Desmond Wie er einfach so tat, als wäre überhaupt nichts. Als wäre alles wie immer, was nicht der Fall war, wenn er verdammte Drogen nahm. Es war zwar nicht so, als hätte ich noch nie welche genommen, ab und an platzte einem einfach der Schädel und dann fand man keinen anderen Ausweg. Aber so, wie Ash das gerade eben formuliert hatte, war es nicht das erste Mal, dass er mitbekam, wie mein bester Freund sich irgendwas einmisch, schnupfte, spritzte oder was weiß ich. Und ich hieß es ebenfalls eher weniger gut, wenn es zur Gewohnheit wurde, dass Cameron sich mit Drogen vollpumpte, nur weil es eben gerade nicht besonders leicht für ihn war. Für eigentlich keinen hier von uns, wir hatten alle noch so unsere Startschwierigkeiten hier in der neuen Stadt. Er war also nicht der Einzige, sollte von dem Drogentrip runterkommen. "Was isses, Cam? Was ziehst du dir rein, hm? Und wie oft?" hakte ich nochmal wortwörtlich an ihn gewendet nach. Ash hingegen fühlte sich in seinen Pflichten erfüllt und unterhielt sich weiter mit Megan, die wiederum aber mit den Ohren so halb bei mir und meinem Drogenjunkie hier war. Naja, wollen mal sehen, was da jetzt für eine Antwort kam... wenn er gänzlich verneinen würde, würde ich aber wohl etwas ungemütlicher werden und das wollte er denke ich mal nicht.
Abwesenheit wirkt auf die Liebe wie Wind auf Feuer - was klein ist wird ausgelöscht, was groß ist noch weiter angefacht.
Cameron Jetzt wollte auch Desmond noch, dass ich mich zu der Drogensache hier äußerte. Vor der versammelten mannschaft oder was? War ja wieder ganz Klasse hier. Hatte doch ehrlich gedacht, dass man es bei einem gemütlichen Kaffeetrinken belassen konnte und sich jetzt hier nicht mit solchen Dingen beschäftigte. Aber ich kannte meinen besten Freund ja wirklich gut, nüchtern oder nicht nüchtern, wusste ich, dass er von der ganzen Scheiße nicht sonderlich begeistert war, aber interessieren tat mich das in dem Augenblick eher weniger. Es nervte einfach nur. War dann wohl auch der Grund dafür, warum ich einfach nur die Augen verdrehte, mit den Schultern zuckte. "Ist doch egal... ab und an mal was, mir geht's gut, jetzt reg du dich da nicht auch noch drüber auf", murmelte ich so vor mich hin, sah Dazzy aber direkt an. Na ja, so lange ich seinem wütenden Blick eben standhalten konnte - was nicht sonderlich lange war, haha.
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Desmond Aha, also nur ab und zu mal. Erstens war das eine Ausrede für 'eigentlich zu oft' und zweitens kannte ich Cameron lange und gut genug, um zu wissen, dass er eigentlich nicht gerade ein Skeet 2.0 war. Klar, wenn 'ne Tüte umging, dann nahm er da auch mal 'nen Zug, aber tat ich ja auch. Das war allerdings was anderes, als wenn man Drogen zum systematischen Bekämpfen von Problemen und Sorgen nahm. Ich hatte genug Leute daran kaputt gehen sehen, eben unter anderem auch Sadies Mutter, da sollte mein bester Freund jetzt hier nicht auch noch so enden. "Ich will hier jetzt nicht schon wieder den Moralapostel spielen... aber scheinbar willst du's nicht anders, Cam. Egal, aus welchem Grund genau du jetzt damit angefangen hast, es is keine Lösung und das weißt du auch. Also wieso das Ganze?" fragte ich schließlich leicht seufzend, stützte den Kopf in die rechte Hand, hatte den Arm auf der Tischplatte abgestützt. Ein kurzer Blick aus dem Fenster genügte, um mir zu zeigen, dass er offenbar auch noch auf Drogen gefahren war. Dass er Ash ans Steuer gelassen hatte, hielt ich nämlich für höchstunwahrscheinlich. "Spätestens dann, wenn die Cobra drunter gelitten hat, wirst du's bereuen."
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Cameron Er wollte also nicht den Moralapostel spielen, warum tat er es dann? Das war so etwas... was ich eigentlich an Dazzy zu schätzen wusste, aber momentan brauchte ich das echt nicht. Meine gute Laune schwang dann auch zum Ende der ersten Phase hin, ließ mich prompt in Phase zwei schlittern, die alles andere als spaßig war, wenn man jetzt dieses Thema anschnitt. Wieso das Ganze? Lag das nicht auf der Hand? Er wollte mich doch hier jetzt veraschen... traurig hob ich den Blick an, ließ diesen zwischen Ash und Desmond hin und her schweifen. Eigentlich war ja jetzt so halbwegs der Zeitpunkt, mal mit der ganzen Scheiße raus zu rücken, damit auch Ash im Bilde war, aber momentan war das Thema mit den Drogen nicht zwangsläufig auf meine Vergangenheit zurück zu führen. "Warum?", fragte ich und konnte mir ein spöttisches Lachen nicht verkneifen. "Hat sich auch nur einer drum geschert, als ich im Krankenhaus lag? Hat sich auch nur irgendwer hier gemeldet, als Skeet mich und Ash mit einer verfickten Vase beworfen hat und ich daraufhin hier erst mal nicht anzufinden war? Du fragst ernsthaft, was der Grund für diesen Absturz ist?" Ich merkte gar nicht, dass ich mit der Zeit immer lauter wurde, so langsam auch mal Lamont und Hannah aufsahen. "Weißte, es reicht nicht, dass meine Vergangenheit, wie die eure, schon total verkorkst und scheiße war. Nein, das wäre viel zu einfach. Stattdessen steckt man mich noch in ein Haus mit einem homophoben Drogenjunkie, der ebenfalls eher weniger auf seinem Leben klar kommt und... es juckt niemanden, wenn er den Jüngsten Kerl hier" - war ja nicht allgemein der Jüngste, haha - "aufgrund eines Missverständnisses ins Krankenhaus prügelt. Ihr wisst alle, dass ich es so schon nicht leicht hatte, in der Schule, beziehungsweise in der Zeit, in der ich in der Schule gehockt habe. Hab ich ja auch nicht zuende gemacht, wie auch, wenn ich mit verdammten 15 Jahren bereits hinterm Steuer hockte. Generell einfach der ganze Scheiß. Ich hab einfach in 'ner ruhigen Minute, wo ich mal keine Hummeln im hintern hatte, drüber nachgedacht und komm da einfach nicht mit klar, okay? Vielleicht schafft ihr es ja, eure Probleme irgendwie herunter zu schlucken, ich jedenfalls nicht." So, Ende. Wurde hier gerade gefühlt heiser. Beziehungsweise nicht nur gefühlt, mir stiegen nämlich schon wieder die Tränen auf, ließen einen riesen Kloß in meinem Hals wachsen.
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Desmond Ach, und weil ein Drogenjunkie auf ihn eingeschlagen hatte, musste er jetzt selber zu einem werden? Ja, natürlich, weils das ja sooo viel besser machte. Nicht. Ich rieb mir mit der Hand übers Gesicht, als er mit seiner... nennen wirs mal Erklärung fertig war. Ich meine, klar, er hatte es nie einfach gehabt, weder früher, noch heute. Aber da war er hier im Haus nicht der Einzige und bis aus den homophoben Junkie war hier sonst auch niemand drogenabhängig. Also sollte er nicht so tun, als wäre es für ihn die einzige Möglichkeit, mal irgendwie wieder runter zu kommen. Ich bekam mein Leben auch - mehr oder weniger - auf die Reihe, ganz ohne Drogen. Klar, wie gesagt durfte es ab und an eins oder ein paar mehr Bierchen sein, aber dass ich mich richtig abschoss oder eben mal ein bisschen Gras rauchte, kam selten bis gar nicht vor. Wenn, dann eher nicht aus Frust, sondern weil ich eine Feier in vollen Züge genoss und mich pudelwohl fühlte, nicht als Bekämpfung für meine kaputte Psyche. "Falls du's vergessen hast, Cam - Lamont und ich waren sehr wohl bei dir, als du im Krankenhaus gelegen hast. Dass sich die aus der anderen Gruppe und Skeet nicht so wirklich drum kümmern, wie's dir geht, ist wohl irgendwo nachvollziehbar." Gut, Megan ließ ich mal außen vor, die hätte sich eigentlich auch mal bei Cam blicken lassen können, war aber wohl zu sehr mit... anderen Dingen beschäftigt gewesen, naja. Wie auch immer, war jetzt nicht mein Bier. "Und du weißt auch, dass es hier nicht rund läuft - sagst ja selbst, dass es ein Mitgrund ist. Aber glaubst du ich tu mir leicht damit, hier alles halbwegs im Rahmen zu halten? Du weißt, dass du mir wichtig bist, aber ich hab nunmal auch noch andere Prioritäten, unter anderem meine Tochter... gut, ja, ich seh's ja ein, dass ich vielleicht mal hätte anrufen sollen die letzten Tage, aber hier zofft sich gefühlt 24/7 irgendjemand und so langsam hab ich auch die Schnauze voll. Ständig ist irgendwas und ich darf mich dazwischen stellen, damit nicht der nächste im Krankenhaus landet, krieg so auch alles mit ab. Ich hab jetzt nicht auch noch Zeit, mich um dich und dein Drogenproblem zu kümmern, das ja offenbar vorhanden ist. Und Lust ehrlich gesagt auch nicht, könnt ohne mich weiter trinken. Klärt eure ganze Scheiße gefälligst untereinander." Amen. Damit stand ich dann - jetzt doch sichtlich genervt - auf, hatte meine Tonlage wohl ebenfalls etwas rauer gewählt und mein Gesichtsausdruck würde wohl auch Bände sprechen. Ich ging zu Sadie, die gerade in ihrem kleinen Zimmer am Bauklötze spielen war. Etwas künstlich setzte ich ein Lächeln auf und hob sie vom Boden hoch, erklärte ihr nur kurz, dass wir wohl einen Ausflug machen würden. Ich hoffte einfach, dass ich runter kommen würde, wenn ich ein, zwei Stunden mit meiner Süßen alleine war. Hoffen konnte man ja.
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Cameron Mir kam dann erst mal eine ganze Wand an Gesülze entgegen, die ich mit meinem vernebelten Hirn gar nicht so schnell auffassen konnte. Von Pausen zwischendurch hielt er scheinbar nichts, konnte es dann auch nicht ändern, wenn mir die ein oder andere Sache einfach durch die Lappen ging. Fingen wir mal ganz vorne an... ja, er und Lamont hatten mich einmal besucht innerhalb von fast vierzehn Tagen, super.. Dann die Sache mit seiner Tochter. War ja nicht so, als hatte er sie immer öfter an Lamont abgeschoben, aber okay, beließen wir es mal dabei, dass er ja der einfühlsame alleinerziehende Vater war, der ja alles für seine Tochter tat, bla bla bla. Gut, bevor ich aber auch nur auf eins der Themen zu sprechen kommen konnte, stand der Herr dann schon vom Tisch auf, forderte uns auf, unsere Scheiße doch selbst zu lösen. Danke, das hatte ich vor gehabt und war auch halbwegs auf dem richtigen Weg gewesen. Eigentlich nicht, wie gesagt, Drogen waren ja jetzt nicht das Gelbe vom Ei. Aber irgendwie hätte ich das sicherlich geschafft. Als Desmond die Küche verlassen hatte, heftete ich meinen bösen Blick auf Ash. Hatte er ja schön hingekriegt, gut den Nachmittag versaut, ehrlich. Hatte ich auch schon wieder kein Bock mehr hier. "Das musste jetzt sein, oder? Vor versammelter mannschaft, ich danke dir", meinte ich spöttisch, Kopfschüttelnd, bevor ich ebenfalls aufstand, mich in mein Zimmer verzog. Schöne Scheiße.
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Ash Hätte gerne meine Kaffeetasse genommen und den beiden den Inhalt halbe halbe ins Gesicht gekippt. Sie schrien sich einfach nur an und kamen dabei nicht wirklich zu einem Ergebnis, verzogen sich stattdessen beide. Alle sehr erwachsen hier... und allesamt schienen sie den Kopf verdammt voll zu haben. Mir inklusive, aber ich versuchte zumindest, es nicht an anderen auszulassen... konnte man wohl hier in diesem Haus von keinem so wirklich behaupten. Ich seufzte leise, kippte mir den Rest meines Kaffees noch den Rachen runter, bevor ich ebenfalls langsam aufstand. Weder so energisch, noch so aggressiv wie die beiden anderen. Eher fast schon ein wenig müde, erschöpft. Da hatte ich mir die letzten Tage über wirklich den Arsch dafür aufgerissen, dass Cameron zufrieden war, es ihm besser ging.. aber was bewirkt hatte es anscheinend nicht, was mich doch auch teilweise fast ein bisschen traurig stimmte. "Das war so jetzt zwar auch nicht meine Absicht gewesen, aber gut, dann verzieh ich mich wohl auch langsam... könnt' Cam sagen, dass er sich melden kann, falls er irgendwann demnächst wieder clean ist.." murmelte ich nur noch so vor mich hin, bevor ich mich verabschiedete. Von Megan bekam ich noch ein leichtes Nicken und zumindest eine wörtliche Verabschiedung. Jap, Tag im Eimer. Aber was solls, würde ich mich eben in eine meiner Lieblingsbars verziehen, mir Fingerfood bestellen und einfach mit ein paar Kumpels abhängen, mich ablenken... irgendwer hatte immer Zeit normalerweise, würde sich schon wer finden.
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Cameron Die letzten beiden Tage hatte ich mich schlichtweg in meinem Zimmer verschanzt, war nur zum Essen und zum Duschen heraus gekommen. Ansonsten wollte ich einfach nicht mit den anderen aneinander geraten, hatte keinen Nerv für Gespräche oder Sonstiges. Na ja, war ja auch egal, auf jeden Fall fühlte ich mich schon ein wenig einsam die letzten Tage, war ich doch sonst immer unter Leuten, aber nach der Diskussion mit Dazzy konnte ich mir gut vorstellen, dass die anderen nicht sonderlich begeistert von mir und meiner Drogengeschichte waren, konnten ja so ziemlich alle mithören, war auch sicher bei jedem angekommen. Nun ja. Ich langweilte mich momentan so ziemlich in meinem Zimmer, wusste einfach nicht, was ich tun sollte. Nach draußen war ich auch nicht weiter gegangen, sprich, ich hatte mir mal keine Drogen geholt oder anderweitig irgendwas anderes konsumiert, außer Wasser und stinknormales Essen. Sah natürlich auch dementsprechend aus, Augenringe des Todes, generell fiel gefühlt mein ganzes Gesicht in sich zusammen. Na ja, hatte eben auch echt beschissen geschlafen, weil ich eigentlich nicht vorgehabt hatte, Ash so anzufahren... Bei Dazzy war es was anderes. Er wusste, dass ich manchmal eben meine fünf Minuten hatte, Ash nicht. Und ich fühlte mich schlecht, schuldig.War dann wohl auch der Grund, warum ich nach einer Zeit zum Handy gegriffen hatte, Ashs Nummer wählte.
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Ash Es fehlte schon irgendwie was, wenn Cam nicht den Großteil des Tages bei mir in der Wohnung sein Unwesen trieb. Es war wieder genauso still in der Wohnung wie vor seiner ungeplanten Ankunft, seinem ungeplanten Einzug. Ich vermisste es irgendwo, sehnte mich aber eben so gar nicht danach, einen drogenabhängigen Cameron bei mir in der Bude zu haben, also war ich lieber ohne ihn. Auch, wenn halt eben was fehlte, aber ich war vorher ja auch ohne ihn ausgekommen... war nicht der einzige Mensch in meinem Leben und so lenkte ich mich von der ganzen Geschichte heute einfach in der Stadt mit ein paar Freunden ab. Wir bummelten einfach ein wenig, redeten, lachten miteinander. Und holten uns schließlich noch 'n Eis. Gerade, als ich meins bezahlt hatte und dran lecken wollte, klingelte mein Handy, was mich leicht seufzen ließ. Nicht mal in Ruhe essen durfte man hier. Ich zog es aus der Hosentasche und sah aufs Display, sah Camerons Namen. War erst nicht sicher, ob ich rangehen sollte, ließ es erst noch dreimal klingen, ehe ich mit einem "Ja?" abhob, dann aber trotzdem am Eis leckte. Würde mir hier jetzt nicht die gute Laune und die fruchtige Süßspeise entgehen lassen deswegen, nene!
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Cameron Ich hatte gerade wieder auflegen wollen, als Ash an sein Handy ging. Mein Herz setzte einen Moment aus, bis ich mich schließlich wieder gesammelt hatte. "Hey...", murmelte ich in den Hörer, wusste nicht so recht, wo ich anfangen sollte. Gab eigentlich so vieles, für das ich mich entschuldigen sollte, aber ich wollte jetzt erst einmal bei vorgestern anfangen. "Ich... wollte mich entschuldigen. Für so vieles eigentlich, aber erst mal, dass ich dich so angefahren habe vor ein paar Tagen und das ich halt... gefahren bin, obwohl ich es eigentlich nicht sollte", setzte ich also an. War doch schon mal ein guter Anfang. "Ich weiß, ich sollte meine schlechte Laune und die ganze Scheiße nicht an dir oder generell an irgendwem anders auslassen, aber ich weiß nicht. Irgendwie.. keine Ahnung, bin ich, denke ich, doch ziemlich abgerutscht und ich bezweifle, dass ich da so einfach wieder heraus komme." Ok ok, ich gestand es mir ein, vielleicht war ich so minimal abhängig, brauchte vermutlich wirklich einfach Hilfe. Ja, Dazzy und auch Ash hatten ja recht.
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Ash So, wollte sich der Gute also für das, was neulich so vorgefallen war, bei mir entschuldigen... besonders früh war die Erkenntnis dafür ja nicht gekommen, hatte auf sich warten lassen, aber immerhin war die Einsicht für sein Fehlverhalten jetzt überhaupt mal vorhanden. Ich schwieg aber erstmal, erwiderte nichts, hörte ihm einfach nur still zu. Die anderen sahen mich fragend an und ich bedeutete ihnen mit einem vielsagenden Blick und einem leichten Handzeichen - war schwer mit der Eiswaffel in der einen und dem Handy in der anderen Hand, ging aber doch -, dass ich einen Moment brauchte. "Deine Entschuldigungen machen aber auch nicht alles wieder gut, wenn du dir partout nicht helfen lassen willst... zumindest machts' halt den Eindruck." erwiderte ich schließlich in vollkommen ruhigem Tonfall, bevor ihc erneut an der oberen von zwei Eiskugeln in der Waffel leckte. War immer ganz cool mit dem Piercing, weil das Metal die Kälte schnell annahm und weiter leitete. War quasi im Sommer dann so eine Art Eiswürfel für in die Zunge, wenn mans kühlte, haha.
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Cameron Nachdenklich kratzte ich mir den Nacken, ließ mir seine Worte durch den Kopf gehen. "Aber was soll ich deiner Meinung nach denn machen? Ich möchte nicht schon wieder zu einem Psychiater" quengelte ich leise. Ich meine, ja, ich wollte schon was dagegen tun, ging nämlich auf Dauer auch echt ins Geld - haha - aber wie gesagt, ich hatte mich lange genug mit einem Seelenklempner auseinander setzen müssen und da hatte ich nicht sonderlich Lust drauf, war auch der Meinung, dass der mir nicht wirklich viel half... Aber gut. "Ich meine, wenn ich sage, dass ich Hilfe brauche... kannst du mir dann irgendwie helfen?" War meine nächste Frage. Vorsichtig, darauf bedacht, was ich sagte. Ich merkte ja selber, dass sich dieser 'kurzzeitige' Drogenmissbrauch echt nur negativ auf meinen Körper und meine Psyche auswirkte, da motivierten dann auch die kurzzeitigen euphorischen Schübe nicht mehr.
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Ash Ich kam ja jetzt dann doch nicht drum rum, einmal leise zu seufzen. Konnte ja schon verstehen, dass er nicht zum Psychodoc wollte... vor allem, weil man da auch wirklich den richtigen finden musste, weil man einfach auch auf menschlicher Ebene gut mit dem zurecht kommen musste, sich irgendwo verstehen musste. Und noch dazu musste er professionell und nicht irgendein Schwindler sein. Zwar hatte ich da wohl Kontakte, beziehungsweise wusste, wo ich ihn hinschicken würde, aber wenn er nicht wollte, würde ich ihn auch keinesfalls dazu zwingen. Ohne den gewissen eigenen Willen, bewirkte man da sowieso nichts. "Ich will dich ja auch nicht zwanghaft zu einem Psychiater schicken, Cam... ich will einfach nur, dass du wenigstens versuchst, das Ganze wieder in den Griff zu bekommen. Du weißt ich helf dir wo und wie ich kann, aber ich kanns halt nicht haben, wenn ich dich dann wieder zugekokst irgendwo in der Ecke finde.. da seh ich rot und das kann ich auch nicht ändern. Aber ich kann wenigstens versuchen, für dich da zu sein.. was aber auch ein bisschen schwierig ist, wegen der Arbeit... ach man." redete ich so vor mich hin, den letzten Satz aber wohl nur noch gemurmelt. Ich würde ihm ja wirklich gerne intensiv helfen, aber solange ich keinen Urlaub hatte - und der nächste stand noch nicht in Aussicht - war das schwierig irgendwie..
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Cameron Okay, also kein Psychiater. War schon mal gut, das so zu hören, weil mich, wie gesagt, keine zehn Pferde wieder zu einer solchen Fachkraft bekam. "Okay.. okay, gut. Ich.. egal, was ich machen muss, ich tus, solange ich nicht alleine bin. Ich will nicht alleine sein, Ash", wisperte ich wohl ein wenig sehr leise ins Telefon. Aber das war mitunter einfach so meine größte Angst. Alleine sein, alleine gelassen werden, wie damals erst eine Zeit lang niemanden haben, bis dann langsam vielleicht ansatzweise mal etwas besser wurde. Damals war es Dazzy gewesen, der mich wieder aufgepeppelt hat, nun schien es Ash zu sein. "Du sollst wegen mir auch keinen Ärger auf der Arbeit haben, ich brauche, denke ich... einfach jemand, der sich mit mir beschäftigt, egal wann... ich weiß es nicht, man. Ich weiß es wirklich nicht." Und das war mein Ernst. Wie sollte man aus einer Abhängigkeit wieder heraus kommen, ohne psychatrische Hilfe? Konnten dann halt nur gute Freunde schaffen.
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Ash Ich hatte es damals mit 'ner Menge Ehrgeiz, fast eisernem Willen und guten Freunden geschafft, wieder von den Drogen wegzukommen. Ich war überzeugt davon, dass Cameron das auch schaffen konnte, aber er musste es eben auch wirklich wollen und das war immer so eine Sache... gerade bei ihm, wo in seinen Augen sein Leben nicht mehr besonders lebenswert zu sein schien, würde das alles wohl nicht einfach werden. Aber ich war wie gesagt bereit dazu, ihm da unter die Arme zu greifen, sofern der junge Mann das zuließ. Aber schien ja der Fall zu sein. "Du bist ja auch nicht alleine, Cam.. aber wenn du von den Drogen nich möglichst bald wegkommst, isolierst du dich damit selber." redete ich weiterhin ruhig auf ihn ein. Wurde hier ja schon wieder richtig deep. "Und ich hab dich ja auch gern bei mir... nur eben nicht mit den Drogen." fügte ich leicht gemurmelt noch hinzu, bevor die erste Eiskugel dann auch schon futsch war.
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Cameron Ja, das war mir klar... kannte immerhin genug Leute, die auch wirklich schon an den Drogen zugrunde gegangen. Am Ende interessiert man sich lediglich für das Koks, das Heroin, oder was auch immer und nicht mehr für andere Menschen. Wusste also schon, auf was ich mich da eingelassen hatte und war trotzdem abgerutscht, wobei ich doch eigentlich wirklich tolle Freunde hatte. Na ja, von Skeet mal ganz abgesehen, aber ihn verstand ich mit seinem Problem auch nicht so ganz, also ja. Der fiel in dem Falle einfach mal weg. Na ja, jedenfalls war ich schon irgendwo gewillt, wieder auf der richtigen Schiene zu fahren, nickte nur stumm vor mich hin. Klar, konnte ich schon verstehen, dass er keine Drogen bei sich Zuhause haben wollte, wenn er selbst schon durch diese Zeit gegangen ist. War dann auch sicherlich nicht einfach mit so jemanden wie mir umzugehen... aber er tat es trotzdem, er versuchte es und das war schon mal enorm wichtig für mich. "Kann ich nachher vorbei kommen? Ich bin auch clean, versprochen", murmelte ich, während ich ungeduldig im Zimmer auf und ab tigerte, gerade einfach nicht still sitzen konnte.
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Ash So, wollte er also nachher bei mir vorbeikommen. An sich hatte ich damit denke ich mal auch kein Problem, sofern er eben nüchtern bei mir aufkreuzte und auch während seiner Anwesenheit nicht vor hatte, irgendwo was bei mir zu bunkern oder sich bereits bei seiner Abreise - falls er denn heute Abend wieder ging, ich hatte ja noch keine Ahnung, was er vor hatte - wieder was reinzog. Aber gut, er versprach mir ja auch, dass er clean war, also ging ich mal auch davon aus, dass der junge Mann clean bleiben würde. Erstmal zumindest, dass er von jetzt auf gleich nicht wieder davon wegkommen würde, war mir schon auch klar. Ich schwieg erst einen Moment bevor ich antwortete, wollte es ihm nicht ganz so easy machen. "Klar, denk schon... werd aber wohl erst so in 'ner Stunde wieder Zuhause sein." antwortete ich auf seine Frage, würde jetzt nicht den Ausflug hier wegen ihm abbrechen. Hatte eben auch noch andere Leute, die mir wichtig waren und Cameron über alle anderen zu stellen kam nicht direkt in Frage.
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Cameron Okay, die Stunde würde ich auch noch rum kriegen. Würde ich eben duschen gehen und sowas. Ich bedanke mich indirekt noch kurz mit einem "Okay, dann bis nachher", bevor ich auflegte. Wie ich mir gerade gedacht hatte, ging ich kurz darauf mit frischen Klamotten ins Bad, um mich zu duschen, mich fertig zu machen, bis ich schließlich den Autoschlüssel aus dem Flur einsammelte, in meine Schuhe schlüpfte und mich zum Ende hin beiläufig bei den anderen verabschiedete. Mit der Cobra dauerte es natürlich nicht lange, bis ich vor Ash' Heim an kam. Ich parkte das Auto in einer freien Lücke, stieg aus und schloss ab, bevor ich die Treppen des Treppenhauses bis in den dritten Stock erklomm. Oben angekommen fuhr ich mir nervös durch die Haare, schloss die Tür aber letzten Endes auf. Im Flur streifte ich die Schuhe wieder von meinen Füßen, signalisierte mit einem "Ich bin da", das ich eben da war, lief am Spiegel - der mir wirklich ein Scheißbild wieder gab - vorbei ins Wohnzimmer.
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Ash Hatte versucht, während meines restlichen Stadtausflugs nicht weiter an Cam und seine Drogengeschichte zu denken, weil ich mich da später ganz sicher noch sehr viel mehr mit rumärgern würde. Naja, wobei, was hieß da rumärgern - solange er eben wirklich clean hier bei mir aufkreuzte und wir uns nur ruhig unterhielten, es nicht irgendwie zu Zoff kam, dann würde es ein wohl eher ruhiger Nachmittag, Abend werden. Einfach ein bisschen reden, vielleicht hatte Cam außer den Dingen vorhin am Telefon ja noch irgendwas anderes zu sagen... oder wollte eben einfach meinen Rat oder meine Nähe. Was auch immer er genau bezweckte - ich war bereit, haha. Ich saß - beziehungsweise lag so halb, war einfach bequemer - auf dem Sofa, als Cameron kam. Ich war erst seit etwa fünf Minuten daheim, ließ mich ein wenig vom Fernseher beschallen. Als der junge Mann ins Wohnzimmer getappt kam, richtete ich mich aber wieder ein wenig mehr auf und ließ ihm ein "Hey" zukommen, was doch eigentlich relativ gut gelaunt klingen musste, sah dabei auch in seine Richtung. War einfach ein guter Tag gewesen.
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Cameron Ich fand Ash so halb auf dem Sofa gammelnd vor, konnte mir ein leichtes Lächeln nicht verkneifen, als ich ihn da so liegen sah. Scheinbar hatte der junge Mann einen relativ guten Tag gehabt, wirkte er doch gut gelaunt, sehr ausgeglichen. Vorsichtig ließ ich mich neben ihm auf die Couch fallen, seufzte leise. "Und wie war dein Tag?", fragte ich erst einmal ganz beiläufig, nebensächlich, weil ich nicht wusste, wie ich sonst ein ansatzweise fähiges Gesrpäch zustande bringen sollte. Den Blick hatte ich nach wie vor abgewandt, weils einfach nicht ging. Ich fühlte mich nach wie vor schlecht, ihn so angepault zu haben, wollte das ja auch urspünglich gar nicht, aber da sah man mal, was die Drogen so alles bewirken konnten. Eben nicht nur Gutes. Gewiss nicht. Na ja, aber ändern konnte ich es nicht und mehr als entschuldigen war nun mal auch nicht drin. Auch wenn ich gerne mehr gemacht hätte. Aber wie gesagt, ich wollte mich ja bessern.
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