Bestens amüsiert schenkte ich ihm einen aussagekräftigen Blick, ohne die Dino-Diskussion weiter zu vertiefen. Ich persönlich wusste, dass seine Antwort auf relativ viel Gegenwind treffen würde, aber um Isaac die Spannung nicht zu nehmen, behielt ich diese Kenntnis vorerst für mich. Falls er jemals in den Genuss dieser Unterhaltung käme, durfte er sich seine Argumente spontan einfallen lassen – Kinder konnten äußerst hartnäckig sein, wie ich aus eigener Erfahrung berichten durfte. Da befanden sich die Uneinigkeiten über den besten ausgestorbenen Saurier noch im angenehmen Bereich, obwohl ich noch nie in eine der lautstarken Schreiattacken verwickelt war, die manchmal durch das gesamte Schloss echoten und sämtliche Bewohner in die Flucht schlug. Immerhin trat diese Form der Lärmbelästigung kaum noch auf, anderenfalls würde es Isaac keine fünf Minuten mehr in diesem Gebäude aushalten und mit großen Schritten das Weite suchen. Ein guter Notfallplan, aber eigentlich längst nicht mehr nötig. Dennoch stolperten wir immer wieder in unberührtes Neuland. Wir hatten zwar beide in der Vergangenheit diverse Erfahrungen gesammelt und doch erlebte man diese ganzen Phasen einer Beziehung mit jeder Person unterschiedlich. An diesem Abend begaben wir uns sogar in zwei unterschiedliche Bereiche des Lebens, die wir zuvor wohlwissend umschifften: unsere gemeinsame Zukunft und offene Zugeständnisse bezüglich eines gewissen Grad ans Zuneigung zueinander. Isaac hatte mich zugegebenermaßen mit seinen Komplimenten überrascht, da ich nicht mit einem derartigen Schwall an aufbauenden Worten gerechnet hatte, aber es löste kein befremdliches Gefühl in mir aus, sondern entfachte eine wohlige Wärme. Selbst als er meinen Dank schlussendlich besonders cool herunterspielte, behielt ich das sanfte Grinsen bei. Isaac Garcia schien sich gerade selbst ein bisschen über diese offensive Herangehensweise zu wundern, eine andere Erklärung fand ich auf die Schnelle nicht und was sollte ich sagen: nun war er irgendwie niedlich. Ob ich ihm diese Beobachtung unter die Nase reiben durfte? Besser nicht. Ich wollte diesen zarten Moment nicht durch neckende Belustigung zerstören. Wahrscheinlich würde ich mich dadurch auch anders verhalten und nicht meinerseits ein wenig aus der Deckung heraustrauen. Obwohl ich mein Versprechen nicht als eindeutiges Flirten deklarieren würde, spielte der subtile Kontext durchaus eine tragende Rolle: ich bot ihm mich absichtlich als Reiz an, um zu zeigen, wo für ihn die Musik spielte. Und Isaac sprang darauf an. Wir befanden uns in einem völlig neuem Rahmen, da die doppeldeutig-provokanten Anspielung bisher primär aus seinem Lager kamen und ich höchstens oberflächlich darauf eingestiegen war; sofern kein Alkohol im Spiel war. Eigentlich machte mir dieses vorsichtige Anstupsen Spaß, das Ausloten neuer Grenzen und locken. „Isaac“, beschwerte ich mich maulend, nachdem er mir einen Happen in Form einer angekündigten Idee hinwarf und sobald ich anbeißen wollte, den Köder unter der Nase wegzog. „Du machst mich absichtlich neugierig“, unterstellte ich ihm brummelnd und lehnte mich wieder ein bisschen zurück, um ihn meinen vorwurfsvollen Blick ja deutlich spüren zu lassen. Hoffentlich verstand er, dass mein erbostes Getue keiner richtigen Empfindung gleichkam – anderenfalls würde ich ohnehin nicht weiterhin unter seiner Decke eingehüllt bleiben. Außerdem brachte er mich kurz darauf schon zum Lachen, wodurch meine finstere Miene zur Vergangenheit zählte: „Um vielleicht auch mit ein paar Tipps im Notfall auszuhelfen, wenn ich nicht weiß, wohin mit all dem plötzlichen Geldüberschuss?“ Isaac wüsste da sicher ein paar Möglichkeiten, um das Geld am Markt wieder verschwinden zu lassen, aber das stand wieder auf einem anderen Blatt geschrieben – ein Kapitel der Zukunftsplanung, die wir aber für den heutigen Rest des Abends ruhen lassen wollten. Der junge Mann plagte sich anscheinend mit genug anderen Gedanken herum, wie er mich mit einer schlichten Bestätigung wissen ließ. „Okay. Wenn du so weit bist, weißt du ja, wo du mich finden kannst. Da du aber selbst sagst, dass es für diese Frage noch zu früh ist, solltest du dich jetzt auch noch nicht damit herumschlagen. Irgendwann kommt der passende Moment und dann ist sicherlich genug Zeit dafür“, versicherte ich ihm in der stillen Hoffnung, Isaac dadurch ein bisschen Ruhe zu schenken. Ich versuchte gar nicht erst, hinter das Geheimnis zu kommen – für uns beide gab es viele Themen, die noch ein bisschen zu früh wären und dennoch besprochen werden mussten, aber vorschnell zu handeln käme mir ebenfalls falsch vor. Eigentlich fand ich es bereits bemerkenswert, wie konsequent wir diese Unterhaltung geführt hatten, ohne durch Kleinigkeiten völlig vom Wesentlichen abzudriften.
Jetzt bist du schon wieder süß., dachte ich mir, sprach es getrost meinem Versprechen jedoch nicht aus. Stattdessen grinste ich breit vor mich hin, während das Engelchen vor sich hin moserte und mir deutlich zu verstehen gab, dass sie diese Geheimniskrämerei nicht schätzte. Ich musterte ihr pseudo-verärgertes Gesicht wissend, ließ mir einen Moment Zeit mit der Antwort und genoss es durch und durch zumindest in diesem Moment die Oberhand zu haben, während wir uns im Alltag normalerweise ziemlich die Waage hielten - eben je nach Situation und Kontext. Ich legte meinen Arm um ihre schmalen Schultern und streckte die Finger nach einer der glänzenden blonden Strähnen neben ihrem Gesicht aus, um ein bisschen damit zu spielen. "Nein. Ich will nur nicht, dass du versuchst, mich mit deiner zeitweise engelsgleichen Vernunft davon abzuhalten.", schürte ich ihre Neugier ungeniert noch ein bisschen mehr und verkniff mir das Grinsen dabei nicht einmal ansatzweise. Ob ich sowas wie Behindertenschutz genießen und dadurch fliegenden Kissen entgehen konnte, weil ich mich heute mit einem anderen Wolf duelliert hatte? Was das aus dem Fenster werfen von Geld betraf, war ich natürlich stets zu Diensten. "Man muss helfen, wo man kann, weißt du...", ließ ich sie gutmütig mit anhaltendem Grinsen wissen und ließ dabei die Strähne wieder los. Wenn ich Riccarda behilflich sein konnte, dann allem voran beim Geld ausgeben. Ich war mir auch ziemlich sicher damit, dass sie mich diesbezüglich bremsen musste, sobald wir irgendwann in ferner Zukunft ein eigenes Geschäft hatten und ich erstmals das Gefühl bekam, ein bisschen was vom Gewinn guten Gewissens ausgeben zu können. Aber was das anging vertraute ich auf das Durchsetzungsvermögen, das sie mir schon oft genug bewiesen hatte. Wenn es nötig sein würde, bei mir die Handbremse zu ziehen, würde sie gezielt danach greifen. "Außerdem machts bestimmt mehr Spaß das Geld zusammen auszugeben, als alleine.", stellte ich im Nachgang noch fest. Das fiel mir gerade zum ersten Mal auf, weil ich mir darüber vorher nie hatte Gedanken machen müssen. Aber war eigentlich logisch - wenn man zusammen in irgendwas investierte, das auf irgendeiner Ebene gewinnbringend fürs gemeinsame Leben war, dann konnte man sich sogar zusammen darüber freuen. Vielleicht sollte ich auch in puncto unnötiger Grübeleien auf Riccarda hören, aber das fiel mir gar nicht so leicht. Nur weil man ein paar Monate nicht daran dachte, löste sich die Frage ja nicht in Luft auf. Ich würde nicht ewig darauf sitzenbleiben können, ohne den Mund aufzumachen, weil sie doch ziemlich essentiell für unser gemeinsames Leben war - ganz gleich, wie weit entfernt die möglichen Konsequenzen dessen im jetzigen Augenblick noch entfernt liegen mochten. Ich sah mich nicht innerhalb der nächsten zwei Jahre mit geflügelten Wolfskindern mit Heiligenschein auf der Veranda sitzen. Ganz allgemein hatte ich bisher noch nie den Wunsch verspürt, Nachwuchs in die grausame weite Welt zu setzen. Es war aber möglich, dass Riccarda sich durchaus schon Gedanken dazu gemacht hatte. Irgendwann in ihrer nervtötenden Eskapade mit Jago, während sie noch im siebten Himmel umhergeflogen waren. Zu dem Zeitpunkt, als sie sich noch ihre ganze Zukunft von vorne bis hinten mit diesem Idioten ausgemalt hatte. Nur war ich nicht Jago. Es war grotesk, sich diese Frage jetzt überhaupt schon zu stellen - wir schliefen ja nicht einmal miteinander. Trotzdem hatte ich keinen Schimmer davon, was passierte, wenn man versuchte, einen Werwolf mit einem Engel zu kreuzen. Ging das überhaupt? Hatte das schon jemals Irgendjemand versucht? Dass es nicht an unserer beiderseits völlig menschlichen Anatomie scheitern würde, wusste ich schon lange aus erster Hand. Unsere DNA konnten sich aber trotzdem von Grund auf beißen und womöglich sogar Riccarda schaden, wenn dieses... Irgendwas sich in ihr einnistete. Gleichzeitig könnte ich aber niemals ein Kuckuckskind akzeptieren oder gar einen anderen Mann den Vater sein lassen. Mir lief ein kalter Schauer den vom Kampf geschundenen Rücken runter und ich schob meine Hand an Riccardas Taille. "Da hast du sehr wahrscheinlich Recht." Meine Antwort kam so spät und kühl, das absolut offensichtlich war, dass ich mir mit dem gut gemeinten Rat des Engels in diesem Moment noch schwer tat. "Vielleicht sollte ich meiner Verwandtschaft im Norden zu einem günstigen Zeitpunkt mal einen längst überfälligen Besuch abstatten.", dachte ich laut nach und sah an die Decke. Wenn Jemand in meinem eigenen Familienkreis etwas darüber wissen oder zumindest Hinweise liefern konnte, dann war es entweder die gefühlt endlose Bibliothek des Anwesens mitten im Wald oder der inzwischen steinalte Vater meines Großvaters. Er war ein wandelndes Lexikon und hatte mich im Kindesalter immer damit genervt, wenn wir diesen Teil der Familie ausnahmsweise mal besucht hatten. Natürlich war das Verhältnis zu diesem außenstehenden Teil meiner Familie kompliziert, aber ich selbst hatte mit diesen Auseinandersetzungen nie was zu tun gehabt. Es würde mich dementsprechend wundern, wenn sie mir die Tür vor der Nase zuknallten. Sie würden mich höchstens für den Rest meines Lebens aufziehen, wenn sie wüssten, warum ich unzählige Stunden in den alten Büchern herumblättern wollte. Außerdem könnte ich dann endlich mal sehen, was aus meiner deutlich jüngeren Cousine geworden war - sie müsste jetzt 15 sein und ich hatte sie noch nie mit Pelz gesehen. Das letzte Mal, als ich mit meinen Eltern und Brüdern auf dem Waldanwesen zu Besuch gewesen war, war der Auslöser dafür gewesen, dass sie als zwei Monate altes Baby das ersten Mal eindeutige Indizien dafür geliefert hatte, dass sie tatsächlich ein Wolf war. Damals noch Grund zum Feiern, heute eher ein Streitpunkt.
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Er machte das mit Absicht! Sämtliche, wenngleich unausgesprochene Widerworte strafte sein süffisanter Blick Lügen, weshalb ich erst gar nicht dagegen aufbegehrte, sondern verbittert seufzte. „Du spielst mit meiner Vorstellungskraft“, unterstellte ich ihm resigniert, obwohl ihm diese Information nicht erst auf dem Silbertablett serviert werden müsste. „Jetzt kann ich nur mehr daran denken, dass du wahrscheinlich etwas ausheckst, von dem ich nicht ansatzweise so begeistert bin wie du“, ging ich zugegebenermaßen automatisch vom Schlimmsten aus, auch wenn die klitzekleine Chance bestand, dass Isaac mich lediglich ärgerte und sich kein Drama ankündigte. Ich durfte ihm ruhig ein bisschen mehr Vertrauen zukommen lassen, nichtsdestotrotz, dass es mir derartige Aussagen furchtbar erschwerten. „Grins ruhig so hämisch“, bestätigte ich ihn spitz und schlug ihm ohne viel Kraftaufwand auf die Brust. Da er gewisse Verletzungen aus der Auseinandersetzung mit Chad davongetragen hatte, verschonte ich vor dem vollen Ausmaß meiner Unzufriedenheit, aber ganz ungeschoren kam er mir auch nicht davon. Außerdem zeigte er sich binnen Sekunden wieder von seiner großzügigen Seite, die Isaac ohnehin je nach Lust und Laune aktivierte oder versteckt hielt. „Das so viel Nächstenliebe in der steckt hätte ich nicht erwartet“, zog ich den Dunkelhaarigen grinsend auf. Wir wuchsen beide gleichermaßen in elitären Kreisen des materiellen Überschwangs auf, weshalb unsere Beziehung zu Geld wahrscheinlich etwas von der Norm abwich – Isaac lebte bisher sehr extravagant und hatte sich nie um das Finanzielle kümmern müssen, weshalb es wahrscheinlich an mir hängen blieb, ihn im Laufe der Entwicklung einer potenziellen Firma mit Gewinnabwurf im Auge zu behalten. Eine Aufgabe, der ich mich durchaus gewachsen fühlte. Selbst, wenn ich bei dem Konsum inbegriffen war. „Meistens macht es mehr Spaß, wenn man die Freude teilt“, stimmte ich ihm bekräftigend zu, wobei mir dieser Zusammenhang nicht unbedingt zum ersten Mal einfiel beziehungsweise auffiel. Isaac mochte so viel Rudeltier sein, wie er wollte, aber für menschliche Maßstäbe musste er durchaus noch ein bisschen resozialisiert werden. Er bewegte sich auf einem guten Weg in die richtige Richtung. Es entstand eine lange Pause zwischen uns, in der ich Isaacs Gedanken beinahe arbeiten hörte. Ich schenkte ihm die Zeit, obwohl ich mich ununterbrochen fragte, was ihm weiterhin am Herzen lag und dennoch nicht ausgesprochen werden sollte. Für manche Themen kam der richtige Zeitpunkt nie, weshalb das Warten lediglich ein Aufschieben des Unvermeidlichen darstellte – darin waren wir beide bekanntlich Profis – und doch riet mir meine Intuition, die Sache vorerst auf sich beruhen zu lassen. „Wow, ich muss richtig überzeugend gewesen sein“, kommentierte ich sein emotionsloses Beipflichten, schenkte Isaac aber ein schmales Lächeln. „Ich meine nur, dass es vielleicht nicht unbedingt prioritär ist, wenn die Angelegenheit ohnehin noch nicht spruchreif ist. Es verpufft ja deswegen nicht, sondern wird nur in der Liste hinten eingereiht.“ Noch während ich sprach, wurde mir bewusst, dass auch diese Erweiterung keine großen Chancen auf Erfolg hätte. Der Gestaltwandler schmiedete seine eigenen Pläne und wandelte dabei auf Pfaden, die ich beim besten Willen nicht nachvollzog. „Wie kommst du denn jetzt auf deine Verwandtschaft im Norden?“ Ich schien einen essenziellen Teil verpasst zu haben. Mich überraschte es weniger, zuvor kaum von den ominösen Rudelzweig gehört zu haben, als viel mehr der Umstand, diesen Teil der Familie gerade jetzt vorgesetzt zu bekommen. „Wie informiert ist diese Verwandtschaft denn über das alles hier?“, versuchte ich vage mit kreisender Handbewegung, die uns beide einschloss, die derzeitige Situation zu umreißen. Ehrlicherweise interessierte es mich mehr als es sollte, wie stark diese ferne Ansammlung von Werwölfen, die dennoch zu Isaacs Familie zählte, über die diversen Entwicklungen eingeweiht war und wie dieser Teil zu einem den Engeln nicht gänzlich abgeneigten Mitglied stand. Immerhin kuschelte ich mich gerade jetzt an besagten Gestaltwandler, also inkludierten mich gewisse Abneigungen, von denen ich dann gerne im Vorfeld Bescheid wusste.
Oh und wie ich das tat! Mit voller Leidenschaft und einem Grinsen im Gesicht, das meine Absicht hinter der Sache unverhohlen widerspiegelte. Eigentlich nur fair, weil der Engel inzwischen fast 24/7 dasselbe mit mir tat. Meine Vorstellungskraft darüber, was ich alles mit ihr anstellen könnte, brauchte nur den normalen Alltag. Sie brauchte nur mit frischen Klamotten im Badezimmer zu verschwinden, um den Wunsch in mir auszulösen, die geschlossene Tür zu übergehen. Der einzige Unterschied dabei war, dass Riccarda es nicht bewusst provozierte... und wahrscheinlich auch nicht einmal im Entferntesten korrekt einschätzen konnte, wie oft ich tatsächlich an eine wenig bis unbekleidete Version von ihr dachte. Meine Gedanken daran wurden jäh durch den leichten Schlag auf der Brust unterbrochen, der prompt meine Schulter im Kissen zwicken und mich deshalb das Gesicht ein bisschen verziehen ließ. "Das hab ich jetzt wieder davon.", gab ich mir selbst eine Prise Mitleid, obwohl der Schmerz schnell verklang. "Ich werd' schon nicht den nächsten Krieg anzetteln, du kannst ruhig schlafen.", versuchte ich sie etwas zu beschwichtigen. Ich wollte meinem Vater und meinem Bruder nur ein bisschen auf der Nase herumtanzen und sie unterschwellig nerven, wirklich was davon kaufen konnte ich mir nicht. Es würde aber Spaß machen. "Irgendwann muss ich ja mal damit anfangen.", kommentierte ich ironisch die neu gewonnene Nächstenliebe, die in diesem Fall nur sehr bedingt als solche anzusehen war. Besagte Rücksichtnahme würde sich ziemlich sicher auch in Zukunft nur begrenzt auf Menschen ausweiten, die mir nichts bedeuteten. In meinen Augen war es vorerst aber auch völlig ausreichend, wenn ich dieses Konzept bei Riccarda verfolgte. Wenn mich andere dafür weiterhin als Egoisten schimpfen wollten, stand es ihnen frei das zu tun und es würde mich nicht kümmern. Hinsichtlich des gemeinsamen Geldausgebens erntete ich noch einen Zuspruch des blonden Engels und das ließ mich versöhnlich lächeln. Ich begann mit dem Daumen über den Stoff ihres Tshirts zu streicheln, was unterschwellig beruhigend auf mich selbst wirkte. Das war auch bitter nötig, hinsichtlich des möglicherweise vorhandenen genetischen Problems. Ich war tief drinnen eben doch ein Familienmensch, das brachten die Wolfsgene so mit sich, auch wenn sich das jetzt noch lange nicht akut zeigte. "Ich versuch's.", willigte ich halbherzig ein, die Gedanken an dieses mögliche Problem und die Frage an sich vorerst hinten anzustellen. Ich sollte mir vielleicht angewöhnen nicht immer sofort alles zu sagen, was ich dachte, weil ich für die Antwort auf Riccardas Frage auch wieder oberflächlich bleiben sollte. "Sie haben sehr entfernt etwas mit der Frage zu tun.", versuchte ich sie mit dieser Kurzfassung abzuspeisen, versprach mir davon aber nur mäßigen Erfolg. Ich versuchte dem blonden Engel keine Zeit dafür zu lassen, darauf zu antworten, indem ich ohne Umschweife auf die nächste Frage einging. "Meines Wissens nach hat meine Mutter sie damals, gutherzig und hoffnungsvoll wie sie war, zur Hochzeit eingeladen. Sie sind aber offensichtlich nicht aufgetaucht und haben nicht einmal darauf geantwortet.", stellte ich klar und sah anschließend wieder in Riccardas Gesicht, um ein bisschen nachdenklich ihre feinen Gesichtszüge zu mustern. "Vielleicht sollte ich sie lieber vorher mal anrufen, nur für den Fall, dass sie davon ausgehen, dass unsere Eltern diese Sache für einen schlechten Scherz gehalten haben. Es herrscht schon jahrelang Funkstille.", schnaubte ich. Für uns beide hier war die Heirat schneller bittere Realität geworden, als uns lieb gewesen war. Ein vorheriger Anruf wäre wohl grundsätzlich angebracht, unabhängig davon ob Riccarda darauf pochen wollte mich zu begleiten oder nicht. "Ich war ungefähr 9 Jahre alt, als wir sie das letzte Mal besucht haben und ich selbst hab mit diesem dummen Familienkrieg überhaupt nichts zu tun. Sie sollten mir eigentlich freundlich gesinnt sein... aber ich weiß nicht, ob unsere Verbundenheit was das angeht eine Rolle spielt. Sie sind zumindest damals wirklich weit weniger engstirnig und brutal gewesen und haben sich deutlich ehrenhafter an den eigentlich existenten Kodex gehalten, als der hier ansässige Teil meiner Familie. Das kann sich aber geändert haben, ist schließlich 15 Jahre her...", stellte ich mit einem ernüchterten Seufzen fest, das ich eigentlich keine Ahnung hatte, was mich dort tatsächlich erwartete. Schlimmer als hier konnte es aber kaum sein, oder? Man sagte zwar schlimmer geht immer, aber das wagte ich in diesem Fall stark anzuzweifeln.
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„Allerdings hast du dir das selbst zuzuschreiben“, bestätigte ich seine im Selbstmitleid badende Erkenntnis, jedoch ohne jeglicher Spur des Mitgefühls meinerseits, stattdessen eroberte ein amüsiertes Lächeln meine Mundwinkel. Eine Regung, die nach seiner angeblichen Besänftigung nur noch in abgeschwächter Form auf meinen Lippen kleben blieb. Richtig beruhigte mich sein Versuch zur Beschwichtigung nicht, aber mehr bekäme ich wahrscheinlich auch nicht, sodass ich mir Mühe gab, tatsächlich von dem Thema abzukommen und mich möglichst ohne verfrühte Befürchtungen auf die Überraschung einließ. Isaac hatte sich in den letzten Monaten zu einer durchaus verlässlichen Konstante in meinem Leben entwickelt, woran ich mich aber nach wie vor immer wieder selbst erinnern musste – er brauchte keinen Aufpasser, um sämtlichen Dummheiten auszuweichen oder vor weitgreifenden Konsequenzen verschont zu bleiben – zumindest redete ich mir dies wie ein Mantra tapfer ein. Am Ende verfolgte der Dunkelhaarige wirklich nur das Ziel, ein Praktikum in Anpassung an seine Bedürfnisse – und Absichten oder Wünsche – zu finden und dabei den größtmöglichen Gewinn rauszuschlagen, was ja prinzipiell nichts Verwerfliches darstellte. Dank meines eigenen Zuspruchs in Kombination mit Isaacs Zuversicht, dass schon kein mittelschweres Drama daraus resultieren würde, knickte ich nickend ein und ließ die Sache endgültig auf sich beruhen. Aller Anfang war bekanntlich schwer und trotz der demonstrativen Ironie in seiner Aussage, steckte dennoch ein Funken Wahrheit darin. Zwar konnte man im Laufe der Zeit nur auf die eigene Person achten, aber dies bedeutete meistens auch einen sehr einsamen Verlauf des verbrachten Lebens. Immerhin inkludierte mich diese angehende Nächstenliebe, sodass ich persönlich nicht mehr verlangen konnte und auch wollte. „Ein Schritt nach dem anderen, hm“, ergänzte ich ebenfalls mit dem Hauch von Ironie in der Stimme, verlief mich aber nicht weiter im potenziellen Altruismus meines Partners. Ohnehin interessierte mich der Zusammenhang zwischen seiner geheimnisvollen Frage und einer entfernt verwandten Rudelabspaltung mehr. Zugegebenermaßen verbiss ich mich gerade ein bisschen an diesem Mysterium, obwohl meine Aussichten auf des Rätsels Lösung sehr schlecht standen. Isaacs körperliche Nähe irritierte mich längst nicht mehr, weshalb seine streichelnden Berührungen lediglich am Rande meiner Wahrnehmung als wohliges Gefühl aufblitzten. „Das war mir schon klar“, informierte ich Isaac mit lachendem Unterton über das Offensichtliche, „anderenfalls wärst du wohl nicht direkt im Anschluss auf deine Verwandtschaft zu sprechen gekommen.“ Mein Nuscheln gegen seinen Körper ging teilweise in seiner hastig angesetzten Fortführung unter, was insofern kein Problem darstellte, da mein Input keinerlei Mehrwert besaß. Nun legte ich den Kopf doch in den Nacken, um einen besseren Blick zu erhaschen – ein durchtrainierter Oberkörper vor der Nase ließ sich ebenfalls nicht lumpen, aber trug momentan nicht zu meiner Konzentration bei, die dringend gefordert war – und begegnete Isaacs musterndem Blick. „Das wirkt auf mich nicht gerade wie ein positives Zeichen“, teilte ich meine Beurteilung neutral mit und hielt dabei seiner Musterung stand. Ich nahm mir die Ablehnung irgendeines Teils seiner weitreichenden Familie mit Sicherheit nicht zu Herzen, hoffte aber trotzdem, dass dies nicht hinterrücks doch noch zum Problem wurde. „Ein Anruf schadet sicher nicht, um die Lage mal zu sondieren“, pflichtete ich seinem Gedanken zu und verzog dabei leicht den Mund. „Gibt es eventuell auch irgendeinen kleinen Teil deiner Verwandtschaft, der nicht im Twist mit dem hiesigen Rudel steht?“, wagte ich eine vorsichtige Frage, denn bisher kam es mir eher gegenteilig vor; völliges Neuland für mich, da in meiner engeren Verwandtschaft stets auf eine harmonievolle Atmosphäre gesorgt wurde. „15 Jahre sind eine lange Zeit“, wiederholte ich seine Worte sinngemäß nachdenklich und verarbeitete diese neuen Puzzleteile. Ein weiterer Familienkrieg innerhalb des Rudels wunderte mich nur minimal, aber der Grund für diesen anhaltenden Kontaktabbruch schien weittragender oder zumindest sehr tiefverwurzelt zu liegen – eventuell ein wichtiger Faktor. Etwas Essentielle drückte mir dabei auf die Substanz. „Wenn diese Verwandten nur entfernt mit deinem Anliegen zu tun haben, geh bitte kein zu großes Risiko in Form von Kopfabreißen oder dergleichen ein. Also sofern du dir nicht sicher sein kannst, dass sie dir friedlich gesinnt sind und der Groll einem anderen Familienmitglied gilt“, gab ich meine Sorge um Isaac zögerlich zu. Mein Vertrauen in Werwölfe allgemein belief sich auf ein trauriges Minimum, bei dem Isaac die glänzende Ausnahme darstellte und deshalb half mir eine Aussage bezüglich ihrer früheren Ehrenhaftigkeit nicht viel.
Das galt leider für sehr viele Dinge in meinem Leben, die langfristig negativ auf mich zurückgefallen waren. Nicht für alle, aber doch für den Großteil. Wenn man eine Axt ständig wie einen Bumerang durch den Wald warf, flogen einem zwangsweise irgendwann Äste um die Ohren. Glücklicherweise hatte ich von Riccarda in diesem Fall nicht viel zu befürchten - es blieb schließlich bei dem einen Schlag und mehr brauchte es dank meiner Verletzungen auch nicht, um mich auszubremsen. "Ich weiß, ich weiß.", war also alles, was ich diese Angelegenheit abtuend erwiderte. Mühsam nährte sich das Eichhörnchen und so auch ich, was meine Gutmütigkeit hinsichtlich meiner Mitmenschen anging. Leider war das wohl auch eine der Eigenschaften, die mir unter der Tyrannei meines Vaters völlig abhanden gekommen waren. Man sollte zwar niemals Nie sagen, aber ich hatte berechtigte Zweifel daran, diese Einstellung meinerseits jemals wieder grade zu biegen. Was das anging ließ ich mich gerne von der Zukunft überraschen, nicht jedoch von möglicherweise drohend die Zähne fletschenden Verwandten. Der blonde Engel in meinem Arm war eher nicht zufriedengestellt durch meine sehr oberflächliche Antwort und dennoch hatte ich nicht vor, weiter darauf einzugehen. Ich wollte keinen entsetzten bis völlig eingeschüchtert verschreckten Blick von ihr kassieren, nur weil sie erfuhr, dass ich durchaus versuchte schon sehr weit für uns beide in die Zukunft zu sehen. An einen Punkt, wo wir möglicherweise beide damit einverstanden wären, wölfische Engel auf die Welt loszulassen. Da fiel es mir doch deutlich leichter, das gestörte Verhältnis meiner Familie offenzulegen. Das war an und für sich nämlich überwiegend simpel zu begründen. "Es lässt sich dadurch auf jeden Fall ausschließen, dass die Streitigkeiten durch die Jahre einfach vergessen sind.", pflichtete ich Riccarda mit einem beinahe stummen Seufzen bei, ohne den Blick aus ihren dunklen Augen zu nehmen. Offenbar war diesem verwandten Teil meines Rudels selbst ein eheliches Bündnis mit dem vermeintlichen Feind nicht ausschlaggebend genug, um mal wieder vorbeizuschauen und die Lage neu einschätzen zu wollen. "Tja weißt du, das Problem ist..." Ich unterbrach den Satz für ein unterschwelliges, traurig verzogenes Lachen, weil es einfach wahnsinniges Pech war, ausgerechnet in den hier ansässigen Teil der Familie geboren worden zu sein. Zumindest in Hinblick auf den anhaltenden Zwist. "...dass der hier residierende Teil meiner Familie schon immer der stärkste und größte war. Es gab über die Jahre hinweg immer mal Abspaltungen, wenn es hier im Schloss zu eng geworden ist, aber kein anderes Garcia-Rudel ist jemals so groß wie dieses hier geworden. Die Machtverhältnisse waren also immer klar und das hat trotz unterschiedlicher Territorien ein - nach wölfischer Definition - harmonisches Familienleben möglich gemacht.", erklärte ich vorab den Kern des Ganzen, der in der Vergangenheit lag. "Das Rudel im Norden ist nach wie vor nicht mit diesem hier zu vergleichen, aber es ist über die Jahre doch deutlich größer geworden, weil die Bedingungen für Wachstum dort ganz einfach besser sind als hier... und als mein wölfisches Cousinchen geboren wurde, hat das nach und nach alles ins Wanken gebracht. Sie zerstört das Gleichgewicht. Noch ist sie jung und hat ganz andere Probleme als Familienplanung. Trotzdem ist jeder Wolf, den sie irgendwann in diese Welt setzen wird, wegen des reinen Blutes stärker, als ich es bin... und ich bin schon in sämtlicher Hinsicht überdurchschnittlich ausgefallen.", ließ ich mir auch hier im Abgang nicht den Sarkasmus nehmen. Ehrlicherweise konnte ich auch schlichtweg nicht anders, als mich darüber zu amüsieren - mein Vater hatte als Kopf des Rudels hier wegen eines unschuldigen Kindes irgendwann scheinbar so die Nerven verloren, dass er sie sich lieber zum Feind gemacht hatte, als einen friedlichen Pakt zu schließen. Sich als Menschen gegenseitig die Hand zu reichen war für ihn offenbar deutlich schwerer, als stattdessen mit gebleckten Zähnen daherzukommen und Forderungen zu stellen, die meiner damals noch stimmenlosen Cousine gegenüber völlig übergriffig und unverhältnismäßig waren. "Seitdem versucht der Rest der Familie sich aus diesem dämlichen Machtspiel herauszuhalten und dementsprechend still ist es in den letzten Jahren auch geworden. Das wird sich wohl auch nicht ändern, bis das Rudel hier sich selbst endgültig zerstört hat oder Irgendwer ausnahmsweise die Hand, statt die Zähe ausstreckt.", gab ich Riccarda neben mir eine abschließende Antwort auf ihre eigentliche Frage. So wie es laut Chad aktuell in unserem Elternhaus aussah, würde sich das Problem ohnehin früher oder später von selbst in Luft auflösen. "Vielleicht empfangen sie mich sogar ganz gern, allein schon aus Neugier.", stellte ich weiter fest und richtete den Blick nochmal in Richtung Zimmerdecke. "Erstens, weil ich mich vom Rudel abgekapselt habe. Das macht mich nicht gerade zur Schweiz, sondern eher zu einem potenziellen Verbündeten." Trotzdem hatte ich gewiss nicht vor, mich in diese Angelegenheit einzumischen, obwohl mir das ähnlich sehen würde und ich durchaus einen maßgeblichen Anteil für die Seite ausmachen konnte, für die ich mich entschied. Andererseits hieß das vielleicht auch, dass sie mich gerne beseitigen würden - nur für den Fall, dass ich mich plötzlich doch wieder auf die Seite meines Vaters schlagen wollte. Komplizierte Angelegenheit. Ich konnte über ihre wahren Intentionen nur mutmaßen, falls es zu einem Treffen kam. "...und zweitens, weil ich tatsächlich einen Engel geheiratet habe und jetzt auch noch freiwillig im selben Bett wie besagte gold gelockte Schönheit schlafe." Ich warf Riccarda im Augenwinkel einen Blick zu, bei dem ich mir eindeutig das Grinsen in den angespannten Mundwinkeln verkniff. Auch ließ ich ganz beiläufig meine Hand auf Hüfthöhe unter den Stoff ihres Tshirts wandern, um mit dem Zeigefinger in einer verspielt flüchtigen Berührung auf ihrer Haut bis zur Taille nach oben zu streichen.
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Zwar bekam ich schlussendlich keinen weiteren Einblick in sein sorgenumwölktes Oberstübchen, aber die Alternative stimmte mich ebenfalls versöhnlich und lenkte meine Aufmerksamkeit sehr geschickt von weiteren bohrenden Fragen weg. Ruhig lauschte ich seiner anfänglichen Einführung in die eigentliche Materie, von der ich nach wie vor nur einen sehr vagen Überblick besaß und deshalb die neugewonnenen Happen nach besten Gewissen in das bunte Mosaik in meinem Gedächtnis einpflegte. Familienfehden verpufften leider nie einfach so in der Luft, nur weil ein annehmbarer Zeitraum verstrichen war. Dieser Illusion durfte man sich vielleicht ein einziges Mal hingeben, danach sollte diese Naivität aber endgültig beseitigt werden; die Realität sah eben anders aus. Auch ein grundlegendes Problem verschwand nicht plötzlich, sondern verlangte meistens aktives Engagement und irgendjemanden, der über den Schatten sprang und den ersten Schritt unternahm – in unserem Fall schien Isaac diesen Versuch wagen zu wollen, was mir nach wie vor gemischte Gefühle bereitete. Ich hielt mich mit jeglicher Art von Unterbrechung zurück, da ich seinen Redefluss nicht unterbrechen oder gar stoppen wollte, biss mir hierfür sogar zwischenzeitlich auf die Unterlippe, um vorschnelle Gedanken zurückzuhalten: egal wie sehr ich mich bemühte, scheiterten meine Vorstellungen an einem von Harmonie geprägten Umgang innerhalb des Rudels. Isaac stellte das beste Beispiel dafür dar, was man alles in der Kindererziehung falsch machen konnte – im Hinblick auf seinen Vater, der wie ein giftiger Dorn im Fleisch einer jeden gesunden Beziehung eiterte. Da wir uns in dem Bericht erst dem eigentlichen Auslöser des Kontaktabbruchs, hing ich neugierig an Isaacs vollen Lippen und wartete ungeduldig darauf, dass wir endlich zum eigentlichen Kern gelangten. Leider verlor ich die Schlacht um meinen guten Vorsatz, dem Dunkelhaarigen nicht ins Wort zu fallen, denn die Frage drängte sich geradezu über meine Lippen: „Meinst du mit besseren Bedingungen für Wachstum die Abwesenheit von Engeln?“ Ich verstünde es nicht als verbalen Angriff gegen meine Art, sollte es so sein. Vielleicht dachte ich auch nur zu kleinkariert und viel mehr hing eine florierende Vermehrung von Wölfen von ausreichend naturnaher Landschaft oder dem richtigen Klima ab – eher unwahrscheinlich, aber was war inzwischen schon tatsächlich als unmöglich abzustempeln? Ich ging mit derartigen Einstellungen dank diverser Erfahrungen mittlerweile vorsichtiger um. Glücklicherweise verlor Isaac den Faden aufgrund meines Zwischenrufs nicht, sondern beendete seine Ausführung und verlieh mir dadurch eine neue Vorstellung davon, wie mächtig so ein weiblicher Werwolf sein musste – nicht nur im rein physiologischen Sinne der kräftetechnischen Überlegenheit, sondern auch im sozialen Kontext. Verblüffen weitete meine Augen. „Verstehe ich das richtig, dass also simple Eifersucht beziehungsweise die Angst eines Machtverlustes wegen eines kleinen Mädchens dazu geführt hat, dass sich diese beiden Familienteile nicht länger ausstehen können?“, fasste ich das eben Gehörte in meinen Worten zusammen; ein Hauch von Unglauben tanzte in meiner Stimme mit, obwohl ich Isaac jeden einzelnen Satz abkaufte. Ich ersparte mir das Augenrollen aufgrund seines krönenden Abschlusses, wo Isaac seine eigene Herrlichkeit extra betonte, blieb aber gegen das amüsierte Zucken meiner Mundwinkel machtlos. Ich ließ dieses familiäre Drama kurz auf mich wirken, ehe ich irritiert den Kopf schüttelte, sodass die offen liegenden Locken über meine Schulter rutschten. Diese Situation war beinahe als unnötig einzustufen, weil sie auf dem kindischen Verhalten eines Einzelnen beruhte, der leider in einer zu einflussreichen Position in dem Gefüge steckte. „Ich finde diese Zurückhaltung dann eigentlich nur verständlich, vor allem, wenn es überwiegend von einer Partei verursacht wird und man das Problem mit gegenseitigen Ignorieren aufschieben kann“, überlegte ich laut. Glaubte Isaac wirklich an eine demnächst anstehende Selbstzerstörung seines Heimatrudels? Chads Andeutungen hallten wie ein leises Echo in meinem Kopf wider: die Anzeichen existierten. Mein Blick war unbewusst auf Wanderschaft gegangen und schnellte erst wieder zurück zum Ausgangspunkt, als Isaac mit mehr Schwung und Zuversicht in der Stimme über seinen potenziellen Besuch sprach. „Und was, wenn dieses Rudel gar nicht auf der Suche nach Verbündeten ist?“, hakte ich nach, da mir mein Bauchgefühl nahelegte, dass Isaac mir da einen gewissen Teil seines Gedankengangs verschwieg. „Diese Ehe zwischen zwei natürlichen Gegensätzen ist wirklich eine große Sache, aber könnte dich dieser Bund nicht ebenfalls irgendwie zum Feind machen? Eben weil du jetzt auch irgendwie zu mir gehörst.“ Seine Schmeichelei traf mich unerwartet, löste nur nicht das womöglich erhoffte Entzücken aus, weil mich andere Gedanken intensiver beschäftigten. Dennoch sammelte sich eine sanfte Röte in meinen Wangen – mein Körper verriet mich. Isaac eliminierte die Sorge nicht gänzlich, aber immerhin bekam ich nun das Gefühl, dass er nicht geradewegs in eine Falle tappe, sollte er sich zu einem Besuch im hohen Norden entscheiden. „Du weißt, dass ich kitzlig bin“, warnte ich mit dem Nachhall eines verschluckten Kicherns in der Stimme, genoss aber gleichzeitig die federleichte Berührung. Es kostete mich einiges an Beherrschung, ihm nicht instinktiv einen Tritt oder Schlag in die Seite zu verpassen – einen minimalen Welpenschutz genoss er dank seiner Verletzung ja doch. „Dank es deinem Rücken, meine Rache wäre sonst furchtbar“, ließ ich den jungen Mann großspurig von seinem Glück wissen und reckte das Kinn ein bisschen nach oben.
So ungern ich es auch mochte, wenn man mir ins Wort fiel, tolerierte ich das bei Riccarda inzwischen meistens kommentarlos. Allein deshalb schon, weil ich es auch ab und an tat, wenn mir Irgendwas quer im Magen lag und sofort raus wollte. Auch das war eine beidseitig schlechte Angewohnheit von uns, aber es war ja glücklicherweise nicht der Regelfall. Außerdem war ihre Frage berechtigt. "Auch das, ja.", antwortete ich mit einem Nicken. Es war schwer zu leugnen, dass ein Wolfsrudel eher in Frieden schalten und walten konnte, wie es gerade in den Kram passte, wenn nicht ständig ach so gesetzestreue Engel mit ihren Moralvorstellungen dazwischenfunkten. "Man steht als Werwolf grundsätzlich deutlich weniger unter Strom, wenn weit und breit kein Engel zu riechen ist. Das ist einer der Gründe dafür, warum dem Rudel hier statistisch gesehen deutlich öfter die Nerven reißen als anderen. Manche von uns kommen besser damit klar als andere.", erklärte ich Riccarda erstmal diesen tief verankerten Urinstinkt. Sobald Werwölfe die Präsenz von Engeln wahrnahmen, wurden sie langsam aber stetig gereizter. Nur weil wir uns hier mit ihnen arrangiert hatten, hieß das nicht, dass das spurenlos an uns vorbeiging. Ich war ein Paradebeispiel dafür, dass man sich aber durchaus mit den Engelchen abfinden konnte. Es hatte mich anfangs noch extrem gereizt und inzwischen wohnte ich mit ihnen unter einem Dach, ohne beim gemeinsamen Essen auch nur mit der Wimper zu zucken. Es lag also durchaus im Bereich des Möglichen, wenn man es wollte. "Aber es liegt nicht nur daran. Der Norden ist viel weniger dicht besiedelt und das bedeutet automatisch weniger Probleme. Vor allem in der Wachstumsphase junger Wölfe und bei Vollmond. Während es hier beinahe unmöglich ist, währenddessen nicht auf einen Menschen zu treffen, haben sie im Norden damit leichtes Spiel. Das Anwesen liegt sehr isoliert. Zwar sind der Wald und die Berge drum herum inzwischen berüchtigt dafür, Menschen verschwinden zu lassen, aber das lässt sich allzu leicht durch das sehr unwegsame Gelände und die anderen Raubtiere dort erklären. Die können also im Grunde machen, was ihnen passt, während wir hier niemals weiter expandieren können, weil das nur noch mehr schräge Schlagzeilen geben würde.", seufzte ich und malte mir meine eigene Erklärung gedanklich in den buntesten Farben aus. Ich merkte, wie sehr ich sie eigentlich um diese Freiheit beneidete. Während wir hier regelmäßig Leute schmieren und Vorfälle vertuschen mussten, konnten die Nordwölfe bedenkenlos Naturfreunde zum Mittagessen von den Wanderpfaden pflücken. Auch wenn ich mich davon inzwischen etwas distanziert hatte, wäre es einfach schön, sich nicht bei jedem Mord Gedanken über die Umstände machen zu müssen. Klang makaber, war zur Erhaltung meiner Kraft aber in regelmäßigen Abständen notwendig. "Naja... wundert dich das?", fragte ich spöttisch und zog damit meine eigene Familie in blanken Hohn. Ich hatte bis heute ja auch keinen anderen Grund dafür gefunden, warum mein Vater mich irgendwann so konsequent und erbarmungslos untergebuttert hatte. Ich hatte seit jeher nur die Begründung, dass er nicht wollte, dass ich ihm den Posten frühzeitig streitig machte, auch wenn ich das ungute Gefühl besaß, das noch deutlich mehr dahinter steckte und ich bloß in Unwissenheit badete. "Kleine Mädchen bleiben bekanntlich nur so lange harmlos, wie man sie lässt... und sie ist es ganz bestimmt nicht mehr.", dachte ich laut weiter nach. Mit 15 war sie zwar noch nicht ausgewachsen, aber ich war mir sehr sicher damit, dass sie schon ihr ganzes Leben lang darauf getrimmt wurde, im Notfall jedes erdenkliche Register ziehen zu können. "Wir halten ihre Existenz so geheim, wie nur irgendwie möglich ist. Sie ist ein Niemand, weil sie auf dem Papier gar nicht existiert. Nicht mal ihre Geburt ist dokumentiert. Würden außenstehende Werwölfe von ihr erfahren, würden sie die Jagd auf sie eröffnen, um sie in ihrem eigenen Keller zu bunkern. Wölfinnen an sich sind schon extrem selten, wenn dann noch Alpha-Gene dazukommen...", ließ ich den Satz offen auslaufen, atmete tief durch und wurde mir erstmalig so richtig darüber bewusst, was ihr für ein furchtbares Leben vorprogrammiert war. Im Grunde kannte ich sie überhaupt nicht und doch tat sie mir leid. Mein eigenes Leben war schon echt mies gelaufen, wie würde es ihr als wandelnde Trophäe da erst gehen? "Deswegen rufe ich ja vorher an. Leider kann man durch eine Telefonleitung nur bedingt die Interessen des Zuhörers ausloten, aber ich geb' mein Bestes sie richtig zu interpretieren.", versuchte ich Riccardas immer offensichtlicher werdende Sorge um meine Unversehrtheit zu beschwichtigen. Ob es sie beruhigen würde, wenn ich Pascal mitnahm? Leider wusste ich nicht, inwiefern ich meinem einstigen Wolfsfreund und Cousin noch trauen konnte und wahrscheinlich würde er allein schon wegen seiner Herkunft seitens des Gastgebers ausscheiden. "Außerdem gehöre ich nicht nur irgendwie zu dir. Ich stehe dazu und wenn sie allergisch darauf reagieren, dann... muss ich mir meine Informationen eben woanders beschaffen.", korrigierte ich den blonden Engel murmelnd und streckte dabei die Hand nach ihren Locken aus, um sie zumindest einseitig zurück hinter ihre Schulter zu streichen. Mein Blick folgte dabei meiner Hand. Trotzdem verpasste ich ihre rötlich schimmernden Wangen nicht, weil ich kurz darauf zurück in ihr Gesicht sah. Gerade rechtzeitig, um auch die Reaktion auf das milde Kitzeln zu sehen. Natürlich war mein Grinsen zu diesem Zeitpunkt nicht mehr zu verstecken und ich versuchte es auch gar nicht erst, als ich ihr Kinn mit dem Zeigefinger wieder zu mir drehte. "Bitte heb' dir die Rache gewissenhaft auf und zahl's mir in ein paar Tagen heim. Unsere letzte Kissenschlacht ist schon zu lange her.", hauchte ich an ihre Lippen und stahl mir den nächsten flüchtigen Kuss. Zugegeben - diese im Flirt verpackte Provokation kam nicht nur daher, dass ich grundsätzlich gerne auf diese Art mit Riccarda spielte, sondern diente auch ein kleines bisschen der Ablenkung. Denn eigentlich passte das nicht in die sehr ernste Thematik rund um Familienprobleme, aber ich wollte auch nur ungerne noch zwei Stunden lang hier liegen und darin herumstochern. Im Grunde war es sogar sehr naiv und leichtsinnig, Riccarda überhaupt von meiner Cousine und den Umständen erzählt zu haben. Ich schien ihr förmlich blind damit zu vertrauen, dass sie all das auch tatsächlich für sich behielt.
◈ It's so hard to forget pain, but it's even harder to remember sweetness. We have no scar to show for happiness. ◈
Meine Vermutung bestätigte sich, obwohl sich Isaac beeilte, die Sachlage richtig zu erklären und weiter auszuführen. Selbst wenn er dies nicht täte, würde sich für mich wohl nichts ändern: den Gegenspieler direkt vor der Nase sitzen zu haben spiegelte selten eine blühende Weiterentwicklung wider. Trotzdem folgte ich seiner weiteren Erklärung aufmerksam und nickte bedächtig. „Mir war nie bewusst, wie sehr unsere Anwesenheit auf eure Substanz schlägt. Ich ging einfach davon aus, dass diese Grundaggressivität auf der Rivalität basiert und weniger auf somatische Gründe zurückzuführen ist“, formulierte ich diese neue Erkenntnis laut aus. „Das heißt dann aber auch, dass dich allein meine Anwesenheit schon verrückt gemacht hat und ich mir die zusätzlichen Provokationen sparen hätte können?“, sinnierte ich weiter, während mir ein amüsiertes Funkeln in die Augen trat. Nicht, dass die damaligen Konfrontationen derart witzig gewesen wären, aber im Nachhinein sah man die Dinge meistens etwas anders als zum damaligen Zeitpunkt. Mittlerweile belächelte ich die vergangenen, künstlich hervorgerufenen Eskapaden. Der zweite, weniger Engel-lastige Aspekt erschloss mir eine Einsicht, die ich bisher nie bewusst durchdacht hatte, obwohl die Vorzüge einer unberührten Wildnis natürlich sofort ins Auge stachen: ebenso entging mir Isaacs Sehnsucht nach diesen scheinbar erstrebenswerten Umständen nicht. Mein Blick wurde zärtlicher. „Zwar heiße ich die verschollenen Menschenleben nicht gut, aber wenn unser Hauch von Zukunftsplan Realität wird, bin ich der einzige Engel, mit dem du dich auf Dauer herumschlagen musst und hast ebenfalls mehr bedenkenlose Freiheiten als du dir hier je erträumen würdest“, rief ich ihm in Erinnerung – niemand wusste, was die Zukunft brachte, aber es gab immer die Möglichkeit, auf ein konkretes Ziel hinzuarbeiten und Isaacs Wunsch klebte ihm förmlich in den Gesichtszügen. Bezüglich seiner rhetorischen Frage verzog ich nur kurz den Mund zur Antwort, denn wundern durfte mich inzwischen eigentlich kaum noch etwas, obwohl an jeder Ecke das Unerwartete zu lauern schien – Chad stellte das beste Beispiel dafür dar. Und dann kam auch schon die nächste Erkenntnis: „Sie existiert offiziell also gar nicht?! Wie funktioniert das, ohne eine Macke davonzutragen?“ In meinem Kopf baute sich die Vorstellung einer weggesperrten jungen Frau ohne jeglicher Sozialisationsinstanzen außerhalb des Rudels auf. „Kennt sie denn überhaupt das Leben abseits des familiären Anwesens?“ In mir schrillten sämtliche Alarmglocken – zogen diese ominösen Verwandten da eine übermächtige, abgeschottete und deshalb einfach zu manipulierende Killermaschine in ihrem Keller heran? Dass die Wölfin vor Neidern beschützt werden musste, aufgrund ihrer Besonderheit, verstand ich, aber diese Seltenheit schien mir bei meinem momentanen Wissenstand mehr ein Flucht als Segen zu sein. Der Anruf wirkte nun noch essenzieller, mehr durfte ich von Isaac nicht erwarten und so kooperierte ich innerlich mit einem leisen Seufzen. „Unsere Familien verstehen diese Beziehung zwischen uns schon nicht wirklich, da kann ich dieses Verständnis nicht von wilden Werwölfen aus dem Norden erwarten, die meinesgleichen vielleicht als herausfordernden Mittags-Snack ansehen.“ Für sie galt Isaac eventuell nur als gebunden aufgrund einer Heiratsurkunde, was für mich in einem Irgendwie resultierte. Am liebsten würde ich mich gerade einfach vergraben. Warum hing jedes Mal ein elend langer Rattenschwanz von Überlegungen, Abwägungen und Vorsichtsmaßnahmen an jeder Unternehmung, die über Isaac und mich hinausreichte? Trotzdem fand ich es ergreifend, wie energisch der Gestaltwandler umgehend gegen meine Formulierung agierte. Darüber zu reden half mir, Ordnung in meinen Kopf zu bringen, nur reichte es ab einem gewissen Zeitpunkt auch wieder. Bereitwillig gab ich der Verlockung eines fließenden Themenwechsels nach. Isaac Grinsen hatte eine geradezu einnehmende Wirkung auf mich. Sein Finger unter meinem Kinn sorgte dafür, dass mein Fokus gänzlich auf ihm lag. Seine Stimme umfloss mich weich wie Seide, sodass der Inhalt seiner Worte nur nach und nach in mein Bewusstsein drangen und dort zu einem verständlichen Kontext zusammengebaut wurden. Der Hauch eines Kusses erleichterte mir die Angelegenheit nur bedingt. Ich erinnerte mich durchaus an unsere letzte Auseinandersetzung, die mit explodierten Daunenkissen und hunderten durch den Raum flatternden Federn geendet war – unterm Strich gesagt verloren wir beide nicht sonderlich gern und deshalb musste der eine oder andere Polster daran glauben. Die Erinnerung entlockte mir ein fröhliches Grinsen, das auch nicht von seinem reizenden Spielchen geschmälert wurde. Das Gegenteil trat ein, als ich aus einem Impuls heraus ein Bein über in schlug und mich in einer fließenden Bewegung über ihn begab, sodass meine Schienbeine rechts und links von ihm als balancierende Stütze wirkten. Um seine verletzte Schulter zu schonen, übte ich keinen Druck auf Isaacs Oberkörper aus, sondern stützte mich mit der rechten Hand am Kopfteil des Bettes ab, während meine andere Hand in jenem Kissen vergraben lag, auf dem ich es mir bis vor Kurzem noch gemütlich gemacht hatte. „Vielleicht sollte ich mich aber auch gleich um meine Rache kümmern und dieses Ungleichgewicht zu meinem Vorteil ausnutzen?“, flötete ich leise mit anreizend gebogenen Lippen und diabolisch glänzenden Augen in sein Ohr. Dabei spürte ich seinen warmen Atem über die Haut an meinem Hals streichen.
"Sagen wir's so: Es ist auf jeden Fall kein Zufall, dass ihr hier auf der einen Seite der Stadt wohnt und die Wölfe ganz auf der anderen.", meinte ich etwas trocken und bestätigte die Erkenntnis des blonden Engels damit indirekt. Als Riccarda spezifischer unser beider Auseinandersetzungen zur Sprache brachte, musste ich jedoch unwillkürlich schmunzeln. Es war wirklich viel passiert seitdem und inzwischen war dieses Verhalten meinerseits für mich beinahe befremdlich. Dennoch blieb es ein unterhaltsamer Rückblick, der wahrscheinlich nie langweilig werden würde. "Ich weiß nicht wieso, aber jetzt wo du's sagst... du hast mich tatsächlich schon immer mehr auf die Palme gebracht, als deine Verwandten. Vielleicht wars deine Nase hoch oben in den Wolken oder der überaus schnippische Tonfall. Oder eine unterbewusste Vorahnung, dass du mir mehr entgegen zu setzen haben könntest, als der durchschnittliche Engel. Wir werden's wohl nie erfahren.", sinnierte ich amüsiert. Riccardas übernatürliche Gabe konnte sehr zerstörerisch sein, wenn sie es darauf anlegte, was eigentlich eher weniger im Sinne der Grundsätze ihrer Familie war. Bis mir das halbe Gesicht durch ihre unscheinbaren Fingern verkohlt worden war, hatte ich aber allzu gerne damit gespielt. Zuhause hatte sich Niemand mehr freiwillig mit mir duelliert, also hatte das Engelchen dafür herhalten müssen. "Musik in meinen Ohren.", seufzte ich zufrieden, als Riccarda extra betonte, dass wir uns zukünftig mit unseren Plänen in Sachen Ortslage mitunter auch nach meinem oft nur innerlich schlummernden Wolf richten konnten. Wir würden wohl kaum so abgeschieden enden wir der nordische Anteil meiner Familie, weil sich so einfach schlecht Geschäfte machen ließe, aber das war ja auch gar nicht nötig. Wir fanden bestimmt eine brauchbare Zwischenlösung. Was das Leben meiner Cousine anbelangte, konnte ich Riccarda leider keine Antwort geben. Ich konnte selbst nur mutmaßen, wie es meiner Cousine bisher ergangen war. "Weiß ich nicht, da kann ich auch nur raten... wie gesagt, kein Kontakt.", murmelte ich. Nicht auszumalen, was aus mir geworden wäre, hätte man versucht mich dauerhaft einzusperren. Alleine der Gedanke daran jagte mir einen eisigen Schauer den Rücken hinunter. Vielleicht konnte ich mir aber tatsächlich bald selbst ein Bild davon machen, sollte ich den Besuch antreten. Die Informationen im Anschluss aus mir rauszuquetschen würde für den Engel hier im Laken allzu leicht werden. "Engel generell stehen durchaus auf der Menükarte... aber sie wären sehr dumm, explizit dir etwas anzutun, wenn sie ganz genau wissen, dass du zu mir gehörst. Bisher ist in dieser Fehde noch kein Blut geflossen und das würde den Krieg endgültig einleiten - Engel hin oder her. Mein... übergeordneter Beschützerinstinkt greift bei dir, also bist du ein Teil von mir und ich bin noch immer ein Garcia.", dachte ich laut nach. Es dürfte meinem Vater zwar weit am Allerwertesten vorbeigehen, was mit Riccarda geschah und ich hatte dem Rudel den Rücken gekehrt, aber ich hatte dennoch trotz allem meine Wurzeln dort. Einmal ein Garcia, immer ein Garcia. Würde einer dieser Wölfe meinem Engelchen jemals auch nur eine einzige Locke knicken, würde ich postwendend ohne zu zögern ein Blutbad anzetteln, das ein unmissverständliches Exempel statuierte. Danach würde es zu spät sein für jedweden Frieden. Sie würden sich niemals gesittet einigen und die Familie würde sich gegenseitig zurechtstutzen. Herrliche Aussichten. Da dachte ich doch eindeutig lieber gemeinsam mit Riccarda über unsere nächste Kissenschlacht nach. Vor allem dann, wenn das bedeutete, dass sie kurzerhand zum Gegenschlag ausholte und sich in die dominantere Position begab. Da war wieder ein kleiner Funke Überraschung in meinem Gesicht, weil ich noch immer regelmäßig vergaß, dass sie sich sowas inzwischen gelegentlich zutraute. Dass sie mir nicht mehr nur mit Worten auswich, wenn ich sie provozierte, sondern lieber in erfolgversprechendere Aktion trat. Vielleicht wäre ich zumindest einen Hauch weniger leicht zu irritieren gewesen, hätte sie keine Shorts getragen. Ihr lockeres Oberteil strotzte nicht unbedingt vor Reiz, aber das machte die glatte Haut ihrer schlanken Beine leicht wieder wett und meine Augen verloren sich von selbst für einen Moment an die halbnackten Oberschenkel. Jedoch nicht für lange, erhaschte ich doch noch einen kurzen Blick in die funkelnden Augen der zierlichen Schönheit, bevor mir die Lider zufielen, weil sich ihre Lippen meinem Ohr näherten. Der Klang ihrer Worte sorgte für ein anregendes Kribbeln in meinem ganzen Körper und ließ das Grinsen auf meinen Lippen noch breiter werden. Ich hob die Hände an und streckte meine Finger nach ihrer nackten Haut aus. "Du weißt ganz genau, dass ich dich davon niemals abhalten würde... und sei der Kampf noch so aussichtslos für mich.", tat ich weiterhin so, als ginge es mir hier gerade noch primär um die Kissenschlacht, die ich in meinem einarmigen Zustand nur schwer bis eher gar gewinnen könnte. Während meine leisen Worte das eine aussagten und meine zunehmend rauer werdende Stimme ganz andere Intentionen vermuten ließ, spielten meine Hände ihr eigenes Spiel. Nur mit den Fingerspitzen strich ich seitlich an Riccardas Beinen aufwärts, bis der Stoff der Shorts mich - mehr oder weniger - zu bremsen begann. "Ich trete ihn sogar mit Freuden an.", raunte ich stichelnd und streifte mit den Lippen ihren Hals, ohne dabei je vollständig das Grinsen zu verlieren. Überflüssig zu erwähnen, dass ich einen Kissenkampf mit derart großem Handicap mit unlauteren Mitteln kämpfen würde, oder?
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Mein Glaube an Zufälle im Hinblick auf unsere Familien war längst verloren gegangen, da stets eine kausale Erklärung als des Rätsels Lösung hinter der nächsten Biegung des Lebenslaufs wartete, die man im Vorfeld nur nie in Betracht gezogen hätte, aber in ihren Grundprinzipien jeder Logik folgte. Manchmal musste man sich auf die Überraschung einlassen, das Beste daraus machen und wurde am Ende sogar noch belohnt: mir gefiel dieser Verlauf der Dinge zumindest besser als der vergangene Dominanzkampf basierend auf einer grundlegenden Abneigung, die kein Ende zu nehmen schien. Dass ich Isaac bewusst provoziert und seine Grenzen demonstrativ ausgetestet hatte, brachte mich ihm Nachhinein nur zu einem flüchtigen Grinsen – schön, dass wir inzwischen keinen Groll mehr hegten, sondern gemeinsam Belustigung empfanden. „Die letzte Option gefällt mir am besten“, gab ich amüsiert zu, da die beiden anderen Möglichkeiten meine Person wenig umschmeichelten; da klang der Hauch einer Herausforderung definitiv ansprechender, obwohl die zwei restlichen Punkte nicht abstreitbar waren. Unsere zukünftige Wohnsituation stand noch in den Sternen, ebenso erinnerte mich Isaac an seine eigene Ahnungslosigkeit, weshalb ich mich in dieser Angelegenheit vorerst geschlagen geben musste. Wissen ließ sich nicht herbeizaubern oder aus der Luft greifen, aber sein unterschwelliger Tonfall suggerierte mir eine durchaus vorhandene Vorsicht gegenüber dem unterm Radar – in unserem Fall – lebenden Rudel im Norden. Es beruhigte mich nicht, aber wenn mich die gemeinsame Zeit mit Isaac eines gelehrt hatte: auf gewisse Dinge bekam man keinen Einfluss und musste auf jegliche weiteren Entwicklungen geduldig warten. Und auf einer Speisekarte abgedruckt zu stehen, weckte auch keine unbändige Freude in mir, aber gegen das Naturell einer Spezies ließ sich schwer etwas ausrichten und ich wusste immerhin, welchem Risiko ich im Umgang mit Werwölfen ausgesetzt war. Isaac bildete da eine sehr angenehme Ausnahme, die ich seinem als übergeordnet beschrieben Beschützerinstinkt zu verdanken hatte. Diese Kenntnis erleichterte mir das Leben schon maßgeblich, obwohl ich nie nach einem Aufpasser fragen würde oder mir explizit einen Beschützer wünschte. Der letzte Teil seiner Aussage klang beinahe wie eine Drohung – jedenfalls stellten sich mir kurzfristig die feinen Härchen im Nacken auf, ehe ich begriff, dass die sachliche Inbrunst mir galt. Chad dürfte seinen Denkzettel verinnerlicht haben und ein anderer Wolf hatte sein Glück bisher noch nie auf die Probe gestellt. Hoffentlich wurde das zerrüttete Rudel nicht in Angesicht der Verzweiflung übermütig… und schwachsinnig. Die Gedanken zerstreuten sich gänzlich von allein, während mein Körper die Initiative in Eigenregie übernahm. Mein Vertrauen in Isaacs Beherrschung reichte aus, um mich immer wieder ein paar Schritte aus dem schützenden Schneckenhaus herauszuwagen. Obwohl mir der junge Mann trotz verletzungsbedingter Einschränkung überlegen blieb, wog ich mich gerne in der Illusion von Kontrolle. Es vermittelte mir Sicherheit und die Option eines spontanen Ausstiegs, sollte mein Selbstbewusstsein doch wie ein Kartenhaus im Wind plötzlich zusammenfallen. Ich brauchte diesen imaginären Ausstieg nicht, da ich mich gut in meiner Haut fühlte, aber ein Fluchtweg schadete nie; wenn man im Begriff war, sich an neues Terrain heranzuwagen beziehungsweise die Schutzmauer nicht nur mental, sondern auch physisch langsam abzubauen. Meine Ambitionen lagen nicht in der Verführung Isaacs, dennoch sprang er bereitwillig auf die neckende Spielerei ein. Ich spürte sein Grinsen regelrecht ohne es direkt sehen zu müssen. Ein schwaches, deshalb aber nicht weniger amüsiertes Lachen glitt leise über meine Lippen: als ob! Isaacs Aussichten standen trotz Handicap hervorragend, da seine automatische Regeneration bereits kräftig an der Verletzung werkte und er binnen kürzester Zeit sein unversehrter Zustand wieder hergestellt war. „Wie nobel“, murmelte ich süffisant. Natürlich ging es im längst nicht mehr um die Kissenschlacht per se. Seine neugierigen Finger auf der Reise über meine Oberschenkel verrieten seine Entdeckerlust. Mein Haut reagierte mit einem warmen Prickeln auf die Berührung, das sich bis in mein Innerstes brannte. Unsere gegenseitige Anziehungskraft stand längst nicht mehr zur Debatte – das wohlige Kribbeln und der Spaß an der Situation verrieten mich, weshalb ich indirekte Vorsicht walten ließ und von seinen gefährlichen Berührungen distanzierte, indem ich mich zurückbeugte und langsam auf seinem Becken niederließ. Seine Hände, die dem Stoff der Shorts den Kampf angesagt hatten, ignorierte ich bei dem Unterfangen schlichtweg. „Mit Freuden also?“, hakte ich schelmisch nach, legte den Kopf leicht schief und löste anschließend unseren verhakten Blick. Meine zuvor abgestützte Hand lag nun kühl auf seiner warmen Brust, von wo aus ich mit meinem Zeigefinger eine geschwungene Linie über seinen gesamten Körper abwärts zeichnete. Ich ließ mir Zeit dabei, fühlte, wie sich die straffe Haut über seine definierten Muskeln spannte und war mir gleichzeitig seiner vollen Aufmerksamkeit bewusst. Herausfordernd linste ich unter einem dichten Kranz Wimpern zurück in seine Augen, während meine Hand ihre Reise fortsetzte – ich hatte mich zuvor noch nie so direkt und intensiv mit seinem Körper im Allgemeinen auseinandergesetzt. „Lehnst du dich damit nicht ein bisschen zu weit aus dem Fenster?“, erkundigte ich mich beinahe nebenbei, während sich meine gezeichnete Linie langsam dem Ende seines Oberkörpers näherte. Neckend rollte ich ihm den metaphorischen Ball zurück. Immerhin war mir seine ansetzende Anspannung nicht entgangen, unter der sich seine Bauchmuskulatur unter meinem sanften Druck bemerkbar gemacht hatte.
Nein, wie überraschend! Riccardas Wahl der möglichen Ursachen dafür, dass sie mich und damit auch die Probleme damals angezogen hatte wie ein Licht die Fliegen, kam absolut vorhersehbar und zog damit ein amüsiertes Augenrollen meinerseits nach sich. An Selbstbewusstsein mangelte es ihr eben genauso wenig wie mir und das spiegelte sich gerade akut wider. Mehr oder weniger jedenfalls. Denn offenbar schaffte der blonde Engel es nur semi-gut, sich völlig darauf zu verlassen, dass die Verletzungen mich ausreichend einschränkten. Zugegeben hatte ich jetzt mit Sicherheit auch schon deutlich weniger Schmerzen, als es bei einem Menschen nach so kurzer Zeit der Fall wäre. Ich war und blieb ein Wunderwerk der Natur, was die Heilung anbelangte. Aber ich würde Riccarda in der Theorie wohl trotzdem knapp gewinnen lassen - um meinen eigentlich durchaus ruhebedürftigen Körper zu schonen und die Heilung nicht unnötig hinaus zu zögern. Jede hastige Bewegung würde die Wunden strapazieren. "Eben ganz der noble Ritter, nach dem du nie gefragt hast.", schnaubte ich ironisch. Praktisch kam es hier heute ohnehin nur sehr unwahrscheinlich zu einer Kissenschlacht. Bisher flogen keine Polster und laut aktueller Prognose würde sich das wahrscheinlich nur ändern, falls der Engel mir den Mund verbieten wollte und mir deswegen eines der Kissen ins Gesicht pfeffern würde. Ich beobachtete Riccarda mit all meinen Sinn dabei, wie sie sich wieder zurückzog. Ihr Duft in meiner Nase wurde flüchtiger, die von ihr ausgestrahlte Wärme verlagerte sich auf einen anderen Bereich meines Körpers und ihren Blick hätte ich wohl selbst dann gespürt, wenn er nicht direkt in meinem gelegen hätte. Ich wünschte mir unweigerlich sie hätte nur die Hüfte abgesenkt. Meine Hände waren durch ihre Bewegung größtenteils wieder unter dem Stoff hervor gerutscht, aber ich weigerte mich trotzdem konsequent, sie von ihren nackten Oberschenkeln zu nehmen. Auf die rhetorische Frage des Engels antwortete ich nur mit minimal zusammen gekniffenen Augen, weil sie indirekt die nächste Kriegshandlung ankündigte. Meine Augen verloren sich an Riccardas Hand, als sie damit anfing, unsichtbare Spuren auf meinem Oberkörper zu hinterlassen. Übernatürliche Kreatur hin oder her - ich hatte genauso wenig Kontrolle über die Reaktion meines Körpers auf physische Reize wie jeder andere Mann. Ich ertappte mich dabei, wie ich mir wünschte, dass sie endlich damit aufhören würde, Stoff als ernstzunehmende Barrikaden anzusehen. Die blond gelockte Schönheit saß schon fast an der richtigen Stelle und ihr auf meiner nackten Haut kribbelnder Finger war auch auf dem Weg in die richtige Richtung. Mit ernstzunehmender Chance auf ein Happy End wäre die Situation eindeutig angenehmer. Es war schwer, die langsam durch meinen Körper rollende Erregung einfach zu ignorieren. Als die Muskeln direkt unter der Haut oberhalb meines Hosenbunds sichtbar unter Riccardas zarter Berührung zuckten, sah ich wieder zu ihr nach oben. In meinen Augen schimmerte ein offensichtlich risikofreudiges Funkeln. "Wenn man sich nicht zu weit raus lehnt, wird man auch nie rausfinden, ob und wann man fällt.", konterte ich ebenso sinnbildlich. Anschließend rieb ich unter der inneren Anspannung die Lippen mit Druck aneinander und musterte für einen Moment die ihren. Natürlich fiel ich genauso ungern wie jeder andere auch - aber wenn ich nicht bei Gelegenheit immer mal wieder nachsah, ob ich überhaupt noch zum Fallen verdonnert war oder ob Riccarda mich nicht irgendwann tatsächlich wieder zu sich nach drinnen zog, kam ich was diese Sache anging auch nicht vorwärts. Ich würde also noch den einen oder anderen Sturz in Kauf nehmen müssen, um irgendwann endlich wieder ihre nackte Haut an meiner spüren zu dürfen. Mein Blick rutschte ein ganzes Stück abwärts, als meine Hände sich in das nächste potenziell gefährliche Unterfangen stürzten. Ich schob sie über den Stoff der Shorts mit mildem Druck aufwärts, nur um sie am Saum des Shirts angekommen dort unter den Stoff zu schieben. Erstmal wanderten meine Finger verhältnismäßig keusch nur bis zu Riccardas Taille. "Außerdem bin ich nicht der einzige, der auf der Kante sitzt.", stellte ich mit Blick auf meine unter dem Stoff versteckten Hände fest, bevor ich erneut nach Riccardas Blick suchte. "Fällst du, wenn ich mich dafür revanchiere?", spielte ich die Metapher weiter. Dabei malte ich mit rechten Zeigefinger nun meinerseits einen zarten Kreis auf ihre untersten Rippenbögen, um meine Absichten mit einer Geste zu untermauern und obwohl ich recht ruhig unter ihr lag, mahlte ich stumm mit dem Kiefer. Ich ließ Riccarda die ganze Zeit über bewusst in der dominanten Position sitzen, damit sie jederzeit flüchten konnte, falls ihr die Situation unangenehm werden würde. Für mich hingegen wurden die Dinge nicht unbedingt leichter, wenn sie auf meinem Schoß thronte... und irgendwie war ich mir ziemlich sicher damit, dass sie das ganz genau wusste.
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Meine Neigung dazu, die Dinge immer etwas komplizierter zu gestalten, als sie grundsätzlich sein müssten, zählte neutral betrachtet wohl oder übel zu meinen schlechteren Eigenschaften – dessen war ich mir inzwischen durchaus bewusst. Ich zerlegte simple Angelegenheiten in ihre noch so unscheinbaren Einzelteile und analysierte diese Details anschließend zu Tode. Oftmals sagte man, dass die Erkenntnis bereits den ersten Schritt in die richtige Richtung symbolisierte, aber mein Instinkt arbeitete nur selten auf freiwilliger Basis mit meiner Vernunft zusammen und so scheiterte ich auch in dieser Situation maßgeblich an den schwirrenden Gedanken in meinem Kopf. Ein zu erwartendes Problem. Isaac hatte sich mein Vertrauen bisher in jeglicher Hinsicht zurückverdient, nur auf der intim-körperlichen Ebene waren wir uns seit dem einprägsamen Vorfall nicht erneut begegnet und so mahnte mein damals zutiefst gekränkter Stolz vor einer weiteren Verletzung. Im Gegensatz dazu, lockte meine verspeilte Stimmung geradezu, forderte mich auf, die festgesetzten Grenzen ein bisschen zu erweitern und zu schauen, was sich dahinter verbarg beziehungsweise auf mich wartete. Dass da jemand wartete, stand außer Frage. Isaacs Augen erstrahlten in verwegener Intensität, während er das Konstrukt meines Wortspiels als Fundament nutzte und weiter darauf aufbaute. Ich hatte im eine ausgezeichnete Vorlage dafür geboten, die zu ergreifen ich wahrscheinlich ebenso geneigt wäre, würden wir die Rollen tauschen. Wobei… es klang schon stark nach Isaacs typisch charmanten Selbstbewusstseins, das niemand in dieser Perfekt nachahmen könnte. Neugierig beobachtete ich jede seiner Reaktionen und Bewegungen, um mir ein Bild seines Gefühlzustandes zu erstellen. Seine Anspannung verstärkte die zufriedenstellende Vermutung in mir, dass ihn meine Nähe längst nicht mehr kalt ließ und ich ebenfalls in der Lage war, Sehnsüchte in ihm zu erwecken – selbst im suboptimal-reizvollen, formlos an mir hängen Schlaf-Shirt. Beinahe entlockte mir die Feststellung ein keckes Grinsen, das schlussendlich in abgeschwächter Form eines kurz aufflackernden Lächelns auflebte. Isaac ließ seinen Worten ohne weiteren Zuspruch meinerseits abzuwarten Taten folgen. Warm strichen seine Hände seitlich empor bis zu meiner Taille. Ich ließ ihn gewähren, fühlte der Berührung nach und studierte dabei meine körperlichen Reaktionen. Ein Kribbeln der Aufregung und Verheißung prickelte direkt unter meiner Haut, dennoch schaffte ich es nicht, mich gänzlich in dieses Gefühl fallen zu lassen. Mich lockte die verheißungsvolle Versuchung, die Aussicht auf die Erfüllung eines relativ simplen Wunsches: eine in jeder Hinsicht funktionsfähige Beziehung zu führen. Wir befanden uns wohl beide nicht in der Lage, unsere Gefühle mit der passenden Bezeichnung zu definieren, da Liebe eine sehr mächtige Emotion darstellte, aber meine Zuneigung für den Gestaltwandler hatte sich zu erschreckenden Ausmaßen intensiviert. Wir bestritten nicht den klassischen Weg des Verliebens – wir wählten nie den einfachsten Weg und dennoch trotzten wir bereits sämtlichen Widrigkeiten. Ich fürchtete mich zugegeben vor dem finalen Schritt, meine Verletzlichkeit gänzlich offen zu legen… und wieder enttäuscht beziehungsweise verletzt zu werden. Ich suchte primär unbewusst nach Anzeichen für sich anbahnende Ungeduld oder Fahrigkeit bei Isaac, doch meine Musterung ergab nur ein ungesundes Maß an Risikobereitschaft mit Hang zur Sabotage des männlichen Egos. Ich wusste zu diesem Zeitpunkt selbst noch nicht, wie weit ich bei dieser neuen Art des Spiels mitsetzte, doch noch ließ ich die Wanderschaft seiner Hände an meinen Seiten gewähren. Warm lag seine Berührung auf meiner Haut, setzte elektrisierende Impulse in Form eines flächendeckendes Vibrierens auf meinen Nervenbahnen frei. Ja, ich saß ebenso auf der Kante – vielleicht in einem anderen Fenster, aber meine Beine baumelten ebenso über dem Nichts. Unerwarteterweise verschreckte mich diese Vorstellung nur halb so stark, wie vermutet. Sonst hätte ich mich doch längst zurückgezogen, oder? Stattdessen spielten meine Finger wie nebenbei mit dem elastischen Bund seiner Boxershorts. Kurz ließ ich seine metaphorische Frage auf mich wirken, schob sie durch meinen Geist und fand dennoch keine entsprechend kryptische Erwiderung. Ein vorsichtiger Anflug von leisen Zweifeln fühlte sich instinktiv in die Ecke gedrängt, wurde aber von meinem Selbstbewusstsein ebenso schnell wieder mundtot gemacht. Isaac ordnete sich mir in dieser Situation gerade ganz offensichtlich unter, passte sich an meine Geschwindigkeit an und wagte sich seiner vorherigen Aussage treu weiterhin langsam voran. Beinahe entglitt mir ein leises Seufzen. Wortwörtlich gesehen ließ ich mich in dem Augenblick zumindest ein Stück weit fallen, als ich mich gegen seine Hände lehnte und mein Oberkörper vorkippte. Ich umging seine leicht kitzelnden Berührungen, die sich ihren Weg bahnten, indem ich mich gestreckt an ihn schmiegte und wir uns dadurch automatisch – plötzlich – wieder sehr viel näher waren. „Ich fürchte, dass wir so oder so gemeinsam fallen werden“, beglich ich meine Schuld einer ausstehenden Antwort leise, hielt dabei seinem funkelnden Blick stand. Er hielt mich solange mit seinen Augen fest, bis ihm entweder meine Absicht dämmerte oder der Zufall einschritt. Kurz bevor ich meine Lippen auf seine legte, schlossen sich meine Lider flatternd und der Kuss erhielt meinerseits etwas mehr Nachdruck, nachdem die anfängliche Zaghaftigkeit verflogen war.
Ich musterte Riccardas Gesicht im Versuch zumindest ansatzweise herauszufinden, was in diesem Augenblick in ihr vorging. Es war schwer zu übersehen, dass auch sie zu eruieren versuchte, was bei mir der Stand der Dinge war. Dabei erhaschten wir aber beide nur so viel spärliche Information, wie wir jeweils freiwillig nach außen trugen. Das war wie so oft nicht besonders viel, außer das Übliche - Riccarda dachte wahrscheinlich darüber nach, was sie riskieren wollte und was nicht, während ich einfach nur darauf hoffte, dass das mehr als sonst war. Wobei ein Vergleichswert für diese spezifische Situation eigentlich nicht existierte. Für gewöhnlich setzte der blonde Engel sich nicht im Bett auf meinen Schoß. Normalerweise unterhielten wir uns höchstens noch ein paar Minute vor dem Schlafen, falls uns der Sinn danach stand und seit einer kleinen Weile gehörte jetzt auch die eine oder andere Kuscheleinheit zur Routine. Das wir hier miteinander anbandelten war jedoch völlig neu und ich kalkulierte ohnehin fest damit, dass dieser Moment schneller zu Ende war, als mir lieb war. Riccarda befeuerte meine Wünsche diesbezüglich weiter, indem sie mit ihren Händen in einer heiklen Region blieb. Mein Blick heftet sich für einen Moment an ihre schmalen Finger, wie sie da fröhlich an meiner Unterwäsche herumzupften. Als wäre das irgendwie normal für uns beide, als hätte sie das schon unzählige Male gemacht. Als wüsste sie nicht, dass es kaum mehr als einen Funken brauchte, mich auf dumme Gedanken zu bringen, die sowieso längst wild durch meinen Schädel kursierten. Ich würde glatt behaupten, dass sie mich zu testen versuchte, würde sie nicht gleichzeitig so aussehen, als wäre sie mit den Gedanken eigentlich woanders. Mir blieb an dieser Stelle nicht viel mehr als ein tiefer Atemzug. Auch schien die junge Frau auf Anhieb nicht recht zu wissen, ob es für sie in Ordnung war, wenn ich die Revanche einleitete. Meine Finger standen nach wie vor nicht ganz still, während ihr die Widersprüche in ihrem Kopf für einen kurzen Moment quer übers Gesicht geschrieben standen - so als sehnte sie sich eigentlich nach meinen Berührungen und mehr Nähe, während ihr vermutlich immer noch die eine oder andere Furcht im Weg stand. Angst war ein mächtiges Gefühl, das ich als Raubtier allzu gut zu erkennen wusste und in diesem kurzen Augenblick verteufelte ich mich zum eine millionsten Mal dafür, ihr das angetan zu haben. Ich hätte beinahe beschämt zur Seite weggesehen, hätte der Engel nicht im selben Moment beschlossen, sich mich dem Oberkörper nach vorne sinken zu lassen. Meine Hände gaben ihrem Oberkörper nach und ich ließ sie an ihren äußeren Rücken rutschen, damit meine Ellbogen nicht unangenehm in die Matratze drücken. Meine Aufmerksamkeit lag dabei gänzlich in ihrem Gesicht. Ich merkte nicht, dass ich für zwei Sekunden die Luft anhielt, während sie sprach. Ich war wohl kurzzeitig überfordert damit, gleichzeitig meinen Körper zu kontrollieren und zu verstehen, was genau sie mir damit sagen wollte. Ob sie mir mehr damit sagen wollte, als nur die Tatsache zu erwähnen, dass wir jedes Mal mehr oder weniger beide auf die Schnauze fielen, wenn für sie der Punkt erreicht war, an dem sie lieber wieder einen Schritt zurück machte, als weiter mit mir vorwärts zu gehen. Oder ob sie damit im weiteren Sinne etwas anderes sagen wollte... es hieß nicht umsonst falling in love. Man konnte das nicht kontrollieren, sich nirgends festhalten. Mir schossen noch zwei weitere Möglichkeiten für diesen symbolisch verpackten Satz wie Pfeile in Übergeschwindigkeit durch den Kopf. So schnell wie sie zu greifen waren, waren sie auch schon wieder weg. Mein Kopf wurde völlig leer, während ihre Wärme sich spürbar an meinem Oberkörper ausbreitete und mein Herz mindestens einen Gang höher schaltete, solange unsere Blick noch miteinander kollidierten. Ich wusste in diesem Augenblick also nicht viel mehr, als dass ich nicht wollte, dass sie sich zurück auf ihre Hälfte des Bettes rollte. Sie sollte hier bei mir bleiben, weil sich schon länger nicht mehr nur mein Körper, sondern auch meine Seele danach verzehrte, sie auch auf dieser Ebene neu kennenzulernen. Ich kam Riccarda auf halbem Wege entgegen, als sich ihre Lippen nach meinen ausstreckten und streichelte mit den Daumen sanft über ihre Haut. Das Brennen der Kratzer an meinem unteren Rücken ignorierte ich gänzlich, als das Spiel unserer Lippen intensiver wurde. Ich hob die rechte Hand, um ein paar ihrer blonden Locken zurück hinter ihre Schulter zu streichen, weil sie mich am Hals kitzelten und das nicht förderlich fürs Nerven behalten war. Danach strich ich ihr mit dem Daumen einmal den Kiefer entlang, bevor sich auch diese Hand wieder an ihren Rücken verlor. An der Vorderseite ihres Shirts hing der Saum unterhalb ihrer Brust zwischen unseren Körpern fest, aber der weite Schnitt eignete sich gut dafür wenigstens ihren Rücken weiter unsicher zu machen. Zuerst streichelte ich ihre Haut sanft bis zu ihren Schulterblättern nach oben und dort verharrten sie so lange, wie ich Riccardas Lippen mit meiner Zunge teilte, um einen spielend leichten Tanz mit ihrer aufzuführen. Als sich unsere Lippen daraufhin jedoch für den nächsten leidenschaftlichen Kuss vereinten, übte ich mit den Fingern mehr Druck aus. Drückte ihren Körper an meinen, während meine Hände sich an ihrem Rücken hinab bis zu ihren Shorts schoben. Dass meine Körpermitte zu diesem Zeitpunkt längst pulsierte, war vorhersehbar gewesen. Trotzdem war mir meine Aufgabe aber noch präsent - ich schob die Finger nur ein klein wenig unter den Stoff und machte bewusst an Riccardas Unterwäsche Halt. Auch wenn ich ihren schlanken Körper und vor allem ihre sinnlich weiche Haut unheimlich gerne richtig an mir spüren wollte, verlor ich hier gerade nicht einfach den Kopf, sondern wagte mich bewusst weiterhin vorsichtig in meistens eher verbotenes Terrain vor. Es wurde mit jedem Mal ein bisschen leichter für mich, was vielleicht daran lag, dass wir uns in der Zwischenzeit immer auch emotional näher kamen. Es ging mir nicht mehr darum, sie einfach nur ins Bett zu kriegen. Ich wollte, dass sie es wollte. Weil sie sich zu mir hingezogen fühlte, weil sie mir vertraute und weil sie sich danach sehnte. Weil wir beide etwas miteinander hatten, das wohl niemals Irgendjemand verstehen würde. Ich wollte, dass sie mich so wollte, wie ich sie wollte.
◈ It's so hard to forget pain, but it's even harder to remember sweetness. We have no scar to show for happiness. ◈
Gedanken überschlugen sich und Emotionen explodierten in einem bunten Farbenspiel, während ein Teil in mir weiterhin verkrampft darum kämpfte, die Kontrolle über dieses irritierende, sowie aufregende Chaos zu behalten. Dieser Abend trumpfte mit unglaublich vielen neuen Eindrücken auf, die ich normalerweise erst eine Weile sacken ließ: Der Versuch einer erneuten Kontaktaufnahme zu Isaacs Rudel, bei dem mir zum ersten Mal bewusst vor Augen geführt worden war, wie bedingungslos mich sein wölfischer Anteil bereits akzeptiert und in sein Leben integriert hatte; welche Reaktion in Angesicht einer unmittelbaren Bedrohung bei dem Gestaltwandler ausgelöst wurde. Es folgte ein teils erzwungenes Gespräch über eine Zukunft, deren Planung mich bisher stets eingeschüchtert hatte, da meine Befürchtungen von unvereinbaren Wünschen immer gewissenhaft dafür gesorgt hatte, sämtliche Versuche, einen Anfang zu finden, auf einen anderen – passenderen – Tag zu verschieben, der wahrscheinlich ohnehin niemals gekommen wäre. Wir standen weiterhin erst an Beginn eines ungewissen Abenteuers, jedoch schöpfte ich aus dem durchwachsenen Gespräch Mut und Hoffnung. Ich gestattete uns beiden mehr Nähe auf der körperlichen Ebene, weil auch mir diese Abstinenz über die Dauer hinweg zu schaffen machte. Rein rational betrachtet reichte dieses Knäuel an neuen Informationen für mehrere schlaflose Nächte des Grübelns aus, ohne den emotional beladenen Teil miteinzubeziehen. Aber meine Gefühlswelt verhielt sich erwartungsgemäß aufdringlich, verdrängte jede Chance auf Objektivität und präsentierte mir die Fakten aus der gefühlsbetonten Perspektive betrachtet: Isaacs Sorge um mich im Restaurant entsprang keiner Fantasie meines Schocks – nicht nur seine Körpersprache, auch verbale Anzeichen deuteten wiederholt darauf hin, dass sein übergeordneter Beschützerinstinkt keinem Besitzanspruch entsprangen, dass es Ärger gebe, wenn mir etwas zustieß, sondern mein Wohlergehen seinem persönlichen Interesse unterlag. Der Dunkelhaarige kümmerte sich ebenso um eine gemeinsame Zukunft, wollte sich einbringen und vor allem schenkte er mir das Gefühl, dieses Wir freiwillig aufzubauen und nicht als Kooperation mit dem Unvermeidlichen zu verstehen. Zu guter Letzt realisierte ich Isaacs geduldigen Bemühungen, trotz meines Abblockens und passiven Verhaltens weiterhin am Ball zu bleiben und mich behutsam in eine Richtung zu losten, ohne mich brachial zu drängen. Er hatte aus seinen Fehltritt gelernt; selbst in diesem Augenblick erkannte ich die Reue in seinen klaren Augen. Isaac verdiente sich in jeglicher Hinsicht mein Vertrauen, dass ich ihm nicht nur den kleinen Finger hinstreckte, sondern einen richtigen Schritt entgegenkam. Wir sprachen viele Dinge nach wie vor nicht offen aus, dennoch besaßen wir beide unsere Wege, um stumm zu kommunizieren. Es funktionierte, was mich gewissermaßen auch zurück in die eigentliche Situation navigierte. Isaac bestand die unbewusste Prüfung, indem er sich meinem beinahe schüchternen Tempo unterordnete und trotz seiner spürbar wachsenden Ungeduld die Kontrolle über sein Verlangen behielt. Es ging keine Gefahr von ihm aus; überdeutlicher könnte es nun kaum noch in meine Wahrnehmung reingehämmert werden. Während mein Bewusstsein mit dieser womöglich schon länger offensichtlichen Tatsache beschäftigt war, riss meine körperliche Sehnsucht nach Isaac das Steuer an sich und tauchte in seine wartende Nähe ab. Dieses unterschwellige Nachgeben sämtlicher Befürchtungen markierte den Moment, an dem meine Gedanken endlich zu einem leisen Hintergrundrauschen verschmolzen und schlussendlich gänzlich verstummten. Meine Angst verlor den Kampf. Vorsichtig schmiegte ich mich an seinen festen Oberkörper, da seine oberflächlichen Verletzungen am Rücken weiterhin präsent genug in meinem Gedächtnis hafteten, um berücksichtigt zu werden und ich ihm nicht zusätzlich wehtun wollte. Ich verlor den Großteil meiner Zurückhaltung als Isaac den Kuss erwiderte, wobei mein Herz weiterhin aufgeregt flatterte, als handle es sich dabei um einen hinter den Rippen weggesperrten Vogel. Ich mochte das Gefühl seiner Hände auf meiner Haut, wie er sich Zentimeter um Zentimeter über meinen Rücken tastete und dabei ein herrliches Kribbeln hinterließ. Mir ging es hier nicht primär um die Befriedigung einer durchaus bestehenden Lust, sondern überwiegend um das Stillen einer Sehnsucht nach Intimität, die man nur mit einem bestimmten Menschen erreichte. Ich wollte, dass Isaac diese Person war. Er musste es einfach sein, anders konnte ich mir meine beflügelten Gefühle nicht erklären, als Isaac mich unmissverständlich näher an sich drückte. Das und die gesteigerte Leidenschaft unserer Küsse verursachte ein verzehrendes Brennen in meinem Inneren. Meine linke Hand hatte irgendwann zwischendurch den Weg in sein weiches Haar gefunden, wo sie nun vergraben lag. Meine Finger waren aber gewiss nicht das Problem, seine machten mich wahnsinnig! Isaac neckte mich in dieser Situation gewiss nicht aus Freude am Spiel, sondern checkte weiterhin jede Überschreitung meiner Wohlfühlzone zuvor gewissenhaft ab – meine Dankbarkeit gehörte ihm dafür ganz und gar. Ich wusste selbst nicht, ob und wann mich die Ängste vielleicht doch wieder einholten, weshalb ich für dieses etappenweise Vorgehen sehr zu haben war. Meine Mundwinkel hoben sich zu einem dezenten, schelmischen Lächeln an, während ich mein Becken mit leichtem Druck über die deutliche Erhebung in seiner Boxershorts rieb und Isaac damit mein weiteres Einverständnis gab. Ich ließ mich von der Leidenschaft mitreißen, einnehmen und fand Gefallen an der direkten Nähe zu Isaac, in seinen Armen zu liegen und seine neugierigen Berührungen zu spüren. Von Eigeninitiative war momentan noch nicht viel die Rede, das wusste ich. In diesem Fall musste Isaac die Führung übernehmen, obwohl ich mich in der scheinbar dominanteren Position befand, zumindest so lange, bis ich die absolute Gewissheit besaß, im eigenen Übermut keine Grenze zu überschreiten und Isaac in einer panischen Kurzschlussreaktion eiskalt abzuservieren. Ich wollte, dass wir auf dieser intimen Ebene funktionierten und eine positive Erfahrung daraus zogen. Nicht, um seinen Bedürfnissen endlich nachzugeben, sondern weil ich mir diese Nähe inzwischen ebenfalls wünschte.
Ob ich mir hier grade wieder ins eigene Knie schoss? Vielleicht schon. Riccarda kroch schon deutlich weiter als sonst aus ihrem Schneckenhaus und ich hätte ihre letzten Worte liebend gerne einfach als 'scheiß drauf, mehr als schiefgehen kanns ja nicht' interpretiert. Selbst wenn sie das tatsächlich so gemeint hatte, gab es an dieser Einstellung aber einen sehr blöden Haken - falls die Angst ihr plötzlich erneut den Rücken nach oben huschte, dann war ich am Ende derjenige, der sich sehr wahrscheinlich einige Zeit schlaflos im Laken hin und her wälzte. Es war schön und gut, dass ich mich hier sehr beherrscht unter Kontrolle hielt, aber mein Körper würde nicht vergessen, wonach ihm verlangte, wenn Riccarda nach einem rapiden Abbruch weiter neben mir lag und seelenruhig einschlief. Am Ende würde ich in besagtem Fall wahrscheinlich aufstehen und die Sache doch noch in die eigene Hand nehmen müssen. Denn diesbezüglich war der Zug allerspätestens jetzt abgefahren, wo die schlanke junge Frau mir mit ihrer Hüfte entgegenkam, mit meiner Erregung spielte und meine Vorstellung von dem, was hier theoretisch passieren könnte, weiter ankurbelte. Instinktiv griff ich nach ihrem Höschen und ballte Fäuste um den dünnen Bund. Wenn sie dabei auch noch so frech in den Kuss lächeln konnte, war es um ihre sonst immer sehr schnell ins Flattern geratenden Nerven bisher offenbar noch nicht grenzwertig bestellt. Riccarda sollte ja nicht glauben, ich hätte die kurze Anspannung in ihren Mundwinkeln nicht bemerkt. Es war nicht so, als würde sie damit irgendwelche ungünstigen Schalter umlegen, aber ich fühlte mich sofort dazu angestachelt, einen oder am liebsten gleich zehn Schritte vorwärts zu machen. Mit Anlauf. Im Sprint. Als meine Finger sich wieder lockerten und ich die Anspannung auch im Geiste ein Stück weit losließ, floss ein gedämpftes Grummeln in den Kuss ein. Ich schob meine Hände deutlich weniger zurückhaltend als vorher weiter an ihrem Körper nach unten, bis ich ihren Hintern im Griff hatte. Dabei fasste ich sie nicht plötzlich grob an, ließ sie durch das bestimmte Festhalten aber doch sehr eindeutig spüren, dass sie genau da hingehörte, wo sie in diesem Moment saß. Auch wenn mir das noch zum Verhängnis werden könnte, bestärkte ich Riccarda sogar in ihrem provokativen Verhalten, indem ich für einen Moment lang zusätzlichen Druck über meine Hände auf ihr Becken ausübte. Ich würde ohnehin hoffnungslos scheitern, würde ich an diesem Punkt noch versuchen, mein Verlangen nach ihr zu tarnen. Außerdem wollte ich das auch gar nicht - sie sollte ruhig wissen, wie sehr ich mich nach ihr verzehrte. Nur nach ihr, nicht nach irgendeiner beliebigen Frau. An irgendeinem Punkt hatte ich aufgehört, anderen hinterher zu sehen und nur noch Augen für den starrköpfigen Engel gehabt. Ihr die Treue zu halten fiel mir schon lange nicht mehr schwer, obwohl ich auf intimer Ebene nichts von ihr bekam. Ihr Körper - fühlte ihre glatte, weiche Haut sich auch noch so gut unter meinen Fingerspitzen an - war ganz einfach nicht der Grund, weshalb ich gerne bei ihr blieb. Könnte Oberflächliches mich an eine Frau binden, wäre ich schließlich schon früher mit Ehering geendet. Ein weiterer Punkt, der mich dazu veranlassen sollte, mal eindringlicher über meine Gefühle für den Engel nachzudenken. Nur nicht jetzt, wo wir hier anderweitig beschäftigt waren. Eine kleine Weile gab ich mich noch mit den intensiven Küssen zufrieden, bis ich der Meinung war, dass die hübsche junge Frau auf meinem Schoß lange genug Zeit gehabt hatte, um sich mental auf den nächsten Schritt vorzubereiten. Die Hände zog ich langsam wieder aus ihren Shorts und löste die linke schließlich ganz von ihrem Körper, um mich mit dem Ellbogen aufzustützen und Riccarda entgegen zu kommen. Ich richtete mich zum Missfallen meines lädierten Rückens - übrigens war das Ganze dank unserem ersten intimen Moment damals in den Flitterwochen ein ziemliches Deja Vu - stetig weiter auf, bis ich ihr gegenüber saß. Als sich meine linke Hand parallel zur anderen auf Taillenhöhe zurück auf die Haut des Engels legte, löste ich gleichzeitig meine Lippen von ihren. Sie zogen eine federleichte Spur über ihren Kiefer bis zur dünnen Haut unterhalb ihres Ohrs. Dort setzte ich gerade den ersten gehauchten Kuss, als meine Hände sich um den Saum ihres Shirts legten. Der Gefahr, hier gleich einen Riegel vorgeschoben zu kriegen, innerlich entgegen grinsend, zog ich den Stoff ganz langsam höher. Dabei ließ ich die Zeigefinger jedoch ausgestreckt, um gleichzeitig zart ihre Haut zu streicheln. Als ich den Stoff so weit nach oben gezogen hatte, dass er jeden Moment über ihre Brust rutschen würde, zog ich mich ein klein wenig von ihrem Hals zurück. Gerade so weit, dass ich ihr Gesicht im Augenwinkel sehen konnte. Natürlich hatte Riccarda in diesem Moment auch zwei Hände, die sie jederzeit auf meine Arme legen konnte, um mich auszubremsen. Trotzdem wollte ich mich nicht allein darauf verlassen. Sollte sich Unbehagen in ihrer Mimik spiegeln, würde ich auch selbstständig wieder einen Gang runterfahren. Sie sollte sich zu nichts gedrängt fühlen, das sie nicht auch selbst wollte. Das hatte noch immer oberste Priorität.
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Der Risiken meines Handels vollkommen bewusst, ließ ich mich bereitwillig auf den weiteren Verlauf von Isaacs Bestrebungen ein. Schließlich forderte ich geradezu dreist eine Reaktion seitens des jungen Mannes, den ich bisher körperlich strikt auf Abstand gehalten hatte und wir die gelegentlichen Kuscheleinheiten erst vergleichsweise kurz für uns entdeckt hatten, heraus. Stellte ich seine Beherrschung zu stark auf die Probe oder traute ich mir direkt zu viel für den Anfang dieses Weges zu? Nein. Obwohl sich seine Hände in Rekordgeschwindigkeit um das bisschen Unterwäsche krallten, das er zwischen die Finger bekam, fürchtete ich mich nicht vor seinen Verlangen, sondern spürte ein sehnsüchtiges Ziehen in meinem Unterleib entflammen. Ich reizte nicht nur den jungen Mann unter mir mit meinem entgegenstrebenden Lockungen, sondern fand zu meinem eigenen Lustempfinden zurück, das ich über einen verdammt langen Zeitraum rigoros weggesperrt hatte und dessen Fesseln nun nach und nach gesprengt wurden. Mein Grinsen vertiefte sich beim Klang seines ungehaltenen Grummelns, das mir einen prickelnden Schauder über den Rücken schickte. Der eingehende Kuss, das Begehren, mit dem sich unsere Lippen trafen, umschleierten meine Sinne und doch nahm ich seine besitzergreifende Hände an meinem Hintern überdeutlich wahr. Ich interpretierte es als stummen Zuspruch für die Richtigkeit unseres Tuns. Dementsprechend bekräftigt verlor ich die Scheu davor, dem leisen, wohligen Seufzen, welches sich seinen Weg meine Kehle empor kämpfte, statt es hinunterzuschlucken, Gehör zu verschaffen, als Isaac meine Mitte bestimmt gegen seine harte Erregung drückte. Es handelte sich nicht um das erste Mal mit Isaac und dennoch fühlte es sich wie unsere erste richtige Begegnung auf diesem Niveau der Beziehung an, weshalb ich einen Augenblick brauchte, um den Moment zu verdauen. Auch jetzt schenkte mir Isaac die Zeit, handelte nicht überstürzt, obwohl ich mit jeder Faser meines Körpers spürte, wie sehr er dem weiteren Vorgehen entgegensehnte. Es fühlte sich unbeschreiblich an, derart von ihm begehrt zu werden und gerade wollte ich mich diesem Gefühl zu gern hingeben – vorausgesetzt, meine Panik fand keinen Triggerpunkt, um doch noch ausgelöst zu werden und den Augenblick zu zerstören. Gedanken, die sich sehr schnell im Nichts verloren, als mehr Bewegung in Isaac kam. In der Sekunde, als sich seine Hand von meiner Haut löste, vermisste ich die Berührung bereits und sehnte den Moment herbei, wenn seine Finger erneut über meinen Körper strichen. Intuitiv verstand ich, wozu sich der attraktive Dunkelhaarige anschickte und gab dem Druck seines sich aufrichtenden Oberkörpers nach, sodass ich ebenfalls wieder rittlings in einer aufrechten Position auf ihm saß. Meine rechte Hand rutschte der Schwerkraft verschuldet von seiner Schulter hinunter auf seinen Brustkorb, wo ich unter meinen Fingern sein Herz kraftvoll schlagen spürte. Die jüngsten Verletzungen berücksichtigend, rutschte meine zuvor in seinen Haaren vergrabene Hand seitlich an seinen Hals, wodurch es mir möglich war, mit meinem Daumen die Kontur seiner markanten Kieferpartie nachzuzeichnen. Meine Finger fuhren zart in seinen Nacken weiter, nachdem Isaac den Kuss löste und seine Lippen ihren Weg zu jenem sensiblen Fleckchen Haut am Hals fanden. Willkürlich neigte ich den Kopf ein wenig, bot ihm die empfindlichen Stelle regelrecht an. Ein kühler Hauch empfing meinen Rücken, als Isaac den lockersitzenden Stoff meines Shirts bedächtig anhob und dabei mit seinen Zeigefingern eine prickelnde Spur jeweils seitlich an meinem Oberkörper erschuf. Mein Puls stolperte einen Augenblick lang vor Aufregung, regulierte sich jedoch ebenso schnell wieder. Ein Anflug von Nervosität blieb – Erinnerungen an eine ähnliche, gefühlt ein ganzes Leben zurückliegende Situation blitzte vor meinem geistigen Auge auf, doch die Umstände könnten unterschiedlicher nicht sein: jetzt herrschte kein Gewitter, dem ich mittels Alkohol und körperlicher Zerstreuung auswich – und doch änderte dies nichts an meiner Absicht. Es fühlte sich ohnehin wie eine positive Art der Spannung an, als ob Isaacs Motiv keiner Rücksicht auf meine potenzielle Furcht entsprang, sondern dem Wunsch, mich nun ebenfalls auf die Folter zu spannen. Ich wusste es besser, weshalb ich mich darum bemühte, Zuspruch in meinen Blick zu manifestieren. Beim Endresultat dürfte es sich um eine Mischung aus Ungeduld, Vorfreude und Erregung handeln, die Isaac anblitzte. Mehr schien der junge Mann nicht zu brauchen. Ich hörte schließlich nur mehr den dumpfen Laut, als das Stück Stoff seitlich vom Bett am Boden aufkam. Da Isaac ohnehin bis auf die Shorts nackt war und ich seinen Rücken verletzungsbedingt lieber schonte, schränkte sich mein Handlungsfeld vorerst insofern ein, dass mir nur übrig blieb, mich in seinem hungrigen Blick zu suhlen, als handle es sich um die ersten Sonnenstrahlen nach einer langanhaltenden Schlechtwetterperiode. An Selbstbewusstsein mangelte es mir noch nie, auch nicht in einer derart exponierten Situation. Mit einem sanft lächelnden Schwung auf den Lippen, umfasste ich wieder sein schönes Gesicht und zog in mir entgegen, eroberte seinen Mund für mich und erbat mit meiner Zunge Einlass. Wie von selbst suchte ich wieder seine Nähe, wollte das Gefühl von Haut an Haut spüren.
Wie lange hatte ich jetzt schon darauf gewartet, dass Riccarda mich so ansah? Dass sie endlich auf diese Weise ihre Finger nach mir ausstreckte? Ich wusste es nicht, aber es fühlte sich wie eine halbe Ewigkeit an. Dabei hatte ich ursprünglich gar nicht geahnt, dass es sich jetzt so anfühlen würde. Man könnte es meiner langen Enthaltsamkeit zuschreiben, dass ihre Fingerspitzen meine Haut förmlich elektrisierten, während sie von meinem Kiefer bis zum Nacken wanderten. Ich wusste aber instinktiv, dass das maximal einer von zwei Gründen dafür sein konnte. Allein das wohlige Seufzen in meinen empfindlichen Ohren reichte dazu aus, eine leichte Gänsehaut über meinen lädierten Rücken zu jagen. Auch meine Haut war nach so langer Abstinenz spürbar empfänglicher für das zarte Streicheln, aber das erklärte nicht das Gefühl in meiner Brust. Es breitete sich vehement weiter aus, je mehr die zierliche Schönheit mir signalisierte, dass sie mir auch auf dieser intimen Ebene endlich wieder vertrauen wollte. Dass sie selbst Gefallen daran fand, sich mit mir zusammen langsam ein bisschen hochzuschaukeln. Ein vorfreudiges Kribbeln mischte sich mit einem Hauch beflügelnder Nervosität und drängte mein Herz erst recht dazu, unter Riccardas Hand stärker zu pochen. Es war schön, dass es ihr dabei nicht anders ging. Sie verlor zwar nicht die Nerven, aber ich konnte ihre leise Aufregung spüren, als ihr lüsterner Blick auf meinen traf. Diese stumme Antwort war eindeutig, also distanzierte ich mich kurzzeitig von ihr, um das Shirt endgültig über ihren Kopf zu ziehen. Den Blick wendete ich dabei jedoch nicht von Riccarda ab, sondern warf das Shirt achtlos mit der rechten Hand irgendwo neben das Bett. Der Austausch unserer Blicke reizte mich beinahe so sehr wie ihre freiliegende Haut selbst. Allzu gerne ließ ich mich mit leicht geöffneten Lippen in den nächsten leidenschaftlichen Kuss verwickeln, der schnell das kleine Lächeln auf Riccardas Lippen erstickte. Ihre Brust schmiegte sich an meine und das Gefühl ihrer nackten, weichen Haut schickte den nächsten Schwall Erregung durch meinen Körper. Unaufhörlich ließ ich meine Finger über ihren Körper wandern, ließ mich ganz von ihrem süßlichen Duft vereinnahmen. Den Kopf dabei fortwährend auszulassen, fiel mir deutlich schwerer als gewöhnlich. Ich wusste, dass zu viel nachzudenken eigentlich niemals gut für Situationen wie diese waren. Doch die Gefahr eines Rückfalls blieb, ganz gleich wie dicht sich die hübsche junge Frau in diesem Moment an meinen Körper heftete und nach meiner Nähe dürstete. Ich hatte sonst nie ein Problem mit dem aktiven Part gehabt, aber für gewöhnlich schlief ich auch kein zweites Mal mit einer Frau, die ich vorab stark traumatisiert hatte. Welcher Schritt war der falsche? Was könnte sie zurück in die Angst werfen, die bis hierhin noch mundtot war? Ich wollte uns echt nicht den Abend versauen, der ein schönes Happy End für den unschön verlaufenen Tag werden konnte... aber hey, kein Druck. Ich würde mich wohl einfach auf die gute, alte Intuition verlassen müssen. Die einfachste Taktik in diesem Fall war, sie einfach so lange zu teasen, bis sie sich ungeduldig wand und nicht mehr warten wollte. Mich entweder wortwörtlich um weitere Schritte bat, mir stumm mit Körpersprache signalisierte, wo ich weitermachen sollte, oder ihr der Geduldsfaden so plötzlich riss, dass sie selbst tätig wurde, Eine kleine Weile lang kostete ich den Geschmack von Riccardas Lippen voll aus, wobei die Küsse unter zunehmender Gier immer hitziger wurden. Ich konnte unter ihr nicht allzu viel ausrichten, wenn sie selbst nicht weiterging, also blieb mir nur eines. Mit dem rechten Arm um ihren schlanken Körper und der Hand unter ihren blonden Locken im Nacken, bettete ich sie sanft neben mir ins Kissen. Ich schob mich nicht über sie, sondern blieb auf den linken Unterarm gestützt dicht neben ihr. Es schien mir vermeintlich sicherer, als sie unter mir zu begraben und so womöglich hässliche alte Bilder in ihrem Kopf wachzurütteln. Meine Finger rutschten aus ihrem Nacken und ich streichelte ihre Wange, als ich sie einen kurzen Augenblick lang einfach nur ansah. Das angeregte Funkeln in meinen Augen blieb, doch es ging mir um mehr als nur den Austausch erregter Blicke. Ich wollte Riccarda sehen und sie sollte mich sehen. Auch wenn die Lust längst die Überhand hatte, lagen meine Augen ihr so offen gegenüber, wie sie das bisher nur selten getan hatten. Selbst in verletzlichen Momenten hielt ich mir bevorzugt noch ein bis zehn emotionale Hintertüren frei, ließ selten wirklich all meine Gefühle über meinen Blick nach außen. Doch der kleine blonde Engel durfte das alles sehen: Die Erregung, aber auch meine aufrichtige Zuneigung für sie und den leisen Funken Verletzlichkeit, den dieses neue Herantasten auch für mich barg. Riccarda war zu einem Teil von mir geworden und das durfte sie wissen... auch wenn sie das wahrscheinlich längst selbst gemerkt haben dürfte, so wie ich ihr jeden Tag aufs neue immer wieder an den Fersen klebte. Vielleicht war Chad was das anging schlauer als wir beide zusammen. Den aufkommenden Gedanken ertränkte ich im nächsten leidenschaftlichen Kuss, der jedoch nicht lange anhielt. Ich schob meine andere Hand unter ihren Hals, damit sie den Kopf in den Nacken legte und ich meine Lippen über ihr Kinn nach unten wandern lassen konnte. Meine Hand zog ich wieder unter ihren Haaren hervor, weil ich den Arm brauchte, um mich etwas tiefer zu schieben. Mit den Lippen zog ich eine feuchte Spur über ihr Schlüsselbein und löste auch meine andere Hand wieder von ihrem Gesicht, um zart über ihre schmale Schulter bis runter zu ihrem zierlichen Handgelenk zu streichen. Während meine Lippen zu ihrem Dekolleté wanderten, streichelte ich einmal über ihren Handrücken und gab ihren Arm anschließend wieder frei, weil meine Hand sich an ihre Hüfte verlor, die fast auf gleicher Höhe lag. Langsam legten sich meine Finger um den Bund ihrer Shorts, die ich aber erstmal nur ein kleines Stück nach unten schob. Nur weit genug, damit meine Fingerspitzen ihren jetzt freigelegten Hüftknochen mit einer hauchzarten Berührung kitzeln konnten. Fast zeitgleich schielte ich für einen Moment zu Riccarda nach oben, bevor ich mit den Lippen die heiße Spur auf ihrer Haut weiter bis auf ihre Brust zog. Zielstrebig auf dem Weg zu ihrem Nippel, während meine Hand sich über ihren Bauch nach oben zur anderen Brust schob. Mit Lippen und Zunge wurde ich womöglich schneller kreativ, als dem aufgeregten Herzen des Engelchens lieb war.
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Obwohl meine Gedankenwelt zu einer ineinander verschlungenen Kulisse aus Eindrücken verschmolzen war, entging mir nicht der gewaltige Schritt, den wir beidseitig aufeinander zumachten. Ich bemühte mich darum, keine alten Verhaltensmuster zurück ins Leben zu rufen, sondern mich gänzlich auf das hart erarbeitete Vertrauen zu berufen, das jene anschwellenden Gefühle in meiner Brust überhaupt erst ermöglichte. Mein Begehren leitete mich intuitiv über kleinere Unsicherheiten hinweg, die eher niederrangig mit mir selbst als überwiegend mit meinem Wissen über Isaacs langanhaltender Abstinenz zu tun hatten – ich verspürte ebenso gewisse Grundbedürfnisse, jedoch hatte ich einen gänzlich anderen Lebensstil verfolgt und dürfte den vorgeschobenen Riegel deshalb im Allgemeinen weitaus besser weggesteckt haben – und wie ich mit plötzlichen Überraschungen umgehen würde. Ehe sich richtige Sorgen in meinem Bewusstsein manifestierten, reagierte mein Körper bereitwillig an den sacht eingewobenen Leitfaden des Dunkelhaarigen. Normalerweise sah ich mich durchaus als gleichgestellte Partnerin in jederlei Hinsicht, doch in diesem speziellen Augenblick des indirekt Unbekannten erfreute ich mich über ein bisschen Führung. Dementsprechend bereitwillig hüllte ich mich in die einseitige Umarmung des jungen Mannes und ließ den Positionswechsel anstandslos geschehen. Da sich Isaac nicht vollständig über mich schob, wusste ich vorerst noch nicht, wie ich auf diese einengende Situation reagieren würde, aber vorerst begnügte ich mich damit, meinen Blick über jeden Zentimeter seines Gesichts ziehen zu lassen, ehe meine Augen die seinen suchten. Meine Hand streichelte zärtlich über seine Seite, ich spürte die von ihm ausgehende Hitze direkt unter meinen Fingerkuppen und fand erst ihren Halt, als mir die Intensität seines Blickes kurzfristig sämtliche Luft zum Atmen nahm. Ich erkannte in dem klaren Blau nicht nur eine fesselnde Energie, sondern erspähte einen dieser raren Momente, in denen Isaac seine dutzenden Sicherheitsvorkehrungen fallen ließ und mir einen Einblick auf den wahren Kern seiner Seele erlaubte. Damit erwischte er mich eiskalt. Ich versank regelrecht in seinen ausdrucksstarken Augen, verlor mich in deren bedeutungsvollen Ausdruck. Es bedarf keiner Worte; diese verletzliche Offenheit genügte. Der daraufhin folgende Kuss ging in eine emotionale Tiefe, die trotz der rohen Leidenschaft keinen Abbruch fand, sondern ganz im Gegenteil weiter davon beflügelt wurde. Ich schob meine Sensibilität hauptsächlich auf meine eigene Enthaltsamkeit was Berührungen auf nackter Haut betraf, doch das freudige Kribbeln in meiner Brust strafte diese Annahme Lügen: ich wollte niemand anderen als Isaac an meiner Seite; niemand anderen, der meine Anspannung mit vorsichtiger Hingabe weiter strapazierte und mich insgeheim den einen oder anderen Nerv kostete, während seine Lippen eine feurige Spur über meine Kehle hinab zeichneten. Ob das für seinen Wolfspart einer besondere Symbolik entsprach, konnte ich mir derzeit nicht beantworten, jedoch entsprach diese Frage nicht zwangsweise meinem Hauptaugenmerk. Meine Konzentration schwankte viel mehr zwischen seinen kundigen Fingern und meiner eigenen Erkundungstour. Ohne Hast, aber dennoch zielstrebig fand meine Hand, nachdem sie von seiner gänsehautverursachenden Streicheleinheit freigegeben wurde, den Weg zurück zu seiner Boxershorts, wo ich mich mit Zeige- und Mittelfinger bei dem elastischen Bund einhakte und den Stoff ein bisschen nach unten dehnte, währenddessen meine Hand bis zu seiner Mitte schob. Vorsichtig, um ihn keinen Schnalzer mit dem Bund zu verpassen, schob ich meine Finger wieder unter dem Stoff hervor und legte meine Hand in einer fließenden Bewegung über seine Erregung. Mein weiteres Vorhaben erstarb in einem kurzfristigen Kontrollverlust meiner Muskulatur, als mein Puls schlagartig in die Höhe schoss. Ausnahmsweise machte mir meine kitzlige Seite keinen Strich durch die Rechnung, sondern das lüstern-wohlige Gefühl am Oberkörper, sobald Isaac seinen Fokus auf meine Brust lenkte und ich einen Moment brauchte, um meine Sinne wieder zusammenzusammeln. In freudiger Erwartung hatten sich meine Nippel verhärtet und reckten sich seinen Berührungen entgegen. Erneut machte sich ein verzehrendes Ziehen in meinem Unterleib bemerkbar, was mich gleichzeitig auch an meine zuvor gegangene Intention erinnerte. Behutsam umfasste ich seinen von Stoff umhüllten Schwanz und begann ihn in kleinen Bewegungen zu massieren – ich strebte keinen Sprint an, sondern wollte zunächst den Wunsch in Isaac schüren, weiterzugehen und die letzte materielle Barriere zu überwinden. Unser Verlangen stand nicht zur Debatte, dennoch gefiel mir die Vorstellung nicht, aus mangelnder Beherrschung übereinander herzufallen und in Rekordgeschwindigkeit über die Ziellinie zu rasen. Dafür genoss ich dieses schrittweise Kennenlernen zu sehr, diese unvergleichliche Nähe zueinander… und eventuell ging mir anderenfalls doch noch eine Sicherung durch. Mein tapferes Herz erlitt bereits jetzt von der Aufregung und Hitze verursachte Auf und Abs.
Riccardas körperliche Reaktion auf den Reiz an empfindlichen Stellen hätte mich wahrscheinlich allzu typisch grinsen lassen, wäre ich nicht anderweitig mit dem Mund beschäftigt. Es war ein unheimlich gutes Gefühl, jedes noch so feine, aufgestellte Härchen auf ihrer Haut und die kurzzeitige Unterbrechung ihrer eigenen Mission zu beobachten. Auch ihre zierlichen Finger verfolgten meine Sinne allzu gespannt. Schließlich wartete ich schon lange darauf, dass sie sich endlich in diesen Bereich meines Körpers trauten… und es war sicher auch für alle Beteiligten gut so, dass sie es damit langsam anging. Denn es kroch ein recht intensives Kribbeln meinen Oberkörper nach oben, als sie mit der sachten Stimulation begann. Mir entfloh schon bald ein angeregtes Seufzen, das nur von ihrer Brust ein klein wenig gebremst wurde. Macht alter Gewohnheit kam ich ihrer Handbewegung mit der Hüfte noch entgegen, was das eindeutigste Signal dafür war, dass sie damit nicht aufhören sollte. Ich wollte mehr davon. Wollte, dass sie mein Verlangen nach ihr weiter ankurbelte, auch wenn das physisch gesehen absolut nicht nötig war. Ich wollte trotzdem gerne in diesem Gefühl baden, während meine raue Zunge gelegentlich ihren steifen Nippel streifte. Jedoch nie dauerhaft - ich ließ immer wieder von der sensiblen Stelle ab, um stattdessen zärtlich ihre Haut zu küssen oder sie einfach nur mit den Lippen zu streifen. Ähnlich war es mit der Hand an ihrer anderen Brust: Ich vermied geschickt eine Überreizung der empfindlichsten Stelle und beschäftigte mich durch sanfte Berührung auch ausgiebig mit der umliegenden Haut. Ich beschäftigte mich gerne mit Riccardas Oberkörper und doch reizte mich eine andere Stelle ihres Körpers eigentlich sehr viel mehr. Eigentlich grundsätzlich, aber jetzt ganz besonders, weil auch ein eher zurückhaltender Rhythmus durch ihre Hand ziemlich anregend war, solange er gleichmäßig blieb. Außerdem erwischte das Engelchen ein, zwei Mal eine besonders empfindliche Stelle - ob absichtlich oder zufällig mal dahingestellt. Dass meine Hand sich nach einem letzten sanften Streicheln seitlich an ihrer Brust zu ihren Rippen verabschiedete, war das erste Anzeichen dafür, dass ich genug von ihrem Oberkörper hatte. Meine Finger strichen zärtlich von ihrer Taille weiter abwärts in Richtung Hosenbund, als ich ihren feuchten Nippel ein letztes Mal nur mit meinem heißen Atem reizte und dabei ein wissendes Lächeln mit funkelnden Augen zu ihr nach oben warf. Als ich wieder den Stoff an ihrer Hüfte in die Finger bekam, löste ich mich langsam von der blonden Schönheit und damit rutschten ihre schmalen Finger aus meiner Unterwäsche. Das war mir auch ganz recht, weil ich jetzt schon wusste, dass ich ein oder zwei Asse aus dem Ärmel schütteln müssen würde, damit wir zusammen abschließen konnten. Hätte ich ansatzweise geahnt, dass sie heute vielleicht mit mir schlafen würde, hätte ich definitiv unter der Dusche vorgesorgt. Zu unser beider Glück war ich kein blutiger Anfänger und es würde nicht zum Beinbruch werden. Vorausgesetzt wir kamen überhaupt so weit. Ich richtete mich bewusst etwas langsamer auf, damit Riccarda möglichst nicht unwohl wurde. Auch sah ich vorerst davon ab, meine eigenen Klamotten loszuwerden, obwohl die Shorts jetzt womöglich etwas schief hingen. Ich hoffte zwar schon, dass die hübsche Blondine eigentlich wusste, dass ich ihr nicht weh tun würde, aber Ängste ließen sich leider nicht immer kontrollieren. Also ging es zuerst dem restlichen Stoff an ihrem Körper an den Kragen und ich selbst stand weiter hinten auf der Liste. Ich drehte mich um, kniete aber weiterhin noch neben ihr unweit ihrer Hüfte, als ich die zweite Hand an ihre Shorts legte. Meine eigenen Hände sah ich dabei nur im Augenwinkel, denn mein Blick lag wieder auf Riccardas Gesicht. Ich versuchte mich nicht unnötig groß zu machen, beharrte aber auf anmutig gerader Körperhaltung. Ganz das Raubtier, das unentwegt in mir schlummerte. Trotzdem - oder gerade deswegen - hielt ich den Blickkontakt zu ihr aufrecht. Damit sie sehen konnte, dass sich nichts geändert hatte, dass ich sie noch immer so ansah wie vorher und nicht plötzlich der Wolf am Ruder saß. Ich zog die Shorts mitsamt der dünnen Unterwäsche darunter nur langsam an ihren Beinen hoch, bis der Stoff über ihre Füße rutschte. Während ich mit einer Hand die Klamotten vom Bett warf, lag mein rechter Arm jedoch locker um ihre noch geschlossenen Beine. Das näherliegende lehnte mit der Wade an meiner Schulter und ich neigte den Kopf, um zwei, drei Küsse auf die Haut entlang ihres Schienbeins zu hauchen. Die freie Hand legte sich dabei an ihren Oberschenkel, um bis zu ihrem Knie an der Außenseite nach oben zu streicheln. Erst dort schob ich die Hand zwischen ihre Beine, um sie zu öffnen und mich langsam dazwischen zu schieben. Meine Augen suchten erneut nach Riccardas, als ich ihre Beine achtsam sinken ließ und mich gleich mit. Bauchlage war in diesem Fall für mich am bequemsten. Meine Arme schoben sich unter ihre Oberschenkel und im nächsten Moment war ich mir nicht einhundertprozentig sicher, ob die spürbare Anspannung in ihrer inneren Beinmuskulatur einfach nur aus aus Vorfreude, oder doch aus unterschwelliger Angst rührten. Ihr Herz war schon die ganze Zeit über im Galopp unterwegs, es wurde schwer daran noch einen Unterschied festzumachen. Deswegen wartete ich noch einen Moment, suchte in der Zwischenzeit gezielt mit meiner rechten Hand nach ihrer und verschränkte unsere Finger miteinander. Händchenhalten war früher nie mein Ding gewesen und selbst mit Riccarda kam das im Alltag eigentlich nie vor, aber wie mit so vielen anderen Dingen gab es eben auch da ein erstes Mal. So streichelte ich eine Weile zärtlich über ihren Handrücken, mit der anderen Hand über ihre Taille und den seitlichen Bauch, setzte währenddessen mehrere zarte Küsse an die Innenseite ihres linken Beines. Meine Lippen wanderten bis zu ihrem Venushügel über die weiche, makellose Haut und auch dort setzte ich noch einen Kuss. Im selben Moment sah ich ein letztes Mal nach oben zu Riccarda. Holte mir mit lüstern flackerndem Blick mein letztes 'Okay' ab, bevor meine Lippen die nächste heiße Spur bis zu ihrer Körpermitte zogen. Dort angekommen täuschte ich einen Kuss auf ihre oberen Schamlippen an, schob jedoch gleichzeitig schon langsam meine Zunge dazwischen, bis ich spürbar auf die gebündelten Nervenenden traf. Ich würde mich auch dabei langsam steigern und mir die dünne Haut drumherum zunutze machen, uns hetzte hier schließlich Niemand. Blieb nur weiterhin zu hoffen, dass Riccarda sich fallen lassen und darauf vertrauen würde, dass ich sie auffing.
◈ It's so hard to forget pain, but it's even harder to remember sweetness. We have no scar to show for happiness. ◈