Aber natürlich, was sonst. Am besten besorgte ich ihr noch in jeder Regenbogenfarbe eine, damit sie ihre Sammlung vervollständigen und jeden Morgen beim Aufwachen auf der anderen Seite des Schlafzimmers an der Wand erblicken konnte. Ich konnte auf diese Aussage wohl nicht viel mehr als nur kurzzeitig die Augen nach oben zu rollen und leicht den Kopf zu schütteln. "Okaaay.", gab ich etwas langgezogen noch eine wörtliche Antwort, um trotz der eher abwehrenden Gesten mein Einverständnis zu signalisieren. Mir war es wie gesagt relativ latte, ob sie die Waffe nun kaufte oder nur lieh. War ja nicht so, als war es meine letzte, ich würde sie wenig bis eher gar nicht vermissen. Mit den Worten "Reicht dann erstmal auch, würd' ich sagen.", schloss ich das Schusstraining für den heutigen Tag offiziell ab und setzte mich dabei schon in normalem Tempo in Bewegung, um noch einmal zu der Hütte zu gehen. Zum einen, um noch ein Magazin für den Notfall rauszunehmen - für Cosma, ich hatte mir schon ein paar in der Wohnung gebunkert, so als Vorsichtsmaßnahme - und zum anderen, damit ich die Tarnung wieder herrichten konnte. Für Beides brauchte ich nicht lange und so fiel die Holztür des Schuppens wenig später schon erneut ins Schloss, um für den Rest des Tages in Ruhe gelassen zu werden. Also machte ich auf dem imaginären Absatz - heute ausnahmsweise Sneaker statt Stiefel - Kehrt und ging stetig, aber keineswegs gehetzt zurück zu der schwarzen Limousine. Ashton hatte inzwischen die vorderen Fenster beide ein Stück runter gelassen, vermutlich um einen Teil der stickigen Heizungsluft entrinnen zu lassen. Womöglich hatte er auch geraucht, aber davon war Nichts im Inneren des Wagens zu riechen, als ich einstieg. Selbst wenn war das aber okay, ich hatte da Nichts gegen. Sollten sie sich lieber die Lunge teeren und damit fokussiert bleiben, zur Ruhe kommen, als dass sie sich hitzköpfig in ihre Arbeiten stürzten. Solange es bei simplem Tabak blieb, versteht sich. Wer vollkommen benebelt oder anderweitig drauf zu arbeiten wagte, wurde zweifelsfrei zur Rechenschaft gezogen. Vorausgesetzt ich bekam es mit. Jeden meiner Männer 24/7 im Blick zu haben war schlicht nicht machbar bei meinem Ausmaß an anfallenden täglichen Arbeiten und Geschäften. Ashton ließ des Wagen wieder an und lenkte ihn erst über den Schotterweg, am Ende dessen dann zurück auf die geteerte Straße in Richtung Stadt. Obwohl ich sicher Zuhause wieder sehr viel Nichts tun würde, war ich froh noch ein, zwei Stunden Zeit zu haben, bis mich der nervige Barkeeper-Alltag erneut rief.
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Mhm, zwei Magazine zu verschießen und dabei stets fokussiert zu bleiben, wurde auf die Dauer echt anstregend. Obwohl ich mich auch auf die Übungen zum Thema Selbstverteidigung gefreut hatte, war ich Hunter keineswegs böse, dass er dem Ganzen für heute einen Cut setzte. Wir hatten ja noch mehr als genug Zeit und das Wichtigste hatte er mir ja bereits gezeigt. Ich sah also ausnahmsweise mal keinen Grund, dahingehend ungeduldig zu werden, sondern nickte ihm nur zustimmend zu. Er verschwand dann wenig später noch ein letztes Mal für den heutigen Tag in der kleinen Holzhütte, was mich meinen Blick noch einmal nachdenklich über die Baumwipfel gleiten ließ. Als ich die Tür des Schuppens zufallen hörte, stieß ich mich von dem Baum, an dem ich eine Zeit lang gelehnt hatte, ab, um Hunter zu unserem Taxi zu folgen. Wieder ließ ich mich auf die Rückbank der Limousine fallen, musste die Waffe dann aber doch erst mal aus dem Hosenbund entfernen. Im Sitzen stach sie nämlich ziemlich unangenehm in meine Rippen. Also legte ich sie lieber neben mich, hielt sie aber, damit sie nicht bei der ersten Kurve durch den Wagen flog, mit einer Hand fest. Nach erneuten zwanzig Minuten Autofahrt rollten wir schließlich wieder in die, mir nur allzu bekannten, Seitengassen Oslos, die verrieten, dass wir unser Ziel bald erreicht hatten. Im Geiste freute ich mich schon auf eine warme Dusche, weil die Kälte doch auch durch die Klamotten ihren Weg in meine Knochen gefunden hatte. Außerdem wollte ich gerne die Klamotten wechseln. Schmauchspuren kitzelten nach einer Weile unangenehm in der Nase. Also wäre zumindest ein neues Oberteil angebracht. Nur leider sollte es bis dahin noch eine Auseinandersetzung und etliche verwirrte Augenblicke dauern, denn schon beim Einfahren in meine Straße erblickte ich durch die Frontscheibe einen riesigen Blumenstrauß mit Beinen, der vor meiner Bar zu warten schien. Meine Augenbrauen schossen zeitgleich in die Höhe, während ich mir mit der Hand, in der ich auch die Waffe hielt, gegen die Stirn schlug. "Das kann doch jetzt nicht wirklich wahr sein.", war alles, was ich dahingehend erst einmal äußern konnte und wollte. Wir mussten gar nicht näher heranfahren, damit ich erkennen konnte, um wen es sich da gerade handelte. Als Ashton den Wagen schließlich anhielt, weigerte ich mich einen Moment lang, aus der Karre aus zusteigen, wäre am Liebsten noch weiter gefahren. Irgendwann hätte Daith sicher aufgegeben und wäre verschwunden. Ich hatte nämlich ehrlich gesagt keinen Nerv dazu, mich jetzt auch nur ansatzweise mit ihm zu unterhalten, war ich der Meinung, dass er eh wieder drauf war. Der ruhige Eindruck, den er an den Tag legte, bewies zwar das Gegenteil, was wirklich überraschend war, änderte aber nichts an meiner Einstellung, dass ich kein Interesse hatte, ein Gespräch mit ihm zu suchen.
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Die Rückfahrt verlief wie zu erwarten gewesen war sehr ruhig und ich war auch weitgehend sehr entspannt. Fühlte mich jetzt nach dem Ausflug an die frische Luft deutlich besser als zuvor. Mir wurde jetzt erst richtig bewusst, dass ich normalerweise mindestens die Hälfte meines Tages draußen verbrachte und es durchaus möglich war, dass mir die permanente Heizungsluft jetzt auch ein wenig aufs Gemüt schlug. Sowohl oben in der Wohnung, als auch unten in der Bar. Aber an dieser Situation konnte ich ohnehin Nichts ändern, mein Kopf würde sich also noch ein paar Monate damit herumschlagen müssen. Wieder an der Bar angekommen wanderte prompt meine rechte Augenbraue nach oben. Es dauerte ein paar Sekunden, bis ich zuordnen konnte, wer der lebendige Blumenstrauß vor den Toren der Bar war. Aber spätestens bei Cosmas wenig erfreuten Worten klingelte es auch bei mir wieder. Ja, da war dieser eine sehr unhöfliche Exfreund gewesen, der sie zugedröhnt über den Bartresen hatte ziehen wollen. Den ich unsanft nach draußen geschleift hatte, damit er endlich Leine zog. Scheinbar war ihm das aber keine allzu große Lehre gewesen, sonst stünde er nicht schon wieder hier. Eine kurze Musterung seiner Haltung und seines Gesichtsausdrucks verdeutliche mir, dass er dieses Mal nicht so blind vor Rausch sein konnte wie das letzte Mal. Allerdings änderte das nichts an der Tatsache, dass er sich meiner Forderung jenes Abends eindeutig widersetzte. Ich hatte ihm eigentlich sehr unmissverständlich klar gemacht, dass er sich hier nicht mehr blicken zu lassen hatte. Trotzdem stand er da und mir persönlich war schleierhaft, warum. Cosma hatte ihm doch auch schon klar gemacht, dass es in ihren Augen Nichts mehr zu besprechen gab. Was sollte der Scheiß also? Ich erwiderte zwar Nichts auf Cosmas Worte, stieg aber doch sehr energisch aus dem Wagen. Ashton bedeutete ich noch mit einer Handbewegung, dass er wieder abzischen konnte als auch Cosma ausgestiegen war. Meine Schritte führten mich zielstrebig zu dem erbärmlichen Haufen von Exfreund und ich sah ihn nicht unbedingt nett an. Viel mehr ziemlich ernst, die Augenbrauen leicht ins Gesicht gezogen und die Stirn in Falten gelegt. "Hab ich dir nicht eigentlich sehr deutlich gesagt, dass du dich hier nicht mehr blicken lassen sollst?", stellte ich ihm eine rein rhetorische Frage und blieb etwa zwei Meter vor ihm stehen. Die Schultern gestrafft, die ganze Körperhaltung allgemein wie immer, wenn ich auf Konfrontation aus war, sehr offensiv.
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Meine Laune, die bis jetzt eigentlich wieder ein relativ gutes Level erreicht hatte, rasselte bei Daiths Anblick direkt wieder in den Keller. Einen Moment lang hatte ich mir die Frage gestellt, ob derjenige gewesen war, der mich heute Mittag verfolgt hatte, aber als er den Blumenstrauß, der verhältnismäßig wirklich überdimensional war, ein wenig zur Seite rückte, konnte ich kein kreuzförmiges Tattoo in seinem Gesicht entdecken. Ich stieg ebenfalls aus dem Auto aus, nicht ganz so energisch wie Hunter, aber Schläfen reibend. Die Waffe hatte ich derweil wieder an ihren Platz in meinem Hosenbund gesteckt. Ich verabschiedete Ashton noch mit ein paar knappen Worten, bevor ich mich dann ebenfalls dem unerwünschten Besuch widmete, der unter Hunters Auftreten schon ein Drittel kleiner wurde. Seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, war er deutlich verwirrt aufgrund des Umstandes, dass Hunter wohl doch nicht nur zufällig derjenige gewesen war, der bei der Aktion damals eingegriffen hatte und sich seit neustem wirklich regelmäßig in meiner unmittelbaren Nähe aufhielt. Nichts desto trotz konnte ich nicht nachvollziehen, was er schon wieder hier wollte. Nicht nur der Amerikaner hatte ihm unmissverständlich klar gemacht, das er unerwünscht war, nein, auch ich hatte das mit Händen und Füßen - wortwörtlich - zum Ausdruck gebracht. Entsprechend genervt und angespannt war mein Blick, welchem ich meinem Ex-Freund gegenüber aufgesetzt hatte. Ich hatte beiläufig mitbekommen, dass Hunter ihn bereits auf seine Anwesenheit angesprochen hatte, weswegen ich vorerst nur mit, vor der Brust verschränkten, Arme auf eine Antwort seinerseits wartete. Anstatt aber die eigentliche Frage zu beantworten, nahm er sich doch tatsächlich das Recht raus, meinen mehr oder weniger Mitbewohner zu ignorieren. Stattdessen richtete er sein Wort an mich. Meine Augenbrauen hätte ich dabei gar nicht höher ziehen können, selbst wenn ich es gewollt hätte. Wäre ich er gewesen, hätte ich mir an seiner Stelle zwei Mal überlegt, ob ich mir wirklich dieses Recht rausnehmen wollte. Denn wenn ich schon merkte, dass in mir die Wut hoch kochte, weil eine einfache Frage zu beantworten ja wohl nicht so schwer sein konnte, dann stand Hunter sicher noch ein Stück weit mehr unter Strom. "Cosma, bitte. Es tut mir alles so unendlich Leid. Dass das alles so gelaufen ist, war wirklich nicht meine Absicht.", setzte er fast schon weinerlich zu seiner umfassenden Entschuldigung an. Noch bevor er überhaupt weiter redete, rollte ich schon mit den Augen. "Ich war einfach dumm und naiv. Ich hätte dich damals nicht vor so eine Wahl stellen dürfen, was die Smith and Wesson angeht... und auch die Sache mit den Drogen, das hat sich alles in eine vollkommen falsche Richtung entwickelt. Am meisten tut mir aber Leid, dass ich dir weh getan habe...", murmelte er weiter vor sich hin und sein treudoofer Blick, der die ganze Zeit über mir gegolten hatte, wanderte nun gen Boden. Für ein, zwei kurze Augenblicke, starrte ich ihn einfach nur an. Verarbeitete die mir mitgeteilten Worte. Dann seufzte ich schwer, rieb mir erneut die Schläfen, weil es langsam nur noch anstregend wurde mit ihm. Ich hielt mich ja schon für anhänglich, wenn ich an jemanden wirklich einen Narren gefressen hatte, aber Daith sprengte einfach alle Dimensionen des Möglichen. "Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll.", äußerte ich angespannt, trotz allem noch relativ ruhig. Dies weckte in ihm für einen Moment lang die Hoffnung, dass er mit seiner Entschuldigung wirklich irgendwas reißen konnte. Dann sprach ich aber weiter. "Mir fehlen für so einen erbärmlichen Jammerlappen nämlich die passenden Ausdrücke, weil das Verhalten, welches du an den Tag legst, einfach noch nicht erfunden worden ist. Es geht mir dermaßen am Arsch vorbei, wie Leid dir Alles tut. Aber wenn wir schon dabei sind, uns gegenseitig zu entschuldigen: Mir tut es Leid, dass ich mehrere Jahre meiner kostbaren Zeit mit so einem Versager wie dir verschwendet habe. Weil du ihm hier", ich deutete, dieses Mal deutlich ausdrucksvoller mit einem Finger auf Hunter "scheinbar nicht zugehört hast, wiederhole ich seine Frage noch mal für dich: Hat er dir nicht deutlich genug gesagt, dass ich dich hier nie wieder sehen wollte?" Man konnte deutlich erkennen, wie sehr ihn meine Worte trafen, aber es schien, als sei er wirklich auf einer Mission gewesen. Vielleicht auf Anraten seines Psychologen oder so. Aber er wollte sich einfach nicht kleinreden lassen.
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Fehler. Ganz schlimmer, absolut irreparabler Fehler, den er da gerade gemacht hatte. Es gab Nichts, wirklich absolut gar Nichts auf diesem Planeten, das ich mehr hasste, als blanke Ignoranz meiner Worte. Dabei war es vollkommen egal, was ich gesagt hatte. Wer darauf nicht reagierte, ganz gleich ob es eine Frage oder ein normaler Satz gewesen war, hatte ja sowas von verschissen. Sich von diesem Ruf bei mir zu erholen war schwer und ein verdammt mühsamer Weg. Den konnte man auch nur dann bestreiten, wenn ich es wollte und nicht von vornherein beschloss, dass derjenige unten durch war. Die Witzfigur hier gehörte aber ganz eindeutig zu der Sorte, die gar nicht erst eine zweite Chance verdiente. Er war auf so vielen Ebenen unwürdig und erbärmlich, dass mir schon gar keine Worte mehr dafür einfielen. Entsprechend dachte ich schon während er sein Wort stattdessen an Cosma richtete darüber nach, wie ich ihm richtig schön Eins reinwürgen konnte, ohne ihm eine weitere Faust zukommen zu lassen. Offenbar wirkte letzteres bei ihm nicht sonderlich gut, also mussten entsprechend verletzende Worte her. Worte, die ihn da trafen, wo es am meisten weh tat. In seinem ach so verletzten, sich nur nach Liebe sehnenden Herz. Wie blind musste er eigentlich sein, dass er selbst nach den abwertenden, sichtlich unbegeisterten Worten der Rothaarigen immernoch eine Chance sah, sie umstimmen zu können? Entweder war der Kerl weniger nüchtern als er aussah, oder er hatte bereits einige graue Zellen an die Drogen abgetreten. Vielleicht auch einfach beides. Als er erneut zum Reden ansetzte nachdem die junge Frau meine Frage wiederholt hatte, kam ich ihm mit einem leichten, völlig unbekümmert klingenden Lachen in die Quere. Schon dabei trat ich näher an Cosma heran, stand damit wie heute schon einmal leicht seitlich hinter ihr. Rückte ihr dabei bewusst aber nicht zu stark auf die Pelle, weil ich hier nicht der Einzige war, dem sicher nicht nach Kuscheln war. Aber es verlieh meinen folgenden Worten mehr Glaubwürdigkeit. "Weißt du, Kumpel... du kannst dir wirklich jedes einzelne Wort hier sparen. Sie hat schon Jemanden gefunden, der ihr die Bar nicht ausreden will...", fiel ich ihm gekonnt ins Wort, fing dabei ein klein wenig an zu grinsen und legte Cosma meine Arme um die Taille. Nur locker, aber das reichte auch vollkommen um ihm in Verbindung damit, dass ich meinen Kopf langsam auf ihrer Schulter ablegte, gefühlt die Augen aus dem Kopf fielen. Man konnte förmlich beobachten, wie er unter seinem imaginären Hut bis auf ein paar wenige, übrig bleibende Zentimeter nach unten schrumpfte. "...also tu uns den Gefallen und geh, bevor es noch peinlicher wird, ja?", hängte ich noch ein paar Worte hinten dran. Blieb zu hoffen, dass Cosma die Geschichte mitspielte. Aber sie wäre schön blöd wenn sie es sich entgehen lassen wollte, wie der Vollidiot hier andernfalls gleich vollkommen niedergeschlagen von Dannen ziehen würde.
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Von Zeit zu Zeit entwickelte sich dieses Gespräch hier in eine vollkommen absurde Richtung. Nicht nur, dass Daith hier vollkommen am Rad drehte, auch Hunter schloss sich dieser geistigen Mentalität ziemlich bald an. Ich war gerade dabei gewesen, Daiths Worten Gehör zu schenken, als diese plötzlich durch ein, für mich ziemlich unnatürlich wirkendes, Lachen unterbrochen wurden. Schon zu diesem Zeitpunkt wusste ich, das alles, was darauf folgen würde, irgendwie... merkwürdig werden würde. Denn Hunter lachte für gewöhnlich nicht... zumindest nicht so. Und mein siebter Sinn sollte mich auch heute nicht enttäuschen, denn das der junge Mann prompt im Anschluss an diesen Ausdruck der Freude einen Arm um meine Taille legte, gehörte für gewöhnlich nicht zu unserem gewohnten Tagesablauf. Aber auch ohne die Worte, die er hinten dran hängte, offenbarte mir Daiths Gesichtsausdruck schon, welchen Plan Hunter verfolgte. Nach anfänglicher, eher innerer Verwirrung, legte sich eines meiner süffisantesten Grinsen auf meine Lippen. Das war einfach genial. Diese Idee hätte glatt von mir kommen können, wenn ich nicht zu beschäftigt damit gewesen wäre, mich über diesen Jammerlappen hier vor mir aufzuregen. Zu sehen, wie mein Ex-Freund unter Hunters Worten immer kleiner wurde, machte mich gerade richtig glücklich. Es mochte gehässig wirken - und war es in der Tat auch -, aber das ging mir hier schon wieder alles gehörig auf den Keks. Wenn ich eines wirklich nicht ausstehen konnte, dann wenn man der Meinung war, meine Zeit nach einer klaren Ansage weiterhin verschwenden zu müssen. Entsprechend griff ich dann gerne mal auf solche Aktionen zurück oder ließ mich, wie im aktuellen Fall, nur liebend gerne drauf ein. "Ich dachte, das mit uns war etwas besonderes...", murmelte er angeschlagen, sichtlich verletzt, während er den Blumenstrauß langsam vor der Tür der Bar ablegte. Seine Schultern hingen gefühlt in etwa auf der Höhe seiner Knie, seine Mundwinkel würden sich heute wohl auch nicht mehr heben nach dieser Art von Abfuhr. "Ja, das stimmt. Es war etwas Besonders, Daith. Bis du dich dazu entschieden hast, mich vor die Wahl zu stellen. Ich kann immer noch nicht nachvollziehen, für wie blöd du mich damals gehalten haben musst. Als würde ich meiner Bar einer Witzfigur wie dir vorziehen. Komm' Liebling, ich glaube, das Thema hat sich geklärt.", antwortete ich, noch immer dasselbe Grinsen auf den Lippen, als ich mich Wortlos an Daith vorbei schob. Ich griff mit meiner Hand nach Hunters, die um meine Taille lag, zog ihn daran, nachdem ich die Tür zu Bar aufgeschlossen hatte, nach drinnen. Natürlich nicht, ohne den Blumenstrauß, der mir im Weg stand, mit dem Fuß zur Seite zu treten. "Nimm' deine Botanik mit.", äußerte ich nur noch mit einem bitteren Unterton, bevor die Tür hinter uns auch schon ins Schloss flog. Ich konnte mich täuschen, aber ich meinte, eine einzelne Träne über die Wange von Daith laufen gesehen zu haben. Wie ein getretener Hund hatte er schließlich Leine gezogen, sein Gestrüpp blieb aber im Eingangsbereich liegen. "Mein Gott... danke.", richtete ich mein Wort an Hunter, als wir wieder unter uns waren. Seine Hand hatte ich, sobald wir im Inneren ungestört waren, wieder los gelassen, raufte mir damit dann die Haare, so gut es mit dem Zopf eben ging. Was eine Aktion...
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Es war wirklich besser als jeder Film, was sich im Folgenden hier abspielen sollte. Cosma entschied sich diesen für uns beide ungewohnten Weg zu gehen, um sich gemeinsam mit mir daran zu erfreuen, wie Daith langsam aber sicher zu verstehen schien, dass sein Vorhaben gänzlich ins Leere verlaufen war. Dass, egal was er sagen würde, es Nichts mehr an den aktuellen Umständen änderte... auch, wenn der Umstand zwischen der Rothaarigen und mir hier nur vorgetäuscht war, aber das spielte in diesem Fall keine Rolle. Mir war vollkommen egal, ob er sich nach diesem heftigen Schlag ins Gesicht vielleicht wieder komplett den Drogen widmen würde. Sollte er ruhig, dann war er sicher bald ganz weg vom Fenster und ging Niemandem mehr auf die Nerven. Ich war mir aber zumindest recht sicher, dass er wenigstens in Hinsicht auf Cosma aufgab, auch ohne Drogen. Es sei denn natürlich er wollte doch nochmal einen richtigen Schlag mit der Faust, denn den würde er kriegen, wenn er hier nochmal aufkreuzte. Dann fragte ich nicht mehr und spielte auch keine weiteren Spielchen. Als die Fronten dann eindeutig geklärt waren, ließ ich Cosma triumphierend grinsend meine Hand nehmen und verschränkte für die paar Sekunden meine Finger mit ihren. Warf Daith im Vorbeigehen noch ein leichtes Augenzwinkern zu - nur, weil es mir Spaß machte weiter auf seinem Herz herumzutrampeln - und war im Endeffekt dann aber doch auch froh, als wir an dem überdimensionalen Blumenstrauß vorbei und hinter verschlossenen Türen waren. Dort konnte ich meine Hand nämlich wieder für mich allein haben, was mir nach wie vor eindeutig besser gefiel. Zwar hatte ich das notwendige Übel gerade gerne in Kauf genommen, reichte jetzt dann aber auch wieder. Den Dank der jungen Frau nahm ich mit einem leichten Nicken hin, ging dann weiter in Richtung Bar. "Du hast Glück, dass ich Leute, die ihre selbst fabrizierte Scheiße nicht auslöffeln wollen, absolut nicht leiden kann... mal ganz davon abgesehen, dass ich es hasse, wenn ich ignoriert werde, wie du ja sehr gut weißt.", redete ich vor mich hin und kam kurz danach am Tresen an. Wie so oft goss ich mir nicht viel mehr als einen Schluck Whiskey ein. Dabei fiel mir prompt auf, dass ich mir zeitnah einen Flachmann zulegen sollte, weil das weit einfacher wäre, als jedes Mal ein Glas einzusauen und es danach abspülen zu müssen, weil ich hier an der Bar nicht aus der Flasche trinken konnte, wie ich es sonst tat. Gedanklich rief ich leicht vor mich hin grinsend schon nach Deeeesmond...
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Ich folgte Hunter relativ zügig an die Bar, hielt einen Schluck Alkoholisches gerade für gar keine schlechte Idee, weshalb ich mit einem schiefen Grinsen mit den Fingerknöcheln auf den Tresen klopfte. Damit bedeutete ich Hunter, dass er auch mir sehr gerne ein Glas einschenken sollte. Konnte auch ruhig voll sein, ging gerade weniger darum, dass der Whiskey im Glas schön aussah, sondern das er mir half, diese komplett komische Geschichte zu verarbeiten. Auf seine Worte hin, nickte ich bei der Bar angekommen nur schwach, aber grinsend, ließ mich auf einen der freien Barhocker fallen, wo ich relativ bald danach den Kopf auf meinem Arm abstützte. "Ich find's einfach gruselig, wie ähnlich wir uns sind.", stellte ich beiläufig, eher gemurmelt fest, als ich das Glas, welches Hunter ursprünglich für sich hergerichtet hatte, an mich heran zog. Noch bevor er in der Hinsicht etwas dagegen sagen konnte, ließ ich das flüssige Gold schon meine Kehle hinab laufen. Augenblick merkte ich, wie das schneidende Gefühl des Alkohols meine Speiseröhre reizte, aber anstatt meine Miene zu verziehen, genoss ich es gerade sichtlich. Irgendwie war ich kaputt. Nicht nur körperlich vom Training, denn die Begegnung mit Daith, der wie ein Häufchen Elend um Verzeihung gebeten hatte, gab mir psychisch den Rest für Heute. Nur, damit wir uns nicht falsch verstanden... ich trauerte ihm keineswegs nach. Die Worte, die ich ihm an den Kopf geworfen hatte, entsprachen zu einhundert Prozent dem, was ich auch fühlte und was der Wahrheit entsprach. Ich war, egal wie oft ich der alten Zeit nachtrauerte, fertig mit ihm, wollte nichts mehr von ihm hören. Aber die Tatsache, dass ich wirklich meine Zeit mit so einer armseligen Kreatur verbracht hatte, ließ in mir immer wieder die Wut hochkochen. Auf der anderen Seite war ich ihm ja echt dankbar. Er hatte mir gezeigt, dass Liebe einfach falsch war. Sie verblendete einen und machte schwach. Tatsächlich hatte ich damals ja kurzzeitig überlegt, mich für ihn zu entscheiden. Nach einem Glas Whiskey, einem Joint und einer Mütze voll Schlaf hatte sich dieser dumme Gedanke dann aber auch relativ zügig wieder verabschiedet. Glücklicherweise, musste man dazu sagen. Denn die Smith and Wesson hatte mir bisher mehr zurück gegeben, als es Daith jemals hätte aufopfern können. Ja... war also schon gut, so wie es gelaufen war. "Ich versteh' einfach nicht, was dieser Kerl noch an mir findet. Ich will mich nicht schlecht reden, oder so...", ich sah mit einer hochgezogenen Augenbraue zu Hunter, ehe ich fortsetzte. "Aber ich habe absolut nichts Liebenswertes an mir. Mehr als ein paar Drogen und 'ne Menge Alkohol kann ich nicht anbieten.. Was soll's." Eigentlich hatte ich keine große Lust, mich nur wegen dieser Aktion jetzt weiter mit solchen Gedanken zu beschäftigen, aber es kam, wie es kommen musste. Und so ganz spurlos ging es ja jetzt auch nicht an mir vorbei. Erreichte zwar nicht das Ergebnis, welches sich mein Ex-Freund gerne gewünscht hätte, aber meine Zeit verschwendete ich ja doch. Zumindest für einen kurzen Moment.
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Die Dame wollte also auch ein bisschen Alkohol, ja? Konnte Cosma im Grunde auch gerne haben, nur eigentlich nicht in meinem Glas. Ja, mein Glas. Ich trank fast immer aus dem gleichen, weil es die in meinen Augen beste Form hatte und offenbar der einsame Rest eines ursprünglichen Bestands war. Es war das einzige Whiskeyglas in dieser Form, der Großteil sah aber einheitlich aus. Sollte es Jemand fallen lassen, solange ich noch hier arbeitete, durfte derjenige die Scherben dann sehr gerne selbst auflesen. Die Rothaarige hingegen erntete nur eine unerfreute, hochgezogene Augenbraue meinerseits, bevor ich mir eines der anderen 0815-Gläser nahm und dann eben ausnahmsweise aus diesem trinken würde. Passte mir nicht, aber der Sinn stand mir auch nicht nach Streit. Eigentlich hatte ich fast sowas wie gute Laune nach der Aktion gerade eben. Also nippte ich dann eben an dem etwas neuer aussehenden Glas, während ich ihren Worten lauschte und konnte da nur zustimmen. Je mehr ich mich zwangsweise mit ihr auseinander setzen musste, desto öfter fielen mir gewisse Parallelen zwischen uns auf, was den Charakter anbelangte. Der Egoismus stand zwar weiterhin ganz oben auf der Liste, aber es gab da doch noch einige andere Dinge. "Deswegen streiten wir uns auch ständig. Ist ja sonst keiner ein würdiger Gegner, hm?", erwiderte ich nur so von Ironie getränkt, bevor ich ein weiteres Mal das Glas an die Lippen hob. Dann war der erste Durst nach Alkohol gestillt und ich stützte mich mit den Ellenbogen auf die Theke zwischen Cosma und mir. Kurz darauf kamen der Rothaarigen auch schon die nächsten Worte über die vollen Lippen. Irgendwo hatte sie damit ja schon auch recht. Zwar gab es sicher auch Männer, die an derart dominanten Frauen etwas fanden - ich würde es jetzt auch nicht per se als unattraktiv deklarieren, aber es war auf Dauer eben schon sehr anstrengend in meinen Augen - und jenen gerne zu Füßen lagen, aber als den Normalfall würde ich das jetzt nicht einstufen. Zumal Cosma hier jetzt eben auch nicht so wirkte, als bräuchte sie einen Schoßhund, der ihr den ganzen Tag hinterher dackelte. "Da hast du's doch schon... du hast Drogen und Alkohol für den Junkie.", gab ich ihr sarkastisch zur Antwort, obwohl ich nicht mal wusste, ob sie wirklich eine wollte. "Nein, keine Ahnung... in Sachen Liebe bin ich der komplett falsche Ansprechpartner, Liebling.", hängte ich schulterzuckend noch ein paar Worte ran und ließ es mir nicht nehmen den unliebsamen Spitznamen von vorhin noch einmal aufzugreifen, ehe ich in mein Glas sah und jenes leicht aus dem Handgelenk heraus schwenkte. Alkohol war so ziemlich die einzige Liebe, die ich nicht loslassen konnte.
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Da mochte er wohl Recht haben. Sowohl mit seiner Aussage was die Streitereien anging, als auch mit der Antwort auf meine ziemlich sarkastische Frage. Ich hatte zwar keine direkte Resonanz erwartet, aber es entlockte mir dennoch ein amüsiertes Grinsen. Nicht zuletzt, weil die Auseinandersetzungen und die bescheuerte Titulierung sicher noch ein Running Gag werden würden. Während ich über ein paar weitere Worte nachdachte, setzte ich das Glas erneut an meine Lippen, um einen weiteren, großzügigen Schluck des Whiskeys in mich aufzunehmen. Sobald der Alkohol auch nur ansatzweise seinen Dienst leistete, fühlte ich mich gleich ein kleines Bisschen besser. Zwar war ich noch weit davon entfernt, mir im Vollsuff die Seele aus dem Leib zu kotzen, aber selbst diese geringen Mengen des Hochprozentigen stimulierten meine Sinne auf eine angenehme Art und Weise, ließen mich gewissermaßen einen Gang zurück schalten. Die Gedanken hingen zwar noch immer wie ein undurchlässiger Schleier über meinem Gehirn, aber nach ein paar Minuten würde sich das auch erledigt haben. Statt jetzt miese Laune zu bekommen und mich von der Aktion noch weiter runter ziehen zu lassen, beschloss ich, das Ganze einfach abzuhaken. Selbst wenn ich mich damit jetzt weiter beschäftigen würde, brachte es mir nichts, als eventuell noch einen Herzinfarkt. Mich mit etwas zu beschäftigen, was seit langer Zeit schon nicht mehr Teil meines Lebens war, hielt ich einfach für schwachsinnig. Ich meine, was brachte es mir? Zurück zu Daith war absolut keine Option und selbst ein normaler, vielleicht sogar freundschaftlicher Umgang mit ihm konnte ich mir nach all dem, was zwischen uns passiert war, nicht mehr vorstellen. Also Haken hinter die Geschichte und hoffen, dass er es nach diesem klaren, wenn auch nicht ganz ehrlichen Statement, verstanden hatte. Jetzt, wo ich temporär über eine Schusswaffe verfügte, konnte er froh sein, dass ich mir nicht gleich Hunters Mentalität, alles was ihm auf den Sack ging, über den Haufen ballern zu wollen, mit ausgeliehen hatte. Andererseits würde ich es mir noch mal überlegen, sollte er die Dreistigkeit besitzen, sich hier in nächster Zeit noch einmal blicken zu lassen. Ich ging zum jetzigen Zeitpunkt aber nicht davon aus. In Gedanken versunken starrte ich eine ganze Zeit lang nur auf das Holz vor meiner Nase, bis ich schließlich ein letztes Mal das Glas ansetzte, um den restlichen Inhalt mit einem Schluck zu leeren. Es mussten sicher ganze zwei oder drei Minuten der Stille vergangen sein, ehe ich etwas auf seine Worte erwiderte. Das Glas schob ich dabei immer wieder von der einen in die andere Hand. "Tja, was soll ich sagen. Streiten war nie schöner.", entgegnete ich ironisch und mit einem schiefen Grinsen, schüttelte aber kurz darauf leicht den Kopf. Ehrlich gesagt sah ich das Ganze mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Ja, manchmal machte es Spaß, sich den ganzen Frust von der Seele zu streiten. Dabei fast drauf zu gehen war allerdings der weniger schöne Aspekt. Aber mittlerweile hatte Hunter ja für Chancengleichheit gesorgt. Zumindest, wenn ich mehr als zwei Meter Sicherheitsabstand zu ihm einhielt und er keine Möglichkeit hatte, mich in einen Faustkampf zu verwickeln. In der Hinsicht wäre wohl jeder renommierte Starpsychiater an uns zugrunde gegangen, wenn er gesehen hätte, wie wir uns beide, am Besten mit jeweils zwei Waffen ausgestattet, gegenüber saßen und uns bis aufs Mark beleidigten. Noch bevor wir uns gegenseitig ausradierten, würden wir wohl einmal noch in Frieden gemeinsam auf den armen Trottel zielen, der es wagen würde, sich in die Diskussion einzumischen. War eigentlich ganz witzig, dieser Gedanke. Brachte mich punkt um direkt zum Lachen, auch wenn es dafür eigentlich keinen nachvollziehbaren Anlass gab. "Und ja, ich weiß. Gefühlsmäßig sind wir ja ebenfalls ein und der selbe Krüppel. Wobei ich wohl noch ein Stück weit menschlicher geblieben bin.", stellte ich amüsiert fest, ehe ich mit den Augen rollte und Hunter bedeutete, mir freundlicherweise noch einmal nachzuschenken. Ich war noch lange nicht fertig, hatte auch nicht vor, dem Ganzen so schnell ein Ende zu setzen. So lange ich am End noch die Kraft hatte, mich eigens in die Dusche zu manövrieren, durften es ruhig noch ein paar mehr Gläser sein.
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Ich hatte Nichts gegen das Schweigen, das für ein, zwei Minuten zwischen uns trat und damit gewissermaßen wieder etwas Ruhe einkehren ließ nach der Geschichte mit dem unnötig nervigen Exfreund. Cosma brauchte das zwar sicher mehr als ich, aber ich nutzte die Zeit gekonnte dazu, das Glas leer zu machen. Das leichte Brennen zu genießen, das für mich schlichter Alltag geworden und nicht mehr wirklich unangenehm war. Viel mehr fühlte es sich wie ein bisschen Zuhause an, was an sich ein wenig traurig war. War mir aber ziemlich egal. Wenn ich anfangen würde, mir über solch unwichtige Dinge Gedanken zu machen, würde ich nämlich schneller in der Klapse landen, als mir lieb wäre. Es gab in meinem Unterbewusstsein schlicht viel mehr aufzuarbeiten, als ich auf einmal händeln könnte. Also lieber unberührt lassen, den Scheiß. Jedenfalls sollten dann doch noch verspätete Worte seitens Cosma folgen, die mich den Blick vom leeren Glas abwenden und wieder zu ihr aufsehen ließen. Ich hatte sicher auch mit Anderen schon derart heftige Streits gehabt, aber die waren irgendwann immer positiv für mich ausgegangen. Entweder, weil mein Gegenüber schlicht nicht den Mut dazu hatte mit vorgehaltener Waffe weiter zu reden, oder weil die Argumente ausgingen. Oder weil ich zuschlug. Oder, oder, oder. Aber eine Frau zu verprügeln schien mir einfach absolut nicht richtig. Ich war zwar ein Arschloch, aber sofern ich nicht wie vor einigen Tagen komplett blind vor Wut war, zog ich da dennoch eine Grenze. "Du hast wirklich Glück, dass du 'ne Frau bist.", stellte ich in Hinsicht auf unsere Streits leicht vor mich hin grinsend fest und sprach einen Teil meiner Gedanken damit laut aus. Dann löste ich mich aus meiner nach vorne gelehnten Körperhaltung und griff anschließend erneut nach der Flasche mit dem hochprozentigen Alkohol, bevor ich sowohl das Glas der Rothaarigen, als auch mein eigenes noch einmal mit der goldbraunen Flüssigkeit tränkte. Danach wanderte die Whiskeyflasche ziemlich genau auf ihren vorherigen Platz zurück und ich machte es mir erneut auf den Tresen gestützt bequem. "Menschlich... was ist das schon? Ich bin wenigstens ehrlich... auf vielleicht etwas brutale Art und Weise. Aber man weiß wenigstens, woran man ist.", grinste ich weiter vor mich her und machte absolut keinen Hehl daraus, wie gerne ich doch zur Faust oder zur Waffe griff. Aber das wusste Cosma ohnehin schon, da gab es vor ihr Nichts mehr zu verschweigen. Geschäftliche Details würde ihr vor ihr zwar trotzdem weiterhin nicht ausbreiten, weil ich ihr schlicht nicht über den Weg traute, aber in Hinsicht auf meinen schwierigen Charakter wusste sie bestens Bescheid. Hatte Informationen aus allererster Hand, um genau zu sein.
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Das ich nicht lachte. Ich rollte grinsend mit den Augen, weil das mal wieder so eine typische Hunter Aussage war, wenn man mich fragte. Außerdem ging ich davon aus, dass er das nicht wirklich ernst meinen konnte. Gab schon den ein oder anderen Streit, da war er auch mir gegenüber handgreiflich geworden. Und eine Frau unter Drogeneinfluss war nun mal immer noch eine Frau. "Misst du das mit zweierlei Maß? Frau mit und ohne Drogeneinfluss, oder wie?", fragte ich daher schmunzelnd und bedankte mich im Anschluss mit einem schwachen Nicken für das Einschenken des Getränks. Ich nahm in aller Ruhe einen Schluck, ehe ich weitersprach. "Ich erinner' mich nämlich noch gut daran, wie du mich an einem Abend am Hals hier gegen die Wand gestoßen hast. Davon hatte ich mehrere Tage lang einen blauen Fleck.", schimpfte ich gespielt beleidigt, während ich mit der Hand, die nicht um das Glas gelegt war, in die Richtung zeigte, wo eben angesprochene Konfrontation damals stattgefunden hatte. Ich konnte es ihm zwar nicht verübeln, vermutlich hätte ich nämlich genau so ungehalten reagiert, wenn mir jemand derart penetrant auf den Keks gegangen wäre, aber es ging mir schlicht ums Prinzip. Gut, wie auch immer. Der Akt war ja nun auch schon eine ganze Weile her, wenn ich gerade so darüber nachdachte. Erschreckend, wie sehr wir uns mittlerweile aneinander gewöhnt hatten. Ich meine, wir waren noch lange keine besten Freunde oder gar Vertraute, aber seitdem wir uns gegenseitig etwas näher kennengelernt hatten und feststellen mussten, dass wir uns doch sehr ähnlich waren, konnte man doch ein bisschen besser aufeinander zugehen. Wenn man einfach das mied, was man selbst hasste, konnte man sich fast sicher sein, sich gegenseitig nicht auf den Schlips zu treten. Beängstigend, so einen Charakter im Doppelpack in unmittelbarer Nähe beisammen zu haben, konnte aber auch ganz witzig sein. Zumindest, solange uns keiner dazwischenfunkte. Nun... was dann seine nächsten Worte anging, musste ich doch für einen Augenblick über eine gescheite Antwort nachdenken. Ehrlich gesagt machte er mich mit seiner Frage nämlich echt sprachlos. Sagte ich nicht oft, war in dem Augenblick aber so. Schlicht weil ich darauf keine direkte Antwort parat hatte. Ja, was war menschlich sein eigentlich? Gute Frage... "Na ja, mag schon stimmen, aber ich denke, du hast einfach die Relation zu den menschlichen Gefühlen verloren, wenn du zum Beispiel jemanden eine Waffe an den Kopf hältst. Ich hingegen denke noch kurz darüber nach, ob er vielleicht Familie oder so etwas hat. Verstehst du? Einfach diese... Empathie. Klar, wenn er schon mit der Kettensäge an meinem Geduldsfaden hängt, würde es mich sicher auch nicht mehr jucken, aber unter, ich sag mal normalen Umständen, mache ich mir glaube ich einfach noch einen zu großen Kopf.", äußerte ich den ersten Ansatz meiner Gedanken laut, wenn auch eher vorsichtig und langsam. Die Worte waren noch nicht gänzlich durchdacht, eher im rohen Zustand, ohne Feinschliff über meine Lippen gekommen. Aber er würde sicher verstehen, was ich meinte.
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Zweierlei Maß? Das reichte denke ich nicht wirklich. Mir war selber schon auch klar, dass ich Frauen gegenüber ebenfalls des öfteren schon handgreiflich geworden war. Aber vor dem Tod hatte ich doch die meisten bewahrt, sofern man das so nennen konnte. Ich hatte durchaus auch schon zugeschlagen, das wollte ich damit gar nicht verneinen. Dazu stehen tat ich ja trotzdem. "Ich hab ja gar nicht gesagt, dass ich Frauen gegenüber nie handgreiflich geworden bin... oder noch keine umgebracht habe. Aber es macht trotzdem einen Unterschied, weiß auch nicht. Normalerweise haben Frauen auch einfach nur selten den Mut dazu, mich überhaupt anzuschreien und selbst wenn, dann ist es nach einem lauten Konter wieder vorbei. Du bist irgendwie so ein bisschen die Ausnahme, die die Regel bestätigt... Außerdem wissen wir beide, dass du es echt mit allen möglichen Mitteln provoziert hast.", redete ich fast ein wenig nachdenklich vor mich hin und starrte förmlich ins Glas, bevor ich bei meinen letzten Sätzen den Blick wieder zu Cosma anhob und sie schief angrinste. Sie war eben irgendwie anders als der Großteil. Äußerlich nicht weniger Frau als all die Anderen soweit ich das beurteilen konnte, aber charakterlich hob sie sich eben doch stark von der Menge ab. War allgemein viel rauer im Umgangston als der Rest, so wie ich eben auch. Keine gute Kombination. Mit ihren nächsten Worten hatte sie schon recht, bekam von mir dafür aber gleich im Anschluss ein leichtes Schulterzucken. Einfach weil es mir egal war, dass ich von jedem normalen Mensch in der Gesellschaft vermutlich als vollkommen Wahnsinniger eingestuft wurde. Dass ich in den Augen der Meisten sicher ein psychotischer Massenmörder wäre, hätte man ihnen all meine Taten auf dem Tisch ausgebreitet und dabei waren noch nicht einmal ansatzweise alle von der Polizei dokumentiert. Gerade bei den gezielten Auftragsmorden ließ ich sie immer vollkommen im Dunkeln tappen, was unheimlich viel Spaß machte. "Wenn du so wie ich im Prinzip 24/7 mit Verbrechern zu tun hast und vorher auch noch ein paar Jahre im Knast gesessen hast, legst du das ganz einfach irgendwann ab, schätze ich... Leute in meinem Metier haben sich das Potenzial für einen Kopfschuss selbst ausgesucht und sollten es sowieso eigentlich besser wissen, als mich zu provozieren. Es ist in Oslo kein Geheimnis, das meine Toleranzgrenze nicht grade hoch ist... also ganz einfach Selbstverschulden, wenn man sie rausfordert. Ich kill' wirklich nur extrem selten Jemanden, der komplett unschuldig ist.", versank ich wieder ein Stück weit in Gedanken, wobei auch die Augen wieder auf den Tresen abdanken. Ob meine Eltern noch immer Angst hatten, dass ich sie irgendwann holen kam, nachdem das Kindermädchen hatte dran glauben müssen? Zwar war nicht hundertprozentig belegbar gewesen, dass wirklich ich der Mörder war, aber nachdem ich aus Amerika verschwunden war lag es doch sehr nahe. Ich hätte ehrlich nicht beantworten können ob ich abdrücken würde wenn sie vor mir stünden, oder ob ich einfach gehen würde. Sicher auch sehr abhängig von meiner Gefühlslage und dem Grad der Nüchternheit zum jenen Zeitpunkt. War also gut, dass es unwahrscheinlich war, dass sie mich hier besuchen kamen. Die reichen, verwöhnten, ignoranten, immer arbeitenden Arschlöcher von Eltern...
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Tja, was sollte ich dazu sagen? Mehr, als ein amüsiertes Lachen brauchte es wohl nicht als Antwort auf seine Aussage. Dass ich des Öfteren mal die Ausnahme bildete, war für mich jetzt nichts Neues, aber in dem Zusammenhang fühlte ich mich ja fast ein wenig geehrt. Ich hatte es also als einige der wenigen Frauen geschafft, mich mehr oder weniger mit ihm zu messen und in dem Zusammenhang noch nicht von ihm gekillt worden zu sein. Ich schüttelte leicht mit dem Kopf, als ich mit dem Lachen aufhörte, weil ich zu ein paar Worten ansetzen wollte. "Also erstens mal: So frech war ich gar nicht. Da war definitiv noch Luft nach oben. Zweitens: Hätte ich, wenn ich es wirklich drauf anlegen würde, mehr Weiber, denen ich das Licht ausknipsen wollen würde, als Männer. Mag man vielleicht nicht glauben, aber die benehmen sich viel eher, wie die letzten Assis, als es Männer tun." Zum Ende des letzten Satzes rollte ich genervt mit den Augen. Alleine der Gedanke daran, wie sich manche Frauen hier in der Bar verhielten, war einfach unterste Schublade, ging einfach gar nicht. Von den ganzen Pöbeleien mal abgesehen, verschütteten sie ganz gerne mal ihre Drinks beim wilden durch die Gegend tanzen und diese ganzen Zickereien untereinander... nicht zum aushalten. Da schämte man sich manchmal wirklich für's eigene Geschlecht. Was schließlich Hunters nächste Worte anging, wurde ich dann aber doch wieder etwas ernster. Mein durchweg fröhlicher Gesichtsausdruck wurde wieder etwas neutraler, die Mundwinkel bildeten lediglich noch ein schmales Lächeln. Was dieses Thema anging, hatte ich nicht wirklich Argumente, die ich gegen seine mangelnde Empathie ansprechen konnte, weswegen ich es einfach so hinnahm. Weil ich selber noch nicht in so einer Situation gewesen war - weder was die Verbrecher anging, noch die Geschichte mit dem Knast. Ich mochte mir des Öfteren mal das Recht rausnehmen, über etwas zu urteilen, womit ich selbst noch keine Erfahrungswerte gesammelt hatte, ab bei dem Thema hielt ich mich lieber ein wenig zurück. "Es gibt Dinge, die ich nicht wirklich nachvollziehen kann. Diese ganze Clan- beziehungsweise Mafiageschichte ist zum Beispiel etwas, womit ich überhaupt nichts anfangen kann. Aber auch wenn wir unsere Differenzen haben, akzeptier' ich deine Entscheidung, dass du dich dazu entschieden hast, diese Art von Leben zu führen. Du wirst schon deine, für andere vielleicht nicht ganz nachvollziehbaren, Gründe dafür haben. Ich für meinen Teil könnte mich einfach nicht von so einem arroganten Arschloch wie dir unterjochen lassen. Bin halt gerne mein eigener Chef, aber das muss ich dir ja nicht sagen, oder Liebling? Aber ich glaub' dir gerne, dass man auf Dauer einfach abstumpft. Vielleicht ändere ich meine Meinung ja auch irgendwann mal, wenn ich mir irgendwann mal ein paar Kampflesben im Knast vom Hals halten muss..." Eigentlich war mir nicht nach Lachen zumute, aber ich konnte es nach den letzten Sätzen einfach nicht mehr unterdrücken. Zwar interessierte es mich gerade brennend, unter welchen Umständen Hunter mal in den Bau gewandert war, aber auf der anderen Seite wollte ich es eigentlich gar nicht wissen. Bei seiner breiten Palette an Straftaten konnte es so ziemlich Alles gewesen sein, für das sie ihn irgendwann mal dran gekriegt hatten. Auch wenn ich wirklich neugierig geworden war, hielt ich mich mit einer Frage diesbezüglich zurück. Ging mich im Grunde ja auch gar nichts an...
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Aha, sie war also nicht frech gewesen? Sah ich ein ganz kleines bisschen anders, was an meiner damaligen Reaktion wohl deutlich ersichtlich war. Demnach konnte ich nicht anders, als deutlich sichtbar mit den Augen zu rollen und den nächsten Schluck aus dem Whiskeyglas zu nehmen. Allerdings bezog sich das eher nur auf den ersten Teil und war schon wieder vorbei, als Cosma mir erklärte, dass sie Männer Frauen wohl allzu gerne vorzog. Konnte ich gänzlich nachvollziehen, um ehrlich zu sein. Männer sagten einem einfach, wenn sie etwas scheiße fanden. Frauen hingegen waren in dieser Hinsicht so furchtbar durchtrieben, versuchten einem entweder indirekt und ganz unterschwellig irgendwie ein schlechtes Gewissen einzureden oder machten auf Zicke und streckten die Nase gen Himmel. Es gab selten welche, die ihr Wort wirklich hielten, wenn etwas Anderes einen größeren Vorteil versprach. Ich war selbst zwar auch oft ein richtiger Egoist, aber auf andere Art und Weise. Ganz direkt und unverblümt, ich versuchte es nicht zu verstecken, weil ich keinen Grund darin sah. "Wahre Worte... hat schon seinen Grund, warum ich keine Frauen im engen Kreis habe.", konnte ich ihren Worten nur mit einem Nicken zustimmen. "Und zu der anderen Geschichte muss ich Nichts mehr sagen, oder?", ließ ich ihre vorherigen Worte unkommentiert, weil ich keinen Sinn darin sah darüber weiter zu debattieren. Ich wusste, dass da noch Luft nach oben war, aber Cosma täte gut daran auch zukünftig nicht noch mehr über die Stränge zu schlagen. Ich hatte mich jetzt, wo die größten Differenzen umgangen wurden, zwar sicher etwas besser im Griff, aber herausfordern sollte sie es besser trotzdem nicht. Ihre nächsten Worte hingegen ließen mich ab etwa der Hälfte leise auflachen. Nicht nur, weil sie damit schlicht nicht hundertprozentig Recht hatte, weil sie keinerlei Ahnung davon hatte wie ich zu meinen Untergebenen stand, sondern auch, weil sie diesen bescheuerten Kosenamen schon wieder verwendete. "Es ist witzig, wie du darüber urteilst wie ich meine Jungs behandle, obwohl du keine Ahnung davon haben kannst. Tauren's Fall spiegelt eher nicht die Allgemeinheit wieder.", stellte ich vor mich hin grinsend fest, ehe ich erneut das Glas an meine Lippen hob. Er schmeckte einfach zu gut, der Whiskey. Kostenloser, eigentlich eher teurer Alkohol schmeckte immer ganz besonders lecker, wenn man mich fragte. "Aber ja... das ist vermutlich der Hauptgrund, warum wir auf geschäftlicher Ebene weiter getrennte Wege gehen sollten. Zum einen deine Empathie und zum Anderen, dass du eine viel zu große Klappe hast, Madame... wobei das mit den Kampflesben wirklich unterhaltsam klingt. Würd' ich fast Eintritt für bezahlen.", redete ich einfach im Fluss weiter vor mich her. Vor meinem inneren Auge tat sich währenddessen ein Film auf, der mir zeigte wie Cosma gnadenlos gegen alteingesessene Knastfrauen den Kürzeren zog. Denn das würde sie am Anfang in jedem Fall, war es mir doch nicht anders ergangen, so als Pseudokrimineller mit nur einem Fast-Mord auf dem Konto. Was einen nicht umbrachte machte aber ja bekanntlich stärker und ich war ein absolut vorzügliches Beispiel dafür. "Und lass endlich diesen bescheuerten Spitznamen... ich bin nicht wirklich dein Macker, klar? Heb' dir sowas für deinen winselnden Exfreund auf.", kam ich gegen Ende mit hochgezogener Augenbraue noch auf die Kosenamen-Geschichte zu sprechen.
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Konnte ich absolut nachvollziehen. Gut, mein Kreis bestand zwar ohnehin nur aus Richard, aber war im Grunde ja auch irrelevant. Ich verstand nur zu gut, dass er die Probleme mit weiblichen Individuen gar nicht erst aufkommen ließ und wenn ich mich irgendwann dazu entschloss, mich der Welt doch wieder ein Stück weit mehr zu öffnen, würde ich es ihm vermutlich gleich tun. Auch wenn die Themen, die wir hier allgemein gerade besprachen - ruhig und gesittet, wohlgemerkt - für Außenstehende ziemlich unterschwellig und beleidigend wirken mussten, war ich durch und durch amüsiert. Zwar warfen wir beide auch mit Kritik um uns und auch die Titulierungen waren nicht unbedingt immer angebracht oder nett, aber ich verspürte keinerlei Drang, ihm dafür an die Gurgel zu gehen, traf es doch gerade schlicht meinem komplett verkorksten Humor. Das Thema, zu dem er auch nichts mehr sagen musste hatte ich nach dieser Aussage dann auch einfach unter den Tisch fallen lassen. Wenn wir uns dahingehend noch einmal näher mit den Vorkommnissen beschäftigten, würde ich vielleicht doch nicht mehr ganz so ruhig auf dem Barhocker sitzen und gemütlich meinen Whiskey in mich rein kippen. Irgendwann würde es nämlich in einer aussichtslosen Diskussion enden und wie die für gewöhnlich abliefen, musste ich ja nicht noch einmal erläutern. Ich akzeptierte also den Cut an der Stelle, besann mich voll und ganz auf seine nächsten Worte, die mich weiterhin vor mich hingrinsen ließ. Stimmt, nur weil Tauren ordentlich abkassiert hatte, musste er seine Jungs ja nicht grundlegend schlecht behandeln. Ich für meinen Teil war mir dennoch sicher, dass eine Zusammenarbeit mit ihm mir nichts weiter als Kopfschmerzen bereiten würde. Da konnten wir charakterlich noch so gleich sein. Die Art und Weise wie er und ich arbeiteten war dann doch einfach zu unterschiedlich, als das wir jemals auf einen gemeinsamen Nenner kommen würden. Aber für mich war das auch okay. Ich musste meine Zeit nicht ausschließlich mit Leuten verbringen, die ich eigentlich gar nicht leiden konnte, auch wenn hier gerade verhältnismäßig nette Worte gewechselt wurden. Machte uns immerhin noch lange nicht zu den besten Freunden. "Ehrlich gesagt ist mir das auch echt egal, wie du mit deinen Jungs umgehst. Es geht mir um den Punkt, dass ich dich als Person einfach nicht leiden kann. Ich hab schon mit meiner originalen Version Schwierigkeiten, da brauch ich die echt nicht noch einmal mit Schwanz und Bartwuchs.", äußerte ich nüchtern, versuchte ein weiteres Lachen zu unterdrücken, was mir sichtlich schwer fiel. Ich grinste bis über beide Ohren, während ich kopfschüttelnd noch einen Schluck Alkohol zu mir nahm. Mittlerweile merkte ich, wie dieser so langsam anschlug und meine Sinne mit einem weichem Tuch umhüllte, mich mit seinem leicht rauchigen Geschmack im Geiste von Minute zu Minute mehr einlullte. Als ich das Glas wieder abgestellt hatte, verzog ich dann gespielt geknickt das Gesicht, meine Mundwinkel sackten nach unten. "Ich dachte echt, das zwischen uns ist etwas Besonderes.", jammerte ich und stellte gen Ende die Tonfrequenz in etwa auf die gleiche Höhe ein, die Daith vorhin angeschlagen hatte, als er mir noch einmal vor Augen hielt, wie schön und toll doch damals alles war. Pff. Dann aber neutralisierte sich mein Gesichtsausdruck und auch meine Stimmlage wieder. "Ehrlich gesagt hab' ich aber gerade wirklich Gefallen an dem Kosenamen gefunden.", äußerte ich belustigt, während ich mir eine rote Strähne aus dem Gesicht wischte, die sich nach dem ganzen Lachen und Kopf schütteln gelöst hatte. "Da musst du jetzt wirklich hart dran arbeiten, dir den wieder abzustreifen." Mit einem Augenzwinkern leerte ich schließlich auch dieses Glas wieder bis auf den letzten Tropfen, beschloss für mich, das es jetzt doch langsam reichte und ich mich bald mal in meine Wohnung trollen würde. Duschen... umziehen und dann, leider Gottes, arbeiten.
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Ja, da waren wir uns wohl einig. Zwar verpackte sie, wie immer ganz untypisch Frau, ihre Worte wenig charmant, aber das änderte schlicht Nichts an den gegebenen Tatsachen. Wir beide waren so gar nicht dafür gemacht miteinander zu harmonieren und daran gab es wohl nicht viel zu rütteln. Wir müssten wahrscheinlich alle beide mindestens eine 90°-Wende machen, damit sowas wie die angenehme Art von Parallelen überhaupt erst möglich wurde. Nüchtern betrachtet würde das jedoch nur sehr unwahrscheinlich passieren. Allerdings hielt ich natürlich trotzdem meine Version von uns beiden für die bessere. Ich war für den Kampf optimiert - wenn ich nicht gerade komplett besoffen oder drauf war, versteht sich - und auch sonst war ich ihr überlegen. Außer vielleicht bei so unwichtigen Dingen wie Empathie, Mitgefühl... aber wer brauchte sowas schon? Machte nur schwach und viel zu liebenswürdig. Das Letzte, was ich gebrauchen konnte, war eine mich stalkende Liebhaberin, die mir nur im Weg stand, weil ich ja so liebenswürdig war und sie ihre unsterbliche Liebe nicht für sich behalten konnte. Allein der Gedanke daran war nicht mehr als abstoßend für mich. "Bullshit... mit Schwanz und Bart ist eindeutig absolut Alles besser.", stellte ich fest, kurz nachdem die Lippen erneut ans Glas gewandert waren. Allein schon der Mist mit der Periode - die sehr viele Frauen noch unerträglicher machte als es sowieso schon der Fall war - fiel weg und unverhofft schwanger werden konnte ich auch nicht. Verhüten tat ich viel mehr wegen der möglichen Krankheiten und weniger wegen der Möglichkeit auf ein Kind. Letzteres war nämlich ganz einfach nicht mein Problem. Zwar würde ich sicher davon absehen, eine schwangere Frau zu ermorden, aber mit ein paar Drohungen wurde ganz sicher gekuscht und die Unterhaltssache war geklärt. Außer bei Cosma vielleicht, aber die Wahrscheinlichkeit sie zukünftig irgendwann zu schwängern lag wohl irgendwo im Minusbereich. Außerdem waren Männer schlicht das stärkere Geschlecht, also noch ein Pluspunkt daran keine Gebärmutter haben. Schien leider so, als würde mir der Spitzname erst einmal an den Fersen haften bleiben. Gefiel mir absolut nich, was ein kurzzeitiges Erlischen des Grinsens auf meinen Lippen und eine hochgezogene Augenbraue zur Folge hatte. "So sind die Spielregeln aber nicht. Entweder du lässt es bleiben, oder ich tu wieder das, was ich am besten kann: Dir auf auf den Sack gehen.", protestierte ich gegen ihr neues Faible für das Wort Liebling, bevor mein eigenes Glas ebenfalls mit den letzten beiden Schlucken leer wurde. "Oder du schläfst mit mir, damit du wenigstens ansatzweise einen plausiblen Grund dafür hast, mir so einen Mist anzuhängen.", fing ich wieder zu grinsen an und stieß mich leicht von der Theke ab, um mein Glas sauber zu machen, weil ich das so oder so vor Arbeitsbeginn noch machen musste. Natürlich war dieser Satz Nichts als ein blanker Scherz, was mein Tonfall mit sarkastischem Unterton sicher deutlich machte. Von einem ernsthaften Flirt waren wir beide etliche Kilometer entfernt, obwohl wir uns hier gegenüber standen. Cosma war vielleicht nicht hässlich und ich brauchte auch keine Beziehung zu einer Frau, um mit ihr ins Bett zu steigen. Dennoch sollte eher nicht so eine Abneigung gegen den Charakter vorhanden sein, wie es bei uns beiden der Fall war. Außerdem wäre eine Katastrophe vorprogrammiert, sollte die Rothaarige in diesem Fall auch eine entscheidende Eigenschaft mit mir gemeinsam haben. Wenn sie meiner Dominanz mit gleichem entgegen trat, hätten wir ein ziemlich großes Problem.
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Aha. Na klar war eigentlich Alles, was ich auf seine nächsten Worte antworten wollte. Schlicht, weil er sich damit langsam wieder auf dünnem Eis bewegte und meine Augenbraue, die ich skeptisch nach oben zog, ohne das sie von einem Grinsen begleitet wurde, signalisierte ihm dies auch deutlich. Ich wollte nicht leugnen, dass es keine Vorteile mit sich brachte, ein Mann zu sein. Ob es deshalb das bessere und oder stärkere Geschlecht war, wollte ich so aber nicht unterschreiben. "Echt jetzt? Ich dachte, wir wären aus dem Alter, wo dieser Geschlechterkrieg noch in war, endlich raus. Beides hat seine Vor- und Nachteile, denke ich.", kommentierte ich das Ganze also etwas trocken, ehe ich mich ebenfalls von meinem Barhocker erhob, um es Hunter gleich zu tun. Nach dem Aufstehen brauchte ich erst einmal ein paar Sekunden, um den Kreislauf wieder in Schwung zu bringen, der die letzte Stunde unter null gesunken war. Natürlich nicht wirklich, sonst würde man mich hier maximal mit der Liege des Leichentransports noch in Bewegung kriegen, aber der leichte Schwindel bedeutete mir, dass ich für die Menge an Alkohol schon deutlich zu wenig normale Flüssigkeit zu mir genommen hatte. Vielleicht hätte auch der ein oder andere Snack Wunder gewirkt, aber da diese Unterhaltung ohnehin einen Punkt erreichte, an dem es besser war, wenn wir bis heute Abend wieder getrennte Wege gingen, sparte ich mir das und würde mit einem Mittagsschlaf und ausreichend Wasser dagegen angehen. Nachdem also der Amerikaner sein Glas gespült hatte, nahm ich wortlos seinen Platz ein, um mit klarem Wasser und ein wenig Spülmittel meinen Speichel zu bereinigen. Ich sparte es mir allerdings, das Behältnis abzutrocknen, stellte es somit nur auf dem Spülbecken ab. Bis zur Eröffnung konnte ich es dann wieder zurück an seinen Platz räumen. Was dann den zweiten Teil des Gespräch anbelangte, konnte ich nach dem Dämpfer aus Runde 1 nur mit zusammen gezogenen Augenbrauen reagieren, stets begleitet von dem nur allzu bekannten Kopfschütteln. "Also wenn ich in den nächsten Tagen nicht ganz blöd auf den Kopf falle, wird das niemals passieren.", erwiderte ich und ließ damit im Grunde genug Raum für etwaige Interpretationen. Es war nämlich nicht klar, auf was ich da jetzt genau geantwortet hatte. Zur Wahl standen schließlich die Geschichte mit dem Sex oder aber, das ich damit aufhören sollte, ihn Liebling zu nennen, weil wenn dann und so weiter. Interessierte mich nicht sonderlich, ich hatte ab dem Teil der Konsequenzen schon gar nicht mehr zugehört. Dabei antwortete ich nicht mehr ganz so trocken wie es meine erste Antwort war, aber er würde - und das war vollkommen richtig so - trotzdem hören, dass ich gerade eher wieder weniger begeistert war. War kein großes Thema, worum es da eigentlich ging - Diskussionsthema bei Jugendlichen, wenn man mich fragte -, aber dieses überhebliche Getue ging mir noch immer gegen den Strich. Und das wusste er, wie er mir ja mit nachfolgenden Worten verdeutlichte. Na dann würde er mir eben auf den Sack gehen. Solange ich ihn weiterhin mit diesem vollkommen bescheuerten Kosenamen ärgern konnte, nahm ich das gerne in Kauf und wenn es mir partout zu bunt wurde, tat ich einfach das, was ich jetzt auch vor hatte. Nachdem ich mein Glas gespült hatte, drehte ich mich wieder zu meinem zweiten Ich um, trat an ihm vorbei, sodass ich mich wieder an meinem Ausgangspunkt befand sah dann mit neutralem Gesichtsausdruck in seine Richtung. "Ich werde jedenfalls jetzt hoch gehen. Da ich vorhabe, mich noch hinzulegen, solltest du dich entscheiden, ob du hierbleiben willst, mit hoch kommst oder zumindest den Schlüssel einsteckst. Auf Klingeln werde ich nicht reagieren.", äußerte ich ihm gegwnüber mein Vorhaben und setzte mich, noch bevor er sich überhaupt entschieden hatte, in Bewegung, um die Tür der Bar anzusteuern. Es bleiben also noch genau fünf Schritte, in denen er Zeit hatte, zu überlegen und sich zu entscheiden.
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Oh Boo-Hoo, da war aber Jemand schnell beleidigt. Ein Augenrollen meinerseits war dahingehend vorprogrammiert. Irgendwie war letzteres schon richtig zum Standard geworden, stand es symbolisch doch in der Regel dafür, dass ich ein paar Worte lieber herunterschluckte, als sie stattdessen Cosma an den Kopf zu werfen. Das hatte rein gar Nichts mit dem körperlichen oder geistigen Alter zu tun, sondern war ganz einfach so. Frauen hatten sicher auch ihre Vorteile aus der Evolution uns Männern gegenüber gezogen, aber rein objektiv waren sie körperlich nunmal schwächer. Sonst bräuchten sie ja diese ganze Feminismus-Scheiße nicht, um sich aufzuspielen. Klar war das in manchen Hinsichten sicher berechtigt, aber überwiegend jammerten die Weiber doch Alle nur rum, weil sie nicht an sich arbeiten und sich stattdessen nur wichtig machen wollten. Sowas ging ja bei mir zum einen Ohr rein und in ganzer Fülle zum anderen wieder raus. Ich verkniff es mir auf Biegen und Brechen nicht doch noch Etwas zu erwidern und zückte stattdessen mein Smartphone. Wie gesagt, der Flachmann wartete noch auf mich und so ließ ich Desmond eine verschlüsselte, für ihn jedoch sehr eindeutige Nachricht zukommen, damit er innerhalb der nächsten ein oder zwei Stunden mal hier aufschlug. Abgesehen von dem so dringend benötigten Gefäß für den Alkohol wollte ich außerdem noch ein paar Worte über Sabin mit ihm wechseln. Einfach nur um mich zu vergewissern, dass auch weiterhin Alles gut lief. Jedoch sollte Cosma nach ihrer nächsten, mehr schlecht als recht definierten Aussage immer noch nicht fertig mit ihren passiv-aggressiven Worten sein, klang sie doch nach wie vor eher gereizt. War mir persönlich nur leider egal. "Nein danke, ich verzichte. Dosis für heute schon erfüllt.", erwiderte ich also lediglich reichlich ironisch und indirekt, dass ich ganz einfach hier unten bleiben würde. Ich hatte mich vorhin ja nicht anstrengen müssen und geduscht hatte ich heute morgen schon, letzteres erübrigte sich also für mich. Zwar würde ich die Lederjacke und den Hoodie gleich erst einmal über einen der Stühle in der Küche hier unten bunkern, aber das schlichte, einfarbig dunkelgrüne Tanktop darunter sollte für eine Spelunke wie die hier gänzlich ausreichen. Außerdem brauchte ich sowas wie gehobene Klamotten gar nicht. Die zahlreichen Tattoos unter meiner Haut stachen in jedem kurzärmligen Oberteil so stark hervor, dass sie die Kleidung ganz einfach in den Hintergrund rücken ließen. Nachdem ich fast immer die meiste Zeit hinter der Theke stand sah man ohnehin nur selten mehr als meinen Oberkörper. Nachdem Cosma also abgezogen war schlug ich den Weg in die hinteren Räumlichkeiten ein und wurde meinen persönlichen Krempel dort los, bevor ich mich auch schon daran machte einen Teil der notwendigen Vorbereitungen für die spätere Arbeitszeit zu erledigen. Einfach deswegen, weil ich mich dann später nicht so hetzen musste und das Auffüllen der Getränke beispielsweise jetzt schon erledigt werden konnte. Die Cocktaildekoration in Form von Obst hingegen musste der Frische wegen noch bis nachher warten, aber nachdem ich die Handgriffe diesbezüglich schon ziemlich verinnerlicht hatte würde das später auch zügig vollbracht sein.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Seinen beschissenen Unterton konnte er sich sonst wo hin schmieren. Meine letzten Worte mochten vielleicht nicht besonders freundlich geklungen haben, aber ich hatte mir durchaus Mühe damit gegeben, hier keinen Streit anzuzetteln. Und er trat diesen Vorsatz förmlich mit beiden Füßen. Ich knirschte ja innerlich schon wieder mit den Zähnen, wollte darauf eigentlich noch etwas erwidern. Er konnte von Glück reden, dass die Tür hinter mir in ihrem Rahmen fiel, noch bevor ich mir entsprechende Worte zurecht gelegt hatte. Und das ich keinen Sinn mehr darin sah, noch einmal umzudrehen, nur um sie ihm dann an den Kopf zu werfen. So stapfte ich, ein paar Schimpfworte in mich hinein fluchend, also die zwei Schritte weiter zum Hauseingang, dessen Tür ich auf schloss, um ins Treppenhaus zu gelangen. Für die Stufen ließ ich mir nicht länger Zeit als es nötig war, weil ich so schnell wie möglich unter die Dusche wollte. Den Dreck, den ich zwangsläufig vom Aufenthalt im Wald mitgebracht hatte wollte ich nicht unbedingt mit in mein Bett schleppen. Noch auf dem Weg ins Badezimmer entledigte ich mich also meinen Klamotten, ließ sie achtlos auf dem Boden liegen. Wegräumen würde ich sie später und wenn sie Hunter stören sollten, lag es ganz bei ihm, mir dies abzunehmen. Nachdem ich das Wasser angestellt hatte, um es auf Temperatur kommen zu lassen, betrachtete ich mich beiläufig im Spiegel. Dabei fiel mir auf, dass ich noch immer den Dutt trug, weil mir die Haare beim Schießen nicht ständig ins Gesicht rutschen sollten. Ich löste den Zopf, schüttelte die Haare kurz auf und schlich mich dann unter das warm gewordene Wasser. Ab da verging der Rest des Tages dann eigentlich ziemlich schnell. Ich hatte etwas länger in der Duschkabine gestanden, auch wenn ich schon lange fertig gewesen war, bis ich mich endlich dazu überreden konnte, mich nur mit einem Handtuch bekleidet in mein Bett zu trollen. Vorher hatte ich noch etwa eine halbe Flasche Wasser abgezogen und zum Abend hin sollte der Schwindel dann, wie vorhergesagt, auch verschwunden sein.
Dass das Leben ein mieses Arschloch war, demonstrierte es einem ja wirklich mit jedem einzelnen, Gott verdammten Tag. Und mit welcher Härte es zuschlagen konnte, durfte ich heute am eigenen Leib spüren. Ich konnte nicht genau beziffern, wie lange ich jetzt hier schon in auf dieser schäbigen Couch in diesem schäbigen Apartment auf mein beschissenes Handy starrte, an dessen anderes Ende bis vor wenigen Minuten noch mein Mann mit mir geredet hatte. Leider war es keiner dieser Ich hoffe, es geht dir gut und du kommst bald wieder – Gespräche, sondern das Äquivalent dazu. Okay, vermutlich wünschte er mir nicht unbedingt etwas Schlechtes, aber mit der Trennung, die er mir gegenüber verkündet hatte, war es ihm wohl schlicht egal geworden, ob ich wieder kam oder hier oben in Norwegen kalt über einem Zaunpfahl hing. Seine Worte hallten noch jetzt in meinem Kopf wieder. Keine Gefühle mehr … so lange weg … Scheidungspapiere … unser Sohn … Es hatte mich sicher eine halbe Ewigkeit gebraucht, bis ich mich aus meiner Schockstarre gelöst hatte, nur um das Handy, was ich bis dahin in der Hand hielt, wütend durch das Wohnzimmer zu schmeißen. Es zerschellte mir gegenüber an der Wand und die Einzelteile lagen im Anschluss daran wild durch die Gegend verstreut. Anstatt sie aufzusammeln, trat ich sie nur so vor mich hin, als ich aufstand, um nachdenklich durch die Wohnung zu tigern. Irgendwie versprach der Tag heute seit Anbeginn nichts Gutes, aber das setzte dem Ganzen ja wirklich die Krone auf. Zum ersten Mal seit mittlerweile einigen Jahren, hatte ich mir von Sabins Zigaretten, die er auf dem Esstisch hatte liegen lassen, eine genommen, weil ich meine Nerven einfach mit irgendwas beruhigen musste. Ich war zwar noch nicht so weit, als das mir die Tränen über die Wangen liefen, aber das würde noch früh genug kommen. Erst einmal brauchte ich Zeit, das alles sacken zu lassen und richtig zu verstehen. Dann würde ich vermutlich wie ein Häufchen Elend irgendwo in einer Ecke meinen Gefühlen freien Lauf lassen. Bis dato hatte mich allerdings nur die Wut im Griff. Die Wut darüber, dass meine Arbeit mal wieder mein Privatleben kaputt gemacht hatte. War ja nicht so, als hatte ich eine solche Situation nicht schon einmal erlebt, aber mit meinem aktuellen Ehemann… beziehungsweise Noch-Ehemann hatte ich wirklich das Gefühl gehabt, dass es ihm nichts ausmachte und er damit leben konnte. Nicht zuletzt wegen unserem gemeinsamen Kind. Aber gut, so konnte man sich täuschen. Mal wieder. Mir ging gerade viel zu viel durch den Kopf, selbst als ich schon die Hälfte des Glimmstängels vernichtet hatte. Mit den ersten zwei Zügen hatte ich mir beinahe die Lunge aus dem Körper gehustet, ab dem dritten Zug war’s dann aber in Ordnung. Mein Blick wanderte angespannt durch die Gegend, während ich mich zwischenzeitig auf einem der Stühle rund um den Esstisch hatte fallen lassen. In mir kochte es, und ich verspürte den Drang, weitaus mehr als nur das Handy zu zerstören. Aber das ging nicht. Ich konnte mich von so einer Geschichte jetzt nicht von meinem Einsatz ablenken lassen. Ohnehin blieb mir nichts anderes übrig, als die Zeit lang und breit hier in Norwegen abzusitzen. Vorher brauchte ich nicht in die Staaten zurückkehren, es sei denn, ich wollte neben meiner Ehe auch noch meinen Job verlieren, der mir bis jetzt als kläglicher Rest geblieben war. Der Job… Norwegen… Kriminelle. Es kotzte mich gerade einfach Alles nur noch an. Auch wenn dieser Gedankengang nicht richtig und von Wut geleitet war, machte ich Sabin gerade vollumfänglich für meine Misere verantwortlich – schließlich musste ich ja wegen ihm hier in der kalten Gegend ohne meine Familie versauern – und er konnte wohl von Glück reden, dass er aktuell nicht da war. Andererseits hätte er wohl das ganze Gefühlschaos, was zur jetzigen Zeit in mir tobte, abbekommen. Der Filter war bereits angebrannt, als ich den kläglichen Rest der Kippe auf dem bloßen Esszimmertisch ausdrückte, damit eine Verfärbung und Deformierung der Tischplatte zu verantworten hatte. War mir aber scheißegal. Blind vor Wut und schon ein Stück weit verzweifelt hatte ich mir meinen Laptop aus dem Schlafzimmer geholt und mich im Wohnzimmer auf den Boden fallen lassen. Zuvor hatte ich mir allerdings eine Flasche Wein aus unserer Abstellkammer geholt, die ich nebenbei, ganz ohne Glas, Stück für Stück vernichtete. Während ich auf passiv-aggressivem Weg versuchte, an Informationen zu kommen, die diesem Einsatz hier endlich ein Ende bereiten konnte, leerte ich die erste Flasche und als ich ein Drittel einer zweiten in mich hinein gekippt hatte, machte ich eine wirklich interessante Entdeckung. Im Hintergrund hatte ich die internen Polizeimeldungen offen gehabt und ein Pop-Up in der unteren Ecke meines Bildschirms verriet mir in Stichpunkten, dass vor wenigen Tagen eine Leiche in Oslos Gassen, unweit der Bar, in der Sabin arbeitete, gefunden wurde. Weil ich insgeheim hoffte, eventuell die Lösung meines Problems – besser gesagt meines Vorhabens – gefunden zu haben, hatte ich mit einem siegreichen Grinsen den Artikel aufgerufen. Das Fahndungsfoto, welches mir mit den Einzelheiten zur Tat entgegen schlug, hatte ich so aber nicht erwartet. Meine Mundwinkel sackten augenblicklich wieder in ihre Ausgangsposition zurück, wenn nicht sogar noch ein Stück tiefer. Hunter, der auf den Aufnahmen sicher etwas jünger gewesen war, starrte mich mit dem typischen Blick eines Verbrechers an, der gerade drauf und dran gewesen war, in den Knast zu wandern. Security, hm?, dachte ich fassungslos. Um ehrlich zu sein, wurde ich ja tagtäglich belogen, war schon nichts Neues mehr. Aber in Anbetracht dessen, dass der Verlauf meines Tages heute allgemein eher nicht wirklich zufriedenstellend war, ließ mich hier beinahe auch noch den Laptop dem Erdboden gleich machen. Ich sprang auf die Füße, bereute es im nächsten Augenblick aber sofort, weil mein Kreislauf, der durch den Alkohol nicht mehr ganz so fit war, das gar nicht mal so geil fand. Deutlich signalisiert wurde mir das damit, dass ich mich schneller auf den Knien wieder fand, als ich gucken konnte. Grummelnd und leise fluchend schleppte ich mich auf allen Vieren bis zu meinen Schuhen, streifte diese nur dürftig über meine Füße und versuchte das Aufstehen dann ein Stück weit langsamer. Dieses Mal hielt ich mich zusätzlich an der Couch fest. In der Geraden stehend, gab ich mir selbst ein paar Minuten, ehe ich langsam einen Fuß vor den Anderen setzte. Im Vorbeigehen angelte ich, vollkommen abwesend, nach dem Autoschlüssel auf der Kommode neben der Haustür. Warum steht das Auto noch in der Einfahrt?, fragte ich mich im nächsten Moment, ehe mir einfiel, dass Sabin heute von dem Flitzpiepen abgeholt worden war, der mir dazumal in der Bar auf die Pelle gerückt war. Warum eigentlich? Was hatte er mit Sabin und der Bar zu tun? Warum holte er ihn ab? Fragen über Fragen, die ich in meinem Zustand jetzt wahrlich nicht alle sortiert bekam. Allen voran hätte ich mir nämlich erst mal die Frage beantworten sollen, ob es wirklich eine gute Idee war, mich jetzt ins Auto zu setzen. Der Alkohol hatte meine Sinne nämlich vollständig benebelt – war ich doch anfällig für einen Vollrausch. Immerhin hatte ich heute nur wenig gegessen und mein allgemeiner Alkoholkonsum hielt sich wirklich stark in Grenzen. Und zweieinhalb Flaschen Wein machten sich da einfach bemerkbar. Das war ein Fakt. Wie auch immer. Ich startete den Motor und schlug wenig später den direkten Weg zur Bar ein. Ich wollte Sabin fragen, ob er wusste, wo sich Hunter zurzeit aufhielt, weil mir in meinem Delirium die Schnapsidee – haha – kam, ihn sofort und am besten schon gestern zur Rede zu stellen. Meine Waffe hatte ich in der Aufregung natürlich daheim liegen lassen, aber wer brauchte die schon, wenn man ein paar gelallte Worte hatte. Das Geradeausfahren fiel mir verdammt schwer und ich war froh, dass es mitten in der Nacht war, weil ich sonst womöglich noch jemanden an- oder umgefahren hätte. Einen Poller hatte ich beim Abbiegen bereits gestreift, machte bei der Schrottkiste hier allerdings keinen großen Unterschied am Äußeren, wenn wir mal ehrlich waren. Nach etwa fünfzehn Minuten Fahrt stoppte ich die Karre mit einer Vollbremsung vor der Bar, in der ich bis jetzt keine so berauschenden Erfahrungen hatte sammeln dürfen, aber ich war ja auch nicht zum Vergnügen hier. Zielstrebig, wenn man das so nennen konnte, steuerte ich die Tür an, die ich mit aller Kraft aufschob, um mich dann in die Menschenmasse zu begeben, die sich dahinter befand. In meinem Zustand brauchte es leider etwas, bis ich den Weg an den Tresen bestritten hatte. Entgegen meiner Erwartungen befand sich aber kein Sabin hinter der Theke, um Gläser abzutrocknen, sondern das Objekt meiner Begierde mitsamt der Chefin des Hauses. Wenn ich schlau gewesen wäre und dazu noch weniger besoffen, hätte die Sache hier richtig gut werden können. So mit SEK Einsatz, ich als Heldin Norwegens, weil ich den Mafiaboss schlechthin hinter Gitter gebracht hatte, aber ja… wenn das Wörtchen wenn nicht wär‘, dann wär‘ mein Vater Millionär oder so etwas in der Richtung. Denn statt ruhig und koordiniert mir erst mal die Frage zu stellen, wo Sabin eigentlich abgeblieben war, fegte ich mit den Armen ein paar der Barhocker aus dem Weg. „Du Mörder!“, fluchte ich, der lallende Unterton begleitete meine Ansprache ehrenvoll. Zu meiner Verteidigung: Ich hatte nur das Bild, in Zusammenhang mit der Leiche gesehen. Dass Hunter eigentlich noch ein viel längeres Strafregister hatte, war mir zu dem Zeitpunkt gar nicht bewusst. „Du Gott verdammter Mörder. Security, ja? Wen willst du eigentlich verarschen, hm?“, wiederholte ich meine ersten Worte noch einmal, hängte aber als Krönung noch ein paar weitere, nicht weniger betrunken klingende, Frageworte hinten dran. Dabei hielt ich mich stets an der Theke fest, weil ich mich momentan nicht mehr darauf konzentrieren konnte, hier jemanden anzuschreien und zeitgleich noch gerade stehen zu müssen.
# Is it all a tragedy? Are we flashes in a rut going in and out of luck? Maybe. #