Selbst mir war es eigentlich noch zu früh für einen Streit. Nicht, weil ich noch nicht ganz wach war, sondern weil der Tag bis jetzt eigentlich ganz gut verlaufen war. Ich hatte mich heute sogar endlich mal wieder dazu aufraffen können, rauszugehen und etwas Sport zu treiben. Danach hatte ich mich besser gefühlt, ein Stück weit befreit. Ziemlich sicher würde Cosma dieses bis jetzt anhaltende Gefühl aber gleich wieder in Schutt und Asche legen. Ich wollte eigentlich gerne endlich aus meinem Trott kommen und einen neuen Sinn für mein entgleistes Leben finden, aber das war schwierig, wenn schon im Alltag die Umstände mittelmäßig beschissen waren. Da konnte man ja nur schlechte Laune haben und Trübsal blasen. Ich legte den Kopf leicht schief und schüttelte den Kopf. “Nein, kann ich nicht. Er ist reine Wohnungskatze und wenn er mir draußen wegläuft, kommt er da nicht alleine klar.” Ich versuchte so neutral wie möglich zu klingen. Bandit war alles, aber sicher kein Jäger. Wenn er verloren ging und deswegen elendig abkratzte, ginge das auf meine Kappe. Ich wollte – und konnte – nicht die einzige schon seit Jahren vorhandene Konstante in meinem Leben riskieren. Ich brauchte es, dass er sich abends auf dem Sofa zu mir gesellte, wenn Richard nicht da war. Er trug seine Daseinsberechtigung allein schon darin, meinen zu schwer wiegenden Kopf zu stützen. Als Cosma den Engländer in unseren Zwist mit reinzog, verspannte sich meine Mimik und verschränkte die Arme vor der Brust. Ich würde den Streits mit ihr nicht mehr ausweichen, weil das offenbar genauso wenig Sinn hatte, wie dagegen anzureden. Wenn die Konfrontation ohnehin nicht zu vermeiden war, konnte ich genauso gut dagegen halten. “Richard wacht aber nicht auf… weil ich nicht laut bin. Ich weiß nicht, warum du so einen leichten Schlaf hast… aber Ohrstöpsel könnten da helfen. Ich besorg’ dir freiwillig welche, wenn das dazu führt, dass wir diese Konversation nicht nochmal führen müssen.” Meine Theorie war, dass sie deswegen so beschissen schlief, weil sie es gewohnt war, neben einem Mörder zu schlafen. Also entweder, weil sie jetzt permanent Angst darum haben musste, von ihm im Schlaf erstickt zu werden – der Auszug aus seiner Villa würde seine guten Gründe haben – oder weil sie sich in seinem Bett normalerweise in herrlicher Sicherheit wiegte und ihr das jetzt fehlte. Fakt war aber, dass ich hier wirklich keinen Krach veranstaltete und ich nichts für ihre verdammten Schlafstörungen konnte. Sollte sie doch zu einem Psychologen gehen, der würde bestimmt mehr als eine Baustelle finden…
Na super. Scheinbar hatte der kleine Sammy ausgerechnet heute keine Lust, sich ohne weiteres von mir fertigmachen zu lassen und schoss - sehr zu meinem Bedauern - postwendend zurück. Damit entlockte er mir ein genervtes Schnauben in Kombination mit einem leichten Kopfschütteln. Unter anderen Umständen hätte ich Samuele vielleicht meinen Dank ausgesprochen, weil er den Streit ausnahmsweise mal etwas abwechslungsreicher gestaltete, indem er nicht sofort einknickte und klein beigab, aber heute war die Konfrontation eher ein Mittel zum Zweck und nicht bloß zum Spaß. Es ging mir, verdammt noch mal, ziemlich beschissen, ich brauchte Schlaf und etwas Ruhe. Hier bekam ich seit Tagen weder noch und es schien niemanden zu interessieren. Dass er jetzt auch noch frech wurde, setzte dem Ganzen wirklich die Krone auf. Ich war gerade im Begriff, zu Sam aufzuschließen, um ihm warnend meinen Zeigefinger unter die Nase zu halten, der eine Drohung untermauern sollte, als ich plötzlich eine warme Hand auf meiner Schulter spürte. Mit mahlendem Unterkiefer drehte ich meinen Kopf in die Richtung, aus der die Hand gekommen war. Etwas erschrocken über die plötzliche Nähe - Richards Gesicht war so nah an dem meinen, dass sein stinkender Morgenatem meine Wange streichelte -, machte ich einen Schritt zurück und schüttelte Richards Hand so von meiner Schulter ab. Noch schlaftrunken rieb sich der Engländer den glasigen Schleier aus den dunkelbraunen Augen. "Was ist denn hier los?", grummelte Richie nach einem ausgiebigen Gähnen, welches mich normalerweise direkt angesteckt hätte. Jetzt allerdings war ich im Bann meiner Wut gefangen, dass meine Müdigkeit wie weggeblasen war. Ohne auf die Frage meines besten Freundes einzugehen, wandte ich mich wieder Samuele zu. "Er wird davon nicht wach, hm?", stichelte ich und meine Lippen zierte ein siegessicheres Grinsen. Als wären meine lauten Schritte oder meine erhobene Stimme nicht der Grund gewesen, warum Richard wirklich wach geworden war. "Vielen Dank für das Angebot mit den Ohrstöpseln im Übrigen. Die bräuchte ich aber eigentlich nicht, wenn du einfach mal ein bisschen leiser wärst. Ich bin es auch leid, jedes Mal über die gleiche Scheiße mit dir diskutieren zu müssen, es langweilt mich, ehrlich, aber du scheinst es einfach nicht zu verstehen. Das ist jetzt meine letzte Warnung. Damit es in deinen verweichlichten Schädel geht, drücke ich mich gerne etwas deutlicher aus: Machst du mich noch einmal wach mit deinem Krach, dann werde ich dich, so wahr mir Gott helfe, umbringen, Samuele – aber erst, nachdem ich deinem verkrüppelten Kater vor deinen Augen das Fell über die Ohren gezogen habe.", spuckte ich ihm schließlich die Worte ins Gesicht, welche mir vor Richards Eintreffen bereits auf der Zunge gelegen hatten. Die harschen Worte untermauerte ich anschließend noch mit vor der Brust verschränkten Armen. "Haben wir uns verstanden?", ergänzte ich noch eine Frage, auf die ich eigentlich keine Antwort erwartete. Ich hatte mich ja wohl deutlich genug ausgedrückt. Ein bisschen zu deutlich, wenn ich Richards Schlag mit der flachen Hand gegen meinen Hinterkopf richtig interpretiert hatte.
# Is it all a tragedy? Are we flashes in a rut going in and out of luck? Maybe. #
Meine Hoffnung darauf, dass Richard heute besonders tief schlief und von der Sache hier nichts mitbekam, sollte enttäuscht werden. Ich sah ihn sofort an Cosma vorbei mit weicheren Augen entschuldigend an, weil mir hier wirklich nicht der Sinn danach gestanden hatte, ihm seine Bettruhe zu versauen. Irgendwann war das Fass aber einfach voll. Ich ließ viel mit mir machen und auch vieles durchgehen, wenn ich glaubte, dass es zum Besten war. Diese Chance hatte ich Cosma nun oft genug gegeben und ich ließ nicht grundlos die ganze Zeit auf mir rumhacken. Die Ohrstöpsel waren ein erneutes Friedensangebot gewesen – wenn auch ziemlich patzig verpackt, weil sie mir schrecklich auf die Nerven ging – das sie offenbar nicht zu schätzen wusste. Das sagte mir schon ihr Gesichtsausdruck, bevor sie den Mund wieder aufmachte. Cosmas rhetorische Frage ließ mich nun doch mit den Augen rollen und die rechte Hand anheben, um mir damit fest von oben nach unten übers Gesicht zu reiben und im Abgang noch kurz den Nasenrücken zu massieren. “Er war nicht wach, bis du wie ein Elefant durch den Porzellanladen getrampelt bist.”, nahm ich auch in dieser Sache diesmal kein Blatt vor den Mund. Versuchte immer noch, den genervten Ton zu unterdrücken, hatte damit aber zunehmend weniger Erfolg. Vielleicht hätte ich einfach wieder nur Nicken und den Mund halten sollen. Die Rothaarige machte ohne Punkt und Komma da weiter, wo wir gestanden hatten, bevor Richard zu uns gestoßen war. Dadurch wurde es ziemlich überflüssig, dem jungen Mann noch zu schildern, worum es hier ging. Dass sie mich beleidigte, war leider nichts Neues in unseren Streits. Die akute Morddrohung allerdings schon, weshalb ich doch darüber nachzudenken begann, es einfach wieder gut sein zu lassen… bis sie meinen unschuldigen Kater in die Sache mit hineinzog jedenfalls. Meine Augen verdunkelten sich, ich stieß mich von der Theke ab und ich richtete mich vollständig auf. Die Arme ließ ich sinken, als ich dazu ansetzte, die Distanz zu den anderen beiden zu überbrücken. Bevor es dazu kam, schepperte jedoch die Futterschüssel unweit von mir auf dem Boden, weil Bandit ungeschickt darüber hinweg sprang und sich in die hinterste Ecke der Küche verkrümelte. Das Geräusch ließ mich innehalten und ihm nachsehen, bevor ich das dumpfe Geräusch aus dem Türrahmen hörte. Und dann… tja, musste ich mir ein Grinsen doch sehr krampfhaft verkneifen. Um ehrlich zu sein, war ich mir sehr oft unsicher damit, auf welcher Seite Richard am Ende des Tages eigentlich stand. Ob er sich im schlimmsten Fall überhaupt für eine Seite entscheiden könnte. Er empfand viel für mich und wir hatten viel zusammen durchgemacht, aber Cosma kannte er sehr viel länger und auch sehr viel besser. Das Gewicht in unseren Waagschalen war nicht dasselbe und doch hatte der junge Mann gerade seiner langjährigen besten Freundin einen Klaps an den Schädel verpasst. Ich sollte mich nicht darüber freuen, ich war kein Freund von Gewalt. Leider überwog die Genugtuung, die von jetzt auf gleich gefühlt meinen gesamten Körper flutete und angenehm wärmte, die momentan knapp bemessene Vernunft in meinem eigenen Kopf. “Ich kann nicht mehr als sehr leise sein… und Bandit hat dir nie was getan, lass’ ihn gefälligst da raus.” Damit ich weiterhin nur etwas zufrieden vor mich hin schmunzelte, statt der Rothaarigen fett ins Gesicht zu grinsen, wendete ich mich ab und versuchte, Kontakt zu dem Kater herzustellen. Er konnte nicht aus der Küche raus und tat mir leid, wie er da leise innerlich knurrend mit aufgestelltem Fell in der Ecke saß. Es dauerte ein paar Sekunde, bis er vorsichtig die Nase nach meiner Hand ausstreckte, daran schnupperte und sich dann widerstrebend von mir auf den Arm nehmen ließ. “Und deine Morddrohungen ziehen bei mir nicht… damit hat dein Mann schon lange vor dir angefangen und ich lebe immer noch.”, murmelte ich vor mich hin, als ich mich langsam mitsamt Bandit im Arm wieder zu den beiden umdrehte. Ich kraulte an seinem Hals durch das schwarze Fell und machte gleichzeitig keinerlei Anstalten, zu Richie und Cosma aufzuschließen. Eigentlich hatte ich sehr viel Respekt vor ausgesprochenen Morddrohungen. Auch vor Cosmas. Es war aber eine Genugtuung, die ich ihr gerade nicht gönnte, wegen all der Schikanen der letzten Tage. Da badete ich lieber weiter in meiner eigenen und machte mir später beim Einschlafen erst Gedanken darüber, ob ich den nächsten Morgen noch sehen würde… und dann ironischerweise selbst beschissen zu schlafen. “Ich fürchte, dass wir uns hier nicht einig werden.”
Ich wusste ja, dass Richard einen Narren an dem Italiener gefressen hatte und sich nur zu gern zwischen uns warf, wenn wir mal wieder kurz davor standen, uns gegenseitig die Köpfe einzuschlagen, aber mit dem Klaps hatte ich definitiv nicht gerechnet. Meine Empörung darüber, dass mein bester Freund mir ausgerechnet jetzt in den Rücken fiel, stand mir quer über das Gesicht geschrieben. Ich murmelte ein leises "Autsch, das hat weh getan..." vor mich hin, während ich mit meiner eigenen Hand über die geschundene Stelle an meinem Hinterkopf rieb. "Das sollte es auch.", antwortete Richard in einem Ton, den ich vorher nur selten von ihm gehört hatte. Er klang... wütend, aber auch etwas traurig. Es schien, als wäre ich ihm persönlich auf den Slips getreten mit meiner an Samuele gerichteten Drohung. "Und das war noch gar nichts im Vergleich zu dem seelischen Schaden, den du tagtäglich mit deinen undurchdachten Worten und deiner patzigen Art anrichtest. So lieb ich dich auch habe, Cosma, in meinem Haus dulde ich keine Morddrohungen und schon gar nicht, wenn diese an meinen Partner adressiert werden. Samuele war dir gegenüber von Anfang an stets freundlich und ich werde nicht tatenlos hinnehmen, dass du ihn weiterhin wegen jeder Kleinigkeit angehst. Er war, seit er hier wohnt, niemals zu laut und hat sich möglichst unauffällig verhalten. Falls du es vergessen haben solltest, lass' mich dir eine wichtige Sachen noch einmal vor Augen führen: Sam ist vor noch nicht allzu langer Zeit erst in unser Metier gerutscht ist. Scheiße, der Mann hatte vorher ein stinknormales Leben. Einen normalen Job, Hobbys und normale Freunde... keine Kaputten und Psychos. Es geht ihm schon schlecht genug, seitdem Hunter ihm all das genommen hat. Meinst du nicht auch, dass er ein bisschen Verständnis und Hilfestellung verdient hätte, um das Beste aus dieser beschissenen Situation zu machen? So wie du damals besagte Hilfe auch bekommen hast?" Richards Stimme war inzwischen wieder etwas weicher geworden, was der Message, die er mir vermitteln wollte, jedoch keinen Abbruch tat. Mochte sein, dass der Engländer Recht mit alldem hatte, was er mir da gerade an den Kopf warf, aber er schien zu vergessen, mit wem er es hier zu tun hatte. Schuldeingeständnisse waren nicht gerade mein Steckenpferd und Entschuldigungen erst Recht nicht. Darüber musste ich mir aber auch erst einmal keine Gedanken machen, denn er schien mit seinem Vortrag noch nicht fertig gewesen zu sein. Richard löste sich aus dem Türrahmen, den wir uns beide bis eben geteilt hatten, um ein paar Schritte in Richtung Samuele zu machen. Etwa mit einer Armlänge Abstand zu ihm blieb er schließlich stehen und streckte seine Hand nach dem Kater aus, den Sam vor seiner Brust hielt, um ihm vorsichtig über den Kopf zu streicheln. Er folgte noch für wenige Sekunden den Bewegungen seiner Hand, bevor er den Blick anhob und auf mich richtete. "Wenn du dich nicht bald etwas zusammenreißt, bleibt mir nichts anderes übrig, als dich notgedrungen zu bitten, mein Haus zu verlassen. Was ich keinesfalls möchte, bitte versteh' mich nicht falsch" ... hatte ich schon längst getan, aber okay ... "aber niemand verdient es, jedes Mal grundlos in einen Streit verwickelt zu werden, nur weil du schlecht geschlafen hast." Und da war sie wieder: die Empörung. Zum zweiten Mal innerhalb eines Gesprächs hatte Richard mir ein Messer in den Rücken gerammt - ob bewusst oder unbewusst spielte hierbei keine Rolle. Denn es war verdammt verletzend, wenn dein bester Freund seinen Liebhaber vorzog, wo er doch auch wusste, wie es um meine Vergangenheit und meine Laster stand. Dass Richie vollkommen Recht damit hatte, dass ich mich Sam gegenüber verhielt wie das letzte Arschloch, wollte ich überhaupt nicht wahr haben. War, wie so oft, kein bisschen einsichtig. In meinen Augen waren die zwei Männer hier gerade die Bösen und ich natürlich das missverstandene Unschuldslamm. Ich schnaubte und zog grimmig die Augenbrauen tiefer ins Gesicht. "Ich verstehe...", knurrte ich und meine Unzufriedenheit war nicht zu überhören. "Weißt du was, Richie. Ich hab keine Ahnung, was du an diesem Spinner findest, aber ich scheine eurem Glück ja ganz offensichtlich im Wege zu stehen. Als gute Freundin - deine beste scheine ich ja nicht mehr zu sein - möchte ich dem natürlich nicht im Wege stehen. Bitte, werdet glücklich miteinander, aber du brauchst gar nicht mehr bei mir angekrochen kommen, wenn er dich trotz meiner etlichen Warnungen in das nächste tiefe Loch schubst. I'm out.", war alles, was ich noch zu sagen hatte. Es folgte keine Entschuldigung mehr, kein Einlenken, gar nichts. Ich war hier fertig. Verletzt machte ich einen Schritt nach hinten, bevor ich mich auf dem Absatz umdrehte und zielstrebig mein Zimmer ansteuerte. Dort angekommen, riss ich die Türen des Einbauschranks auf, aus der ich eine große Sporttasche zog. Ich stopfte einen Großteil meiner Klamotten hinein, jedoch so unordentlich, dass der Reißverschluss sich am Ende gar nicht mehr schließen ließ. Richie hatte mir gerade in meiner verdrehten Realität mehr als deutlich gemacht, dass ich hier keinen Platz mehr hatte, also würde ich gehen. Wohin? Wusste ich noch nicht genau. Zwangsläufig blieb mir aber wohl nur eine Alternative.
# Is it all a tragedy? Are we flashes in a rut going in and out of luck? Maybe. #
War es schräg, dass ich ihn dafür liebte, dass er Bandit liebte? Ich kam nicht umhin, immer breiter zu lächeln, je länger Richard sprach. Nicht nur, dass er Cosma endlich einen verbalen Riegel vorzuschieben versuchte, nein, er kam sogar zu mir rüber und streckte seine Hand nach dem noch etwas unruhigen Kater in meinen Armen aus. Es war ein unheimlich gutes Gefühl, nachdem sich in letzter Zeit gefühlt halb Kuba gegen mich verschworen hatte und sich irgendwie kein Ort mehr so anfühlte, wie ich ihn vorher gesehen hatte. Mein Platz an Richards Seite war aber trotz meines recht bodenlosen Falls immer noch derselbe und ich war ihm dankbar für diesen Rückhalt. Für die Schulter zum Anlehnen und das schützende Schild am Rücken, wenn es darum ging, Cosma auf Abstand zu halten. Eigentlich wollte ich mich nicht darüber freuen, dass der Engländer sie mit seinen Worten offensichtlich ziemlich ins Herz traf. Das war gar nicht das, was ich wollte… ich hatte Freundschaft mit ihr schließen wollen, ehrlich und aufrichtig. Es schien jedoch von vornherein ein Ding der Unmöglichkeit zu sein, weil sie das nicht wollte. Ich war gerade dabei, Richard ein dankbares Lächeln zu schenken, als Cosma nach der im Raum stehenden Androhung postwendend selbst ankündigte, ihre Sachen zu packen. Natürlich nicht, ohne nochmal klar und deutlich zu machen, was sie von mir hielt – nämlich gar nichts. Daraufhin senkte ich dann doch betreten den Kopf. Erst als sie außer Hörweite war, atmete ich tief ein und seufzend wieder aus, blickte daraufhin zurück in Richards Gesicht. “Danke.”, murmelte ich ihm mit kurz nach oben zuckenden Mundwinkeln zu und stellte dabei die Streicheleinheiten des Katers ein. “Ich wollte wirklich nicht… ihren Platz einnehmen oder sie hier rausdrängen. Ich hab’ ehrlich versucht, mit ihr auf einen Nenner zu kommen… aber ich glaube, sie hasst mich einfach und ich weiß nicht mal wieso eigentlich.” Wenn ich noch eine Sekunde länger darüber nachdachte, wirkte Cosma auf mich aber sowieso nicht wie die Sorte Mensch, die einen Grund dafür brauchte.
Der erste und der zweite Flug in Richtung Russland waren inzwischen schon Geschichte. Bei der ersten Anlieferung war ich noch selbst mit zum vom Iljah auserkorenen Flughafen gefahren, um mir einen groben Einblick in die Begebenheiten zu verleihen. Beim zweiten und auch beim nächsten Mal würde Ashton noch ein Auge darauf haben und danach, sollte alles soweit unauffällig bleiben, durfte Tauren dann dauerhaft diesen wundervollen Job einnehmen, auf den keiner scharf war. Auch er hatte eigentlich besseres zu tun, aber ich wollte mir seine Unstimmigkeiten mit dem Russen zunutze machen. Da war natürlich noch Vahagn, die an seiner Seite klebte, aber ich glaubte schon, dass der Norweger inzwischen den Schneid besaß, ihren älteren Bruder in die Scheiße zu reiten, wenn er dafür eine Möglichkeit sah. Wir verstanden uns merklich besser, seit er nicht mehr mein Fußabtreter war und die beiden konnten sich nicht mehr leiden, seit Tauren wiederum diesem Typen ein Messer in den Rücken gerammt hatte. Das war gut für mich. Er würde die Lieferungen mit Argusaugen überbringen, wenn ich ihm das sagte. So jedenfalls meine Prognose. Wirklich ruhig war es in Havanna allerdings immer noch nicht, es patrouillierte in einigen Gebieten weiterhin mehr Polizei als sonst. Die Zeitung berichtete nicht mehr über Fortschritte in den Ermittlungen, was mehr oder weniger hieß, dass die Bullen völlig im Dunkeln tappten, aber ich wog mich nicht in falscher Sicherheit. Ich war nur wenig selbst auf den Straßen der Stadt unterwegs und verteilte einige meiner Aufgaben an Ashton, Desmond und Tauren weiter. Die drei wuppten das mit Bravour und ich konnte mich solange ausruhen. Die Medikamente machten müde und der Alkohol fehlte mir nach wie vor. Was leider ein Grund dafür war, dass ich mir vorhin zwei Gläser mit Ashton gegönnt hatte, weil der für heute Nacht fertig war. Es war gegen drei Uhr, als ich den alten Mustang in der Auffahrt anhielt und sofort mit aufgerissenen Augen durch die Frontscheibe zur Villa sah, weil Licht brannte. Nachts, obwohl ich allein in diesem viel zu großen Haus wohnte. Ich ließ den Wagen in der Einfahrt stehen, fuhr ihn nicht bis in die Garage. Meinen treuesten Begleiter zog ich aus dem Handschuhfach und lud die Pistole, bevor ich die Stufen vor der Haustür hochging und die… scheinbar nicht mehr abgeschlossene Tür öffnete. Es gab keinerlei Einbruchsspuren am Rahmen oder dem Schloss. Die Leitungen in meinem Kopf waren dank der beruhigenden Medikamente gefühlt nur noch halb so schnell und es dauerte, bis ich eins und eins zusammengezählt hatte. Die Bar hatte Ruhetag, Cosma war nicht dort sondern hier. Außer ihr hatte keiner sonst einen Schlüssel. Ich steckte die Pistole entladen und gesichert hinten in den Hosenbund, so wie ich es immer tat, und folgte dem Licht bis zum hinteren Ende der Eingangshalle. Ich konnte die feuerroten Haare selbst im warmen, gedimmten Licht auf der Veranda schon durch die Glasfenster in der Tür sehen. “Vor zehn Sekunden war ich noch drauf und dran, dich zu erschießen.”, stellte ich allem voran ziemlich neutral fest, noch während ich die Tür aufzog. Eine kurze Nachricht wäre wünschenswert gewesen, um sowas zu vermeiden, aber war ja nichts passiert. Cosma stand mit dem Rücken zu mir und machte keine Anstalten, sich zu mir umzudrehen. Es wunderte mich jedoch nicht, weil ich das Gras riechen konnte und das nicht selten darauf schließen ließ, dass sie einen schlechten Tag hatte. Was für mich der Alkohol war, war für sie das Marihuana. “Warum bist du hier?”, fragte ich nach. Dabei trat ich einen Schritt näher an sie heran und streckte die Hände nach ihrer Taille aus. Wenn sie schonmal hier war, wollte ich sie wenigstens auch anfassen.
Als ich mit Irina vergangenes Wochenende in der Stadt unterwegs gewesen war, hätte ich mir nebst Klamotten vielleicht auch noch die ein oder andere Tasche kaufen sollen. Dann stünde ich jetzt nämlich nicht vor dem Problem, einige Oberteile und Hosen zurücklassen zu müssen, weil die Sporttasche aus allen Nähten platzte. Hätte ich nicht ohnehin schon beschissene Laune gehabt, wäre es spätestens jetzt so weit gewesen. Ich schnappte mir noch einen dünnen Pullover und eine Jeans von dem Stapel Klamotten, der vorerst hierbleiben würden, um mich vor meinem Aufbruch umzuziehen. Es war zwar auf Kuba auch um die Wintermonate herum verhältnismäßig warm, für kurze Hose und Tanktop - meine Schlafklamotten - war es mir persönlich dann aber doch etwas zu frisch. Bevor ich die Tasche mit meinem Hab und Gut vom Boden fischte, räumte ich noch schnell den Nachttisch ab, auf dem ich grundsätzlich essenzielle Dinge wie mein Handy und das Portemonnaie abgelegt hatte. Es fehlte nun nur noch meine Lederjacke und die abgetragenen Sneaker, bevor ich ohne ein weiteres Wort an Richard oder Samuele zu verlieren aus dem Haus stürmte. Dabei die Haustür unsanft hinter mir ins Schloss fallen ließ. Es folgte ein kurzer Fußmarsch, bis mich schließlich das Taxi einsammelte, welches ich kurz nach dem Verlassen des Hauses geordert hatte. Ich bat den Fahrer, in Richtung Innenstadt zu fahren, um erst einmal ein paar Minuten Ruhe zu gewinnen, in denen ich mir überlegen würde, wohin es für mich denn jetzt eigentlich gehen sollte. Etwa fünfzehn Minuten später rückte das von mir sehr weitläufig gesteckte Ziel immer näher, ohne das ich eine zufriedenstellende Lösung gefunden hatte. Auch der Umweg, den ich meinen Fahrer beauftragt hatte zu fahren, brachte mich nicht weiter. So kam ich schließlich nicht drum herum, mir eingestehen zu müssen, dass Hunters Villa wohl die einzige wirkliche Option war, wenn ich heute Nacht ein Dach über dem Kopf haben wollte. Und wenn wir mal ehrlich sein sollten, dann wurde es doch auch langsam mal wieder Zeit, oder? Natürlich hatte ich keinesfalls vergessen, was er mir angetan hatte, aber er bemühte sich wirklich darum, zumindest in meinen Augen ein besserer Mensch zu werden. Er würde immer ein Arschloch bleiben, keine Frage. Kriminell auch, aber darum ging es ja auch gar nicht. Mir war wichtig, dass er mich gut behandelte. Solange das der Fall war, konnte ich über vieles anderes hinwegsehen. Wenn er sich in ein paar Jahren dazu entscheiden sollte, einem normalen Job nachzugehen - was wohl niemals mehr der Fall sein würde -, dann wäre ich die Letzte, die ihm in der Hinsicht einen Stock in die Speichen stecken würde. Zwischenzeitlich waren wir jedenfalls am finalen Ziel der Reise angekommen - ein etwas abgelegener Teil am Rande Havannas. Von hier aus würde ich die letzten Meter zur Villa zu Fuß gehen. Allerdings nicht, ohne vorher noch einen kleinen Abstecher zu machen. Ich musste mir einfach eingestehen, dass die stressigen Schichten in der Bar mir seit Tagen in den Knochen hingen und ich einfach nicht abschalten konnte. Mein Körper bettelte quasi darum, etwas zu sich nehmen zu dürfen, um runterfahren zu können. Und was eignete sich dafür besser, als ein liebevoll gedrehter Joint? Da ich nach wie vor sehr häufig selbst hinter der Theke stand, hatte ich entsprechend viel Kontakt zu den verschiedensten Menschen, wovon nicht selten auch ein paar Dealer waren, die mich nun mit der beruhigenden Droge versorgen sollten. Während meiner Zeit bei Richard hatte ich den Konsum gänzlich eingestellt, ganz einfach aus Rücksicht auf den Engländer, aber das musste ich ja jetzt nicht mehr. Nachdem ich mir also für umgerechnet etwa dreißig Euro ein paar Blüten geholt hatte, machte ich mich schließlich zielstrebig auf den Weg nach Hause. Ehrlicherweise war es schon ein komisches Gefühl, als ich den Schlüssel ins Schloss steckte und kurze Zeit später ins Innere der riesigen Villa trat, die für eine ganze Weile von Hunter allein bewohnt worden war. Ich nahm mir einen Moment Zeit, im Flur stehen zu bleiben und erst einmal zu horchen. Hunters Auto stand nicht in der Auffahrt, was mir suggerierte, dass er wohl nicht Zuhause war. Trotzdem ließ ich ein recht lautes "Hallo?" verlauten, bevor ich mit der Tasche in Richtung Schlafzimmer stiefelte, um sie dort abzustellen. Wenig überraschend bekam ich keine Antwort und ich überlegte kurz, ob ich dem Amerikaner vielleicht eine kurze Nachricht schicken sollte. Letztlich entschied ich mich dann aber doch dagegen, um den Überraschungseffekt auf meiner Seite zu haben. Dass dieser mein Tod hätte sein können, hatte ich zu diesem Zeitpunkt nicht bedacht und jetzt, wo ich einige Stunden später auf der Veranda bereits meinen dritten Zug vom Joint genommen hatte, war es mir auch so gut wie egal. Ich zuckte nicht einmal mehr zusammen, als ich die tiefe Stimme meines Freundes hinter mir vernahm. Nur langsam, den Rauch des vierten Zuges in der Lunge, drehte ich mich zu dem Amerikaner um und fing bei seinem Anblick leicht an zu lächeln. "Das glaube ich nicht.", gab ich leise von mir und ließ ihn damit indirekt wissen, dass ich seinem Einschätzungsvermögen immer noch blind vertraute. Wollte mir bloß nicht eingestehen, dass ich mir über seine Paranoia gar keine Gedanken gemacht hatte, als ich wortlos in die Villa zurückgekehrt war. "Es gab ein paar Reibereien und Richard hat mich... sozusagen rausgeschmissen.", formulierte ich die Wahrheit etwas um, zuckte parallel dazu mit den Schultern. "Und ich schlafe seit Tagen ziemlich beschissen. Ich hatte gehofft, dass es besser werden würde, wenn ich mir das Bett wieder mit dir teile...", fügte ich mit einem Grinsen und bedingt durch das Marihuana recht langsam gesprochen hinzu. Die Berührung an meiner Hüfte nahm ich erst etwas später wahr, schmiegte mich dann aber sofort etwas enger an meinen Freund. Dadurch stieg mir unwillkürlich der unverkennbare Geruch von Alkohol in die Nase. Wollte er seinen Konsum nicht eigentlich etwas reduzieren? "Hast du getrunken?", wollte ich wissen, obwohl ich mir die Frage kurz vorher bereits selbst beantwortet hatte. Viel eher hätte ich fragen sollen, wo er die ganze Zeit über gewesen ist, war meine Ankunft doch schon einige Stunden her. Aber auch die Frage ließe sich durch seine Fahne eigentlich von selbst erklären.
# Is it all a tragedy? Are we flashes in a rut going in and out of luck? Maybe. #
Es war sicher nicht normal, dass die rothaarige Schönheit mir nach wie vor – in den meisten Belangen – blind ihren Rücken zukehrte, obwohl ich ihr erst vor einer Weile so deutlich vor Augen geführt hatte, dass sie das nicht tun sollte. Ich war gefährlich für sie. Das hatte sich tief in meinen Kopf gebrannt, als ich mir die Videoaufnahmen dazu angesehen hatte. Ich hätte sie umbringen können. Vielleicht würde ich sie irgendwann umbringen. Die Tatsache, dass sie trotzdem immer wieder zu mir zurückkam, lichtete den tiefschwarzen Smog um meine kaputte Seele und ließ mir warm ums ausgekühlte Herz werden. Ihre Liebe zu mir war so bedingungslos wie meine zu ihr. Sie war der einzige Mensch, dem ich genauso blind vertraute. “Na wenigstens einer von uns, die Pillen machen mich verdammt träge.” Trockener Sarkasmus, der eigentlich der Wahrheit entsprach. Offensichtlich machte die Medikation mein Urteilsvermögen zwar nicht vollkommen zunichte, aber sie waren nicht ohne. Schizophrenie zu betäuben erforderte schwere Geschütze. Ich durfte nicht nochmal in irgendeinen hysterischen Wahn verfallen. Es kam unerwartet, dass Cosma jetzt wieder hier wohnen wollte. Ich vermisste sie und ich wollte, dass sie mir endlich wieder einen guten Grund dafür gab, in diesem Haus zu schlafen. Wir hatten nur bis jetzt noch nicht darüber gesprochen, ob und wann sie wieder einziehen würde… was nicht hieß, dass ich Richard nicht trotzdem für diese eine, einzige Sache dankbar war. Mit Cosma streiten durfte er sich immer, wenn das bedeutete, dass sie am Ende wieder in meinen Armen landete. “Klingt… stressig?” Worum genau es bei dem Streit ging, wusste ich nicht. Dass der Engländer chronisch anstrengend war, allerdings schon. Ich konnte das Lächeln, das meine Mundwinkel langsam aber stetig weiter nach oben drückte, nicht verhindern. Erst recht nicht mehr, als Cosmas warmer Körper sich an meinen schmiegte. “Hast du ihm wenigstens die Leviten gelesen, bevor du gegangen bist?” Meine tätowierten Finger schoben sich ohne Zurückhaltung beidseitig an ihrem seitlichen Rücken unter den Stoff den Pullovers. Was mehr oder weniger eine perfekte Überleitung zu Cosmas Schlafproblemen war. “Na dabei kann ich immer helfen.” Ich ließ mich von ihrem Grinsen anstecken und sah auf ihre Lippen runter, war gedanklich schon dabei, mir einen ausgehungerten Kuss von ihr zu holen… als sie dann meinen Alkoholkonsum ansprach. Auch so eine Sache: Hätte ich gewusst, dass ich meine Frau heute noch sah, hätte ich mir zwei bis drei Kaugummis auf der Heimfahrt eingeworfen. Die verschleierten zwei halbvolle Gläser Whiskey auch nicht vollständig, aber sie hätten den Eindruck, ich würde mir wieder regelmäßig komplett die Kante geben, definitiv abgeschwächt. “Nicht viel… ich war bei Ashton und dieses Arschloch nimmt mir ja nach zwei Gläsern die Flasche weg.” Ich klang jedoch überhaupt nicht verärgert darüber, weil ich ihm eigentlich echt dankbar dafür war, ohne es ihm jemals zu sagen. Cosma wusste, dass es mein langjähriger engster Vertrauter und Freund war, der mir die Tabletten besorgte und deshalb auch kontinuierlich ein Auge darauf warf, dass ich mir nicht völlig die Kante gab, weil diese Kombi ernsthaft gefährlich werden konnte. Zumindest solange ich in seiner Nähe war, war ich also in Sicherheit und ignorierte an dieser Stelle ganz gekonnt die drei, vier Schlucke, die ich mir schon am späten Vormittag über den Kaffee einverleibt hatte. Denn ja, vielleicht hatte ich mir auch hier im Haus wieder was gebunkert, weil ich verdammt nochmal süchtig war. Durch meine vorübergehende, fast vollständige Abstinenz, war mein Körper aber immerhin schon so weit, dass er nicht mehr gefühlt eine ganze Bar brauchte, damit ich überhaupt etwas vom Alkohol merkte. Ich nahm die linke Hand unter Cosmas Pullover hervor, um sie stattdessen an ihren schlanken Hals zu legen und mit dem Daumen die Kontur ihres Kiefers entlang zu streichen. “Ist scheiße einsam hier ohne dich.”, gestand ich ihr leise grummelnd und blinzelte dabei zweimal flüchtig, weil mir diese ganze gefühlsduselige Kacke immer noch oft unangenehm war. Ich war auch heute wieder kurz davor gewesen, einfach auf Ashtons Sofa zu kampieren, weil das Bett im größten Schlafzimmer der Villa alleine viel zu groß war. Deswegen und weil ich den Blickkontakt nicht länger aufrechterhalten wollte, ließ ich es mir nicht nehmen, Cosma zu küssen. Drückte meine Lippen bestimmt auf ihre, ließ sie spüren, wie sehr ich sie vermisste. Alkohol machte körperlich abhängig, aber die Rothaarige war schlimmer. Immer, wenn ich sie für eine Zeit lang missen musste, egal aus welchen Gründen, wurde mir klar, wie leer mein Leben ohne sie im Grunde war. Dass ich mich von ihr abhängig gemacht hatte und nicht wusste, was ich tun würde, wenn sie mich eines Tages doch im Regen stehen ließ. Im Gegensatz zu dem Nervengift schaffte sie es am Ende des Tages aber wenigstens, was Gutes aus mir rauszuholen.
Ich konnte gar nicht in Worte fassen, wie sehr mir diese Nähe in den Wochen gefehlt hatte. Wie sehr mir Hunter gefehlt hatte. Natürlich hatten wir uns seit der Aussprache immer mal wieder getroffen, waren aber selten alleine gewesen. Entweder kam Hunter zu mir in die Bar oder zu Richard nach Hause, dem man nicht selten ebenfalls über den Weg gelaufen war. In jüngster Vergangenheit war er schließlich eine ganze Weile weiter weg von Havanna gewesen, wo wir uns gar nicht mehr gesehen hatten. Und ja, der Abstand hatte gut getan, ich hatte ihn nach dem unschönen Zwischenfall wirklich gebraucht, aber inzwischen war ich eigentlich ganz froh, dass das Gespräch heute Mittag so verlaufen war. Darin resultiert hatte, dass ich mir selbst in den Arsch getreten und das Weite gesucht hatte - zurück in Hunters Arme. Leider war ich ein Mensch, der in mancherlei Hinsicht schwer aus seinem Trott kam und womöglich hätte ich mich noch eine ganze Weile vor der Überlegung, wieder zu dem Amerikaner zu ziehen, gedrückt. Was mir sicher niemand krumm genommen hätte, war das doch ein ganz schönes Brett gewesen, was sich Hunter geleistet hatte, aber na ja. Ich wollte mir darüber jetzt keine Gedanken machen, konnte es wegen den benebelten Sinnen auch gar nicht wirklich, sondern beschloss einfach, die schon lange überfällige Zweisamkeit zu genießen. Hunters Aussagen entlockten mir zwischendurch immer wieder ein leises Lachen. Was hatte ich seinen Sarkasmus vermisst. Und die warmen großen Hände. Aber ganz besonders seine etwas hilflos wirkende Art, mir seine Liebe zu zeigen. "Natürlich, was denkst du denn?", erwiderte ich auf seine Frage, ob ich Richards Haus wenigstens nicht wortlos verlassen hatte. Nur um wenig später erklärend hinzuzufügen: "Ich habe ihm gesagt, dass ich nicht mehr da sein werde, sollte die Nummer mit seinem komischen Italiener nach hinten losgehen." Na ja, so oder so ähnlich jedenfalls. So wie ich mich kannte, war das zwar vermutlich nur heiße Luft und ich würde früher oder später doch wieder einknicken, aber für den Moment tröstete mich der Gedanke, es ihm verbal richtig gezeigt zu haben. Mein vorher so zwangsloses Grinsen wich einem liebevollen Lächeln, als er mir erzählte, dass Ashton wohl ein Auge auf ihn hatte, wenn es um seinen Alkoholkonsum ging. Ich kannte Hunters besten Freund und engsten Vertrauten zwar nicht besonders gut, aber ich war ihm trotzdem unendlich dankbar dafür. Mischkonsum war nie etwas Gutes, aber schon gar nicht, wenn man sich mit wirklich starken Tabletten selbst medikamentös einstellte. "Du kannst ihm beim nächsten Mal gerne meinen Dank aussprechen. In deinen Augen mag er deshalb ein Arschloch sein, aber es ist zu deinem Besten und ich denke, dass weißt du auch." Während ich meine Worte mit einem besorgten Unterton an ihn richtete, hob ich die freie Hand an seine Wange, um mit dem Daumen sanft über seine Bartstoppeln zu streicheln. Wenig später, noch ich mir überhaupt überlegen konnte, was ich bezüglich des Vermissens erwidern konnte, spürte ich bereits seine warmen Lippen auf meinen. Ließ mich nur zu gerne in einen leidenschaftlichen Kuss verwickeln, der für mich nie hätte enden müssen. Verdammt, wie hatte ich das vermisst. Allerdings war es dann doch ein wenig umständlich - und in meiner Verfassung auch etwas anstrengend - die Hand, welche den Joint hielt, um seinen Körper herum zu manövrieren, damit ich ihm nicht aus versehen eine Brandwunde zufügte. Nicht, dass diese unbedingt aufgefallen wäre zwischen all den Tattoos und den bereits vorhandenen Narben, aber es musste ganz einfach nicht sein, würde dem schönen Moment einen unnötigen Dämpfer verpassen. Ich löste mich also nach einer guten Weile eher widerwillig von Hunters Lippen, hob die Hand mit dem kleinen Problemchen an, um ihm indirekt mitzuteilen, wieso ich mich gerade etwas von ihm distanzierte. "Willst du auch?", bot ich ihm einen oder von mir aus auf mehrere Züge an. Es war definitiv noch genug da, alleine aufrauchen würde ich die Tüte wohl nicht. Ich hatte schon einige Züge intus und merkte bereits ziemlich deutlich den Einfluss des Marihuanas auf meine Sinne. Sollte er keinen Zug wollen, würde ich nur noch einen letzten nehmen und mir den Rest für einen späteren Zeitpunkt aufheben. Es ging mir jetzt nämlich schon bedeutend besser als vorhin.
# Is it all a tragedy? Are we flashes in a rut going in and out of luck? Maybe. #
Das leise Gekicher der Rothaarigen streichelte wie temporärer Balsam die Wunden in mir, die niemals heilen würden. Ein wissendes Lächeln zierte meine Lippen, als Cosma sofort bestätigte, was ich mir schon gedacht hatte: Richard hatte von ihr sein Fett weggekriegt und es gab keinen einzigen Tag, an dem mir das nicht absolut recht war. Was genau der Grund dafür war, scherte mich wenig. “Der Schisser wird sowieso noch untergehen, in Samueles Fall müssen wir nur Geduld haben.” Er war zu weich für dieses Umfeld und seine indirekte Verbindung zur italienischen Mafia gefiel mir nach wie vor nicht. Mit ein bisschen Glück würde sich dieser Typ mit Selbstzerstörung vom Allerfeinsten hinrichten. “Andererseits ist das weder deine, noch meine Stärke… wenn ich nachhelfen soll, brauchst du’s also bloß zu sagen.”, fügte ich schulterzuckend an, so als würde ich da nicht gerade über die gezielte Exekution eines Menschen sprechen. Eigentlich hatte ich das bisher deswegen ausgeschlossen, weil ich keine Lust auf einen Liebeskummer-Richard hatte. Er sollte mit Sabin weiter die Drogen kochen, von Nutzen für mich sein. Es würde mich selbst treffen, wenn ich das Paar mit einem Todesfall auseinanderriss und der einstige Kunstländer wieder auf die Schnauze flog. Sollte diese hirnrissige Liebe jedoch häufiger auf Cosmas Gemüt schlagen, sorgte das auch bei mir für schlechte Laune… und dann überlegte ich mir das bestimmt sehr gerne nochmal. Ich kam um ein etwas angestrengtes Seufzen im Hinblick auf Ashton nicht rum. “Ja, weiß ich… deswegen ist mein einziger Versuch, ihn daran zu hindern, meistens auch nur, ihm ein paar wüste Beleidigungen an den Kopf zu knallen, die ihm sowieso scheißegal sind.” Außer an sehr stressigen Tagen. An einem davon hatte ich versucht, mir die Flasche gewaltsam zurückzuholen und an einem wieder anderen hatte ich ihm tatsächlich ein blaues Auge verpasst. Doch das kam – dank der Medikamente – wirklich selten vor. Ich fühlte mich konstant zu taub, um extrem aggressiv zu werden. Da half selbst der gefühlsverstärkend wirkende Alkohol in so niedriger Dosis kaum. “Und du kannst ihm selbst danken… er taucht fast täglich hier auf, seit du weg bist… und wird wohl erst damit aufhören, wenn er sieht, dass er das jetzt wieder sein lassen kann.”, murmelte ich mit kurzen Pausen und fast schon leicht abwesend, während ich die angenehm sanfte Streicheleinheit am Kiefer mit den Sinnen aufsog. Der Kuss, den wir – wenn es nach meiner Nase ging – gerne sofort woanders hätten fortsetzen können, ließ es für eine kleine Weile ziemlich ruhig auf der Terrasse werden. Nur das Meer hinter dem nahen Strand rauschte noch leise im Hintergrund. Ich machte keine Anstalten, etwas an der Situation zu ändern und schlug die Augen deshalb nur wieder auf, weil Cosmas Lippen sich von meinen entfernten. Grund dafür war scheinbar der Blunt, den sie mir fragend hinhielt. “Wieso nicht…”, ließ ich mich allzu leicht mit einem Schulterzucken zur nächsten Droge hinreißen und bedeutete der jungen Frau mit nach vorne gerecktem Kinn, dass sie mit dem Ding näher kommen sollte. Ich angelte mit den Lippen danach, als Cosma ihn mir in Reichweite hielt. Solange ich einatmete und ihre Finger nicht an der Tüte hingen, streckte ich kurzerhand beide Hände nach ihrem Prachtarsch aus und hob sie hoch. Sie fühlte sich schwerer an als sonst, während ich sie in den Armen hielt und sie mir mit dem Rauchen assistierte, aber so wie sie aussah, hatte sie kein Gramm zugenommen. Noch ein Punkt Abzug für die verdammten Pillen, weil sich absolut alles anstrengender anfühlte, wenn mein Körper nicht konsequent von Wut geflutet wurde. War doch scheiße, man. Cosma hielt mir den Glimmstängel ein drittes Mal hin, aber ich schüttelte den Kopf. Ich inhalierte das Zeug zu selten, um viel davon für eine Wirkung zu brauchen. “Ich muss jedes Mal dran denken, wie wir das erste Mal bekifft in deinem Bett über der Smith’N’Wesson gelegen haben, wenn du teilst.” Was sie, je nach Gemütslage, nicht immer gerne tat. Aber das war ok – ich war ja auch angepisst, wenn mir Jemand meinen letzten Schluck Whiskey unter der Nase wegziehen wollte. Ich ging in Seelenruhe mit der Rothaarigen zum unweit entfernten Tisch, auf dem ein Aschenbecher stand. Der Dübel war nicht fertig geraucht und sie sagte zwar nichts, zog aber auch nicht mehr daran. Also sorgte ich dafür, dass die Möglichkeit zum Ausmachen in für sie greifbare Nähe kam. “Wenn du hierbleibst, nehm’ ich mir ein paar Tage frei… ich arbeite sowieso nicht viel auswärts im Moment, sind immer noch zu viele Bullen unterwegs.” Als die minimale Rauchwolke das Erlöschen des Blunts verkündete, drehte ich mich bereits zur Tür um. Sie wollte in mein Bett, das hatte sie vorhin erst gesagt.
Was die Sache mit der Geduld anging, konnte ich Hunter nur nickend beipflichten. Weder er noch ich waren bekannt für eine besonders lange Zündschnur, dennoch käme es für mich wohl kaum infrage, den Amerikaner auf Richard anzusetzen. Auf Samuele vielleicht, aber Richie... nein. Er mochte manchmal ein echtes Arschloch sein und meine Nerven unnötig strapazieren, aber er hatte sich seinen Platz in meinem Herzen hart erarbeitet. Es würde eine echte Gräueltat benötigen, um mich in diesem Punkt umzustimmen. Sehr zum Leidwesen Hunters, der bereits häufiger mit dem Gedanken gespielt hatte, den Engländer eigenhändig zu erwürgen. Aber selbst der Mann, dem in der Regel die Welt unfreiwillig zu Füßen lag, konnte nun mal nicht alles haben. Wegen meines makabreren Humors brachte er mich mit dieser Aussage aber trotzdem zum Lachen. War aktuell zwar ohnehin nicht besonders schwer, stieg mir das Gras doch schon gut zu Kopf, aber das spielte jetzt nun wirklich keine Rolle. Meiner Einladung, ebenfalls an dem Blunt zu ziehen, kam Hunter fast ohne zu zögern nach und so hielt ich ihm bereitwillig den Filter des Joints entgegen. Dass er mich wenig später buchstäblich auf den Arm nahm, quittierte ich mit einem überraschten Quietschen, wehrte mich aber nicht, sondern schlang stattdessen meine Arme um seinen Hals. Meine Muskeln hatten sich bereits insoweit entspannt, dass ich ohne einen entsprechenden Halt wie ein nasser Sack zusammengefallen wäre. Ich bezweifelte zwar stark, dass Hunter mich nicht trotzdem hätte halten können, aber es provozierte in meinen Augen einen möglichen Fall und das musste nicht sein. Wir hatten uns während unserer gemeinsamen Zeit schon etliche Male gegenseitig verarzten und körperlich unterstützen müssen, ich hatte keine Lust darauf, das schon wieder zu tun. "Dann hoffe ich, dass der arme Kerl nicht bald arbeitslos ist.", witzelte ich, mir dessen bewusst, dass dem nicht der Fall sein würde. Hunters Leuten würde so schnell wohl kaum langweilig werden, kam der Amerikaner doch fast täglich mit irgendeiner neuen Aufgabe ums Eck. Vor allem jetzt, wo es laut seiner eigenen Aussage wieder vermehrt polizeiliche Präsenz gab, hatten seine Jungs sicher alle Hände voll zu tun. Da kam es Ashton bestimmt ganz gelegen kommen, wenn er seiner Verpflichtung als Babysitter entlassen wurde. Die Lunte neigte sich langsam dem Ende entgegen, ich war auch bedient und so war es nur von Vorteil, dass Hunter uns vorausschauend schon einmal in Richtung Aschenbecher manövrierte. Ich löste einen Arm von seinem Hals, um ihm den Joint wieder abzunehmen und ihn vorsichtig am Rande des Aschenbechers zu löschen. Es blieb ein verkümmertes Bisschen übrig, was ich dank des mittlerweile wieder recht trockenen Wetters auf Kuba bedenkenlos draußen liegen lassen konnte, um ihn zu einem späteren Zeitpunkt aufzurauchen. Dank der langen Jahre in Norwegen war ich kälteres Wetter - Gott sei Dank - gewöhnt, aber ich war froh, dass die Regenzeit endlich vorbei war. Ich hätte jedes Mal kotzen können, wenn ich mit frisch gestylten Haaren nach draußen musste und es wie aus Eimern pisste. Jetzt war es dafür etwas kälter, aber immerhin trocken. Als Hunter einen speziellen Zeitraum unserer gemeinsamen Vergangenheit ansprach, entlockte er mir damit erneut ein Lachen. Ja, das waren Zeiten... nicht immer gute, aber zwischendrin schon ganz witzig. "Damals, als du mich eigentlich am liebsten bei jeden unserer Treffen umbringen wolltest? Weil ich dir so auf der Nase herumgetanzt bin, wie ich es immer noch ganz gerne tue?", stichelte ich, meinte aber keinesfalls böse, was ich sagte. So verblendet ich manchmal auch durch die Welt stolzieren mochte, war ich mir durchaus bewusst, dass unsere Beziehung in keinerlei Hinsicht irgendwie... normal war. Sie war sogar ziemlich ungesund, wenn man es ganz genau nahm, aber davon wollte ich nichts hören und Hunter wohl genauso wenig. Irgendwie ergänzten wir uns doch ganz gut und rafften uns trotz Differenzen immer wieder zusammen. Es war anstrengend, keine Frage, aber Liebe war in den seltensten Fällen einfach. Dass sich der junge Mann ein paar Tage freinehmen wollte, um sozusagen meinen Wiedereinzug zu feiern, war Musik in meinen Ohren. Ich hätte mir auch gerne eine kleine Auszeit genommen, war diese doch längst überfällig, aber die Bar schmiss sich nicht von selbst und ich gab die Verantwortung nur ungern wieder in die Hände von Hunters Männern. Beim letzten Mal hatten sie einen guten Job gemacht, es wäre also durchaus möglich gewesen, aber den ganzen Tag nur rumzustreunen, während mein Baby von anderen am Laufen gehalten wurde sprach gegen meine Prinzipien. Aber ich könnte sie die nächsten Tage sicher etwas früher schließen. "Ich bleibe auf jeden Fall hier", beruhigte ich ihn erst einmal und legte meinen Kopf auf seiner Schulter ab, als wir die Terrassentür ansteuerten. "Aber ich werde zwangsläufig zumindest mal am frühen Abend in die Bar müssen, um nach dem Rechten zu sehen. Es würde mich aber freuen, wenn du mir dann ein wenig Gesellschaft leistest. Wir könnten im Hinterzimmer ein bisschen rummachen." Kleiner Scherz am Rande, der aber nicht ganz so abwegig war. Nur weil ich ab und an mal mein Gesicht hinter der Theke zeigen wollte, hieß das schließlich nicht, dass ich mir in meiner Pause nur stumm etwas zu Essen reinzehren und an meinem Handy daddeln müsste.
# Is it all a tragedy? Are we flashes in a rut going in and out of luck? Maybe. #
„Nicht in diesem Leben… meins wird vielleicht kurz, aber solange sitzt er definitiv noch tief mit mir in der Scheiße.“, erzählte ich Cosma bezüglich Ashtons Arbeitspensum nur das, was sie sich sowieso selbst zusammenreimen konnte. Zwar konnte mein bester Mann durchaus Arbeiten an Desmond oder Tauren ableiten, wenn es ihm zu viel war, aber natürlich nur so viel, wie deren Aufgaben das auch erlaubten. Außerdem machte er sich damit immer ähnlich unbeliebt wie ich und vermied es deshalb, wenn möglich. Es reichte ja, wenn mich alle zum Kotzen fanden. Ich erinnerte mich noch gut daran, wie oft ich Cosma in Norwegen den Hals hatte umdrehen wollen. Sie war damals schon keinen Millimeter vor mir zurückgewichen und dafür bewunderte ich sie bis heute. Zumindest im Nachhinein immer, nachdem der Streit dann entweder in zugeschlagenen Türen oder Sex geendet war. Manchmal in beidem. „Und es dir einfach völlig egal war, ob ichs tue? Ja.“, erwiderte ich trocken, verlor dabei weder den beinahe beschwingten Unterton noch das schmale Grinsen. Cosmas Leben war nicht ganz so katastrophal verlaufen wie meins, aber ab einem gewissen Punkt hatte sie die Hoffnung aufgegeben. Das hatte ich in ihren Augen gesehen und sie vielleicht auch in meinen. Es hatte sie nicht gekümmert, ob ich ihr eine Kugel in den Schädel jagte, weil ein Teil von ihr sich das offenbar sehnlichst gewünscht hatte. Es war der einzige Gefallen, den ich ihr auf ewig abschlagen würde, solange ich Herr meiner gestörten Sinne war. Sie musste dieses Leben zusammen mit mir durchleiden. Dafür hatte sie unterschrieben, als sie mich bei unserem ersten Kuss nicht empört weggeschubst, sondern sich drauf eingelassen hatte. „Ich bin froh, dass sich daran nicht viel geändert hat… wir wissen beide, dass ich das brauche.“, sprach ich weiter, als ich drinnen mit Cosma in den Armen den Flur entlang ging und in Richtung der Treppe sah, die ich kurzum ansteuerte. Wenn die Rothaarige jetzt hierblieb — was sie mir bestätigte — dann konnten wir uns ruhig mal wieder ordentlich fetzen. Unter Richards Dach hatte ich mich aufgrund ihrer expliziten Bitte immer zusammengerissen und in der Bar wurde ich ihr gegenüber auch nicht laut, aus Prinzip nicht mehr. Ich erzählte ihr schließlich immer wieder, wie wichtig es für mich war, dass sie ihre Nase aus meinen Geschäften raushielt, also pfuschte ich ihr nicht in ihres, solange es vermeidbar war. Nur wenn sie mich zu völliger Weißglut trieb, garantierte ich dahingehend für nichts mehr. Seit ich mich aufrichtig bei ihr entschuldigt und wie ein getretener Hund in ihrem Schoß verkrochen hatte – nachdem ich sie geschlagen und weggesperrt hatte – hatten wir uns quasi gar nicht mehr gestritten. Kurz mal angeschnauzt, ja, das schon… aber das zählte für mich nicht dazu. Ich atmete etwas schwerer, als ich am oberen Treppenabsatz mit ihr ankam, versuchte das aber zu kaschieren, indem ich auf Cosmas Vorschlag einging: „Nur rummachen?“ Es klang fast ein bisschen vorwurfsvoll, obwohl ich ganz genau wusste, dass sie während der Arbeit meistens nicht ewig lang Zeit für mich hatte… und wir genau die Zeit meistens aber brauchten. Irgendwie waren die Hinterzimmer ihrer Bar die letzten Wochen über zum einzigen Ort geworden, wo wir meistens vollkommen allein waren. Richard hatte meinem Gefühl nach mit aller Kraft versucht, uns bei sich alleine ja nicht aus den Augen zu lassen und abgesehen davon hatte ich Cosma am häufigsten in der Bar gesehen. Wir waren eher nicht der Paartyp fürs entspannt einen Kaffee zusammen trinken gehen, da bestätigten maximal Ausnahmen die Regel. Folglich saß ich auf dem Trockenen, was ich aber — wohl auch der Medikamente wegen — als weniger schlimm empfand, als sonst. Meine Hormone hatte der Mist scheinbar ebenfalls ein Stück weit runtergeregelt. „Ich würd‘ meine Zunge grundsätzlich lieber woanders als nur in deinem Hals versenken.“ Passend zu diesen Worten drehte ich mich mit dem Rücken zur Schlafzimmertür, um mit dem Ellbogen die Klinke runterdrücken und mit der wertvollsten Fracht dieser Insel eintreten zu können. Es war dort genauso aufgeräumt wie im Rest des Hauses, was wir ausschließlich der Haushälterin zu verdanken hatten, die fast täglich in diesen Mauern ihre immer gleichen Runden drehte, bis alles an Ort und Stelle war. Natürlich sollte das alles nicht heißen, dass ich Cosmas volle Lippen nicht wahnsinnig gerne küsste. Dafür hatte ich den Beweis schon unten am Pool geliefert. Trotzdem vermisste ich sie auf intimerer Ebene und das offensichtlich nicht nur des Aktes selbst wegen.
Ja, ich erinnerte mich. Sehr gut sogar. Inzwischen war ich zwar ganz froh, dass er seinen Drohungen nie Taten hat folgen lassen, war ich mit meinem Leben aktuell doch verhältnismäßig zufrieden, aber vor einer Weile hatte das noch ganz anders ausgesehen. Da war jeder Tag ein Kampf mit mir selbst gewesen und ich hatte mir oft gewünscht, dass mir jemand diese Last endgültig von den Schultern nahm - ich selber war dazu leider zu feige gewesen. Hatte mich jeden Tag aus dem Bett gequält, nur um mich abends dann wieder in den Schlaf zu heulen. Aber diese Zeiten waren vorbei. Nicht zuletzt hatte Hunter einen beträchtlichen Teil dazu beigetragen, dass ich wieder einen Sinn in dem sah, was ich tat und dafür war ich ihm unendlich dankbar. Natürlich gab es gewisse Phasen, wo ich immer mal wieder in einem Loch versank - die letzte war noch gar nicht so lange her, ha ha - aber sie waren seltener geworden. Was nicht hieß, dass ich inzwischen Angst davor hätte, mich ordentlich mit dem Amerikaner zu streiten. Er durfte mir weiterhin gerne seine Knarre an den Kopf halten, ich würde trotzdem eine große Klappe haben, aber er durfte mir bitte nie wieder etwas Vergleichbares wie vor zwei Wochen antun. Mich ernst und wirklich rücksichtslos mit der Faust verprügeln, einsperren und in meinen eignen Exkrementen vor mich hinsiechen lassen. Dass Hunter wenig später noch einmal das Wort an mich richtete und mir bestätigte, dass auch er einem guten Streit nicht aus dem Weg gehen würde und diesen sogar brauchte, zwang meinen benebelten Verstand dazu, die unschönen Gedanken, an die er sich kurzzeitig zu klammern versuchte, direkt wieder abzuschütteln. Andernfalls wäre meine Laune wohl auch schlagartig in den Keller gesunken und dafür war der Moment einfach zu schön. Mir war richtig warm ums Herz geworden bei all der Gefühlsduselei. Besagte Wärme wanderte bei Hunters nächsten Worten sogar noch ein ganzes Stück weiter runter und zauberte mir zudem ein verspieltes Grinsen auf die Lippen. Ich konnte nicht leugnen, dass sich mir Bilder vor meinem inneren Auge auftaten, die mich im positiven Sinne etwas unruhig werden ließen. Es war daher ganz gut, dass der Amerikaner von sich aus bereits das Schlafzimmer ansteuerte. Ich hätte zwar auch nichts dagegen gehabt, den lange überfälligen Sex auch woanders zu haben, war ich was das anging doch sehr flexibel, aber im eigenen, bequemen Bett war es doch immer noch am angenehmsten. Vor allen, weil ich bezweifelte, dass wir uns danach noch großartig bewegen wollten. Wie gesagt, hatten sich einige Tage beschissener Schlaf angestaut und Gras war auch nicht gerade bekannt dafür, einen übermäßig wachmachenden Einfluss auf den Körper zu haben. Wenn wir uns dann auch noch etwas anstrengten, was absolut der Fall sein würde, weil wir beide nicht unbedingt die Sorte Mensch für Blümchensex waren, war jeder Schritt, den man im Anschluss noch machen musste, einer zu viel. Ich legte meine zierlichen Hände wieder an den Hals meines Freundes um mit den Fingerspitzen sein Schlüsselbein nachzuzeichnen. "Was gibt es denn bitte besseres? Das musst du mir unbedingt zeigen.", raunte ich ihm eine Frage, die vollkommen überflüssig war, weil ich sie mir ganz gut selbst beantworten konnte, und eine indirekte Bitte ans Ohr. Kurze Zeit später legten sich meine Lippen an die dünne Haut knapp unter seinem Ohrläppchen, von wo aus ich ihm bis zu seiner Halsbeuge eine Spur aus Küssen auf die Haut hauchte. Als ich an seinem unteren Platysma angekommen war, konnte ich es mir jedoch nicht nehmen, ihn auch ein wenig mit den Zähnen zu zwicken. Er sollte ruhig wissen, in welche Richtung es hier gehen durfte, auch wenn er sich dessen vermutlich schon lange bewusst gewesen war. Schließlich waren wir uns in vielen Dingen, ganz sicher auch in diesem speziellen Fall, verdammt ähnlich. So ähnlich, dass es manchmal schon ein bisschen gruselig war.
# You son of a bitch, I'm in. I'm in, what's the job? I'm in. I'm out - I quit! Whos kidneys are these? #
Es war ziemlich erstaunlich, dass wir normalerweise einsame Spitze darin waren, uns gegenseitig Scheiße an den Kopf zu knallen, die keine beteiligte Partei zu hören kriegen wollte und es doch in gewissen Abschnitten unseres Dasein als Paar schafften, uns genau das zu sagen, was wir hören wollten. Das Grinsen auf meinem Gesicht wandelte sich in ein wissendes Lächeln, als ich ihre Worte hörte und kurz darauf auch ihre weichen Lippen am Hals spürte, dabei langsam weiter zum Bett ging und währenddessen etwas umständlich aus den schwarzen Stiefeln stieg. Ich neigte den Kopf nur gerade weit genug zur Seite, damit Cosma ungehindert die kleinen, heißen Berührungen auf meiner Haut verteilen und mir damit etwas Leben einhauchen konnte. Ihre bloße Anwesenheit reichte, um mich meinen Alltag vergessen zu lassen, aber es war letztendlich nur ihre Nähe, die auch die Kälte in mir verdrängen konnte. Ich schnalzte leise mit der Zunge. “Sag dann aber nicht, ich hätte dich nicht gewarnt, hmmm?”, ließ ich mich weiter auf das Spiel der vermeintlichen Unwissenheit ein. Als wüssten wir nicht beide ganz genau, worum es hier ging und was ich ihr gleich zeigen würde. Als wüssten wir nicht, dass sie dabei rein gar nichts zu befürchten hatte. Nichts Ernsthaftes zumindest. Nichts, was einer von uns später bereuen würde. Als ich ihre Zähne spürte, biss ich mir auf die Unterlippe, rollte angetan den Kopf durch den Nacken und griff ihren Arsch fester. Ich kam am Fußende des Kingsize-Betts zum Stehen und setzte den kleinen Teufel auf der Kante ab. Ging fließend in die Knie und griff zuerst nach ihrem linken Knöchel — sie hatte nicht wirklich eine solide Möglichkeit gehabt, ihre eigenen Schuhe loszuwerden. Allerdings half ich ihr nicht mit dem Ausziehen, weil ich plötzlich irgendwo das Gen eines Gentlemans entwickelt hatte, sondern weil ich ihre schmalen Knöchel mochte… und außerdem Niemand weglaufen konnte, wenn man ihm die Beine festhielt. „Bevor ich dir dir diesen Gefallen tue, musst du mir aber was versprechen.“, kündigte ich schon mal meinen kleinen aber feinen Sonderwunsch an, von dem ich mir sicher war, dass sie ihn mit Bravour erledigen würde. Ich zog ihr noch den zweiten Schuh aus, bevor ich sie ein Stück auf der Matratze nach hinten schob, damit ich ihre Beine spreizen, mit den Knien bequem dazwischen Platz nehmen und ihr diesen viel zu viel bedeckenden Pullover mittelmäßig ungeduldig ausziehen konnte. Erst als das nutzlose Stück Stoff mit einer energischen Armbewegung ins Abseits befördert war, beugte ich mich über sie. Dabei kam das Ende der etwas längeren silbernen Halskette, die ich nur selten vom Hals nahm, auf ihrem Dekollete zum Erliegen. Mein Blick streifte erneut ihre Lippen, bevor ich Cosma direkt ansah und dabei die rechte Hand um ihren Hals legte. „Provozier‘ mich… mehr als sonst. Bis aufs Blut, wenns sein muss.“, grummelte ich, verengte die lüstern funkelnden Augen ein wenig und streichelte mit dem Daumen über ihre Kehle. „Mach mich wütend.“ Ich beugte mich weiter runter, ihr Gesicht kaum noch fünf Zentimeter von meinem entfernt, und der Druck um ihren Nacken verstärkte sich. „…sonst bin ich die nächsten zwei, drei Tage angepisst, weil du jämmerlich versagt hast.“ Eine für jeden normalen Menschen völlig absurde Bitte, aber ich musste gottverdammt nochmal irgendwas fühlen, das ich kannte. Ich fühlte mich taub und ich wurde nicht mehr wütend, nicht so richtig. Je länger ich diese elenden Pillen schluckte, desto mehr bekam ich das Gefühl, dass sie mir einen Teil meiner Seele raubten. Selbst die einst so fest in mir verankerte Wut zeigte sich nur noch dermaßen sporadisch in Ausbrüchen, dass es mir Sorgen machte. Vielleicht musste ich mich mal wieder ordentlich prügeln. Oder Jemanden töten. Blut sehen. Das letzte Mal war jetzt schon länger her, unmittelbar nach der gescheiterten Lieferung an die Mexikaner. Ich konnte es mir jedoch nicht leisten, weich zu werden. Das war mein Markenzeichen. Der Grund, warum die halbe Welt den Schwanz vor mir einzog. Aber bevor ich sinnlos Gräber für Leichen schaufelte, die nicht unbedingt hätten sterben müssen, versuchte ich doch lieber erstmal, mich mithilfe des rothaarigen Tornados wieder auf Touren zu bringen.
Ich wäre vermutlich gar nicht mehr in der Lage, mich überhaupt noch zu Wort zu melden, sollten sich die Vorahnungen, welche ich hatte, gleich verwirklichen, aber klar. Wenn ich mir doch noch ein Japsen abringen konnte, würde ich mich nicht beschweren, da brauchte er sich keine Sorgen zu machen. Ich ließ mich bereitwillig von dem Amerikaner auf dem Bett absetzen, ließ ihn dabei zu keiner Zeit aus den Augen. Auch nicht, als er vor mir auf die Knie ging, um sich meinen Schuhen anzunehmen. Durch seine geübten Handgriffe dauerte nicht lange, bis ich mich rücklings auf dem Bett wiederfand und dort dann auch noch meines Pullovers entledigt wurde. Ich war dem Amerikaner ganz dankbar, mich in Situationen wie diesen möglichst wenig selbst entkleiden zu müssen. So konnte ich mich vollumfänglich auf seinen Körper, seine Bewegungen konzentrieren. Das war im berauschten Zustand nämlich sehr viel anstrengender als normalerweise. Nachdem Hunter das Oberteil zur Seite geworfen und sich endlich über mich gebeugt hatte, wollte ich mir gerade einen hungrigen Kuss von seinen Lippen stehlen, hielt stattdessen aber für kurze Zeit den Atem an, als ich seine warme Hand an meinem Hals spürte. Das verspielte Grinsen kehrte erneut auf mein Gesicht zurück, während ich gespannt den Worten meines Freundes lauschte. Dabei mehrfach heftig blinzelte, weil sich meine Sinne einer nach dem anderen schärften. Vermutlich aus reinem Überlebensinstinkt, weil gewürgt zu werden in der Historie der Menschheitsgeschichte nun mal selten etwas Gutes bedeutet hatte. Aber genau das war es ja. Dieses belebende Gefühl, wenn das Adrenalin durch die Blutbahn schoss und man sich trotzdem zu einhundert Prozent in Sicherheit wusste. Gut, in meinem Fall waren es nach Hunters Fauxpas vielleicht nur noch neunzig Prozent, aber das war immer noch eine gute Quote. Seiner Bitte käme ich natürlich nur zu gerne nach. Wenn er gleich hier und jetzt einen Streit anzetteln wollte, um das Liebesspiel spannender zu gestalten, ließe sich das bestimmt einrichten. Ich brauchte nur einen Moment, in dem ich mir mit der Zunge über die trocken gewordenen Lippen fuhr, bevor sich mein Blick ein wenig verfinsterte. Gespielt herausfordernd sah ich ihn an, angelte mit der rechten Hand nach seiner Kette, die von seinem Hals baumelte, um ihn noch ein Stück näher an mich heranzuziehen. So nah, dass ich seinen Atem auf meinen Lippen spüren konnte. "Willst du damit sagen, ich bin ein Versager?", knurrte ich bezugnehmend auf seine letzte Aussage. "Starke Worte für jemanden, der in seinem eigenen Leben auf ganzer Linie versagt hat. Was reißt du denn noch, Hunter? Deine Männer, deine Geschäftspartner... haben längst nicht mehr so viel Angst vor dir, wie sie einmal hatten. Du verweichlichst mehr und mehr, machst dich abhängig. Von Drogen, von Menschen. Und erwartest dann auch noch Respekt. Pah. Das ich nicht lache...", fügte ich schnaubend noch ein paar harsche Worte hinzu, die ich natürlich keinesfalls ernst meinte. Gut, klar, vielleicht war der ein oder andere Punkt gar nicht so weit von der Wahrheit entfernt, aber es störte mich nicht. Dass Hunter nicht jeden Tag eine neue Leiche verschwinden lassen musste und sich abends gerne von mir den Kopf streicheln ließ war in meinen Augen nichts Negatives. Aber ich wusste, dass das einen wunden Punkt treffen würde. Hoffentlich den, der dem ganzen Spiel hier einheizen würde. Ich hatte nämlich keine Lust, an meinem ersten Tag zurück im Haus gleich wieder in den Keller verschleppt zu werden. "Trainiert hast du auch lange nicht mehr, kann das sein? Oder habe ich mir das Schnaufen vorhin auf dem Weg die Treppe hoch nur eingebildet?", entschied ich mich, trotzdem noch einen drauf zu setzen. Vermutlich, weil ich auch nicht mehr ganz bei Verstand war. Fast schon ein wenig krampfhaft versuchte, seiner Bitte nachzukommen. Außerdem sollte er ja nicht denken, mir würden solche Kleinigkeiten nicht auffallen. Ich sagte nur in aller Regel nichts dazu, weil ich wusste, dass es ihn durchaus verletzen könnte und weil er sich vielem ganz einfach selbst schon bewusst war. Da musste ich nicht noch Salz in die Wunde streuen. Aber ob es jetzt das war, was er von mir hören wollte? Oder sollte ich vielleicht ganz alte Kamellen auspacken, die wir eigentlich schon längst ausdiskutiert hatten? Ich würde es wohl gleich erfahren.
# You son of a bitch, I'm in. I'm in, what's the job? I'm in. I'm out - I quit! Whos kidneys are these? #
Ich gab dem Zug an der Kette nach, nachdem ich einen Moment lang dagegen gehalten hatte. Aus prinzipiellem Trotz, der eigentlich nicht wirklich vorhanden war, weil ich Cosmas Lippen gerne nahe kam. Gerne beobachtete, wie sie den geschwungenen Linien mit der Zunge neuen Glanz verlieh… nur, damit Sekunden später üble Worte seidig darüber hinweg gleiten konnten. Zugegeben: Ich hatte mir im Voraus wenig Gedanken darüber gemacht, was genau ich mir von ihr erhoffte. Sie übertraf es trotzdem, indem sie sich im Handumdrehen sorgfältig ein paar Messer bereit legte und sie ein ums andere genüsslich in meine Brust bohrte. Ich kannte die Präzision ihrer bösen Zunge, sie war mir nicht neu. Dennoch spiegelte sich für zwei, drei Sekunden Entsetzen in meinem Blick, bevor meine Augen sich zunehmend verdunkelten. Ich hatte mit Vielem gerechnet, doch scheinbar nicht damit, dass die Rothaarige mich inzwischen dermaßen gut kannte und lesen konnte, um so genau zu wissen, was in meinem verdammt kaputten Schädel vor sich ging. Was ich am meisten an alledem hasste, was nämlich die schwer zu leugnende Tatsache, dass sie mit Vielem davon Recht hatte. Mir damit die Sprache zu verschlagen, schaffte sie jedoch nicht. Die Wärme, ausgelöst vom Körperkontakt und der Geborgenheit, verpuffte zügig in der Hitze, die mir den Brustkorb zusammenzog und dafür sorgte, dass meine Schultern sich verspannten. Ich mahlte mit dem Kiefer, als ich die Hand an ihrem Hals nach vorne drehte und sie sich verkrampfte – jetzt ohne Zurückhaltung. Ob sie schlecht Luft bekam, war mir egal, als ich mich wieder aufrichtete, oder es zumindest versuchte. Cosma, stur und bockig wie sie war, ließ die Kette natürlich nicht einfach los. Ich musste also meine zweite Hand dafür nutzen, ihre Finger unsanft davon zu lösen. Folglich lag ein großer Teil des Gewichts meines Oberkörpers direkt auf ihrem Hals, als ich mich danach mit dem Oberkörper zurückzog und mit der anderen Hand nach der Pistole hinten in meinem Hosenbund griff. “Du vergisst, wer dir deine neue Bar bezahlt hat, nachdem deine ach so tolle Smith’N’Wesson kläglich abgefackelt ist… unter wessen Dach du dich heute wieder verkrochen hast, weil du sonst Niemanden hast… in wessen Bett du liegst…”, zählte ich ruhig auf. Die gefährliche Sorte ruhig: Die, bei der ein düsteres Grollen mitschwang. Ich legte die Waffe auf dem Laken. Weit genug weg an der Bettkante, dass sie uns nicht unmittelbar störte, aber nah genug, um danach zu greifen. Und ja, es war Absicht, dass sie mehr oder weniger gut für alle Beteiligten erreichbar war. Nicht nur für mich, auch für Cosma. Eine Lebensversicherung. Als das abgehakt war, zog ich sie – nur mit der Hand am Hals – mit einem ordentlichen Ruck bis zum oberen Bettende. Das, sehr zum Glück ihres Hinterkopfs, eine gepolsterte Rückwand besaß. “Ich könnte alles davon anzünden, ohne danach mit Nichts dazustehen… also, bitte, sag mir nochmal, wie abhängig ich bin.”, knurrte ich zu ihr runter, ließ aber endlich wieder lockerer an ihrem Hals, damit sie… naja, atmen konnte. Ich hatte mit Sicherheit Muskeln verloren. Es fiel mir schon schwerer als sonst aus dem Bett zu kommen, mich zum Sport aufzuraffen war ein ganz anderes Level. Ich beugte mich zu ihren Lippen runter und stützte mich im selben Atemzug mit dem Ellbogen neben ihr ab, damit sie nicht doch noch unter meinem vielleicht minimal schmaleren Gewicht eingehen musste. “Ich werd’ nie zu schwach sein, um mit dir nicht mehr fertig zu werden.” Dann erstickte ich sie wieder, dieses Mal jedoch mit einem haltlosen, aggressiven Kuss. Fragwürdig, wessen Lippen dabei zuerst nachgeben und aufplatzen würden. “Wenn ich Blut sage, dann meine ich Blut.”, murrte ich zu ihr runter, als ich ihre Lippen wieder freigab. Eine Bitte. Eine Drohung. Ein Versprechen. Eine Liebeserklärung. Man konnte es nehmen, wie man wollte. Zum Glück wohnten die nächsten Nachbarn weit weg, als ich mich weit genug von der Rothaarigen löste, um ihre Jeans zu öffnen – rücksichtslos genug, dass der Knopf irgendwo ins nirgendwo absprang – und sie ihr mitsamt Slip von den schlanken Schenkeln zu ziehen, deren Anblick ich vermisst hatte. Dann begann ich mein vorheriges, indirektes Versprechen einzulösen, indem ich zwischen ihren Beinen abtauchte. Allerdings erstmal nur, um sie mit der Zunge, den Zähnen und saugenden Lippen an der Innenseite ihrer Schenkel und ihren äußeren Schamlippen zu berühren. Also überall, außer da, wo sie es am meisten wollte, nur, weil ich auf mehr Provokation wartete… damit ich sie ihr dann wieder heimzahlen konnte, weil das die Hälfte unseres gottverdammten Lebensinhalts ausmachte.
Die nachfolgenden Sekunden waren eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Entsetzen, Angst, Schmerz - physisch wie psychisch -, Lust... irgendwie war alles dabei. Und ja, kurzzeitig erwischte ich mich sogar bei dem Gedanken daran, sofort einzuknicken, alles zurückzunehmen und mich zu entschuldigen, weil die Laune des Amerikaners so verdammt schnell umgeschlagen hatte. Außerdem tat er mir anfangs auch ein bisschen leid. Gerade eben war er noch, natürlich nur für seine Verhältnisse, richtig gut drauf, sehr liebevoll und zuvorkommend, im nächsten Moment schnürte er mir meine Luftzufuhr nahezu gänzlich ab. Ich hatte deshalb auch überhaupt gar keine Möglichkeit, irgendetwas zu sagen, was ihn ansatzweise wieder hätte beschwichtigen können. Doch trotz der brisanten Umstände meldete sich wieder dieses Kribbeln in meiner Körpermitte. Ließ meinen Kopf ganz heiß werden, während Hände und Füße plötzlich Eisklötzen glichen. Vielleicht war es aber auch einfach das angestaute Blut, was durch die Blockade an meinem Hals nicht mehr ordentlich zirkulieren konnte. Mir war schon etwas diesig, als Hunter nach seiner Waffe griff. Zugegeben erschrak mich diese Reaktion ein wenig und so ausgeliefert, wie ich ihm momentan war, hätte ich kaum eine reelle Chance gehabt, mich jetzt noch gegen ihn zur Wehr zu setzen, was meine Augen ein wenig glasig werden ließ. Mit verschwommener Sicht beobachtete ich ihn dabei, wie er die Knarre unweit von uns auf dem Bett ablegte und hätte ich die Möglichkeit dazu gehabt, hätte ich erleichtert ausgeatmet. Mehr als ein angestrengtes Schnauben war jedoch nicht drin, bevor Hunter mich am Hals anhob und ein gutes Stück weiter oben, nahe dem Kopfende wieder in die Matratze drückte. Dann lockerte er seinen Griff endlich wieder ein wenig, sodass ich gierig nach Luft schnappen konnte. Beinahe reflexartig hob ich meine eigene Hand an den Hals, die, aus der er mir gerade so unsanft seine Kette entrissen hatte, um über die geschundene Stelle zu streichen. Das würde mit Sicherheit einen blauen Fleck geben... Mit dem Sauerstoff kehrte aber auch wieder die Streitlust zurück. Ich wischte mir hastig die Tränenflüssigkeit aus dem Auge und kaum hatte ich meinen Arm wieder auf dem Bett abgelegt, zierte auch schon das nächste kampflustige Grinsen meine Lippen. Zumindest für kurze Zeit, denn mit den Worten, die mir Hunter wenig später an den Kopf knallte, hatte auch er einen Wunden Punkt in mir getroffen. "Hältst du dich deshalb für etwas Besseres?", fauchte ich und schlug mit geschlossener Faust gegen seine Brust. Viel mehr Möglichkeiten hatte ich aktuell nämlich nicht, mich körperlich gegen ihn zur Wehr zu setzen. "Das hat mich an dir schon immer angekotzt. Dieses ständige Profilieren über materielle Dinge. Als gäbe es nichts anderes auf der Welt. Als wären Erinnerung, Träume und Hoffnung gar nichts wert." Ich merkte, wie mich die Konversation langsam persönlich werden und viele Dinge benennen ließ, die ich unter normalen Umständen vermutlich niemals angesprochen hätte. Aus... Respekt? Ja, Respekt ihm gegenüber. Dafür, dass er sich nebst all den finanziellen Aufmerksamkeiten zwischendurch auch wirklich Gedanken darüber zu machen schien, wie es mir ging. Was er mit Gutes tun könnte - ohne Geld für mich ausgeben zu müssen. Dass er sich anpasste, wenn ich ihn darum bat. Rücksicht nahm. Mir zuhörte. All das rechnete ich ihm verdammt nochmal hoch an, weil ich wusste, dass es für ihn nicht alltäglich war und es ihm, bei Gott, nicht leicht fiel. Aber wenn er bis aufs Blut meinte, konnte ich gerne auch diesen Schritt gehen. Und es sah ganz danach aus, dass er genau das wollte, denn meine Belohnung für meine bösen Worte ließ nicht lange auf sich warten. So schnell, wie das Muskelpaket sich über mich geworfen hatte und in einen hitzigen Kuss verwickelt hatte, so schnell war er auch wieder verschwunden, um sich um den Rest meiner Klamotten zu kümmern. Als sein Kopf wenig später zwischen meinen Beinen verschwand, legte ich in freudiger Erwartung bereits meinen Kopf in den Nacken... nur um dann fast schon ein wenig enttäuscht zu seufzen. Denn entgegen der Annahme, dass er sein indirektes Versprechen jetzt schon einlösen würde, fing er lediglich an, mich zu ärgern. Und das auf eine ziemlich gemeine Art, wenn ich ehrlich sein sollte. Ich grummelte, eine Mischung aus Frust und Lust, mehr erwartend. Aber dafür musste ich wohl schwerere Geschütze auffahren. Ich traute mich kaum, die nachfolgenden Worten auszusprechen, aber ich wusste, dass ich ihn damit haben würde. Ich konnte mir gut vorstellen, dass das eine der wenigen Sachen wäre, die er absolut nicht hören wollte. "Weißt du...", murmelte ich leise, während ich eine Strähne beiseite wischte, die sich in dem ganzen Durcheinander auf meinem Gesicht verwirrt hatte. "...vielleicht hatte Richard ja doch Recht." Kurze Pause. Ich musste durchatmen, machten mich seine Lippen doch jetzt schon verrückt. "Vielleicht kannst du mir einfach nicht das geben, was ich in einem Mann suche. Was mir Daith geben konnte, aber seitdem kein anderer. Eventuell sollte ich mir diese ganze Beziehungsscheiße mit dir noch mal ernsthaft durch den Kopf gehen lassen." Und mit diesen Worten schloss ich die Augen, sandte sogar ein kleines Stoßgebet gen Himmel, als würde mir das in irgendeiner Art und Weise etwas nützen.
# You son of a bitch, I'm in. I'm in, what's the job? I'm in. I'm out - I quit! Whos kidneys are these? #
Als mir die Faust an die Brust knallte, bekam ich ernsthaft Lust dazu, zurückzuschlagen. Deshalb fuhr ein kurzes Zucken durch meine rechte Schulter, durch den Arm meiner Schlaghand. Ich schaffte es jedoch, den Reiz zu unterdrücken. Vielleicht, weil für ein, zwei kurze Momente reale Angst durch Cosmas große blaue Augen gehuscht war und weil mir trotz all der fiesen Worte tief drin trotzdem klar war, dass ich sie niemals wieder ernsthaft schlagen wollte. “Ich bin sicherlich nicht besser als die Art, wie ich an das Geld komme und wie ich es wieder ausgebe.” Eine stumpfe, trockene Feststellung. Ich hielt mich tatsächlich nicht für etwas Besseres, nur weil ich mit meinem Arsch auf viel Schotter saß. Doch ich hielt mich schon insofern für genial, dass ich in den meisten Fällen ein ziemlich gutes Gespür dafür hatte, wo ich das Geld für weitere, gezielte Erfolge einsetzen musste. Faktisch machte Geld das Leben nämlich auch als Krimineller sehr viel einfacher. Was die Erinnerungen anging… naja, ich wollte einfach nur sehr viele von meinen weiter regelmäßig in Alkohol ertränken, wenns recht war. “Geld ist in 9 von 10 Fällen dasselbe wie Macht… und es ist verdammt viel einfacher, sich Träume zu erfüllen, wenn man die Mittel dafür hat, hm?” Passend zu diesen Worten breitete sich ein kurzes, wissendes Lächeln auf meinen Lippen aus, das durch das nicht Erreichen meiner kochenden Augen jedoch eisig wirkte. Zur Untermauerung ließ ich meinen Blick flüchtig durchs Schlafzimmer wandern. Ich brauchte diese Villa nicht. Theoretisch brauchte ich auch das teuer restaurierte Auto unten in der Auffahrt nicht. Oder die Putzhilfe und den Gärtner. Aber ab und zu musste man sich für seine konstant harte Arbeit selbst belohnen und das Absetzen nach Kuba war ein guter Anstoß für mich gewesen, mir selbst in den Arsch zu kriechen. Dadurch auch der Rothaarigen ein paar Annehmlichkeiten zu bieten, die für mich mittlerweile selbstverständlich waren. Sie gehörte zu mir, war ein Teil von mir geworden. Und genau deswegen zog ich die dünne Haut an ihrem Oberschenkel, knapp unterhalb ihrer Körpermitte, absichtlich schmerzhaft zwischen die Zähne, hinterließ einen mit Sicherheit schmerzenden Bluterguss, als sie ihren nichtsnutzigen besten Freund erwähnte. Hielt dabei auch den Blickkontakt noch im Augenwinkel aufrecht. Richard war schwer zu verkraften, weil ich an seine verunstaltete Visage absolut nicht genau dann denken wollte, wenn Cosma mit geöffneten Beinen vor mir lag. Aber dann auch noch so überaus selbstgefällig ausgerechnet den Typen zu erwähnen, den ich sogar mal für sie abgewimmelt hatte, war echt die Krönung. Ich griff unter ihren Beinen hindurch fest mit beiden Händen nach ihrer Hüfte, wobei meine Daumen sich über ihre leicht hervorstehenden Hüftknochen förmlich in die Haut direkt darüber bohrten und der Blickkontakt riss ab, weil sie die Augen schloss. Unbarmherzig biss ich ihr unweit des schmerzhaften Knutschflecks in die Haut und es rollte dabei gut sichtbar eine Welle aus Wut und Erregung durch meinen Oberkörper. Zum Teufel, ich wollte ihr schon wieder den Hals umdrehen. Sie daran hindern, mir noch mehr dergleichen an den Kopf zu spucken. Ich hatte jedoch nicht den eisigen Geschmack von Blut an den Lippen, als ich die Tortur unterbrach und daraufhin dann leise, unter Umständen in leicht gruseligem Ton, an ihren Schenkel lachte. So, wie ich es immer tat, wenn ich gerade beschlossen hatte, Jemanden umzulegen. “Du hast gerade nicht wirklich meinen Namen vergessen, oder?” Ich küsste sie unverhältnismäßig sanft auf die Stelle, an der ich eben noch zugebissen hatte. Es war eine rein rhetorische Frage, die nur dazu diente, die Tatsache zu verdeutlichen, dass mein Name sehr oft Programm war. Ich jagte, bis ich das Ziel in den Händen hatte und dann wurde der verdammte Preis in meiner Meinung nach angemessener Höhe bezahlt. “Wir wissen doch beide ganz genau, wie weit wir über diesen Punkt hinaus sind.” Sie kam selbst dann zu mir zurück, wenn ich sie misshandelt hatte. Was zur Hölle konnte ich – abgesehen davon – also überhaupt noch tun, um sie so sehr in den Wahnsinn zu treiben, dass sie mich loswerden wollte? “Und wenn du mir das nächste Mal mit so einer Scheiße drohst oder es in die Tat umsetzt, sei dir sicher, dass ich auf die Jagd gehen werde.” Primäre Jagd nach Cosma, sekundäre Jagd auf jeden potenziellen Daith auf diesem Planeten. Ich konnte nicht mehr ohne den biestigen kleinen Teufel leben, aber noch weniger damit, wenn sie sich testweise anderen Männern an den Hals warf. Dass ich extrem eifersüchtig war, hatten wir schon ganz am Anfang unserer Beziehung festgestellt und sie konnte Gift drauf nehmen, dass sich daran absolut nichts geändert hatte. Ich regte mich für einen Moment lang nicht, weil ich wollte, dass die Rothaarige mich ansah. Wartete darauf, bis sich unsere Blicke trafen, damit sie merkte, wie verdammt wortwörtlich und ernst ich das meinte, ehe der Kontakt abriss und ich meine Zunge ohne weitere Verzögerung zwischen ihre Lippen schob. Es gab eigentlich nichts, was ich lieber schmeckte als hochprozentigen Alkohol. Nichts, außer Cosma. Die Kombination aus süßlichen und salzigen Aromen stellte meine liebste Droge gekonnt in den Schatten und wenn dann noch der Klang ihrer immer trockener werdenden Kehle dazukam, wurde ich sofort hart. Auch ihre Klitoris war vor leichtem Saugen nicht sicher, wobei ich jedoch darauf bedacht war, ihr ausgerechnet an dieser Stelle nicht weh zu tun. Blieb dann nach einer Weile, die ihrer Körpersprache nach zu urteilen ausreichend zum Anheizen war, bei gleichmäßiger Bewegung und nur variierendem Druck mit der Zunge, um ihre Nervenenden gezielter und konstanter zu reizen. Es mochte ohne Unterstützung meiner Finger im Vergleich länger dauern, aber ich hatte nicht vor, mit der oralen Stimulation aufzuhören, bis sie kam. Jedes Mal, wenn ihr Becken sich mir aus Erregung ganz ohne meinen Einfluss weiter aufdrängte, schlangen sich meine Arme enger um Cosmas Körper. Selbst wenn sie es wollte, weil sie das hier in ihrem eigenen Kopf irgendwie anders geplant hatte, kam sie da nicht mehr weg. Das war nämlich Teil der definitiv noch nicht beglichenen Rechnung: Ich wusste bestens, wie erledigt ihre Orgasmen sie meistens zurück ließen und danach war sie an 9 von 10 Tagen schwer für absolut alles zu motivieren, zumindest für die nächsten paar Minuten. Blöd nur, dass ich vorhatte, sie mir dann trotzdem noch zu nehmen und dabei nicht so zimperlich zu sein, dass sie einfach bloß wie ein sterbender Schwan daliegen konnte. Ich sehnte den Effekt eines verschwitzt-zerkratzten Rückens schon jetzt herbei. Alles, was meinen betäubten Körper und Geist wieder zum Leben erweckte.
Ja, ja und noch mal ja. Er hatte verdammt noch mal Recht, mit dem was er sagte. In diesem Augenblick zumindest. Unter anderen Umständen hätte ich ihm mit Händen und Füßen zu verstehen gegeben, was für einen Quatsch er da von sich gab, aber im Moment konnte mir wohl kaum etwas egaler sein. Ich hatte auf jeden Fall einen wunden Punkt getroffen und das war alles, was zählte. Groß etwas dazu sagen musste und konnte ich schließlich auch nicht mehr. Denn als Hunters Zähne sich in meinen Oberschenkel bohrten, stöhnte ich mit einer Mischung aus Schmerz und Erregung auf. "Du elender Bastard.", glitt mir eine fauchende Beleidigung über die Lippen, während ich unweigerlich den Drang verspürte, ihn mit dem Bein gnadenlos gegen den Kopf zu treten. Er konnte sich glücklich schätzen, dass er diese - vielleicht in weiser Voraussicht - fixiert hatte und mir somit nichts anderes übrigblieb, als meine Finger verzweifelt ins Bettlaken zu krallen. Wie gerne hätte ich diesem Dreckskerl gerade den Hals umgedreht. Aber gerade war definitiv er derjenige, der hier die Zügel in der Hand hielt, das ließ sich nicht leugnen. "Du glaubst immer noch, dass du mir Angst machen kannst, oder? Süß.", richtete ich wenig später eine gemurmelte Frage an ihn, säuselte zum Ende hin aber nur noch mit leicht zittriger Stimme. Nahm Bezug auf seine Drohung... oder viel mehr seine Ankündigung. Ich kannte Hunter nämlich inzwischen gut genug, um mit Sicherheit sagen zu können, dass er das absolut ernst meinte. Dass ich mich verdammt warm anziehen könnte, sollte ich wirklich jemals ernsthaft mit dem Gedanken spielen, ihn durch einen anderen Mann ersetzen zu wollen. Weil ich aber bedeutende Zweifel daran hatte, jemals wieder einen Menschen so sehr lieben zu können, wie den Amerikaner - dessen war er sich nach eigener Aussage ja offenbar auch bewusst - konnte ich ihn guten Gewissens ruhig noch etwas weiter aufziehen. Vor allem, wenn das im Umkehrschluss bedeutete, der Erlösung Schritt für Schritt näher zu kommen. Es dauerte eine ganze Weile, bis ich die Augen endlich wieder öffnen und zu meinem Freund heruntersehen konnte. Der Schmerz ebbte nach und nach ab, was zum Großteil sicher auch an den plötzlich sehr sanften Berührungen des Amerikaners lag. Wirklich lange konnte ich den Blickkontakt jedoch nicht aufrechterhalten, denn die Glücksgefühle, welche Hunter mir binnen Sekunden mit seiner geschickten Zunge bescherte, fluteten meine ohnehin schon benebelten Verstand. Ich rollte die Augen angetan nach oben, ließ den Kopf wieder tiefer in die Matratze sinken und streckte ihm dabei angetan meine Körpermitte entgegen. Ignorierte dabei völlig den Schmerz, die sein immer fester werdender Griff oberhalb meiner Hüfte auslöste. Gott, wie sehr hatte ich das vermisst. Unser letztes Mal war einfach viel zu lange her gewesen und ich hatte das Gefühl, als würden seine Berührungen mich jederzeit förmlich explodieren lassen. Als hätte sich in der Zeit eine Menge angestaut, was dringend rausgelassen werden wollte. Ich versuchte noch eine ganze Weile, die immer größer werdende Welle der Lust irgendwie vor dem Einsturz zu bewahren, um die Dämme erst bei dem eigentlichen Akt brechen zu lassen, aber das war scheinbar gar nicht in Hunters Interesse. Als ich versuchte, mich etwas von ihm zu lösen, weil ich merkte, dass ich es nicht mehr länger aufhalten konnte, ließ er nicht von mir ab. Es folgte noch wenige Sekunden ein verzweifeltes, lustgetränktes Wimmern, bis ich letzten Endes einfach losließ. Den Rücken durchdrückte und meine Hand in den kurzen Haaren des Amerikaners vergrub. Diese so fest packte, dass er auch ja nicht auf die Idee kam, während meines Höhepunktes einfach aufzuhören, weil ich sonst vermutlich wirklich handgreiflich ihm gegenüber geworden wäre. Das Wimmern entwickelte sich zunehmend zu einem angeregten Stöhnen. "Scheiße, Hunter...", presste ich ein paar wenige Worten über meine Lippen. Zu mehr war ich jedoch nicht in der Lage, denn die Wellen der Lust, welcher über einen Zeitraum von nur wenigen Sekunden leider immer schwächer wurden, zogen mich dermaßen in ihren Bann, dass ich keinen geraden Satz mehr herausbringen konnte. Es war wirklich bedauerlich, dass man im Durchschnitt doch verhältnismäßig viel Zeit dafür aufbringen musste, dieses Hoch zu fühlen, nur um binnen weniger Sekunden wieder auf dem harten Boden der Tatsachen aufzuschlagen. Sich unendlich erschöpft fühlte und scheiße, das Gras war dahingehend auch nicht besonders hilfreich. Zwar fühlte es sich währenddessen doch noch ein Stück intensiver an, aber der Moment war trotzdem ziemlich schnell vorbei. Ich rang gerade nach Luft, die zwischendrin etwas knapp geworden war, als meine Hand aus den Haaren des Amerikaners glitt und stumpf neben mir auf der Matratze aufschlug. Himmel Herrgott, war ich erledigt. Dabei war der Amerikaner noch gar nicht zum Zug gekommen und ich befürchtete fast, dass wir hier noch nicht fertig waren.
# You son of a bitch, I'm in. I'm in, what's the job? I'm in. I'm out - I quit! Whos kidneys are these? #
Ich hatte mich so daran gewöhnt, dass alle Welt mich für das Letzte hielt, dass es aus Cosmas Mund für mich erst recht wie ein Kompliment klang. Sie konnte mich so viel verfluchen, wie sie wollte, wenn das dazu führte, dass sie sich der Tortur mit mir weiter hingab. Nicht nur heute, sondern jeden Tag für den Rest unseres Lebens auf der Abschussliste. Meine Antwort darauf, ob ich ihr noch immer Angst zu machen glaubte, hob ich mir mit einem kurz aufflackernden Grinsen für später auf. Für jetzt reichte mir, dass ihre Stimme nicht so fest beim Aussprechen dieser Worte geklungen hatte, wie sie das sonst immer tat. Meine respektlose Zunge war für den Moment nämlich anderweitig beschäftigt und dabei wollte ich mich nicht irritieren lassen. Viel lieber suhlte ich mich in der Mischung aus verzweifeltem Gewimmer und Gestöhne, als die Rothaarige es nicht schaffte, sich meinem Griff zu entziehen. Da kehrte auch das Grinsen schon wieder auf meine Lippen zurück, weil diese Genugtuung in heißen Wellen meinen Körper flutete. Meinen stumpf gewordenen Körper befriedigte das zwar nicht ausreichend, um eine Fortführung unseres Spiels überflüssig zu machen, aber mein aktuell leicht bröckelndes Ego erlebte einen wahren Höhenflug, als Cosma den Kampf um ihre Selbstbeherrschung aufgab. Meine Haare packte, im von Erfolg gekrönten Versuch, zumindest dieses Bisschen Kontrolle zurückzugewinnen. Erst als der Zug und der damit einhergehende Schmerz an meinem Haaransatz allmählich verschwand, weil das Beben im Körper der rothaarige Schönheit verebbte, lockerte sich auch die Anspannung in meinen Armen. Ich zog sie unter ihren Beinen hervor, um mir meinen Weg zurück nach oben zu bahnen. Setzte erst einen Kuss auf ihren Venushügel, bevor ich mit den Lippen ihren flachen Bauch streifte. Dabei ergötzte ich mich gleichzeitig mit kurzem Seitenblick an den Abdrücken um ihre Seiten, ging daraufhin bald mit den Lippen über den Bügel ihres BHs hinweg und setzte Küsse an ihren immer noch geröteten Hals, bevor ich mich mit beiden Ellenbogen neben ihrem Kopf abstützte. Ein zufriedenes Lächeln zierte meine feuchten Lippen, während ich mir ihre roten Wangen ansah und mein Blick schließlich in ihre noch ziemlich vernebelten Augen rutschte. “Dass du keine Angst vor mir hast, ist der Grund dafür, warum du hier liegst, Babe.”, offenbarte ich ihr eine nicht neue Tatsache, kam ihren Lippen dabei näher. “Aber ich werde trotzdem nie aufhören, es zu versuchen.”, raunte ich mit gedämpfter Stimme, bevor ich ihr mit dem nächsten leidenschaftlichen Kuss die Luft zum atmen nahm. “...schaffst du’s noch selbst aus dem BH oder hab ich dir echt schon den Rest gegeben?”, unterbrach ich schließlich grinsend den Kuss und funkelnde sie herausfordernd an. Ich wusste ganz genau, dass Cosma sich – theoretisch – noch bewegen konnte. Sie nur überhaupt erstmal dazu zu kriegen, war nicht so leicht. Die besten Chancen hatte ich damit, sie klein zu reden und ihr gleichzeitig Angriffsfläche für mein Ego zu bieten. Ersteres hasste sie und zweiteres liebte sie. So oder so bekam sie eine kurze Pause von mir und meiner Großspurigkeit, weil ich mich aufrichtete und mir das schwarze Shirt endlich über den Kopf zog. Für die Hose musste ich mich zwangsläufig kurz neben Cosma aufs Laken rollen.
Wäre das hier ein One Night Stand gewesen, dann hätte ich nach der kurzen Zeit - welche sich wie eine Ewigkeit anfühlte -, die ich regungslos auf dem Rücken gelegen und meine Atmung in den Griff gekriegt hatte, meine sieben Sachen geschnappt und wäre abgedampft. Männer waren auch oft genug Arschlöcher und nur darauf aus, selbst zum Schuss zu kommen, warum also hätte ich nicht auch das Recht dazu gehabt? Aber hier ging es nicht um eine einmalige Nummer, weshalb ich sehr wohl Interesse daran hatte, dass auch der Amerikaner zu seinem wohlverdienten Zug kam. Ich genoss noch einen Moment die zärtliche Liebkosung, bis sich der junge Mann schließlich von mir distanzierte, um sich dem störenden Stoff an seinem eigenen Körper anzunehmen. Die herausfordernden Worte Hunters quittierte ich mit einem abfälligen Schnauben. Man, er wusste wirklich, welche Knöpfe er drücken musste, damit ich das tat, was er wollte, mir sagen zu lassen, was ich zu tun hatte - weil ich das absolut hasste und meist aus Prinzip das Gegenteil tat. Natürlich war ich noch selbst dazu in der Lage, meinen BH zu öffnen und die Träger von meinen Schultern zu streifen, aber es war viel schöner, wenn Hunter sich darum kümmerte. Na ja. Während also auch noch das letzte Kleidungsstück mit einer gekonnten Geste seinen Weg auf den Boden fand, ließ ich mir einen stichelnden Spruch in Richtung des Amerikaners nicht nehmen. "Ist vielleicht besser, dass ich es selbst mache. Du würdest vermutlich ohnehin an dem Verschluss scheitern." Das entsprach, wie wir beide genau wusste, zwar nicht ganz der Wahrheit, hatte er mich in der Vergangenheit doch schon öfter meiner Unterwäsche entledigt, aber für den Moment war das alles, was mir dazu einfiel. Die Leistung meines Gehirns schien kontinuierlich abzunehmen. Als Hunter sich neben mich auf die Matratze rollte, nutzte ich die Gunst der Stunde, meinen Blick noch einmal über seinen nach wie vor sehr durchtrainierten Körper wandern zu lassen. Auf Höhe seiner Körpermitte hielt ich schließlich inne und grinste. Es hätte mich stark gewundert, wäre das intensive Vorspiel, was ich vor wenigen Augenblicken hatte genießen dürfen, spurlos an ihm vorbei gezogen, aber es noch einmal so direkt vor Augen geführt zu bekommen war einfach ein schönes Gefühl. Ich streckte voller Vorfreude die Hand nach der Beule in seiner Unterhose aus, um mit den Fingerspitzen die Konturen nachzuzeichnen, bevor ich schließlich eine ähnliche Position einnahm, wie es Hunter gerade getan hatte. Ich half ihm noch aus dem letzten Stück Stoff zu schlüpfen, bevor ich ohne weitere Vorwarnung meine Hand um seinen harten Schaft legte. Nicht allzu fest, aber auch keinesfalls zimperlich begann ich wenig später mit gleichmäßigen Auf- und Abwärtsbewegungen. Den Fortschritt, den wir bis hier gemacht hatten, sollte schließlich nicht verloren gehen. "Wollen wir doch mal sehen, wer hier am Ende von uns beiden erschöpfter ist.", raunte ich leise ein paar Worte, bevor ich meinen Kopf senkte, um meine Hand durch meine vollen Lippen zu ersetzen. Teasen war nicht nur Hunters Paradedisziplin. Wenn ich wollte, ließe sich der Spieß auch ganz einfach umdrehen, was ich ihn in den nächsten Minuten auch glasklar zu verstehen geben würde. Mochte sein, dass ich ihm körperlich unterlegen war und nicht mit einem festen Griff um seinen Hals dienen konnte, aber ich hatte andere Wege, die auf psychischer Ebene sicher genau so herausfordernd waren wie eine eingeschränkte Sauerstoffversorgung.
# You son of a bitch, I'm in. I'm in, what's the job? I'm in. I'm out - I quit! Whos kidneys are these? #