Na klar, was auch sonst. Ich mochte ja am Arm stark lädiert sein, aber ich war nicht plötzlich geistig behindert und ließ mich deshalb von ihr hier überrumpeln. Es brauchte schon etwas mehr als den Einschuss am Arm, damit ich mich von einer zierlichen Gestalt wie Cosma einfach killen ließ. Schmerzen hin oder her, im Kampf waren die meist nicht sehr relevant, weil sie dank dem guten Adrenalin mehr oder weniger aussetzten. Sehnen waren, soweit wie ich das als Nicht-Arzt beim Bewegen beurteilen konnte, keine betroffen, hatte die Kugel doch recht weit außen gesteckt. Ich war also nicht grundlegend verkrüppelt, es würde mir höchstens der Blutverlust zu schaffen machen. Mit Jemandem wie der Rothaarigen hier, die im Kampf sehr wahrscheinlich gänzlich unerprobt war, wurde ich also ganz sicher noch fertig. "Jaaa... träum' weiter.", war also Alles, was ich kopfschüttelnd dazu sagte, bevor ich aus dem Fenster in die Dunkelheit sah. Meine Paranoia zwang mich dazu, immer wieder einen Blick nach draußen zu werfen, obwohl ich mir sehr sicher war, dass keinerlei Bullen heute noch hier auftauchen würde. Weder heute, noch an irgendeinem anderen Tag. Sie hatten in den letzten Jahren kein einziges meiner Verstecke ausgehoben und würden auch jetzt nicht plötzlich hier antanzen. "Sonst noch Wünsche, Prinzessin?", schnaubte ich bei Cosmas folgenden Worten prompt. Sie musste wirklich dämlich sein, wenn sie tatsächlich glaubte, ich würde mit Irgendjemandem einfach so meine Beute teilen. Zwar war zu hören, dass sie die Worte nicht unbedingt ernst gemeint haben konnte, aber dennoch schüttelte ich entschieden den Kopf. "Also auch mal davon abgesehen, dass die zwei im Gegensatz zu mir kläglich versagt haben, lautet die Antwort eindeutig nein.", redete ich weiter, bevor ich den Kopf wieder in ihre Richtung drehte und mich im Anschluss leicht von der Theke abstieß, um nach kurzem Gesichtverziehen mit der Flasche im Schlepptau rüber zum Sofa zu gehen. Ich hielt aber doch deutlich Abstand zu Cosma, als ich mich ebenfalls langsam auf jenem Polster niederließ. "Du kannst dich schonmal drauf einstellen, hier zu bleiben... zur Sicherheit. Ich weiß noch nicht, ob dein Gesicht auf irgendeiner Kamera zu sehen ist und bis dahin bewegst du dich hier nicht weg.", stellte ich die junge Frau dann vor vollendete Tatsachen. Ich hatte auch bei der Polizei einen geschmierten Kontakt, der mir dahingehend immer zügig Informationen lieferte, wenn er merkte, dass ich irgendwo mit verstrickt war. Meistens war zwar mein Hackerkollege weitaus schneller, aber ich war gerne doppelt abgesichert. Keine halben Sachen zu machen war schließlich mein Erfolgsrezept.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Na, was hatte ich gesagt? Gott, bei Hunter musste man wirklich verbal hinten dran hängen, dass es sich bei manchen Aussagen um einen Spaß, einen Witz oder Dergleichen handelte, denn anders schien er das immer ein Stück weit zu ernst zu nehmen. Ich verdrehte etwas genervt die Augen, auch wenn das Grinsen weiterhin Einzug in meinem Gesicht hielt. Ich folgte dem jungen Mann mit meinem Blicken bis zum Fenster, wo er fast schon etwas nervös nach Bullerei oder anderweitigen, nicht erwünschten, Personen Ausschau hielt. Als er sich sicher zu sein schien, dass uns keiner bis zum Haus gefolgt war, ließ er sich langsam neben mir auf dem Sofa nieder und unterbreitete mir gerade so mir nichts, dir nichts, dass ich mir das mit dem nach Hause gehen heute abschminken konnte. Zwar waren meine Sinne immer noch ein Stück weit betäubt, aber ich war mittlerweile wieder in der Lage, klare Gedanken zu fassen und das, was er da gerade von sich gab, passte mir gar nicht, wischte mir das Grinsen direkt von den Lippen. Ich quittierte die Aussage sogleich mit tief ins Gesicht gezogene Augenbrauen, noch bevor ich deutlich angepisst zu ein paar Worten ansetzte. Vorab musste ich ja sagen, dass ich schon verstand, warum er solche Vorkehrungen treffen wollte und auf der einen Seite war ich ja auch selber Schuld, war ich ja diejenige gewesen, die sich mit einer Selbstverständlichkeit ins Auto verkrochen hatte, wie kein Zweiter. Aber das war gar nicht der Punkt. Es störte mich einfach die Tatsache, dass er sich allen ernstes das Recht raus nahm, mir zu befehlen, wo ich mich aufzuhalten hatte. "Das kannst du knicken.", antwortete ich mit der gewohnten Zickigkeit in der Stimme, die er von mir immer kassierte, wenn er in der Bar mir gegenüber einen blöden Spruch brachte. Ich hatte seine, wohl ohnehin nicht sonderlich ernst gemeinte, Frage vorab ignoriert, auch die Titulierung, die aus seinem Mund so abwertend klang, aber ja, wenn das so war, hatte ich da durchaus noch einen Wunsch. Und zwar relativ bald wieder hinter der Theke zu stehen. "Die Bar ist noch geöffnet und ich muss zurück. Ich kann Sabin nicht die ganze Nacht alleine lassen, du hast gesehen, wie da mal wieder die Hölle los ist.", beantwortete ich also etwas verspätet die Frage, hob grummelnd eine Augenbraue. Ich wusste nicht, ob das noch am restlichen Kokain oder einfach meiner sehr temperamentvollen Art lag das mich alleine sein Ton in Zusammenhang mit einer unglücklichen Wortwahl schon wieder der Tobsucht Nahe brachte. Aber dieser Befehlston kotzte mich einfach an, noch dazu war meine Einstellung ihm gegenüber ja auch eher so lala. Hätte er mich einfach wie ein normaler Mensch und nicht wie ein Mafiaboss darum gebeten, heute Nacht hierzubleiben, der Sicherheit wegen, dann wäre ich vermutlich trotzdem genervt, aber deutlich weniger angepisst gewesen und hätte womöglich ganz anders reagiert. Aber so..? Nein, weigerte ich mich. Ganz einfach. Und auch meine Haltung, die ich annahm - vor der Brust verschränkte Arme, den Kopf mit der Nase oben und mich ihm im Allgemeinen eher abgewandt - sollte ihm das deutlich signalisieren.
# Is it all a tragedy? Are we flashes in a rut going in and out of luck? Maybe. #
Wie konnte eine einzige Person eigentlich so furchtbar anstrengend sein? Frauen waren in meinen Augen, wenn man mich länger als für Sex nötig mit ihnen beschäftigte, zwar sowieso das grundlegend sehr viel mehr Nerven zerreißende Geschlecht, aber Cosma setzte dem Ganzen wirklich absolut die Krone auf. Ich hatte noch nie in meinem ganzen Leben einen dermaßen leicht reizbaren Menschen gesehen. Nein, ich zählte in meiner eigenen Wertung selbstverständlich nicht. Immerhin empfand ich mich selbst nicht als nervig, lediglich vielleicht als dauergenervt. Aber das war ja nicht mein Problem, sondern das meiner Mitmenschen. "Meine Fresse, du tust so als hätte ich dir gerade gesagt, dass ich dich hier vergewaltigen will.", erwiderte ich grummelnd, absolut verständnislos und sichtlich entnervt, hob meine rechte Hand und rieb mir für ein paar Sekunden die Schläfen. Sie konnte mich hier anbrüllen wie sie wollte, ich würde die junge Frau keinen einzigen Schritt vor die Tür machen lassen. Es war nicht der verdammte Weltuntergang, wenn Sabin für eine Nacht mal alleine die Bar schwang. Meines Wissens nach hatte Cosma vorher doch auch keine zweite Hand gehabt und Alles alleine geschmissen, warum sollte der Italiener dazu nicht fähig sein? Er arbeitete jetzt wirklich schon lange genug hinter der Theke. Notfalls sollte Richard im hinteren Bereich ein paar Kästen hin und her tragen, es gab da echt genug Mittel und Wege. Eine Nacht den Laden zumachen würde sie im Notfall auch nicht umbringen, sie kratzte schließlich nicht am finanziellen Ruin. "Sag Sabin einfach Bescheid und frag Richard, ob er hilft.. die Bullen sollten echt dein größeres Problem sein. Ich glaube kaum, dass die den Mord unter Notwehr einstufen werden, wenn sie dich einsammeln. Unter Drogeneinfluss erst recht nicht. Ich lass' mich ganz bestimmt nicht wegen deiner Leichtsinnigkeit hinter Gitter bringen.", grummelte ich weiter vor mich hin, hielt sie mit verengten Augen im Blick. Sie konnte sowieso Nichts an den Tatsachen rütteln, warum diskutierte sie überhaupt schon wieder mit mir? Müsste Cosma nicht inzwischen wissen, dass das in absolut allen Fällen komplett sinnlos war?
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Das Schlimmste an seiner Art war ja, das es ihn absolut nicht interessierte, wenn man etwas gegen seine Anordnungen hatte und sich entsprechend zu Wort meldete. Wenn er sagte, jemand solle springen, erwartete er in der Regel, dass sein Gegenüber lediglich fragte, wie hoch. Aber das konnte er sich bei mir von der Backe schmieren und an diesem Punkt fragte ich mich wirklich, wie oft ich ihm das noch klar machen musste, bis er es endlich einsehen würde. Vermutlich wäre ich damit für den Rest meines Lebens beschäftigt, weil er mindestens ein genauso großer Sturkopf war wie ich selbst. Nach wie vor ging es mir nicht darum, dass er mich bat hierzubleiben, sondern wie er es tat. Was er da sagte, stimmte ja. Wenn mich die Bullerei auflesen würde, hatte ich unter Umständen ein echtes Problem, aber mein Stolz war viel zu groß, als das ich das in dieser Situation einsehen wollte. "Weißt du, Hunter, wenn du manchmal einfach einfach ein kleines bisschen freundlicher wärst, dein verkrüppeltes Herz das für einen Gott verdammten Moment erlauben würde, wäre ich auch nicht immer diejenige, die dir so unheimlich auf den Sack geht. Es geht mir nicht darum, hierzubleiben." - dass er Recht mit all dem hatte, was er gerade äußerte, sprach ich jetzt nicht aus. Konnte er sich aus dem Satz ja wohl herleiten - "Ich weiß, dass Sabin die Bar auch alleine schmeißen kann, aber ich habe schlicht und ergreifend keine Lust, meine Nacht mit einem emotionslosen Vollarsch zu verbringen, der ohnehin nicht einsieht, dass es auch Leute gibt, die nicht nach seiner Pfeife tanzen und aus diesem Grund werde ich jetzt gehen.", fauchte ich wütend und erhob mich langsam, aber bestimmt von der Couch. "Außerdem brauchst du mich nicht für blöd zu verkaufen. Jemanden unter Drogeneinfluss abzuknallen, gibt immer noch weniger Haftstrafe, als wenn du clean bist. Und die paar Jahre Psychiatrie könnten mir eventuell helfen, meine Kraft endlich nicht mehr an solche Idioten wie dich zu verschwenden.", fügte ich genervt noch ein paar Worte hinten dran, während ich im Türrahmen zwischen dem Wohnzimmer und dem Flur zum Stehen kam. Jedes Mal, wenn ich mit Hunter diskutierte, ja gar stritt, schien ich um ein paar Jahre zu altern. Der Stress schwemmte gerade auch das letzte bisschen Kokain aus meinem Körper, machte mich unglaublich müde. Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn ich mich hier jetzt einfach hinlegen würde. Aber aus Prinzip würde ich nicht ohne Proteste hierbleiben. Und vielleicht ließ er mich ja doch einfach ziehen, weil ich ihm einfach zu viele Nerven kostete. Wäre nett, würde wohl aber nicht so weit kommen.
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Mindestens für den Bruchteil einer Sekunde dachte ich wirklich darüber nach, einfach nach meiner Pistole zu greifen und mein Toten-Konto weiter zu füllen. Ich hatte keinen Schimmer davon, bei welcher Zahl ich da inzwischen eigentlich stand, aber ein einziger Kopf mehr oder weniger würde den Kohl sicher nicht fett machen. Außerdem wäre ich dann ein furchtbar nerviges Problem los, das sich in letzter Zeit viel zu vehement damit beschäftigte, mir meine meistens schon im Voraus schlechte Laune noch weiter zu versauen. Meine wahnsinnig dünnen Nerven als gespanntes Drahtseil zu nehmen und darauf Saltos zu schlagen war einfach keine Sache, die lange gut gehen konnte. Spätestens dann nicht mehr, wenn ich betrunken war. "Mit Freundlichkeit macht man sich in Oslo aber keinen Namen. Du verhältst dich doch selber absolut immer, wenn ich dich sehe, wie der Elefant im Porzellanladen, also was willst du grade eigentlich genau von mir?" , fragte ich die Rothaarige spöttisch. Sie konnte mich für so emotional verkrüppelt halten wie sie wollte, es kümmerte mich genauso wenig wie bei jeder anderen Person, die mir über den Weg lief. Das war keine Sache, mit der sie mich treffen konnte, war ich dahingehend doch schon sehr lange extrem abgestumpft. Mit dem Aufstehen machte Cosma allerdings einen schwerwiegenden Fehler. Sie hätte mich wohl beleidigen können wie sie wollte, von mir aus auch die ganze Nacht lang, es hätte mich nicht wirklich gekümmert. Extrem genervt, aber damit wäre ich vermutlich noch klar gekommen. Dass sie sich jedoch auch noch mit Taten und nicht nur mit Worten meiner Anweisung widersetzte, brachte das ohnehin immer sehr volle Fass direkt wieder zum Überlaufen. Im Grunde schaltete ich bei absolut Allem, was sie danach sagte, schon komplett auf Durchzug. Meine Schulter sagte bei dem hektischen Aufstehen meinerseits gleich wieder Bescheid, dass sie das nicht in Ordnung fand, aber die Wut, die durch meine Adern zu kochen begann, ließ mich das schnell wieder vergessen. Ich packte den rothaarigen Teufel kurzerhand am Oberteil und zog sie daran zurück ins Wohnzimmer, bevor ich mich vor sie stellte und sie mit dem Zeigefinger mittig zwischen den Schlüsselbeinen zurück in Richtung Sofa zu schieben begann. "Jetzt hör' mir mal zu... erstmal ist es mir komplett scheißegal, was du von mir hältst. Nur, um das klarzustellen. Und zweitens bin ich nicht dein gottverdammtes Problem. Ich weiß nicht, warum du dir sei X Tagen ständig die Birne wegschießt, aber vielleicht solltest du eher bei den Ursachen dafür ansetzen, statt deinen Frust an mir auszulassen. Ich werde ganz bestimmt nicht in den Knast wandern, weil du nicht klar denken kannst. Also tu uns beiden den Gefallen und halt' die Füße still. Ich hab' nämlich absolut keine Lust dazu, dich auch noch vom Boden kratzen zu müssen.", redete ich nicht gerade leise und völlig in Rage vor mich hin, bevor ich der schlanken jungen Frau einen ordentlichen Schubs verpasste, um sie mit Schwung zurück aufs Polster des Sofas zu befördern. Womit hatte ich das jetzt eigentlich schon wieder verdient?
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Es gab in meinem Leben relativ selten Situationen, in denen ich etwas ernsthaft bereute. Hunter seinen Arsch gerettet zu haben war seit Langem mal wieder einer dieser Ausnahmen, die mein Blut gerade zum Kochen brachte. Hätte ich jetzt aus einer Wunde geblutet, wäre sie vermutlich ausgebrannt, so heiß kochte das lebenserhaltende Element in meinen Adern. Von außen musste ich das Bild eines kleinen, rothaarigen HB Männchens machen, welches kurz davor stand, richtig durch die Decke zu schießen. Alleine seine Worte, die er mir noch vor seinen Taten offenbarte, reichten schon aus, dass ich am liebsten explodiert wäre, aber als er mich am Oberteil zu sich zurück zog, nur um noch ein paar weitere leere Worte folgen zu lassen, setzte dem Ganzen die Krone auf. Hätte er mich nicht am Ende seines letzten Satzes auf die Couch zurück befördert, wäre ich wohl wie ein wild gewordener Stier, angestachelt von den roten Haaren, die mir wirsch im Gesicht hingen, auf ihn zu gerannt und hätte versucht mit dem, was ich hatte, irgendwas anzurichten. Ob ich jetzt ausgetreten, gebissen oder gekratzt hätte... war mir scheißegal, Hauptsache das Ventil war geöffnet und der Dampf konnte entweichen, bevor ich mit Schnappatmung zu Boden ging. Als er mit seiner Ansprache fertig war, rappelte ich mich wieder auf die Beine. Ich war logischerweise nicht größer als er und auch von auf Augenhöhe sein war ich weit entfernt, aber die Blöße geben, ihn ganz unterwürfig von unten heraus eine Kante ans Schienbein zu nagen, wollte ich schlicht auch nicht. Ich baute mich also, so gut es eben ging, vor ihm auf, schnaubte wütend. "Es ist mir grundlegend so scheißegal, mit was du dir auf der Straße einen Namen machst. Ich erwarte auch nicht, dass du jeden, der dir über den Weg läufst mit einem Handkuss empfängst. Aber zumindest mir gegenüber ein wenig netter zu sein, würde dir und mir Einiges ersparen." Auf seine Aussage, dass ich ja nicht besser war, konnte ich nur den Kopf schütteln. "Wie es in den Wald hinein schallt, Hunter. Wärst du nicht wie der König von Mallorca in meine Bar stolziert und hättest dich nicht aufgeführt wie der große Zampano, wäre ich dir um ein Vielfaches freundlicher entgegen getreten. Aber ich habe keinen Respekt vor Jemanden, der mir selbst keinen Respekt entgegen bringt. Keine Ahnung, ob es an der Tatsache liegt, dass man sich damit keinen Namen macht", ich untermauerte die letzten Worte mit Gänsefüßchen, die ich mit den Händen neben meinem Kopf imitierte. "Oder schlicht weil ich eine Frau bin, aber es ist mir schlicht auch absolut egal. Genau so, wie es mir egal ist, dass du mir jetzt sicher schon zum siebten Mal sagst, wie wenig dich meine Meinung interessiert. Ich hab vielleicht ein Rad ab, ja, aber ich bin nicht taub. Da brauchst du nichts klar stellen, weil ich's schlicht schon weiß, Herrgott noch mal. Und trotzdem stehe ich hier und diskutiere mit dir. Find' dich damit ab oder lass' mich gehen." Mittlerweile war ich diejenige, die wütend mit dem Finger auf seiner Brust herum tippte. Blieb nur noch das letzte Thema, welches wir abfrühstücken mussten. Mein ziemlich offensichtliches Drogenproblem. Aber auch dafür hatte ich eine Erklärung parat. Wenn er behaupten konnte, dass ich von von Anfang an schon miesepetrig zu ihm war, durfte ich mir auch eine schöne Geschichte ausdenken. Ob sie nun stimmte oder nicht war ja irrelevant, richtig? "Was die Drogen angeht... schöne Doppelmoral, Hunter. Da haben wir es wieder. Ganz beispielhaft. Du darfst deine Sorgen in Alkohol und Drogen ersticken, lässt deinen Frust dennoch an deren aus, aber wenn ich das mache, ist das ein Grund, mich darauf anzusprechen? Ich bitte dich. Kümmer dich lieber um dein eigenes Drogenproblem, ich habe meins ganz gut im Griff, danke für die Fürsorge.", es schwang ein ziemlich zynischer, teils ironischer Unterton mit und ich hatte die Arme mittlerweile wieder vor meiner Brust verschränkt. Bitte, bevor er mir Vorwürfe machte, sollte er lieber mal vor seiner eigenen Haustür kehren.
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Nein. Das war eigentlich auch schon Alles, was ich zu diesem vollkommen unnützen Gerede hier überhaupt noch aktiv beitragen wollte. Es schien nämlich vollkommen egal zu sein, was ich überhaupt sagte. Dieses zum einen Ohr rein und zum anderen gleich wieder raus beruhte hier offenbar nämlich sehr stark auf Gegenseitigkeit. "Ich habe es aber ganz einfach nicht nötig zu Ratten wie dir auch nur ansatzweise nett zu sein. Ich bin dann, und nur dann zu Personen nett, wenn sie es sich verdient haben. Keine Sekunde früher. Leute, die andere verpfeifen, stehen in dieser Rangliste sehr weit unten, musst du wissen.", lachte ich bitter und spielte damit auf die Geschichte mit Tauren an, bevor ich auch schon nach ihrem Handgelenk griff, weil mir das hier wirklich zu bunt wurde. Es reichte einfach, der Bogen war schon lange überspannt. Ich beschloss deshalb, dass sie ihren Gefallen mit all den unangebrachten Worten mir gegenüber gerade ganz einfach verspielt hatte. Von einem wütenden Zwerg wie diesem hier würde ich mir weder jetzt, noch irgendwann in Zukunft auf der Nase herumtanzen lassen. Also zog ich Cosma ganz einfach am Arm hinter mir her, als ich den Weg in den Flur einschlug und die Tür anstrebte, die in den Keller führte. "Weißt du, Cosma... der Unterschied zwischen uns beiden ist, dass ich Andere auch nüchtern umbringe. Und vielleicht auch, dass ich mir keine Line ziehe, nur weil ich fast gestorben wäre und mein Exfreund aufgetaucht ist. Von mir aus kannst du koksen bis du verreckst, dann hab ich ein Problem weniger. Außerdem solltest du froh sein, dass ich nicht damit aufhöre. Auf Entzug willst du mir noch weniger begegnen als in diesem Zustand.", redete ich jetzt wieder ein klein wenig ruhiger, aber durchweg sarkastisch vor mich hin, während ich das kleine Miststück hinter mir die Treppe nach unten zerrte. Das allein war nie ein gutes Zeichen und sprach dafür, dass ich etwas im Schilde führte, das mir sehr sicher zeitnah Ruhe einbringen würde. Also vielleicht keine wortwörtliche Ruhe, aber zumindest angenehme Einsamkeit. Unten angekommen schlug ich den Weg in den relativ schmalen Gang ein, der insgesamt vier Türen aufwies. Allerdings Gittertüren, keine richtigen. Das würde aber vollkommen reichen, um das kleine Biest hier unten so lange festzuhalten, wie mir der Sinn danach stand. Einer der Abteile war komplett leer, weil ich gerne Ordnung hatte und bisher keine Verwendung dafür gefunden worden war. Kam mir jetzt sehr gelegen, als ich das schon halb offene Gitter aufriss und Cosma einfach hinein stieß. Frau eben. Schwach, nervtötend, unbrauchbar, wehrlos. Ich zog das Gitter wieder zu und es fiel ins Schloss, war ab da dann nur noch mit Schlüssel zu öffnen. Fenster gab es keine im Keller, war also reichlich trist und aussichtslos. "Das ist dein Gefallen. Dass ich dir nicht einfach eine Kugel in den Kopf jage, statt mir auf diese Weise meine Ruhe zu holen. Hier kannst du schreien und mit dir selbst diskutieren so viel du willst, es wird kein Schwein hören. Ich bin raus, alter.", wetterte ich vor mich hin, als ich mich schon wieder umdrehte und ins gegenüberliegende Abteil ging, um nachzusehen wie viel Munition noch da war. Ein paar wenige Minuten hatte Cosma aufgrund dessen also noch Zeit, um mir an den Kopf zu knallen was sie wollte, auch wenn sie ab jetzt sowieso auf ziemliche Ignoranz stoßen würde. Das nächste Haus war genau 4,713 Kilometer entfernt und die Wände dick. Es müsste schon Jemand direkt am Haus vorbeigehen, um Irgendwas von dem Tumult hier mitzubekommen. Das war so eines der entscheidenden Auswahlkriterien für diese Immobilie gewesen. Alleinlage war immer gut.
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Hunters Reaktion auf meine Worte war genau das, was ich erwartet hatte. Nur weil er keine Lust darauf hatte, vielleicht auch keine weiteren Argumente, diese Diskussion weiterzuführen, ließ er lieber Taten sprechen. Es war so unglaublich bitter, dass er sich scheinbar nicht anders zu helfen wusste, als mich wie einen räudigen Köter einfach wegzusperren, um seine Ruhe zu haben. Aber was hatte ich erwartet? Ehrlich gesagt nicht viel. Maximal noch, dass er mich erschießen würde, aber aus irgendeinem Grund war ich ihm dafür dann wieder nicht gut genug. Ich musste zugeben, auf Dauer hätte ich lieber das Metall in meinem Schädel gehabt, als im Keller hinter ein paar Gitterstäben mein Dasein zu fristen. Aber das hatte durchaus noch andere Gründe. Mir machte es nichts aus, in Isolation zu leben. Mein Leben in Oslo war ja im Prinzip nichts anderes gewesen. Das Hin- und Herpendeln zwischen der Bar und meiner Wohnung zeugte für mich jetzt nicht unbedingt von einem erfüllten Leben, aber was soll's. Ich ließ ihn jetzt einfach in dem Glauben, dass er mit dieser Aktion die Überhand über diese Diskussion hatte, als er mich die Treppen nach unten in den Keller zerrte. Auf dem Weg hier runter hatte ich ihm zwar noch etliche Beleidigungen an den Kopf geworfen, mich mehr oder weniger mit allen Mitteln gegen den Druck um mein Handgelenk gewehrt, aber machten wir uns nichts vor. Er war mit einem Arm noch immer stärker, als ich es mit vier gewesen wäre. Dennoch wollte ich meinem Ärger noch mal richtig Luft machen, bevor die Gitterstäbe vor meiner Nase ins Schloss gefallen waren. Tja. Und da stand ich nun. Inmitten einer kleiner Zelle, ohne Licht, sauber würde ich es auch nicht nennen, aber ich lebte. War ja immerhin etwas. Bedauerlich - aber ich wollte mich nicht beschweren. Man könnte meinen, ich wäre gerade für das, was heute auf der Straße passiert ist, in den Bau gewandert, denn viel anders würde es in einem richtigen Knast wohl auch nicht aussehen. Mit einem Schnauben trat ich die Schritte, die ich in die Zelle hinein gestolpert war, wieder an die Gitterstäbe heran, um meine Arme durch die Streben zu schieben und mich so auf dem Metall, welches sich horizontal durch die Tür zog, abzustützen. Ich beobachtete den jungen Mann, der vollkommen in Rage gegenüber noch Irgendetwas zu suchen schien, mit einem müden Grinsen. Mein Verhalten war schon auf den Treppenstufen um ein Vielfaches ruhiger geworden, schlicht weil ich es langsam nicht mehr einsah, meine Kraft an einen solchen Vollidioten zu verschwenden - außerdem brachte es mir hier unten wohl auch nichts mehr. Das, was er mir an Vorwürfen gegen den Kopf knallte, waren ein paar haltlose Wörter, die man auf ihn genauso gut hätte reflektieren können. Ich wollte nicht wissen, wie viele Drogen er schon zu sich genommen hatte. Oder wie viele Leute er schon verkauft hatte, für ein paar Informationen, die in diesem Augenblick vielleicht essenzieller gewesen waren, als das Leben eines seiner Handlanger. Er konnte mir hier gerne vorspielen, dass er ja so loyal war, wie kein Zweiter und wie froh ich doch bitte sein soll, dass er mich noch nicht über den Haufen geschossen hatte. Pff. Entsprechend entspannt, konnte man meinen, waren meine Worte, als ich nach einem kurzem Moment des Schweigens zum Reden ansetzte. "Weißt du, Hunter. Das Ganze hier...", ich spreizte die Arme so weit es mir durch die Gitterstäbe hindurch möglich war, um das Bild dieses Raumes zusammen zu fassen. "... spricht für mich schon Bände. Ich spare es mir, mich für deine Anspielungen und Anschuldigungen zu rechtfertigen. Wir wissen ja beide, dass dich das nicht interessiert. Aber ich weiß für mich jetzt ganz eindeutig, dass es bei dir definitiv tiefgehende Gründe hat, warum du so eine schwache Persönlichkeit hast.", beendete ich das Gespräch schließlich, löste mich dann wieder von der Tür, um mich inmitten des Raumes auf den Boden zu setzen. Andere Optionen hatte ich ja nicht, aber stören tat mich das auch nicht unbedingt. Ich zog meine Beine in einen Schneidersitz, was zur Folge hatte, dass das kleine Tütchen mit dem Kokain aus der Hosentasche gedrückt worden war. Wenn mir also zu langweilig wurde, hatte ich immerhin noch ein bisschen Beschäftigung.
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Wie bereits erwartet hielt die freche Göre auch jetzt nicht den Mund, wo sie augenscheinlich doch ohnehin Nichts mehr mit ihren Worten ausrichten konnte. Alles Andere hätte aber vermutlich sogar auch für leichte Verwirrung meinerseits gesorgt, wenn ich mal ganz ehrlich war. Allerdings ließen mich ihre Worte nur leicht lachen, während ich den Stoff der Abdeckung auf den Kisten bei Seite zog und anfing letztere durchzuzählen. Genaueres stand zwar nicht auf den Kisten, nach außen hin war nicht erkennbar was sich darin befand. Lediglich nummeriert waren sie, aber für involvierte Leute reichte das ja auch gänzlich aus. "Wie gut, dass Schwäche bekanntlich immer im Auge des Betrachters liegt.", redete ich vor mich hin, während ich gedanklich weiter zählte. Ich würde gar nicht behaupten wollen, dass ich der Terminator persönlich war, auch wenn ich mich manchmal tatsächlich so fühlte. Es gab sehr wohl auch in meiner Psyche noch Knackpunkte, die mich durchaus zusammenbrechen lassen könnten, wenn Jemand intensiv genug darin herumstochern würde. Oft wollte ich das nicht wahr haben und mein gestählter Körper wusste viel auszugleichen, weshalb ich das Training auch nicht oft vernachlässigte, sondern so gut wie möglich jeden Tag irgendwo einschob. Aber Alles konnte auch ein intensives Trainingsprogramm nicht ausgleichen. Das war so einer der Gründe, warum ich im Grunde keiner einzigen Menschenseele etwas über mich verriet, seit ich in Oslo mit dem Aufbau meines kleinen Imperiums begonnen hatte. Wissen war Macht und ich würde auch in Zukunft tunlichst vermeiden, dass Informationen über meine Person in falsche Hände gelangten. Wenn mich selbst die Psyche mal wieder für ein, zwei Tage dahinraffte und kurz davor war mich außer Gefecht zu setzen, weil ich mich selbst schlicht nicht mehr ertrug, gönnte ich mir eben die eine oder andere chemische Substanz, die mich ins vorübergehende Delirium beförderte, um mich danach wieder atmen lassen zu können. "Das ist wohl die einzige kleine Sache, die wir beide gemeinsam haben...", setzte ich inzwischen wieder recht ruhig klingend zu einem neuen Satz an, als ich nach ein paar Minuten mit dem Zählen fertig war und die Kisten abdeckte. "...wir erzählen am besten gar Nichts über uns selbst und ziehen bei Anderen gerne eigene Schlüsse, ohne vorher danach zu fragen, weil wir hoffen einen wunden Punkt zu treffen, der uns einen Vorteil bringt.", vollendete ich den Satz mit einem Hauch Ironie, als ich das Abteil mit der Munition verließ und streifte Cosmas Blick nur für eine Sekunde, bevor ich mich weiter in Richtung Treppe bewegte. In 99% aller Fälle funktionierte eine solche Taktik auch einwandfrei, nur in diesem schubsten wir uns eher nur immer wieder gegenseitig mit dem Gesicht an die Wand, ohne weiter zu kommen. Das Einzige, das wir sonst noch gemeinsam hatten, war wohl unsere Vorliebe dafür unser Gegenüber anzuschreien. Aber ich kam mit beiden dieser Charakterzüge meinerseits klar und fand das demnach vollkommen in Ordnung.
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Da mochte er Recht haben, aber für mich war das ganz einfach ein Fakt. Kein anderer, halbwegs normale Mensch, den ich bis jetzt kennen gelernt hatte, reagierte so empfindlich bei jeglicher Art von Diskussion. Für mich hatte sich das Ganze aber auch erledigt, ob er da jetzt etwas drauf erwiderte oder nicht. Ich hatte einfach keinen Bock mehr, meine Zeit damit zu verschwenden, mir den Mund fusselig zu reden. Zwar hatte ich Zeit jetzt erst einmal genug, Unterhaltungen waren so ziemlich das Einzige, womit man sich hier unten die Langeweile vertreiben konnte, aber dafür mochte ich meinen Gesprächspartner schlicht zu wenig. Sollte er einfach gehen und mir, wie ihm auch, Ruhe lassen. Es schien auch nicht mehr lange zu dauern, bis er mit dem, was er gemacht hatte, fertig wurde. Von meiner Position aus konnte ich nur bedingt etwas erkennen, lediglich die Kisten, in denen er kurzzeitig rumwühlte, waren gerade noch so in meinem Sichtfeld. Während ich ihn dabei beobachtete, wie er alles wieder so hinrichtete, wie es vorher auch ausgesehen hatte, löste ich meine Beine wieder aus dem Schneidersitz, nur um sie kurz darauf anzuwinkeln und meine Arme locker auf den Knien abzulegen. Was seine Worte anging, entlockte er mir dadurch doch ein ernsthaftes Grinsen, mit dem ich ihn von unten aus ansah, als er sich noch ein letztes Mal in meine Richtung drehte, meinen Blick dabei nur flüchtig streifte. "Ich befürchte, wir haben so Einiges gemeinsam, ob dir das passt oder nicht.", antwortete ich nur knapp und meinte damit nicht zuletzt unsere kriminelle Ader und unseren Dickkopf. Ich vermutete ganz stark, dass Hunter und ich eines Tages eines total hirnrissigen Todes sterben würden. Vielleicht, weil wir im falschen Moment etwas Unpassendes sagten oder sowas Bescheuertes. Jedenfalls hatte er mittlerweile die Treppe erreicht, was für mich hieß, dass hier wohl gleich die Lichter ausgehen würden. In dem Augenblick dankte ich ja dem imaginären Gott, dass er mich mit der Gabe gesegnet hatte, keine Angst vor dunklen Kellern oder dergleichen zu haben. Gab ja genug Leute, die rannten, sobald sie das Licht ausschalteten, weil sie der Meinung waren, Monster würden aus den Abstellkammern kommen und sie angreifen. Ich für meinen Teil war jetzt schon nichts anderes, als absolut gelangweilt. Und genervt. Und sauer. Und vielleicht ein kleines bisschen Müde. Eventuell hatte ich auch Kopfschmerzen und musste auf Toilette, aber ansonsten ging es mir verhältnismäßig noch ganz okay. Gut, das ich jemand war, der weder viel trank, noch aß. Essen und Trinken gab es hier unten nämlich nicht, brauchte ich aber auch nicht, denn einer der wesentlichen Vorteile von Kokain war, dass es die Grundbedürfnisse eines jeden Menschen hinten anstellte. Hieß, wenn es nicht mehr auszuhalten war, einfach eine Line und das Ganze wäre vergessen. Und für den Fall, dass er vor hatte, mich hier mehrere Tage festzuhalten, würde ich auch nicht mehr als notwendig schnupfen. War auch eine gute Art, ein paar Pfunde purzeln zu lassen, wobei ich es alles andere als nötig hatte, aber na ja.
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Vermutlich konnte ich Cosma genau aus diesem Grund nicht leiden. Ich sah Parallelen zwischen uns und ich war schon froh, wenn ich mit mir selbst zurecht kam, da brauchte ich nicht noch einen Hunter 2.0 in weiblich, klein und mit für viele Leute sicher fragwürdiger Haarfarbe. Engel und Teufel stritten sich in meinem Kopf schon sehr lange nicht mehr, weil der Engel schlicht nicht mehr existierte, aber einen zweiten Teufel konnte ich wirklich nicht gebrauchen. Egal wie einsam ich manchmal sein mochte, auf derartige Konversationen konnte ich weiterhin bestens verzichten. Jedes Mal wenn ich auch nur fünf Worte mit ihr wechselte, war das furchtbar anstrengend und endete damit, dass wir uns Irgendwas an den Kopf warfen. Die einzige Ausnahme bildete da diese eine Nacht - beziehungsweise Morgen -, in der wir unsere Hirne mit Marihuana vernebelt und betäubt hatten. Ich hatte nichts mehr weiter zu Cosma gesagt und ließ jenes gemeinsames Drogenerlebnis in meinem Kopf Revue passieren, als ich die letzten paar Stufen nach oben ging. Ich bediente meinen Magen in den folgenden zwei Stunden nur mit reichlich Wasser und einer ganzen Tüte Chips, weil sonst ganz einfach Nichts im Haus war und ich meinem Körper aber ganz einfach zwangsweise Energie liefern musste. Währenddessen rief ich noch meinen digital gefühlt allmächtigen Freund an, der nach eigenen Angaben aber eine Weile brauchen würde und so haute ich mich für weitere dreieinhalb Stunden aufs Ohr. Allerdings erst, nachdem ich Sabin eine knappe Nachricht hatte zukommen lassen. Er war ein potenziell auch zukünftig guter Geschäftspartner, also durfte er die grobe Information haben, dass bei unserem netten Ausflug Etwas schief gelaufen war. Hell war es draußen noch nicht, als mein Telefon klingelte und mich damit von der dünnen, nicht sonderlich bequemen Matratze hoch scheuchte. Jedoch waren die Nachrichten vom anderen Ende gut und so konnte ich kurz darauf zumindest fast sowas wie gut gelaunt wieder Desmond anrufen, um von hier weg zu kommen. Zurück in die Stadt zu laufen war nämlich so gar nicht meine Intention, körperliche Fitness hin oder her, nein Danke. Außerdem war seine Schicht sowieso in ein paar Minuten vorbei und es bot sich dementsprechend an. Einen Grund das kleine Arschloch weiter im Keller zu verschanzen hatte ich jetzt nicht mehr, also machte ich mich in aller Gemütlichkeit - eilig hatte ich es nicht ansatzweise - auf den erneuten Weg nach unten. Dabei nahm ich den Schlüsselbund am Ende der Treppe vom Haken an der Wand. Schon vor der Gittertür stehend suchte ich noch nach dem richtigen, sahen die vier Schlüssel doch ziemlich identisch aus und waren nicht gekennzeichnet. "Jetzt kannst du hingehen, wo du willst... Desmond bringt mich in etwas mehr als einer halben Stunde zwar sowieso zurück zur Bar", mein Wagen stand halt leider noch da. "aber wenn du lieber laufen oder Jemanden anrufen willst, dann tu dir keinen Zwang an.", redete ich beim Aufschließen der Verriegelung vor mich hin und bot Cosma dabei mit ruhigen Worten sehr indirekt an, sie schweren Herzens auch mit zurück nach Hause nehmen zu können, wenn sie das wollte. Wie vermutlich jeder Blinde erkannt hätte, wäre ich aber auch nicht traurig, wenn die junge Frau von hier an ihren eigenen Weg ging. Sie aus dem fahrenden Wagen schmeißen würde ich vermutlich aber auch nicht. Wie auch immer.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Die folgenden Stunden wurde es, wie zu erwarten war, ziemlich still. Und wenn ich nicht so unglaublich müde gewesen wäre, hätte ich die Zeit vermutlich genutzt, um alte Kindheitstraumata aufzuarbeiten, aber nachdem Hunter aus dem Keller verschwunden war, rutschte ich lediglich ein Stück weiter nach hinten, um mich mit dem Rücken an die Wand lehnen zu können. Meine Beine hatte ich wieder an meinen Körper gezogen und war nach einer guten Stunde oder aber auch zwei in einen, der Haltung geschuldeten, eher unbequemen Schlaf gefallen. Nicht für lange, es waren maximal zwei weitere Stunden vergangen, bis ich die Augen vollkommen übermüdet wieder aufschlug. Ich war leider nicht sonderlich begabt darin, wirklich überall gut und lange zu ein- beziehungsweise durchzuschlafen. Wenn es sein musste, holte sich mein Körper die nötige Energie, aber sobald der Akku ausreichend vollgetankt war, boykottierte er es, auf dem Boden oder Dergleichen erneut runter zu fahren. Ich raffte mich seufzend auf die Beine, weil so langsam das Steißbein anfing, weh zutun. Müde lief ich ein paar Schritte durch die dunkle Zelle, tastete mich dabei mit der Hand an den Seitenwänden entlang. Grund für die Bewegung war, das ich hoffte, dadurch meine verspannten Muskeln etwas lockern zu können, aber wie zu erwarten war, tat sich da absolut gar nichts. Es sollte dann aber auch gar nicht mehr allzu lange dauern, bis ich von oben die Dielen unter Hunters Schritten knatschen hörte. Wenig später stand der junge Mann dann am oberen Ende der Treppe im Türrahmen. Das er, unten angekommen, nach dem Schlüsselbund neben der Tür griff, signalisierte mir, dass meine Haft wohl beendet war. Seine Ansprache, als er auf der anderen Seite der Gitterstäbe zum Stehen gekommen war, entlockte mir nur ein müdes Gähnen. War ja wirklich sehr freundlich, dass ich als erwachsende Frau dann auch wieder Herr meiner selbst war. Zu gütig von ihm. Mein Blick war, trotz seiner eher ruhigen Worte, ziemlich finster, als ich mich an ihm vorbei aus der Zelle schob, nachdem er gefühlt eine halbe Ewigkeit gebraucht hatte, den passenden Schlüssel zu finden. Machten wir uns nichts vor, ich war nach wie vor stinksauer, aber in der Zeit, die ich gebraucht hatte, um in den Schlaf zu finden, war ich zu einem Entschluss gekommen, der womöglich ihm und mir in Zukunft Einiges an Ärger ersparen würde. War in mancherlei Hinsicht vielleicht ein Schuss ins eigene Knie, aber ich hatte keine Lust, meine kostbare Zeit und Nerven an ihn zu vergeuden. Auf sein indirektes Angebot, mich später mit zur Bar zurück zu nehmen, ging ich gar nicht weiter ein. Zum Einen hatte ich keine Lust, noch weitere dreißig Minuten meiner Zeit hier mit ihm zu verbringen, bis sein Handlanger uns endlich einsammelte und zum Anderen wäre die Luft zwischen uns im Auto vermutlich gefährlich dünn geworden, selbst wenn wir kein Wort miteinander gewechselt hätten. Es war also besser, wenn ich einfach zu Fuß den Weg nach Hause einschlug. Ich wusste zwar nicht, wie ich genau von hier wieder in die Innenstadt kam, aber würde schon irgendwie klappen. Noch bevor ich die Treppenstufen nach oben stieg, zerrte ich mein Portemonnaie und das Päckchen Kokain aus meiner Hosentasche. Aus dem Schlitz, wo sich normalerweise die Scheine befanden, zog ich einen etwas zerknitterten Scheck. Weil es in den nächsten Tagen Zeit geworden wäre, meinen Anteil an Hunter abzutreten, hatte ich diesen nach meinem letzten Bankbesuch bereits vorbereitet. Mit einem einzigen Wort, nämlich "Hier." drückte ich Hunter diesen als erstes in die Hand. Eigentlich sah ich es nicht ein, ihn nach dieser Aktion noch zu bezahlen, aber ich war ja ein ehrlicher Geschäftspartner. Sollte ich mir wohl langsam echt mal abgewöhnen. "Das ist die nächste Zahlung. Ich hab die Schnauze voll. Du kannst deine Leute zurück pfeifen, ich will deine Dienstleistungen nicht weiter in Anspruch nehmen.", stellte ich ihn vor vollendete Tatsachen, bevor ich ihm auch noch das Päckchen Kokain überreichte. "Und das hier kannst du weitaus eher gebrauchen, als ich." Mit diesen Worten und mittlerweile neutralem Gesichtsausdruck wandte ich mich mit müden Schritten der Treppe zu, die ich nur sehr langsam nach oben stieg. Weil ich ja nicht mehr als das, was ich am Leibe trug, mit in dieses Apartment genommen hatte, war mein nächstes Ziel direkt die Haustür gewesen. Als ich diese öffnete, offenbarte sich mir, wie immer passend zu meiner Laune, ein leichter Regenschauer. Ich ließ das leicht modernde Holz hinter mir in ihr Schloss zurück fallen, schob meine Hände in die Hosentaschen und machte mich dann auf den Weg, der Skyline entgegen zu laufen, die noch in ziemlich weiter Ferne schien. Aber lieber kam ich klitschnass und vermutlich erkältet in ein paar Stunden an der Bar an, als hier und jetzt meinen Stolz zu vergessen.
# Is it all a tragedy? Are we flashes in a rut going in and out of luck? Maybe. #
Wäre ich gläubig, dann hätte ich nach dem Abdanken seitens Cosma an meine Dienste wohl die Hände zusammengefaltet und in Richtung Himmel gestreckt. Es schien zumindest auf den ersten Blick nur positive Aspekte zu haben. Ich hatte wieder mehr Personal, das ich von jetzt an nicht mehr unnötig vor dieser Absteige postieren musste, weil ich mich auf diesen schlechten Deal eingelassen hatte und noch dazu war ich dann nicht mehr dazu verdonnert, mich mit dem Temperamentsbündel hier auseinander zu setzen. Das allein waren schon zwei immens angenehme, durchweg positive Punkte, die mich sofort entschieden Nicken ließen. Wie immer, wenn ich Schecks in die Hand gedrückt bekam, nahm ich diesen erst einmal akribisch unter die Lupe, empfand ihn aber zumindest auf den ersten Blick als nicht gefälscht. Selbst wenn, dann würde ich ihn vermutlich auch lieber einfach nur in die nächste Tonne kloppen, statt Cosma noch einen Besuch abzustatten. Normalerweise bestand ich auf absolut jeden Cent, aber in diesem Fall könnte ich auf die paar Peanuts sicher verzichten. "Schön, dass du uns beiden diesen Gefallen tust.", war Alles, was ich noch sehr trocken dazu sagte, bevor mir das Koks gegeben wurde, mit dem ich nicht unbedingt etwas anfangen konnte. Genauso wie mit Gras. Ich hatte sehr wohl mal eine Kokain-Phase gehabt, aber das war eher noch in den USA, quasi fast in meiner Jugend gewesen. Demnach schnaubte ich nur und schüttelte den Kopf, würde das Pulver vermutlich eher an einen meiner Handlanger abdrücken, als es selber zu gebrauchen. Irgendwem machte sie damit sicher eine Freude, ich war es vermutlich aber nicht und ihr Geldbeutel auch eher weniger. Koks war hier oben scheiß teuer. Aber wie dem auch sei - die kleine Tüte in die Hosentasche geschoben ließ ich Cosma ohne weitere Worte ziehen und genoss sofort die danach wieder einkehrende Ruhe. Die halbe Stunde, die ich bis zu Desmonds Auftauchen noch totzuschlagen hatte, verbrachte ich mit Geschäftlichem. Anrufe, verschlüsselte Mails. Immerhin konnte ich jetzt neu planen und je früher ich damit anfing, desto besser.
Zugegeben passte es mir absolut gar nicht in den Kram, dass ich die Bar hatte für den Rest der Nacht komplett übernehmen müssen. Offiziell war das nicht mal ein Arbeitstag von mir gewesen, hieß ich schob komplett unnötige Überstunden bis fünf Uhr morgens plus anschließender Putzerei, obwohl ich einfach nur hatte schlafen wollen. Ich war schon während des Sprachkurses am vergangenen Tag einmal auf dem Tisch weggenickt und hatte mich die ganze Zeit über so gar nicht konzentrieren können. Das war eines der sehr eindeutigen Warnsignale, die mir mein vehementer Schlafmangel die letzten Tage über hatte vermitteln wollen. Aber ich konnte nicht mehr schlafen, als unbedingt notwendig war, weil Richard drauf und dran war die eigens hergestellten Drogen an Versuchsobjekten testen zu können. Das Tilidin hatte er noch nicht in den Startlöchern, aber die wunderschönen, ach so teuren Kristalle standen quasi in den Startlöchern und warteten nur noch auf ihre Freigabe. Ich konnte das Geld förmlich riechen und bis diese Sache nicht angelaufen war, bekam ich ganz einfach keine richtige Ruhe. Ich hätte nicht einmal sagen können, ob sowas wie eine erholsame Tiefschlafphase bei mir in den letzten Wochen überhaupt mal stattgefunden hatte. Ich schlief hauptsächlich deshalb schon fast im Gehen ein, als ich zur Eingangstür der Bar schlurfte und meine Jacke von der Garderobe nahm, um sie anzuziehen. Dick eingepackt in Winterjacke und Schal ging ich dann nach draußen, wo mir die Eiseskälte förmlich ins Gesicht schlug. Nicht mal das aber sollte richtig gegen die Müdigkeit helfen, obwohl ich sofort eine Gänsehaut bekam. Dauerte zwei, drei Anläufe, bis ich mit dem Schlüssel dann auch mal das Loch an der Tür traf, um abzuschließen. Ich wurde echt langsam zu alt für diesen Scheiß.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Ich wusste echt nicht, ob meine Laune je noch tiefer sinken konnte. Ich war müde, mir war arschkalt - dicke Jacke war ja nicht - und am Liebsten hätte ich gleich den Nächstbesten über den Haufen geprügelt, der mich anzusprechen versuchte. Zu unser aller Glück wirkte ich aber auf die umstehenden Personen eher so, als würde ich keine Lust auf etwaige Konversationen oder Konfrontationen haben und so konnte ich, ohne eine weitere Straftat zu begehen, in die nächste Bahn einsteigen, nachdem ich den Stadtrand erst einmal erreicht hatte. Einen gültigen Fahrausweis hatte ich natürlich nicht, aber selbst wenn ich kontrolliert und erwischt worden wäre, war mir das grundlegend so scheißegal, wie der geplatzte Deal zwischen Hunter und mir. Es dauerte wirklich eine ganze Weile, bis ich mit ein paar Mal Umsteigen und die letzten Meter zu Fuß laufen die Bar erreicht hatte. Auch wenn ich mich jetzt eine Zeit lang im Warmen aufgehalten hatte, brachte mir das irgendwie gar nichts. Die Kälte steckte so tief in meinen Knochen, das ich noch immer zitterte, als ich auf Sabin zu lief, der gerade sichtlich entkräftet aus der Bar getreten war. Der Arme. "Kannst du offen lassen.", murrte ich und schob mich ohne ein weiteres Wort an ihm vorbei in die Smith and Wesson. Bevor ich mich ins Bett verziehen würde, wollte ich gerne noch ein Glas Alkohol trinken, vielleicht auch zwei oder drei und zumindest eine Kleinigkeit essen, denn mittlerweile hatte ich nämlich ganz schön Kohldampf. Außerdem musste ich aus diesen durchnässten Klamotten raus, die mir beinahe am Körper fest gefroren waren. Im Inneren der Bar steuerte ich zielstrebig die Bar an, um mir zumindest schon mal einen Whiskey einzuschenken. Flüchtig überprüfte mein Blick den Zustand der Kneipe. Na wenigstens hatte Sabin gute Dienste geleistet. Er tat mir ja irgendwo schon ein wenig Leid, aber entschuldigen wollte ich mich auch nicht, denn das ich so lange weg war, war ja nicht nur auf meinem Mist gewachsen. Hauptsächlich schon, ja, aber das Paar Stiefel zog ich mir nicht alleine an. Apropos. Der junge Mann stand ein wenig ratlos in der Tür, war wohl verwundert, dass ich heute überhaupt noch mal aufgetaucht war und auch ich war überrascht, das ich den Weg hierher eigentlich ganz gut gemeistert hatte. Jetzt hieß es, innerhalb der nächsten Stunde alles Notwendige zu erledigen, denn wenn ich das richtig verstanden hatte, würde Hunter wohl noch einmal vorbei kommen, vermutlich um seinen Wagen abzuholen. Warum er sich den nicht einfach bringen ließ, wusste ich zwar nicht, war mir aber auch, wie vieles heute, ziemlich egal. Jedenfalls wollte ich eine weitere Konfrontation vermeiden und würde mich noch vor seinem Auftauchen in meine Wohnung zurück ziehen. Ich hielt es jedoch für notwendig, damit keine Missverständnisse entstanden, das ich Sabin kurz darüber informierte, dass ich der Geschichte zumindest zwischen mir und dem Arschloch ein Ende gesetzt hatte. "Es wird in den nächsten Tagen im Übrigen niemand mehr vor der Tür stehen, nur damit du Bescheid weißt. Außerdem gehe ich stark davon aus, dass Hunter die Bar meiden wird. Ihr solltet euch also ein neues Örtchen suchen, an dem ihr zusammen kommen könnt.", äußerte ich also in einem neutralen Tonfall Sabin gegenüber. Meine Stimme war leicht angeschlagen und ich konnte förmlich spüren, wie mein Immunsystem Schwierigkeiten hatte, den Wechsel zwischen der kalten und der warmen Luft auszugleichen. Wenn ich Glück hatte, erstickte der Alkohol, den ich mir zwischenzeitlich, mit der Hüfte an die Theke lehnend, einverleibt hatte, das Gröbste schon im Kern. Wenn nicht, dann würden die nächsten Tage ein ziemlich großer Spaß werden.
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Bis ich wirklich aktiv realisierte, dass es Cosma war, die mich ansprach und auch sofort danach einfach die Tür vor meiner Hand zur Bar aufstieß, um hinein zu gehen, war sie längst an mir vorbei gelaufen. Es war vermutlich überwiegend die grelle Haarfarbe, die mich ihre Stimme ihrer Persönlichkeit letztendlich zuordnen ließ. Mein Gehirn war eigentlich viel zu müde, um sie jetzt noch danach zu fragen, was genau passiert war und warum zum Teufel sie nicht einfach zurück gekommen war, aber andererseits war es mir dank der Müdigkeit auch schon wieder so dermaßen egal, dass ich es bleiben ließ. Alles, was ich heute noch wollte, war in mein Bett zu fallen, nur um in wenigen Stunden - grob überschlagen drei - schon wieder aufzustehen und mich erneut in die beschissene Sprachschule zu schleppen. Einerseits war es schon von Vorteil, dass ich inzwischen diverse Grundlagen auf Norwegisch beherrschte und es fiel mir an sich auch nicht schwer mir die Sprache anzueignen, aber mir war gerade wirklich sehr stark danach, jenen Unterricht ganz aus Versehen zu verschlafen. Ich wollte mich gerade nach dem Zurückziehen meines Schlüssel aus der Tür mit einem Kopfschütteln umdrehen und gehen, als Cosma sich doch noch einmal an meine Aufmerksamkeit wandte. Nur, um mir Worte mitzuteilen, die mich nicht unbedingt erfreuten. Nicht nur deshalb, weil ich aufgrund des beendeten Vertrags mit Hunter wieder selber Teilzeit-Security in der Bar spielen müssen würde, wenn Irgendjemandem der Sinn nach Streit stand, sondern auch, weil es mir meine Geschäfte sehr unnötig erschwerte. Spätestens wenn es mit der Dealerei dann losging, würde ich den Amerikaner sehr sicher öfter brauchen und es machte es gerade wirklich kompliziert, dass ich nicht mehr einfach so neben der Arbeit mit ihm reden konnte, wenn es notwendig war. Wann sollte ich dann bitte noch schlafen? Ich konnte den Kreislaufzusammenbruch und das vorzeitige Altern meines Gehirns schon vor meinem inneren Auge sehen. "Okay, verstehe...", war erst einmal Alles, was ich mir die Haare raufend dazu sagte. "Bis später.", verabschiedete ich mich knapp und sichtlich müde noch von der jungen Frau, bevor ich dann endgültig auf dem Absatz Kehrt machte und ging.
---Le Zeitsprung---
Es war jetzt ziemlich genau zwei Uhr nachts und ich hatte sage und schreibe zwei Anschläge, beziehungsweise Verfolgungsjagden heute schon hinter mir. Eine in den frühen Morgenstunden, die zweite war gerade erst eine Dreiviertelstunde her. Es dauerte nur deshalb danach noch eine ganze Weile, bis ich mit Ashton und Desmond im Schlepptau erneut aus einem meiner Verstecke aufbrach, weil ich sicher gehen wollte, das vorher alle Bedrohungen fürs erste eliminiert waren. Natürlich war es nur eine Frage der Zeit, bis ich erneut die lästigen Kletten mit Pistole und Messern im Nacken hatte, aber die kurze Zeit der Ruhe vor dem nächsten Sturm würde ich um jeden verdammten Preis dazu nutzen, meinem Ärger ein für alle Mal Luft zu machen. Es waren jetzt gerade eineinhalb Wochen vergangen, seit ich angeschossen worden war und schon seit viel zu langen fünf Tagen lauerte gefühlt hinter jeder Hausecke ein Größenwahnsinniger, der mich umlegen wollte. Deswegen ging ich inzwischen auch nicht mehr ohne mindesten einen meiner Jungs vor die Tür, weil mir zum jetzigen Zeitpunkt noch eindeutig zu viel am meinem Leben lag, um mich einfach abknallen zu lassen. Wessen Schuld war das Alles? Ganz genau - Cosmas. Hätte sie mich nicht zu ihrem beschissenen Drogendeal mit den Idioten des Sverre-Clans geschleppt, dann würde absolut Nichts von Alledem passieren. Als Ashton den schwarzen Wagen kaum mehr als zwanzig Meter weit von der Bar entfernt anhielt, sprang ich förmlich aus dem Wagen. Ich hielt meine Personenschützer sehr forsch dazu an, hier vor der Bar zu warten und etwaige neue Gefahren umgehend zu eliminieren, sollte es dazu kommen. Die Tür flog förmlich aus den Angeln, als ich sie öffnete und allein mein Gesichtsausdruck hätte vermutlich den ein oder anderen zart besaiteten Menschen in Ohnmacht fallen lassen können. Die Pistole, die ich zog um meine folgenden Worte zu verdeutlichen, machte es vermutlich nicht besser. Genauso wenig wie die Blutspritzer in meinem Gesicht, die deutlich zeigten, dass ich meine Hände heute schon wieder in neuem Blut getränkt hatte. "Raus... ALLE!" brüllte ich förmlich in den Raum und obwohl fast Alle sofort aufsprangen, als sie die Waffe in meiner Hand entdeckten, ging mir das Alles einfach nicht schnell genug. Der weibliche Besucheranteil kreischte teilweise ein bisschen, was meine Ohren noch zusätzlich reizte. "Na wirds bald..!", knurrte ich noch einmal nachdringlich, als gerade so die Hälfte bereits durch den nicht allzu breiten Ausgang nach draußen geflüchtet waren und fuchtelte mit der Pistole herum, visierte jedoch Niemanden dabei konkret an. Erst, als die Tür letzten Endes hinter dem letzten betrunken Idioten ins Schloss fiel, sah ich zum Objekt meiner Begierde, sofern man das so nennen konnte. "Duuu..!", setzte ich an, als ich sehr zielstrebig in Richtung der Rothaarigen ging. Die Waffe wieder ein bisschen gesenkt, jedoch nicht weggesteckt. "Wegen dir kleben mir seit x Tagen zig Kopfgeldjäger am Arsch. Ich hoffe du hast eine wirklich gute Idee, wie du die Sache wieder in Ordnung bringst, ich hab' nämlich langsam absolut keinen Bock mehr darauf, deine Scheiße aufzuwischen!", machte ich meinem Ärger wild mit der Waffe in der rechten Hand gestikulierend in voller Lautstärke Luft, während Sabin in meinem rechten Augenwinkel gerade dabei war, seine Kinnlade wieder vom Boden einzusammeln.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Seit etwa einer Woche hatte ich nichts mehr von Hunter oder seinen Handlangern gehört. Der Posten von meiner Bar war geräumt wurden und zugegeben hatte ich erst einmal ein bisschen Angst, dass direkt etwas passieren würde. Bis zum heutigen Tag verlief allerdings alles erstaunlich gut. Sabin hatte in den letzten Tagen nur ein oder zwei Mal Verwarnungen aussprechen und ein einziges Mal jemanden aus der Bar schmeißen müssen. War also eine ziemlich gute Bilanz, wenn man mich fragte. Einen Anschlag hatte auch niemand mehr auf mich geplant, wie es aussah... na ja, außer am heutigen Tag. Ich befand mich gerade in der Hocke, um ein paar Saftflaschen unter der Theke kalt stellen zu wollen, als ich durch die Musik hörte, wie die Tür zur Smith and Wesson aufflog. Die Stimme, sowie die Worte die sie sprach, ließen mich ein wenig panisch werden. Als ein Großteil der Menschen gerade dabei war, die Kneipe zu verlassen, richtete ich mich vorsichtig auf, um einen prüfenden Blick über den Tresen zu werfen, der mir Auskunft darüber geben sollte, wer da gerade im Begriff war, meine Bar ausrauben zu wollen. Denn so hatte es sich im ersten Moment für mich angehört. Als ich allerdings den Auslöser dieser Hysterie ausfindig machte, verfinsterte sich meine Miene schlagartig. Die Panik verschwand und wurde durch bloße Wut darüber, dass Hunter immer noch die Dreistigkeit besaß, hier bei mir aufzutauchen, ersetzt. Es dauerte nicht lange, bis der aufbrausende junge Mann vor mir zum Stehen kam und mir mal wieder irgendwelchen komplett unsinnigen Anschuldigungen ins Gesicht brüllte. Dabei fuchtelte er etwas ungehalten mit der Waffe durch die Luft, was den ein oder anderen hier sicher Angst eingejagt hätte. Blöd nur, dass er bei mir damit an der falschen Adresse war. Auch seine Art schüchterte mich keineswegs ein. Ich kannte seine Ausbrüche ja nun schon zu genüge, man konnte sich nach einer Zeit gut dran gewöhnen. Alles, was ich vorerst auf seine Aussage erwiderte, war nichts weiter, als ein lautes Lachen, weil es mal wieder absolut klar war, dass immer die anderen Schuld an seiner Misere waren. "Ich soll mir etwas einfallen lassen? Sag mal, war der Stoff schlecht, oder was?", ich gestikulierte mit der Hand einen Scheibenwischer vor meinem Gesicht, um ihm zu signalisieren, dass ich ihn im Moment für nicht ganz dicht hielt. Kam hier rein, scheuchte meine Gäste mit einer Waffe in der Hand aus dem Laden und wollte mir dann Irgendetwas anhängen? War ja noch absurder als alles, womit er mich bisher verarscht hatte. Ehrlich gesagt schmiss ich ihm die ersten Worte nur an den Kopf, um etwas Zeit zu gewinnen, denn ehrlich gesagt brauchte es ein bisschen, bis es bei mir Klick machte und ich wusste, wo jetzt genau das Eine mit dem Anderen zusammen hing. Ich hatte schon wieder vollkommen verdrängt, dass bei der Sache von vor eineinhalb Wochen ja noch Jemand schwer verletzt entkommen war. Und es machte nur Sinn, dass dieser Jemand noch gepetzt hatte, bevor er sich ins Jenseits verabschiedete. Als die Zusammenhänge soweit klar waren, setzte ich schließlich zum Gegenschlag an. "Was hab ich denn damit zutun, dass du den blöden Wichser nicht getroffen hast, wo er dir doch quasi gegenüber stand, hm? Schießt du denn nicht sonst auch immer, wie Lucky Luke?", fragte ich zynisch und schüttelte im Anschluss verständnislos den Kopf. Es war an dem Tag wirklich einiges nicht sehr optimal gelaufen, aber ich fand seinen Auftritt hier gerade maßlos übertrieben. Sonst hatte er doch auch Stress mit anderen Clans und oder Kopfgeldjägern. Warum musste er, nur weil ich ein Teil der Geschichte war, jetzt so ein Fass aufmachen?
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Allerspätestens jetzt in diesem Moment, in dem Cosma so erfreut lachte, war es endgültig vorbei. Nicht einmal jetzt, wo ich sichtlich schon auf mehr als nur 180 war, besaß sie genug Gehirnzellen, um es wenigstens nicht noch schlimmer zu machen. Viel mehr legte sie es förmlich darauf an mir unmissverständlich zu vermitteln, dass sie sich nach dem Tod sehnte. Das und absolut nichts Anderes. Mir fielen schon nicht einmal mehr passende Beleidigungen für diese Art von unnützer Hure ein, die ich ihr noch hätte an den Kopf werfen können, weil sie absolut jeden existierenden Rahmen in irgendeiner Hinsicht sprengte. Seit ich mich im Umfeld der rothaarigen Frau aufhielt passierte ein Mist nach dem anderen und mit ihren absolut hinfälligen Worten zog sie gerade den Stift aus der Granate, die sie das Leben kosten würde. Es machte nicht den geringsten Unterschied, ob der Kerl nach dem Schuss meinerseits noch zu seinem Chef gerannt war. Immerhin hatte sie vorher schon eines der Clanmitglieder eigenhändig erschossen und ihr Gesicht kannte man nicht. Hieß also ich wurde identifiziert in der Hoffnung, dass sich die Sache ganz einfach erledigt hatte, wenn ich tot war und man von dem Koksteufel nie wieder etwas hören würde. Spätestens wenn die Bullen den Tatort unter die Lupe genommen und mich damit in Verbindung gebracht hätten wäre Alles auf mich zurückgefallen, auch wenn der andere Kerl schon an Ort und Stelle den Löffel abgegeben hätte. Schließlich war ich nicht der Einzige Kerl in Oslo, der gerne Bullen schmierte. So einfach machte ich es aber weder den Sverre-Typen, noch Cosma selbst. "Es ist vollkommen irrelevant, ob er früher verreckt wäre oder nicht. Hättest du nicht zum fünftausendsten Mal in der Woche Drogen holen müssen, wäre absolut Nichts von alledem überhaupt passiert! Seit du dich auch nur ansatzweise in meiner Nähe aufhältst passiert ständig irgendeine verdammte Scheiße. Es reicht. Endgültig!", schrie ich der jungen Frau ins Gesicht und hob die Waffe, um sie ihr an den Kopf zu setzen. Bevor ich das aber überhaupt zu Ende bringen konnte, spürte ich einen harten Griff am Handgelenk.
Einen kurzen Augenblick lang, als ich Hunter mit der Waffe hatte durch die Tür kommen sehen, wünschte ich mir wirklich einfach, dass er auf mich zielte und abdrückte. Oder, dass er einfach ein Massaker anrichtete und jeden, der nicht er selbst war, kurzum hinrichtete. Ich hatte keine Kraft für so einen Mist und Nerven eigentlich auch nicht. Zwar lief seitens der Drogen Alles bestens und Richard führte vermutlich auch gerade in diesem Moment ein, zwei Versuche an hilflosen Testpersonen durch, aber das war momentan wirklich das absolut einzig Positive in meinem Leben. Ich hatte noch nie zu ernsthafter Depression geneigt und spürte auch jetzt Nichts dergleichen, aber ich war so furchtbar müde von absolut Allem und Jedem. Ich hatte gerade Gäste bedient und stand demnach noch ziemlich mittig im Raum, als der schießwütige Psychopath sich Cosma näherte. Das war der Moment, in dem ich dann doch langsam hellhörig wurde. Es interessierte mich nicht die Bohne, ob er hier Leute abknallte, die ich nicht kannte, aber ich besaß ganz einfach sowas wie einen natürlichen Beschützerinstinkt. Ich verstand ja, dass die Rothaarige wirklich schwierig und in manchen Fällen auch anstrengend sein konnte, aber Hunter selbst war keinen Deut besser. Sie gaben sich echt nicht viel und ich hatte es ganz einfach satt mir diese beidseitige Kindergartenscheiße länger anzusehen. Deshalb schloss ich langsam zu den beiden auf und hörte zwangsweise auch auf die anfangs noch große Reichweite jedes einzelne Wort. Ich konnte durchaus nachvollziehen, woher Hunters Ärger kam, aber deshalb würde ich ihm ganz sicher nicht erlauben, mir meine Deckung in Form eines Arbeitsplatzes nichtig zu machen, indem er Cosma eine Kugel in den Kopf jagte. Die Gefahr schon während seinen letzten Worten erkennend legte ich die letzten beiden Schritte in doppelter Geschwindigkeit zurück, nur um ihn am Handgelenk zu greifen und ihm im Anschluss daran den Arm unangenehm nach hinten zu verdrehen. Der Überraschungseffekt und seine blinde Wut waren hier absolut zu meinem Vorteil und ich verpasste dem Amerikaner noch einen unschönen Hieb in die Rippen, der ihn aufkeuchen ließ und lange genug außer Gefecht setzte, damit ich seine Waffe vom Boden aufsammeln konnte. "Meine Fresse, beruhigt euch mal!", knurrte ich, weil ich ganz einfach sauer war. Ich hatte selten zwei so wahnsinnig dickköpfige Menschen wie diese beiden erlebt. Hunter hörte mir - oh Wunder! - gar nicht erst zu, sondern wollte stattdessen mit seinen Fäusten auf die junge Frau losgehen. Ich bereute es sehr bald mit stechendem Schmerz an meinem Wangenknochen, dass ich mich zwischen die beiden stellte und deshalb den Schlag einfing, der eigentlich Cosma galt. Weil es leider bei Weitem nicht der erste Boxhieb war, den ich in meinem Leben kassiert hatte, steckte ich letzteren allerdings verhältnismäßig gut weg und machte mich mit dröhnendem Schädel daran den gewaltsüchtigen Kerl mindestens fünf Meter weit mit der Waffe vor mir her und damit von Cosma weg zu schieben, nachdem ich ihm mit dem harten Metall auch noch einen Schlag in die Magengegend verpasst hatte. Er fixierte mich im Anschluss mit seinem stechenden Blick, was mich allerdings nicht weiter kümmern sollte. "Stehen bleiben, verdammt.", warnte ich ihn wütend, gefälligst an Ort und Stelle zu bleiben, als ich zwei, drei Schritte wieder zurückging und ich etwa mittig zwischen beiden stand. "Ich habe noch nie in meinem ganzen Leben zwei dermaßen sture, kindische, bescheuerte und unzivilisierte Menschen gesehen, wie euch beide. Ihr solltet euch mal reden hören, das hält doch Niemand aus!", wies ich die Streithähne zurecht und das in einem Ton, den keiner von beiden bisher von mir kannte. Nicht gerade leise und weit dominanter, als ich mich sonst gab. "Ich weiß deine Dienste ja wirklich zu schätzen, Hunter... aber ich werde ganz sicher nicht dabei zusehen, wie du Cosma den Schädel wegbläst für eine Sache, an der ihr ganz offensichtlich beide zu gleichen Teilen schuld seid. Also hört endlich auf euch wie Kinder zu benehmen, die sich um Spielzeug streiten. Setzt euch wie zwei erwachsene Menschen zusammen und arbeitet gemeinsam an einer Lösung, statt euch gegenseitig umzubringen, was absolut Niemandem auch nur Irgendwas bringen würde!", gab ich meinen Gedanken das erste Mal seit langem wieder richtig Luft zum Atmen, winkte anschließend nach Blicken in beide Richtungen mit der Waffe in Richtung eines Tisches, der unweit der Bar stand. Selbsthilfegruppe eröffnet.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Es war wirklich herrlich anzusehen, wie sehr sich Hunter von meinen Provokationen beeinflussen ließ. Alleine die pure Wahrheit brachte ihn so dermaßen auf die Palme, dass das Grinsen gar nicht mehr aus meinem Gesicht weichen wollte. Auch nicht, als er mir zu allem Überfluss seine Gott verschissene Waffe an den Schädel hielt, mir der er mir kurz vorher die komplette Kundschaft aus dem Laden gescheucht hatte. Eigentlich war ich noch nicht bereit, den Löffel abzugeben - ja, ich hatte heute ausnahmsweise mal einen guten Tag -, aber die Tatsache, dass er vollkommenen Bullshit redete, ließ mich lediglich mit den Schultern zucken, als das kalte Metall meine Stirn berührte. Ich sah es ganz einfach nicht ein, mich aktiv für eine Sache einzusetzen, an der ich nicht zu hundert Prozent selber dran Schuld war. Was konnte ich denn dafür, dass er mit Allem und Jedem auf Kriegsfuß stand? Hatte er mir nicht vor Kurzem erst gesagt, ich sollte bei meinem Drogenproblem mal der Ursache auf den Grund gehen? Wieso tat er das nicht selbst einfach mal und reflektierte, warum ihn kein Mensch leiden konnte. Es war einfach nur fürchterlich anstregend, mit diesem Kerl zu diskutieren und eine Kugel wäre gerade die weitaus angenehmere Alternative gewesen. Ich wollte gerade zu ein paar Worten in Richtung Drück schon ab oder Na los, dann schieß' doch endlich ansetzen, als ich merkte, dass sich der Lauf der Waffe aus meinem Gesicht entfernte. Ab da ging alles Weitere dann ziemlich schnell. Ich hatte in der hitzigen Debatte gar nicht mitbekommen, wie Sabin sich uns beiden genähert hatte. Meine Gesichtszüge waren mir einen Moment lang entglitten, bis ich mich nach Hunters Entwaffnung des Sieges sicher fühlte. Das Grinsen kehrte zurück und ich merkte erst zu spät, dass Hunter sich wieder zusammel gesammelt hatte und den Faustkampf suchte. Hätte sich mein Mitarbeiter nicht just in dem Moment vor mich gestellt, hätte mich der Schlag vermutlich für den Rest des Abends ausgeknockt - wenn ich ganz viel Pech hatte, brach ich mir beim Aufprall das Genick an einer Kante oder Dergleichen. Dann hätte sich die Sache natürlich gänzlich erledigt. Gut, wie auch immer. Jedenfalls war ich fast schon so etwas wie geschockt, weil ich zum Einen nicht damit gerechnet hatte, dass Sabin den Schlag abfangen würde und ich mich eigentlich schon im K. O. gesehen hatte und zum Anderen war ich einfach erschrocken, wie schnell sich Hunter in Rage wieder auf die Füße bekam. Na ja, er wurde ja jetzt auch nicht unbedingt richtig verprügelt, aber ich hatte schon gedacht, dass ihn der Schlag in die Rippen einen Moment länger aus dem Verkehr zog. Nachdem die erste Faust also geschickt abgefangen worden war, machte ich reflexartig ein paar Schritte zurück, um Distanz zu gewinnen, wenn Hunter es noch mal versuchen würde, weil der erste Schlag in dem Sinne ja daneben ging. Allerdings sollte es gar nicht so weit kommen, denn wider erwarten ließ sich der Ex-Mafiosi davon nicht sonderlich beeindrucken, setzte prompt zum Gegenschlag an und gewann nach einem Hieb und unter Androhung mit der Waffe ein Stück mehr Distanz zwischen Hunter und mir. Ich hatte unterbewusst die Luft angehalten, nur um sie in dieser einen ruhigen Minute scharf wieder auszuatmen. Im direkten Anschluss daran, zuckte ich ein wenig perplex zusammen, denn ich hörte von Sabin zum ersten Mal einen wirklich bestimmten, keine Widerworte duldenden, Ton, der beinahe so kalt war, das er das Blut in den Adern gefrieren lassen konnte. Zwangsläufig hatte er damit gerade unsere beide Aufmerksamkeit auf sich gezogen, denn auch Streithahn Nummer Zwei war sichtlich überrascht. Die Worte, die in diesem Ton folgten, ließen mich die bittere Eigenschaft meines eigenen Erbrochenen schmecken und ich hätte buchstäblich kotzen können. Nicht etwa wegen der Einleitung, die sich sowohl auf Hunters, als auch auf meine charakterlichen Eigenschaften bezog, sondern viel mehr wegen der darauffolgenden Worte. Erst als ich wirklich sicher war, dass er fertig mit Reden war, setzte ich zu ein paar Worten an, noch bevor mein Kontrahent mir zuvor kam. "Mit diesem Typen kann man sich aber nicht wie mit einem Erwachsenen unterhalten.", beschwerte ich mich lautstark und setzte mich widerwillig in Bewegung, um an dem Tisch Platz zu nehmen, auf den Sabin mit der Waffe gedeutet hatte. "Er bevorzugt es lieber, einem vollkommen respektlos und mit einer Selbstverständlichkeit irgendwelche Befehle zu erteilen, in der Annahme, dass jeder nach seiner beschissenen Pfeife tanzt!", hängte ich noch ein paar schnippische Worte hinten dran, bevor ich wie ein störrisches Kleinkind - welches ich zu gewissen Teilen immer noch war - meine Arme vor der Brust verschränkte, weder Hunter, noch Sabin eines Blickes würdigte. Stattdessen heftete sich mein Blick auf ein paar Getränkepfützen aus der Tischoberfläche.
# Is it all a tragedy? Are we flashes in a rut going in and out of luck? Maybe. #
Zu sagen, dass die folgenden Minuten wie ein ICE im Geschwindigkeitsrausch an mir vorbeizogen, wäre wahrscheinlich noch untertrieben gewesen. Ich hatte ja mit Vielen gerechnet. Auch damit, dass Cosma erneut ausholen und mir Eine scheuern wollen würde, ganz gleich ob sie eine Waffe am Kopf hatte oder nicht. Es schien sie ja wirklich Nichts und wieder Nichts zu interessieren, womit ich ihr drohte. Aber ich hatte weiß Gott weder in diesem Leben, noch in einem Paralleluniversum damit gerechnet, dass Sabin an sein früheres Ich anknöpfte und sich innerhalb von Sekunden einen ganz klaren Vorteil verschaffte, der mich alt aussehen ließ. Natürlich hätte ich eins meiner beiden Messer ziehen können, rein theoretisch gesehen. Aber klar zu denken lag gerade absolut nicht in meiner Macht. Entsprechend wenig interessierte mich auch der Schlag in die Seite, hatte ich doch nicht umsonst eine Weile lang Boxtraining absolviert, um eben genau solche Dinge gut einstecken zu können. Wie sagte man so schön - es kam nicht nur darauf an, wie gut man austeilen konnte, sondern vor Allem auch wie viel man einstecken konnte, bevor man zu Boden ging. Darin war ich meistens einsame Spitze. Deshalb setzte ich auch mit noch schmerzendem Schultergelenk postwendend zur nächsten Attacke an, die jedoch ebenfalls nicht am Ziel ankommen sollte. Was mischte Sabin sich überhaupt ein? Hätte er die verdammte Waffe nicht in der Hand gehalten, hätte ich wahrscheinlich blind weiter geschlagen. Das kalte, harte Metall im Magen sollte dann jedoch selbst mir für einige Sekunden die Luft aus den Lungen pressen und mir kotzübel werden lassen. Ich war demnach dazu gezwungen erst einmal einen Gang runter zu schalten und genau das schien auch der Plan des Mafiosos gewesen zu sein, sorgte er genau in diesem Zeitraum zügig für mehr Distanz zwischen mir und der Rothaarigen. Unbewusst knurrte ich leise weiter vor mich hin, während der Italiener uns lang und breit im Grunde erklärte, dass er die Schnauze voll hatte. Wie sollte ich denn bitte normal mit ihr reden? Schon als ich mich sehr unfreiwillig Schritt für Schritt in Richtung des Tisches bewegte, hatte Cosma schon wieder Nichts als abwertende Worte für mich parat. "Genaus DAS ist es! Das Miststück hat nicht mal einen Funken Respekt vor mir, wie soll ich sie da noch ernst nehmen?!", wetterte ich noch immer sichtlich und auch hörbar gereizt vor mich hin, als ich mich setzte und machte eine entsprechende Handbewegung dazu. Dann fand meine arme, geliebte Pistole einen neuen Zweck und wurde mit Schwung auf die Tischplatte geknallt.
Scheinbar hatten sie immernoch nicht genug. Nicht mal einer von beiden begann damit, langsam mal Einsicht zu zeigen und zumindest einen Hauch des eigenen Stolzes runter zu schlucken. So kam man aber verdammt nochmal nicht weiter. Weder in diesem Moment hier, noch sonst irgendwann im Leben und von Intelligenz war ein solches Verhalten auch sehr weit entfernt. Absolut Alles in dieser Welt hatte seinen Preis und wenn man etwas erreichen wollte, dann bekam man das ganz sicher nicht, indem man jemand Anderen sinnlos anschrie und beleidigte. In diesem Fall würde es schon reichen mit ein klein wenig beidseitigem Respekt zu zahlen, damit nicht alle fünf Minuten die Fetzen flogen und man zumindest ansatzweise auf einen gemeinsamen Nenner kam. Ich schlug die Waffe lautstark auf den Tisch. "Ruhe, verdammte Scheiße nochmal! Wenn ich auch nur noch eine einzige Beleidigung oder anderweitig unbrauchbare Aussage zu Ohren kriege, steck' ich euch beide so lange in Zellen, bis ihr euch wie normale Menschen mit Gehirn verhalten könnt!", brüllte ich die beiden förmlich an, weil ich schon jetzt lange mit meiner Geduld am Ende war. Damit meinte ich natürlich nicht ein und dieselbe Zelle, damit Hunter seiner Wut Platz machen konnte. Nein, sie würden gemeinsam in ihrer Sturheit nebeneinander verrecken und sich vermutlich zu Tode beschimpfen, nur damit keiner dem Anderen Recht geben musste. Lieber zu sterben als nachzugeben schien hier die Devise zu sein. "Erstmal zu dir, Hunter... ganz davon abgesehen, dass du ganz offensichtlich ein Aggressionsproblem hast, dem du auf den Grund gehen solltest statt es mit Alkohol und anderen Drogen noch weiter zu verschlimmern, wundert es mich doch sehr, dass du dich an Cosma so aufhängst. Warum? Du könntest sie einfach ignorieren. Sie ist weder irgendwie relevant für deine Geschäfte, noch macht sie dir anderweitig was kaputt... mal von der ungünstigen Geschichte, wegen der du hier bist, abgesehen. Die ist aber trotzdem nicht nur auf ihren Mist gewachsen, sondern auch deine Schuld. Krimineller hin oder her, so redet man nicht mit Frauen. Auch nicht mit einer, die sich wie eine pubertierende, unvernünftige, 16jährige Zicke aufführt..", damit wanderte mein Blick dann zu besagter rothaariger, junger Frau. "...und dich provoziert, wo sie nur kann. Mit voller Absicht, ganz egal worum es gerade geht. Was versprichst du dir davon, Cosma? Du kannst nicht erwarten, dass er sich dir gegenüber irgendwann mal respektvoller verhalten wird, wenn du ihm bei jeder Gelegenheit so sehr auf den Sack gehst wie nur irgendwie möglich und es damit nur schlimmer machst. Du brauchst dich hier auch nicht indirekt als Unschuldslamm hinstellen, indem du ihm sagst, dass die Geschichte von letzter Woche ja ganz allein seine Schuld sei, weil er nicht getroffen hat. An Allem, was ihr euch gegenseitig einbrockt, seid ihr verdammt nochmal selbst schuld, alle beide! Schluckt euren beschissenen Stolz runter und hört auf, wie zwei egoistische Kleinkinder mit X Verhaltensstörungen nur an euch selbst zu denken!", wies ich die beiden abermals mit all dem Ärger zurecht, den sie mit ihrem sinnlosen Verhalten bei mir auslösten. Stille. Nur für etwa eine Minute lang war es komplett ruhig, weil die beiden Egoisten scheinbar endlich damit anfingen nachzudenken, aber diese Zeitspanne reichte auch um mich selbst einmal tief durchatmen zu lassen. "Kann schon sein, dass ich ein oder zwei Mal ein bisschen überreagiert hab...", lenkte der Prügelknabe zu meiner Rechten wider Erwarten als Erster von beiden ein, wobei er den Blick aber trotzdem auf der Tischplatte kleben hatte. Den Kopf in die Hand gestützt und noch immer sichtlich unzufrieden, funkelten seine Augen doch noch immer vor sich hin. Sein Satz war die Untertreibung des Jahrhunderts, aber es war trotzdem ganz eindeutig ein finaler erster Schritt in die richtige Richtung, weshalb ich ihn damit nicht korrigierte.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Irgendwie... war das gerade eine ganz komische Situation. Mit tief ins Gesicht gezogenen Augenbrauen hatte ich Hunter angefunkelt, als er sich bei Sabin darüber beschwerte, dass ich ja wohl schon wieder das tat, was ihn sonst auch immer so verärgerte. Doch noch bevor ich zum Gegenschlag ausholen konnte, war die Waffe, die diesen Abend einen ganz besonderen Platz im Rampenlicht hatte, mit einem lauten Schlag auf den Tisch geknallt, gefolgt von den mindestens genau so lauten Worten des Italieners. Grummelnd hielt ich mich also zurück, bis er seine nächste Ansprache beendet hatte. Den ersten Teil quittierte ich bloß mit einem schiefen Grinsen, den Blick nach wie vor auf den Tisch geheftet. Als er aber schließlich anfing, auch mich zu kritisieren, hob ich dann doch noch einmal den Kopf, um ihn etwas verwirrt anzuschauen. Tja, ich musste leider einsehen, dass Sabin gerade durchaus unparteiisch war und sowohl Hunter als auch ich unser Fett weg kriegen sollten. Ich lauschte seinen Worten also erst einmal aufmerksam, hatte an der ein oder anderen Stelle gerne dazwischen gefunkt, aber weil ich den jungen Mann zu meiner Rechten in dieser Situation eher weniger provozieren wollte - bei dem stürmischen Amerikaner wusste ich ja, wie er reagieren würde, bei Sabin allerdings war ich mir unsicher - hielt ich mich damit für's Erste zurück. Als er fertig war mit Reden, war ich nachdenklich ein Stück weit nach vorne gerutscht, um mich mit meinen Armen auf dem Tisch abzustützen. Dann richtete ich den leeren Blick auf meine Finger, ließ seine Worte einen Augenblick in vollkommener Stille sacken. Und als ich meine Gedanken so weit sortiert hatte, musste ich feststellen, dass Sabin mit allem, was er uns beiden gerade unterstellte, absolut Recht hatte. Wenn man es mal so sah, waren Hunter und ich im Prinzip die gleiche Person. Lediglich das Geschlecht unterschied uns. Aber im Grunde genommen waren wir genau das gleiche dickköpfige und rechthaberische Stück Scheiße mit mittelschweren Aggressions- und Drogenproblemen. Ich seufzte schwer, wusste gar nicht, was ich dazu jetzt groß sagen sollte, als plötzlich Hunters Stimme an mein Ohr drang. Deutlich leiser, als seine vorherigen Worte, weshalb ich fast gefragt hätte, ob er das noch einmal wiederholen konnte, weil ich ihn selten so ruhig erlebt hatte. Aber ich unterdrückte den Drang, ihn wieder provozieren zu wollen und nickte stattdessen leicht mit dem Kopf. Auch wenn mir das eigentlich gar nicht passte und es sich wie ein Messer in der Brust anfühlen würde, wusste ich, dass Sabin auch von mir etwas Einsicht erwartete. Es brauchte mich eine ganz schön lange Zeit, bis ich tief durchatmete und selbst zu ein paar entschuldigenden Worten ansetzte. "Und vielleicht habe ich mich auch nicht immer... angemessen verhalten.", murmelte ich widerwillig und war froh, dass mir die Worte durch den Kloß im Hals nicht stecken geblieben waren. Etwas zuzugeben, was ich eigentlich gar nicht wollte, war wirklich die höchste Stufe von Folter. Nur leider konnte ich durchaus nachvollziehen, dass ein solches Verhalten uns in Zukunft nur noch mehr Probleme bereiten würde, als wir ohnehin schon hatte. Eigentlich hatte ich es ja auch gar nicht wirklich darauf angelegt, so einen Krieg mit Hunter zu führen, aber seine Art mir gegenüber war einfach so dermaßen zum Kotzen gewesen, dass ich eben jede Gelegenheit dazu nutzte, ihm mächtig auf den Geist zu gehen. Und irgendwann hatte es angefangen, richtig Spaß zu machen, mit dem Feuer zu spielen. Ich wollte nicht behaupten, dass das in irgendeiner Hinsicht reif oder erwachsen war, aber jeder hatte eben so seine Macken. Da fiel mir Sabins Frage gerade wieder ein. Was erhoffte ich mir davon, Hunter ständig auf die Füße zu treten? Hm, wo sollte ich da bloß anfangen? Ich beschloss, es erst einmal bei der Wahrheit zu belassen. "Hunter zu provozieren hat halt Spaß gemacht, weil er darauf immer eingegangen ist. Erhofft habe ich mir dabei eigentlich nie irgendwas Spezielles...", setzte ich also das Selbsthilfegespräch fort, zuckte etwas ratlos mit den Schultern. "Aber...", ich hob meinen Blick nun doch noch einmal an, um meinen Gegenüber direkt anzusehen. "Ich habe dir schon letzte Woche gesagt, als du mich in diesem beschissenen Keller eingesperrt hast, dass das alles von Grund auf hätte anders laufen können." Schuldzuweisungen waren nicht meine Intention gewesen, auch nicht, ihn indirekt an unseren Psychologen hier zu verpetzen, das er letzte Woche schon einmal so ungehalten mir gegenüber geworden war, aber es war einfach Fakt, dass ich nicht der Anfang allen Übels war. Spätestens nach unserer ersten ernsthaften Diskussion hätte ihm doch auffallen müssen, dass ich in Hinsicht der Reizbarkeit genau so tickte, wie er. Warum also, wenn es nicht mit voller Absicht war, hatte er mir mit seiner Art dann weiterhin so auf den Keks gehen müssen?
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