Meine Aufmerksamkeit fiel erst dann das erste Mal auf die rothaarige junge Frau, als sie ein paar Worte an mich richtete. Ich vollendete jedoch trotzdem zuerst den Blick in den Gang, bevor ich einen Schritt vom Gitter zurücktrat und mich langsam umdrehte. Schnelle Bewegungen waren ja gerade eher nicht so gut, wie mein Körper mir überdeutlich vermittelt hatte. Ob es mir gut ging? Weniger. Ich war mir eigentlich sehr sicher damit, dass Cosma mich das eher nur fragte um aus dem Schweigen heraus zu kommen und weniger deswegen, weil sie sich ernsthaft nach meinem Wohlergehen erkundigen wollte. Tat sie sonst auch nie. Oder änderte der Überfall Irgendetwas an ihrer sonst nie vorhandenen Fürsorglichkeit für meine Person? "Wie es einem halt geht, wenn man eins mit dem Baseballschlager kassiert hat...", antwortete ich ein wenig ironisch, wobei ich aber gar nicht mal genervt oder gereizt klang. Schlicht deshalb, weil ich dafür gerade absolut keine Energie übrig hatte. Mein Körper stand mit seinen Kräften nicht gerade auf Höchstmaß und ich war schon froh, dass die anfängliche Übelkeit sich wieder ein wenig gelegt hatte. "...aber bis auf die Kopfschmerzen ganz okay, ja. Und dir?", beantwortete ich ihre Frage dann doch noch ernsthaft, als ich die Distanz zu Cosma überbrückte und mich dann im Anschluss unweit von ihr an der steinigen Wand nach unten rutschen ließ. Stehen war einfach anstrengend und so mir nichts, dir nichts kamen wir hier jetzt sowieso nicht raus. Also zog ich das schwarze Tuch, das ich provisorisch immer dabei hatte, aus meiner rechten Hosentasche und fing an das getrocknete Blut in meinem Nacken wegzuwischen, abzukratzen. Es fing langsam an auf der Haut zu jucken und auch zu spannen, also beseitigte ich bis kurz vor der offenen Wunde wenigstens dieses Übel. "Hast du Irgendwas gesehen, als sie uns hergebracht haben? Oder warst du auch weg?", stellte ich der jungen Frau neben mir eine Frage, deren Antwort doch schon essentiell sein konnte. Natürlich hatte ich eine blanke Vermutung, wo wir waren, aber ich war logischerweise noch nie im Inneren oder gar im Keller der großen Villa gewesen, welche die Sverres ihr Eigen nannten. Sicher sein konnte ich mir damit also nicht ansatzweise, weshalb zumindest ein kleiner Hinweis wirklich hilfreich sein könnte.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Unter normalen Umständen hätte der ironische Unterton mich ja schon wieder bis an die Schwelle des gereizt seins gebracht, aber aktuell zauberte es mir nur ein müdes Lächeln auf die Lippen. Für die Kopfschmerzen wohl nur von Vorteil gewesen, denn hoher Blutdruck fand ich bei ohnehin schon dröhnendem Schädel nicht sonderlich angenehm, um ehrlich zu sein. Zudem beließ er es ja nicht mal mehr bei nur dieser Aussage, hängte ziemlich bald noch ein paar ehrlich gemeinte, aussagekräftige Worte hinten dran, weshalb das anfängliche Ärgernis sich schon bald erledigt hatte. Ich nickte, insoweit das mit meinen Schmerzen zu vereinbaren war, leicht mit dem Kopf und drehte ihn ein Stück, als Hunter sich neben mir an der Wand herunter rutschen ließ, um dann wenig später sehr sporadisch seine Wunde am Kopf zu versorgen. Dabei beobachtete ich ihn einige wenige Sekunden lang, ehe ich zu einer Antwort bezüglich meiner Gesundheit ansetzte. "Na ja, ich fühle mich so, als hätte ich als Leichtgewicht gegen einen Schwergewichtsboxer verloren.", fand ich ein paar durchaus passende Umschreibungen für den Angriff von vor einigen Stunden. Dazu musste ich sagen, dass ich wirklich froh war, das keiner meiner Rippen einen Bruch erlitten hatte. Ich hatte beim Sturz zwar ein Knacken vernommen, aber zumindest das erste Abtasten der Rippenbögen verlief ohne große Schmerzen. Natürlich waren sie etwas... angeschlagen, in dem Sinne, aber nicht wirklich ernsthaft verletzt. "Mit den Kopfschmerzen schließe ich mich im Übrigen an.", antwortete ich weiter und zuckte leicht mit den schmalen Schultern, ehe ich den Blick wieder nach vorne richtete und damit durch die Gitterstäbe in den dunklen Gang hinein starrte. Noch immer war nichts weiter als unsere eigenen Stimmen zu hören gewesen, was mich resigniert seufzen ließ. Offensichtlich würden wir hier wohl erst einmal eine Weile ausharren und ich stellte mir ehrlich gesagt die Frage, warum, was sie mit uns vor hatten. Dass man aus Hunter vielleicht noch die ein oder andere Information raus foltern konnte, okay, sah ich ein, aber was brachte ich dem Clan? Im Prinzip hätte man mich einfach für den Mord an einem ihrer Brüder umlegen können und die Sache wäre gut gewesen. Warum also solche Faxen? Noch bevor ich meine Gedanken dahingehend vertiefen konnte, richtete der junge Mann neben mir wieder sein Wort an mich. Ob ich irgendwas gesehen hatte auf dem Weg hierher? Nicht wirklich. Ich schüttelte schwach den Kopf, untermauerte die Geste noch mit einem "Nicht wirklich." und hob dann zum ersten Mal seitdem ich wach war, den Arm, um mir durch die Haare zu fahren. Ich ging dabei relativ vorsichtig vor, weil sowohl das Anheben des Arms, als auch die Berührung des Kopfes eine unangenehme Welle der Schmerzen in mir los trat. Vorsichtig taste ich ich meinen Kopf ab, konnte unweit der linken Schläfe eine dicke Beule ausmachen. "Ich war kurzzeitig noch bei Bewusstsein, aber irgendwann wurde die Strecke so verfickt kurvig, dass es mich gegen den Radkasten geschlagen hat und seitdem hab ich nichts mehr mitbekommen.", murmelte ich und verzog der Schmerzen wegen etwas das Gesicht. Bis auf die Beule konnte ich aber glücklicherweise nichts Schlimmeres feststellen. Na ja, bis eben die doofen Kopfschmerzen.
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Ja, das traf es vermutlich ziemlich gut. Cosma war halt weder besonders groß, noch brachte sie ein ordentliches Kampfgewicht auf die Waage. Sie hatte den Kampf - der angesichts ihrer Wehrlosigkeit kaum als solcher zu bezeichnen war - quasi schon von vornherein nur verlieren können. Entsprechend ging es ihr wie mir wohl eher dreckig, worauf ich aber nur noch nickte. Es galt sich jetzt ein wenig zu erholen und möglichst Ruhe dabei zu bewahren, um hier wieder heraus zu kommen. Ich hatte zwar keine Angst vor dem Tod an sich, aber hier in einer Zelle oder gar durch Folter zu verrecken war nun wirklich nicht wie ich sterben wollte. Entsprechend angetan lauschte ich also auch den nächsten Worten der Rothaarigen, die eher ziemlich ernüchternd ausfielen. Sie hatte also ebenfalls nicht wirklich viel mitbekommen, was der nicht vorhandenen Fixierung ihres Körpers im Laderaum zu verdanken war. Deswegen gab ich erstmal nur ein nachdenkliches "Hmm..", von mir, senkte den Blick auf den staubig dreckigen Boden vor uns und fing damit an gedanklich die Straßen von der Stelle aus durchzugehen, an der wir überfallen worden waren. Inzwischen waren die Drogen schon wieder ziemlich aus meinem Körper raus, hielt Koks doch gar nicht mal so lange, und sich zu konzentrieren war halbwegs möglich, wurde höchstens von den Kopfschmerzen unangenehm eingeschränkt. Auf der Strecke in Richtung der Ortslage des Anwesens waren schon ein paar mehr Kurven und wenn man die mit gewisser Geschwindigkeit nahm konnten die einem mit Sicherheit sehr steil vorkommen. "Ich vermute mal, dass sie uns auf ihr Privatgelände verschleppt haben... was echt scheiße ist. Man sieht schon beim Vorbeifahren X Wachen auf dem Außengelände, will gar nicht wissen wie es hier drin damit aussieht..", seufzte ich leise und lehnte dann den Kopf an die Wand hinter mir. Allerdings leicht seitlich, damit die verkrustete Verletzung keinerlei Druck ausgesetzt war. Schöne Scheiße. Die folgenden sieben Tage entpuppten sich als die Hölle. Nicht nur deshalb, weil ich mehrfach aus dem Käfig geschleift und zum Verhör woanders hingebracht wurde, was mich körperlich nicht unbedingt fitter machte zwecks entsprechender Foltermaßnahmen, sondern auch ganz einfach deswegen, weil ich Cosma zunehmend weniger ertragen konnte. Es ging mir sowieso schon nicht gerade blendend, hatte ich doch noch den einen oder anderen Schlag einstecken müssen. Auch ein paar schmerzhafte Schnittverletzungen, die gerne bei kleinster Bewegung immer wieder an meinem rechten Oberschenkel aufrissen da nicht genäht, waren mit von der Partie. Das Fast-Ertränken in einem Wasserkübel hatte mich auch nicht zum Reden gebracht. Ebenso wenig das Benzin, das sie mir in den Mund gekippt hatten. Im Gegensatz zu den meisten anderen, normalen Menschen geriet ich dabei nicht in Panik, obwohl der Geschmack absolut ekelhaft war und mir gefühlt den ganzen Mund ausbrannte. Ich verschloss meinen Rachen ganz einfach für die Flüssigkeit. Sie schienen mich schlichtweg nicht umbringen zu wollen, bevor ich ihnen nicht die Infos geliefert hatte, die sie haben mussten und dieses Wissen nutzte ich zu meinem mentalen Vorteil. Es war einer der Momente, in denen mir bewusst wurde, was mentale Stärke für einen wahnsinnig großen Unterschied machen konnte, ganz gleich wie es einem körperlich erging. Jedoch reichte jene geistige Überlegenheit nach wie vor nicht aus, um die unfassbare Nervensäge hier in der Zelle los zu werden. Ich erwartete eigentlich gar Nichts von ihr, außer dass sie für ein, zwei Stunden - bevorzugt eher den ganzen Tag - die Klappe hielt, damit ich meine Ruhe hatte. Aber Cosma fing immer wieder an zu reden, vermutlich weil es ganz einfach die einzige Sache war, die man hier drin tun konnte. "Kannst du nicht endlich einfach mal die Klappe halten? Davon geht das Gitter auch nicht auf und meine Kopfschmerzen werden erst recht nicht besser.", knurrte ich entsprechend genervt vom vorderen Rand der Zelle, durch dessen Gitter ich eben einen Blick in den Gang geworfen hatte, zu ihr rüber und machte eine unterstreichende Geste mit der rechten Hand.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Für gewöhnlich konnte ich ja wirklich einiges ab, knickte nicht ganz so schnell ein, auch wenn die Zeiten mal schlecht standen, aber die mittlerweile sieben Tage zerrten doch auch so langsam an meinen Nerven. In dieser kleinen Zelle hatte ich schon nach dem ersten Tag das Gefühl über die Zeit verloren und bei Gott, ich langweilte mich. Es war jetzt nicht so, als bräuchte ich Partys und durchgehende Unterhaltung im Allgemeinen zum Überleben, aber stundenlang nur auf dem Boden rum sitzen oder durch die vier Quadratmeter kleine Zelle tigern war jetzt auch nicht unbedingt das, was ich mir unter einem erfüllten Leben vorstellte. Es sollte allerdings nicht lange dauern, bis in die ganze Sache ein wenig Würze bekam. Sowohl Hunter, als auch ich wurden von Tag zu Tag von der Bruderschaft des Sverre Clans aus dem Schlaf gerissen und zum Verhör in andere Räumlichkeiten geführt. Dabei verließen wir den Keller allerdings nicht, was ich persönlich ein wenig enttäuschend fand. Es wäre gut gewesen, einmal einen Einblick darüber gewinnen zu können, wie die Chancen um eine Flucht standen, sollten wir es jemals schaffen, den unnachgiebigen Gitterstäben zu entkommen. Zwecks Wachen wären die ein oder anderen Informationen durchaus erfreulich gewesen, aber gut, konnte man leider nichts dran deichseln - auf Wünsche von Gefangenen wurde bekanntermaßen nur selten eingegangen. Jedenfalls wurden wir jeweils einzeln aus der Zellen zitiert, beziehungsweise eskortiert. Für Hunter brachten sie deutlich mehr Mann auf, als für mich. Wobei die Anzahl der Wachen im Grunde bei jedem Einsatz gleich blieb. Der Unterschied bestand lediglich darin, das für Hunter drei von vier Männern aktiv damit beschäftigt waren, ihn aus der staubigen Unterkunft ein paar Türen weiter zu verschleppen, ohne das er dabei jemanden ernsthaft verletzten konnte, während einer bei mir blieb und sämtliche Versuche, mich mit aus der Zelle zu schmuggeln, unterband. Wenn sie mich holen kam, war es genau anders herum. Es brauchte nur einen der starken Männer, um mich am Arm und den Haaren zu packen, während die anderen damit beschäftigt waren, ihren Bruder zu decken, damit dieser sich keine Faust einfing oder gar Schlimmeres passierte. Was die Verhörmethoden anging, schien mein Leidensgenosse die deutlich schlimmeren über sich ergehen lassen zu müssen. Jedes Mal, wenn er von einem Interview zurück in die Zelle geschubst worden war, musste ich einen dicken Kloß meinen Hals runter würgen, hatte ich doch ein bisschen Angst, dass sie mit mir das Gleiche vor hatten. Alles in Allem war aber der Hunger, der über die Tage zu einem festen Bestandteil geworden war, die schlimmste Folter. Da konnte ich die Schläge ins Gesicht, wenn ich mal wieder eine Frage nicht oder in den Augen des Sverre Clans - ich konnte ja mein Großmaul auch in solch unpassenden Situationen nicht halten - falsch beantwortet hatte, echt gut wegstecken. Auch die Zeit, die ich halbnackt in einer Kühlkammer hatte ausharren müssen war... angenehmer, als die Tatsache, dass mein Magen sich von Zeit zu Zeit selbst zu zersetzen schien. Auf der anderen Seite war ich zum Teil auch selber Schuld an diesem Umstand. Oft hatte ich nämlich das bisschen Brot, Obst und Wasser, was wir - wenn ich das richtig einschätzen konnte - immer um die Mittagszeit rum bekamen, an Hunter abgetreten. Seine Verletzungen machten mir, so wenig ich ihn auch leiden konnte, doch wirklich Sorgen. Gerade, weil sie unversorgt blieben und das bei dem Schmutz in unserer Zelle durchaus auch mal eine Infektion bedeuten konnte. Nicht ganz uneigennützig wollte ich deshalb, dass er auch einen Teil meines Essens bekam, um dem Blutverlust entgegen zu wirken und die Wundheilung zu unterstützen. Meine eigenen blauen Flecken und die durch die Kälte gereizte Haut würden auch ohne ausreichend Nährstoffe irgendwann abheilen und schränkten mich nicht im Ansatz so sehr ein, wie die Schnitt- und Platzwunden an Hunters Körper. Faktisch war es einfach so, dass meine Überlebenschancen, sobald Hunter den Weg unter die Erde gefunden hatte, gegen Null standen und ich mir eine Flucht ohne geeigneten, physisch deutlich überlegenden - ich gab's ja zu - Partner gekonnt von der Backe putzen konnte. Schon zu zweit schien ein Ausweg aus dieser Festung schier unmöglich. Entsprechend erkundigte ich mich also einmal öfter bei meinem Zellengenossen, wie es um seine Gesundheit stand und natürlich versuchte ich auch ein wenig, die Stille hier drin zu überbrücken. So auch am heutigen Tag, als Hunter mit beiden Händen an den Gitterstäben durch die Freiräume in den Gang hinein starrte. Dass mir kurz darauf so auf den Schlips getreten wurde, ließ meine Mundwinkel, die eine Zeit lang konstant auf einer neutralen Höhe hingen, augenblicklich absacken. Meine Augenbrauen kurz darauf ebenfalls. Ich konnte absolut nachvollziehen, dass ihn die ganze Geschichte hier ankotzte - ging mir ja nicht anders -, aber musste er direkt wieder so ausfallend werden? Eine Woche lang hatten wir uns jetzt gegenseitig hier drin unterstützt, wollten uns ausnahmsweise mal nicht gegenseitig abmurksen. Was hatte ich also heute Schlimmes verbrochen, dass seine Laune mir gegenüber so dermaßen umschlug? Schnaubend richtete ich mich aus meiner sitzenden Position auf. Ich hatte mal wieder in der Ecke gehockt, weil ich mir die Beine heute bereits vertreten hatte, wollte aber für diese Konversation zumindest in etwa auf Augenhöhe mit ihm sein. "Könnte ich, aber nicht, wenn du mich in diesem Ton darum bittest.", zischte ich gewohnt zickig, wenn auch weniger energisch als sonst, weil dazu einfach die Energie fehlte. "Ich mache mir ausnahmsweise mal Sorgen um dich, entschuldige bitte, wenn ich mich nach deinem Wohlergehen erkundige.", hängte ich noch ein paar ironische Worte hinten dran und verdrehte dabei leicht die Augen.
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Aber natürlich, jetzt war mein Tonfall schon wieder der falsche. Ich hatte die letzten Tage oft mit mir gerungen, um ansatzweise milde Konversationen mit der jungen Frau führen zu können, aber irgendwann war ganz einfach Schluss. Ich hatte 24/7 Schmerzen, blutete immer wieder, auch Cosmas zusätzliche Rationen reichten nicht aus, um meinen Hunger ansatzweise zu stillen und noch dazu kam der beschissene Entzug. Mir wäre vermutlich Alles recht gewesen, um meine Sinne irgendwie zu betäuben, nur damit mein Körper nicht weiter nach dem Alkohol schrie, den er so schmerzlich vermisste. Meine Psyche litt also nicht nur unter den Foltermaßnahmen, sondern auch unter dem ständigen Drang sich zwanghaft beruhigen zu wollen, was natürlich nicht ansatzweise funktionierte. Das gelegentliche Zittern und die Kopfschmerzen noch dazu und man hatte quasi den ultimativen Cocktail dafür zusammen gemischt, mich zum Explodieren zu kriegen. Im Angesicht dessen war meine Wortwahl wirklich noch mild gewesen, sie sollte nicht schon wieder so eine zickige Mimose sein, mein Gott. Ihre nächsten Worte ließen mich bitter auflachen. Klar doch, sie machte sich Sorgen um mich. Ganz sicher. "Ich brauche aber Niemanden, der sich nach meinem Wohlergehen erkundigt.", schnaubte ich wenig später zynisch zurück und verengte die Augen ein bisschen. Das war ja sowas von gelogen. Vielleicht empfand ich es wirklich so, aber jeder anständige Psychologe hätte mir geraten, mir ganz dringend Leute zu suchen, die mir halfen. Ich zeigte das nach außen hin nie, wenn Jemand in meiner Nähe war, weil ich mir die Blöße nicht geben wollte und ich ja ganz gut alleine zurecht kam. Aber im Rausch kam es nicht so extrem selten vor, dass mich die eine oder andere Welle an negativen Gefühlen überrannte und mich für ein paar Stunden zum Wrack machte, nur damit ich danach wieder von dem ganzen Gefühlsmist befreit von vorne damit anfangen konnte, mir meine eigene Psyche in Grund und Boden zu ruinieren. Etwas Hilfe von außen wäre also durchaus notwendig, von wem auch immer. Cosma wäre jedoch vermutlich eher nicht meine erste Wahl. "Kümmer dich einfach um deinen eigenen Scheiß und lass' mich in Ruhe, verstanden?", fügte ich kurz darauf doch schon etwas lauter und mit mehr Nachdruck noch ein paar mehr Worte hinten an, die sehr deutlich klar machen sollten, wie wenig ich von der Pseudo-Besorgnis der Rothaarigen hier hielt. Denn nein, ich glaubte nach wie vor nicht recht daran, dass sie sich ernsthafte Gedanken darum machte, wie es mir wohl erging. Wieso auch? Sie wäre mich schließlich endlich los, wenn ich einfach in diesem gottverdammten Keller verrecken würde.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Zugegeben war es wirklich schwierig, unter den aktuellen Umständen einen klaren Kopf zu bewahren. Nicht nur, das an und für sich schon alles ziemlich Scheiße war, nein, auch der Nährstoffmangel wirkte sich nicht gerade positiv auf meine Konzentrationsfähigkeit und meine Laune im Allgemeinen aus. Ich hatte Hunger, mein Mangen knurrte und ich hatte schon lange nicht mehr ausreichend Wasser zu mir genommen. Entsprechend reagierte ich vielleicht auch ein wenig zu gereizt auf Hunters Aussage. Sie war nicht unbedingt sehr nett, hob sich aber ansonsten nicht weiter von unserem normalen Umgangston untereinander ab. Ich merkte also, dass die Luft zwischen uns dünn wurde und zu knistern begann, war mir aber - auch in dieser Situation - schlicht und ergreifend zu stolz, einfach nachzugeben. Der unsagbare Drang, etwas auf seine Aussage zu erwidern, ließ mich im ersten Moment müde auflachen. Im Grunde genommen stieß ich damit schon ein paar lautlose Worte aus, die ich ihm ansonsten verbal an den Kopf geschmissen hätte. "Ach, sicher. Ich vergaß, wie du die Sache hier voll unter Kontrolle hast und sicher auch nicht abgedankt hättest, wenn ich nicht mein Essen mit dir geteilt hätte.", knurrte ich mit einem deutlich hörbaren, ironischen Unterton zurück und verschränkte sichtlich verärgert meine Arme vor der Brust. Dabei verzog ich unterbewusst ein wenig das Gesicht, weil die blauen Flecken von neulich sich dieses Mal vor allem über die Arme gezogen hatten und ich etwas ungünstig zu viel Druck auf eine Stelle ausgeübt hatte. Tja. Da versuchte man einmal, zumindest im Ansatz aus Nächstenliebe zu handeln und so wurde es einem gedankt. Nicht das ich etwas Anderes von Hunter erwartet hätte, aber ich war ja doch wieder naiv genug gewesen, als das mir seine Reaktion sichtlich vor den Kopf stieß und ich mich einfach vollkommen blöd und verarscht fühlte. Aus dem Grund zitterten meine nächsten Worte vor Wut, der Kopf lief hoch rot an und wenn ich mehr Kraft zur Verfügung gehabt hätte, wäre auch meine Körperhaltung ihm gegenüber eine ganz andere gewesen. "Ich weiß nicht, ob es dir noch nicht aufgefallen ist, aber mich um meine eigene Scheiße zu kümmern, fällt mir in einer pan vier Quadratmeter großen Zelle irgendwie schwer. Ich frag' mich, woran das liegen könnte...", auch wenn mir eigentlich nicht danach zumute war, hier jetzt auch noch Schauspieleinlagen hinzulegen, hob ich meine Hand auf die Höhe meines Gesichtes an, um mir nachdenklich am Kinn zu kratzen. Dann zeigte ich mit dem Zeigefinger in die Luft, quasi als Zeichen dafür, dass ich eine Antwort auf meine eigene Frage hatte. "Ach ja, jetzt hab' ich's. Vielleicht weil es im Prinzip keine eigene Scheiße gibt, um die ich mich hier kümmern könnte. Einzig und alleine deinen Arsch irgendwie versorgt zu kriegen, damit man eventuell mal über einen Plan nachdenken kann, wie wir hier verfickt noch mal wieder raus kommen, ist das einzig sinnvolle im Moment. Aber wenn du da nicht mitspielen willst, okay. Du gehst zuerst drauf und selbst wenn ich diese ganzen Wichser hier nicht kenne, da gebe ich dir mein Wort drauf.", in Anbetracht dessen wie wütend und aufgebracht ich eigentlich war und das meine Einleitung zunächst ziemlich angriffslustig geklungen hatte, bemühte ich mich um einen provokativ ruhigen Ton, setzte eines meiner Fake-Lächeln aus der Bar auf meine Lippen. Es war ehrlich nicht meine Intention, ihn noch weiter auf die Palme zu bringen, weil uns das effektiv einfach nicht weiter brachte. Unsere Worte würden keine Gitterstäbe verbiegen können und auch die Wachen nicht einlullen, sodass sie uns in die Freiheit entließen. Aber - und das war ja mittlerweile nichts Neues mehr - scheinbar war uns beiden eine Auseinandersetzung einfach wichtiger, als sich auf die wirklich dringenden Dinge im Leben zu konzentrieren.
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Im Grunde war mir unterbewusst schon vorher klar, dass ich auf meine eigenen Sätze Nichts als Widerworte zu hören bekommen würde. Einfach weil das die Art war, wie Cosma immer auf derartige Worte meinerseits reagierte. Nur war das hier gerade wirklich kein gut gewählter Zeitpunkt von uns beiden, um auch noch einen Streit anzuzetteln und in unseren altbewährten Egoismus zurück zu verfallen. Interessierte augenscheinlich nur weder mich selbst, noch den rothaarigen kleinen Teufel, der sichtlich angepisst war. Sie sorgte mit ihren eigenen Worten auch nicht gerade dafür, dass sich die Lage wieder entspannte. "Du tust so, als würde ich wegen zwei verdammten Bissen trockenem Brot weniger sterben, wenn die so mit ihrer Folter weiter machen.", schnaubte ich verächtlich. An sich war ich ihr dankbar für die zusätzliche Energiereserve gewesen und hatte das zum damaligen Zeitpunkt, als sie damit angefangen hatte, auch mit einem wörtlichen Dank quittiert, was an sich ja schon sehr ungewöhnlich für meine Wenigkeit war. Jetzt, wo ich einfach nur frustriert und genervt war, kam davon aber eher Nichts mehr zu Tage. Natürlich war ich kaputt. Ausgelaugt, nicht ansatzweise auf dem Level meiner eigentlich möglichen Kräfte, aber am Arsch war ich auch mit mehr Essen im Magen. Die leicht eingefallenen Augen und die dunklen Ringe direkt darunter sprachen diesbezüglich Bände. "Oh komm schon, Cosma. Wir wissen beide, dass du für die Wichser Nichts wert bist. Es ist mir sowieso ein Rätsel, warum sie dich nicht längst umgebracht haben. Es ist offensichtlich, dass du keinen Schimmer von meinen Geschäften hast... sie setzen also vermutlich eher darauf, dass du mich zu Tode nervst, damit sie sich die Hände nicht selbst schmutzig machen müssen.", knurrte ich weiter vor mich hin und wieder war die eine oder andere sichtlich aggressiver werdende Handgeste dabei, während ich auf sie zu ging und unweit vor ihr wieder Halt machte. "Diesen Kampf hier...", ich zeigte mit dem Finger zwischen uns beiden auf ihrer Gesichtshöhe hin und her. "verlierst du und das wissen wir beide. Egal ob ohne oder mit Fremdeinwirkung.", spuckte ich der jungen Frau meine letzten Worte förmlich ins Gesicht und wäre das hier ein Comic gewesen, wäre mir sicher der Dampf aus den Ohren gestiegen.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Autsch. Nicht mal in meinem zweiten Leben hätte ich mir eingestanden, dass Hunters nächsten Worte mich doch irgendwo ganz tief im Inneren, aber auch wirklich im abgeschiedensten Winkel meiner selbst verletzten. Es hatte mich in den ersten Tagen, wo auch ich in aller Regelmäßigkeit aus der Zelle gezogen und mit entsprechenden Verletzungen der Anhörung wieder hinein gestoßen worden war, wirklich Überwindung gekostet, mein Essen mit ihm zu teilen und somit im Prinzip sein Leben ein Stück weit über mein eigenes zu stellen. Ich aß in der Regel zwar ohnehin nicht viel, aber wie gesagt, wenn man gesundheitlich angeschlagen war, zählte in meinen Augen jeder Bissen. Gut, sah scheinbar nicht jeder so. Seine Aussage diesbezüglich und natürlich die Tatsache, dass es mir psychisch mindestens genau so dreckig ging wie physisch, sorgten auf kurz oder lang dafür, dass mir während des Gesprächs eine einzelne, wütende Träne über die Wange purzelte. Lautlos und ohne Spuren zu hinterlassen, platschte sie zu meine Füßen auf den Boden. Mir platzte innerlich einfach der Kragen und ich wünschte mir in diesem Augenblick nichts sehnlicher, als einfach zu explodieren. Ein großer Knall und die Sache wäre erledigt. Wie bereits erwähnt, wusste ich ja, dass Hunter kein sonderlich dankbarer Mensch war, aber es war weiß Gott nicht das erste Mal, dass ich ihm seinen Arsch gerettet oder es zumindest versucht hatte. War ein Danke mittlerweile Alles, was es dahingehend zu erreichen gab? Kein eine Hand wäscht die andere mehr? Und trat man jetzt auch schon den Stolz seiner Gönner mit Füßen, oder was war da konkret an mir vorbei gegangen? Mein Gott, war ich frustriert. "Es ist einfach nur zum kotzen, wie undankbar du bist... da denkt man einmal nicht nur an sich selbst und schon darf man sich anhören, dass man am End ja doch nur nutzlos ist.", stellte ich ernüchtert fest und schüttelte nur leicht den Kopf, als Hunter die Distanz zwischen uns zu einem Großteil überwunden hatte, nur um mir mit seinen folgenden Worten indirekt zu drohen. Das wiederum ließ mich wieder ziemlich trocken lächeln, auch ein leises Schnauben konnte ich nicht unterdrücken. Er mochte Recht haben, viel hatte ich ihm immerhin nicht entgegen zu setzen. Aber den Moment der Stille und seinen angeschlagenen Zustand spielten mir zumindest in diesem Moment zu meinem Vorteil in die Karten, als meine Hand sich schneller als gedacht durch die Luft schwang um schallend auch das letzte Bisschen Distanz zwischen uns zu überbrücken und mit einem lauten Klatschen auf seiner Wange einzuschlagen. Mir war es wichtig gewesen, zum Ende meines Lebens noch einmal dieses Statement zu setzen, alles andere war mir anschließend scheißegal, hatte ich die Gedanken schon beim Zuschlagen abgeschalten. Ich meine, was hatte ich groß zu verlieren? Entweder die Sverre-Wichser legten mich früher oder später um, oder Hunter kam ihnen hier und jetzt zuvor. Wer mich letzten Endes unter die Erde brachte, sollte für mich keine große Rolle spielen. Nur da ich momentan das ganz dringende Bedürfnis verspürte, meiner inneren Frustration und meinem Ärger Luft zu machen, unterschrieb ich in diesem Sinne mein Todesurteil bei Letzterem, wählte das verhältnismäßig schnelle Ausscheiden aus dem Leben.
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Vielleicht war ich undankbar, ja. Bei Cosma noch so viel mehr als bei anderen Menschen, wie mir während ihrer Worte bewusst wurde. Das hatte sie sich aber bis zu einem gewissen Grad auch ganz einfach selbst zuzuschreiben, weil sie sich nicht selten wie ein penetrant nerviges Miststück aufführte, das meine Nerven über die Maßen zu strapazieren wusste. Dafür konnte sie ganz einfach keine durchweg netten Gegenleistungen fordern, so lief das verdammte Geschäft nicht. "Ich hab mich dafür schon bedankt, soll ich jetzt wochenlang vor dir deswegen auf den Knien rumrutschen oder was?", wetterte ich weiter vor mich hin. Also vorausgesetzt natürlich, dass ich überhaupt noch ein paar Wochen lebte. Wenn das hier so weiter ging, rechnete ich selbst mir dahingehend schlechte Chancen aus. Ich war vielleicht willensstark und körperlich gut trainiert, aber mein Körper hatte wie jeder andere seine Grenzen. Wenn es nicht die immer schlimmer werdenden Verhör-Methoden waren, die mich dahinrafften, dann war es halt eine Wundinfektion. Mit ihrer nächsten Aktion aber brachte sie das Fass mal wieder endgültig zum Überlaufen. Ich hatte ihr eigentlich unmissverständlich klar gemacht, dass sie mit so einer Scheiße wie Ohrfeigen bei mir nicht durchkam. Dass das Konsequenzen hatte, die nur unschön für sie sein konnten. Dieses Mal war sie nicht einmal high auf was auch immer, sondern bei vollkommen klarem Verstand, was es absolut nicht besser machte. Mein Kopf flog genauso wie schon das letzte mal bitterböse zur Seite, weil die junge Frau ordentlich Schwung für die Schelle aufgenommen hatte. Jedoch lief nicht nur die geschändete Haut an der Wange rot an. In meinem gesamten Gesicht kochte die Wut nach oben, als ich meinen Blick förmlich in Zeitlupe zu ihr zurück drehte und ich merkte dabei nicht einmal, dass die Streiterei zwischen uns mittlerweile bis zu der Wache am Ende des langen Gangs vorgedrungen war. Ich hörte die Schritte nicht, als ich ich meinen rechten Arm anhob um den Unterarm an Cosmas Kehle anzulegen und sie ohne zu zögern unbarmherzig nach hinten an die kalte Wand zu drücken. Ihr damit die Luft abzuschneiden, während unser geliebter Wärter vor dem Gitter schon den Gang runter schrie, dass er Verstärkung brauchte. Dann beging er den vermutlich größten, absolut dümmsten Fehler seines Lebens. Er schloss die Zelle auf ohne auf den Rest der Sippschaft zu warten. Seine auffordernden Worte drangen in meinem Rausch von Aggression nur dumpf zu mir durch. Der Kerl erlangte meine Aufmerksamkeit erst, als er mich an der Schulter von Cosma wegzog und mein noch angehobener Arm nutzte den neu gewonnen Spielraum, ohne dass ich überhaupt vorher darüber nachdenken musste, um ihm meine Faust ins Gesicht zu knallen. Der Wärter taumelte nach hinten zurück in Richtung des Gitters, griff noch währenddessen nach dem Maschinengewehr mit Schalldämpfer. Aber als er dann endlich genug Halt mit dem Rücken am Gitter fand, um aus dem Taumeln heraus zu kommen und ansatzweise zielen zu können, griff ich längst nach dem verlängerten Lauf der Waffe. Riss sie ihm aus der Hand donnerte auch das harte Metall direkt in seine ohnehin hässliche Visage, weil das sehr viel schneller ging, als einen Schritt zurück zu machen und ihn zu erschießen. Erst dann hielt ich einen kurzen Moment inne, weil er bewusstlos auf den Boden sank. Das war die eine verdammte Chance, die wir nie hätten kriegen sollen und umgehend nutzen mussten. Als ich weitere, schnelle Schritte kommen hörte, kniete ich mich kurz zu dem Typen runter und löste auch die Pistole noch aus er Halterung an seinem Oberschenkel, ehe ich sie Cosma zuwarf. Ja, ich hatte sie gerade noch umlegen wollen, aber darum ging es hier jetzt nicht mehr. Es ging nur noch darum hier auf Teufel komm raus die Biege zu machen und das ging zu zweit sehr viel besser, als allein. Draußen konnten wir dann immernoch endgültig getrennte Wege gehen.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Also wenn er mich schon so fragte, konnte ich das Angebot ja gar nicht ausschlagen. So ein, auf Knien herum rutschender, Hunter würde sicher ein tolles Bild abgeben und zumindest temporär für ein bisschen bessere Laune sorgen. Es wäre nicht ganz so langweilig, weil ich etwas zu Lachen gehabt hätte, aber leider schien keine ehrliche Antwort von mir erwünscht gewesen zu sein, wie er mir wenig später unmissverständlich klar machen wollte. Ich hatte mir ja bereits gedacht, dass er mich kein zweites Mal mit der gleichen Sache durchkommen lassen würde. Auch hatte ich mich damit abgefunden, dass heute vermutlich mein Todestag sein würde und dennoch fing ich an, hilflos nach Luft zu schnappen, als Hunters kräftiger Arm - auch ausgelaugt war er mir körperlich einfach noch meilenweit überlegen - sich gegen meine Kehle drückte. Gegen den natürlichen Überlebensinstinkt konnte man einfach nichts machen, dennoch beließ ich meine schwachen Arme da, wo sie waren und ein Grinsen zierte meine Lippen, als er mir langsam aber sicher die Luft abschnürte. Allerdings sollte es nicht mehr so weit kommen, dass Hunter es wirklich fertig bringen konnte, mir endgültig das Licht auszuknipsen und dem Leid, welches sich allgemein hinter dem Synonym Leben verbarg endlich ein Ende zu setzen. Ich hatte gedanklich schon mit Allem abgeschlossen, meinen inneren Frieden gefunden, als plötzlich einer der Wachen - seit wann war der denn hier? - das Tor aufsperrte und sich damit noch viel eher nach dem Tod zu sehen schien, als ich es tat. Denn es war ohnehin schon lebensmüde genug, Hunter seiner Freiheit zu berauben, noch sehr viel blöder allerdings, sich alleine in seine unmittelbare Nähe zu begeben, wenn er sowieso schon kurz davor stand, jemanden umzubringen. Die arme Sau hätte einfach warten sollen, bis er mit mir fertig gewesen war und dann mit seinen Brüdern nach dem Rechten schauen sollen. So sorgte er zwar dafür, dass ich für den Moment überlebte, kassierte dafür aber selbst zwei Schläge, die ihn augenscheinlich direkt in die Bewusstlosigkeit beförderten. Meine Augenbrauen wanderten unwillkürlich nach oben, weil ich ehrlich gesagt nicht mit einer solchen Dummheit gerechnet hatte. Noch weniger allerdings damit, das sich uns scheinbar doch noch diese eine Chance bot, aus der ganzen Geschichte hier heile raus zu kommen. Ob wir es weiter als aus dem Keller schaffen würden, war zwar fraglich, aber bei dem Versuch war ich auf jeden Fall dabei. Dann starb ich immerhin als freier Mensch und nicht in so einer mickrigen Scheißzelle. Dennoch brauchte ich einen Moment, um diese neuen Informationen zu verarbeiten, weshalb mir beinahe die Pistole aus den Händen glitt, welche Hunter mir aus der Hocke zugeworfen hatte, nachdem er sie dem Typen abgenommen hatte, der da jetzt nur noch schwach und schutzlos am Boden lag. Nach seinen Brüdern konnte er so zwar nicht mehr rufen, aber das brauchte er auch gar nicht. Ein paar waren sicher schon nach seinem ersten Hilferuf auf ihn aufmerksam geworden und sobald sie feststellten, dass er in unserer Zelle lag, während wir verschwunden waren, würde die Hütte hier ohnehin brennen. Ich befasste mich nicht mehr weiter mit dem Gedanken, warum Hunter mich nicht standrechtlich erschoss, wo er doch eine super Gelegenheit dazu gehabt hatte, sondern konzentrierte mich eher darauf, mit dem bisschen Energie und dem Adrenalin, was langsam meine Blutbahnen flutete, mich auf unsere Flucht zu konzentrieren. Ich stolperte förmlich über dem, am Boden liegenden, jungen Mann nach draußen auf den dunklen Gang, sah mich ein wenig fragend um. Der Hass und die Wut waren für den Moment komplett verschwunden, verschluck von dem Willen, hier irgendwie raus zu kommen. Wir stiefelten nebeneinander her in die einzig mögliche Richtung, jedoch hielt ich in etwa auf halber Höhe vor den Stufen nach oben inne. "Warte.", murmelte ich. "Was hast du vor?", fragte ich, weil bei Gott keine gute Idee gewesen wäre, da jetzt einfach rauszumarschieren. Wir hatten beide keinerlei Vorahnung, wie es da oben aussah und wie viele von den Sverre Wichsern oben nur darauf warteten, uns eine Kugel durch den Kopf zu jagen. Und ganz planlos wollte ich an eine solche Sache jetzt auch nicht ran gehen. Außerdem war da immer noch der Umstand, das sicher schon ein paar Kameraden auf dem Weg hier runter waren.
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Ich konnte die kalte Luft von draußen schon förmlich schmecken, als ich die ersten Schritte aus der Zelle raus machte. Die Waffe in meinen Händen hielt ich inzwischen nach vorne gerichtet, eben für den Fall, dass uns Jemand entgegen kam. Das Adrenalin in meinem Blut schraubte die Reflexe wieder auf Ultimo und auch, wenn jeder Schritt Schmerzen in meinem Körper auslöste, auch die Schnitte wieder angefangen hatten zu bluten, wusste ich das gerade sehr gut auszublenden. Wenn die Bude hier am abfackeln war, dann konnte ich immernoch auf dem Sofa rumliegen und mich auskurieren - denn das würde ganz eindeutig notwendig sein. Zumindest für ein paar Tage, nachdem die Wunden genäht waren. Mein Körper brauchte eine Pause von dem Verbrecherleben. Nach den ersten paar Schritten in eine Richtung, die uns von den hörbaren Stimmen wegzuführen schien, hielt Cosma inne und das mit einer berechtigten Frage. Lange Zeit zum Nachdenken würde ich für eine Antwort jedoch nicht bekommen, weshalb ich möglichst schnell alle möglichen Reserven meiner Konzentration ausschöpfte. Einfach wild um uns zu schießen würde schief gehen. Selbst, wenn wir es bis nach draußen schaffen sollten, lag dort eine weite, offene Fläche mit der Auffahrt vor uns, die sicher fast einen halben Kilometer lang war, bis man dann endlich mal bei der Straße angekommen war. Irgendwer würde uns da erwischen, also musste der Großteil schon vorher eliminiert sein, um das Risiko zu minimieren. Wie bekamen wir das am besten hin? Richtig - mit großflächiger Auslöschung, wenn wir selbst schon aus dem gefährlichen Radius raus waren. "Waffenkammer.", war meine erste, sehr kurz ausfallende Antwort, als ich mich gerade wieder in Bewegung setzte. Wie gesagt, lang stehen zu bleiben war gerade keine Option. "Nur mit zwei Knarren kommen wir hier niemals raus. Da ist schwereres Geschütz nötig...", erklärte ich weiter, während ich am oberen Rand der Treppe angekommen kurz anhielt und tief einatmete, bevor ich in den Gang um die Ecke lugte. Echt jetzt? Zwei Etagen Keller? Man konnte es echt übertreiben. Weil ich kein einziges Fenster in dem kahlen, wenig luxuriös wirkenden Gang sah, war das aber die nahe liegende Schlussfolgerung. Ich hörte bis dato Niemanden, also setzte ich mich erneut in Bewegung und testete auf gut Glück mehrere der Metalltüren an, die links und rechts im Gang lagen. Die meisten waren nicht abgeschlossen, dementsprechend befand sich aber auch Nichts von Wert dahinter. Als ich an der ersten abgeschlossenen Tür ankam, zögerte ich nicht lange ein wenig Distanz zu der Tür aufzubauen und das Schloss kurzum durch ein paar Kugeln zu erledigen. Das verursachte leider Lärm, aber eine andere Option gab es nicht wirklich. Volltreffer. Kaum hatte ich die Tür aufgezogen fiel mir ein kleiner Lagerraum mit zahlreichen Kisten ins Auge, die mir allein von der Optik und stellenweisen Aufschrift verrieten, dass wir hier richtig waren. Ich war dicht gefolgt von der Rothaarigen in dem Raum verschwunden, drehte mich jetzt wieder zu ihr um. "Schau nach ob du Sprengsätze oder Granaten findest... ich behalt' den Flur im Auge.", trat ich einen Teil der Verantwortung und eine Aufgabe an Cosma ab, nickte ihr noch kurz zu und postierte mich dann in der Deckung des breiten Türrahmens. Wir könnten theoretisch auch zu zweit suchen, aber dann hatte Niemand den blöden Gang im Blick und das war riskant.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Gar keine so schlechte Idee. Als Clan einer solchen Größe war ein Lagerraum für Waffen doch unabdingbar. Schließlich mussten sie sich irgendwie gegen Leute wie uns zur Wehr setzen können und wenn sich die Wachen schon mit Maschinenpistolen im Anschlag vor uns aufbauten, konnte man sich hier doch sicher irgendwo an allerlei anderem nützlichen Scheiß bedienen, oder? Ich nickte Hunter also als Zeichen des Verständnis zu, hatte ohnehin keinen besseren Vorschlag in dem Moment und so schleppte ich mich leicht humpelnd - ich hatte einen dicken blauen Fleck auf Höhe der Hüfte, der bei schnelleren Bewegungen zu schmerzen anfing - hinter dem Amerikaner durch den schmalen Gang, um ihm dabei zu helfen, die Türen abzuklappern. Für einen Keller verstauten die Idioten verhältnismäßig wenig Zeug hier unten, war ja fast schon ein wenig enttäuschend, das wir zu Anfang gar nichts fanden, was uns irgendwie brauchbar erschien. Dann aber kamen wir zu einer Tür, die verschlossen war. Zumindest noch für die nächsten zehn Sekunden, denn Hunter zögerte nicht lange, das Schloss einfach aufzuschießen, was mich leicht zusammen zucken ließ. Die Schüsse pfiffen nur so durch den Gang und ich war mir sicher, wenn uns bis jetzt keiner gehört hatte und nach uns schauen kam, würde das Rauskommen hier echt ein Kinderspiel werden. Ich meine, wir verhielten uns jetzt nicht unbedingt unauffällig, wenn wir mal ehrlich waren... Am Liebsten hätte ich zum Knacken der Tür etwas anderes verwendet, aber ich konnte gut verstehen, dass mein Knastkumpane eher weniger die ohnehin knapp bemessene Zeit vergeuden wollte, um dafür nach geeigneten Ressourcen zu suchen. Ich für meinen Teil hätte ja bei einem bisschen klareren Kopf zuerst mal geschaut, ob eventuell der Typ, den er in die Bewusstlosigkeit geboxt hatte, so etwas wie einen passenden Schlüssel bei sich trug, aber gut. Wie auch immer. Die Schüsse waren schon längst erfolgt und mit den leeren Patronenhülsen gingen auch die kaputten Teile des Schlosses zu Boden. Kurz darauf bat mich Hunter - dieses Mal mit einem nicht ganz so provokanten Unterton, wie sonst immer -, im Inneren des Raumes nach ein paar bestimmten Sachen zu suchen. Wir hatten unglaubliches Glück, dass sich die Waffenkammer ganz offensichtlich ebenfalls im unteren Teil des Hauses befand und somit nicht aus unserer Reichweite gelegen war. Sonst hätten wir wohl dagestanden wie der Ochse vor dem Scheunentor... nur mit zwei Pistolen bewaffnet. Mit einem leisen Seufzen, weil ich immer noch müde und kaputt war, einzig und alleine das Adrenalin mich gerade noch am Laufen hielt, nickte ich ihm erneut zu, zögerte aber kurz. Ich überlegte für den Bruchteil einer Sekunde, ob ich Hunter wirklich insoweit vertrauen konnte, als das ich ihm einfach so den Rücken zuwenden konnte, aber im nächsten Augenblick schob ich mich auch schon an ihm vorbei in den verhältnismäßig großen Raum, der bis unter die Decke voll mit irgendwelchen Kisten stand. Ironisch, dass ich plötzlich wieder so an meinem Leben hing, war es mir doch erst vor wenigen Augenblicken scheißegal gewesen, ob Hunter mich gleich umlegen würde. Vertrauen tat ich ihm so oder so nicht. Aber wie ich bereits sagte, hatte er bereits mehrere Chancen dazu gehabt, warum also gerade jetzt, wenn wir auf dem besten Weg nach draußen waren? Machte keinen Sinn... Ich fügte mich seinen Anweisungen dieses Mal also wortlos, beeilte mich auch ein bisschen mit dem Durchsuchen von den Kisten, weil auch ich nicht mehr Zeit verschwenden wollte, als unbedingt nötig war. Es sollte aber auch gar nicht so lange dauern, bis ich aus einer der hinteren Ecken zwei Köfferchen kramte. Sie wirkten unscheinbar, aber damit weckten sie unter den ganzen etikettierten Verpackungen, die hier sonst rum standen, erst recht mein Interesse... Um den Inhalt zu erfahren, legte ich sie auf einer der Holzkisten ab, wo ich schließlich den Deckel öffnete - groß verschlossen waren die Dinger nicht, wirkten sie doch eher wie Aktenkoffer - und meine Augenbrauen beim Anblick der fünf C4 Päckchen inklusive Zünder nach oben riss. "Ich glaube, ich hab' hier was.", ließ ich Hunter wissen, nachdem ich das Köfferchen wieder zugeklappt hatte und sie dann zu seinen Füßen an der Tür abstellte. Dann machte ich mich weiter auf die Suche, würde das nicht reichen, um auf sowas von Nummer sicher zu gehen. Leider fand ich nichts mehr Vergleichbares. Einen Arsch voll Waffen, Munition bis zum Abkotzen und mehrere Liter Benzin, von dem sie vermutlich Hunter einen Teil verabreicht hatten. Ich erinnerte mich noch daran, wie er an einem Tag nach der Folter so bestialisch nach dem Zeug gestunken hatte... Auch die Kanister sammelte ich ein, würde das ganz sicher brandfördernd wirken, wenn wir von hier aus bis nach oben eine Spur zogen. Wenn das Feuer der Explosion ihren Weg zu der Lache gefunden hatte, würde wenig später auch dieser Kellerraum mitsamt der Patronen in die Luft gehen. Und ich war mir sicher, dass das genau die Art von Wums hatte, den wir gerade gut gebrauchen konnte. Des Weiteren ließ ich noch ein oder zwei Granaten mitgehen und noch zwei Maschinenpistolen. Zwar würde es schwierig werden, das alles irgendwie unter zu kriegen, aber wenn ich meine Waffe erst einmal einsteckte und Hunter mir die nötige Deckung gab, konnte ich mich schon mal um das Benzin kümmern. Die Granaten konnte man gut unter den Arm klemmen, während man in jeder Hand einen Koffer trugen. Irgendwie würde das sicher schon funktionieren...
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Ich schob den Kopf nur so weit über den Rand des Türrahmens hinaus, wie unbedingt notwendig war, um mit den hellblauen Augen den spärlich beleuchteten Flur im Blick behalten zu können. Meine Ohren hingegen konzentrierten sich sowohl auf die Geräusche von draußen, als auch darauf, was hinter mir passierte. Cosma fing zeitnah damit an sich im Waffenlager nützlich zu machen und es sollte gar nicht lang dauern, bis sie tatsächlich fündig geworden war und die Koffer bei mir abstellte. "Perfekt.", antwortete ich eher an mich selbst gemurmelt daraufhin und warf noch einen weiteren prüfenden Blick nach draußen, bevor ich mich im Schutz der Deckung hin kniete und die Waffe für einen Moment sinken ließ, um die Sprengladungen zu inspizieren. Fünf sollten reichen, mit ein paar Hilfen hier und da... das Haus war zwar groß, aber wenn man das Ganze nur gezielt genug anlegte, konnten sie zweifelsfrei genug Schaden anrichten. Zumindest genug damit wir hier lebend herauskamen. Ob der Clan dann wirklich ganz hinüber war, soweit wie in dem Gebäude anwesend, stand auf einem anderen Blatt. Sollten danach immernoch zu viele übrig sein, die mir gefährlich werden könnten, musste ich eben noch eine Razzia durch die komplette Stadt anlegen. Zwar war mir das Geld, das dadurch flöten ging, eigentlich zu schade für so einen Scheiß, aber man konnte nicht alles haben. Lieber ein paar Tausender weniger auf dem Konto, als kein Leben mehr - dann brachte mir das Geld nämlich auch Nichts. Als ich mit der Inspizierung der Ladungen fertig war brachte Cosma auch schon weitere nützliche Gegenstände zu Tage, die uns helfen würden. Unter Anderem das von mir von nun an zu gleichen Teilen geliebte, wie auch verhasste Benzin. Kaum hatte sie mir das gezeigt hörte ich Schüsse unmittelbar neben mir an der offenen Tür, die nach draußen in den Gang geschwenkt war. Bevor ich also etwas erwiderte duckte ich mich reflexartig und nahm die Waffe wieder auf, um mich aufs Zurückschießen zu fokussieren. Ich wartete eine Pause des Feuers ab, bevor ich den Lauf des Maschinengewehrs noch in der Hocke nach draußen schwenkte und meinen Gegner ins Auge fasste. Das Zielen und Abdrücken geschah im Anschluss vollkommen instinktiv, während das Adrenalin förmlich durch meine Adern rauschte. "Kipp einen Kanister aus.", war Alles, was ich zwischen den Schüssen dann einmal etwas lauter über meine Schulter hinweg zu der Rothaarigen rief. Sie war nicht blöd - sie würde schon wissen, dass ich damit nicht meinte ihn einfach auf einer Stelle am Boden auszuschütten, sondern im besten Fall großflächig über all der schönen Munition zu verteilen. Ich selbst hatte mir noch ein Magazin für das Gewehr bei Seite genommen und in die seitliche Hosentasche gesteckt. Das musste neben den Maschinenpistolen und Granaten dann schlichtweg reichen. Leider musste ich mich jetzt erneut in die Deckung flüchten, weil noch drei Mann anrückten. Ich erwischte erst eine Lücke zwischen ihren Schüssen, als sie schon recht nah waren, weshalb mir der letzte beinahe bis vor die Füße kippte. Als auch die erledigt waren und in ihren Blutlachen im Gang auf dem Boden herum lagen, drehte ich mich erstmals mit beiden der C4-Koffer in der Hand zurück in den Lagerraum, weil kurz Ruhe zu sein schien. Das Problem war jetzt der Zeitzünder... wie lange würden wir hier raus brauchen? Kaum länger als zehn Minuten, oder? Außerdem ließen die sich leicht runter zählen. Wenn wir noch länger als zehn Minuten brauchten waren wir vermutlich sowieso am Arsch, weil dann die ganze Schwadron an Sverres putzmunter angerannt kam. Also stellte ich sämtliche Sprengsätze auf zehn Minuten und startete sie so gleichzeitig wie möglich, bevor ich eine der Ladungen direkt an der Wand und nahe der inzwischen in Benzin getränkten Kisten platzierte. So würde die für die oberen Etagen stützende Wand und Decke mit ziemlicher Sicherheit nachgeben und der Rest hier flog auch noch in die Luft. Dann klappte ich die Koffer mit den übrigen Sätzen wieder zu und steckte auch die Granaten in der bis jetzt noch freien Seitentasche meiner Hose ein. Ehrlich gesagt war es mir ganz einfach zu riskant, die Dinger Cosma zu überlassen. Letztere sah ich jetzt dann auch das erste Mal seit der Schießerei wieder an. "Wir haben noch knapp zehn Minuten, bis wir raus sein müssen. Ich geb' Feuerschutz, du kümmerst dich weiter ums Benzin... okay?", besprach ich den weiteren Plan mit der jungen Frau, bevor ich die Koffer hochnahm und mir noch eine der Maschinenpistolen umgehängt hatte. Ohne den Schulterträger wäre es mit der geringen Anzahl an Händen wirklich problematisch geworden. Die Rothaarige war schließlich allein mit den beiden noch übrigen Benzinkanistern ziemlich ausgeschöpft und ich brauchte zumindest eine Hand zum Schießen.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Ich hatte meinen Kopf gerade zwischen ein paar Kisten gehabt, als plötzlich die Schüsse fielen. Sofort verspürte ich das Bedürfnis, mich ducken zu müssen, aber das war aus meiner Position heraus gerade nicht möglich. Es blieb mir also nichts anderes übrig, als mehr oder weniger ziemlich ruhig aus der Ecke, in der ich mich gerade aufgehalten und ein paar Wurfmesser gefunden hatte, zu kommen, wenn ich mir nicht meinen Schädel oder ziemlich unglücklich einen meiner ohnehin schon blauen Flecke stoßen wollte. Als ich wieder aufrecht stand, warf ich Hunter einen zu gleichen Teilen fragenden, aber auch panischen Blick zu. Es schien, als sei die Verstärkung, nach der gerufen worden war, endlich eingetroffen zu sein. Es fiel mir unglaublich schwer, unter diesen Umständen einen klaren Kopf zu bewahren, weshalb ich doch wirklich dankbar dafür war, dass das Denken der junge Mann für mich gleich mit übernahm. Wie ein ferngesteuertes Dummchen führte ich lediglich die Befehle aus, die Hunter mir zukommen ließ, hatte die Messer, welche ich aus der Ecke gekramt hatte, achtlos zur Seite geworfen und mir einen der Benzinkanister gegriffen. Zwar war ich momentan ein wenig verstreut, verstand aber trotzdem, wie ich den Auftrag auszuführen hatte und so sparte ich nicht daran, auch die letzte Ecke dieses Lagerraums mit der leicht entzündlichen Flüssigkeit zu versehen. Der beißende Geruch stieg mir schon bald in die Nase und so zog ich mir zumindest für die Zeit, in der wir uns noch hier unten aufhielten, mein dreckiges Shirt über das Gesicht. Zwar roch ich selbst nicht unbedingt nach Rosenbeeten, aber immerhin ätzte mir so der Treibstoff nicht meine Nasenflügel weg. Es gab durchaus Chemikalien, die weitaus penetranter rochen und beim Einatmen deutlich gefährlicher waren, aber sobald man sich in einem geschlossenen Raum aufhielt, in der keine gescheite Luftzirkulation herrschte, konnten die Augen auch schon bei simplen Benzin gereizt reagieren und tränen. War bei mir zum Glück noch nicht so weit, aber ich wäre dennoch froh, wenn wir hier alsbald die Biege machten. Nicht zuletzt wegen den Sverres, die ab jetzt wohl minütlich mehr werden würden. Während ich den Kanister entleerte, hatte ich versucht, mich nicht weiter auf die Schüsse in meinem Rücken zu konzentrieren, musste einfach zu Gott beten, dass Hunter die Sache im Griff hatte und ich in, wenn man das so sagen konnte, Ruhe meine Aufgabe ausführen konnte. Zumindest dahingehend sollte er mich aber nicht enttäuschen und so war es kurze Zeit später wieder still in den Kellergewölben, nur die Worte des Amerikaners brachen die Stille. Und das penetrante Piepen der C4 Päckchen, die damit signalisierten, dass uns wirklich nicht mehr viel Zeit blieb, bis hier alles in die Luft gehen würde. "Ich versuch' mein Bestes.", antwortete ich unsicher und schnappte mir währenddessen die beiden noch vollen Benzinkanister, nachdem auch ich mir eine der Maschinenpistolen mit dem Schultergurt umgelegt hatte. Sicher war sicher und sobald ich damit fertig war, das Benzin zu entleeren, wollte auch ich mich irgendwie verteidigen können. Gegen mehrere Gegner wäre eine einfache Pistole wohl nicht ausreichend, also ja... Ich fühlte mich einfach sicherer, wenn das Teil so an meiner Hüfte baumelte, als ich den Lagerraum verließ und mir erst einmal das Blutbad besah, welches Hunter angerichtet hatte. Ich seufzte leise, merkte, wie ein unangenehmes Pochen sich in meinem Kopf breit machte und mich in meiner Konzentration noch mehr einschränkte, als ich es ohnehin schon war. Dass ich mein Leben jetzt mehr oder weniger in Hunters Hände legen musste, schmeckte mir zwar gar nicht, aber eine andere Alternative als diese gab es im Augenblick wohl nicht. Ein Kanister Benzin würde nicht ausreichen, nur weil darauf bestand, in der anderen Hand eine Wumme zu tragen. Ich akzeptierte also mein Schicksal, schickte ein stummes Gebet gen Himmel und setzte mich dann wieder in Bewegung, stieg über die leblosen Körper die Treppenstufen nach oben, ehe ich vor der Tür zum Wohnzimmer der Villa inne hielt. Ich drehte mich zu Hunter, flüsterte meine, an ihn gerichteten, Worte. "Am besten gehst du vor, ich bleibe hinter dir und ziehe dabei die Spur.", murmelte ich also und stellte beide Kanister noch einmal zu meinen Füßen ab, um die Deckel abzuschrauben, denn dafür würde ich gleich keine Zeit mehr haben, wenn sich auch nur ansatzweise so viele Idioten in der Wohnstube aufhielten, wie ich es mir gedanklich ausmalte. Ich rückte mit den beiden Gefäßen ein Stück zur Seite, um Hunter neben mir vorbei ziehen zu lassen. Dann brachte ich mich in Position.
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Gut, sie war also einverstanden. Alles Andere wäre jetzt auch nur unnötig hinderlich gewesen und ein weiterer Streit war nicht unbedingt das, womit wir jetzt glänzen sollten. Dafür hatten wir immernoch genug Zeit, wenn wir es lebend hier raus schafften und nicht gemeinsam mit dem Rest der Bude in die Luft flogen. Also begannen wir schon bald damit uns weiter vor zu arbeiten, die Bude weiter darauf vorzubereiten, dem Erdboden gleich gemacht zu werden. Die nächsten paar Meter bis zur nächsten Treppe sollten so weit, so gut auch komplett unproblematisch verlaufen und an deren oberem Ende angekommen, machten wir wieder Halt. Cosmas darauffolgende Worte machten Sinn. Sie würde schließlich nicht dazu kommen noch mehr Benzin auszukippen, wenn sie vorher von Kugeln durchlöchert wurde. War also sinnvoll, wenn ich voraus ging und deshalb schob ich mich nach einem deutlich sichtbaren Nicken an ihr vorbei. Besah mir dann noch einmal kurz das Magazin des Maschinengewehrs. Es war kein großes, allzu viel Schuss dürften nicht mehr drin sein und ich würde bald wechseln müssen. Wenn es so weit war, brauchte ich Deckung. Es hieß also zumindest einen Teil des hinter der Tür liegenden Raumes zeitnah, ohne Zwischenfälle zu säubern und in Deckung gehen zu können. Ohne viel Zeit zu verlieren, verstand sich ja von selbst. Ich warf nach kurzem, tiefem Durchatmen noch einen prüfenden Blick zu Cosma und sie schien bereit zu sein, also trat ich die Tür auf und fokussierte den Blick auf Alles und Jeden, der sich im Folgenden zu bewegen begann. Ein bewaffneter Kerl stand unweit der Tür und durfte sich zuerst einem Kopfschuss erfreuen, bevor ich zwei weitere ausschaltete, die mit dem Rücken zu uns auf dem Sofa saßen. Sich offenbar nicht in der Pflicht sahen - beziehungsweise beim Reagieren auch einfach zu langsam waren -, etwas zu unternehmen und bei genauerem hinsehen war einer der beiden auch ein führender Kopf der gesamten Organisation. Das erklärte immerhin die Untätigkeit, nicht aber die Unfähigkeit sich in derartiger Alarmbereitschaft dermaßen gemütlich auf dem Sofa breit zu machen. Naja, gut für uns. Weil ich weitere Handlanger durch die große Flügeltür auf der anderen Seite des Raumes erschienen flüchtete ich mich doch erst einmal in den Schutz des teuer aussehenden Sofas, als deren erste Schüsse durch die Luft zischten. Taktisch durchdacht sah ich aber nicht einfach vollkommen vorhersehbar über die Lehne des Sofas und schoss von da aus, sondern arbeitete mich geduckt bis zum linken Ende der relativ langen Couch vor, wechselte dabei das inzwischen leere Magazin. Im Anschluss feuerte ich aus dieser eher unerwarteten Position und erwischte alle drei damit ziemlich kalt, wobei mir der letzte Schuss aus deren Richtung doch knapp am Kopf vorbei gezischt war. Das Glück schien weiter auf unserer Seite zu sein, als ich mich dicht gefolgt von der Rothaarigen wieder aus der Deckung wagte und weiter in Richtung der breiten Tür zum Flur ging, wobei ich auf dem Weg noch eine Ladung C4 in der Benzinlache zurückließ. Neben der Tür musste ich dann aber doch wieder inne halten, weil die riesige Eingangshalle gerade quasi mit Arschlöchern überflutet wurde. Manche kamen über die breite Treppe nach unten, andere aus Räumen auf der gegenüberliegenden Seite und ich hatte noch nicht einmal den gesamten Flur von hier aus im Blick, weil die Treppe so ungünstig mittig lag. Shit. Als ich gerade ins Auge fasste, dass sowohl eine vordere Eingangstür, als auch eine hintere Tür in den Garten vorhanden war, erfolgten dann die nächsten Schüsse in unsere Richtung. Vorne waren viel mehr von denen, hier raus zu kommen wäre nach ersten Erkenntnissen an der hinteren Tür also einfacher. "Ohren zuhalten.", war Alles, was ich noch zu meinem weiblichen Anhängsel sagte, bevor ich eine der Granaten aus der Hosentasche nahm, den Stift mit den Zähnen zog und das nette kleine Geschenk dann zu unseren Angreifern warf. Das war noch weit genug weg, damit die Wand, die gerade als unsere Deckung fungierte, wohl kaum mit einstürzen würde. Wie es mit der Wand auf der anderen Seite des Flures aussah, war eine andere Geschichte.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Sein überdeutliches Nicken war wohl ein Zeichen dafür, dass mein Plan sich gar nicht mal so scheiße angehört haben konnte und durchaus einen Versuch wert war. Nun, andererseits hätte er sich ziemlich bald alleine einen Weg hier raus suchen und erkämpfen müssen, denn Tote liefen bekanntlich nicht mehr sonderlich weit. Und sobald ich, nur mit den Benzinkanistern bewaffnet, meinen großen Zehn vor die Kellertür setzte, würden mich vermutlich etliche Kugeln durchsieben. Dass es im Wohnzimmer gar nicht mal so sehr von den Sverre Mitgliedern wimmelte, wie ich es mir bildlich vorgestellt hatte, konnte ich zu dem Zeitpunkt ja noch nicht wissen und so war ich froh darüber, dass Hunter meinem Vorschlag scheinbar nichts mehr entgegen zu setzen hatte. Ich nutzte die Zeit, in der er sich an mir vorbei schob und noch ein letztes Mal das Magazin der Waffe überprüfte, um mich selbst ein wenig zu sortieren. Nach einem tiefen Atemzug sollte dann aber alles ganz schnell gehen. Nachdem die Tür förmlich aus den Angeln geflogen war, blieb ich noch einen kurzen Moment im Schutz des Schattens, bis der Typ, der unmittelbar nahe der Tür patrouilliert hatte, den Löffel abgegeben hatte. Im direkten Anschluss daran heftete ich mich an Hunters Fersen und für die nächsten paar Minuten sollte ich zu seinem Schatten werden. Ich folgte ihm auf Schritt und Tritt... Sobald er sich duckte, duckte ich mich ebenfalls. Hielt er an, tat ich es auch. Nur mit einer Sache hörte ich zu keiner Zeit auf, nämlich diesen Gott verdammten Benzinkanister zu leeren. Ich war ganz froh, dass wir zeitweilig hinter dem luxuriösen Sofa rasteten, denn so konnte ich den zweiten Kanister in Anschlag bringen und war somit bereit für Runde zwei. Während Hunter sich auf dem Boden an das andere Ende des Sofas robbte, war ich sein Auge im Rücken, prüfte, ob es nicht noch jemand aus dem Hinterhalt auf uns abgesehen hatte, aber Fortuna schien gnädig mit uns zu sein und hielt ihre schützende Hand über unser Haupt. Zwei, drei Schüsse später hörte ich tote Körper auf dem Boden aufschlagen, dann verließen wir unsere Deckung wieder. Im Verhältnis war es plötzlich ziemlich ruhig geworden, als wir uns der Tür zum Flur näherten, aber das sollte nicht lange so bleiben. Schon ein paar Sekunden später steckten wir nämlich in einer ziemlich misslichen Lage, wie mir schien und ich wäre beinahe eines Herztodes gestorben, als es aus einer dunklen Ecke unweit von uns jemand auf Hunter abgesehen zu haben schien. Instinktiv packte ich den halb vollen Benzinkanister mit beiden Händen, um ihn mit viel Schwung gegen den Kopf des Angreifers knallen zu lassen, der, um an den Amerikaner ran zu kommen, erst einmal an mir vorbei gemusst hatte. Schien, als hatte er gehofft, ihn mit der Ablenkung seiner Brüder von seiner Position aus überlisten zu können, sah mich da wohl eher als einen unwesentlichen Faktor, der ihm dann schließlich doch den ein oder anderen Strich durch die Rechnung gemacht hatte. Es tat einen dumpfen Schlag und der Schockmoment ließ Hunters Worte ein Stück weit zu spät in mein Ohr dringen. Dies hatte zur Folge, dass ich den lauten Knall der Granate beinahe ungedämpft mitbekam, weil ich den Kanister nicht schnell genug loslassen konnte, um mir die Ohren zuzuhalten. Ein leichter Schwindel und ein nervtötender Tinnitus behinderten mich zeitweilig beim Laufen, aber auf dem Weg nach draußen sollte sich auch der wieder gelegt haben, beziehungsweise zumindest zurück gegangen sein. Kurz bevor wir die Tür zum Garten erreicht hatten, hob ich das Maschinengewehr an und zielte auf die Benzinlache am beinahe anderen Ende des Ganges. Es brauchte mich in der Verfassung ein paar Versuche, bis ich schließlich mit einer Kugel die Flüssigkeit traf, welche unter dem Schwarzpulver und der starken Hitze schließlich Feuer, welches sich schnell an der Spur aus Brand fördernder Flüssigkeit entlang züngelte. "Jetzt aber nichts wie weg...", rief ich Hunter noch zu, bevor ich das letzte bisschen Energie aufbrachte, um mich auf wackligen Beinen in die Natur hinaus zu schleppen. Zum ersten Mal seit Tagen atmete ich wieder frische Luft und ich wäre beinahe in das perfekt getrimmte Grad gefallen, weil ich so froh darüber war, endlich wieder einen Windhauch durch meine Haare fegen zu spüren, aber noch war keine Zeit für eine Pause... Erst mussten wir es noch heile von dem Grundstück schaffen und das sollte mit der Deckung der Heckenskulpturen nur noch ein kleines Problem darstellen.
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Cosma sollte sich doch nochmal als wirklich nützlich herausstellen. Natürlich erforderten besondere Situationen wie diese hier auch ganz einfach besondere Maßnahmen. Vielleicht sollten wir uns öfter einsperren lassen, damit daraus sowas wie gutes Teamwork entstand - ha, ha, ha. Jedenfalls war ich für den Kanisterwurf doch sehr dankbar und aufgrund dessen schadensfrei davongekommen. Der Großteil der Typen in der großen Eingangshalle war indessen durch die Granate entweder tot oder lädiert und so musste ich den kleinen, noch übrig gebliebenen Rest nur noch mit ein paar Schüssen versehen, bevor sich die Sache in dieser Hinsicht vorerst erledigt hatte. Ich selbst quälte mich von nun an eine kleine Weile mit dem mir schon lange bekannten Tinnitus herum, dem ich aber gar keine große Beachtung schenkte. Ich hatte ohnehin schon Kopfschmerzen und die Schnitte an meinem Bein verloren noch immer auf schmerzhafte Art und Weise Blut bei jedem Schritt, weshalb mein Hosenbein auch zunehmend nasser wurde, da war das Piepen in den Ohren jetzt auch kein Hindernis mehr. Als der Bereich ebenfalls sauber war - von dem in der Luft hängenden Staub von der Sprengung mal abgesehen - ließ ich das Gewehr liegen und verteilte noch zwei der Sprengsätze. Einen an der steinernen Treppe, den anderen an einer der Wände. Dann machte ich mich doch zügig mit Cosma auf den Weg zur hinteren Ausgangstür und sammelte auf dem Weg dahin aber noch das Mobiltelefon eines Typen ein, sehnte ich jetzt doch wirklich dringend die endgültige Freiheit herbei. Ein privates Taxi wäre aber gut, um keinem Zivilisten mittels Knarre vor dem Gesicht und aus seinem Auto scheuchen unsere Gesichter zu zeigen. Zumindest Cosmas' nicht, meines jagten die Bullen ja sowieso schon. Aber es war sehr naheliegend, dass ich eine derartige Explosion nicht ganz alleine zu verantworten hatte. Die Cops waren ja leider nicht von Übergestern und hatten auch über den Sverre-Clan einige Infos. Wussten, dass so Manches dort nicht mit rechten Dingen zuging. Allerdings ließen die Jungs sich genauso ungern Etwas anhängen wie ich selbst. Dementsprechend selten buchteten sie von den Arschlöchern auch Jemanden ein. War also gut, dass wir einige von ihnen binnen weniger Minuten in die Luft jagen und unter den Trümmern begraben würden. Ein Sprengsatz war aber noch übrig und zeigte kaum mehr als dreißig Sekunden an, als wir die Gartentür passiert hatten. Die Koffer hatte ich schon drinnen liegen lassen, lief zügig noch einmal ein Stück in entgegengesetzter Richtung an der Außenwand entlang, um das letzte Päckchen Sprengstoff an der Hauswand zu platzieren. Die letzten fünfzehn Sekunden nutzte ich dann zu einem kurzen Sprint, wollte ich bei der Explosion doch gerne schon ein paar Meter weit weg sein. Ich hatte gerade zu der schlanken Rothaarigen aufgeschlossen, da sollte auch schon der laute Knall ertönen und mein Instinkt riet mir dringend mich deshalb zu ducken, obwohl wir aus dem gefährlichen Radius schon raus waren und ich mich gerade hinter die Hecke flüchtete. Es krachte im Folgenden ordentlich, was sicher einige Kilometer weit hörbar sein würde. Deshalb gingen die Schüsse, die kurz darauf in unsere Richtung zischten, in dem Lärm auch fast komplett unter, während ich das Mobiltelefon zückte, das ich mir vor wenigen Augenblicken geklaut hatte. Ich merkte nur, dass das Feuer auf uns erneut eröffnet worden war, weil ein scharfer Luftzug an mir vorbeiging. Letzterer war der ausschlaggebende Grund dafür, dass ich mit der freien Hand nach der noch immer an meinem Körper herum baumelnden Maschinenpistole griff.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Jetzt, wo zunehmend mehr Ruhe einkehrte, merkte ich, wie jeder meiner Knochen wieder unglaublich schwer zu werden schien. Ich konnte kaum noch die Augen aufhalten, als ich Hunter in den Schutz der Hecken folgte, nachdem er den letzten Sprengsatz an einer der Hauswände positioniert hatte. Als er noch einmal umgekehrt war, hatte ich einen flüchtigen Blick auf die übrig gebliebenen Sekunden des C4 Päckchens erhaschen können und hatte mein Tempo daraufhin um ein Vielfaches beschleunigt. Im Geiste zählte ich die dreißig Sekunden runter, aber dadurch, dass alle Päckchen manuell geschaltet worden waren, vernahm ich schon bei vier, drei und zwei Sekunden die lauten Knalle von den Sprengsätzen aus dem Kellergeschoss, die ihre zehn Deathtimer als erstes erreicht hatten. Als der Amerikaner mit einem Sprint zu mir aufgeschlossen hatte, stürzten wir gemeinsam hinter eine etwas höhere Hecke und auch wenn wir schon ein gutes Stück aus der Gefahrenstelle waren, vernahm ich die Detonation dennoch als starke Vibration in den Knochen und natürlich akustisch durch den lauten Knall. Weil ich mich vor umherfliegenden Teilen bestmöglichst schützen wollte, schloss ich die Arme um meinen Kopf - konnte mir so auch direkt die Ohren zuhalten - und zog die Beine eng an meinen Oberkörper. Zumindest, so gut das mit der Maschinenpistole vor dem Bauch eben ging. Dass dadurch kaum mehr als die dumpfen Schläge der Explosion an mein Ohr drangen, ließen mich unseren Angreifer erst viel zu spät erkennen. Hunter war wohl mindestens genau so überrascht, zu sehen, dass einer der Sverre Brüder es entweder noch rechtzeitig aus dem Haus geschafft oder nur mehr oder weniger beiläufig mitbekommen hatte, dass im Inneren des Hauses etwas nicht zu stimmen schien. Vielleicht war er die meiste Zeit auf der Terrasse inmitten des schönen Sonnenscheins gelegen - wobei das angesichts der ziemlich kühlen Temperatur eher meine letzte Vermutung gewesen wäre - oder aber er hatte einen Spaziergang durch den dekadent großen Garten gemacht, als wir uns den Weg aus unserer Gefangenschaft frei gekämpft hatten. Anders konnte ich mir nicht erklären, wie es möglich sein konnte, dass er vollkommen unverletzt mit einer Waffe irgendwo zwischen den Hecken herum tollen und uns an der Nase herumführen konnte. Es fiel mir unglaublich schwer, mich jetzt noch groß zu konzentrieren und so brauchte ich einen Augenblick, bis ich zwischen den Zweigen und Blättern endlich ein Gesicht erhaschen konnte. Aber sobald er realisiert hatte, dass mein Augenmerk auf ihm lag, verschwanden die Umrisse auch schon wieder, um sich nach der aufgeflogenen Deckung neu zu positionieren. Die Geräuschkulisse war mittlerweile ein wenig abgeebbt, zu hören waren lediglich noch ein paar Trümmerteile, die in sich zusammen sackten, als ich Hunter mit einem leichten Schubs gegen die Schulter dazu aufforderte, sich wieder in Bewegung zu setzen. Jetzt hier sitzen zu bleiben, wäre nämlich unser sicherer Tod gewesen und wir waren jetzt schon so weit gekommen, da wollte ich nicht doch noch durch einen Kopfschuss den Löffel abgeben. Dem Verlauf der Hecke folgend, landeten wir irgendwann in einer Art von Labyrinth, in der es rechts und links, sowie vorne und hinten nahezu identisch aussah, was mich entnervt aufstöhnen ließ. Im Hinterkopf hatte ich dabei das klassische Anwesen des Bösewichts aus einem Aktionfilm. So mit Irrgarten und etlichen Fallen. Am besten noch einen Pool voller Piranhas und das Bild wäre perfekt gewesen. Leise fluchend, weil ich nicht zu träumen gewagt hatte, dass Fortuna uns ausgerechnet in dieser Situation jetzt im Stich ließ, hatte auch ich die Waffe wieder im Anschlag, trottete stets wachsam neben Hunter an den Immergrünen Hecken vorbei. Es dauerte uns bestimmt fünf, wenn nicht sogar zehn Minuten, in denen wir mit unserem Verfolger das Katz und Maus Spiel spielten und ich wollte schon einen lauten Siegesschrei ausstoßen, als wir hinter einer der unzähligen Ecken endlich eine eiserne Tür erblickten, die vielversprechende Hoffnung auf Freiheit in mir weckte. Nichts desto trotz näherten wir uns mit der nötigen Vorsicht, immerhin konnten wir nicht zu einhundert Prozent sicher sein, dass dort nicht doch noch der Typ auf uns wartete, in weiser Voraussicht, dass wir den Ausgang auf kurz oder lang sicher gefunden hätten. Sollte er der Familie angehören, kannte er das Labyrinth wie seine Westentasche und besaß damit uns gegenüber einen entscheidenden Vorteil. Und als hätte ich etwas Derartiges geahnt, sollten sich meine Sorgen im nächsten Augenblick auch als begründet herausstellen. Ich hörte nur noch ein lautes Rascheln, als plötzlich ein Hund in der Größe eines Kalbes - das war natürlich übertrieben, aber mein lieber Schwan, war das Tier massig - aus einer der Hecken geschossen kam und vor meinem geistiges Auge setzte sich das Bild zusammen. Na klar, der Typ, der uns am Arsch klebte, hatte sicher um das Anwesen herum patrouilliert, was auch den Köter erklären würde, der unserem Verfolger gerade massig Zeit zum Aufholen gewonnen hatte. Ich brauchte ein oder zwei Lidschläge, bis die Information an mein müdes Gehirn weiter gegeben wurde. Erst dann konnte ich angemessen darauf reagieren, indem ich die Maschinenpistole ansetzte, um fast schon panisch zwei Schüsse abzufeuern, die den Hund alsbald dahinraffen sollten. Durch das Tempo, was er vorher drauf gehabt hatte, als er Hunter angesprungen war, hatte er den ohnehin bereits lädierten Mann zu Boden gerissen, welcher sich mit seiner Maschinenpistole glücklicherweise gegen die Bisse schützen konnte. Metall konnten die Viecher ja zum Glück noch nicht zerbeißen. Allerdings hatte sein Besitzer in der Zeit zu uns aufgeschlossen und trat neben meinem Fluchtkumpanen aus einer der uneinsichtigen Ecken. Die Schrotflinte, die er bei sich trug, hatte er stets auf den, am Boden liegenden, Hunter gerichtet, der gerade den toten Körper des Hundes zur Seite geschoben hatte und damit noch voll und ganz abgelenkt zu sein schien. Ich allerdings hatte ihn bereits auf meinem Radar gehabt, wollte ihm zuvor kommen, da mein Maschinengewehr doch eindeutig schneller schoss, als seine Schrotze, aber das hohle Klicken verriet mir, dass das Magazin aufgebraucht war und ich damit heute niemanden mehr erschießen konnte. Das wiederum versetzte mich so sehr in Panik, dass ich kurzzeitig nicht mehr wusste, was ich jetzt tun sollte, als der Angreifer den Hahn zurück zog und damit deutlich signalisierte, dass der Schuss gleich folgen würde. Noch bevor ich überhaupt darüber nachdenken konnte, warum ich Nachfolgendes tat, hatte ich mich bereits in Bewegung gesetzt, um mich schützend vor Hunter zu stellen, der es ansonsten nicht mehr geschafft hätte, auf die Beine zu kommen. Die Schrotladung, die eigentlich ihm galt, schlug also in meinem Oberkörper ein, wo sie sonst den Kopf meiner Begleitung getroffen hatten. Ich starrte entsetzt in die Richtung unseres Verfolgers, der sichtlich unzufrieden darüber zu sein schien, dass ich mich dazwischen geworfen und ihm sein Attentat ruiniert hatte. Dann allerdings glitt mein Blick Richtung der offenen Wunde, die nicht lange darauf wartete, das Bluten anzufangen. Und mit der lebenserhaltenden Flüssigkeit schied auch zunehmend mein Bewusstsein aus der Wunde zu fließen, sodass ich wenig später kraftlos in mich zusammen sackte und mit dem Gesicht voran auf den geschotterten Gehweg aufschlug.
# Is it all a tragedy? Are we flashes in a rut going in and out of luck? Maybe. #
Während hinter uns Stück für Stück das Anwesen des Clans in sich zusammenfiel und wir den wohl letzten Verfolger erst einmal stehen ließen, arbeiteten wir uns an der Hecke vor, die uns schon bald in einen Irrgarten führen sollte, wobei ich den Anruf an Tauren zu Ende führte, weil er der am nähsten stationierte meiner Männer sein musste. Das war jetzt auch absolut das, war wir unbedingt noch gebrauchen konnten. Ich war ohnehin noch nie ein Freund von Labyrinthen gewesen und dieses hier machte uns das Entkommen jetzt richtig unnötig schwer. Relativ planlos nahmen wir also mal hier und mal da eine neue Abzweigung in blinder Hoffnung, irgendwann den Ausgang zu finden. Letzteres sollte nach einer gefühlten Ewigkeit auch endlich passieren, jedoch hielten wir beide einen Moment lang inne. Es war ja leider nicht zu sehen, was hinter der blöden Tür auf uns wartete. Im nächsten Moment sollte das aber auch schon gar keine Rollen mehr spielen, weil ich im Augenwinkel eine schnelle Bewegung wahrnahm und mich in deren Richtung drehte. Daraufhin fiel mich der Bulle von Hund auch schon in einem Affenzahn an und warf sich mit all seinem Gewicht auf mich, was mich unweigerlich auf dem Boden landen ließ. Hätte ich nicht instinktiv die Waffe vor mir gehalten, hätte ich seine Zähne sehr wahrscheinlich an der Kehle gehabt. Entweder er hätte mir letzte einfach herausgerissen oder mindestens eine klaffende, fast irreparable und infektiöse Wunde hinterlassen, die mich später dahingerafft hätte. So weit sollt es dank meiner Fluchtkumpanin aber nicht kommen, die mir das Vieh vom Hals schoss. Der Hund wog sicher an die fünfzig Kilo, was mir beim beschwerlichen bei Seite schieben seines muskulösen Körpers mit den inzwischen müden Armen bewusst wurde. Meine Kraftreserven neigten sich nach der ganzen Lauferei jetzt dem Ende zu und auch die Konzentration schwächelte merklich. Denn ich kam kaum noch dazu die Situation überhaupt zu analysieren, als ich das Klicken der Schrotflinte hörte. Ich sah nur noch flüchtig den auf mich gerichteten Lauf, bevor der unverkennbar laute Schuss ertönte und sich im selben Moment aber Jemand vor mich warf, wenig später wegkippte. Damit war das Schussfeld für mich frei und ich stand inzwischen endlich auf den müden Beinen, weshalb sich das Shotgun-Problem schon bald erledigt hatte. Noch während der Angreifer seine Waffe nachlud durchlöcherten sein Gesicht mehrere Kugeln der Maschinenpistole in meinen Händen. Erst jetzt, als die Gefahr endgültig gebannt zu sein schien, fiel mein Blick auf Cosma. Natürlich, sie hatte sich vor mich geschmissen, sonst war ja keiner aus meinem eigenen Team da gewesen. Der Streuschuss, der ihren Oberkörper zierte, machte das überdeutlich und dennoch verstand ich es nicht, weshalb ich in den folgenden zwanzig Sekunden einfach nur dastand und sie anstarrte. Ein Teil von mir wollte sie einfach liegen lassen, hatte ich sie vor etwas mehr als einer halben bis dreiviertel Stunde doch ohnehin umbringen wollen. Aber warum hatte sie das gemacht? Sie mochte mich doch nicht, das hatte sie mir wortwörtlich oft genug klar gemacht, sie wäre mich damit dann endgültig los geworden und hätte ihre Bar endlich in Frieden weiterführen können. Warum also? Es machte absolut keinen Sinn, ich verstand es kein bisschen. Aber konnte ich sie hier einfach zurücklassen und dem Tod weihen, wo die Rothaarige mich doch gerade vor jenem bewahrt hatte? Das war selbst in meinen so sehr abgestumpften Augen nicht richtig. Also war es irgendwie das, was ich wollte, aber gleichzeitig auch das, was ich nicht wollte. Es war richtig und doch falsch. Schwarz und Weiß zur selben Zeit. Mir war das noch nie schwer gefallen bei Leuten, die mir nicht am Herzen lagen, und doch stand ich hier tatenlos herum und starrte sie einfach nur an. Verspielte damit womöglich einige, für die Erhaltung ihres auf der Kippe stehenden Lebens wichtige, gefühlt endlose Sekunden, während in meinem Kopf ein Sturm zu toben begann, dem ich selbst schon gar nicht mehr folgen konnte. Während ich den einen Gedanken noch nicht einmal zu Ende geführt hatte, begann dann auch schon der nächste, der mit dem vorherigen so gar nicht im Einklang stand, sondern mir das Gegenteil vermitteln wollte. Ein monotones Rauschen lief im Hintergrund, das mich die Umgebung endgültig ausblenden ließ, während ich innerlich den Kampf mit mir selbst ausfocht. Dann aber löste sich mein vollkommen emotionsloser, leerer Blick auf und das Rauschen in meinem Kopf fand ein abruptes Ende, als ich die verkrampft festgehaltene Maschinenpistole einfach losließ - sie hing trotzdem wegen des Gurtes noch um meinen Körper - und ich in die Hocke ging, um den verwundeten Körper der jungen Frau aufzuheben. Während ich im Folgenden die Metalltür passierte und dann die letzten Meter zum mit Tauren vereinbarten Treffpunkt so schnell wie nur irgendwie mit dem verletzten Bein möglich zurücklegte, warf ich immer wieder einen tatsächlich besorgten Blick auf die inzwischen wohl gänzlich bewusstlose junge Frau nach unten. Auch als ich sie letztendlich auf dem Rücksitz des schwarzen Wagens abgelegt hatte und ihr Kopf dann während der Fahrt auf meinem Schoß lag, ließ ich sie nie aus den Augen, versuchte ich gleichzeitig doch irgendwie ihre Blutung einzudämmen. Auch beim hektischen, lauten Telefonat an den von mir schon des öfteren geschmierten Arzt, den ich wirklich nur für Notfälle einberief, blieb mein sonst so kalter Blick mit wachsender Besorgnis auf sie gerichtet. Normalerweise flickten wir unsere Wunden selbst, wenn sie einfache Stellen betrafen, aber ein Schrotflintentreffer am Oberkörper war kritisch. Allein schon wegen der zahlreichen Splitter, die sich um das primäre Einschussloch verteilt hatten. Noch dazu hatte ich keine Ahnung, ob irgendwelche Organe betroffen waren. Also führte das Ende der Fahrt uns zu einem nur etwa zehn Minuten weit entfernten Bunker, in welchem im Keller eine Art provisorischer Operationssaal eingerichtet war. Weder ich, noch meine Jungs konnten uns im Krankenhaus blicken lassen ohne eingebuchtet zu werden, weswegen das eine notwendige Anschaffung gewesen war. Ich legte Cosma auf der Liege ab und leitete die ersten notwendigen Schritte ein, weil der Arzt wohl noch zwei Minuten brauchen würde. Ihr Puls war schon schwächer, der Atem flacher, während ich ihr Oberteil zerschnitt und das Ausmaß erst dann voll sichtbar wurde... sah nicht gut aus. Wenn dieser gottverdammte Hurensohn von Arzt also nicht rechtzeitig hier aufschlug oder seine Arbeit unzureichend erledigte, war er sehr sicher der nächste Tote auf meiner Liste.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Eigentlich hatten wir es ja wirklich weit gebracht. Dafür das wir uns auf den Tod nicht ausstehen konnten, war die Zusammenarbeit, um aus der Villa zu entkommen, echt beeindruckend gut gewesen. Er hatte Rücksicht auf mich genommen und ich auf ihn, wir hatten uns ausnahmsweise mal nicht gegenseitig durch den Dreck gezogen. Unseren altbewährten Egoismus hatten wir zeitweise abgelegt und dennoch schien das Ergebnis unserer Arbeit letzten Endes doch noch auf der Kippe zu stehen. Vermutlich, weil ich noch vollkommen fokussiert darauf gewesen war, gemeinsam mit ihm hier raus zu kommen, hatte ich mich zu dieser absolut hirnrissigen Idee überreden lassen, noch bevor ich sie überhaupt zu Ende gedacht hatte. Fakt war einfach, dass ich Hunter noch gebraucht hätte, wenn hinter dem gusseisernen Tor wider Erwarten keine Freiheit, sondern ein weiteres Labyrinth auf uns gewartet hätte. Allerdings erschien es mir trotzdem aus keinem Beobachtungswinkel wirklich eine schlaue Idee gewesen zu sein, sich mitten in den Schrotflinten Schuss zu werfen. Selbst wenn Hunter den Angreifer im Anschluss daran ausgeschaltet hätte, wäre er gegenüber weiteren Sverre-Mitgliedern definitiv am Arsch gewesen. Denn entweder war er alleine, ließ mich einfach auf dem leicht feuchten Kiesweg ausbluten oder aber er schleppte mich mit sich, was aber ebenfalls hieß, dass er alleine war. Nur dann eben noch mit Gepäck. Und das wäre vermutlich nicht unbedingt gut für ihn ausgegangen. Er hatte auch schon ordentlich etwas eingesteckt und auch wenn ich im Verhältnis sehr schlank war, hätte ihm mein Gewicht auf seinen Schultern irgendwann den Rest gegeben. Ich mochte ihm abkaufen, dass er irgendwann wirklich mal der Stärkste im Knast gewesen war, aber das brachte ihm praktisch nichts, wenn der Körper an seine endgültigen Grenzen kam. Die Schotten dicht machte und abschaltete. Ob es ihn jetzt nur in die Bewusstlosigkeit oder in den Tod gerissen hätte, stand aber auf einem anderen Blatt, das konnte ich so pauschal jetzt nicht sagen. Im Prinzip hatte ich es ihm mit meinem Einsatz aber gerade noch schwerer gemacht, für den Fall, dass der Spuk noch kein Ende gefunden hatte, andererseits wäre ich diejenige gewesen, die blöd dagestanden wäre. Noch bevor ich nämlich Hunters Gewehr an mich hätte reißen können, wäre vermutlich der zweite Schuss zu hören gewesen, der auch mich aus dem Leben pustete. Und dann wäre alles, was wir uns gerade erarbeitet hatten, vollkommen für die Katz gewesen. Nach der ganzen Sache doch noch den Löffel abzugeben, wäre super frustrierend gewesen, hätte mich womöglich schwarz geärgert, wenn ich die Möglichkeit dazu besessen hätte, aber gut, wie auch immer. Die Situation hatte hier ohnehin nur Nachteile, egal, wie man es drehte oder wendete. Aber für mich schien diese Aufopferung in diesem Moment vollkommen normal, ich hatte nicht einmal mit der Wimper gezuckt, als die Schrotkugeln einen Teil meiner Leber zerfetzten und auch großzügig die Haut um den Einschuss malträtierten. Bei Gott, ich wünschte niemanden, mit einer Shotgun angeschossen zu werden. Man konnte von den Dingern halten, was man mochte, aber die Wunde jemals gesäubert zu kriegen, war ein unglaublicher Zeitaufwand und ohne ausreichende Sedierung auch verdammt schmerzhaft. Ich war also froh, dass ich das Prozedere gar nicht mehr mitkriegen sollte, weil der rasche Blutverlust ziemlich bald den körpereigenen Schutzmechanismus aktivierte. Bewusstlos fiel ich in den dreckigen Kies und ab diesem Zeitpunkt erinnerte ich mich dann an nichts mehr. Nicht daran, dass Hunter den Typen noch umgelegt hatte. Auch nicht daran, dass er mich aufgelesen hatte, um mich ins Auto zu tragen und auch nicht an die mehrstündige Notoperation, die sich zum Ziel nahm, alle Einzelteile des Einschusses zu entfernen und das Loch in meiner Leber zu verschließen. Es musste eine Ewigkeit vergangen sein, bis ich endlich wieder meine Augen aufschlagen konnte. Mit flatternden Lidern versuchte ich mich in den ersten Sekunden zu orientieren, musste einen Schleier wegblinzeln, der mir die Sicht erschwerte. Erst dann war auch mein Hirn so weit hochgefahren, um alles, was um mich herum lag, zu analysieren und zu verarbeiten. Zwar sehr langsam, aber das reichte vorerst auch, um mich erleichtert aufatmen zu lassen Ich lag, augenscheinlich nämlich lebend, auf einem relativ bequemen Sofa. Ein Kissen und die wärmende Decke hatten mich beim Kräfte sammeln, aber etwas... störte mich. Ich konnte im ersten Augenblick nicht genau festmachen, was es war, aber als ich versuchte, mich aufzusetzen, holte die geballte Faust des Karmas aus - wäre ich bloß liegen geblieben! - und brachte mich mit einem Schlag unsagbarer Schmerzen wieder in eine liegende Position. Ich gab einen fast animalischen Laut von mir, reichte die Kraft zum Schreien noch nicht ganz aus, als ich mit der Hand nach dem Verband tastete, der großzügig um meinen ganzen Bauch geschnürt worden war, damit er auch ja nicht verrutschte. Ich erinnerte mich ans nichts mehr, außer daran, wie wir am Ende des Labyrinths quasi dem Tod ins Auge geblickt hatte. Die Angst, noch immer in den Klauen der Sverre-Bruderschaft zu stecken, ließ mich die ein oder andere Träne verlieren. Erst später realisierte ich, dass sich am Ende des Raumes nicht nur Hunter aufhielt, sondern auch Tauren und ab dem Zeitpunkt hätte ich am Liebsten Freudensprünge gemacht, einen richtigen Tanz aufgeführt, wäre ich nicht dermaßen lädiert gewesen. Ich konnte mir nämlich nicht vorstellen, dass sie auch Hunters Handlanger in der Zeit geschnappt und zu uns in die Zelle geworfen hatten. Außerdem wirkte die Zelle bei genauerem Hinsehen eher wie ein großes Wohnzimmer...
# Is it all a tragedy? Are we flashes in a rut going in and out of luck? Maybe. #