschuldet, momentan leider nicht in der Verfassung war, gut gelaunt in die Küche zu spazieren.
~ lö cet äss
Es war jetzt eine gute Woche vergangen, seitdem ich von meinem Noch-Ehemann erfahren hatte, dass er die Scheidung wollte. Und irgendwie wollte ich mich bis heute noch immer nicht damit abfinden. Das war einfach nicht seine Art, ich war mir fast sicher, dass jemand oder etwas anderes hinter seine Entscheidung stand, denn so sehr hasste er mich jetzt auch wieder nicht, als das er es mir auf diese Art und Weise mitteilen musste, aber was sollte ich von meinem jetzigen Aufenthaltsort groß anrichten? Handlungsspielraum hatte ich nicht wirklich. Also konzentrierte ich mich überwiegend erst einmal auf etwas anderes... Die Arbeit war das Einzige, was mir nach der ganzen Sache noch geblieben ist, aber zugegebenermaßen war ich auch in der Hinsicht kurz davor, einfach aufzugeben. Der Druck von oben wurde zunehmend unangenehmer, die Befehle und Anweisungen teils unterste Schublade und sowas von absurd, dass ich beinahe ein Schleudertrauma vom Kopfschütteln bekam. Aber bis jetzt hatte ich alles eigentlich ganz gut weggesteckt, kam mit Sabin noch immer ... okay aus. Wir würden wohl nie so etwas wie Freunde werden, dafür reichte das ohnehin schon angekratzte Vertrauensverhältnis einfach nicht aus. Noch weniger Chancen hätte die ganze Sache wohl gehabt, wenn ich mich noch an den Abend, welchen ich gefühlt mit drei Promille nur knapp überlebt hatte, hätte erinnern können. Die wenigen Informationen, die ich daher bekommen hatte, wären für mich in dieser Hinsicht mehr als ausreichend gewesen. Allerdings hatte der Rotwein so ziemlich jedes einzelne Detail meines nächtlichen Ausflugs durch einen stechenden Kopfschmerz und eine Lichtempfindlichkeit ersetzt. Ich saß also am Tag darauf im abgedunkelten Schlafzimmer und ernährte mich nur von Zwieback und Wasser. Alles andere wäre durch die Übelkeit wohl gar nicht erst im Magen angekommen oder unverdaut wieder in die Kloschüssel gespuckt worden. Ergo ging es mir ziemlich dreckig an dem Tag danach und seitdem hatte ich es tunlichst vermieden, die eingekauften Rotweinflaschen anzurühren. Wenn Sabin nicht gerade darauf bestand, hatte ich beim Einkauf gar nicht erst eine aus dem Regal geholt, sondern war brav daran vorbei gelaufen. Ich wusste ja noch gar nicht, wie froh ich am heutigen Tag darüber sein würde, dass der Italiener mit seinem, ihm aufgetragenen Einkauf, auch gleich zwei Flaschen des roten Golds eingesteckt hatte. Denn noch verlief der späte Nachmittag eigentlich relativ enspannt. Ich hatte gerade, natürlich in Gedanken versunken, auf der Couch gehockt, man sah mir deutlich an, dass es mir nicht besonders gut ging und ein wenig fern gesehen, als sich der Schlüssel im Schloss der Haustür umdrehte. Mein Blick wanderte fast reflexartig vom Bildschirm zu Sabin, der kurz darauf im Türrahmen auftauchte, aber etwas war anders. "Hi.", begrüßte ich ihn erst einmal knapp, noch während ich mich langsam erhob, um ein paar Schritte auf ihn zuzumachen. Eigentlich wollte ich ihm eine Tüte abnehmen, um einen Teil davon schon einmal in den Schränken zu verstauen. Aber für das, was wir eigentlich brauchten, wirkte eine mickrige Einkaufstüte irgendwie zu wenig und seine blutende Unterlippe gab mir dann den entscheidenden Rest, der mich bis dato daran gehindert hatte, ihm nach seinem Gemütszustand zu fragen. Allgemein wirkte er, näher betrachtet, etwas... hibbelig. "Alles okay? Ist etwas passiert?", ließ ich die Katze ohne Umschweife aus dem Sack und hatte schon meine Hand nach der Tüte ausgestreckt, die als Einzige wohl den Übergriff auf Sabin überlebt hatte.
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Es war gut gelaufen. Meine jahrelange Erfahrung mit der Mafia war mir wirklich zu Gute gekommen, während ich Hunters Geschäfte für eine ganze Weile auf meine eigene Kappe nahm. Einfach war es gerade zu Beginn nicht gewesen, aber ich hatte es mit ein wenig Unterstützung seiner wohl besten Schlägertypen gut auf die Kette gekriegt. Nichts war arg aus dem Ruder gelaufen oder gar komplett schief gegangen und ich freute mich über den Batzen Geld, den ich noch dafür bekommen würde. Der war auch dringend notwendig, um das große Risiko des ertappt werdens seitens Sydney wieder wett zu machen. Ich hatte Glück damit, dass sie eine Trennung durchzumachen hatte und deshalb mehr als genug um die eigenen Ohren hatte, das sie statt meiner Person beschäftigen würde. Deshalb kam ich auch damit durch. Auch damit, dass ich einen verdammten, meinerseits vorher komplett ungeplanten Mord begehen musste. Ich wollte wirklich nicht mehr länger mehr Menschen umlegen müssen, als unbedingt notwendig war. Einen von Hunters Auftragsmorden auf meine Kappe zu nehmen war aber notwendig gewesen, wenn ich mich nicht mit ihm anlegen wollte. Entweder der Mord oder das Geld, das er dadurch verloren hätte. Das waren Zweihunderttausend, die ich nicht hatte. Wirklich eine Option gehabt hatte ich also nicht, wenn ich mich nicht haushoch bei ihm hätte verschulden wollen. Also der Mord, der an sich keine schwere Aufgabe gewesen war. Es erschrak mich selbst, dass es mich im entscheidenden Moment so wenig Überwindung gekostet hatte. Wie sehr ich in den letzten Jahren abgestumpft sein musste wurde mir erst jetzt so richtig bewusst, wo ich schon eine Weile lang ohne die Verletzung oder Ermordung anderer Menschen gelebt hatte. All das war inzwischen erledigt, Hunter hatte seine Geschäfte nach seiner Rückkehr aus der Gefangenschaft inzwischen wieder übernommen, nachdem er sich zwei Tage danach ausgeschlafen hatte. Ich kümmerte mich also wie gewohnt nur noch um die Bar - Cosma war ja noch verhindert - und meine eigenen Geschäfte. Heute Nachmittag stand, nachdem ich mich von der gestrigen Nachtschicht hinterm Tresen mit Schlafen erholt hatte, der Einkauf an. Ich tätigte diesen allein, weil Sydney... naja, noch immer komisch drauf war. Empfindlicher als sonst wegen der Scheidungsgeschichte und ich war ja auch alt und stark genug, um das alleine hinzukriegen. Der Rückweg sollte allerdings anders verlaufen als ursprünglich geplant. Als ich den Supermarkt mit zwei vollen Taschen wieder verließ und nach einigen Metern zu Fuß die Straßenbahnhaltestelle in Sicht kam, war ich schon dazu verdammt jene erste eintreffende Bahn nicht zu erreichen. Stattdessen wurde ich vollkommen unerwartet um die nächstbeste gemauerte Ecke und noch ein paar Meter weiter in den Schatten gezerrt, um dort mit ordentlich Druck eines Unterarms an die Hauswand gedrückt zu werden. Der Kerl, den ich noch nie gesehen hatte, drückte mir damit die Luft ab und ich ließ die beiden Tüten fallen, um meine Hände stattdessen an seinen Arm zu heben. Aber er war weder kleiner als ich, noch ein Anfänger. Sein Arm bewegte sich keinen Zentimeter, während ich vergeblich zu atmen versuchte. "Dachtest du wirklich, dass du weglaufen kannst, Mazzanti? Du müsstest schlauer sein.", waren die ersten Worte, die mir unter der tief gezogenen Kapuze heraus an den Kopf gespuckt wurden. "Geh zurück und stell' dich ihm selbst, oder wir kommen dich holen, verstanden? Du hast eine Woche.", knurrte er noch eine Drohung hinterher. Mein Blick war inzwischen kalt geworden, durchbohrte seine kühlen Augen unbarmherzig, obwohl innerlich die Angst in mir aufflackerte. Er sah mich nur noch wenige Sekunden lang an, bevor er seinen Arm löste und stattdessen ausholte, um mir die Faust als Unterstreichung seiner Worte ins Gesicht zu scheppern. Den Unterkiefer, genau genommen. Während mein Hinterkopf an die kalte Mauer hinter mir knallte fing auch meine Unterlippe zu bluten an, wie mir der metallische Geschmack schon bald klar machte. Dann verschwand er ungefähr genauso schnell, wie er gekommen war. Ich brauchte ein paar Minuten, um das Geschehene sacken zu lassen und tief durchzuatmen. Erst dann sammelte ich Stück für Stück den Teil der Lebensmittel ein, der nach dem Absturz noch brauchbar war. Das Ganze ließ sich dann auch knapp auf nur noch eine Papiertüte reduzieren, weshalb die zweite mitsamt verloren gegangenem Inhalt auf dem Boden liegen blieb, als ich mich zügig, fast schon hektisch auf den Heimweg machte. Etwa zwanzig Minuten schob ich nach einem weiteren tiefen Atemzug und kurzzeitig geschlossenen Augen schließlich die Haustür auf. Im Gegensatz zu sonst versuchte ich aber nicht, meine Emotionen links liegen zu lassen und mir Nichts ansehen zu lassen. Ich konnte ganz einfach nicht. Absolut Alles kam wieder hoch und das Adrenalin in meinen Adern war noch immer nicht ganz verklungen. "Nein... nein, absolut gar Nichts ist okay.", gab ich also doch hörbar aufgewühlt eine ehrliche Antwort auf die Frage der Agentin. Dann stellte ich die Tüte ab, hatte die Tür inzwischen geschlossen und räumte meine Jacke bei Seite. "Sie sind hier, Sydney. Ich hab dir gesagt, dass sie mich finden werden... und das haben sie jetzt.", redete ich aufgekratzt weiter und schob mir die Stiefel von den Füßen, schüttelte dabei den Kopf. Ich hatte so sehr gehofft, dass das Alles gar nicht mehr auf mich zurückfallen würde, dass ich es in den letzten Wochen gekonnt immer weiter verdrängt hatte. Ein schwerer Fehler, ganz offensichtlich.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Wow, okay. Irgendwas schien ihn wirklich mitgenommen zu haben, denn auch wenn Sabin für einen Ex-Mafiosi verhältnismäßig viele Gefühle verschiedener Art zeigte, hatte ich ihn bis jetzt noch nie so dermaßen aufgelöst gesehen. Es musste also wirklich etwas Schlimmes passiert sein und seine Antwort auf meine Frage sollte mir dies auch bestätigen. Ich lauschte, mittlerweile ebenfalls etwas angespannt, seinen aufgebrachten Worten, die mich nachdenklich Haare raufen ließ. Eigentlich hatte ich gerade weder Zeit, noch die Lust dazu, mich seine Sorgen und Ängsten anzunehmen. Schlicht weil ich im Moment genug eigene Probleme hatte, um die ich mich gerne kümmern wollte, aber solange mir zumindest noch ein kleines Bisschen an meinem Job lag, blieb mir wohl nichts anderes übrig. Schließlich war der Italiener zu uns gekommen, um den fairen Deal Informationen gegen Schutz einzugehen. Und weil das FBI in der Regel ein ehrlicher Geschäftspartner war, musste ich tätig werden. Dennoch seufzte ich leise, nickte schwach, nachdem ich seine Worte aufgenommen und verarbeitet hatte. Vollkommen Unbeteiligte hätten mit den wirren Worten des jungen Mannes wohl wenig anzufangen gewusst, aber mir gegenüber brauchte er mir nicht erläutern, wer jetzt genau sie waren. "Okay... beruhig' dich erst Mal.", antwortete ich neutral, nicht mal im Ansatz vorwurfsvoll oder dergleichen. Sabin konnte nichts dafür, dass mein Leben im Moment so dermaßen außer Kontrolle geriet. Ich musste ihm gegenüber fair und meinem Job treu bleiben, zumindest bis zum Schichtwechsel, der mich dann wieder in die Vereinigten Staaten zurück führen würde. Dann hatte ich genug Zeit, meine eigenen Gedanken auf- und zu verarbeiten. Jetzt hieß es, sich auf den Schutz meines Kronzeugen zu konzentrieren. Nachdem ich mir die müden Augen gerieben hatte - an viel Schlaf war die letzten Tage nicht zu denken gewesen - musterte ich Sabin für eine kurze Zeit und mein Blick fiel beiläufig auf einen, im Licht des Wohnzimmers silber schimmerndes Stück Metall an seinem Hosenbund. Erst hatte ich gedacht, es handle sich um seine Gürtelschnalle, aber im nächsten Moment realisierte ich, dass sie viel zu weit rechts hing, als es für einen Verschluss in diesem Zusammenhang sein konnte. Also sah ich noch einmal genauer hin. Vermutlich wäre das der Jackpot für eine Deportation Mazzantins gewesen, die ich mir noch vor etwa einer Woche so sehr gewünscht hatte. Zu dem Zeitpunkt, als ich Sabin dafür verantwortlich gemacht hatte, dass nur wegen ihm mein ganzes Leben gerade eine rasante Achterbahn war, aber mittlerweile... hatte ich eingesehen, dass ich mit meiner Berufswahl eigens daran Schuld gewesen war. Die Tatsache, sich als Agentin, die ohnehin schon gefährlich lebt, dann auch noch einen Mann zu suchen, um eine Familie zu gründen, war selten dämlich. Natürlich, jeder vernünftige Mitarbeiter hätte in dem Moment, in dem er das Antlitz der Waffe erblickt hatte, trotzdem zum Telefon gegriffen, war diese ganz sicher kein Teil der vom FBI zur Verfügung gestellten Ausrüstung, aber ich in diesem Moment ... war es einfach Leid. Ich hatte, wie bereits erwähnt, nicht sonderlich viel Lust, große Einsätze in die Wege zu leiten, nur weil er sich verständlicherweise gegen die Jungs seiner alten Mafia zu schützen versuchte. Zwar brannte mir ein durchaus ironischer Kommentar dazu auf der Zunge, aber ich hielt ihn gekonnt zurück. Vorwürfe aller Art oder Sticheleien á la Du kannst dich mit der Wumme doch selbst verteidigen waren sicher unangebracht. Dennoch wollte ich die Entdeckung nicht unbemerkt lassen. "Wie lange trägst du die schon mit dir rum?", fragte ich also direkt und zeigte dabei auf die Pistole, die unter seinen hektischen Bewegungen für mich sichtbar geworden war. Aber dann ruderte ich doch schnell wieder zurück, fuchtelte mit den Händen wirr in der Luft herum. "Ach, vergiss' es. Eigentlich will ich es gar nicht wissen." Erst mal hätte ich sicher keine ehrliche Antwort bekommen, zum anderen wäre ich dann verpflichtet, seinen Hinweisen nachzugehen. Und das wollte ich gerade einfach nicht. Stattdessen stellte ich eine andere Frage, die mit der Sache hier womöglich mehr zutun hatte, als die eingefleischten Verhörtechniken, die bezüglich der Waffe aus mir heraus gebrodelt waren. "Lass' uns einfach kurz hinsetzen, dann erzählst du mir, was passiert ist und dann schauen wir, was wir unternehmen können, in Ordnung?", fragte ich verhältnismäßig ruhig und deutete in Richtung unseres Esszimmertisches, der in der letzten Woche etwas demoliert worden war. Aber man konnte ihn problemlos weiter benutzen, also was soll's.
# Is it all a tragedy? Are we flashes in a rut going in and out of luck? Maybe. #
Ach shit. Da entglitten einem einmal im Jahr - gefühlt - die Emotionen und die Quittung dafür kam sofort. Warum hatte ich an die Waffe nicht mehr gedacht? In den ersten Tagen, nachdem sie in meinen Besitz gekommen war, war es sogar fast ungewohnt gewesen erneut eine bei mir zu tragen. Aber inzwischen war sie wieder förmlich mit mir zu einer einzigen Einheit geworden, führte kein Eigenleben mehr an meinem Hosenbund. Es konnte jetzt wirklich nicht wahr sein, dass ich mich hier auch noch derartig naiv selbst an die Agentin auslieferte, die mir eine Frage dazu stellte, wie lange ich das Teil denn schon bei mir trug. Allerdings revidierte sie diese Frage im Nachhinein wieder, was mich die rechte Augenbraue nach oben ziehen ließ. Was war nur mit ihr los? Ihre Arbeit schien ihr doch sonst immer so wichtig zu sein, wieso wollte sie jetzt einfach darüber hinwegsehen, dass ich derart gegen die Vorgaben des Schutzprogrammes verstieß? Hatte sie sich den Kopf gestoßen? Oder schmiss sie sich Irgendwas ein? Ich war mir ehrlich nicht sicher, ob sie sich bewusst darüber war, was sie mit dieser Entscheidung tat. Natürlich hätte ich sie bereits unzählige Male umbringen können, wenn ich gewollt hätte, aber trotzdem war ich mit Handfeuerwaffe im Doppelpack eine eindeutig größere Bedrohung für meine Mitmenschen als ohne. Zwar konnte ich auch mit bloßen Händen töten, wenn es denn unbedingt erforderlich war, aber trotzdem machte das einen gehörigen Unterschied. Während sie sich also bereits in Bewegung setzte, um sich an den Tisch zu setzen schüttelte ich ein wenig fassungslos den Kopf, verstand nicht recht, was hier gerade vor sich ging. "Warum..?", hakte ich dann aber doch noch nach, weil ich es ganz einfach nicht verstand, keinen richtigen Sinn dahinter sah, dass sie mir die Pistole durchgehen lassen wollte. Ich ließ mich noch während dieses vereinzelten Frageworts an den Tisch sinken. Dann raufte ich mir die Haare und rieb mir über das angestrengte Gesicht. Wirklich was zu meiner Entspannung beitragen tat das natürlich nicht. "Ich war schon auf dem Rückweg, da hat mich ein Kerl abgegriffen... deswegen auch der spärliche Einkauf, ich wollte nicht nochmal zurück.", erklärte ich erst einmal die zu klein ausgefallenen Einkäufe, die ich mitgebracht hatte. "Er hat gesagt ich soll zurück nach Italien und mich selbst stellen, oder sie machen dem Ganzen hier... ein Ende. Innerhalb einer Woche... dann hat er mir noch eine verpasst, aber das ist nicht schlimm.", lieferte ich auch noch eine Erklärung zu der geplatzten Unterlippe und hob die rechte Hand, tastete sie mit den Fingern vorsichtig ab. Tat weh, aber ich hatte schon weit Schlimmeres eingesteckt. Eine blutige Lippe war gerade so ziemlich meine kleinste Sorge, weshalb mein Blick wieder zu der Brünetten gegenüber wanderte. Sie ein klein wenig musterte, weil ich aus ihrem aktuellen Gemütszustand noch weniger schlau wurde, als aus ihrer normalen Art.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Warum... warum... warum ist die Banane krumm? Manchmal gab es einfach Entscheidungen, die es zu akzeptieren und nicht weiter zu hinterfragen galt. Die Sache mit der Waffe war beispielsweise so eine. Dass ich schlicht keine Kraft für diesen ganzen Bürokram mit etlichen Anträgen und Dokumentationen hatte, musste er ja nicht unbedingt wissen. Er sollte sich glücklich schätzen, dass ich momentan eher wenig auf das Regelwerk des FBI gab und ihn nicht verpfiff. Andererseits wäre er schneller in den Knast gewandert, als ihm lieb war. Und dort befanden sich bereits einige seiner ehemaligen Kumpanen, denen die Information, dass Sabin ein Verräter war, sicher schon zugetragen worden war. Immerhin waren Besuche erlaubt und manchmal gab es versteckte Botschaften, die nicht einmal unser geschultes Aufsichtspersonal entschlüsseln konnte. Es war also gar nicht mal unwahrscheinlich, dass im Inneren des Gefängnisses schon auf ihn gewartet wurde. Ein ruhiges Ende würde er hinter Gittern also nicht finden. "Wenn du nicht doch noch in den Bau wandern willst, akzeptierst du meine Entscheidung einfach. Ansonsten kann es sein, dass ich es mir noch einmal anders überlege", antwortete ich ziemlich kühl, nachdem ich ihm zum Esstisch gefolgt war und mich ihm gegenüber auf einen der Stühle hatte fallen lassen. Sabin sollte kurz darauf auch schon zu einer erklärenden Antwort auf meine Frage ansetzen. Ich nahm seine Worte erst einmal wortlos an, während ich die Ellenbogen auf den Tisch stützte, um mein Kinn wenig später auf meiner rechten Hand abzulegen. Mein Blick war, entgegen meiner vorherigen Worte, eigentlich recht neutral und ich gab zwischendurch ein verständnisvolles Hmm von mir, als er mir von dem Vorfall erzählte. Okay. Alles in Allem hörte sich das wirklich schlecht an, die Gefahr war leider nicht abzuschätzen und zusätzliche Hilfe war daher durchaus angebracht, aber... ich wollte nicht. Meine Gedanken hingen ganz woanders und mich jetzt mit meinem Boss darüber zu streiten, wie viele Einsatzkräfte ich brauchen würde, um die Typen hier in Oslo zu finden und den Schutz rund um Sabin aufrecht zu erhalten, würde mir wirklich den letzten Nerv rauben. Nachdenklich rieb ich mir über das Gesicht, als er zu reden aufgehört hatte, dann atmete ich tief durch. "Okay. Danke für die Information...", setzte ich gewohnt freundlich, dennoch nicht unbedingt gut gelaunt an. Aber mein Dank war ernst gemeint, nicht nur irgendeine Phrase. Es war wichtig, sowohl für seinen, als aber primär auch für meinen Schutz, dass er mir mitteilte, was vorgefallen war. Entsprechend konnten wir darauf reagieren. "Ich schätze, ich werde meinen Boss anrufen müssen. In Norwegen kannst du nicht bleiben, das wäre zu gefährlich.", setzte ich vor und zuckte parallel dazu mit den schmalen Schultern. Für mich erschien das gerade als die einzig gute, vor allem aber auch legale Lösung. Außerdem standen mit einer Zusage durch das Oberhaupt der Abteilung auch die Chancen gut, dass ich abgezogen und ersetzt wurde, weil Norwegisch die einzige Sprache war, die ich neben Englisch noch beherrschte. Aber gut, wie auch immer. Etwas anderes fiel mir auf die Schnelle nicht ein, aber ich war offen für weitere Vorschläge. "Es sei denn, du hast eine bessere Idee?", unterstrich ich meine Gedanken ihm gegenüber noch einmal verbal. Zwar ging ich nicht davon aus, dass Sabin solche Situation auf legalem Weg gelöst bekam, aber um ehrlich zu sein... war mir mittlerweile eigentlich alles egal.
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Okay, Fragen waren also scheinbar unerwünscht. Sie durfte mich prinzipiell Alles fragen und ich gar nichts, oder wie? War auch nicht wirklich fair, wenn man mich fragte. Nur, weil ich ein Krimineller war, hieß das nicht, dass ich nicht ein Stück weit Gleichberechtigung erwarten durfte. Aber gut, vermutlich sollte ich auch schlicht und ergreifend froh darüber sein, dass sie mit dieser Information eben nicht zum Rest ihres Scheißvereins rannte oder noch weitere Nachforschungen oder Fragen anstellte. War ja nicht so als wäre das die einzige Waffe, die ich im Besitz hatte, nur eben die einzige, die ich regelmäßig bei mir trug. Von den anderen beiden hatte ich Gott sei Dank bisher noch keinen Gebrauch machen müssen, wobei es sicher nur eine Frage der Zeit war, wenn ich einen Teil des Drogenmarktes für mich und auch Richard eroberte. Irgendwer fühlte sich dann schätzungsweise immer ans Bein gepisst. Jedenfalls nickte ich auf ihre Aufforderung hin nur noch, weil es dazu Nichts mehr zu sagen gab und lauschte dann im Folgenden ihrer Antwort auf die unschöne Einkaufsgeschichte. Natürlich hatte ich keineswegs mit Freudensprüngen diesbezüglich gerechnet, aber Sydney schien mir heute genauso wie schon die ganzen letzten Tage über in furchtbarer Laune zu sein. Noch dazu gab sie eine fast schon erschreckende Gleichgültigkeit preis, die ich absolut nicht von ihr gewohnt war. Gab mir ehrlich gesagt schon ein wenig zu denken und ich war mir echt nicht sicher, ob ich überhaupt darauf bauen sollte, dass die Amerikanerin mir in dieser Geschichte wirklich eine große Hilfe war. Ob sie denn gar Lust dazu hatte, mir zu helfen. Wenn nicht, konnte sie das nämlich auch gleich ganz stecken lassen und ich suchte mir einen eigenen Weg aus der Misere... apropos - Sydney fragte tatsächlich danach, ob mir eine bessere Idee kam, als nur ihren Chef zu alarmieren und ins Bild zu setzen. Sie musste vollkommen von der Rolle sein. Wieder wanderte meine rechte Augenbraue in purer Skepsis nach oben. Seit wann fragte sie nach meiner Meinung oder gar einem Vorschlag meinerseits? War ich in ein Paralleluniversum abgerutscht? "Naja... eigentlich würd' ich hier ungern wieder weg...", stellte ich erst einmal leise seufzend fest, lehnte mich ein wenig mehr auf dem Stuhl zurück. Zwar hätte ich immernoch gerne viel mehr Sonne und weniger Wolken, vor allem weniger Winter an sich, aber ich hatte hier angefangen Etwas aufzubauen und wollte das nicht direkt wieder über Bord schmeißen. Aber was konnte ich der Polizistin schon vorschlagen, das auch ihren Werten entsprach? Vermutlich gar Nichts. "Ich kenne Jemanden, der mir womöglich ein bisschen Zeit verschaffen könnte... so mit Personenschutz und so. Aber das... wär wohl weniger legal oder zumindest nicht so mit euren Regeln vereinbar.", murmelte ich vor mich hin und bewegte mich damit wahrscheinlich auf sehr dünnes Eis. Aber sollte Sydney da doch nach wie vor die Grenze ziehen, würde ich sie wohl dingfest machen müssen. Hatte keine andere Wahl, wenn ich nicht zurück nach Italien in den Knast zu meinen Ex-Mitstreitern wollte.
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Hatte ich irgendwie Schmiere im Gesicht oder so? Was guckte er mich denn die ganze Zeit so doof an? Mochte sein, dass ich aktuell etwas sensibel reagierte, aber Sabins ständiges Augenbrauen hochziehen nervte mich. Grundlegend war ich immer noch die gleiche Person, vielleicht grundlegend angepisster und der Grad meiner Gereiztheit war ein etwas anderer, aber im Prinzip hatte ich mich ja nicht verändert, oder doch? Was gab es da also ständig so blöd zu glotzen? Okay, Syd, ganz ruhig. Das bist nicht du, komm' runter, redete ich mir gedanklich ein und rieb mir leise seufzend die Schläfen. Dabei hörte ich parallel Sabins Worten zu, die sich anfangs ja noch ganz in Ordnung anhörten. Er hatte sich augenscheinlich in Norwegen eingelebt, wollte Oslo nicht verlassen, aber der Vorschlag, wie er hier in der Stadt verbleiben könnte, war wie erwartet nicht unbedingt legal umzusetzen. Tja. Was sollte ich dazu jetzt groß sagen? Überrascht war ich nicht, hatte ich im Prinzip schon von Anfang an gewusst, dass die ganze Sache hier an irgendeiner Stelle ins Leere würde, aber wie ich mich verhalten sollte, wenn der Punkt erreicht war... darüber hatte ich mir noch keine Gedanken gemacht. Mal ganz abgesehen davon, dass ich mit etlichen Faktoren gar nicht gerechnet hatte. Die Variable X war hatte sich binnen einer Woche mehrfach etabliert, so schnell konnte ich gar nicht reagieren. Wurde also langsam mal Zeit, die Prioritäten abzustecken. War mir der Arsch des Italieners mehr wert, als mein Job und alles, was ich mir bis dato irgendwie aufgebaut hatte? Oder blieb ich doch lieber korrekt, tat meine Arbeit gewissenhaft und schickte ihn straight in den Knast, wo er mit seiner kriminellen Ader eigentlich hingehörte? Schwierig, schwierig. Das starke Bedürfnis verspürend, meinen Kopf einfach auf die Tischplatte fallen zu lassen, erhob ich mich vom Stuhl. Ich konnte jetzt einfach nicht still herum sitzen, dafür schwemmten zu viele Gefühle verschiedener Art und Herkunft meinen Körper. "Du weißt, dass ich das nicht zulassen kann...", nachdenklich tigerte ich vor dem Esstisch auf uns ab. Andererseits, was würde uns anderes übrig bleiben? Sobald ich verdächtige Vorfälle meldete, die eine konkrete Gefahr darstellten, mussten wir Norwegen verlassen. Egal wie viele gute Worte ich einlegte, es nützte alles nichts. "Gott.. ich muss darüber nachdenken. Eine Woche, sagtest du? Ich überlege mir etwas. Keine Ahnung, wie ich sowas vor dem FBI Chef vertreten soll, wenn das raus kommt, Sabin.", stimmte ich fast schon indirekt seinem Vorschlag zu, ließ dabei lediglich durchscheinen, dass ich mir Sorgen darum machte, sollte davon etwas an die Öffentlichkeit gelangte. Egal wie man es drehte und wendete, ich würde damit zu einhundert Prozent in Zusammenhang gebracht werden, war ich immerhin dazu verpflichtet gewesen, ein Auge auf ihn zu haben. Allerdings ging ich stark davon aus, gerade nachdem er mir dieses Geständnis - das er bereits Kontakte hatte, die nicht ganz legal waren -, gemacht hatte, das er ohnehin schon wieder Dreck am Stecken hatte und ich so ohnehin schon in der Scheiße steckte. Aber sollte ich es wirklich weiter darauf anlegen, dass seine Machenschaften mehr als nötig mit mir in Verbindung gebracht wurden? Keine Ahnung... ich brauchte Bedenkzeit. Vielleicht sollte ich die Zeitung rein holen und mir beim Lesen ein paar Gedanken machen...
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Ja, Dinge wie diese konnte die junge Frau wohl eigentlich nicht durchgehen lassen, wie sie so schön sagte. Aber vielleicht war es meiner über die letzten Jahre perfektionierten Menschenkenntnis zu verschulden, dass ich es scheinbar irgendwie im Gefühl hatte, dass Sydney nicht weiterhin auf vollkommen penibler Bulle machen, sondern ein wenig einlenken würde. Vermutlich hätte ich den Vorschlag sonst auch gar nicht gebracht, wenn das auch Alles eher nur unterbewusst mit rein spielte. Es war sehr wahrscheinlich ihrem recht überemotionalen Gemütszustand zuzuschreiben, dass die Brünette die Sache auf den zweiten Blick augenscheinlich aber lockerer sah. Ich folgte ihr die ganze Zeit über wachsam mit meinem Blick, während sie hin und her ging. Nur für den Fall, dass sie vor hatte nach ihrem Telefon zu greifen und mich postwendend an ihren Boss zu verpfeifen. So, wie ich das früher in der Mafia auch zeitweise hatte tun müssen. Aber sie schien dem doch noch abzudanken und lenkte stattdessen ein, sich Gedanken darüber machen zu wollen, wie man die Sache deichseln konnte, ohne dass wir hier weg mussten. Damit gab sie mir indirekt preis, das sie sich augenscheinlich weniger Sorgen darum machte, dass ich hier wieder kriminelle Kontakte geknüpft hatte, als dass die falsche Art von Person davon Wind bekommen würde. Wieder Etwas, womit sie mich überraschte, aber ich nickte vorerst lediglich und ließ mir von meinem eigentlichen Gedanken nicht wirklich etwas anmerken. "Das... sind auch keine Amateure. Ich kann dir versichern, dass da Nichts... hoch kommt.", redete ich ruhig weiter, ohne die Augen von der leicht nervösen Polizistin abzuwenden. Es war vielleicht ein nicht angebrachter und voreiliger Gedanke, aber wenn Sydney mit dieser Einstellung weiter arbeitete - konnte man so jetzt eigentlich gar nicht nennen, wenn man mich fragte, war sie doch maximal mit halbem Herzen bei der Sache, wenn überhaupt -, dann könnte mir das wirklich zu Gute kommen. Nicht nur mir, sondern auch dem Rest der inzwischen irgendwie unfreiwillig verknüpften Crew. Es war weder geplant gewesen, Cosma da mit rein zu ziehen, noch mich enger mit Hunter zu befassen, als für nötige Informationen und Schutz notwendig war... und doch waren wir jetzt irgendwie zum Team geworden, zogen alle ziemlich an einem Strang. Wie genau sich deren Gefangenschaft jetzt auf die beiden ausgewirkt hatte wusste ich zwar nicht, aber sie atmeten beide noch, weshalb es so schlimm in dieser Hinsicht nicht gewesen sein konnte. Der einzige von mir fest eingeplante Mann im Boot war Richard und auch, wenn er oft nur im Hintergrund operierte, war er verdammt effektiv. Ich wüsste wohl gar nicht, was ich ohne ihn machen würde, wenn es um die Drogengeschichte ging. Sollte Sydney vielleicht irgendwann auch noch ins Boot steigen... naja, dann hatte ich ein fettes Problem weniger und einen riesigen Haufen an polizeilichen Akten, den ich uns zu Nutzen machen könnte. Aber gut, an diesem Punkt waren wir jetzt leider Gottes noch keineswegs und deshalb blieb erst einmal abzuwarten, ob sie es sich nicht doch noch anders überlegen würde.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Es brauchte mich sicher noch ganze fünf Minuten, die ich vor Sabins Augen auf und ab tigerte, bis ich mich letzten Endes wirklich dazu entschloss, die Post rein zu holen und durch die Tageszeitung zu blättern. Während meines nachdenklichen Spaziergangs hatte ich spontan alle Pro und Contras, die mir zu der Sache in den Kopf geschossen waren, abgewogen, aber ich musste wohl wirklich noch eine Nacht darüber schlafen, um mich final zu entscheiden. De facto sollte ich in meinem Zustand eigentlich gar keine Entscheidungen treffen, aber ja, was sollte ich sagen? Von mir wurde erwartet, selbst unter immensen Druck gut zu funktionierten und eigentlich war das die letzten Jahre auch kein Problem gewesen. Mann und Kind hatten mich stets einen kühlen Kopf bewahren lassen, aber mittlerweile hatte ich weder das eine noch das andere. Letzteres erfuhr ich allerdings erst, als ich mich mit einem knappen "Bin kurz die Post holen.", nach draußen verabschiedete. Kurz davor hatte Sabin mir noch mitgeteilt, dass die Jungs, die er anheuern würde, Profis waren... Ja ja, wie oft ich das schon gehört hatte und trotzdem waren die meisten von ihnen über kurz oder lang in den Knast gewandert. Auf solche Aussagen verließ ich mich also entsprechend wenig und tat sie daher nur mit einer wegwerfenden Handbewegung ab. Binnen weniger Schritte stand ich vor unserer Haustür am Briefkasten, aus der deutlich sichtbar das Tagesblatt heraus ragte, aber zwischen den News aus Oslo steckte auch ein großer Briefumschlag im Schlitz, der an mich adressiert war. Absender unbekannt, keine Papiere vom Amt oder der Krankenkasse. Nur ein schlichter, weißer Umschlag. Augenblicklich erinnerte ich mich daran, wie meine Mutter mir damals gesagt hatte: Kind, im Alter wirst du lernen... keine Post, ist gute Post. Und damit sollte sie Recht behalten. Schon auf dem Weg zurück ins Haus hatte ich die Falz aufgerissen, um einen Blick auf den Inhalt zu werfen. Dass die Scheidungspapiere früher oder später eintrudeln würden, hatte ich mir fast gedacht, aber dieses eine Extrablatt, mit einer Büroklammer als Deckblatt präpariert ... raubte mir auch noch das letzte Fünkchen Hoffnung, was ich überhaupt noch zu pflegen versucht hatte. Die Augen bereits glasig, ließ ich mich doch wieder auf den Stuhl gegenüber von Sabin fallen, weil meine Beine beim Weiterlesen der ersten Zeile wohl nachgegeben hätten. Jedes Wort, mit dem mein Noch-Ehemann mir klar machen wollte, dass er sich um das alleinige Sorgerecht für unseren Sohn kümmern würde, ließ mich innerlich Stück für Stück sterben. Binnen einer Woche war mein komplettes Leben gegen die Wand gefahren. Einzig und alleine mein Sohn hatte mir noch Hoffnung gegeben, mit halbwegs stabiler Psyche aus der Sache heraus zu kommen und selbst er wurde mir jetzt auch noch genommen. Ich musste ziemlich geschockt ausgesehen haben, starrte ich das Papier in meinen Händen doch sehr lange Zeit einfach nur wortlos an. "Ich kann es nicht glauben..." flüsterte ich irgendwann, nach einer gefühlten Ewigkeit und eine Träne unterstrich den Ernst der Lage. Meine Stimme bebte und das Papier zitterte in meinen Händen. Ich konnte und wollte diesen Schritt seinerseits einfach nicht akzeptieren. Es war schlicht und ergreifend nicht fair. Womit hatte ich das verdient? In unserer ganzen gemeinsamen Zeit hatte ich ihm nie Unrecht getan, war ihm gegenüber immer ehrlich gewesen. Ja, aufgrund meiner Arbeit hatte die zwischenmenschliche Beziehung hier und da ein wenig gelitten. So etwas wie Zärtlichkeiten oder Sex waren oftmals zu kurz gekommen, aber dennoch... musste das sein? Auf diese Art? Ich schüttelte fassungslos den Kopf und meine Gedanken fuhren wie so oft in der letzten Woche Achterbahn. Was war richtig, was falsch? Wollte ich überhaupt noch weiter machen oder lieber alles hinwerfen? Das konnte ich ja gerade noch gebrauchen. Mental gab mir das für den Augenblick dermaßen den Rest, dass ich Sabin die Unterlagen meines Noch-Ehemanns förmlich ins Gesicht warf, die Blätter flogen eine kurze Distanz und verteilten sich dann wirr auf dem Tisch. Tja. Was hatte ich jetzt noch zu verlieren? Ein Job brachte mir nichts, wenn Zuhause niemand mehr auf mich warten und mich in den Arm nehmen würde. Niemand der mir abends ans Ohr flüsterte, wie sehr er mich vermisst hatte und auch kein quengelndes Kind, welches mitten in der Nacht unter die Decke gekrochen kam, weil es nicht schlafen konnte. Alles, wofür ich jahrelang gelebt hatte, war einfach weggebrochen. Und der schmale Grad zwischen geistesgegenwärtig und geisteskrank gleich mit. Ich musste fast schon hysterisch gelacht haben, als ich förmlich Freudensprünge aufführend vom Stuhl sprang. Drauf geschissen. "Weißt du was? Scheißegal. Es ist mir... absolut egal, was du machst oder was ich mache.", ich griff mit der rechten Hand an das Holster meiner meiner Dienstwaffe, löste den kleinen Sicherheitsverschluss und schob sie Sabin im Anschluss über den Tisch zu, daneben legte ich meine Dienstmarke. Ich hatte keine Lust mehr, noch weniger einen Grund dazu, mich jetzt noch an Vorschriften zu halten, für jemanden zu arbeiten, der mir mein ganzes Leben ruiniert hatte. Dann wurde ich eben unehrenhaft aus dem Dienst entlassen. Ich würde einfach hier in Norwegen bleiben, vielleicht alte Freunde und Bekannte besuchen, wenn ich noch welche ausfindig machen konnten. Und dann würde ich mir die Kante geben. Nicht unbedingt mit Rotwein - das war schon wirklich übel - lieber irgendwas Klares. Das sah der Magen nicht so schnell kommen und so. Vollkommen egal. Alles, was ich heute noch tun würde... war für mich noch nie belangloser, als zu diesem Zeitpunkt.
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