Allzu oft passierte es nicht, dass Isaac und ich einfach nur schweigend in einem Raum herumlungerten und uns dabei nichts zu sagen hatten. Normalerweise gab es immer irgendetwas, was gemeldet werden musste; vielleicht auch nur, um die unbehagliche Stille zu unterbrechen. Woran es auch lag, gerade genoss ich das Schweigen nur zu gerne, wollte mich nicht weiter mit nervenaufreibenden Argumentationen auseinandersetzen, bei denen ich stets darum bemüht blieb, Vernunft walten zu lassen. Demnach war die Funkstille recht entspannend für meine Nerven und dann auch noch das süße Prickeln des alkoholischen Drinks auf der Zunge, was die Szene förmlich abrundete. Ich fühlte mich geradezu wohl; ohne dies an die große Glocke zu hängen. Isaac und ich hatten uns gerade herrlich wenig zu sagen, was dann vielleicht doch zu erdrückend für meinen Mann wurde, der den großen Flachbildfernseher einschaltete und ein paar Kanäle durchzappte, ehe er beim Sport hängen blieb. Football. Ich konnte dem Spiel wenig abgewinnen, da ich die Spielregeln schlichtweg nicht kannte und selbst bei diversen Erklärungsversuchen schaltete mein Hirn auf Durchzug. Es passiert immer so lange nichts, nur um dann zehn Sekunden voller Action mit dem Schauen nicht nachzukommen. Dann hieß es wieder warten. Als Spieler mochte es spannend sein… oder zumindest als kundiger Zuschauer, aber für mich war es vollkommen uninteressant und doch lauschte ich den monotonen Stimmen der Moderatoren. Da hatten sie sicherlich auch schon mal lebvollere Männer hinter den Mikros sitzen gehabt, aber irgendwie hatte dieser eintönige Klang etwas sehr Hypnotisches an sich. Als ob der Bacardi mit dem TV gemeinsame Sache machen würde, sank mein Kopf irgendwann zur Seite, sodass sich auch ein paar der blonden Strähnen vor mein Gesicht schoben. Ich bekam es gar nicht richtig mit, umschloss mich eine derart angenehme Wärme, dass mir binnen Sekunden die Augen zuklappten und ich tatsächlich einzuschlafen drohte. So aber döste ich ruhig vor mich hin, nahm das Jubeln der Zuschauermassen und die beiden Kommentatoren nur mehr vage am Rande meines Bewusstseins mit. Es reichte aus, im Hintergrund ein paar Geräusche zu hören, um mir eine Illusion von Sicherheit zu vermitteln, die mich dem Stress des Tages nachgeben ließ.
Das Schweigen zog sich noch fast eine ganze Stunde in die Länge, was einfach daran lag, dass ich meine volle Aufmerksamkeit dem Spiel und auch dem Alkohol widmete. Riccarda meckerte zwecks des Programms nicht und auch, wenn die junge Frau keinen Einwand aufbrachte, wusste ich, dass sie sich wohl hätte Besseres vorstellen können als Football zu schauen. Noch dazu war ich derjenige, der ihr dabei Gesellschaft leistete, sie hatte also schon bessere späte Nachmittage gehabt. So döste sie recht ignorant vor sich hin, womit ich gut leben konnte. Wenigstens war sie keine Frau, die einem Mann durch ständiges Geplapper den Sport versaute. Konnte ich gar nicht leiden, es sei denn die Ablenkung hatte... erotische Bestandteile, aber dann war das auch eine andere Geschichte. Als das Spiel zu Ende und mein Glas zum zweiten Mal leer war, kippte ich noch einmal Whiskey in das gläserne Gefäß, sodass es wohl etwas mehr als halb voll war. Der einzige Grund für das nicht einhalten der nicht vorhandenen 1/3-Linie war, dass ich keine Möglichkeit haben würde, die Whiskeyflasche am Beckenrand des Whirlpools abzustellen. Zwar hatten mich der altbekannte Sport und der teure Alkohol schon ein wenig beruhigt, aber zur völligen Entspannung schien das nicht zu reichen. Da waren nach wie vor ab und an mir unliebsame Gedanken, die mich unnötig zum weiter Nachdenken anreizten und vielleicht würde brodelndes, warmes Wasser da ein wenig Abhilfe schaffen. Oder Abstand von dem Engel, der mich vorhin irgendwo in die Bredouille gebracht hatte. Ich blinzelte einmal kurz und warf ihr mit den Worten "Schau was du willst." die recht leichte Fernbedienung auf den Schoß, was sie wohl unweigerlich kurz aus dem Halbschlaf aufschrecken ließ. Das war wenigstens eine kleine Genugtuung für mich. Das Whiskeyglas in der rechten Hand haltend und mir die Haare raufend machte ich mich auf den Weg zum Badezimmer bzw. Spa-Bereich. War beides nur durch eine milchgläserne Schiebetür getrennt und so stellte ich mein Glas kurz auf dem Rand des Marmorwaschbeckens ab, damit ich mir das Shirt über den Kopf ziehen und die Hose loswerden konnte. Die Socken schob ich mir während des Gehens in Richtung Schiebetür von den Füßen, den Alkohol schon wieder sicher in der Hand haltend. Der durfte mich heute auch nicht mehr verlassen. Denn auch, wenn es lange dauerte, bis ich wirklich richtig betrunken war, verlieh er mir immer eine gewisse Ruhe. Ich war auch eigentlich weniger aggressiv, wenn ich trank - es sei denn, man war ein Engel. Früher jedenfalls, so richtig getrunken hatte ich wohl seit der Hochzeit nicht mehr und inzwischen war Vieles anders. Alkohol machte mich für gewöhnlich eher... anhänglich, also war es womöglich auch besser, wenn ich Abstand vom mir angetrauten Weib hielt. Bekanntlich brachten alkoholische Getränke einen ja auf dumme Gedanken. Und auch, wenn es womöglich in ihrer "Fast-Anwesenheit" - hier im Raum war sie ja nicht, aber eben im Apartment - unangebracht war, wanderte auch die Boxershort noch auf den Boden, kurz bevor ich mich in den halb im Raum stehenden, zur anderen Hälfte im Boden versenkten Whirlpool sinken ließ. Das könnte ich sicherlich auch auf die goldbraune Flüssigkeit in meinem Glas schieben, aber nein, das war vermutlich einfach nur ich. Schämte sich für Nichts, war dreist und überwiegend ignorant. Ich tippte dann auch nur noch kurz an den Einstellungen am Rand des Pools herum, bevor ich noch einen Schluck nahm und das Glas bei Seite stellte. Meine Arme auf dem Beckenrand liegend legte ich dann den Kopf in den Nacken und atmete einmal tief ein, erst einige Sekunden später wieder aus. So eine leichte Rückenmassage hatte einfach was für sich und nachdem ich jetzt keine Frauen mehr hatte, die darum beteten, meinem ansehnlichen Körper eine angenehme Massage verpassen zu dürfen... naja, musste ich eben auf Alternativen ausweichen.
+ .Sie benehmen sich wie Hunde, die bellen und nicht beißen und für solche Kläffer hab' ich keine Zeit. +
Natürlich schreckte ich ein wenig zusammen, als auf einmal ein kaum, aber dennoch spürbares Gewicht auf meinen Oberschenkeln landete und ich reflexartig die Augen öffnete, um auf den Übeltäter zu schauen. Dass die Fernbedienung von allein angeflogen war, hieß es zu bezweifeln, weshalb ich meinen Blick zu Isaac hob und eine Augenbraue nach oben zog. „Wie gnädig“, brummelte ich vor mich her, wohlwissend, dass sein unnatürliches Hundegehör schon noch mitbekäme, was ich ihm zu sagen hatte. Es juckte mich nicht, aber dennoch nahm ich die Möglichkeit wahr und begann wahllos durch die Kanäle zu zappen, ehe ich bei einer Naturdokumentation hängen blieb, die mich zwar überhaupt nicht interessierte, aber das Rauschen des Bergwassers war doch ziemlich harmonisch und genau richtig, um wieder in einen sanften Schlaf abzudriften, den ich mir doch wirklich verdient hatte. Irgendwann war ich also echt komplett weggepennt, das konnte man nicht mal mehr dösen nennen, denn ich hatte mich wie eine Katze zusammengerollt und schlummerte so vor mich hin, während sich die Reporter den Mund fusselig sprachen. Wunderbare Aussicht, geschwungene Landschaft, Klimawandel… was wusste der Geier schon. Mich tangierte es in dem Moment nicht mehr und als ich wieder erwachte, zeigten sie auf Dauerschleife irgendwelche Blumen, deren Namen ich mir in hundert Jahren nicht merken würde. Wie lang hatte ich denn geschlafen? Ein wenig verwundert sah ich mich um, aber von Isaac war weit und breit nichts zu sehen, was aber überhaupt nichts bedeutete, denn womöglich hatte er sich einfach nur zurückgezogen. Den einsamen Wolf bekam man wohl nie mehr aus dem Kerl raus. Seufzend rappelte ich mich auf und streckte mich einmal in alle Himmelsrichtungen, was einfach unheimlich gut tat und mir ein zufriedenes Lächeln abrang. Erst das unterschwellige Grummeln in meiner Magengegend erinnerte mich daran, dass ich vielleicht mal was zwischen die Kiemen bekommen sollte und weil ich nun mal nicht so war, würde ich auch meinen Mann nach seinem Hungergefühl fragen, sodass ich mich mit schlurfenden Schritten auf den Weg machte. Die Locken drehten sich dabei ganz nach eigenem Willen in sämtlichen Winkeln über meine Schultern hinweg, als ich mir einmal durch die blonden Strähnen fuhr und mit der anderen Hand gegen das Milchglas klopfte, aber auf keine Worte wartete, sondern die überraschend leichte Tür zur Seite schob. „Isaac?“ Schlief er? Nö. Ignorierte er mich? Wahrscheinlich, denn die Augen blieben geschlossen, weshalb ich bis zu dem laufenden Whirlpool trat und die Hand ins warme Wasser tauchte, um ihm die wenigen abperlenden Tropfen anschließend ins Gesicht zu spritzen. „Hey… Isaac! Hast du auch Hunger?“, verlangte ich erneut nach seiner Aufmerksamkeit, dieses Mal sogar mit mehr Kontext. Jup, seine Entspannung war nun vorbei und ein bisschen genoss ich es, ihm eine minimale Retourkutsche für die Fernbedienung zu geben. Noch immer lehnte ich mit - nun beiden - Händen am Rand des Beckens abgestützt.
Ich genoss die Ruhe, die nur von dem Blubbern des Whirlpools begleitet wurde, entspannte mich schon nach ein paar wenigen Minuten sichtlich und versank nicht nur mit dem Körper im warmen Wasser, sondern wohl auch mit meinen Gedanken. Die Außenwelt war schnell ausgeblendet und ich ging eine ganze Weile lang einfach nur meinen Gedankengängen nach, die wirklich von A bis Z reichten. Allem voran musste sich natürlich Riccardas Ex-Freund mit reinschleichen, wurde aber unterem von dem Engel selbst und auch von ihrer Familie verdrängt, bis ich schließlich zu meiner eigenen Sippschaft abschweifte. Ich hatte die Wölfe jetzt schon einige Wochen lang nicht mehr wirklich gesehen, nur in den Wäldern und im brennenden Schloss gerochen. Zwar war ich noch nie ein Familienmensch oder besonders vom Rudel abhängig gewesen - wenn man vom Geld womöglich mal absah -, aber es wäre doch ab und zu schön mal nicht alleine Jagen zu gehen. Aber außer meinem Cousin, von dem ich inzwischen auch schon nicht mehr wusste wie er zu dem ganzen Drama stand, hatte ich ohnehin nie jemanden mitgenommen. Hatte er keine Zeit, was selten vorgekommen war, war ich eben allein in den Wald abgetaucht. Inzwischen war das wirklich eintönig und allgemein schien meine wölfische Seite permanent sehr viel kürzer treten zu müssen, ganz einfach um zu verhindern, dass das zwischen Riccarda und mir stehen würde, wo ich dann wieder ziemlich am Anfang des Gedankenmarathons stand. So driftete ich irgendwann leicht ins Dösen ab und der Kopf wurde einfach abgeschaltet. Demnach hatte ich auch nicht besonders viel Lust auf die Anwesenheit meiner Ehefrau zu reagieren, als diese nach meiner Aufmerksamkeit verlangte. Da kam noch ein kaum hörbares Seufzen meinerseits, bevor auch schon die Tür aufgeschoben wurde. Hörte ich natürlich ganz klar, aber mir war gerade eigentlich nach Reden zu Mute. Gesellschaft vielleicht schon, aber Gespräche? Nicht unbedingt. So zuckte ich dank dem im Unterbewusstsein verbauten Reflex zusammen, als mich das Wasser plötzlich im Gesicht traf. Ich wischte sie mir noch während der folgenden Worte der jungen Frau vom Gesicht, weil sie unangenehm kribbelten. Aber Essen klang wirklich nicht schlecht. Die letzte Mahlzeit war schließlich heute Morgen gewesen und inzwischen war es... keine Ahnung wie spät genau, aber es waren eindeutig genug Stunden vorüber, um wieder was essen zu können. "Das musste jetzt sein, hm?" fragte ich erst rein rhetorisch, bevor ich dem blonden Engel auf seine eigentliche Frage antwortete. "Essen klingt gut. Zimmerservice oder Saal?" schob ich eine Gegenfrage hinterher, weil wir da schlicht die Qual der Wahl hatten. Mir persönlich wars egal, ich müsste mich aber wohl auf jeden Fall wieder anziehen. War mir nicht zwingend danach, aber das Eheleben legte einen wohl wirklich in Ketten. Ha, ha.
+ .Sie benehmen sich wie Hunde, die bellen und nicht beißen und für solche Kläffer hab' ich keine Zeit. +
Er brauchte sich gar nicht taub stellen, dafür wusste ich bereits zu gut um sein ausgezeichnetes Gehör Bescheid. Selbst im Tiefschlaf zuckte er hier und da, wenn ich etwas sagte, auch wenn er womöglich nicht aufwachte, aber reagieren tat Isaac immer. Ich hielt es ihm nicht vor und verraten würde ich es ihm wahrscheinlich auch nie, da er es höchstens abstreiten würde und ich auf die Debatte keine Lust hatte. so war es einfacher. Daher zeigte ich auch jetzt nur ein amüsiertes Grinsen anstatt von Worten, als der werte Herr entschied, dass es wohl klüger war, gleich aufzugeben und sich nicht noch weiter Wasser ins Gesicht spritzen zu lassen. Aufgehört hätte ich nämlich bestimmt nicht und ich konnte mir vorstellen, dass es alles andere als angenehm war. Wie auch immer. Isaac ließ sich ja dennoch Zeit, wie ich bemerkte. „Ja, das musste sein, anderenfalls hättest du mich weiter ignoriert und das wollen wir doch nicht“, erklärte ich ihm ganz sachlich, wobei das freche Funkeln in meinen Augen alles andere als neutral zu der Aussage stand. Wie du mir, so ich dir. Ich mochte das Sprichwort eigentlich, sofern es mir zu Gute kam, dann auf jeden Fall. Egal, ob er eine Antwort auf die Frage wollte oder nicht. Wäre eigentlich ziemlich hinfällig, aber manchmal verschwendete man Sauerstoff halt gerne, ehe man sich den wirklich wichtigen Dingen widmete. „Ich hätte auch Bock, dass wir uns einfach eine riesige Pizza bestellen, aber ich richte mich nach dir, bin heute ausnahmsweise pflegeleicht“, erklärte ich mit einem zarten Lächeln auf den geschwungenen Lippen und hob die Schultern, ehe ich mir einen Spaß daraus machte, meine Hand in das blubbernde Wasser zu halten. Verlockend war es ja schon, keine Frage, aber naja… ich würde Isaac mit sehr wenig Stoff am Körper ziemlich nahe kommen. Dass dies nicht das erste Mal war seit jenem Vorfall wusste ich, aber dennoch hatte es indoor etwas anderes, als am See gemeinsam auf einem Steg zu hocken und zu picknicken. Da überlegte ich mir dieses schwache Aufbegehren schon zweimal.
Pizza. Wäre ich jemand, der nicht über einen schnellen Metabolismus verfügte, dann würde ich mir so ein fettiges, ungesundes Gericht wahrscheinlich zweimal überlegen. Immerhin musste man als ehemals beliebtester Junggeselle der Stadt darauf achten, dass auch zukünftig kein Speck am Sixpack ansetzte. Als Wolf brauchte ich mir darüber aber keine großen Gedanken zu machen, erst recht nicht, weil ich auch noch recht regelmäßig trainierte. Ich könnte vermutlich 10.000 Kalorien an einem Tag zu mir nehmen und es würde rein gar nichts passieren. Ein Grund mehr meiner wölfischen Hälfte zu danken. "Wer sagt schon Nein zu Pizza..?" kam erneut eine nur indirekte Frage über meine Lippen, wobei ich einmal leicht die Augenbrauen aufzucken ließ. Was das Hotelpersonal wohl denken würde, wenn ein Pizzalieferant in die Lobby reinspazierte? Alleine die Blicke waren vermutlich absolut herrlich anzusehen und womöglich fühlte sich das Küchenpersonal - inklusive des 5-Sterne-Kochs des Hauses - dann beleidigt, was ziemlich nach meinem Geschmack war. Also warum nicht? Sorgte für allgemeine Belustigung und das vor Fett nur so triefende Gericht würde wohl jedermanns kulinarische Gelüste hier gänzlich erfüllen. "Such dir'n Lieferanten und ne Pizza aus, dann ruf ich an... aber auf meine Hälfte muss Bacon, sonst läuft der Wolf vermutlich Amok." legte ich ihr meine Forderungen vor und erhob mich dann langsam aus dem Pool. Meine Haut war zwar alles Andere als empfindlich, aber mit schrumpligen Fingern Pizza essen war irgendwie... nicht meins. Eine kurze Pause würde also nicht schaden, ich musste schon fast zwei Stunden im Pool gesessen haben. Dass ich nach wie vor Nichts an hatte, juckte mich dabei herzlich wenig - immerhin hatte Riccarda mich schon nackt gesehen und hey, was zu verstecken hatte ich nicht, wenn man von meinen nicht vorhandenen Manieren mal absah. Wieder auf den Fließen stehend nahm ich mir dann das griffbereite weiße Handtuch und trocknete mich nur flüchtig ab, bevor ich es mir umband. Noch mehr provozieren musste ich das Engelchen vielleicht dann doch nicht.
+ .Sie benehmen sich wie Hunde, die bellen und nicht beißen und für solche Kläffer hab' ich keine Zeit. +
Als würde jemand Pizza verweigern, egal wo man sich befand. War mir doch schnuppe, ob ich hier in einem schicken Hotel übernachtete oder nicht. Wenn mein Magen nach der italienischen Köstlichkeit verlangte, dann bestellte ich sie mir auch und zwar mit einem scheinheilig-lieben Lächeln auf den Lippen und arglosen Kulleraugen. Pf. Ich ließ mich davon doch nicht abhalten, egal, wen ich dabei auf die Zehenspitzen treten würde, aber manchmal musste man eben auch als Engel dreist sein und dass ich das konnte, musste ich niemandem unter Beweis stellen. Isaac war schließlich nicht allein daran schuld, dass wir am Ende zwangsverheiratet wurden. So ungern ich es mir selbst eingestand, aber da war ich auch nicht unbeteiligt. Im Nachhinein war man bekanntlich immer schlauer. „Ich möchte die Pizzeria Tortufo und ahm… deine Hälfte kann die Pizza Speciale sein, da ist echt alles Mögliche an Fleisch drauf, natürlich inklusive Bacon und ich nehme dann einfach die vegetarische Version“, eröffnete ich ihm zufrieden, immerhin hielt ich mich weiterhin überraschend strikt an die von meinen Eltern anerzogenen Diät des Vegetarismus. Allein hätte ich mir das wahrscheinlich niemals ausgesucht, so köstlich wie Bacon duftete, aber ich war es nun mal gewohnt und daher ernährte ich mich auch nach diesen Gewohnheiten, fiel es mir schwer, diese Art von Tradition einfach so über Bord zu werfen, obwohl ich manchmal durchaus schwach wurde. Leider. Warum roch das Zeug auch so geil? Schnell tänzelte ich aus dem Badezimmer, um wenige Sekunden später mit einem Handy in der Hand zurückzukehren, dass ich Isaac hinhielt, aber der musste seinen Luxusarsch ja erst aus dem sprudelnden Wasser bewegen und ja… der Kerl hatte es wohl nicht für nötig empfunden, sich irgendetwas anzuziehen oder ein wenig Privatsphäre zu verlangen. Isaac war heiß und das, was man als attraktiv bezeichnen würde, keine Frage, aber dennoch konnte ich nur seufzend die Augen verdrehen und schmunzeln. „Du musst nur noch anrufen“, erklärte ich ihm, als ich mein Smartphone weiterhin in seine Richtung hielt, wo ich die Nummer natürlich bereits eingespeichert hatte. Als Engel besaß man einen etwas anderen Metabolismus, was mir erlaubte, mehr ungesunden, fettigen Kram in mich hineinzustopfen und höchstens an den richtigen Stellen Fettpölsterchen anzulegen. Da, wo man sie als Frau eben haben wollte. Ich konnte nicht anders, als in mich hinein zu grinsen. Eventuell der falsche Zeitpunkt, aber ein wenig Schadenfreude durfte man auch als blonder Flattermann haben.
Vegetarier... inzwischen hatte ich mich zwar daran gewöhnt, im Engelshaus der Einzige zu sein, dem es nach einer saftigen Fleischbeilage verlangte, aber verstehen tat ich es trotzdem nicht. Würde ich vermutlich auch nie, dafür lagen mir ein gutes Steak oder frisch blutiges Wildfleisch viel zu sehr am Herzen. Aber ich respektierte es, was wohl auch nötig war, um nicht noch mehr unnötige Konflikte herbeizurufen, als es ohnehin schon bei uns Eheleuten gab. Mit Kompromissen hatte ich mich eben abgefunden, auch wenn sie mir nicht immer in den Kram passten. Mir blieb andererseits natürlich auch gar nichts Anderes übrig, wenn ich weiterhin bei den Engeln campieren wollte. "Bin schon dabei." erwiderte ich während ich schon dabei war ihr das Mobiltelefon aus der Hand zu nehmen. Sie nicht wirklich lange Bestellung bedurfte nicht des Aufschreibens und so hielt sich auch das Telefonat mit der Pizzeria recht kurz. Eine italienische Begrüßung, die anschließende Frage nach dem Bestellwunsch, meine sachliche und knappe Antwort, dann noch die Adresse inklusive Zimmernummer und die Sache war schon gegessen. Kurz und bündig, sowie fachlich kompetent und vor Allem auch ohne italienischen Akzent war mir die Sache einfach am liebsten. Um letzteren war ich nicht ganz herum gekommen, auch wenn die Mühe am anderen Ende der Leitung da gewesen war. Ich reichte der jungen Frau ihr Smartphone wieder, strich mir dabei eine Haarsträhne mit der Hand wieder nach hinten, weil das Haarspray wohl seinen Geist aufgegeben hatte. "Ist in circa zwanzig Minuten da. Nur wegen Erwähnung des Namens, nehm' ich an." gab ich ihr die kurze Info, wann wir mit dem Gaumenschmaus zu rechnen hatten und ging dann noch einmal aus dem Raum zurück in den offen gestalteten Hauptbereich der Suite. Zielstrebig holte ich mir dann ein Wasser für den Zeitvertreib aus dem Kühlschrank. So auf Dauer im recht warmen Wasser, verbunden mit dem leichten Dampf war das doch ziemlich flüssigkeitsraubend für den Körper und so schadete ein bisschen Wasser zwischendurch meinem Whiskeymagen wohl gleich doppelt nicht. Die Zeit bis zur Lieferung verging recht schnell, wobei ich für meinen Teil überwiegend an der Fensterfront stand und auf den Park nebenan runtersah, während sich die Wasserflasche zügig leerte. Letztlich klopfte es an der Tür und ich schnappte mir nur noch meinen Geldbeutel, bevor ich aufmachte. Ungewöhnlicherweise war es eine ziemlich junge Frau, könnte fast noch minderjährig sein, die mir die Pizza mit etwas großen Augen entgegenhielt und einen Betrag nuschelte. Das Wolfsgehör leistete mir da gute Dienste und ich hielt ihr einen Fünfziger entgegen, woraufhin sie etwas nervös an dem Wechselgeldbeutel herumfuchtelte. "Behalt' den Rest, danke." beendete ich das Drama und zwinkerte ihr kurz zu, bevor ich die Tür wieder zumachte. Ich konnte noch ein "Gott bin ich bescheuert." auf der anderen Seite der Wand hören, was mich weiter vor mich hingrinsen ließ. "Pizza im Pool oder was?!" flötete ich dann förmlich vor mich hin, den großen Pizzakarton mit angehobener Hand präsentierend und schon in Richtung Bad schlendernd.
+ .Sie benehmen sich wie Hunde, die bellen und nicht beißen und für solche Kläffer hab' ich keine Zeit. +
Es war schon vorteilhaft, mit einem einflussreichen Nachnamen ausgestattet zu sein. Wahrscheinlich wäre es sogar ziemlich egal gewesen, wer von uns beiden anrief, die Wirkung blieb sicherlich gleich, wenn auch die Garcias anders von der Bevölkerung behandelt wurde, als meine Familie. Das fiel auf. Mit meinen Eltern unterhielten sich die Menschen viel lockerer, meist auch länger und fröhlicher, wohingegen der Vater von meinem Mann eher gemieden wurde und sich wenig Leute darum rissen, mit ihm private Gespräche zu führen. Da erledigte man das Geschäftliche und suchte anschließend wieder das Weite. Je nachdem, was man bevorzugte, konnte man nun seine eigene Meinung dazu abgeben, aber ich hatte meinen Standpunkt bereits getätigt und er fiel sicherlich nicht zum Gunsten der Wölfe aus. Zumindest für das restliche Rudel, Isaac außen vor gelassen. Ihn mochte ich mittlerweile sogar. „Niemand will einen hungrigen Garcia warten lassen“, äußerte ich mich nur auf seine Anmerkung grinsend und zuckte die Schultern. Hauptsache die Pizza fand ihren Weg schnell zu uns, wobei ich die zwanzig Minuten auch nur am Handy hing, immer wieder hoffnungsvoll zur Tür schaute, aber selbst meine Ungeduld beförderte das Objekt meiner Begierde nicht schneller herbei und so musste ich mich eben ablenken, wobei ich dann erst recht begeistert aufsprang, als es klingelte. Am liebsten hätte ich hinter Isaac vorbeigelangt und mir das Essen geschnappt, aber soweit riss ich mich noch am Riemen. Die zarte Stimme hielt mich ebenfalls zurück. Das arme Ding wusste gar nicht, wie ihm geschah, da klatschte die Tür auch schon wieder ins Schloss. Fand ich doch ein bisschen witzig, aber der Hunger war dann doch größer, weshalb ich wie ein kleiner Welpe loswuselte und dann doch kurz verdattert aus der Wäsche schaute. „Pizza im Pool?“, wiederholte ich, wusste dann aber auch nichts einzuwenden, weshalb ich eben die Schultern zuckte und meine Tasche durchzukramen begann. Da war ja dank des Aufenthalts in der Pampa mein Bikini drinnen, den ich mir im separaten Schlafzimmer anzog, ehe ich leicht bekleidet hinüber ins Badezimmer tappte und dann ohne weitere umschweife etwas unelegant über den Rand stieg, ohne das Gleichgewicht zu verlieren. Ja, das musste man eben schaffen. Wäre blöd, wenn ich mit einem lauten Klatscher hineinsegelte. Am Ende wäre noch die Pizza das Opfer. Das konnte niemand riskieren!
Ja, Pizza im Pool. Nur, weil ich jetzt Pizza essen wollte, hieß das schließlich nicht gleichzeitig, dass ich nicht wieder in den Pool steigen konnte. Wenn mans nicht zu dumm anstellte, dann ließe sich der Karton bestimmt gut auf dem breiten Beckenrand abstellen und man konnte gemütlich im Blubberwasser was zu sich nehmen. Die Kanten des Kartons würden außerdem für einen gewissen Abstand zwischen der jungen Frau und mir führen, was ihr sicher ganz gelegen kommen würde. Ihre Vorsicht war ja auch berechtigt, was das anging... nur ging wirklich keine Gefahr mehr von mir aus. Wohl oder übel hatte ich mich dran gewöhnt, dass da Nichts lief - was aber natürlich nicht hieß, dass ich daran nicht gerne Etwas ändern würde. Aber ich hatte mein Versprechen dahingehend schon einmal gebrochen, nochmal musste nicht sein. Der versehentliche Kuss auf dem Schiff war aber auch nicht geplant gewesen, da wars halt über mich gekommen. Auch ein ziemlich einsamer Wolf ohne Rudel hätte ab und an gerne ein kleines bisschen Zuwendung. Das ohnehin nur locker verknotete Handtuch an meiner Hüfte war mit einer simplen Handbewegung wieder gelöst und so platzierte ich mich wieder in der Pooloase, stellte den Karton vorsichtig auf dem Rand ab und öffnete ihn. "Du musst aber genauso schnell essen wie ich, der Karton könnte sonst aus dem Gleichgewicht geraten. Wir wollen nicht, dass der hinten runterkippt." meinte ich sarkastisch und nahm mir dann das erste Stück von der Pizza, wobei mir schon der herrliche Duft von knusprig gebratenem Speck in die Nase stieg. Balsam für meine Seele, wobei der restliche Fleischbelag auch nicht unwesentlich dazu beitrug. Der Hunger war dann auch urplötzlich noch größer als vorher. Riccarda schien auch recht gierig zu sein und so prostete ich ihr nur kurz mit meinem Pizzastück zu, bevor ich hinein biss. Ein genüsslicher Seufzer meinerseits folgte auch kurz darauf, einfach weil sie da wohl einen guten Geschmack bewiesen hatte, was den Pizzaservice anging. Der Boden war nicht zu dick und schön knusprig, die Tomatensauce schmeckte gut und der restliche Belag war qualitativ hochwertig. Ich kam aber nicht drum herum, die junge Frau auf der anderen Seite des Kartons zu necken. Als der erste Hunger also nach ein zwei Stücken beseitigt war, nahm ich ein Stück Bacon von meinem nächsten Stück und hielt es ihr entgegen. "Sicher, dass du kein Fleisch magst?" Ich hielt es ihr noch dichter unter die Nase. "Hmmmm, Bacon... nicht doch 'nen winzig kleinen Bissen?" rieb ich ihr breit grinsend mit Humor unter die Nase, dass Fleisch was ganz Tolles war.
+ .Sie benehmen sich wie Hunde, die bellen und nicht beißen und für solche Kläffer hab' ich keine Zeit. +
Mir sollte es recht sein, solange ich möglichst bald was zwischen die Kiemen bekam und allzu abgeneigt war ich von dem blubbernden Wasser ja auch nicht, anderenfalls wäre ich nicht derart rasch im Whirlpool gelandet. So einfach konnte es manchmal gehen. Da fragte man sich doch glatt, wie es in einer harmonischen Ehe aussah. Ob man da oft so eine gemütliche Einstimmigkeit erfuhr oder passierte das da ebenfalls nur recht selten? Ich für meinen Teil, ließ mich entspannt ein wenig tiefer ins Wasser gleiten, wohl bedacht, dass eine Hand trocken für die Pizza blieb, ehe ich mich wieder aufrichtete, um die duftende Pizza zu bewundern, die wie auf dem Präsentierkarton am Beckenrand balancierte. „Du musst wohl schauen, dass du mit mir mithältst“, gab ich großspurig zurück und grinste frech. Natürlich würde ich gegen den Heißhunger eines Werwolfes kläglich verlieren, aber ein paar vorlaute Worte hatten bei Pizza noch nie geschadet und so gönnte ich mir auch schon das erste Stück meiner vegetarischen Version, um herzhaft hineinzubeißen, die Augen kurz zu schließen und glücklich aufzuseufzen. Beinahe synchron zu Isaac, weshalb man beinahe behaupten konnte, dass uns ja doch irgendetwas verband… und sei es für diesen Moment die Pizza zwischen uns. Da vergas ich sogar, dass er wohl wieder nackt nicht unweit von mir entfernt hockte und seinen Teil futterte. Einfach nicht daran denken, dann klappte das schon. Natürlich musste er mich aber ärgern, was ich mit einem Schmollen deklarierte. „Sei nicht gemein, das riecht echt gut“, beklagte ich mich bei dem jungen Mann und sah auf den großen Brokkoli vor meiner Nase. Ich mochte das Grünzeug echt gerne, aber Bacon duftete einfach nach der puren Sünde. „Lock mich nicht, am Ende bereust du es noch, die Bestie in mir hervorgerufen zu haben“, warnte ich Isaac lachend und hob dabei auch theatralisch mahnend einen Finger. Zu gerne würde ich den Speck probieren, aber wahrscheinlich war es dann wirklich um mich geschehen und der werte Herr durfte schauen, ob ihm Brokkoli schmeckte, denn von seiner Pizzahälfte würde er dann nicht mehr viel sehen, sobald ich auf den Geschmack gekommen bin. „Du willst gar nicht, dass ich herausfinde, wie toll Bacon ist“, versicherte ich ihm noch immer amüsiert. Erneut schien für ein kurzer Augenblick der Idylle das Kriegsbeil begraben zu sein.
Ja, na klar. Als könnte das kleine Blondchen einem Kerl wie mir was vormachen, was das Essen anging. Nicht nur, dass ich gewöhnlich allgemein mehr aß als sie, es passte auch noch sehr viel mehr in meinen Mund als in ihren. Ob ich dabei krümeln würde wäre dann die andere, nicht irrelevante Sache, aber im Wettessen wäre ich nicht nur schneller, sondern würde es auch viel weiter schaffen. Aber ich war mir ziemlich sicher, dass sie das selbst wusste. Wir mochten nicht immer derselben Meinung sein, aber der Engel hatte Grips und würde auf so eine banale Sache ganz sicher auch selber kommen. Dass sie auf meine Lockrufe auch noch so einging, ließ mich letztendlich kurz auflachen. Ich hatte eigentlich gedacht, dass es Riccarda so gar nicht jucken würde, wie Fleisch roch oder dass ich es frohlockend neben ihr zu mir nahm. Aber scheinbar waren wir uns einig darüber, dass es göttlich roch, was mich natürlich noch ein wenig mehr anstachelte. Ob das jetzt gut für den harmonischen Moment war, könnte fraglich sein, aber ich bewegte mich ja bekanntlich ohnehin gerne auf sehr dünnem Eis. "Ach, ein Stück Brokkoli könnt ich sicher überleben, muss ich doch bei dir Zuhause auch... nicht doch eins tauschen?" säuselte ich weiter vor mich hin, bevor ich die Hand mit dem Bacon wieder zurückzog und den Kopf in den Nacken sinken ließ, um den Speck ganz genüsslich in meinem Mund verschwinden zu lassen. Natürlich kaute ich auch noch besonders ausführlich. Dann schnappte ich mir weiterhin grinsend mein Whiskeyglas, nahm einen Schluck. Ich war nicht betrunken, aber vielleicht ein klein wenig angeheitert, was mich alles ganz herrlich entspannt und locker sehen ließ. Als ich das edle Glas dann wieder bei Seite gestellt hatte, griff ich mir das Stück Pizza, von dem ich eben noch den Bacon geklaut hatte, erneut und besah es mir kurz, bevor ich wieder zu meiner Ehefrau rüber sah. "Aber mal im Ernst... hast du echt noch nie Fleisch gegessen? Noch gar nicht?" hakte ich dann doch neugierig nach, denn ihre vorherigen Formulierungen ließen stark darauf schließen. Hach, die Gute hatte ja keinen Schimmer davon, was ihr da entging.
+ .Sie benehmen sich wie Hunde, die bellen und nicht beißen und für solche Kläffer hab' ich keine Zeit. +
Zum Glück forderte mich Isaac nicht wirklich zum Wettessen auf, denn da würde ich chancenlos untergehen, aber ich durfte ja immerhin vorlaut werden, ohne von ihm direkt eins über den Deckel gezogen zu bekommen. Es ließ mich grinsen. Zufrieden genoss ich das sprudelnde Wasser und die warme Pizza in meiner Hand, von der ich erneut ein Stück abbiss und genüsslich darauf herumkaute. Ja, es war auch gut, selbst wenn da nur Grünzeug und Paprika zu finden war, aber ich brauchte kein Fleisch. Ich konnte auch wunderbar ohne leben, wie sich bisher schon erwiesen hatte. Also warum nun schwach werden? Nur weil Isaac so gemein damit vor meiner Nase herumwackelte und sich den ganzen Streifen dann beinahe in einem hineinstopfte. Da konnte ich nun durchaus was Zweideutiges anmerken, aber ich ging davon aus, dass das nicht sonderlich gut ankäme, sodass ich mir den frechen Kommentar ersparte und stattdessen schluckte. Besser so. „Versuch es erst gar nicht, das funktioniert nicht, egal wie gut es riecht.“ Vielleicht ließ sich der Kerl ja damit beeindrucken, sofern ich mich ebenfalls desinteressiert oder zumindest nicht zu ködern zeigte. So würde das schon klappen. Denn meine Standhaftigkeit kam ein klein wenig ins Wanken. So ehrlich musste ich zu mir selbst sein, aber darüber schwieg ich weiterhin. Fleisch musste einfach gut sein, es konnte unmöglich sein, dass sich so ein großer Prozentsatz an Menschen irrte, aber es lag mir nun mal in den Genen, jedes Lebewesen zu schützen, daher sollte ich es auch nicht essen und dazu beitragen, dass die Tiere geschlachtet wurden. So einfach funktionierte es. „Nein, ich habe noch nie Fleisch gegessen und ehrlich gesagt habe ich es auch noch nie vermisst, obwohl ich mir schon oft gedacht habe, dass es gut sein muss, aber das ist okay so. Ich hab bisher ganz gut ohne gelebt, also kann ich das auch weiterhin und ich bin es ja von dir gewohnt, dass du Fleisch am Teller liegen hast.“ Zugegebenermaßen hatte mich das durchaus immer mal wieder nett angelächelt, aber schlussendlich hielt ich an meinen Vorgaben oder eher Gewohnheiten fest und das war in Ordnung so. Und falls ich mir das nur einredete, dann glaubte ich den Blödsinn halt. Man durfte sich das Leben nur nicht zu schwer gestalten und unnötige Hürden einbauen; die kamen ohnehin ganz von alleine. „Es ist vergleichbar mit Sex. Wenn du nie welchen hattest, kannst du dir denken, dass du was richtig Tolles verpasst, aber da du es nicht sicher weißt, bleibt es okay für dich, im Unklaren zu sein. Hattest du aber mal Sex und dann aber gar nicht mehr, ist es nur umso beschissener, weil du weißt, was du verpasst.“ Der Vergleich sollte auf Isaac zugeschnitten sein, immerhin musste der junge Mann nun schon sehr lang verhungern bezüglich körperlicher Gelüste.
Ja, da mochte sie recht haben. Der Engel konnte höchstens des Geruchs wegen eine leise Ahnung davon haben, was ihm entging und mehr eben auch nicht. Klang logisch, machte Sinn. Trotzdem würde mich ihre Reaktion auf ein richtig zartes Steak zwischen den Kiemen wirklich reizen. Einfach aus Prinzip, weil ihre Familie zwecks ethischer Ansätze ja so komplett gegen das Fleischessen war. Für mich zählte das nicht, immerhin aß ich nur hochwertiges Fleisch und das kam in der Regel von Tieren, die lange gelebt hatten und viel Bewegung. Da war dann die Fettverteilung im Fleisch viel besser und es war auch dementsprechend teuer. Discounterware kam für mich allein wegen meinem verwöhnten Gaumen absolut nicht in Frage und noch dazu jagte ich mir ja auch ganz viel selber. Inwieweit man das aus Engelssicht nun zählen ließ oder auch nicht, war mir aber ohnehin egal. Wenn ich Fleisch wollte, dann aß ich das auch. Ende der immer sehr kurzen Diskussion, was dieses Thema anging. "Ja, vermutlich." meinte ich also nur schulterzuckend, bevor ich wieder in die Pizza biss und schon beim nächsten Bissen verschluckte ich mich fast. Ich konnte es gerade noch verhindern, was vermutlich auch echt gut so war, weil der vorlaute Engel neben mir sich sonst noch mehr ins Fäustchen gelacht hatte. Zugegeben war das ein ziemlich guter Vergleich - er traf schlichtweg zu und als sehr netten Nebeneffekt konnte sie mir damit unter die Nase reiben, wie sehr sie mich nicht an sich heran ließ und ich auch sonst gänzlich untätig sein musste. Ich müsste lügen, wenn ich sagen wollte, dass es nicht an meinen Nerven zerrte, dass da so absolut gar Nichts lief. Wobei es andererseits wahrscheinlich nur noch schlimmer wäre, wenn ich ihr anderweitig nah kommen dürfte, es aber nie zu Etwas führte. Aber die Situation war für einen gewissen Teil meines Körpers so oder so sehr frustrierend. "Also für Jemanden, der gerne Sicherheitsabstand hält, wenn ich nicht viel anhabe, bist du grade ziemlich provokant unterwegs, Madame." erwiderte ich ein wenig trocken, wobei die junge Frau mir wohl so oder so anmerken würde, dass sie mit ihrem Vergleich gerade absolut ins Schwarze getroffen hatte. Aber ich glaubte wiederum auch, dass sie inzwischen eigentlich wusste, dass ich ihr Nichts tun würde. Nichts, was sie nicht wollte. Trotzdem wurde das für mich von Tag zu Tag immer anstrengender und war alles Andere als angenehm. Ich wollte gerne noch ein paar ebenfalls provokante Worte hinterher schmeißen, bremste mich aber, weil ich irgendwie nicht wollte, dass der Abend kippte. Aber verdient hätte sie's nach diesem Defensiv-Angriff.
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Die Fleischdiskussion gab es schon ein paar Mal, wobei sie vorher noch nie derart gesittet ausgefallen war. Lag wohl auch hauptsächlich daran, dass wir schon unzählige Anläufe hatten und es mittlerweile einfach akzeptierten. Hierbei musste angemerkt werden, dass meine Eltern meistens die Ruhestörer waren und Isaac versuchten, in gewisse engelhafte Traditionen einzufangen, aber das ließ der Wolf natürlich nicht mit sich machen. Hatte ich ihnen auch im Vorfeld mehrmals mitgeteilt, aber gut. Es hieß doch ohnehin so schön, wer nicht hören wollte, musste eben fühlen. Ich konnte demnach die Sache nur belächeln und holte bereits zum Gegenschlag aus, der auch saß. Allein an seiner Reaktion wusste ich, wie treffend mein Vergleich war und grinste gönnerhaft vor mir hin. Gut gemacht. Auch wenn man sich selbst nicht loben sollte, konnte ich gerade nicht anders, als stolz auf mich zu sein. Schalk funkelte in meinen Augen, als ich Isaac ins Visier nahm und klimperte kurz mit den Wimpern, ehe er sich wieder soweit gefangen hatte und ja… ich meinte da ein kleines Schmollen auf seinen vollen Lippen entdeckt zu haben. Dass es mir auch hier und da fehlte, die körperliche Nähe eines anderes, musste mein Mann in dem Fall ja nicht wissen. Nun kostete ich meinen Triumpf aus und biss herzhaft in meine vegetarische Pizza hinein. Oh ja, das schmeckte! Allein aus dem Grund, weil ich Isaacs miesgelaunten Worte nicht ernst nehmen konnte. Er tat mir nichts, wenn er nicht wie ein Hühnchen am Griller enden wollte. Meine Lippen verzogen sich zu einem unschuldigen Lächeln. „Der instabile Pizzakarton ist Sicherheitsabstand genug, immerhin willst du sicher am aller wenigsten riskieren, dass der Bacon schwimmen lernt, oder?“, erkundigte ich mich bei meinem Gegenüber, wohlwissend, dass dies nicht der Hauptgrund wäre, wieso er die Finger von mir ließ. Es gab ein Versprechen… einen Deal. Ein Abkommen, an das er sich halten würde. Soweit vertraute ich ihm. Außerdem reichte es doch, wenn er wusste, dass ich nur im Bikini in greifbarer Nähe saß. Da könnte die Pizza sehr schnell zur Nebensache werden, aber ich wusste, dass ich noch nicht soweit war. Daher musste auch Isaac warten, der sich gerade auffällig intensiv mit seinem fleischbeladenen Pizzastück auseinandersetzte. Freute mich, dass die Diskussion so schnell ein Ende gefunden hatte, weshalb ich mich wohlig seufzend etwas tiefer ins blubbernde Wasser rutschen ließ, nur die Hand mit dem Essen weiterhin hochhielt. „Du wirst schon nicht enthaltsam sterben, also zieh keine Schnute mehr… am Ende bleibt das noch“, zog ich ihn kameradschaftlich auf und stupste ihn mit dem Fuß unter Wasser leicht an.
Nein, schwimmender Bacon wäre wohl nicht schön... aber der Gedanke daran lenkte mich wieder ein wenig von den vorherigen, ziemlich unliebsamen ab. Apropos - ich nahm mir mein letztes Stück Pizza, visierte die Fleischbeilage beinahe schon hypnotisch an. Wenigstens musst ich auf das gute Tierprodukt nicht verzichten, andernfalls könnte man mich wohl ohne Gegenwehr steinigen. Was übrsigens auch zutreffen würde, wenn ich tatsächlich enthaltsam sterben müsste, was der Engel glücklicherweise verneinte. Ich litt ja schon unter den paar Monaten - die mir im Übrigen diesbezüglich eher wie Jahre vorkamen - extrem, wie es für den Rest des Lebens wäre wollte ich also keinesfalls herausfinden, sterben wäre mir vermutlich lieber. Mir war durchaus bewusst, dass das wirklich ein Luxusproblem war und es sich mit Sicherheit auch ohne Sex leben ließe, aber das würde die Lebensfreude wohl immens mindern. Ich war ein Kerl, hatte Testosteron und das wollte schließlich auch einen Nutzen haben. Dem reichte es nicht, dass es mir beim Muskelaufbau in die Karten spielte. Noch immer starrte ich das Pizzastück förmlich an, was mir jetzt erst auffiel. Demnach unterbrach ich mich selbst und biss hinein, kurz bevor ich einen Fußstupser von rechts bekam. Noch kauend zog ich die rechte Augenbraue nach oben und sah zu Riccarda rüber, runter, weil sie mit dem Kopf jetzt doch sehr viel weiter unten war als ich, nachdem noch mehr von ihrem Körper unter der Wasseroberfläche verschwunden war. Vielleicht ganz gut so, dann sah ich weniger nackte Haut und könnte eventuell endlich mal meine Gedankengänge umlenken. Funktionierte auch ganz gut wegen ihrer letzten Worte, die mich die Mundwinkel doch wieder etwas nach oben schieben ließen. "Ach, inzwischen liegt dir was an meinem Gesicht? Es anzufackeln ist okay, aber 'ne Schnute ruinierts?" sagte ich ziemlich sarkastisch, wobei ich doch wieder zu grinsen begann. So änderten sich die Zeiten. Am heutigen Tag würde Riccarda es vielleicht bereuen, mir das angetan zu haben, wenn eine Narbe zurückgeblieben wäre. Keine Frage hatte ich es damals verdient, aber wäre wohl eher weniger schön für sie, wenn sie mit einem Narbengesicht den Rest ihres Lebens in der Öffentlichkeit herumlaufen müsste. Mal gut, dass mein Körper das von ganz allein geregelt hatte, obwohl es unangenehm lange gedauert hatte, bis meine Haut wieder so glatt und makellos wie normalerweise gewesen war. Ich schob mir das Pizzastück nach und nach noch zwischen die Kiemen, war dann aber auch ziemlich satt. So nahm ich den Pizzakarton schon in die Hand, hielt aber noch inne. "Du warst fertig, oder?" schob ich meiner Frau noch eine kurze Frage entgegen, weil ich nicht glaubte, dass sie sich noch mehr reinzwängen wollte. Ich hatte für meinen Teil ja selber am Ende des letzten Stücks ein wenig kämpfen müssen und das sollte was heißen, immerhin war mein Magen nur schwer zu überfüllen.
+ .Sie benehmen sich wie Hunde, die bellen und nicht beißen und für solche Kläffer hab' ich keine Zeit. +
Glücklicherweise war Isaac nur mehr halb so kindisch wie anfangs unterwegs und stieg gut auf meinen Versöhnungsversuch in Form eines geschickten Themenwechsels ein, womit er mir echt einen großen Gefallen tat. Betretenes Schweigen würde ich ausreichend finden, sollte ich zu meiner Familie zurückkehren und vor die Tatsache setzen müssen, dass sie ausgerechnet meinen Exfreund mit dem Wiederaufbau des Palastes beschäftigten. Wie schaffte man sowas zu bewerkstelligen, ohne kurzfristig radikale Einbußen im kognitiven Bereich erlitten zu haben? Ich konnte es mir wirklich nicht erklären und so gefiel mir persönlich der Umschwung ebenso gut, weshalb ich ein unbekümmertes Lächeln zeigte. „Mittlerweile habe ich mich damit abgefunden, dass ich dich nicht mehr allzu leicht in die Flucht schlagen kann… da muss ich dich ja nicht für ewig entstellt sehen müssen“, stichelte ich noch ein wenig, obwohl gleichermaßen mitfloss, dass ich mich zumindest an den Gedanken, mit Isaac verheiratet zu sein, gewohnt hatte und mich damit arrangieren konnte. Sowas besaß durchaus auch seine Vorteile, wenn man den verhaltenen Ruf des Wolfes unter den Menschen nun auch für sich nutzen konnte. Die Pizza durfte jetzt noch nicht kalt werden, weshalb ich dann auch einen Zahn zulegte, aber mit jedem Bissen bereits mehr zu kämpfen hatte und meine übriggebliebenen Stücke – ein Viertel genau genommen – gerne an meinem Mann weitergegeben hätte, aber der würde mich höchstens eiskalt auslachen, weshalb ich das Angebot sein ließ und mich stattdessen damit abmühte, den Rand durch knabbernde Bisse zu dezimieren. Natürlich mit rasender Geschwindigkeit und einhergehender Erfolgsaussichten. „Ich bin eigentlich schon fertig“, besserte ich ihn aus, überging einfach mal das unhöfliche Verhalten seitens des jungen Mannes. Immerhin hatte ich nun auch noch einen Snack für später oder morgen gesichert, so viel stand schon mal fest. Außerdem mochte ich kalte Pizza fast noch lieber… aber eben nur fast. „Und jetzt?“, erkundigte ich mich etwas ratlos bei Isaac, denn ich wusste absolut nichts mit mir anzufangen. Außer vielleicht Löcher in die Wand zu starren beziehungsweise erneut vor den Fernseher zu fliehen, um mir irgendeine Wiederholung einer Serie reinzuziehen. Da gab es Besseres, jedoch fühlte ich mich schrecklich nutzlos; selbst hier in der Stadt. Erneut begannen meine Gedanken zurück zu dem abgebrannten Palast, meinen Eltern, leider auch Jago zurückzukehren. Warum zur Hölle tat man mir das an? Was hatte ich verbrochen?
[ich wage jetzt einfach mal die Dreistigkeit mit der Zeit ein wenig fortzuschreiten, weil mir nix Sinnvolles mehr einfallen will was sie da noch treiben können. ^^"]
Der Abend war noch recht entspannt zu Ende gegangen. Was Besonderes passiert war nicht mehr, wir hatten uns einfach noch eine ganze Weile lang im Pool unterhalten und am nächsten Vormittag hatte ich das Zimmer verlassen, um mir eine der inklusiven Massagen zu gönnen. Was Riccarda die ganze Zeit über trieb wusste ich gar nicht, auch nicht als ich den Nachmittag dann damit verbrachte, das Grand Finale unserer Date-Reihe zu organisieren. Ich wollte, dass wir noch ein wenig näher zusammenrückten, bevor wir ins Schloss zu den Anderen zurückkehrten und wohl erst einmal nur noch wenig Zeit füreinander haben würden, zumindest wenig sehr private Zeit. Immerhin wimmelte es nur so vor anderen Engeln in deren vier Wänden und man sollte auch den nervigen Ex-Freund nicht außer Acht lassen, von dem ich persönlich mir absolut nicht sicher war, ob er bereits was im Schilde führte. Ob er die Absicht hatte, mir Riccarda ernsthaft auszuspannen - sofern man sie überhaupt als "eingespannt" betrachten konnte, wir waren ja nur eher unfreiwillig aneinander gebunden - oder ob er nur Lust auf turbulente Spielchen hatte. Beides wäre mir nicht recht und ich traute ihm auch keine Sekunde lang über den Weg. Aber dem Engel zu Liebe konnte ich ihn nicht einfach aus dem Weg schaffen und auch vom Rest ihrer blonden Familie würde ich sicherlich ordentlich eins aufs Dach kriegen, weil denen ja so gar nicht nach Tod und Verderben war. Seufz. Wie dem auch sei. Zwei Tage später war es soweit. Ich hatte Riccarda davon überzeugen können, dass wir uns noch ein wenig mehr Zeit damit lassen sollten, zu ihren Eltern zurückzukehren und so nahm ich die junge Freu heute mit an den Rand der Stadt. Den Wagen hatten wir schließlich immernoch bei uns und so war ich doch tatsächlich fast ein kleines bisschen nervös, als ich den Wagen schließlich auf einem kleinen Schotterparkplatz parkte. Bisher hatte ich meiner Ehefrau nicht verraten, was ich denn eigentlich vor hatte, wollte sie überraschen. Deshalb hoffte ich umso mehr, dass ihr das heute zusprach und irgendwie... reichte. War schwer zu erklären, aber es ihr recht zu machen schien mir immer etwas schwierig. Mit dem schwarzen Hemd, dessen Oberfläche nur dezent glänzte, ging ich also um den Wagen herum, um ihr ganz gentlemanlike die Beifahrertür zu öffnen. "Wenn die Dame mir bitte folgen würde..?" bat ich sie indirekt aus dem Wagen und schloss letzteren dann ab, bevor ich das Auto mit simplem Knopfdruck abschloss. Ich deutete der jungen Frau neben mir sich einzuhaken, bevor wir ein paar Standfackeln und Rosen entlang zum Ort des Geschehens folgten. Als wir die Anhöhe hinauf gingen - ich hatte Riccarda ausdrücklich empfohlen, keine Schuhe mit Absatz anzuziehen - kam nach und nach die ebenfalls mit ein wenig Abstand von Fackeln und Riccardas Lieblingsblumen umrandete Lounge in Sicht. Auf deren Mitte befand sich noch ein großes Tablett, das mit sehr teurem Wein und anderen Kleinigkeiten bestückt war, um für das leibliche Wohl zu sorgen. Eine Decke lag da auch noch, falls ihr kalt werden sollte - nicht, dass sie die in meiner Anwesenheit brauchen würde. Klar, ich hatte bei den ganzen Vorbereitungen Hilfe von ein paar Leuten angenommen, aber die Idee und das meiste der Umsetzung stammten von mir. Der ganze Aufwand war hoffentlich nicht umsonst, denn das dämliche Möbelstück bis hier hoch zu schleppen hat nicht nur die Handlanger, sondern auch mich ziemlich angestrengt. Außerdem wäre es schön, wenn ich dem Engel mit dem stimmungsvollen Ambiente und den richtigen Worten vielleicht doch ein bisschen Körpernähe entlocken könnte. Ich war weiß Gott nicht darauf aus, dass sie mit mir schlief - auch, wenns natürlich schön wäre, ich wollte mal nicht lügen -, aber waren vielleicht ein, zwei Küsse zu viel verlangt? Kam wohl drauf an, wie sie das Ganze hier auf- und annahm. Natürlich auch darauf, ob ich immer die richtigen Worte fand, was bekanntlich eher nicht meine Stärke war, also erst einmal abwarten, ob ich mir den Abend nicht sogar selbst vermasselte. Vorerst musterte ich im Gehen immer wieder ihren Gesichtsausdruck, der mir Aufschluss darüber gab, was die junge Frau denn bisher dachte.
+ .Sie benehmen sich wie Hunde, die bellen und nicht beißen und für solche Kläffer hab' ich keine Zeit. +
Manchmal war es furchtbar anstrengend ich zu sein. Obwohl ich nicht jammern wollte, passierte mir manchmal entschieden zu viel im Leben und ich wünschte mir einen absolut durchschnittlichen Alltag mit den typischen Problemen eines jungen Erwachsenen meines Alters. Keine diplomatischen Hetzen, keine zerbrochenen Liebschaften aufgrund Zwangshochzeiten oder verfeindete Familien, die um die vorherrschende Machtposition streiten. Vollkommene Normalität würde reichen und genau aus dem Grund entfloh ich am nächsten Vormittag zu einer alten Freundin, der ich in den letzten Monaten viel zu wenig Zeit und Aufmerksamkeit hatte zukommen lassen. Marly würde es mir verzeihen und doch plagte mich das schlechte Gewissen, als wir uns im Café trafen und ich direkt mit einer Entschuldigung startete. Warum ich die Rothaarige so gern hatte? Weil sie nicht nur einer der besten Menschen auf dieser gottverlassenen Welt war, sondern interessierte sie sich herzlichst wenig für meinen sozialen Status und behandelte mich wie den Rest der Menschheit. Als wäre ich eine von ihnen und genau dieses Gefühl brauchte ich in all dem Durcheinander, vor allem aber hatte ich es bitter nötig, mit einer Frau über mein Dilemma bezüglich der Männer in meinem Leben zu sprechen, was sich dann auch gehörig hinzog. Aus dem gemeinsamen Brunch wurde schnell ein Mittagsessen und schlussendlich waren wir den gesamten Tag unterwegs, was ich auch in vollen Zügen genossen hatte. Wie frisch aufgetankt, war ich sogar so gut aufgelegt, dass Isaac mich am Abend dazu überreden konnte, noch ein paar Tage länger in dem Hotel unterzutauchen, ehe wir zurück zu meinen Eltern gingen. Ich verstand seine Motivationsgründe zwar nicht, aber ehrlich gesagt war es mir nicht wichtig genug, um dafür eine Diskussion zu starten, weshalb ich es geschehen ließ. Außerdem wirkte Isaac hier und da ein wenig gehetzt, weshalb ich ihm den Gefallen tun wollte. Auch als er meinte, er bräuchte wieder ein bisschen frische Luft, hinterfragte ich es erst, als er meine Gesellschaft suchte und darauf bestand, ihn zu begleiten. Dass es schlussendlich eine Überraschung für mich werden sollte, checkte ich, als mein Mann in hübschem Hemd und seinem nervösen Tick vor mir stand und noch meinte, dass ich keine hohen Schuhe tragen durfte. Interessant. Natürlich regte es meine Kreativität an, aber da ich aus dem sturen Bock ohnehin kein einziges Wort bekam, gab ich mir auch keine Mühe, um an weitere Informationen zu kommen und stieg stattdessen durchaus neugierig in den Wagen. Es wunderte mich zugegebenermaßen, dass Isaac aus der Stadt hinaus fuhr und dann auf einem Schotterplatz außerhalb stehen blieb, meine Tür öffnete und mir sogar ganz vornehm die Hand zum Aussteigen anbot. Von so viel Höflichkeit ein wenig überrumpelt, grinste ich frech, ersparte mir aber gerade so noch den Kommentar, sondern, kramte auch meine Manieren hervor, dankte lediglich, ehe ich mich skeptisch umsah. Sicher, dass er mich hier nicht umbringen und verscharren wollte? Nö. Dazu wirkte er zu aufgekratzt und… waren das etwa Blütenblätter, die den Pfad entlang ausgestreut worden waren? Die Fackeln erhellten den Weg, den Isaac wohl vorsah und so machten wir uns an den Aufstieg, wo mir doch kurz das Herz stehen blieb. Nicht aufgrund der Anstrengung, sondern viel mehr um den Aufwand, den sich der junge Mann gemacht hatte. Abgesehen davon, dass es sicher mühsam gewesen war, die Lounge hier raufzubefördern, überraschte es mich, wie aufmerksam der Kerl wohl insgeheim war. „Du hast dir gemerkt, dass Dahlien meine Lieblingsblumen sind?“ Die entzückte Freude war unschwer aus meiner Stimme herauszuhören, als ich mich mit großen Augen umschaute und ja… es schupste mich doch leicht aus der Bahn, hatte ich nicht mit solch einer Geste gerechnet. Es war wirklich ein riesiger Abschluss, was sich Isaac da überlegt hatte, um die Serie an Dates fulminant abzuschließen. Wow. Mein Blick entdeckte immer mehr Einzelheiten, während ich die letzten paar Schritte tat. Angefangen von dem Wein bis hin zu der verdammt romantischen Atmosphäre, die dank des wärmenden Lichts der Fackeln ausgebaut wurde. Und das war allein seine Idee oder wie viele kreative Köpfe hatte er dafür an einen Tisch versammelt, um den Abend zu planen? Nun erklärte sich auch sein Verhalten, das mich im Nachhinein gesehen schon vorwarnen hätte können, aber nun war die Überraschung wirklich gelungen. Während ich mich noch weiter umschaute und dabei auch die weite Aussicht über die von Lichtern erhellte Stadt genoss, sank ich an den Rand den weichen Polster auf der Lounge. „Das muss echt mega mühsam gewesen sein, alles hier rauf zu bekommen“, merkte ich an und blickte nun erstmals wieder zu Isaac hinüber, der noch immer etwas steif in der Gegend herumstand. „Danke“, erklärte ich ehrlich, wobei die fröhlich glänzenden Augen wohl schon alles sagten. „Du hast für unser letztes Date wohl alle Hebel in Bewegung gesetzt“, erkannte ich seine Bemühungen an, denn für selbstverständlich hielt ich es ganz gewiss nicht. So verkorkst der Wolf auch war, so dämlich er sich manchmal anstellte, irgendwo hatte der werte Herr doch eine Seite an sich, die mich berührte und mir sogar wirklich etwas bedeutete.
Es schien augenblicklich eine große Last von mir abzufallen als Riccarda offen kund gab, dass sie nicht enttäuscht war. Eher im Gegenteil, die junge Frau schien sehr erfreut über das Alles hier zu sein und so konnte ich die bis gerade eben noch sehr straff gehaltenen, angespannten Schultern wieder ein wenig sinken lassen. Keine Ahnung weshalb ich mich überhaupt so verrückt wegen diesem Abend machte, immerhin war es bei Weitem nicht unser erster und ich hatte zu Genüge Erfahrung was die Frauenwelt anging. Aber hier ging es eben doch nicht nur darum mir Irgendwen mit nach Hause zu nehmen und ein bisschen Spaß zu haben, nur um den Namen der Person schon am nächsten Morgen gekonnt zu vergessen. Ich wollte den Engel davon überzeugen, dass ich eben nicht mehr nur das blutrünstige Monster war, für das mich viele in unseren Kreisen hielten. Dass ich für sie da war, wenn sie es brauchte und dass sie mir inzwischen wirklich vertrauen konnte, ganz gleich in welcher Hinsicht. Riccarda war mir kein lästiger Klotz mehr am Bein, sondern wohl viel mehr das, was mich ein Stück weit beflügelte. Wäre sie nicht, dann hätte es inzwischen sehr viel mehr Tote gegeben und vielleicht... ja, vielleicht hätte ich auch schon einen Anschlag auf meinen Alten verübt, falls ich überhaupt bis zu ihm durchgekommen wäre. Sie hatte mir zweifelsohne eine ganze Menge Geduld beigebracht, wohl oder übel. Ich fing leicht an zu lächeln, ehe ich mich ebenfalls aufs Polster sinken ließ. "Meine Manieren vergess ich zwar gerne.. aber die wichtigen Sachen speicher' ich ab." erwiderte ich erst einmal auf die Blumenfrage hin, die womöglich nur indirekt gewesen war, eher eine Feststellung gewesen sein könnte. Aber ja, ich hatte mir das gemerkt. Wenn es um Dinge ging, die ich für nützlich oder wichtig hielt, dann vergaß ich sowas auch nicht. Die Werwolfsgene eben, mit Demenz war bei uns eher nicht so und das war wohl einer der Momente, in denen ich auch aufrichtig dankbar dafür war. Manchmal waren es eben gerade Kleinigkeiten, die Momente und Erlebnisse im wesentlichen verbessern konnten. Bewusst die liebsten Blumen des Engels hierfür auszusuchen war eines dieser Dinge. Auf jeden Fall nahm ich mir erst einmal eins der beiden Weingläser, nachdem ich die Flasche geöffnet hatte und goss den teuren Alkohol ins Glas. Nicht zu viel, nicht zu wenig. Riccarda sollte nicht denken, ich hätte erneut die Absicht sie abzufüllen. "Freut mich, dass es dir gefällt." sagte ich ruhig, als ich der jungen Frau neben mir ihr Glas reichte und schenkte mir kurz darauf selbst etwas ins zweite Glas. Auch da hielt ich mich an die mir beigebrachte Etikette. Nicht, dass ich schnell betrunken wurde, dafür brauchte es deutlich hochprozentigeres und das auch in Massen, aber da ging es jetzt ums Prinzip. Ich war nicht dafür bekannt, halbe Sachen zu machen. Die Flasche wanderte wieder an ihren vorherigen Stellplatz, bevor ich den blonden Engel ansah und das Weinglas etwas anhob. "Dann auf einen schönen Abend." prostete ich ihr aufrichtig lächelnd zu, wobei meine Augen wohl doch so ein wenig unruhig vor sich hin funkelten. Den Grundstein für bestmögliche Ergebnisse hatte ich erfolgreich mit dem ganzen Aufwand gelegt, genau das erreicht was ich wollte. Eine von Anfang an positiv eingestimmte, glückliche blonde junge Frau. Nach einem ersten Schluck vom Wein senkte ich das Glas wieder und rutschte ein Stück weiter hinter aufs Polster, wobei ich mir die Schuhe von den Füßen schob. Schuhe auf Polster waren einfach... nein. "Zugegeben - zwar hab ich mir das Ganze selber ausgedacht, aber allein rauf getragen hab ich nicht alles. War dann selbst für mich ein bisschen schwer." merkte ich an und grinste leicht, legte den Kopf etwas schief, während mein Blick aber weiter auf meiner weiblichen Begleitung lag.
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