Obwohl ich mit Sicherheit behaupten konnte, dass es weder Absicht, noch sonst irgendwie zu Fleiß ausgesprochen worden war, lastete das Thema bereits jetzt wie ein Unheil verkündendes Schwert über dem restlichen Urlaub. Wir waren keinen ganzen Tag in den Tropfen, schon würde ich am liebsten wieder abreisen, um ausreichend Distanz zwischen mich und die Herausforderung zu bringen – nicht, weil ich gerne vor Konfrontationen oder schwierigen Angelegenheiten davonlief, dieser Wunsch hatte viel mehr den Hintergrund, mich auf neutralem Terrain damit auseinandersetzen zu dürfen. Hier wurde ich unterbewusst permanent beeinflusst und da ich eine vernünftige, sinnvolle Entscheidung treffen wollte, durfte Harry keine sofortige Antwort erwarten, was er jäh nickend einsah. Ihm war klar gewesen, dass dies keine Entscheidung von wenigen Minuten, nicht einmal von ein paar Stunden war – er würde warten müssen und konnte diese Geduld aber aufbringen, schließlich sprang für ihn am Ende im besten Fall etwas raus. Ich für meinen Teil sah diesem Stichtag eher mit Bauchschmerzen entgegen, die mir auch prompt auf den Appetit schlugen, weshalb sich mein Abendessen auf einen leichten Salat mit Schrimps und Cocktailsauce beschränkte, dazu Weißbrot und die Sache hatte sich. Mehr als wenige Bissen bekam ich nicht runter und versuchte dies mit reger Anteilnahme an dem Tischgespräch zu kaschieren. Auch wanderte meine Hand öfter als gewöhnlich zu dem Glas Weißwein während des Essens, obwohl ich selbstverständlich darauf achtete, mich nun nicht endgültig aus dem Leben zu schießen, um den Abend schnellstmöglich enden zu lassen. Immerhin stand mir noch eine Aussprache mit Isaac bevor; die womöglich der Grund für meinen Griff zum Alkohol mitunter darstellte. Das Abendessen verging und wir entschuldigten uns von der weiterlaufenden Unterhaltung, was lediglich mit einem verständnisvollen Nicken und einer guten Nacht abgetan wurde. Umso besser. Isaac verhielt sich während des Gangs zu unserem Zimmer unangenehm still, ähnlich der Ruhe vor dem Sturm, was auf mich genau die gegenteilige Wirkung hervorholte: ich wurde umso unentspannter, was sich in meinen energischen Schritten manifestierte, mit denen ich an Isaac vorbei in unsere Räumlichkeiten schneite. Für ein Gespräch zwischen zwei Erwachsenen wäre es natürlich sinnvoller, an dem kleinen Mahagoni-Tisch Platz zu nehmen, aber ich dachte gar nicht erst daran, sondern tigerte geradewegs weiter durch den Raum, durchmaß diesen mit wenigen Schritten, ehe ich wieder kehrt machte. Immer wieder marschierte ich auf und ab, knabberte an meiner Wangeninnenseite und blieb erst stehen, als der Dunkelhaarige das Wort konkret an mich wandte. Zog ich es denn in Erwägung? JA. Nein. „Schon.“ Ein simples Wort mit ärgerlich wenig Inhalt oder gar Sicherheit. Ich stand noch immer mittig im Raum, als wäre ich im Begriff, eine kleine Präsentation in privater Runde vorzutragen. Es fühlte sich auch so an. Ich mochte es nicht, von diesen wachsamen Raubtieraugen taxiert zu werden, aber darüber Beschwerde laut werden zu lassen, brachte uns nur vom Thema – dem Grund meiner passiven Gereiztheit und Unruhe – ab. „Zumindest möchte ich das Angebot nicht vorschnell ablehnen, sondern jeden Aspekt, jede Konsequenz zuerst durchdacht haben. Daher würde ich auch gerne deine Meinung zu dem Ganzen“, dabei wackelte ich wenig elegant, dafür umso schwungvoller mit meinen Armen durch die Gegend, „hören.“ Isaac zählte seit der Hochzeit zu meiner Familie, wenngleich nicht im Sinne des Blutes, doch angeheiratet kam einer Aufnahme in den Kreise der Engel gleich und so wollte ich auch seine Gedanken dazu hören. Um Isaacs Ehrlichkeit musste ich mir gewiss keine Sorgen machen, weshalb ich mich direkt im Vorfeld wappnete. Egal was kam, ich organisierte mir damit ein wenig zusätzliche Zeit, um selbst eine klare Idee zu fassen, was ich zu sagen hatte und meinen Standpunkt ausdrücken wollte. Vielleicht brachte mich der Wolf auch auf eine Fährte, die ich derzeit noch nicht im Visier hatte und konnte mich daran weiterarbeiten. Nachdenklich lastete nun meinerseits die Aufmerksamkeit auf dem jungen Mann im Raum. Wo waren wir hier nur wieder reingeraten?
Riccardas Rumgewusel machte mich halb wahnsinnig. War nicht so, als würde ich ihre Unruhe an sich nicht verstehen, aber sie trug damit gelinde nicht unbedingt zu meiner eigenen Beruhigung bei. Würde ich gerade sitzen, statt zu stehen, dann hätte ich mindestens angefangen mit dem Bein zu wippen und ich hatte das dringende Bedürfnis die Blondine einfach am Boden festzutackern, damit sie damit aufhörte durchs Zimmer zu tigern. Die erste, sehr knapp geratene Antwort des Engels gab mir noch dazu so gut wie keinen Aufschluss über ihre Gedanken bezüglich der ganzen Geschäftsübernahme, weshalb ich die Hand anhob und mir kurze Zeit lang die angespannten Schläfen massierte. Immerhin schien die junge Frau in der Zwischenzeit selbst gemerkt zu haben, dass ihre hektische Fortbewegung nicht wirklich produktiv war und tat mir den Gefallen stehen zu bleiben. Forderte mich dann dazu auf ihr meine Meinung zu Harrys Vorschlag abzugeben. Natürlich machte es Sinn, dass sie das Angebot nicht prompt ausschlug, sondern sich erst einmal so gut es ging einen Überblick über ihre Situation verschaffte. Zugegeben sah sie ein bisschen witzig aus, als sie leicht hysterisch mit den Armen fuchtelte. Würde ich gerade nicht selbst ziemlich unter Strom stehen, hätte ich vermutlich gelacht. So aber drang nicht mehr als ein kritischer, leicht grimmiger Gesichtsausdruck nach außen, bei dem sich meine Stirn wie so oft in Falten legte, sobald meine Hand wieder gesunken war. "Ich... hab ehrlich gesagt keine Ahnung, was ich davon halten soll.", stellte ich für Riccarda hörbar mit einem leisen Seufzen fest, dass mich das Ganze jetzt gerade wohl nicht viel weniger überforderte als sie. Weder wusste ich, wo mein Platz in dieser Sache sein würde oder sollte, noch ob ich meine Heimat denn wirklich in Zukunft verlassen wollte. "Ich muss dir ja sicher nicht erst sagen, dass ich mich im Verlauf der letzten Jahre komplett bei der Förderung zum Geschäftsmann in meiner Familie ausgeklinkt habe und dementsprechend keinen Schimmer davon habe, wie ich mich in das Ganze überhaupt irgendwie einbringen soll, wenn's dazu kommt... mal ganz davon abgesehen, dass ich eindeutig nicht dafür gemacht bin tagelang hinter Schreibtischen zu sitzen oder freundlichen Kundenkontakt zu pflegen.", meinte ich trocken und machte eine wegwerfende Handbewegung. Andererseits rückte die 25 für mich zunehmend näher und ich wusste allgemein noch nicht, wo ich mit meinem Leben als Mensch noch hin wollte. Klar, da war noch die Fehde mit meinem eigenen Vater, der ich als Wolf ein Ende setzen würde, aber das war höchstens indirekt ein Weg zum eigenen, finanziellen Verdienst. Denn eigentlich wollte ich die Krone ja gar nicht wirklich haben. Würde ich sie mir aber doch aufsetzen, dann hatte ich meine beiden Brüder für den ganzen geschäftlichen Mist und damit auch ein Einkommen, obwohl ich mich mit Alledem auch in diesem Fall eine Weile lang auseinandersetzen müsste, um einen eigenen Überblick zu gewinnen. Irgendwann würde sich das Polster auf meinem Konto nämlich sicher auf unschönes Maß dezimieren, nachdem mein Vater da inzwischen kein Geld mehr reinsteckte. Aber wollte ich wirklich die volle Verantwortung für meine gesamte Familie übernehmen? In meinen empfindlichen Ohren klang das extrem stressig und dass der Wolf in mir es mit Stresssituationen nicht so hatte war kein großes Geheimnis. Ob Geschäfte gemeinsam mit Riccarda weniger anstrengend klangen? Auch nur mehr oder weniger. Ich kam wohl in keinem Fall um Geschäftsstress herum. "Grundsätzlich abgeneigt bin ich aber eigentlich gar nicht... ich meine, hier gibt es so gut wie keine Engel, die mir auf die Nerven gehen", vor allem auch keine Jagos, die mir die Frau ausspannen wollten und damit täglich Gefahr liefen doch noch geköpft zu werden, "und die Sonne ist hier angenehmer. Früher oder später muss sowieso Irgendwas zum Geld verdienen her.", sprach ich noch zwei Punkte an, die in meinen Augen schon relativ positiv waren. Inzwischen verstand ich mich zwar wirklich verhältnismäßig gut mit Riccardas Familie, aber die Engel hatten nun mal so einige Eigenheiten, die mir für den Rest meines Lebens immer wieder Zunder zum Explodieren geben würde. Bis auf meine Ehefrau und hin und wieder ihre Tante keine Engel in meinem direkten Umfeld zu haben konnte für mich als Wolf also nur gesund sein. "Aber ich nehme mal stark an, dass wir dann eben ziemlich dauerhaft umziehen und... naja, ich kann nicht endgültig gehen, bevor ich meinen Vater nicht um die Ecke gebracht habe. Wenn ich gehe und er in dieser Zeit dann noch schlimmere Dinge anrichtet, könnte ich mir das nicht verzeihen.", definierte ich meinen Standpunkt weiter und zuckte im Anschluss daran leicht mit den Schultern. Natürlich würde das Alles ohnehin noch eine Weile dauern, aber der letzte Punkt war wohl einer, bei dem ich nicht mit mir diskutieren lassen würde. Natürlich kehrte ich dem Rudel nun schon seit Monaten den Rücken zu, aber im Notfall wäre ich trotzdem da. In greifbarer Nähe, brauchte ich bei vollen Kräften auf vier Pfoten doch nur ein paar wenige Minuten, um vom Schloss der Engel zu dem meiner Familie zu sprinten. Würde ich hier leben wären es mehrere Stunden mit dem Flugzeug, die theoretisch gesehen über etliche Leben entscheiden könnten. Es kam also nicht mal ein bisschen in Frage meine Familie mit meinem verbitterten Vater allein zu lassen, wo ich im Grunde doch der einzige war, der es vom Kräfteverhältnis her mit ihm aufnehmen könnte. Ich mochte ein ziemlich selbstbezogener Mann sein, aber an diesem Punkt endete selbst mein endloser Egoismus. "Außerdem muss ich die Speisekarte auch erst noch checken. Wenn's hier nichts gibt, das mir wirklich schmeckt, würde ich irgendwann zu Menschen übergehen und das willst du ziemlich sicher nicht.", hakte ich mit sarkastischem Unterton noch einen Punkt ab, der mir sehr spontan in den Sinn kam. Ich selbst hätte wohl eher keine Gewissensbisse, wenn noch ein paar Menschen mehr unter meinem Blutdurst leiden müssten, aber meine Frau sah das als Engel eben anders. Mein letztes menschliches Opfer lag schon eine gefühlte Ewigkeit zurück und ich vermisste die Menschenjagd noch immer ein bisschen, weil es nun mal viel besser schmeckte und mir auch mehr Energie gab. Ich selbst pflegte aufgrund dieser Tatsache auch weiterhin die Ansicht, dass Werwölfe eigentlich dazu da waren die Spezies Mensch etwas zu dezimieren, aber danach fragte kein Engel. Ich wollte das Frühstück am Tisch morgen jedoch ohnehin durch eine Jagd ersetzen, um meine Speicher richtig aufzufüllen, also sollte was das anging bald kein Klärungsbedarf mehr herrschen.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Selbstsüchtiger Narzissmus wurde dem klassischen Bild eines Engels nicht unbedingt vorausgestellt, doch gerade konnte – und durfte – ich nicht auf jede Kleinigkeit im Bezug auf Isaacs Wohlbefinden Rücksicht nehmen, anderenfalls würde ich wahrscheinlich jederzeit in die Luft gehen. Wie um meine innere Anspannung zu signalisieren, schlugen meine Fingerspitzen schwache Funken, die ein leises Knistern verursachten und mich dazu ermahnten, tief durchzuatmen. Ich war jung und hatte zwar viel Zeit mit dem Training meiner – für einen blonden Flattermann ungewöhnliche – Fähigkeit zugebracht, doch perfekt war ich deshalb noch längst nicht. Beim Luftholen, eher beim Ausatmen, drang ein verzweifeltes Seufzen mit in den Raum und brächte jede Illusion eines entschlossenen Ichs zum Einsturz; brachte ja doch nichts. „Wenigstens sind wir uns da mal zur Abwechslung einig“, brummelte ich nun ganz in Wolfsmanier vor mich her, ehe ich dazu überging, mich erneut durch den Raum zu bewegen, dieses Mal vor dem Bett jedoch inne hielt und mich plump darauf fallen ließ, um für einen kurzen Moment nur die Decke anstarren zu müssen. Lange verharrte ich ohnehin nicht in der ausgestreckten Position, sondern setzte mich wieder auf und fuhr mir durch die ausladenden Locken. Isaac sprach nur laut aus, was ich mir schon längst gedacht hatte: „Bitte nimm es mir nicht böse, aber ich bin ehrlich gesagt nicht davon ausgegangen, dass du dich im elterlichen Unternehmen sonderlich engagiert hast.“ Mir stand gerade wirklich nicht der Sinn nach einer Auseinandersetzung oder Anfeindung mit meinem einzigen Gesprächspartner, weshalb ich meine Absichten extra betonte. Blieb nur zu hoffen übrig, dass er meine Intuition verstand und ebenso erpicht auf ein friedliches Miteinander während dieser Debatte war. Immerhin standen wir ausnahmsweise tatsächlich von Anfang an auf einer Seite. „Ich hab ja selbst kaum etwas von der Arbeit daheim mitbekommen, weil meine Brüder da immer ein bisschen den Vorzug bekommen haben und ich höchstens aus repräsentativen Zwecken auf Geschäftsreise mitdurfte. Ich habe ein Studium begonnen, das mir aufgezwungen wurde und stehe im Grunde am Anfang dieses Ausbildungsweges, soll aber direkt danach schon mit einer Firma dastehen.“ Die Zusammenfassung klang für andere womöglich wie der Jackpot schlechthin, doch mir kamen da noch ausreichend Zweifel und Abers in den Sinn, um eine Absage weiterhin im Bereich des Möglichen zu halten. „Also falls und ich kann dieses Falls gar nicht ausdrücklich genug betonen, ich… wir uns dazu entscheiden, diesen Schritt in die Tropen zu unternehmen, dann finden wir auch einen Posten, der deinen Vorstellungen entspricht.“ Es musste für uns beide passen, weshalb für mich klarstand, dass Isaac ebenso in sämtliche geschäftliche Diskussionen und Entscheidungen eingegliedert werden musste; Harry würde es sich bestimmt schon denken, aber eventuell müsste ich es bei Zeiten noch einmal verdeutlichen. Das hob ich mir vorerst für einen späteren Moment auf, da wir uns einem interessanten Punkt näherten. Ein schwaches Grinsen schlich sich auf meine Züge. Isaac hatte sich ausreichend gefasst, um wieder unangebrachte Witze reißen zu können, was sich irgendwie entspannend auf mich auswirkte. „Also eindeutig ein Pluspunkt für die schwüle Insel… engelfreie Zone.“ Dito, was Wölfe bedeutete, aber dies ließ ich unausgesprochen. „Ich finde es eine gute Gelegenheit, Abstand von daheim zu bekommen. Ehrlich gesagt, war das schon immer mein Wunsch“, gestand ich dem Dunkelhaarigen nur zögerlich. Über solche Dinge hatten wir bisher noch nie Klartext gesprochen und eigentlich wollte ich jetzt auch nicht damit beginnen, aber in dem Fall war es ein Argument auf meiner Liste der zu berücksichtigenden Fakten. Aber nicht nur ich hatte wichtige Aspekte auf meiner Agenda: auch Isaac stellte Bedingungen, die ich ihm nicht ausschlagen würde. Nachdenklich nickend musterte ich meinen Partner. „Es wäre ein dauerhafter Umzug, aber solang ich keinen Abschluss in der Tasche habe, sehe ich von den Anteilen ohnehin nichts. Da war Harry sehr deutlich. Daher schätze ich, dass wir ohnehin noch mindestens zwei bis drei Jahre an unsere Heimat gebunden sind und du… ahm, deine Angelegenheiten regeln kannst.“ Ich wollte ihm gewiss keine Deadline oder ein Zeitlimit aufhalsen, sondern eröffnete ihm nur meine Gedanken diesbezüglich, in welchen zeitlichen Dimensionen sich mein Part des Handels erstrecken würde, bis ich zur Übernahme bereit wäre. Außerdem käme es allen nur zu Gute, wenn endlich jemand im Hause Garcia für Ruhe und Frieden sorgte – zumindest für wölfische Maßstäbe. Und wir blieben auch direkt beim Punkt Wolf, nur in einem etwas anderen Kontext, der mich die Achseln zucken ließ. „Falls dir die Landesküche nicht unter die Nase passt, importieren wir dir ein Bison oder einen Büffel“, war es nun an mir, einen kleinen Scherz in die Unterhaltung beizutragen. Natürlich war es mir ernst, dass sich Isaac nicht an den Bewohner dieser Insel vergriff oder sämtliche Viehbestände braver Bauern vernichtete, aber da ließe sich bestimmt etwas organisieren, um dem Tier in ihm ebenfalls Befriedigung zu verschaffen. „Ich fasse also einmal zusammen“, machte aber dennoch eine kleine Pause zum Nachdenken, ehe ich meine Gedanken gesammelt und bestmöglich auf ein paar Sätze komprimiert hatte. „Bevor ich keinen Abschluss und dein Vater nicht unter der Erde ist, wird das mit dem Erbe ohnehin nichts. Sprich, wir müssen so oder so zurück, was mich dazu zwingt, die Idee meiner Familie zu präsentieren. Außerdem würde es heißen, eine passende Ecke für dich in der Firma zu finden und es trotz allem Harry recht haben, der weiterhin seine Nase in die Sache hineinstecken wird. Wir müssten anfangen Verantwortung zu übernehmen und Geld verdienen, bestenfalls ein kleines Vermögen weiter auszubauen.“ Es gab noch dutzend andere Dinge, die in diese kleine Auflistung miteinflossen, aber ich berief mich auf die akuten Punkte, die nicht vernachlässigt werden durften und am frühstens auf der Matte stehen würden. „Hab‘ ich was Offensichtliches in der Hinsicht vergessen?“, richtete ich mich fragend an Isaac, um ihn ebenfalls zu Wort kommen zu lassen, brach das Schweigen dann aber doch recht schnell noch einmal selbst: „Ach ja… und selbst sollten wir uns bei dem Versuch, gemeinsam zu arbeiten, ebenfalls nicht umbringen.“ So, jetzt hatte ich für den Moment alles gesagt und lehnte mich auf den abgestützten Händen zurück.
Nur, damit du dich nicht wunderst: Sie haben Riccardas 20. Geburtstag im Laufe des RPs schon gefeiert. Da hatte Isaac ihr die Kette geschenkt mit dem Hintergrund der X Dates usw. x'D Das hab ich mir vom Überfliegen gemerkt, haha. ^^ _____
Ich beobachtete die junge Frau weiterhin unnachgiebig, als sie sich erneut im Raum umherzubewegen begann. Schließlich auf dem Bett landete, aber selbst dort angekommen wirkte sie noch unruhig auf mich. Ich nahm es Riccarda jedoch keineswegs krumm, dass sie sich bereits gedacht hatte, dass ich mich um Geschäfte im Allgemeinen bisher kein bisschen gekümmert oder mich damit befasst hatte. Es lag ganz einfach auf der Hand. Für den Schulabschluss hatte meine Motivation noch irgendwie gereicht, aber die ganze Stadt wusste, dass ich danach zu Partys statt dem Wälzen von Büchern übergegangen war. Allerdings hatte ich zu diesem Zeitpunkt auch weder geahnt, dass man mich an einen Engel kettete, noch dass ich meiner Familie mehr oder weniger abdanken würde - ich keine Einnahmequelle mehr hatte. Ohne aufs Konto fließendes Geld war es eben leider nur eine Frage der Zeit, bis ersteres leer war. "Ist ja nicht wirklich ein Geheimnis.", versicherte ich dem Engel mit einem schwachen Schulterzucken, dass es mich nicht störte, dass sie diese Sache so direkt geäußert hatte. Auf die nächsten Worte der jungen Frau folgte ein Nicken meinerseits. Es blieb wohl einfach für mich zu hoffen, dass ich einen geeigneten Platz im Unternehmen fand, der mir nicht chronisch die Halsschlagader anschwellen ließ. Glücklicherweise dauerte es wohl ohnehin noch eine ganze Weile bis Riccarda dann wirklich so weit wäre das Unternehmen mehr oder weniger zu übernehmen. Vielleicht tat sich bis dahin auch bei mir noch einiges in Sachen Charakter. Ich hatte mich schon ein ganzes Stück weit geändert, seit ich an die zierliche Blondine getackert worden war und ich hielt es durchaus für möglich, dass das noch nicht alles war. "Bestimmt.", ließ ich eine fast optimistisch klingende Zustimmung verlauten, obwohl mir persönlich noch so gar nicht klar war, wo ich mich letztlich im Unternehmen einfinden sollte. Dass Riccarda scheinbar schon häufiger darüber nachgedacht hatte, sich von ihrer Familie abzukapseln, ließ sie mich doch einen kurzen Moment lang etwas überrascht ansehen. Solche Töne von ihr waren mir ganz einfach fremd. Ich wohnte selbst bei den Engeln und wusste, dass ihre Verwandtschaft - eben auch unabhängig von der Tatsache, dass sie Flattermänner waren - hin und wieder nicht einfach war. Grade ihre Eltern waren häufig ziemlich streng, man könnte fast sagen verbissen. Setzte die sich was in den Kopf war es sowas wie Gesetz. "Ich wusste gar nicht, dass du weg willst...", murmelte ich nachdenklich und setzte mich dabei das erste Mal seit der Ankunft im Raum wieder in Bewegung. Schloss zu der jungen Frau auf und ließ mich mit etwas Abstand zu ihr auf die Bettkante sinken. Nur für den Fall, dass die Funken an ihren Fingerspitzen nochmal wiederkamen. "...hättest du ruhig schon früher vorschlagen können.", hängte ich noch einen kleinen Witz an, weil ich lieber nicht wollte, dass das Gespräch hier noch ernster wurde, als es das im Grunde ohnehin schon war. Zukunftsplanung war schließlich keine Lappalie, aber da wir beide es bisher noch nicht so damit hatten uns wirklich wichtige Dinge anzuvertrauen, wollte ich das Ganze etwas auflockern. Dass Riccarda vorschlug wir könnten mir einfach Essen auf Beinen importieren war da auch sehr passend und ich musste unweigerlich breit zu grinsen anfangen. "Bring mich nicht auf dumme Ideen. Du weißt ich hab ein Faible dafür.", grinste ich ungeniert vor mich hin und vor meinem inneren Auge lief ein großes Rind von einem Transporter, um in die Wildnis der Tropen zu entfliehen. Natürlich nur für ein oder zwei Tage, damit ich eine etwas längere Spur zum Verfolgen hatte. Wäre sonst keine Jagd. Auch der Zusammenfassung des Engels lauschte ich noch einmal aufmerksam. Sie schien alle maßgeblichen Punkte aufgelistet zu haben und so schüttelte ich ein klein wenig den Kopf, als sie fragte, ob sie etwas vergessen hatte. Für mich war die Liste aber auch so wirklich schon mehr als lang genug. Wahrscheinlich wollten ihre Eltern dabei auch noch ein kräftiges Wort mitreden. Ich hielt es auch durchaus für möglich, dass sie etwas dagegen hatten. Ob Riccarda es sich verbieten lassen würde? Dass sie ihrem eigenen Kopf hatte wusste ich besser als so manch anderer. Sie war bis dahin mit 22 oder 23 Jahren - je nachdem wie lang sie genau für das Studium brauchte - auch mehr als alt genug ihre eigenen Entscheidungen zu treffen. "Ich glaube du müsstest wirklich sehr viele oder sehr schlimme Dinge tun, damit ich nochmal Mordgelüste gegen dich hege.", stellte ich wahrheitsgemäß fest und ließ mich mit einem leisen Seufzen nach hinten aufs Bett fallen, nur um dann die mit Stuck verzierte weiße Decke über mir anzusehen. Ich hatte nicht für möglich gehalten, dass ich mal an diesem Punkt mit ihr ankam, als wir den Bund der Ehe geschlossen hatten. Wir mochten noch immer nicht wirklich ein richtiges oder gar harmonisches Ehepaar sein, aber sie gehörte irgendwie zu mir. Auf sehr verschobene, komische Art und Weise. Ihr weh zu tun lag mir fern.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Geheimnisse gab es ohnehin kaum noch zwischen uns, was charakterliche Überraschungen belangte – viel mehr handelte es sich um sogenannte offene Geheimnisse, von denen eben auch Isaacs Arbeitsmotivation eines darstellte. Ebenso glaubte ich zu wissen, dass dem Rudel vollkommen bewusst war, dass sie ihren potentiellen Nachkommen nur mit dem kleinsten Fisch der Familie verheiraten konnten, da kein weiblicher Wolf zur Hand war, um mit meinen mittlerweile ohnehin vergebenen und weitaus einflussreicheren Brüdern vermählt werden konnte. Ich stellte das Aushängeschild dar, fernab der tatsächlichen Verhandlungen, um beim Smalltalk im Vorhinein ein gutes Bild abzugeben. Wir beide würden da noch mit diversen Klischees konfrontiert werden, sobald unser ohnehin nicht gerade freundlich abgesegneter Urlaub – Fluchtversuch – mit dieser neuesten Enthüllung vor meiner Familie beendet werden würde. Ein Fakt, auf den ich absolut nicht scharf war und mir vornahm, erst wieder im Flieger während der Heimreise darüber nachzudenken. Bis dahin fanden sich womöglich auch ein paar weitere Antworten, die wir primär meinen Eltern als Puffer entgegenbringen konnten. Dazu zählte auch, inwiefern sich Isaac als Teil des Unternehmens einzugliedern gedachte und mir schien, dass es ein durchaus springender Punkt werden würde, der ihm vielleicht irgendwann in den kommenden Jahren schwer im Magen liegen könnte, sofern wir keine Lösung erarbeitet hatten. Isaac erweckte in mir das Bild eines engagierten Machers, aber die Bedingung für diesen Elan war Freude am Arbeiten selbst und wenn man dafür nicht den richtigen Platz schuf, stünden wir vor vergebenen Mühen. „Ich spreche es nur ungern an, aber wahrscheinlich wird’s so kommen, dass wir deinen Platz in der Firma argumentativ bei meinen Eltern verteidigen müssen… zumindest anfangs, weshalb es eventuell doch hilfreich wäre, zumindest einen Vorschlag zu haben, was du zukünftig dann zum Unternehmen beitragen kannst. Ich brauch keine sofortige Antwort, aber lass dir das bitte durch den Kopf gehen und wenn es nur irgendetwas ist, um die beiden vorerst ruhig zu halten.“ Es kam mir klug vor, Isaac direkt an diesen Umstand zu erinnern, ehe wir dann beim Wiedersehen und dem unangenehmen Gespräch aufgrund mangelnder Ausflüchte vor ihren Fragen ins Schwimmen gerieten. Es war eine reine Schutzmaßnahme; durchaus auch Isaac zu Liebe. Mir lag wohl wirklich was an dem Dunkelhaarigen… schon langsam durfte ich es einsehen. Daher schenkte ich ihm bei seiner, wenngleich etwas überraschten Reaktion auf meine Offenbarung ein schwaches Lächeln. „Wunder‘ dich nicht, du bist auch einer der wenigen, die etwas davon wissen“, informierte ich ihn schulterzuckend. Ich bezweifelte, dass Isaac nun aufsprang, um dieses neu errungene Wissen augenblicklich bei meiner Verwandtschaft auszuplaudern. Wenn es jemand verstand, dann zählte er noch zu den wahrscheinlichsten Ansprechpartnern für dieses Thema. Es störte mich nicht, dass der junge Mann sich zu mir aufs Bett gesellte, sondern animierte mich indirekt dazu, ihn nachdenklich zu mustern, ehe ich ein schiefes Grinsen auf meinen Lippen bildete. „Am Ende hätte man dir noch unterstellt, mich gekidnappt zu haben, weil es doch unmöglich erscheint, dass ich, die kleine Prinzessin, von daheim weg wollen könnte“, erinnerte ich ihn an mögliche Konsequenzen eines frühen Verschwindens von der Bildfläche. Der Gedanke erheiterte mich, war jedoch nie eine realistische Option gewesen. „Bring mich lieber nicht zu dummen Handlungen, dafür habe ich nämlich so mein Faible“, argumentierte ich amüsiert dagegen und wackelte zur spielerischen Ermahnung mit einem Zeigefinger. „Du schaust am Ende noch blöd drein, wenn ich dir zum Geburtstag einen Wasserbüffel schenke, den ich ein paar Tage davor im Dschungel freigelassen habe“, versicherte ich ihm noch lachend, ehe Isaac zu einer Aussage schritt, die mich wiederum etwas verblüfft aus der Wäsche schauen ließ. Glücklicherweise fiel Isaac vor meiner Reaktion zurück in die federnde Matratze, sodass ich ein paar Sekunden Zeit bekam, um das verstohlene Lächeln unter Kontrolle zu bringen und mich nickend neben ihn zurücksinken ließ. „Ich mag die ungegrillte Version von dir mittlerweile auch lieber“, ließ ich ihn wissen und grinste dann leicht. „Kaum zu glauben, dass wir hier und jetzt sogar mehr oder weniger entspannt liegen können und über ein gemeinsames Problemchen philosophieren“, sprach ich meine Gedanken laut aus und seufzte. Die Zeit war gar nicht mal so schnell verronnen, aber doch rasch genug, um die Meilensteine unserer nur schrittweise voranschreitenden Versöhnung ineinander verschwimmen zu sehen. „Du warst zwar nicht meine erste Wahl als Heiratsmaterial und mein Ego kann es wegstecken, dass du ebenfalls andere Pläne mit der Blüte deines Single-Daseins im Petto hattest“, merkte ich süffisant grinsend an, „aber dafür, stellen wir uns eigentlich gar nicht so schlecht an, denke ich.“ Natürlich hatten wir auch darüber noch nie sonderlich detailliert gesprochen und nur aufgrund weniger Worte, kam sicherlich kein Stein der Gesprächigkeit ins Rollen, aber irgendwann musste es mal laut gesagt werden: wir befanden uns auf einem guten Weg das gestörte Verhältnis in eine annehmbare Freundschaft weiterzuentwickeln.
Ich musste wohl oder übel einsehen, dass Riccarda damit Recht hatte. Meine Motivation mich jetzt schon mit ernsthaften Gedanken bezüglich des zukünftigen Geschäfts und meiner Position darin zu befassen hielt sich aktuell noch stark in Grenzen, aber es schien mir nicht wirklich etwas anderes übrig zu bleiben. Nicht, wenn ich die Chance mit Riccarda vielleicht wirklich in ein paar Jahren dazu nutzen wollte, meinem alten Leben gänzlich den Rücken zu kehren und einen Neustart hinzulegen. Neuer Ort, neuer Job, neues Leben. Vorausgesetzt eben es funktionierte alles halbwegs so, wie wir uns das in naher Zukunft ausmalten. Vielleicht fanden wir bis zum Präsentieren der Neuigkeit bei der Familie des Engels aber auch noch einen Grund, warum wir das Ganze doch besser bleiben lassen sollten. So oder so sollte ich mit Mitte Zwanzig langsam mal überlegen, wo ich mit meinem Leben noch hin wollte. Als Wolf rann mir die Zeit zwar nicht so wie einem Menschen durch die Finger, aber ich lebte auch nicht ewig. Also fing ich wohl besser jetzt als erst später damit an. "Ja, du hast Recht...", murmelte ich vor mich hin, den Blick weiterhin an die Decke über mir geklebt. Es war nur irgendwie wirklich schwierig eine mögliche Position für mich zu finden, wenn ich noch so absolut gar keinen Plan davon hatte, wie das Unternehmen grob aufgebaut war. Nicht einmal wusste, um was es sich bei den Produkten genau handelte. Luxusgüter konnten schließlich ungefähr alles und auch nichts sein. Das hing mitunter sicher auch davon ab, was gerade im Trend lag und was eben nicht. "Aber es ist irgendwie auch schwer was das angeht ein Idee zu entwickeln, wenn man im Grunde gar keine Ahnung vom Unternehmen hat. Glaubst du Harry würde mir zumindest einen kleinen Einblick geben?", sprach ich meine Gedanken aus und hängte noch eine Frage an. Immerhin kannten Riccardas Onkel und ich uns noch nicht einmal ganze 24 Stunden. Ich würde ihn aber auch nicht nach seiner gesamten Unternehmensstrategie ausfragen wollen, sondern nur so ein paar grobe Eckpunkte erfragen, wenn er mir überhaupt die Möglichkeit dazu gab. Er schien mir an sich zwar ein offener Mensch zu sein, aber ich hatte ihm schon innerhalb der kurzen Zeit ausreichend demonstriert, wie launisch ich war. War sicher kein Pluspunkt und noch so eine Sache, an der ich arbeiten sollte, aber nur bedingt wollte. "Macht das bei meinem Ruf wirklich noch so einen großen Unterschied?", fragte ich ironisch und schüttelte grinsend den Kopf, als der Engel mich darauf hinwies, dass das mit dem Verschwinden unter Umständen ungünstige Konsequenzen hätte haben können. Als hätten mich solche schon jemals auch nur im Entferntesten interessiert. Es musste uns ja keiner finden, oder? "Ist jedenfalls sicher bei mir, dein... kleines Geheimnis.", versicherte ich der schlanken Blondine kurz darauf noch ernster, dass sie sich keine Sorgen darüber zu machen brauchte, dass ich das neu gewonnene Wissen in die Welt hinaustragen würde. Auch unabhängig davon, dass ich nicht einmal wüsste wem ich das hätte erzählen sollen, konnte ich schweigen wie ein Grab, wenn es notwendig war - und ich es auch wollte, versteht sich. "Kannst du dann gleich noch eine Gazelle oben drauflegen, wenn du sowieso schon dabei bist? Die sind ein bisschen flinker.", bat ich Riccarda ganz ungeachtet ihres erhobenen Zeigefingers darum mein Geburtstagsgeschenk noch ein wenig üppiger ausfallen zu lassen. Drehte mich dabei auf die Seite und stützte mich auf den Ellbogen, um sie besser ansehen zu können und den Nacken nicht so versteifen zu müssen. Die Kombination aus beidem wäre wohl perfekt. An dem Büffel war genug Fleisch, um mich mehr als satt zu kriegen und die Gazelle versprach etwas mehr einer richtigen Jagd, weil sie deutlich schwieriger zu kriegen war. Stellte ich mir zumindest so vor, in Wirklichkeit gejagt hatte ich bis jetzt noch keins von beidem. Was unsere Beziehung zueinander anbelangte schienen Riccarda und ich inzwischen zumindest ein ähnliches Bild entwickelt zu haben. Es war ja auch nicht nur ein Problem, über das wir hier miteinander redeten. Vor allem war es unsere gemeinsame Zukunft, in welche Richtung sie letztendlich auch gehen mochte. "Erinner' mich nicht dran.", meinte ich ironisch, dicht gefolgt von einem theatralischen, bedauernden Seufzen. Ich konnte mir wohl noch so oft einreden, dass ich mich an das eher langweilige Eheleben und den Nicht-Sex gewöhnt hatte - mir fehlten die eskalativen Partynächte trotzdem noch immer. "Aber wenn wir schon mal hier sind und uns keiner im Auge hat, dann könnten wir eigentlich auch ein bisschen feiern... ich wette hier gibt's geniale Strandbars.", kam mir ein weiterer Gedanke in jener Richtung. Erst nachdem ich die Worte ausgesprochen hatte merkte ich, dass man das jetzt komplett falsch verstehen konnte. "Ich behalt' meine Hände auch bei mir.", stellte ich im Anschluss mit einem beschwingten Grinsen auf den Lippen noch klar, dass ich feiern nicht mit fremdgehen gleichsetzte. Könnte man bei mir ja durchaus denken, aber Riccarda hinter mir zu lassen nur um wieder meinen eigenen Vorteil zu suchen, stand mir gar nicht im Sinn. Ich würde einfach nur gerne mal wieder abschalten und die letzten, wirklich anstrengenden Wochen vergessen. Auch, wenn es nur für ein paar Stunden war. "...oder zumindest bei dir." Ich konnte mir diese Ergänzung nicht verkneifen und piekte ihr wie schon das eine oder andere Mal zuvor ein kleines bisschen in die Seite. War nur ein einziger Pieks, kein Gekitzel. Musste aber trotzdem sein.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Isaac hatte gewiss ausreichend Erfahrungen durch das Zusammenleben mit meiner Familie sammeln dürfen, aber wirklich kennen… naja, dafür müsste er sich schon mit jedem Einzelnen konkret auseinandersetzen und dass ihm der Sinn nicht unbedingt danach stand, verstand und akzeptierte ich vollkommen. Wenn er also einräumte, dass ich mit meiner Annahme recht behalten würde, dann war dies schon mal ein gutes Zeichen in meinen Augen. Zumindest durfte ich davon ausgehen, dass er sich der potentiellen Komplikationen aufgrund meiner Eltern bewusst war und nicht mit leeren Händen dastehen wollte, während wir das Kreuzverhör über uns ergehen lassen mussten. Ich selbst wollte Antworten parat haben, irgendetwas, um ihnen vielleicht einen Teil des Winds aus den Segeln zu nehmen, denn zugegebenermaßen graute es mir bereits jetzt vor dem Hurrikan an Ablehnung, den wohl primär mein Vater an den Tag legen wird. Beine schüttelte es mich bei der Vorstellung, doch ich hatte meinen Körper ausreichend im Griff, um die Reaktion auf meine Befürchtungen für mich zu behalten. Isaac durfte sich seinen hübschen Kopf über andere Dinge zerbrechen. Ich kam mit dem Magenrumoren schon zurecht. Abgesehen davon, wurde ich ohnehin ganz gut durch das Grübeln meines Gefährten abgelenkt, wobei die Ablenkung sich nicht gerade auf das große Thema in seiner Gesamtheit bezog, aber er sprach einen Aspekt an, den ich als wichtig erachtete und deshalb kaum merkbar nickte. Wir mussten schon ein komisches Bild abgeben: beide ausgestreckt auf dem Bett liegend mit dem Blick stur zur Decke hinauf, jeder in seinen eigenen Gedanken gefangen und doch miteinander redend. „Wenn ihm die Sache mit der Übernahme tatsächlich ernst ist, dann wird ihm nichts anderes übrigbleiben, als uns wenigstens einmal mit in den Firmensitz zu nehmen und eine exklusive Führung zu geben.“ Von nichts, konnte nichts kommen und Isaac bekam meinen vollen Zuspruch, wenn es darum ging, dass wir uns das Unternehmen zumindest mit eigenen Augen angesehen haben mussten, ehe weitere Teilentscheidungen und Überlegungen unternommen werden konnten. „Wir könnten ihn gleich morgen beim Frühstück fragen, ob er uns mitnimmt“, stellte ich einfach mal in den Raum und beließ es dann auch dabei. Ich wollte mich nicht in ungeklärte Umstände hineinsteigern und ich sah nur Harry in der Lage, uns ein bisschen mehr Überblick zu verschaffen, was sich jedoch auf morgen vertagen lassen musste. Heute hatte ich ehrlich gesagt die Nase voll und brauchte meine Ruhe; zumindest vor meinem Onkel. Ob er wusste, wen er sich da mit Isaac ins Boot geholt hatte? Wahrscheinlich nicht. Die beiden waren heute das erste Mal aufeinandergetroffen und das ging direkt nach hinten los. Wobei Harry demnach auch nichts von Isaacs Image wissen konnte, was ich mir momentan als Vorteil zurechtlegte. Ich hingegen kannte seinen Ruf, weshalb ich ihm ein verzogenes Grinsen auf seine Anmerkung hin schenkte und leicht mit den Augen rollte. „Da ist sowieso Hopfen und Malz verloren“, erwiderte ich trocken, ohne es abschätzig oder gar gehässig zu meinen. Gegen Vorurteile kam man selten an und in dem Fall hatte Isaac nie dagegen gearbeitet, sondern mit seinem Lebensstil nur weiteres Öl ins Feuer gegossen. Andererseits: warum sollten wir uns etwas aus der Meinung anderer machen? Uns fragte ja auch niemand nach unserem Standpunkt, weshalb ich direkt zum Nächsten kam: „Danke, weiß ich zu schätzen, aber ich glaube, es wäre nicht mal ein Geheimnis. Ich kann mir gut vorstellen, dass meine Eltern diese Idee eher als Witz aufnehmen würden oder ich sie damit nur ärgern will, aber in Frage käme es für sie bestimmt nicht.“ Da war ich mir überraschend sicher. Die beiden würden es einfach abtun. Noch ein Grund, weshalb ich niemals darüber gesprochen hatte und es mich auch nicht störte, sollte sich Isaac doch einmal verplaudern. Trotzdem rechnete ich es ihm an, dass er die Offenbarung für sich behalten würde. War eben nicht selbstverständlich. „Hm“, machte ich zuerst einen überlegenden Laut und zog eine leichte Schnute. „Ich fürchte, die kämen die anderen, im Dschungel lebenden Wildkatzen zuvor, wenn ich der Gazelle ein paar Tage zur Flucht zur Verfügung stelle. Da lauern sicher hungrige Geparden oder Panther, die nur darauf warten, eine verwirrte, panische Essenslieferung vor die Nase gesetzt zu bekommen“, legte ich ihm nahe, neckte aber gleichzeitig seine Jagdfähigkeiten, forderte ihn sozusagen indirekt ein wenig heraus. Er vertrug die Stichelei, ebenso wie mein Stolz darüber hinwegkam, dass ich niemals seine erste Wahl bei den Frauen darstellte, schien er mir ohnehin eine gewisse Abneigung gegenüber Blondinen während seinen Eroberungen entwickelt zu haben – woran das wohl lag? Jedenfalls ging ich nicht weiter auf seine promiskuitive, eskalative Lebensweise ein, ich wusste immerhin, in welchem Rahmen ich mich sicher bewegen konnte ohne einen Streit vom Zaun zu brechen. Trotzdem staunte ich ein wenig, konnte auch meine geweiteten Augen nicht verbergen, mit denen ich Isaac schnell musterte, als er gedankenlos vorschlug, sich die Nacht um die Ohren zu schlagen. Obwohl ich den kurzen Schreck nicht verbergen konnte, verdaute ich die Überraschung sehr schnell und lachte stattdessen leicht, ehe ich meine Zusage gab: „Dann lass uns überprüfen, ob die hier wissen, wie man Cocktails mixt. Ich kann durchaus den einen oder anderen Drink vertragen.“ Harter Alkohol schien mir gerade richtig. „Du bist wirklich ein Idiot“, giftete ich ihn grinsend, sogar leise vor mich her lachend, an und griff in einer schnellen Bewegung über mich, bekam einen der Kopfpolster in die Finger und pfefferte diesen straight in Isaacs Gesicht, als dieser schon wieder damit anfing, mir in die Seite zu pieken. Das musste ich ihm ganz schnell wieder abgewöhnen, jedoch wartete ich seinen Gegenschlag gar nicht erst ab, sondern wuselte schon aus dem Bett hinüber zu meinem Koffer, aus dem ich ein luftiges Sommerkleid zauberte, dessen Rock womöglich etwas zu kurz für meinen gesellschaftlichen Stand war, aber immerhin existierte ein Ausschnitt so gut wie gar nicht UND ich konnte getrost auf einen BH verzichten, weshalb ich mich zum Umziehen auch schnell ins angrenzende Badezimmer verzog, um keine fünf Minuten später mit einem zarten Make-up und wogenden Locken, die im Licht fröhlich schimmerten, wieder hervorkam, um in die hohen Schuhe zu schlüpfen und die must-haves für eine junge Dame in die kleine Handtasche zu verfrachten. „Immer muss man auf dich warten“, nörgelte ich spielerisch, obwohl schlussendlich doch ich diejenige war, die verzweifelt ihre Jeansjacke suchte, nur um am Ende zu dem Entschluss zu kommen, dass das weitere Kleidungsstück nicht nötig sei und wir aufbrechen konnten. An Bars mangelte es dem Tropenparadies gewiss nicht und wir fanden schlussendlich auch ein gut besuchtes Exemplar mit ausladender Terrasse, die bis auf den Strand hinausführte und wie eine gemütliche Lounge ausgestattet worden war. Wir brauchten nicht lang, um eine geeignete Sitzgelegenheit zu finden und die erste Runde zu bestellen. „Ein Mojito bitte“, gab ich meine Bestellung auf und ließ meinen Blick wieder schweifen; es gab sogar einen DJ samt freigeräumter Tanzfläche, auf der sich ein paar Urlauber vergnügten.
Riccarda schien ohnehin selbst darauf bestehen zu wollen sich in Harrys Unternehmen mal ein wenig umzuschauen, also sollte das wohl kein Problem sein. Dem Engel würde er diesen Wunsch sehr viel unwahrscheinlicher ausschlagen als mir und ich war dann eben einfach der Anhang, den er in Kauf nehmen musste - ob er nun wollte oder nicht. Riccardas Onkel gleich morgen früh danach zu fragen schien mir auch nicht verkehrt. Je früher wir wussten, was bei dieser Angelegenheit nun Sache war, desto besser. Ich war an sich zwar eine relativ spontane Person, was hauptsächlich meinem Temperament zuzuschreiben war, aber die Sache mit der möglichen Firmenübernahme sollte eher nicht spontan veranlagt, sondern grundlegend gut geplant sein. Angefangen mit einer Führung durch das Unternehmen, also erntete die junge Frau neben mir dafür ein zustimmendes Nicken. "Ja, machen wir... wenn du mit der Frage auf mich warten willst zumindest. Wollte das Frühstück mit Jagd ersetzen, kam in letzter Zeit ein bisschen zu kurz.", sagte ich schulterzuckend. Dabei war es gar nicht mal so, dass ich keine Zeit dazu gehabt hätte jagen zu gehen. Mir war nur einfach so gar nicht wohl damit gewesen diesen scheinheiligen Typen gänzlich aus den Augen - beziehungsweise Ohren - zu lassen, wenn Riccarda auch im Schloss war. Natürlich konnte ich meine Sinne nicht immer nah genug an ihm dranhalten, ohne ihm permanent auf den Fersen zu sein, aber ich wollte ihn einfach nicht öfter und länger aus den Augen lassen, als unbedingt notwendig war. Was meinen Ruf anbelangte würden wir uns kaum streiten, da waren wir uns einig und deswegen ließ ich das mit einem breiten Grinsen so stehen. Vielleicht war ich was das anging kein besonders gutes Vorbild, aber ich machte einfach wahnsinnig gern Schlagzeilen. War witzig anzusehen, wie die Menschen in der Stadt nichts besseres zu tun zu haben schienen, als sich die Mäuler zu zerreißen. Solange mir ihre Blicke sicher waren, wenn ich mich durch die Straßen bewegte, war mir das nur recht. Ich genoss die Aufmerksamkeit in jedem Sinn, ganz im Gegensatz zu meinen eigenen Eltern oder Riccardas'. Letztere würden den Wunsch zu Flucht seitens ihrer Tochter scheinbar kaum ernst nehmen, was mich eher nicht wunderte. War ja leider nichts neues, dass ihre Eltern sie gern mal weniger ernst nahmen, als sie das eigentlich sollten. An die Ignoranz meines Vaters kamen sie vielleicht nicht heran, aber auch sie waren scheinbar wirklich gut darin die Wünsche ihrer Tochter entweder zu ignorieren oder als Nichtigkeit zu deklarieren, nur um sich nicht darum scheren zu müssen. Irgendwie schien das eine weit verbreitete Krankheit unter führenden Köpfen großer Familien zu sein, aber mir von Gedanken darüber die gerade relativ gute Laune nehmen zu lassen stand nicht auf der Agenda. Deshalb widmete ich mich lieber dem noch folgenden Kommentar des Engels, den ich mit leicht zusammen gekniffenen Augen quittierte. "Dann folg' ich der Spur eben weiter bis zur Katze... so groß wie der Grizzly wird die kaum sein.", wies ich sie darauf hin, dass mir ein Kätzchen wohl kaum ebenbürtig sein würde. Die waren ja nicht mal so groß wie ich. Vielleicht ein bisschen flinker, eben wegen dem Größenunterschied, aber wenn ich die einmal erwischte waren die hinüber. Andererseits würde ich vielleicht sogar Gefallen daran finden, hin und wieder einer größenwahnsinnigen Katze ihr Revier streitig zu machen, wenn ich hier erst einmal fest residierte - sofern es dazu irgendwann kam, versteht sich. In den Wäldern, die an unsere Heimatstadt grenzten, gab es kaum mehr raubtierartige Konkurrenz, also immer her damit. Dem blonden Engel stand die Überraschung deutlich ins Gesicht geschrieben was die Sache mit dem Feiern anging und trotzdem fand ich schon bald ihren Zuspruch, was mich nur umso breiter grinsen ließ. Als mein Gesicht das Kissen in Empfang nahm fing ich unweigerlich zu lachen an und ließ mich für einen Moment lang nach hinten auf die Matratze kippen. Bis ich mich schließlich aufsetzte war der Engel schon ins Bad verschwunden und es zierte noch immer ein ziemlich breites Grinsen meine Lippen, als ich mich selbst um den Wechsel in ein passenderes Outfit kümmerte. Die beigen Chino-Shorts ließen sich leicht mit einem simplen schwarzen Hemd kombinieren. Für gewöhnlich setzte ich beim Ausgehen eher auf lange Hosen, aber am Strand schien mir das ziemlich fehl am Platz. Zumal es hier in der Nacht auch sicherlich nicht so kalt wurde wie bei Outdoor-Events in der Heimat, also war das sicher in Ordnung so. Ich stand gerade noch irgendwo mitten im Zimmer herum und knöpfte das Hemd bis auf die letzten drei Knöpfe zu, als Riccarda mir ihren Kommentar an den Kopf warf, der mich lediglich grinsend die Augen verdrehen ließ. Schließlich hatte ich die Schuhe danach dann trotzdem an und die Ärmel schon ordentlich bis zu den Ellenbogen gekrempelt, bevor sie die ohnehin überflüssige Jacke hatte finden können. Ich musterte die Umgebung gewohnt aufmerksam, als wir uns für eine Bar entschlossen hatten und sie betraten. Es waren einige Leute da und ich ließ mich nur allzu gern unweit von Riccarda auf das gemütliche Sitzpolster fallen. Meine Laune schraubte sich also gleich noch ein ganzes Stück nach oben, während ich der Bedienung einen Bourbon auftrug. Ich ging einfach mal davon aus, dass das auf Eis auch hier in den Tropen eine Selbstverständlichkeit war und sollte was das anging nicht enttäuscht werden, als unsere Getränke wenig später serviert wurden. Ich hielt mir den Whiskey kurz unter die Nase und atmete den Geruch etwas tiefer ein, bevor ich das Glas in Riccardas Richtung hielt, um ihr zuzuprosten. "Dann auf einen schönen Urlaub... ich hoffe, du hast das Tanzen nicht verlernt.", stichelte ich breit grinsend ein bisschen, bevor mein Glas an dem des Engels klirrte und ich in den Whiskey hineingrinsend den ersten Schluck nahm.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
„Das schaff ich schon alleine, keine Sorge“, versicherte ich ihm amüsiert. Ja, ich fühlte mich bereits groß genug, um mit dieser in meinen Augen durch und durch berechtigten Aufforderung an meinen Onkel heranzutreten. So, wie ich Harry einschätzte, würde er sich ohnehin freuen, unsere Gesellschaft zu bekommen und uns etwas von seinem eigenständig erbauten Stolz vorzuführen. Es konnte ihm schließlich nur zusagen, wenn wir uns für seine Firma tatsächlich interessierten, obwohl er das hoffentlich nicht als indirekte Zusage verstand. Da müsste ich wohl noch klare Grenzen ziehen oder zumindest verdeutlichen, dass diese überhaupt existierten. „Er wird sich, denke ich, ohnehin darüber freuen, dass wir uns von selbst bei ihm melden, um mehr zu erfahren.“ Dieses Detail zu erwähnen konnte sicherlich nicht schaden, außerdem wollte ich Isaac seine Ruhe bei der Jagd lassen. Zwar ging ich nicht davon aus, dass er sich wegen mir und dem gemeinsamen Anliegen an meinen Onkel stressen ließ, aber er brauchte es nicht im Hinterkopf zu behalten – sofern das überhaupt passierte. Ich kannte mich mit dem Jagdrausch eines Werwolfes nur sehr bedingt aus und da ich eine natürlich verwurzelte Abneigung gegen blutige Angelegenheiten in mir verankert trug, durfte er mir sämtliche Details gerne ersparen. Wäre ja zu schön, meinen Ehemann blutverschmiert am Frühstückstisch auftauchen zu sehen; da käme mir mein Lachtoast sicher sehr schnell wieder retour. Die Vorstellung allein ekelte mich ausreichend, um die Bilder ganz schnell aus meinem Kopf zu verbannen, weit von mir wegzuschieben. „Geh ruhig jagen und wir treffen uns dann einfach am Vormittag oder wann immer Harry eben aufbrechen will und du auch wieder zurück bist“, schlug ich simpel vor und nachdem kein Widerspruch kam, nahm ich es mal als entschieden hin. Manchmal konnte es tatsächlich so einfach zwischen uns zugehen. Herrlich. Ich hatte beinahe vergessen, wie es war, nicht permanent seinen Standpunkt verteidigen und rechtfertigen zu müssen; hatte beinahe etwas Entspannendes an sich. So ganz ließen sich die lästigen Anhängsel der Jagd nicht aus dem Bewusstsein streichen, denn wir kamen irgendwie nicht vom Thema ab, wobei ich mir nun einen witternden Wolf vorstellte, der dem flinken Kätzchen nachjagte, als würde er seinen eigenen Schwanz fangen wollen. Unweigerlich zupften meine Mundwinkel ein wenig nach oben. „Mein Retter in Not“, brummelte ich sarkastisch vor mir her, als Isaac auf den Grizzly zu sprechen kam, der damals während unserer Flitterwochen im Exil aus dem Unterholz gewatschelt kam und mir einen mörderischen Schreck eingejagt hatte. Das Tier hatte zwar kaum eine Chance gegen Isaac, doch ich meinte zu wissen, dass der Kampf selbst den Werwolf ein bisschen außer Puste gebracht hatte. Immerhin war der Waldbewohner ein riesiges Exemplar seiner Art gewesen. Trotz Sarkasmus: damals hatte mir der Draufgänger tatsächlich den Arsch gerettet und gedankt hatte ich es ihm wahrscheinlich nie. Sehr sicher sogar. Naja, kam mir jetzt im Nachhinein auch blöd vor, also beließ ich es dabei. Mittlerweile brachte ich den Dunkelhaarigen sogar zum Lachen! Das mir sowas noch unterkommen würde. Mir gefiel sein Lachen sogar… es machte ihn auch auf charakterlicher Ebene attraktiver, wobei ich mich augenblicklich für diesen Gedanken schellte. Närrin. Immerhin konnte er mein selbstverurteilendes Kopfschütteln hinter der verschlossenen Tür nicht sehen. Ein schwacher Trost, aber ich wusste, dass ich diesen Gedanken überhaupt gedacht hatte. Verdammt. Vielleicht gefiel mir dieser selbstgefällige Blödmann ja doch mehr, als ich zuzugeben bereit war. Selbst meinem Spiegelbild wollte ich es nicht anvertrauen, während ich einen Moment lang in das reflektierende Glas blickte. Ich hatte mich wieder gefangen. Alles gut. Ready und sowas von motiviert für einen Abend, an dem man Kummer und Bedenken einfach in Alkohol ertränkte. Genau das brauchte ich und deshalb bewies ich bei unserem gemütlichen Gang durch das Partyviertel der Gegend als Erste den geringen Grad an Geduld, sodass wir bei der nächstbesten Bar abbogen, deren Lied mir in den Kram passte und die nicht wie frisch aus dem Rotlichtmilieu emporgestiegen wirkte. Das Ambiente war angenehm, die Bedienung aufmerksam und schnell unterwegs, weswegen wir sehr bald unsere bestellten Drinks vor die Nase gestellt bekamen. Sonne, Strand und Meer… und Isaac trank Bourbon. Persönlich konnte ich dem Zeugs nichts abgewinnen, assoziierte es eher mit alten, Zigarre rauchenden Säcken, die sich in einem Herrensaloon vor ihren Frauen versteckten und so taten, als hätten sie über Gott und die Welt Besprechungen zu führen. Doch ich verkniff mir den Kommentar, sondern spechtelte glücklich auf die klare Flüssigkeit in dem hohen Glas, nachdem ich auch sogleich griff, als Isaac mir seines zum Anstoßen hinhielt. „Auf einen entspannenden Urlaub“, stimmte ich ihm breit, regelrecht losgelöst lächelnd zu und tippte mit meinem Glasrand sanft gegen seinen, ehe ich mit dem langen Strohhalm umrührte, sodass sich der braune Zucker am Boden des Glases auflöste und mit dem Alkohol vermengte. Probehalber nippte ich an dem Cocktail und meine erste Feststellung: stark. Genau richtig. Es folgte direkt ein zweiter Schluck, bevor ich auf Isaacs Annahme einging: „Falls das eine Aufforderung gewesen sein soll, bin ich mir sicher, dass du das besser drauf hast.“ Es war meiner guten Laune zu verschulden, dass diese freche Seite in den Vordergrund rückte oder bot Isaac mir schlichtweg nicht zu ignorierende Vorlagen. Außenstehende dachten vielleicht sogar, es wäre verspieltes Flirten... naja... wenn die wüssten.
Ich schien von dem Gespräch mit Harry mehr oder minder verschont zu bleiben und hatte dagegen wirklich nichts einzuwenden. Schließlich verpasste ich dabei nicht wirklich etwas und dass Riccarda das auch allein hinbekam stand wohl außer Frage. War ja ihr Onkel und nicht meiner, um den es hier ging. Also konnte ich mich ganz getrost für eine Weile der Jagd verschreiben, während die beiden das unter sich ausmachten und mich stattdessen irgendwo später einklinken, was mir am Ende sogar lieber war. Wenn der Kerl sich auch noch über Eigeninitiative von uns bezüglich der Firma freute konnte ja im Grunde nichts schiefgehen - auch ohne meine Anwesenheit nicht. Auch mit der Grizzly-Geschichte schienen wir uns einig zu sein, denn ich konnte bei dem sarkastischen Brummeln nicht anders als triumphierend grinsend die Nase nach oben zu strecken. Die Blondine könnte mich sicher auf sehr viele meiner Macken hinweisen und ich hätte ihr nicht viel entgegenzusetzen, weil nun mal doch einige davon sehr offensichtlich waren, aber der Wolf in mir gehörte gewiss nicht dazu. Natürlich brachte der ausgerechnet mein rasendes Temperament mit ein - wobei sehr viel davon sicher auch durch meinen Vater antrainiert war -, aber an meiner Fähigkeit zu Jagen oder einem Gegner den Gar auszumachen ließ sich nichts rütteln. Ich war kein unkaputtbarer Terminator, aber es brauchte schon viel, um mich ins Straucheln oder gar ganz zu Fall zu bringen und das wusste der Engel. Hatte sie schließlich mit eigenen Augen gesehen, auch wenn sie mir danach beim Wunden lecken hatte helfen müssen, weil ich an meinen eigenen Rücken nun einmal nur begrenzt rankam. Wobei müssen das falsche Wort war - war vielleicht nur ihre Art dafür gewesen, sich um ein offizielles Danke herumzuwinden. Tat ich selbst auch gerne, würde mich also eher weniger wundern. Allerdings schien mir selbst das mit der Zeit immer leichter zu fallen, zumindest der mir angetrauten Frau gegenüber. Mir fiel gerade aber auch nicht zum ersten Mal auf, dass ich mir im Umgang mit Riccarda zunehmend leichter tat und mich an die eine oder andere Grenze ihr gegenüber ganz einfach gewöhnt hatte. Ich hatte sie zu respektieren und sogar zu schätzen gelernt - Ausrutscher trotzdem noch inbegriffen, aber die würden wohl immer bleiben. Ich setzte den Whiskey gerade wieder von den Lippen ab, als besagte junge Frau mich wissen ließ, dass ich sie wenn überhaupt, dann schon etwas eleganter oder extravaganter zum Tanzen auffordern musste. Ich lachte leise in mich hinein, als ich mich erst einmal ganz entspannt zurücklehnte und in aller Ruhe damit anfing, das Glas am oberen Rand festhaltend ein wenig zu drehen, sodass die Eiswürfel immer wieder ein wenig gegen das Glas schwammen. "Ja, da hast du recht...", bestätigte ich die Blondine erst einmal in ihren Worten, ließ den Blick dabei ein bisschen über die Menge schweifen. Tatsächlich aber weniger, um mir irgendwelche Frauen anzusehen und das obwohl es doch einige gab, die recht wenig an hatten. Da war es hier mal nur ein Bikinioberteil, das den Oberkörper bedeckte oder da mal extrem lang wirkende Beine, weil die Hotpants extrakurz geschnitten waren. Lag wohl einfach daran, dass wir hier in einer Strandbar waren. Es wunderte mich selbst einen Moment lang, dass ich gerade tatsächlich mehr Gefallen an dem lockeren Gespräch mit Riccarda, als an den leicht bekleideten, anderen Frauen fand. Deshalb wanderte mein Blick auch ganz von allein wieder zu dem Engel. "...deswegen kannst du dir auch sehr sicher damit sein, dass du es merken würdest, wenn ich dich wirklich zum Tanzen auffordern würde.", vollendete ich meinen vorherigen Satz und ließ mit einem breiten Grinsen die linke Augenbraue neckisch nach oben zucken. Ja, ich würde noch mit ihr tanzen, das stand meinerseits ganz außer Frage. Aber erst einmal bevorzugte ich es in Ruhe anzukommen und den einen oder anderen Schluck Whiskey entspannt meine Kehle runterfließen zu lassen, bevor mehr Bewegung in die Sache kam. Meine Augen fielen auf die zierlichen Hände des Engels und ich suchte wohl einen Moment lang gezielt nach dem Ring an ihrem Finger. Es war komisch, dass mir jener gerade zum ersten Mal wirklich etwas zu bedeuten schien. Denn ich konnte wirklich darauf verzichten, dass irgendein Kerl auf den hochgradig dummen Gedanken kam den Engel anzubaggern und ich würde dem wohl automatisch vorbeugen, indem ich mich nur wenn nötig von ihr distanzierte. Nachdem ich selbst nur allzu gut wusste, dass nicht jeder Mann vor einem Ring Halt machte, ging ich da lieber auf Nummer sicher. Mir stand nicht der Sinn danach mich heute Abend deswegen - oder wegen irgendwas anderem - zu streiten, aber ich würde zweifelsfrei mit mindestens ein paar bestimmten Worten einschreiten, wenn Jemand dem Engel zu nahe kam. Während meine Gedanken etwas abschweifte rutschten auch meine Augen immer tiefer und blieben unweigerlich an den schlanken, zu einem großen Teil nackten Beinen der jungen Frau hängen. "Aber du könntest ruhig öfter kürzere Kleider tragen... bringt deine Beine schön zur Geltung.", behielt ich den charmant-neckischen Tonfall bei und hob meinen Blick im Anschluss wieder in ihre Augen an, ohne dass das Grinsen je ein Ende gefunden hatte. Vielleicht war Riccarda nicht der Typ Frau, den ich mir normalerweise ins Bett holte, aber sie war trotzdem schön anzusehen und die langen, schlanken Beine hatten mir schon damals gut gefallen, als sie sich trunken im Gewitter mit nicht mehr als einer sehr kurzen Hose auf meinen Schoß geschwungen hatte. Durfte sie gerne wissen, war das doch gewiss kein Geheimnis, das ich hüten musste.
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Abgesehen davon, dass meine Lust aufs Tanzen gerade eher gering ausfiel, nachdem ich den kühlen Cocktail vor die Nase gestellt hatte und die Beine im metaphorischen Sinne von mir strecken durfte, ging ich nicht davon aus, dass Isaac nun voller Engagement und Tatendrang aufspringen und mich zum Tanz auffordern würde. Soweit kannte ich den sturen Esel nun schon: er ließ sich seine Tour selten vermasseln, wie ich es bereits am eigenen Leib hatte spüren dürfen und mittlerweile sah ich darin auch einen durchaus charmanten Charakterzug. Er bewies Rückgrat, was man heutzutage nur mehr selten antraf… eine wahre Rarität, die eben ihre Differenzen mit sich brachte. Damit hatte ich gelernt, mich zu arrangieren und nun genoss ich den schelmischen Glanz in Isaacs Augen; einmal mehr der physische Beweis, wie gut wir uns am Riemen gerissen und zusammengerauft hatten, um das Beste aus unserer beschissenen Situation zu machen. Waren wir überhaupt jemals einfach nur gemeinsam fort, um etwas zu trinken? Ich konnte mich beim besten Willen nicht daran erinnern, da die meisten Dates – zumindest anfangs – rein als Alibi für unsere erzwungene, der Öffentlichkeit aber anders verkaufte Ehe hergehalten hatten. Die folgenden Verabredungen waren deutlich persönlicher, verfolgten aber auch andere Hintergründe. Ebenfalls privatere, die die breite Masse ganz bestimmt nichts angingen. Ein selbstbewusstes Lächeln kletterte bis hinauf in verspielt funkelnde Augen, als mir Isaac derart direkt zustimmte, wobei weitere Ausführungen nicht lange auf sich warten ließen. Wen überraschte das schon? Mich jedenfalls nicht und so grinste ich dem jungen Mann nur entgegen, während er die überaus nachvollziehe Feststellung zwischen uns in den Raum warf. Die Kunstpause nutzt Isaac, um sich seine Umgebung genauer anzusehen und ich verwendete die unbeobachteten Momente, um ihn wiederum einer Musterung zu unterziehen. Dabei folgte mein Blick seinem, um dieselbe Aussicht genießen zu dürfen. Unweigerlich stellte ich fest, dass Unbehagen in mir aufbegehrte, als ich Zuschauer dabei wurde, wie er den Tanzenden Aufmerksamkeit schenkte. Eifersucht wäre zu viel des Guten, ebenso hatten wir bereits geklärt, dass wir jeweils nicht die erste Wahl für eine anhaltende Beziehung auf Lebzeiten gewesen wären und doch empfand ich ein minimales Ziehen in der Seite, dass ich nur auf eine Art interpretieren konnte: mich störte allen Anschein nach die Option, dass Isaac sich nach anderen Damen umsah. Lächerlich. Absolut lächerlich und dumm, dennoch schaffte ich es nicht, gegen diesen kurzlebigen Anflug von Neid anzukämpfen, der sich glücklicherweise nur in meinem Kopf abspielte, ohne Anzeichen nach außen durchsickern zu lassen. Ich blieb entspannt und empfing seinen zurückwanderten Blick mit einem zarten Lächeln. „Ich nehm‘ dich beim Wort“, entgegnete ich ihm versichernd auf seine selbstbewusste Aussage und kam um ein verstohlenes Grinsen nicht umher. Es war ein turbulenter Tag mit vielen Auf und Abs, doch jetzt wollte ich den Abend genießend verstreichen lassen und genau deshalb rutschte ich, meinen unausgesprochenen Standpunkt untermauernd, ein wenig weiter in die gemütliche Polsterung der Sitzgarnitur. Mir fiel nun sein Blick auf meinem Drink auf, den ich weiterhin mit einer Hand umschlungen hielt und interpretierte ihn als stumme Bitte: „Magst du mal probieren?“ Auffordernd oder eher anbietend hielt ich ihm das geschwungene Glas mit der klaren Flüssigkeit hin, während ich ihn abwartend ansah. Seine Augen rutschten weiter und ich kam nicht umher, ein wenig süffisant schmunzeln zu müssen, als ich seinen mit Blicken gezeichneten Weg auf der Haut kribbeln spürte. „Danke“, lachte ich dann doch etwas unsicher, wie ich das Kompliment genau aufnehmen durfte. Es war sein schlichter Tonfall, der mich stutzen ließ oder eher erst richtig zum Nachdenken brachte. Ob ich aber daheim ebenfalls kürzere Röcke oder Kleider tragen sollte, hielt ich für bedenklich, da nicht nur Isaac womöglich Gefallen an der nackten Haut finden würde, sondern auch ein gewisser Jemand, der meinem Ehemann so überhaupt nicht unter die Nase passte. Diesbezüglich schwieg ich lieber, aber vielleicht machte ich ihm ja mal die Freude, wenn wir erneut zu zweit unterwegs waren. So manch eine Shopping-Eskalation würde dann erstmal ihren Nutzen darin finden, dass ich all die Kleidungsstücke auch tatsächlich trug. „Die strenge Etikette macht es mir nicht leicht und früher musste ich mich mit einem zweiten Outfit aus dem Haus schleichen, um mich dann vor Ort bei einer Freundin umzuziehen. Das erste wurde immer von meinen Eltern abgesegnet und für das zweite hätten sie mich wahrscheinlich auf den Mond geschossen“, erzählte ich grinsend, bevor erneut ein Schluck Mojito Isaac ausreichend Spielraum für einen Kommentar bot.
Das durfte Riccarda auch gerne tun. Ich würde sie ganz bestimmt nicht damit enttäuschen, sie nach derart selbstbewussten Worten am Ende nur hier allein auf dem Polster vor sich hin vegetieren zu lassen und allein abzuzischen. Es ließ sich zwar an vielen Punkten über meinen nicht ganz einwandfreien Charakter streiten, aber leere Versprechen machte ich keine. Loyalität und Ehrlichkeit waren für mich als Wolf zwei Prinzipien, die ich selten und nur unter gewissen Umständen außer Acht ließ - allem voran zum Beispiel bei meinem Vater. Es würde eine endlos lange Liste dabei entstehen, wenn ich versuchen würde mich noch daran zu entsinnen, wie oft ich ihn schon angelogen oder anderweitig hintergangen hatte. Aber es war eben auch nicht so, als hätte er es anders verdient. Riccarda hingegen tat mir inzwischen wirklich gut, weil sie einfach... naja, da war. Es war nicht so als würde ich ihr ständig mein Herz ausschütten müssen, aber wir konnten uns mittlerweile wirklich gut auch mal ernst miteinander unterhalten, ohne dass der jeweils andere sich über einen lustig machte. Sie hörte mir zu, ich hörte ihr zu. Auch, wenn wir danach dann meistens doch lieber wieder Witze machten, um ganz schnell zu vergessen, dass wir gerade sowas wie ein ernstes Gespräch geführt hatten. War vorhin ähnlich gewesen, als ich das Kissen hatte fressen müssen. "Ich werd' dich nicht enttäuschen.", versicherte ich gewohnt selbstbewusst, weil es in Hinsicht auf Frauen nun einmal wirklich Niemanden gab, der mir Irgendwas vormachen konnte. Auch kannte ich die Blondine neben mir inzwischen wirklich gut genug um zu wissen, wo und wie ich am besten ansetzte. Ihr auf die Füße zu treten würde ich - im übertragenen Sinne, wie später auch wörtlich - in jedem Fall vermeiden wollen. Was den Cocktail anbelangte wollte ich nicht nein sagen. Ich hatte zwar seit einer halben Ewigkeit schon keinen Mojito mehr getrunken, weil mir der Sinn mit steigendem Alter - als wäre ich schon steinalt - zunehmend nach herberen, hochprozentigeren, reinen Drinks stand, weil es schlicht das Einzige war, das den Werwolf nach einer Weile ins Wanken bringen konnte, aber rein vom Geschmack her ließ sich ganz bestimmt auch die klare Flüssigkeit in Riccardas Glas genießen. "Da sag ich nicht nein.", ließ ich den Engel an meinen Gedanken teilhaben und streckte die Hand nach ihrem Glas aus, um mir wie vereinbart ein oder zwei Schlucke zu genehmigen. Dabei stellte ich fest, dass der Drink für ein Mischgetränk doch recht intensiv nach Alkohol schmeckte und deshalb sah ich im Anschluss mit hochgezogener Augenbraue auf das Glas runter, bevor ich es der jungen Frau wieder übergab. "Und du bist sicher, dass du das verträgst?", stichelte ich sie keineswegs böse gemeint, aber mit einem recht breiten Grinsen ein bisschen an, weil wir beide wohl zu gut wussten, dass sie im Gegensatz zu mir nicht gefühlt literweise Alkohol trinken musste, um ordentlich einen im Tee zu haben. Zwar war sie als Engel bestimmt trotzdem standhafter als eine normal sterbliche Frau, aber das hatte sie ja schon einmal nicht davon abgehalten, mir nahe zu kommen. Nicht, als hätte ich was dagegen - Gott bewahre, ich wäre der erste der laut JA schreien würde, wenn sie drauf und dran wäre sich wieder auf meinen Schoß zu setzen. Vielleicht wollte ich sie unterbewusst durch den blöden Kommentar auch eher dazu anregen etwas mehr zu trinken. Dass wir beide gerne aus Trotz handelten war schließlich kein Geheimnis. Riccarda schien im ersten Moment nicht so recht zu wissen, wie sie mit dem Kompliment umgehen sollte. War vielleicht auch kein Wunder, wo sie doch nur selten welche von mir zu hören bekam. Auf den von mir angepeilten Dates öfter mal, das schon, aber sonst eigentlich fast gar nicht. Womöglich sollte ich mal damit anfangen - wirklich schaden konnte es ja nicht, solange ich es nicht damit übertrieb, sondern es mehr nur hier und da beiläufig einfädelte. Wenn es passte und sonst nicht. "Das wundert mich nicht.", kommentierte ich ihre kleine Geschichte mit ironischem Tonfall, kannte ich ihre Eltern doch lange schon gut genug, um zu wissen wie spießig sie waren. Andererseits wäre ich bei einer Tochter vielleicht auch etwas vorsichtiger, als bei einem Sohn. Einfach weil ich aus erster Hand wusste was für selbstgefällige Idioten Männer sein konnten. Bei mir hatte es scheinbar eine Zwangsehe für die entsprechende Verhaltenstherapie gebraucht. "Aber zumindest solange wir hier auf der Insel sind, könntest du mir den Gefallen noch ein oder zwei Mal tun.", wies ich Riccarda liebend gern noch einmal mit schelmischen Worten darauf hin, dass sie hier fernab der Heimat keine mahnenden Worte zu befürchten hatte, bevor ich noch etwas von dem Bourbon trank. Ein bisschen was zum gucken war nicht zu viel verlangt, oder?
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Anscheinend hatte ich seinen suchenden Blick richtig gedeutet und streckte ihm bereitwillig mein Glas entgegen, als Isaac eine positive Rückmeldung zu meinem Angebot hören ließ. Die Zeit, dass wir von unterschiedlichen Gläsern trinken mussten, weil ich ihm sonst ein zerschmettertes Exemplar ins Gesicht drücken würde, lag ebenfalls ausreichend weit zurück, um entspannt dabei zusehen zu können, wie sich seine Mimik von einer abgeklärten Version zu ehrlichem Erstaunen wandelte, während sein Blick auf die schmackhafte Flüssigkeit hinunterwanderte. Willkürlich bogen sich meine geschwungenen Lippen zu einem belustigten Grinsen, ehe ich lachend beide Augenbrauen bezüglich seines Kommentars nach oben zog. „Du bist heute aber mal wieder besonders lustig“, ließ ich ihn mit vor Sarkasmus triefender Stimme wissen und setzt eine trockenes „Ha ha“ noch hinten dran, um eventuell indirekt zu verdeutlichen, was ich von seiner hoffentlich rhetorischen Frage hielt. Nur ein klitzekleiner Teil meiner Vernunft zog es in Betracht, dass die kecke Frage seine Berechtigung hatte, nachdem ich bei dem letzten gemeinsamen Beisammensein unter Alkoholeinfluss relativ schnell sämtliche Hemmungen hinter mir zurückgelassen und vorerst als vergessen deklariert hatte – passierte mir dieses Mal bestimmt nicht, so viel stand schon mal fest. „Und glaub nicht, dass ich dich nicht durchschaut habe, Meister“, warnte ich ihn grinsend und schüttelte leicht den Kopf, was dennoch bewirkte, das einzelne gelockte Strähnen fröhlich über meine nackten Schultern hüpften. Zwischen uns herrschte nach wie vor eine gewisse Konkurrenz im Sinne von stillen Herausforderungen, die sich darauf beliefen, sich nun unbedingt – um jeden Preis – vor dem anderen beweisen zu müssen und in dem Fall würde ich definitiv den Kürzeren ziehen. Gegen einen wölfischen Metabolismus hatte ich als zarte, junge Frau kaum eine Chance und würde mich diesbezüglich auch keinerlei Illusionen hingeben. „Am Ende müsstest du mich noch zurück nach Hause tragen“, erklärte ich Isaac, ohne dabei auf meine Gedanken konkreter einzugehen. Er wusste schon, was ich gemeint hatte. „Dein Glück, dass ich meine Chance ohnehin nutzen wollte, die sündigsten und kürzesten Kleider hier im Urlaub zu präsentieren“, überzog ich die Sache ein wenig und grinste dabei frech. Egal, ob es seine Vorstellungskraft ankurbelte oder sonstige Gedanken in Schwung brachte, ich hatte nicht vor, mich hier in den Tropen zu verstecken, nur weil meine Eltern daheim im Dreieck sprangen, sobald man meine Knie unter dem Stoff hervorblitzen sehen konnte. Natürlich hatte ich mein Niveau und nur, weil ich sozusagen von der Leine gelassen wurde, lief ich nicht wie die billigste Hure durch die Gegend, aber ein wenig Freizügigkeit stärkte das Ego hier und da, worauf ich nicht verzichten wollte – nachdem mir Isaac mehr oder weniger sogar den Wunsch vermittelt hatte, etwas anzusehen nicht abzulehnen. Mittlerweile hatte ich meinen Cocktail zurückerhalten und spielte ein wenig mit dem schwarzen Strohhalm, indem ich im Glas herumrührte. Ab und zu trank ich auch einen Schluck, nicht zu schnell, denn trotz meiner Absicht, heute ein paar der flauschigen Wolken in meinen Kopf zu lassen, wollte ich keine katastrophale Sprengung in andere Dimensionen riskieren. Ein ordentlicher Schwips zum gut Einschlafen. Trotzdem schaffte ich es noch vor Isaac, meinen Drink zu leeren und das nun unbrauchbare Glas vor uns auf den niedrigen Tisch abzustellen. „Erste“, gluckste ich amüsiert als wäre es ein Spiel gewesen.
Ich würde zu behaupten wagen, dass es Riccarda aber auch gar nicht störte, dass ich mich gerade reichlich an neckischen Worten und Witzen bediente. Andernfalls würde sie vermutlich nicht mehr hier bei mir sitzen, oder sich zumindest darüber echauffieren. Schließlich nahm der zierliche Engel nur selten Mal ein Blatt vor den Mund und es war nicht zu erwarten, dass das ausgerechnet an diesem Punkt endete. Ihre Worte ließen mein Grinsen unweigerlich noch breiter werden und meine Mundwinkel kamen dabei sicher langsam an ihre Grenzen. Aber ich hatte schon lange nicht mehr so gute Laune gehabt wie jetzt in diesem Moment, sicher auch verhältnismäßig wenig im Schloss der Engel gelacht, seit Riccarda und ich nach unserem letzten Date dorthin zurückgekehrt waren. Es gab also einiges aufzuholen. "Dich tragen zu müssen ist ziemlich sicher ein Übel, dass ich für den Spaß davor gern auf mich nehme, Fliegengewicht.", teilte ich ihr süffisant grinsend mit, dass der für mich erschwerte Weg nach Hause eher nicht der Rede wert war, bevor ich noch ein oder zwei Schlucke aus dem Whiskeyglas nahm. Man konnte ja nicht einmal wirklich von erschweren reden, wo die zierliche junge Frau doch bestimmt nach wie vor so gut wie nichts wog. Solange sie dabei also nicht übermäßig viel rumzappelte oder ich ihr danach Zuhause die Haare halten musste, weil sie es allzu sehr mit dem Alkohol übertrieben hatte, sollte das mal ihre geringste Sorge dabei sein. Aber falls sie sich übergab war sie ziemlich sicher auf sich allein gestellt - der Geruch von Erbrochenem ätzte mir förmlich die Schleimhäute in der empfindlichen Nase weg und ich würde wohl zügig das Weite suchen, bevor mir selbst schlecht wurde. Ihre Antwort bezüglich der Kleiderwahl ließ mich Riccardas Blick wieder mit meinen lebhaft funkelnden Augen taxieren. "Sündig und kurz also... wenn ich das aus dem Mund eines Engels höre muss ich's schon echt weit gebracht haben.", spielte ich ironisch mit einem weiteren neckischen Kommentar darauf an, dass ihre Wortwahl schon ein bisschen witzig war. Natürlich war mir längst klar, dass es sich bei den Engeln, die ich kannte, nicht wirklich um absolut sündenfreie Flattermänner aus den Himmelspforten handelte. Selbstverständlich würde ich mich über jedes etwas zu knapp geschnittene Kleid freuen - sei es nun oben oder unten knapp, vollkommen egal -, obwohl es immer einen leicht bitteren Beigeschmack haben würde. Dass ich mich daran gewöhnt hatte keinen Sex zu haben hieß schließlich nicht, dass mir das gefallen musste und ich nicht trotzdem immer wieder daran dachte. Dass ich nun mal schon wusste, wie der Engel ohne die lästigen Klamotten am Körper aussah, machte das Kopfkino hier und da nicht gerade weniger detailliert. Der Gedanke in jene Richtung wurde ziemlich zügig dadurch unterbrochen, dass Riccarda mir ihr leeres Glas auf dem Tisch präsentierte und ich musste unweigerlich leise in mich hineinlachen. "Dafür, dass du mich durchschaut hast, war das Glas jetzt erstaunlich schnell leer.", stichelte ich noch ein kleines bisschen weiter und zuckte mit den Augenbrauen. Nicht, als würde ich sie davon abhalten wollen, zügig zu trinken. Sie würde ihr Limit schon kennen und wenn sie durch den Alkohol noch etwas lockerer wurde, nahm ich das nur allzu gerne hin. Es war wirklich nicht so, als wäre ich hier aktiv auf der Mission sie mir wieder ins Bett zu holen, aber ich nahm auch dankend jedes andere Fitzelchen an Körperkontakt, das ich bekam. Ob ich sie für einen Kuss locker genug bekam? Na mal sehen. "Aber bitte, wenn du dieses Spiel doch spielen willst...", meinte ich amüsiert mit einem leichten Schulterzucken, warf ihr noch einen knappen Blick zu und legte kurzum den Kopf in den Nacken, um das letzte bisschen Bourbon meine Kehle runterfließen zu lassen. Eigentlich konnten sie mir auch gleich einen doppelten geben, müsste ich dann doch wenigstens nicht so oft neuen nachholen. Würde ich beim nächsten Drink wohl anmerken.
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sorry, hab das Wochenende samt dieser Woche damit zugebracht, das Drama wegen der Uni auszumärzen... ein Tag vom neuen Semester und schon bin ich wieder ferienreif x'D
Einmal mehr schmunzelte ich unweigerlich in mich hinein, als Isaac selbstverständlich in großen Tönen von sich gab, dass meine Verfrachtung nach Hause sicherlich kein Problem darstellen würde – für ihn doch nicht! Ich kannte absolut keinen Mann, ob in einer festen Beziehung oder nur, um bei einer Dame zu landen, der zugeben würde, dass die weibliche Grazie sich ja beim Betrinken zurückhalten musste, um auf jeden Fall auf eigenen Beinen den Weg zurück zu ihren eigenen vier Wänden zu finden. Es schien ein Klischee darzustellen, dem sich die Herren der Schöpfung nur zu gern bedienten und da mir diese Aussage bereits mehrfach zu Ohren gekommen war – was mich nun einerseits an all den charmanten Gentlemen in meiner Umgebung denken ließ, andererseits an meine eventuelle Selbstüberschätzung am Anfang meines Lebens mit Rauschzuständen während wilder Partynächte – und ich schon langsam ein konkretes Muster erkennen durfte: je selbstbewusster oder, besser gesagt, von sich selbst überzeugter der Mann war, desto mehr betonte er, wie wenig meine Unpässlichkeit zum Problem werden würde. Isaacs ach so rührenden Kosenamen für mich ordnete ich in die Reihe der übermäßig selbstüberzeugten Exemplare ein, sagte aber nichts weiter in diese Richtung, sondern zeigte mich überzogen dankbar, indem ich eine Hand auf mein Brustbein legte und mit den geschminkten Wimpern klimperte: „Was hab ich doch für ein Glück, dich als meinen Trinkgefährten ansehen zu dürfen.“ Natürlich musste bei meiner Beobachtung miteinfließen, dass es sich bei Isaac um einen übernatürlich starken Werwolf handelte und ich daher von Prinzip aus nicht davon ausgegangen war, dass ich ihm zu schwer werden könnte – würde ohnehin jedes weibliche Ego enorm anknacksen. Männer, es sei euch gut angetan, den Schmerz im Fall des Falles zu überspielen! Amüsiert darüber, dass Isaac wohl tatsächlich auf die Anspielung bezüglich meiner Kleiderauswahl für den Urlaub hier ansprang, beobachtete ich ihn belustigt funkelnden Augen. „Offiziell hast du das auch nie von mir gehört und solltest du etwas in die Richtung andeuten, streite ich es natürlich ab“, versicherte ich ihm grinsend, ließ ihm aber ansonsten die Freude, hatte ich gegen diese gute Laune auf seiner Seite absolut nichts anzuwenden – ganz im Gegenteil: Isaac verwandelte sich sogar zu einem äußert angenehmen Gesellen, den ich gern um mich hatte. Oder wirkte der Alkohol schon so weit, dass ich mich mit jedem anmarschierten Gesprächspartner gut unterhalten könnte? Nein… so trinkfest war ich doch, um meine Sinne nach einem Cocktail noch weiterhin gut unter Kontrolle zu haben. Da durfte Isaac ruhig witzeln und seine Späßchen auf meine Kosten reißen, was ihm nur einen kurzen finsteren Blick, dicht gefolgt von einem auflockernden Grinsen einbrachte. „Der war auch gegen den Durst, ich will hier in der Hitze ja nicht dehydrieren“, verteidigte ich mein rasches Trinken geschickt und tat ganz so, als würde es demnach vollkommen legitim sein. Spiel? Automatisch blitzte mein Interesse auf, obwohl es wohl eher einer kleinen Herausforderung zwischen uns gleichkam, die bestimmt in keiner eskalativen Konkurrenz enden würde. Dessen war ich mir doch sehr sicher. Daher sah ich ihm recht entspannt dabei zu, wie der letzte Tropfen des edlen Getränks in seiner Kehle verschwand und wir uns nach der Bedienung umsahen. Isaac verlangte es nach einem Doppelten und ich bestellte den zweiten Mojito – wieder dauerte es keine zehn Minuten, bis wir die Drinks vor die Nase serviert bekamen. „Danke“, lächelte ich den Kellner an, der dieses Mal an unserem Tisch gelandet war und widmete mich dann wieder Isaac. „Ich spiele nicht, ich genieße“, wies ich meinen Gefährten lachend hin, ehe ich mein Cocktailglas erneut gegen seines sanft stieß. Inwiefern er diesen Kommentar nun wieder auslegte, konnte ich nur schwer einschätzen, hatte er dank der zu einem frech verzogenen Grinsen Lippen wohl eine weite Möglichkeit an Interpretationsoptionen.
ach alles gut, war die letzte Woche über sowieso nicht Zuhause und hatte nur sehr bedingt Zeit zum Tippen. :'D Hat jetzt leider bisschen gedauert bis ich wieder reingekommen bin hier. x'D
Es ließ sich wohl eindeutig darüber streiten, ob Riccarda sich nun wirklich glücklich darüber schätzen sollte beim Trinken ausgerechnet mich an ihrer Seite zu haben. Es gab sicher nach wie vor Frauen, die sie darum beneideten und noch immer hofften, dass die Ehe zwischen uns beiden nur ein schlechter Scherz war, der mit der öffentlichen Presse irgendwann sein Ende fand. Auch zum Feiern an sich gab es sicher so einige bessere Optionen als mich, weil ich es schlichtweg gerne übertrieb. Bisher zumindest. Womöglich war ich aus diesem Alter - oder eher jener Phase - inzwischen aber raus. Vor allem wenn der Engel selbst an meiner Seite war hatte ich nicht wirklich gute Gründe dafür noch einmal so immens über die Stränge zu schlagen, wie das früher oft der Fall gewesen war. Ein paar Gläser voll gutem Alkohol und ein bisschen Tanzen würden mir für den heutigen Abend wohl vollkommen reichen. Vielleicht auch nochmal kurz mit den Füßen ins Wasser, wenn mir spontan der Sinn danach stand. Ich hatte gar keine Lust dazu mich restlos zu betrinken, nur um mir die sonst so empfindlichen Sinne zu betäuben. Ein Schwips war gut, mehr eher nicht. Riccarda war mir wichtig, aber zu einhundert Prozent traute ich mir selbst dann vielleicht doch nicht über den Weg was andere weibliche Schönheiten betraf - zumindest eben nicht mit zu viel Nervengift intus. "Mehr oder weniger.", meinte ich minimal zwiegespalten, wobei das Grinsen auf meinen Lippen aber weiterhin wacker die Stellung hielt. "Aber es könnte dich zweifelsfrei Niemand sonst hier so mühelos und elegant nach Hause bringen wie ich.", musste ich ja doch noch ein bisschen mehr meines Senfs dazugeben, wackelte abwechselnd ein bisschen mit der rechten und linken Schulter auf und ab, ganz den wissenden Ausdruck im Gesicht. Was die sündigen Klamotten in ihrem Koffer anging äußerte sich die junge Frau noch einmal relativ vorhersehbar und ihre Worte entlockten mir ein weiteres, leises Auflachen. "Ja, natürlich wirst du das...", konnte ich kopfschüttelnd nur zustimmen, weil ich wohl nicht wirklich mit etwas anderem in dieser Hinsicht gerechnet hatte. Was das anging waren die junge Frau und ich einfach sehr verschieden. Während ich es schon mein Leben lang darauf anlegte meinen Eltern ein Schnippchen zu schlagen und zumindest meinen Vater dabei gezielt auf die Palme zu bringen, ging sie Konfrontationen wohl recht häufig lieber aus dem Weg. "...was ein bisschen schade ist. Ich würde gern mal sehen, wie deine Eltern reagieren. Die Gesichtsausdrücke wären sicher herrlich.", merkte ich noch ein paar Worte an und hatte unweigerlich vor Augen, wie die Mutter des Engels beinahe in Ohnmacht fiel, während der Kopf ihres Vaters rot anlief. Ein Bild für die Götter, wenn man mich fragte, aber dazu würde es wohl leider nicht kommen. Dass Riccarda den Alkohol angeblich gegen den Durst trank war schon fast wieder so amüsant wie ihre vorherige Aussage. "Alkohol gegen Durst? Interessante... Theorie.", wies ich den Engel sarkastisch darauf hin, dass das nicht wirklich funktionieren konnte. Wusste sie mit Sicherheit auch selbst, denn dass Alkohol den Körper eher noch weiter austrocknete war ja kein großes Geheimnis. Aber bitte - ich hielt sie bestimmt nicht davon ab einen über den Durst zu trinken. Sie war schließlich alt genug. Neue Getränke waren recht schnell vom Kellner organisiert und ich ließ ihm erneut lediglich ein leichtes Nicken zukommen, bevor ich nach dem Glas griff. Schon kurz darauf klirrte Riccardas' an meinem und mein Blick fiel automatisch zurück in ihre braunen Augen. War auch eher ungewöhnlich. Die meisten blonden Frauen hatten blaue Augen. Aber vielleicht bildete ich mir das auch nur ein, Blondinen waren normalerweise ja eher weniger mein Beuteschema. Die meisten sahen etwas zu... brav aus. "Du tust ja so als würd's dich gar nicht reizen.", unterstellte ich meiner Ehefrau, dass das eher nur Worte zur Tarnung waren. Wir wussten schließlich beide, dass wir uns früher nur allzu gern duelliert hatten. Nach all den körperlichen Auseinandersetzungen auch weiterhin verbal. Ein bisschen hatte sich das gelegt, weil wir doch lange einfach versucht hatten hitzigen Augenblicken aus dem Weg zu gehen, aber inzwischen hielt ich kleine Herausforderungen für nicht mehr riskant. Ich nahm inzwischen vieles mit Humor, was Riccarda früher nicht hätte sagen können, ohne dass ich drohte ihr die Hand oder mehr abzubeißen. "Also auf dem Papier bin ich vielleicht ein paar Jahre älter als du... aber man, mit dem spießig sein bist du mir echt meilenweit voraus.", neckte ich sie ironisch und hob dann den Bourbon an, um die nächsten zwei, drei Schlucke zu trinken. Dabei blieb ich mit den verspielt funkelnden Augen stetig über dem Rand des Glases, um sie nicht aus den Augen zu lassen und das Grinsen legte sich selbst durchs Trinken nicht gänzlich.
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mir läuft permanent die Zeit weg.. grad waren da noch 2 Stündchen vom Tag und auf einmal heißts schon Schlafenszeit. :/
„Jetzt nimmst du den Mund aber wirklich sehr voll“, entgegnete ich ihm lachend, denn gegen seine Stärke im Vergleich zu anderen Männern war tatsächlich nichts einzuwenden, aber in Sachen Eleganz konnte man ihm sicherlich noch das eine oder andere beibringen. Obwohl ich in der Zwischenzeit herausfinden durfte, dass der Kerl tatsächlich sowas wie eine Kinderstube – wahrscheinlich dank seiner Mutter – genossen hatte und sich deshalb prinzipiell zu benehmen wusste, sah man dieses elitäre Verhalten verhältnismäßig selten in seinem gerne mal provokanten Verhalten. Jeder verdiente eine zweite Chance, aber gewisse Vorurteile mussten dennoch im Laufe der gemeinsamen Monate erst wieder aus dem Weg geräumt werden. Charme und Charisma besaß Isaac zur Genüge, anderenfalls würden ihm die Frauen zuhause nicht reihenweise nachseufzen und in wütender Trauer versinken, weil der heißbegehrte Junggeselle vom Markt genommen wurde, aber Eleganz. Vielleicht handelte es sich auch um eine Eigenschaft, die ich ganz prinzipiell nicht mit einem Mann wie Isaac verbinden konnte. Isaac war ein Mann der Taten, nicht der diplomatischen Worte oder manipulativen Intrigen. Er packte an und machte sich auch die Hände schmutzig, sofern die Situation es verlangte. Was signalisierte da Eleganz? Wobei ich meinerseits ebenfalls behauptete, unberechenbar zu sein und dennoch schaffte es sogar Isaac meine zu erwartende Erwiderung zu erahnen. Anscheinend musste ich mir mein Pokerface besser antrainieren oder es bewies einmal mehr, dass sich der junge Mann und ich auf einer vollkommen anderen Beziehungsebene zueinander befanden. Wobei es kein enormes Kalkül brauchte, um zu wissen, dass ich für meine Eltern nach wie vor das mundtote Aushängeschild für repräsentative Zwecke spielte. Meine Gegenwehr hielt sich stets bedeckt oder wurde kaum als solche wahrgenommen. „Natürlich würde dich das interessieren, aber mit meinem Glück fällt Mom aus ihren Kaschmir-Schlapfen und Dad bekommt einen Tobsuchtsanfall, bei dem sogar dir die Ohren wackeln“, prophezeite ich wohlwissend. Mein Vater symbolisierte die gefasste Ruhe schlechthin, ein Fels in der Brandung, doch entzog sich eine minimale Kleinigkeit seiner Kontrolle und ließ sich nicht mit Strenge wieder in Reih und Glied integrieren, so konnte ihm durchaus der Kragen platzen. Ich hatte einen dieser hysterischen Wutanfälle erst ein einziges Mal miterlebt und das auch nur, weil mein Bruderherz angeblich eine Kellnerin geschwängert haben soll; stellte sich als schlechter Scherz seitens der geldgeilen Frau heraus, aber dennoch… ich hörte das Klatschen der Hand beim Aufprall im Gesicht meines Bruders noch immer zu deutlich. Trotz der prägenden Erinnerung schimmerte ein belustigtes Lächeln auf meinen Zügen, da ich mittlerweile alt genug war, um keine Angst vor diesen Ausschreitungen mehr zu haben. Ganz so großes Amüsement würde ich bei einem realen Vorfall dennoch nicht empfinden. „Du könntest von mir so einige interessante Dinge lernen“, schoss ich aberwitzig zurück, als er ganz offenkundigen Sarkasmus gegenüber meiner ironischen Erklärung anwandte. Als wüsste ich nicht, wie die Sache mit dem Alkohol physiologisch ablief, aber manchmal verdarb einem die Hintergrundgeschichte dann doch den Spaß, weshalb ich die aufflackernden Theorieeinheiten ganz schnell wieder von mir schob und nippte nach dem Anstoßen bereits wieder an dem Getränk, hatte aber vergessen, davor sorgfältig umzurühren, weshalb der Zucker nach wie vor am Boden des Glases klebte und ich im Grunde puren Alkohol hinunterschluckte, was dann doch ein bisschen zu bitter für meinen Geschmack war; unweigerlich zuckte ein Augenlid schnell zusammen. Umrühren! Fieberhaft wackelte ich mit dem schwarzen Strohhalm in dem Cocktail herum, ehe sich die Rohrzuckerschicht aufgelöst hatte und ich erneut probierte, sichtlich zufriedener. „Ich weiß nicht, wovon du sprichst“, wimmelte ich Isaacs Unterstellung zwischen zwei nachdenklich getätigten Schlucken ab und verzog meine Lippen dabei zu einem schiefen Grinsen, ehe ich mich doch lachend nach hinten in die Lehne fallen ließ. Das Cocktailglas sicher in einer Hand balancierend, während ich fröhlich vor mich her gluckste. „Kann halt nicht jeder so eine coole Socke wie du sein“, machte ich ihm ein eher indirektes Kompliment, das wohl nur schwer als solches erkannt werden dürfte. „Am Ende hättest du noch Angst, wenn ich mit zerrissener Jeans, Lederjacke und dem neuesten Jugendslang von der Straße aufkreuze“, zeigte ich mich überzeugt, während das Bild vor meinem geistigen Auge aufblitzte und ich willkürlich den Mund ein wenig verzog. Isaac hatte recht. Meinem Verhalten oder der Wortwahl nach könnte man mich für eine Großmutter gefangen im Körper eines jungen Menschen halten. „Hm… eigentlich hab ich keine Ahnung, wie die coolen Kids von heute aussehen oder was die so machen“, erkannte ich nach kurzer Überlegung und realisierte, dass ich meiner Altersgruppe womöglich etwas voraus war.
Vielleicht ein bisschen. Es sollte für den blonden Engel aber eigentlich gar nichts Neues sein, dass ich sehr gerne bei fast jeder Möglichkeit dazu tendierte zu übertreiben oder zu prahlen. Schließlich war das wohl eine meiner am stärksten ausgeprägten Eigenschaften und ich war mir sehr sicher damit, dass ich das im Verlauf meines noch etwas längeren, restlichen Lebens nur noch wenig bis eher gar nicht ablegen würde. »Ist eben eine meiner besten Eigenschaften.«, wies ich Riccarda eher sarkastisch darauf hin, dass sie mit Sprüchen in dieser Richtung auch weiterhin leben müssen würde. War vielleicht an sich gar keine so gute Eigenschaft - deswegen ja auch der sarkastische Unterton -, wenn man sich alles und jedem erhaben fühlte, aber ich hatte zumindest den Menschen gegenüber mit all ihrer Unwissenheit und Schwäche jedes Recht dazu. Meine Frau schilderte mir dann im Anschluss wie es vermutlich ablaufen würde, wenn sie bei ihren Eltern mit purer Wahrheit aufschlug und ihre zeitweise Freizügigkeit preisgab, was mich nur wieder breiter grinsen ließ. Ihre Worte führten unweigerlich zu einer bildlichen Vorstellung davon vor meinem inneren Auge und im Grunde machte sie mir das Ganze damit nur noch ein bisschen schmackhafter. Meine Ohren würden zwar unter Umständen ein wenig in Mitleidenschaft gezogen werden, aber das war bei meinem sehr sensiblen Gehör auch gar nicht wirklich schwer. Ob er lauter schrie als mein eigener Vater? Vermutlich nicht. Selbst wenn doch würde mir das nur unwahrscheinlich Angst einjagen, sondern eher nur einen Tinnitus oder ähnlich unangenehme Leiden im Gehörgang mit sich ziehen. »Klingt für mich immer noch ziemlich... witzig.« Ich zuckte mit den Schultern und hob das Glas erneut an, um einen Schluck von dem Bourbon zu nehmen. Ich war eben einfach ein streitlustiger Mensch, nur in Hinsicht auf die zierliche Blondine hier eher nicht mehr. Ich hatte mich daran gewöhnt gut mir ihr reden zu können und dass sie mir mehr oder weniger Rückendeckung gab, das wollte ich nur ungern aufs Spiel setzen - was natürlich nicht hieß, dass ich ihr nicht nach wie vor meine Meinung sagen würde, wenn mir etwas nicht passte. Wir wussten jetzt eben nur besser mit den Worten des jeweils anderen umzugehen und drehten uns nicht mehr täglich gegenseitig gedanklich den Hals um. Womöglich konnte Riccarda mir aber tatsächlich noch ein paar Dinge beibringen. Zumindest unabhängig davon, dass man Alkohol vielleicht besser nicht trank, um den eigenen Durst zu löschen. Sie war mir zwar vor allem mit ihrer Erziehung meilenweit voraus, aber selbst da hatte sie bei mir ja schon ein wenig Schadensbegrenzung betreiben können. Ich würde sicher noch eine ganze Weile lang weit davon entfernt bleiben mich wirklich vorbildlich zu verhalten, aber vielleicht wurde das bei mir irgendwann im Alter mal besser. Wenn ich nicht mehr so viel überschüssige Energie hatte und allgemein ruhiger wurde oder so. »Wie man einen Cocktail mit extra Zucker trinkt gehört wohl nicht dazu.«, amüsierte ich mich darüber, dass die junge Frau neben mir offenbar vergessen hatte erst einmal ordentlich umzurühren, weil ihre Reaktion darauf kaum zu übersehen war. Allerdings waren süße Cocktails ohnehin nur sehr selten nach meinem Geschmack, also war das so oder so ziemlich unerheblich. Die Betitelung als coole Socke hingegen ließ mich leise in mich hinein lachen, war sie doch irgendwo ein bisschen ironisch. Mit dem cool bleiben hatte ich es schließlich eher nicht so, auch wenn sie das damit kaum gemeint haben dürfte. Was die zerrissenen Jeans aber anbelangte... »Glaub ich nicht. Ich würd dir wahrscheinlich sogar ganz gern beim Zerreißen helfen.«, schwelgte ich vor mich hin grinsend ein wenig in Vergangenheit. Ich erinnerte mich noch bestens daran, wie ich das Kleid des Engels zerrissen und damit für hiesiges Aufsehen auf der Gala gesorgt hatte. Die Ohrfeige, die sie mir daraufhin verpasst hatte, war aber wohl fast genauso laut durch den Raum geschallt wie die entsetzten Ausrufe der anderen Gäste an diesem Abend. »Aber ohne schrägen Jugendslang gefällst du mir definitiv besser, also lassen wir das lieber.«, warf ich mit einem leichten Kopfschütteln eine weitere Feststellung in den Raum, die durchaus der Wahrheit entsprach. Nur, weil mein Beuteschema normalerweise vielleicht eher nicht Riccarda wäre, hieß das nicht, dass sie nicht vollkommen in Ordnung war, wie sie eben war. Es würde wirklich nicht gut zu ihr passen, wenn sie plötzlich mit irgendwelchen von der Jugend neu erfundenen Worten um sich werfen würde. Es vergingen noch ein paar Minuten, in denen ich das Whiskeyglas recht zielstrebig leermachte. Nicht gehetzt, aber doch mit dem Ziel den Alkohol stetig weiter in meinen Magen zu befördern. Als das Glas schließlich leer war stand ich dann auch zeitnah auf und stellte es gleichzeitig in der fließenden Bewegung auf dem Tisch ab. Von der Sitzerei hatte ich inzwischen genug und es war einfach an der Zeit ein bisschen mehr Bewegung ins Spiel zu bringen. Ich ließ die Schultern kurzzeitig leicht nach hinten kreisen, um sie ein wenig aufzulockern und streckte Riccarda danach meine Hand entgegen - natürlich nicht ohne charmant bis neckisch vor mich hin zu grinsen. »Na komm, jetzt aber ab auf die Tanzfläche. Das letzte Mal ist schon zu lang her.«, forderte ich sie dazu auf sich ebenfalls von dem Sitzpolster zu erheben. Seit wir das letzte Mal auf einem der Dates miteinander getanzt hatten war eine ganze Weile vergangen und es hatte sich seitdem einiges zwischen uns verändert. Mal sehen, inwiefern sich das jetzt auswirken würde.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
ich bin grade leider etwas unkreativ, aber bevor du gar nichts bekommst... hoffentlich ists okay >-<
„Natürlich“, stimmte ich ihm ironisch zu und grinste süffisant. In der Hinsicht konnte ich Isaac beim besten Willen nicht ernst nehmen, denn ein gesundes Selbstbewusstsein wirkten durchaus attraktiv an einem Mann, aber das Ego des Wolfes war ein bisschen zu ausgeprägt, um noch von `normal` sprechen zu können. Nach dem Hochmut kam ja bekanntlich der Fall, wobei ich den jungen Mann gewiss nicht um seinen Absturz beneidete und so vergönnte ich ihm diese enorme Selbstüberzeugung ohne weitere Kommentare. Am Ende wusste er es ohnehin am besten, anderenfalls hätte er nicht einen derart sarkastischen Ton angeschlagen. Ich kam damit zurecht und sollte er über die Stränge schlagen, so wusste ich mir durchaus zu helfen. Prinzipiell wusste ich mir in jeder Lebenslage zu helfen, also auch im Hinblick auf erzürnte Eltern, was ich aber primär lieber vermied. Isaacs Augen funkelte im Gegensatz herausfordernd, wenn nicht sogar lüstern. Manchmal meinte ich zu wissen, dass es ihm sogar gefiel, wenn sich Leute in die Haare bekamen und irgendwo ein Streit vom Zaun brach. Was auch immer ihn dazu getrieben hatte, derartige Eigenschaften zu entwickeln, ich gab mir wirklich Mühe, diesen Unsinn wieder aus seinem Kopf zu bekommen – mit geringen Erfolgschancen. „Schau gar nicht erst so“, warnte ich ihn grinsend und tadelte ihn hoffentlich eindringlich genug mit meinem Blick. „Logisch, dass du es witzig finden würdest. Dich sperren sie dann auch nicht in einen einsamen Turm und betonieren den einzigen Eingang zu“, verglich sie ihre potentielle Endsituation mit dem Märchen von Rapunzel. Nein, der amüsierte Unterton war nicht eingebildet, aber eine ernsthafte Sorge schwang dennoch in meiner Stimme mit. Isaac sollte sich die Flausen sehr schnell wieder aus dem Kopf schlagen. Mit meinen Belehrungen nahm es ohnehin sehr schnell wieder ein Ende, vermasselte ich mir sozusagen die eigene Tour. „Ausnahmen bestätigen die Regel“, versuchte ich mich noch irgendwie mit Humor zu retten, aber der Dampfer hatte vorerst den Hafen verlassen; vielleicht konnte ich ein anderes mal altklug reden und es dann richtig anstellen. Es gab allgemein mehr als genug Situationen in meinem Leben – und es würden sicherlich noch ein Haufen der Erfahrung in Zukunft auf mich warten –, in denen ich mich nicht unbedingt mit meinem Verhalten oder gewissen Reaktionen auf die gegebenen Umstände ausgezeichnet hatte. „Darin bist du wirklich ein Profi… damals hast du mir mein Lieblingskleid zerstört“, ließ ich ihn brummelnd wissen, schob dabei auch die Unterlippe zu einem zarten Schmollen nach vorne. Nein, es war definitiv nicht mein Lieblingsoutfit gewesen, anderenfalls hätte Isaac nicht nur die Ohrfeige vor versammelter Mannschaft kassiert, was der werte Herr aber nicht wissen musste. Ebenso brauchte Isaac nicht zu erfahren, dass ich nicht einmal wusste, wie sich die Jugend heutzutage artikulierte – streng genommen hatte ich es in meinen eigenen Teenagerjahren ebenfalls nicht gewusst, da ich mich nur mit von meinen Eltern genehmigten Freundinnen treffen durfte, männliche Bekanntschaften waren ohnehin nur ungern gesehen, sofern die Eltern nicht einiges zu sagen hatten. Gute Partie nannten es meine Eltern damals, wie heute. Tja… und dann verheirateten sie mich ausgerechnet mit Isaac. Ironie des Schicksals. Genüsslich schlürfte ich ganz ladylike meinen Cocktail, nahm mir die Zeit und verlor mich in ein paar Erinnerungen an belanglose Punkte meiner Vergangenheit, als Bewegung in Isaac kam und er das leere Glas abstellte, sich selbst erhob und möglicherweise eingeschlafene Glieder wieder aufweckte. Abwartend, um seine Gedanken zu erraten, beobachtete ich ihn, als er mir die Hand hinstreckte und nun doch zum Tanz aufforderte. „Wie war das mit charmant und elegant?“, stichelte ich grinsend, legte aber meine schlanke Hand dennoch in seine Pranke, obwohl ich natürlich keine Hilfe zum Aufstehen bräuchte. Im Stehen nahm ich den letzten großen Schluck von meinem Cocktail und ließ das Glas gewissenhaft leergetrunken zurück, bevor ich Isaac zur Tanzfläche folgte, wir uns aber zuerst noch ein wenig Platz schaffen mussten. Mit fortschreitender Stunde kam auch der Andrang vor dem DJ-Pult einher.
So, hat jetzt leider ewig gedauert, aber ich bin einfach nicht mehr reingekommen und war nach dem Beginn neuer Arbeit am 1.11. etwa zwei Wochen lang komplett kaputt und nur am rumhetzen... wurde jetz dementsprechend auch nicht gut, aber es wird halt leider auch nicht besser je länger ichs versuche. ^^
Es war aber leider gar nicht so einfach, nicht so zu schauen und ihre Worte ließen mich nur noch breiter grinsen. Ich hatte mir irgendwann im Verlauf meines noch verhältnismäßig jungen Lebens wohl einfach angewöhnt immer genau das zu tun, was ich nicht tun sollte. War aber auch kein großes Geheimnis, dass ich den älteren in der Familie gerne auf der Nase herumgetanzt war. Ganz besonders natürlich meinem Erzeuger und der war sicherlich auch die Hauptursache dafür, dass sie diese Eigenschaft bei mir so ausgeprägt hatte. Wobei er allgemein für so ziemlich alles verantwortlich sein dürfte, das während meiner Erziehung gewaltig schiefgegangen war. Das war bekanntlich nicht gerade wenig. Dass Riccarda mir im Folgenden noch ausmalte, dass sie womöglich in einen Turm gesperrt werden würde, veranlasste mich zu der folgenden Aussage. »Mir scheint als müsste ich dann den noblen Prinzen in strahlender Rüstung spielen, der dich befreien kommt. Aber zu Pferd komm' ich wohl nicht, die können mich nicht wirklich gut leiden... berechtigterweise.«, meinte ich kopfschüttelnd, ohne, dass Grinsen gänzlich versiegte. Allerdings traf das nicht nur auf Pferde, sondern auf jede Art von Fluchttier zu. Tiere waren was das anging einfach wesentlich schlauer und sensibler als Menschen, weil sie mich instinktiv als Bedrohung wahrnahmen. Selbst dann, wenn ich in meiner menschlichen Gestalt umherging - was ja doch regelmäßig auch ganztägig der Fall war, weil ich nicht jeden Tag jagen ging -, schienen sie es ganz einfach zu wittern. Ich hatte schlichtweg sowas wie eine bedrohliche Aura an mir, die sich auf Beutetiere nicht gerade beruhigend auswirkte. Hunde mochten mich auch nur in Einzelfällen und Katzen konnten mich generell nicht ausstehen - letzteres beruhte aber auf Gegenseitigkeit, also war mir das ganz recht. Dann musste ich nicht fürchten, dass mir eine dieser haarigen Kratzbürsten von sich aus zu nahe kam. Die Sache mit dem Ballkleid hatte wohl auch die Erinnerungen des Engels noch nicht verlassen und ich schien mit meiner Aktion damals nicht einfach nur irgendein Kleid getroffen zu haben, sondern ihr allerliebstes. »Tja, wie du schon sagst... es ist als hätte ich einen siebten Sinn für solche Dinge.«, meinte ich ironisch, zuckte ein wenig mit den Schultern. Konnte ja unmöglich wissen, dass es durchaus noch andere Kleider gab, die Riccarda sogar noch lieber gemocht hatte. War für mich aber eigentlich damals auch kein bisschen ausschlaggebend gewesen, ob der Stofffetzen der Blondine etwas bedeutete oder nicht. Auf ihre noch folgenden Worte bezüglich der Tanzaufforderung konnte ich nur flüchtig die Augen nach oben rollen - das Grinsen erlosch aber auch dabei nicht, weil ich die Stichelei nicht mehr wirklich ernst nahm. Es eben mehr nur als sehr simple Witze betrachtete, solange es eben nicht zu weit damit ging. Dass ich ab einem gewissen Punkt keinen Spaß mehr verstand wusste der Engel aber auch und ich war mir sicher, dass sie was das anging inzwischen grundsätzlich freiwillig die Notbremse zog. Schließlich schien es offensichtlich inzwischen auf Gegenseitigkeit zu beruhen, keinen Streit mehr provozieren zu wollen, wenn es nicht unabdingbar war. Ich setzte mich in Bewegung kaum hatte die zierliche junge Frau ihr Glas bei Seite gestellt, ließ dabei auch ihre Hand gar nicht los. Zum einen, weil mir wohl einfach ein bisschen nach Nähe war und zum anderen, weil sich das Revier so für Andere gut sichtbar abstecken ließ ohne viele böse Blicke austeilen zu müssen. Während ich meine nicht ganz freiwillige Ehefrau mit mir in Richtung Tanzfläche nahm sah ich zu ihr rüber, um sie an ein paar Kleinigkeiten zu erinnern. »Du tust so, als hättest du noch nie was von meiner charmanten Seite gesehen. Du hattest mehr als genug Dates mit mir, um zu wissen, dass ich sehr wohl Charme besitze...«, halt nur nicht immer und ausschließlich dann, wenn ich Lust dazu hatte. »...ich glaube nämlich nicht, dass du mich trotz allem wieder geküsst hättest, wenn ich so gar nichts auf angenehme Weise Anziehendes an mir hätte.«, meinte ich wissend und musterte Riccardas Gesichtszüge einen Moment lang. Der Engel kannte mich inzwischen so gut wie kaum Jemand sonst und ich für meinen Teil konnte und würde ihr nicht glauben, wenn sie mir sagen würde, dass sie ja auch nur mal ein bisschen Aufmerksamkeit gebraucht hatte und die Erwiderung des von mir ausgehenden Kusses lediglich daher kam. Damals, als sie sich betrunken wegen des Gewitters auf meinen Schoß und mit mir ins Bett geflüchtet hatte - ja, da ergab das noch irgendwie etwas Sinn. Aber nicht mehr jetzt, nachdem ich ihr Schlimmes angetan und den Hauch des damals bestehenden Vertrauens in den Grundfesten erschüttert hatte, bevor es überhaupt erst wirklich hatte wachsen können. Nicht mehr jetzt, wo wir schon so unendlich Vieles zusammen durchgestanden hatten und uns dabei unweigerlich um einiges näher gekommen waren. So nah, dass sie mich wieder an sich herangelassen hatte und sich jetzt hinter mir her zwischen den sich eng aneinander drängenden Menschen auf die Tanzfläche führen ließ. Allerdings ging ich nicht per se deshalb voraus, weil ich unbedingt führen musste, sondern weil ich einfach wesentlich größer war als die Blondine an meiner Hand und eine ansatzweise freie Stelle somit leichter sehen konnte. Ihre Hand ließ ich auch dann erst wieder los, als wir an einem Platz angelangt waren, an dem wir uns zumindest ein bisschen sowas wie frei bewegen können würde, ohne von Anderen förmlich erdrückt zu werden. Konnte aber sicher noch passieren, falls der Club an der Promenade sich noch weiter füllte oder auch der Rest der Anwesenden Gäste in den gemütlichen Sitzecken plötzlich der Meinung war, ebenfalls im dafür angedachten Bereich tanzen zu müssen.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +