„Du elender Angeber“, warf ich ihm mürrisch gegen den Kopf, nachdem Isaac in aller Ruhe aus dem Wasser gekommen war und da so nebenbei wie ein Gott aussah, während die Tropfen von seinem definierten Körper perlten. Es war im Grunde nur logisch, dass ihm die Frauen zu Füßen lagen, aber ich ließ mich gerad absichtlich nicht davon beeindrucken, sondern setzte eine grimmige Miene auf, als er noch so theatralisch das überschüssige Wasser von seinen Muskeln strich, sodass seine Haut nur noch feucht glänzte und einzelne Stellen im Licht der Sonne glitzerten. Natürlich war es ein durch und durch ansprechendes Bild, aber mir imponierte es eben nicht, wie abhängig ich mich gerade von Isaac fühlte, nachdem ihm anscheinend überhaupt nicht kalt war, nur ich mir hier den Arsch abfror. Seufzend nickte ich. Und wie ich das wusste. „Also ein Geheimnis ist es nicht“, erklärte ich ihm, nun doch ein bisschen grinsend, weil ich merkte doch selbst, wie dämlich es war. Ich stand mir nur selbst im Weg und das ließ mich Isaac nun mit aller Macht fühlen, während ich mich zwischen weniger angenehmen Optionen herumschlagen musste. Entweder holte ich mir meine Grippe des Todes, weil ich weiterhin vor mich hinzitterte oder ich genehmigte meinem ach so bodenständigen Ehemann den Egopusch und ließ mich dafür wärmen. Ich konnte nicht einschätzen, welche Ausdrücke sich in meinen Augen wiederspiegelten, als ich den Kopf zu ihm hinüberdrehte, um ihn noch einmal anzusehen, wie er da neben mir auf der Decke saß und nach dem mitgebrachten Korb griff, um sich die hergerichteten Snacks mal näher anzusehen. Dadurch hatte ich gleichzeitig Zeit, mir seinen Vorschlag durch den Kopf gehen zu lassen, was mir dann durchaus unter die Nase passte. Seufzend verkrümelte ich mich dann doch an seine Seite, womit wohl alle hier Anwesenden gerechnet hatten. „Ich will nur schauen, damit du mir mein Zeug nicht wegfutterst“, erklärte ich lachend, glaubte doch selber nicht daran, als ich in den Korb linste und dabei rein zufällig ganz nahe an dem heizungstüchtigen Werwolf rankam. Seine Haut war herrlich warm, löste eine unheimliche Freude in mir aus, was absolut dämlich wär, aber gerade brachte mich die Kälte dazu, alles zu nehmen, was diese irgendwie vertreiben konnte. Auch einen hitzigen Kerl. So angespannt konnte ich in dem Fall wohl gar nicht sein.
Ja, natürlich. Ich konnte über ihre letzte Bemerkung nur grinsend den Kopf schütteln, obwohl sie gar nicht so abwegig war - auf dem Weg hierher hatte der Engel nämlich so ganz unauffällig angemerkt, dass sie heute noch beinahe Nichts gegessen hatte und inzwischen Hunger hatte. Also logisch war ihre Erklärung der Situation durchaus, nur wahr war es eben trotzdem nicht. So kalt, wie ihre Haut war, was ich deutlich wahrnahm, als diese die meine berührte, war es nicht zu leugnen, dass ihr der Hunger schon länger nicht mehr im Kopf herumschwirrte, sondern die Kälte sie zu mir trieb. Normalerweise hätte ich darauf rumgeritten, einfach nur so zu meiner eigenen Belustigung, aber ich musste mir das jetzt verkneifen. Immer wollten wir ja nicht darüber reden. "Erstmal schaun', ob du überhaupt was Brauchbares eingepackt hast." neckte ich sie stattdessen auf andere Weise, während sich ein paar Wassertropfen von meinen Haaren verabschiedeten und auf den Deckel des Korbs fielen. Deshalb strich ich mir die Haare noch einmal nach hinten, bevor ich die Schatztruhe für Hungrige dann öffnete. Zuerst nahm ich die beiden Teller raus, damit wir nicht die ganze Decke vollkrümelten - die frisch aufgebackenen Crossaints würden nämlich definitiv krümeln. So nahm ich auch diese raus, gefolgt von ein paar anderen Dingen wie Kräuterbaguette, einige Beilagen wie Käse und Marmelade, aber auch Weintrauben und ein paar Erdbeeren. Ich war normalerweise ja eher nicht so der Vegetarier, aber erstens hatte ich das im Engelsschloss auch ausgehalten und zweitens ging ich später ja ohnehin noch auf die Jagd. Da brauchte ich das jetzt nicht, war also Alles soweit in Ordnung für mein Befinden. Ganz der Adel nahm ich noch die Flasche Champagner aus dem Korb, ebenso die zwei passenden Gläser. Auch den frisch gepressten Orangensaft, von dem ich aber keinen Gebrauch machen würde. "Die Dame - darf es Saft oder Champagner sein?" setzte ich wieder zu vornehmerer Sprache an und blinzelte dann von oben zu ihr runter, bevor ich den Blick auf den Korken des Champagners richtete. Ich liebte es, wenn der Knall ertönte und kurz darauf das goldgelbe Getränk zum Vorschein kam.
Herrlich warm und am liebsten hätte ich mich in an den Hals geworden, um mehr von dieser wundervollen Wärme abzubekommen, aber da stand ich mir erneut im Weg. Dieses Mal weniger mein Stolz, denn über den Schatten meinerselbst war ich mehr oder weniger gesprungen, aber da war dann irgendwo dieser Unwille, mich Isaac hinzugeben und darüber hinwegzusehen, welche Rechte und Freiheiten er sich bereits einmal herausgenommen hatte. Obwohl sich die Situation zwischen uns komplett verändert hatte, radikal und eindeutig zu einem besseren Verhaltensmuster, schien es mir nicht ganz geheuer, wenn ich nun in seinem Arm ruhte, um mich wärmen zu lassen, während mir mein Herz vor Nervosität bis zum Hals hinaufschlug, konnte ich ja jetzt schon nicht ganz gelassen bleiben, während sich doch eigentlich hauptsächlich unsere Arme berührten. Ich musste kurz schlucken, aber es war in Ordnung und das Grinsen kam auch sehr schnell wieder zurück, als ich ihm einen leichten Stoß mit dem Ellbogen verpasste. „Ob ich etwas Brauchbares eingepackt habe? Gleich kannst du betteln, um was abzubekommen“, erklärte ich lachend und legte dabei eine meiner kalten Pfoten in den Weg, direkt auf sein Handgelenk der in den Korb greifenden Hand, um ihn zurückzuhalten, aber natürlich wurde daraus nichts, denn meine Intuition war auch eher die schneidende Kälte, die sich über meine Haut gezogen hatte und endlich weichen musste. Das funktionierte einfach am besten, wenn man direkten Hautkontakt ausübte, aber nach einem kleinen herausfordernden Grinsen befreite sich Isaac aus meinem Griff und begann die mitgebrachten Leckereien auszupacken, auf der Decke auszubreiten, nachdem die beiden Teller bereits ihren Platz gefunden hatten. „Besteht’s deine Bestandsprüfung?“, forderte ich zu erfahren und dachte dabei gar nicht daran, ein wenig zur Seite zu rutschen, als sich Isaac nach der Flasche des edlen Tropfens streckte. Noch immer fror ich bitterlich und naja… da war Nähe wohl die beste Medizin dagegen. Jedenfalls genoss ich die paar Sekunden, war schon fast versucht, mich einfach gegen ihn zu lehnen, hielt dann aber doch stand und nickte stattdessen langsam, als mein Blick zwischen den zwei Optionen pendelte. „Alkohol wärmt von innen, richtig?“, argumentierte ich deshalb frech grinsend und nahm beide Gläser in die Hand, belehrte mich selbst aber eines Besseren, nachdem meine Hände noch immer böse zitterten, sodass ich im besten Fall nicht einmal so ruhig halten würde, um ein Ausschütten ausschließen zu können. Obwohl ich den Knall erwarten durfte, zuckte ich ein wenig zusammen, als er dann tatsächlich ertönte und die Kohlensäure die perlende Flüssigkeit beinahe zum Überschäumen brächte, wäre da nicht bereits eines der hübsch geformten Gläser griffbereit zur Stelle, um die Flüssigkeit aufzufangen. Das ging ja gerade noch.
Sie sollte mal nicht so frech sein. Erst bekam ich den Ellbogen ab und dann schmiss sie auch noch eine Drohung hinterher - wenn auch offensichtlich nicht ernst gemeint. Aber ich für meinen Teil war bekanntlich ja recht allergisch dagegen, wenn man versuchte, mir etwas vorzuschreiben oder gar zu verbieten. "Entweder ich kriege was ab, oder du frierst. Und nein, nicht verhandelbar." grinste ich feixend, ehe ich die Flasche mit dem prickelnden Inhalt öffnete und sich kurz darauf auch schon ein Teil davon in eines der beiden Gläser ergoss. Mit Alkohol verband ich, gerade in Hinsicht auf Riccarda, eigentlich wirklich nur gute Dinge. Allerdings war die Situation bei unserem letzten Hüttenbesuch eine vollkommen andere gewesen und nicht mit der jetzigen vergleichbar. Da war im Grunde nur eine einzige Parallele - Riccarda fühlte sich unwohl und sagte einem Gläschen voll Stimmungsaufheller deshalb allzu gerne Ja. Als beide Gläser gefüllt waren stellte ich die Flasche in gewissem Sicherheitsabstand bei Seite, damit sie nicht einer von uns beiden versehentlich umschmiss. Wäre ja schade drum, sollte also vermieden werden. Anschließend nahm ich Riccarda mein Glas ab, sah zu ihr rüber, beziehungsweise runter. Sie war eben doch einige Zentimeter kleiner als ich, wobei alles Andere in der Hinsicht auch komisch wäre. Mein Magen meldete sich jetzt aber auch mit einem leisen Knurren, war er doch inzwischen ziemlich leer. Und nein, auf nüchternen Magen zu trinken war für mich keinerlei Problem, war mein Magen doch im Vergleich zu dem eines Menschen vollkommen unempfindlich. "Dann darauf, dass das hier ein Zeugnis mit "Bestanden" bekommt und dem Engel die Flügel nicht mehr zittern müssen." prostete ich Riccarda nach wie vor breit grinsend zu und schlang ganz nebenbei meinen Arm um ihren Körper, ehe das allzu bekannte Klirren der beiden Gläser ertönte, als diese aneinander stießen. Ich nahm danach erstmal einen ordentlichen Schluck, bevor ich den Alkohol wieder von meinen Lippen trennte und mit Bedacht abstellte. Mit der freien Hand bediente ich mich dann erstmal an den Köstlichkeiten.
Da trat der werte Herr aber mit heftigen Bandagen auf, was mich eher zu einem verhaltenen Kichern animierte, als dass ich mir tatsächlich bedroht vorkam, doch meine Hand nahm ich dennoch zurück und bequemte mich dazu, es einfach sein zu lassen, denn allein konnte ich ohnehin nicht den kompletten Inhalt zusammenessen, was ja auch gar nicht dafür gedacht war. Daher hielt ich nicht an meiner Aussage fest, sondern grinste verschmitzt und ließ Isaac gewähren. „Bei den Vorlagen, da kann ich doch gar nicht anders, als den Deal einzugehen“, erklärte ich ganz sarkastisch und tat dabei so, als wäre es das Angebot meines Lebens, das ich da im Begriff war zu tun, erfreute mich dann aber doch mehr an der steigenden Flüssigkeit in dem zweiten Glas. Irgendwie hatte es eine beruhigende Wirkung auf mein Zittern, mich auf etwas anderes konzentrieren zu können und so fokussierte ich mich eben darauf, die Hände ruhig zu halten, während der junge Mann die Flasche außer Reichweite in Sicherheit brachte, wobei wir ja keine kleinen Kinder mehr waren, um darauf nicht auch in nächster Nähe aufpassen zu können, die Vorsicht war vielleicht dennoch besser. Den Trinkspruch hatte er sich auch wieder ganz kreativ einfallen lassen, weshalb auch ein gutmütiger Tadel in meinen Augen aufblitzte, eher er von belustigtem Amüsement vertrieben wurde und ich nicht anders konnte, als sanft den Kopf einmal zu schütteln, wobei mir die feuchten Haare noch immer einen kalten Schauder verursachten, nachdem sich einzelne Tropfen gelöst hatten und mir die über den Rücken hinabrollten, dabei spürte ich jeden einzelnen Zentimeter, während sich die Gänsehaut erneut ausbreitete. Unschön einfach. „Dabei bestrebe ich stets etwas Besseres, als ein normales Bestanden“, musste ich einfach frech anmerken und tippte dann aber doch mit dem Glas an seines, sodass ein leises Klirren zu vernehmen war. Mir entging dabei echt nicht, wie er seinen wärmenden Arm um mich legte und ich dabei wirklich versucht war, dem sanften Druck einfach nachzugeben, um gegen seine Seite zu sinken, doch so lehnte ich mich einfach nur schwach gegen den starken Körper des jungen Mannes und trank mir das Szenario schön – natürlich kippte ich nicht sogleich den kompletten Inhalt des Glases in einem hinunter, aber es war auch nicht ein zögerliches Nippen an der klaren Flüssigkeit, schließlich saß ich hier in Unterwäsche auf einer Decke, Isaac ebenfalls nur in Boxershorts neben mir und dass ich unter Alkoholeinfluss nicht immer die intelligentesten Ideen hatte, musste ich mir nicht erst mühsam in Erinnerung rufen. So aber genoss ich dennoch den Moment irgendwie, ganz komisch, aber dennoch annehmbar. Nun fehlte nur noch das Essen, wobei ich vor allem das Kräuterbaguette beäugte, zu dem ich nicht einmal Beilagen bräuchte, aber ich war ja nett, weshalb ich die zweite Hälfte Isaac sogleich mit fragendem Blick anbot.
Pah. Um von mir als ein eher durchschnittliches Ergebnis zu bekommen, was das Essen anging, brauchte ich wohl mindestens ein Gourmetsteak aus gut ernährtem, nicht zu fett geratenem Rind mit angemessener Lebensdauer. Je länger die Viecher lebten, desto besser und feiner verteile sich nämlich der Fettanteil, was geschmacklich keinesfalls irrelevant war. Dann noch eine kreative Beilage und vor Allem ein perfektes Ambiente - ja, dann konnte man von mir sicher eine 2+ kriegen, denn besser ging es ohne frisch erlegtes, noch warmes und schön blutiges Fleisch einfach nicht. Das war das Einzige auf der ganzen Welt, das von mir eine Eins bekam. Was die Eins Plus mit Sternchen anging... die konnte nur menschliches Fleisch erlangen. Ich war mir nicht sicher, ob es Riccarda bewusst war, dass ich im Laufe meines Lebens schon eine gute Anzahl Toter auf mein Konto gebracht hatte. Unschuldiger Toter, zumindest überwiegend. Egal konnte es ihr wohl nicht sein, sollte sie mal auf den Gedanken kommen, schließlich könnte ich problemlos ohne kannibalistische Züge leben, ernährte mich ja jetzt schon fast nur noch von tierischem Fleisch. Noch dazu lebten die alle artgerecht im Wald, ich war also fast schon ein Vorzeigetyp, was Tierschutz anging. Ich sorgte ja quasi nur für den bestandsverkleinernden Ausgleich. Ich, gemein wie ich war, sah das auf meine menschlichen Häppchen bezogen keineswegs anders - es gab da draußen viel zu viel Gesindel und da schadeten ein paar weniger Zweibeiner nun wirklich nicht. Ich nahm das Stück Baguette dankend von Riccarda entgegen, nickte ihr leicht zu. Wie wir alle inzwischen wussten, hatte ich einen leicht merkwürdigen Geschmackssinn - so mischte ich auch jetzt herzhaft mit süß, während ich abwechselnd von dem Baguette abbiss und mir Weintrauben zwischen die Kiemen schob. Nicht gleichzeitig, aber doch im stetigen Wechsel... war da nicht so zimperlich. Worauf ich Lust hatte, das aß ich auch, ganz egal was das für außergewöhnliche Kombinationen ergab. Das Baguette war aber schnell leer, weswegen ich dann zu Käse mit Trauben switchte. Während des Essens herrschte überwiegend Stille zwischen dem Engel und mir, weil mit vollem Mund zu reden einfach gar nicht mal so toll war. Zwischendurch nippte ich auch mal an meinem Glas und es war leer, als mir ein durchaus witziger Gedanke kam, den ich auch sogleich in die Tat umsetzte. Ich griff nach einer der letzten Erdbeeren, steuerte damit auf Riccardas Lippen zu. "Soooo, noch eine Erdbeere für deinen liiiebenswürdigen Gatten Isaac!"
„Ehrlich?“, fragte ich ihn nur einmal amüsiert, als er schon wieder begann, das Essen zu mischen und ja, am Ende kam eh alles im Magen zusammen, aber deshalb konnte man doch trotzdem beim Verzehr zumindest süß und pikant voneinander trennen. Isaac schien da eine ganz andere Ansicht zu vertreten, die ich ebenso akzeptieren konnte, aber belustigen tat mich diese Eigenschaft noch immer häufig, war es für mich oder meine Erziehung irgendwie untypisch, nicht geordnet vorzugehen, weshalb auch zuerst das Baguette mit Käse an der Reihe war, an dem ich lange zu knabbern hatte, weil irgendwie fand ich es fast gemütlicher, mich einfach weiterhin an den jungen Mann zu lehnen, dessen Wärme zu genießen und mir später einen Kopf bezüglich meines Hungers zu machen. „Ich nehme an, du gehst dann später ohnehin noch mal jagen oder?“, erkundigte ich mich, obwohl es wohl eher eine offensichtliche Tatsache war, dass Isaac nicht mit einer vegetarischen Ernährung zurechtkam, zumindest keiner reinen, hatte er vorher im Palast der Engel noch nicht und würde er auch in Zukunft nicht. Ich versuchte mir nur weiterhin vor Augen zu halten, dass es sich bei Isaac auch weiterhin um ein Raubtier handelte, was mir manchmal entfiel, denn hier und da… es gab sogar schöne Momente zwischen uns, in denen ich nicht von seinem Ego geblendet wurde, das mich in eine andere Richtung, von ihm weg, drängte. Doch jetzt schienen wir wieder mal ein so trügerisch harmonisches Bild abzugeben, wie wir da beim Picknick am Steg saßen und miteinander scherzten. Ich hatte gerade ein nicht mehr ganz so warmes Croissant zwischen den Händen, nachdem ich mich reichlich bei den Fürchten bedient hatte und die beiden Speisen kombiniert hatte, als mein Göttergatte auf einmal mit einer anderen irren Idee kam und mich damit zum Lachen brachte, woraufhin ich ein wenig gegen ihn kippte, mein Gesicht an seiner Seite barg und nur den Kopf schüttelte. „Das kann jetzt aber nicht dein Ernst sein“, lachte ich nur ausgelassen, war mir nicht sicher, ob er nun wirklich erwartete, dass ich brav den Mund aufmachte und mir die Erdbeere zwischen die Lippen legen ließ. „Am Ende bekomme ich die Erdbeere doch eh nicht, du willst mir nur die Hoffnung machen“, unterstellte ich ihm, nach wie vor fröhlich, aber mal im Ernst: es sähe Isaac ähnlich, wenn er nun das Obst an meine Lippen gehalten hatte, ich mich bereitwillig zeigte und er das Früchtchen dann erst vor meiner Nase wegzog.
Ja, ganz ehrlich und ohne Spaß. Offenbar war ich der Einzige, den sie kannte, der gerne kunterbunt alles Mögliche zu sich nahm. War mir aber reichlich egal, zumal sie sich daran ja offenbar auch nicht störte, sondern sich nur darüber amüsierte, weil es in ihren Augen wohl ein wenig grotesk war. So zuckte ich diesbezüglich nur einmal kurz mit den Schulter, bevor ich auch schon ihren folgenden Worten lauschte. Sie schien also auch im Hinterkopf zu haben, dass mir das Fleisch bei der Angelegenheit hier fehlte und zog eine logische Schlussfolgerung daraus, erkundigte sich aber dennoch nach deren Richtigkeit. "Yes. Zwar gehts mir eindeutig schon besser, wie man sieht, aber ich könnte den Energieschub trotzdem gut gebrauchen. Geht dann einfach schneller." fügte ich der simplen Antwort noch eine kurze Erklärung hinzu. Wie bereits erwartet, konnte Riccarda den "Fütterungsversuch" nicht wirklich ernst nehmen, wobei es ja auch keineswegs eine ernsthaft liebevolle Geste sein sollte. Eher was, das meiner eigenen Belustigung diente und offenbar auch für die meiner Ehefrau, die lachen musste. "Wir werden es nie erfahren, wenn du es nicht versuchst.." antwortete ich gespielt geheimnisvoll und grinste nach wie vor breit, war allerbestens gelaunt und wartete - die Erdbeere nah an ihren Lippen - nun einfach mal ab, was sie tun würde. Ob sie den Versuch wagte, oder nicht. Das würde mir auch mehr darüber verraten, wie sie mich tatsächlich einschätzte. Eigentlich hatte ich nämlich gar nicht vor gehabt, ihr die Erdbeere wieder vor der Nase wegzuziehen und gar selber zu essen. Sie schien aber davon auszugehen und das machte die Sache für mich sehr interessant.
Klang im Grunde ja auch echt logisch, weshalb ich nur nickend mein Verständnis dazu abgab und mich eigentlich nicht weiter darum kümmerte, zumindest zeigte ich meine Gedanken nicht offenkundig. Persönlich wüsste ich nicht, ob es mir half, Fleisch zu mir zu nehmen, um fitter zu werden, aber mein gesamter Organismus war auch nicht auf den Verzehr von Tieren - selbst in Steak- oder Filettform - gewohnt, also konnte ich mir ebenso gut vorstellen, die Magenschmerzen meines Lebens davonzutragen, auch wenn das so nicht ganz stimmte, denn gemeinsam mit meinen Brüdern hatte ich vor allem in vergangenen Jahren eine kurze Rebellion angezettelt, die von unseren Eltern zwar sehr schnell wieder in Grund und Boden gestampft worden war, aber da hatte sich mein ältester Bruder die Haare schwarz gefärbt und ich hatte mich an Hühnerfleisch probiert, was gar nicht mal so übel war, aber naja... es lebte sich ohne ja trotzdem gut und irgendwann wurden uns so die Leviten gelesen, dass uns Hören und Sehen verging. Ein sanftes Grinsen zupfte an meinen Mundwinkeln, als ich daran zurückdachte, mit welchem Ausmaß an Entrüstung unsere Mutter meinte, dass sie das nie wieder in ihrem Haus dulden würde und puh... da war der Haussegen dann wirklich mächtig schief, aber irgendwo musste man sich schließlich auch als Engel mit festgelegten Grenzen probieren. Dennoch: es war eine komplett neue Erfahrung, dass es für andere den Heilungsprozess beschleunigte, sich ein Reh einzuverleiben. Der Gedanke wiederum brachte das Grinsen zum Erstarren, denn mir tat automatisch das Geschöpf leid, dass in die Fänge des Raubtieres gefallen war; vage erinnerte ich mich an die Verletzung des Waldbewohners zurück, als ich das letzte Mal hier an der Hütte war. Lange blieb ich mit meinen Gedanken nicht alleine, da wurde Isaac schon wieder mit der Erdbeere so aufdringlich und es war durchaus ein kleiner Spaß, obwohl ich weiterhin nicht genau wusste, was er denn nun wirklich von mir wollte. "Du brauchst jetzt gar nicht so geheimniskrämerisch tun, ich hab dich doch eh schon durchschaut", meinte ich zu wissen und ging daher auch in der vollen Überzeugung auf, dass ich ihm da einen Strich durch die Rechnung gemacht hatte. Jemand anderes konnte er gerne zum Narren halten, aber ich für meinen Teil wollte da ein wenig Würde bewahren, musste aber dennoch lachend den Kopf zur Seite neigen, als er weiterhin mit der Erdbeere so nahe vor meinem Mund herumfuchtelte. "Die paar Vitamine würden dir übrigens auch nicht schaden", erklärte ich ihm noch immer fröhlich und sah dann aber ein, dass es wohl nicht das Ziel des jungen Mannes war, das Obst selbst zu verzehren, weshalb ich eben nach der Frucht griff. "Na dann gib halt her", ließ ich mich immerhin zu diesem Eingeständnis erweichen, aber es war eben dennoch nicht der Fütterungsversuch, den Isaac eigentlich geplant hatte. Etwas, das ich schon als Kind nicht mochte und nun sicherlich nicht damit anfangen würde. Ich wollte schon immer möglichst früh selbstständig sein und das hier... das ging mir daher auch entschieden gegen den Strich, sah es aber weiterhin nur als harmloses Spiel an, bei dem ich sogar Spaß haben konnte.
Hatte sie das? Durchschaute sie mich tatsächlich? Nicht nur in Hinsicht auf die Erdbeere, meine ich. Ich glaube, bis wir uns gegenseitig wirklich in den jeweils Anderen hineinversetzen konnten, mussten wohl noch einige Jahre ins Land ziehen. Ob wir bis dahin überhaupt noch verheiratet waren? Mein Vater würde bis zu jenem Zeitpunkt keinesfalls noch am Leben sein, schmiedete ich ja schon jetzt ganz eifrig meine Mordpläne diesbezüglich. Riccardas Familie würde mir nicht verbieten oder vorschreiben können, dass ich die Ehe weiterhin fortführen musste. Ich mochte mich ja inzwischen auf recht neutraler Ebene mit Ihnen befinden und konnte mich auch mit dem blonden Gesindel im gleichen Raum aufhalten, ohne vollkommen in Rage zu verfallen, wie es mein Instinkt immer von mir wollte. Aber mir Etwas von ihnen sagen lassen würde ich dennoch niemals, dazu hatten sie kein Recht. Komischer Gedanke, der mir ausgerechnet jetzt kam, wo wir eigentlich recht harmonisch miteinander umgingen. Ich würde es zwar wahrscheinlich leugnen, wenn mich jemand direkt danach fragen würde, aber der Engel war mir inzwischen doch irgendwo wichtig, hatten wir doch schon zahlreiche Stunden miteinander verbracht. Nicht immer nur gute, ein guter Anteil war auch mit Streit und körperlichen Auseinandersetzungen einhergegangen... gerade auch in der Zeit vor unserer Zwangsheirat. Aber irgendwo war es vielleicht ja auch gar nicht verkehrt, dass die junge Frau mir ab und an die Leviten las, weil ich einfach der Typ von Kerl war, der Frauen mit Temperament bevorzugte und womöglich sogar brauchte, um sein Leben nicht vollkommen gegen die Wand zu fahren. Außerdem würde es mir wohl kaum gefallen, Riccarda wieder mit einem anderen Typen zu sehen. Einfach, weil sie mal "Meins" gewesen wäre und von da an war die Eifersucht und das besitzergreifende Gehabe meinerseits quasi vorprogrammiert. Es war also fragwürdig, ob mir eine Scheidung mehr bringen würde, als die Ehe weiter fortzuführen. Ich schüttelte die Gedanken ab und widmete Riccarda wieder meine volle Aufmerksamkeit. "Obst geht noch... aber bei Gemüse bin ich echt raus, wenns nicht sein muss. Da ess ich lieber Fleisch pur, als mich nur noch von Gemüse zu ernähren." gab ich belustigt kund. "Außerdem hab ich Weintrauben gegessen. Eine Sorte Obst pro Tag wird doch wohl reichen." fügte ich ich noch ein paar Worte hinzu, ehe ich mich wieder ein wenig mehr aufrichtete, meinen Arm wieder von dem Körper der jungen Frau löste und mich erst einmal ausgiebig streckte. Dann wanderte mein Blick zu den aufgehangenen Klamotten, die wohl inzwischen fast trocken waren, weil wir hier schon eine ganze Weile lang saßen. Wenn mans gemütlich hatte, konnte man durchaus einige Zeit mit Essen verbringen. "Wie siehts aus - ich bring' dich noch zurück zur Hütte und geh dann jagen. Oder willst du noch bleiben? Dann geh ich jetzt." stellte ich mein Weib vor die Entscheidung der weiteren Planung, suchte wieder den Blick in ihre Augen.
Ich lernte eigentlich jeden Tag etwas Neues über meinen Ehemann. Dadurch fand ich im Laufe der gemeinsam verbrachten Zeit auch heraus, wie überaus vielschichtig der Kerl sein konnte, wenn er denn nicht in sein banales Raubtierverhalten fiel, in dem er anscheinend nur Wut und Zerstörung kannte. Anderenfalls erkannte ich hier und da sogar schwach glänzende Silberstreifen am Horizont, besser bezeichnet als Sympathien, die ich ihm vor der Heirat niemals hätte zusprechen können, war er doch das perfekte Abbild eines Wesens, mit dem ich damals nichts zu tun haben wollte. Sein Wurf an tollwütigen Hunden konnte er sich zwar weiterhin getrost behalten, aber ich musste dennoch eingestehen – nicht nur ihm, sondern in erster Linie mir selbst –, dass erstaunlich viel in Isaac steckte, was ich ohne der unzähligen Verabredungen und Dates wohl auch niemals erfahren hätte. Dass seine Abneigung gegen Gemüse nun nicht das Juwel in meiner Sammlung aus Neuentdeckungen darstellte, lag wohl auf der Hand, aber ich nahm dennoch jedes Detail gerne in meine geistigen Notizen auf, um zu wissen, mit wem ich es zu tun hatte und ob diese Person tatsächlich einen Weg in mein Herz gefunden haben könnte. Egal war mir der Schönling leider längst nicht mehr, weshalb mein Blick auch nun einen Moment zu lang auf seinem Profil lag, als er so locker über seine Akzeptanz irgendwelchen Früchten gegenüber sprach. Unweigerlich hatte sich ein belustigtes Grinsen auf meinen Lippen breit gemacht. Dabei wusste ich nicht einmal, warum ich so breit lächelte. Mich amüsierte diese Feststellung ja nicht mal richtig, sondern es gefiel mir einfach, wie wir über so eine Nebensächlichkeit sprechen konnten. „Ich muss dir jetzt sicher keine Standpauke wegen der gesunden Vitamine in Gemüse halten, oder?“, witzelte ich amüsiert, okay, jetzt klang ich doch ein wenig belustigt, denn Isaac zeigte doch gerade überraschend eine ziemlich niedliche Seite, als er behauptete, ohnehin schon brav seine Weintrauben verputzt zu haben, was ein helles Lachen meinerseits verursachte. „Natürlich, eigentlich hast du schon für das kommende Quartal ausgesorgt“, bestätigte ich ihn grinsend, beließ es aber auch schon bei der sarkastischen Anmerkung, immerhin bot man einem Raubtier in der Wildnis auch keine Obstplatte oder einen Gemüsespieß an. Die Wahl würde wohl immer auf das Fleisch fallen und so wunderte es mich auch bei Isaac nicht. Was mich dafür ein klein wenig verblüffte: der Umstand, dass ich selbst mit dem engen Hautkontakt zu dem jungen Mann entspannt hatte auf dem Steg sitzen können und es mir in dem Moment sogar fehlte, als er den Arm wegnahm, um sich zu strecken. Dabei spielten seine Muskeln ein wenig, was ich eher flüchtig musterte, ehe ich meinen Blick ebenfalls zu den Kleidungsstücken wandte, die unter der Sonneneinstrahlung getrocknet waren und nun wie ein rettender Hafen wirkten, weshalb ich mich bereits nickend aufraffte, in Unterwäsche die paar Schritte zurücklegte, um die aufgelegten Stücke einzusammeln, wobei ich Isaac mit seinen Sachen bewarf. „Fang“, riet ich ihm vorher noch einmal, um mir seiner Aufmerksamkeit gewiss zu sein, jedoch spekulierte ich auf seine übernatürlichen Reflexe, dass das Shirt schon nicht vorbei erneut ins Wasser segelte; so mies zielte ich dann nämlich auch wiederum nicht. Kaum hatte ich die Hände wieder frei, schlüpfte ich ebenfalls in die Shorts, fühlte mich augenblicklich ein wenig wohler in der eigenen Haut, sodass ich auf Isaacs Frage eingehen konnte, der ich noch eine Antwort schuldete. „Alles gut, ich bleib noch ein wenig hier, denke ich“, erklärte ich ihm mein Vorhaben, denn ich wüsste ehrlich nicht, was ich in der Hütte machen sollte. Nachdem auch das Oberteil wieder locker meinen Körper bedeckte, ließ ich mich erneut auf der Decke im Schneidersitz nieder. Ich wollte die frische Luft genießen, nahm ich mir vor, immerhin waren wir ja wegen genau dieser hier mitten in der Pampa zwischen den Bergen. Oder nicht? „Sag mal… denkst du, dass wir wirklich zum Auskurieren hier sein sollten, weil die anderen müssten sich dann doch auch eine Auszeit nehmen… oder wollten sie uns einfach aus dem Weg haben?“ Die Frage kam mir so spontan in den Sinn, dass ich sie einfach hatte aussprechen müssen. Nachdenklich sah ich zu Isaac. Ob ihm die Überlegung ebenfalls schon gekommen war oder juckte es ihn prinzipiell nicht?
Nein, musste sie nicht. Erstens wäre das nicht die erste, zweitens würde sie zum einen Ohr rein und zum anderen Ohr direkt wieder raus gehen, und drittens... naja, waren wir Mal ehrlich zu uns selbst, Niemand hier erwartete von einem Wolf wie mir ernsthaft vielfältig vegetarische Kost auf dem Ernährungsplan. Das war einfach so gar nicht das, was mich fit und gesund hielt. Klar, es verschlechterte meinen Zustand auch nicht, aber wenn ich es nicht brauchte - und es mir ja ohnehin nicht wirklich gut schmeckte -, dann konnte ich ja getrost erst recht darauf verzichten. "Nein, ich denke wir wissen beide, dass du da gegen eine kilometerdicke Wand reden würdest." antwortete ich leicht vor mich her grinsend, während ich die Klamotten auffing, die mir aus Richtung Ehefrau her zuflogen. Gemütlich pellte ich mich also wieder in meine Klamotten ein, wobei ich mich ohne fast wohler gefühlt hatte. Nicht, weil mir Kleidung befremdlich war, sondern weil ich ganz einfach einen eigenen Pelz hatte und diese Stofffetzen prinzipiell nicht brauchte. Jedoch unterschied ich mich damit eben vom Rest der Menschheit und auch von den Engeln, weshalb es einfach ziemlich schräg wäre, weiter fast nackt rumzulaufen. Riccardas folgende Frage kam recht unerwartet und ich sah sie wohl auch dementsprechend einen Augenblick lang nachdenklich an. War eine gute Frage, die sie auch mit ein paar weiteren Worten noch näher erläuterte. Wenn man mich fragte, dann war wohl eher Letzteres der Grund für unseren Abschub in den Wald verantwortlich. Hielt man sich mal die Fakten vor Augen, dann waren wir beide der Unruhepol im Engelshaus. Also noch genauer genommen war das wohl Ich, weil meine werte Verwandtschaft wohl ein ziemliches Problem damit hatte, dass ich nicht mehr auf deren Seite stand... aber meine Ehefrau gehörte zwangsläufig an meine Seite. Wahrscheinlich hatten ihre Engelsfreunde sie nur mit her geschickt, um ihr schlechtes Gewissen zu besänftigen, weil sie mich nicht so ganz alleine hatten wegschicken wollen. Nicht, weil sie Wert darauf legten, dass ich Gesellschaft hatte, sondern weil ich wohl einfach schutzlos gewesen wäre, hätte jemand versucht mich zu attackieren. "Wenn man mich fragt, dann wollten sie uns schlichtweg aus dem Weg haben, ja. Alles Andere gibt ja nicht wirklich Sinn.." antwortete ich also schulterzuckend, sah zu meinem blonden Weibchen. "Beziehungsweise sie wollte mich wohl aus der Schusslinie haben.. und du musst als meine Ehefrau zwangsläufig mit." fügte ich noch hinzu, wobei da so ein leicht sarkastischer Unterton mit von der Partie war.
Sollte ich es als schön bezeichnen, dass wir uns bereits derart gut kannten, um vorhersagen zu können, wie der jeweils andere in manchen Situationen reagierte? Ich müsste lügen, wenn ich behaupten würde, dass es mir mittlerweile noch immer egal war, was in Isaac vorging, aber gleichzeitig gruselte mich die Vorstellung, dass ich den ruppigen Kerl bereits tatsächlich als Teil meiner Familie anzusehen begonnen hatte. Irgendwie ein Mitglied, das niemand so recht dabeihaben wollte, aber dennoch in dem Kreis aufgenommen wurde und mir durch die viel gemeinsam verbrachte Zeit ans Herz gewachsen war. An einen Platz, der definitiv nicht für ihn bestimmt war. Untern Strich fand ich es also doch ganz angenehm, dass ich vage einordnen konnte, wie mein Mann sich verhalten würde, auch wenn es nur so nebensächliche Themen, wie gesunde Ernährung und der Verzehr von ausreichend Gemüse war. Es ließ mich grinsen, als Isaac meine Vermutung bestätigte, selbst in Worte fasste, dass wir uns beide keiner Illusion hinzugeben brauchten. „Wie gut, dass du also selbst zugibst, was du für ein elender Sturschädel bist“, hielt ich ihm dennoch vergnügt lachend vor, während ich in weiterhin mit seinen bereits trockenen Kleidungsstücken bewarf. So viele Stücke waren es ja schlussendlich nicht, aber es bot dennoch die Chance, wieder zu dem gewohnten Abstand überzugehen… dabei… manchmal war diese Distanz gar nicht mehr so vertraut und angenehm, wie zu Beginn unseres Beisammenseins. Siegten unsere Eltern am Ende doch noch, indem Isaac und ich zu dem gesitteten Paar wurden, welches sie sich durch die Zwangsheirat zu bilden erhofft hatten? Zweifelnd lag mein Blick auf dem Dunkelhaarigen, bevor ich mich wieder auf der Decke niederließ und einen Moment schwieg, ehe ich jene Gedanken aussprach, die sich wohl jeder andere bereist im Vorhinein hatte ausmalen können. Vielleicht auch nicht, so nachdenklich, wie Isaac schlagartig aus der Wäsche schaute, doch ich gab ihm ebenfalls ein wenig Zeit, um sich seine eigene Meinung dazu zu bilden, hatte ich doch auch genau um diese gebeten. Intrigen und finstere Machenschaften waren doch genau sein Milieu oder zumindest das seiner Familie. Seit wann also würden sich die Engel, die ich mein Leben lang kannte, damit beschäftigen wollen, uns aus dem Weg zu haben? „Aber was haben wir denn Schlimmes getan? Wir verstehen uns jetzt doch besser als jemals zuvor und wollten sie nicht genau das mit dem ganzen Theater erreichen? Wir schaden dem Ruf unserer Familien nicht mehr so konkret, oder frisst du den Bauern aus der Gegend die Kühe von den Weiden?“, sponn ich seine These weiter, grinste ihn aber ein wenig verschmitzt an, um die Unterhaltung nicht allzu ernst werden zu lassen. „Mitgehangen, mitgefangen… was?“, erklärte ich dann doch ein wenig ruhiger, gedankenverlorener und strich dabei über den schlichten, aber eleganten Ring, der an meinem Finger steckte. Ein scheinheiliges Zeichen unserer Verbundenheit, aber dennoch ein Symbol für die Bevölkerung, dass unsere Familien angeblich zusammenarbeiteten. „Ich sollte dir für den unerwarteten Kurzurlaub wohl auch noch danken“, erwachte ich wieder aus meinem Unterbewusstsein und lachte sarkastisch auf. „Ich frag mich nur, was sie denn in der Zwischenzeit anstellen wollen. Ich kann das nicht leiden, nicht zu wissen, was los ist“, gab ich unerwartet offen zu und zog die Augenbrauen für einen Moment zusammen, um meinen Missmut über diese Geheimniskrämerei zur Schau zu stellen.
[ und da wurde einfach mein Bildchen gelöscht... Arschis ._. muss warten bis ich Zuhause bin, da hab ich das vielleicht noch... ]
Isaac
Naja, wir hatten im Grunde tatsächlich nichts Gravierendes angestellt. Wir hatten uns sowohl als Ehepaar, als auch schon in der Zeit davor, wohl einige krumme Dinger geleistet - wenn auch ich noch deutlich öfter als Riccarda - und unsere Familien hätten damit einige Gründe, uns nicht mehr bei sich haben zu wollen. Aber jetzt vor kurzer Zeit? Nein, da hatten wir uns tatsächlich keinerlei untersagte Geschehnisse geleistet, sondern uns wie meine Ehefrau so schön sagte wirklich gut verstanden. Hatte ich früher ja ehrlich nicht für möglich gehalten, aber inzwischen war der Engel... naja, sie war einfach da und gehörte dazu. Nach wie vor gestand ich mir das nur ungern ein, aber ich würde den Engel ebenso wie - einen Teil! - meiner Wolfsfamilie mit allen Mitteln verteidigen, wenn es nötig wäre. Mal gut, dass ich das nicht offensichtlich zeigen musste, weil die zierliche junge Frau sich mit ihrer gemeinen Lichtfingern sehr gut selbst gegen Wölfe und auch anderes Gesindel wehren konnte. Zum jetzigen Zeitpunkt musste also gar niemand wissen, dass sie mir wichtiger war, als ich wollte. "Neja... aber ich vermute mal, dass sie zumindest mich loswerden wollten, wegen dem Brand eben. Es ist ziemlich offensichtlich, dass irgendwer aus meinem Clan das Feuer gelegt hat - ein Mensch kommt wohl kaum in euer Schloss, ohne Aufmerksamkeit zu erregen. Wenn ich also nicht mehr bei deiner Familie bin, ist die erstmal mehr oder weniger raus aus dem Fadenkreuz, würde ich meinen." redete ich leicht nachdenklich weiter vor mich hin, machte dabei zwei, drei lamgsame Schritte in Riccardas Richtung. Letztlich zuckte ich fast bei ihr angekommen mit den breiten Schultern. "Und du musst eben mit, weil man mich in dem Zustand schlecht allein lassen konnte... aber ja, wäre schon nicht schlecht zu wissen, was die jetzt vorhaben." stimmte ich Riccarda zu und warf ihr dann noch einen direkten Blick zu. Ich schloss zu ihr auf und bückte mich kurz ein wenig, um ihr leicht auf die Schulter zu klopfen. "Aber hey, darüber kannst du dir ja jetzt den Kopf zerbrechen, solange ich Jagen bin." stellte ich sarkastisch fest, wuschelte ihr noch kurz mit der Hand durch ihr blondes Haar und ging weiter, um aus ihrer Reichweite zu sein, bevor ich einmal tief einatmete. Die Augen geschlossen setzte ich dann zur Verwandlung an, die mir mehr Schmerz als gewöhnlich bereitete. Ich hatte es zwar schon erwartet, verzog aber trotzdem ein wenig die Pelznase, als ich dann vollständig die wölfische Gestalt angenommen hatte. Ich schüttelte mich noch einmal kurz, warf anschließend einen letzten kurzen Blick nach hinten zu meiner Ehefrau und verschwand dann in nicht zu hastigem Tempo ein Stück weit in den Wald. Nicht allzu weit, weil ich schon bald eine intensive, noch recht frische Duftspur aufgenommen hatte. Es kamen oft Tiere ans Wasser und so tummelte sich hier Einiges, was ich noch deutlich riechen konnte. Meine Wahl fiel aber auf Wild, weil das für mich in der Regel leicht zu kriegen war und es war eine reichliche Portion - mit einem kleinen Hoppelhäschen wäre mein Körper jetzt wohl kaum zufrieden gewesen. So folgte ich mit der Nase mal am Boden, mal im Wind der Spur der kleinen Tiergruppe. Nach einigen Minuten hörte ich auch ein leicht röhrendes Geräusch, das ziemlich eindeutig von einem männlichen Vertreter der Gattung stammte. So bewegte ich mich so unauffällig wie es mit meiner Körpergröße möglich war durchs Dickicht und hielt mich bedeckt, bis ich schließlich vier der saftigen Leckerbissen entdeckte. Der richtige Moment zum Angriff war bald gekommen und so sprang ich aus meiner Deckung - was mir noch verhältnismäßig viel Kraft abverlangte - und die Rehe sprangen in alle Richtungen. Das, das am langsamsten reagierte, war mir dann schnell zum Opfer gefallen und wenig später durch einen Genickbruch dahin. War wohl der mit Abstand humanste Tod, den ein Tier von mir bekommen konnte. Ich zögerte nicht lange, dem Tier die Bauchdecke aufzureißen und mich an dem warmen, blutigen Fleisch zu erfreuen, das ich schon bald darauf hinunter schluckte. Es war nicht viel von dem Tier übrig geblieben, als ich voll gesättigt den Rückweg antrat. Noch immer in Wolfsgestalt, weil ich nur wenig Lust hatte, mich den Schmerzen der Verwandlung erneut auszusetzen. Mein Maul leckte ich bestmöglich sauber, aber es war auch danach noch stellenweise blutbefleckt, was aber auf dem dunklen Fell zum Glück nicht so auffiel. Mir war das ja schnuppe, aber Riccarda würde mich schief ansehen und das... würde mir wohl irgendwie missfallen. So putzte ich mir unterwegs noch sogut wie möglich die Schnauze und kam schließlich wieder auf der Lichtung an. Mit gemütlichen Schritten näherte ich mich erneut dem Steg, auf dem die schlanke Blondine saß. Ohne mich erneut einer Verwandlung zu unterziehen, legte ich mich zu ihr. Meine Schulter war in etwa auf ihrer Höhe, mein Kopf nahe des Stegendes.
Blöderweise verfolgte mich derselbe Verdacht. Ein Mensch hätte nicht einmal einen guten Grund, um meiner Familie etwas antun zu wollen, ginge die Eifersucht doch eher gegen die bereits im Palast angestellten Bürger der Stadt, denen man aber auch auf andere Art und Weise schaden konnte. Dazu musste man nicht direkt ein Feuer legen und sämtliche Engel gefährden. Es kam mir dementsprechend unlogisch vor, also blieb von den Brandstiftern nur noch die Option der gegnerischen Familie übrig, die ihre Pfoten stets irgendwie im Spiel hatten. Ob gefragt oder nicht. Seufzend verdunkelte sich meine Miene ein wenig, denn noch hat ein kleiner Teil in mir die Hoffnung in sich getragen, dass es sich womöglich um einen blöden Zufall gehandelt hatte, eventuell ja ein mehr oder weniger harmloser Kabelbrand, bei dem wir alle eben verdammt viel Pech hatten, doch der Zeitpunkt, dann auch noch im Rückblick auf die Vergangenheit und Rivalität zwischen den herrschenden Gegenstücken. Da fiel einfach zu viel zusammen, als dass man es einfach so vom Tisch kehren konnte, sodass meine Schultern irgendwann auch kapitulierend absackten. „Aber du bist nun mal mittlerweile ein Familienmitglied, egal, ob du das willst, ob es dem Rudel gefällt oder sonst wem. Du gehörst jetzt halt irgendwie dazu und das kann man nicht einfach so durch einen Brand oder eine Abschiebung in die Wälder ändern“, stellte ich trocken fest und hob dann erst wieder meinen Blick, um Isaac nachdenklich zu mustern. Außerdem kam es mir überzogen vor, dass meine Eltern ihn wirklich loswerden wollten, obwohl… naja, womöglich stimmte es schon. Da fiel mir nicht mal mehr ein argumentativ wertvolles Aber ein. „Dich kann man in gar keinem Zustand allein lassen“, entgegnete ich meinem Ehemann dann aber doch frech und streckte ihm die Zunge raus, immerhin hatte er mir den Kontor so hübsch auf dem Tablett serviert, da musste ich einfach zugreifen. Dass er mir daraufhin durch die Haare wuschelte, gefiel mir überhaupt nicht, sodass ich abwehrend nach seiner Hand schlug, doch da war der junge Mann schon wieder ein paar Schritte weiter, sodass meine Verteidigung bloß die Luft erwischte und ich ihn mit leicht zusammengekniffenen Augen nachfunkelte, ehe ich mit meinem Blick auf der Verwandlung hängen blieb. Irgendwie fand ich es doch ziemlich faszinierend, dass das möglich war. Den Körper in den eines Tieres zu verwandeln… obwohl ich ebenfalls kein reiner Mensch war, fühlte ich mich dieser Menschlichkeit noch immer näher, als es eine Person mit Wolf als zweites Gesicht sein könnte. Oder nicht? Meine Gedanken flossen eher träge durch meinen Kopf, irgendwann verstummten sie ganz, was wohl bedeutete, dass ich eingeschlafen sein musste, während die Sonne wie eine wärmende Decke fungierte. Es war nicht sonderlich bequem auf dem Steg, doch es reichte, um mich eindösen zu lassen und so schreckte ich erst wieder ein wenig orientierungslos auf, als ich das Knarren der Holzbretter vernahm, die mir die Ankunft Isaacs verkündeten. „Erfolgreich gewesen?“, erkundigte ich mich, saß aber noch mit dem Rücken zu ihm, weshalb ich die tierische Gestalt nicht erkennen konnte. Es wunderte mich jedoch, keine Antwort zu erhalten, weshalb ich dann doch nachschaute und ein kleines Grinsen zeigte. „Eventuell kann ich mich mit dem Wolf doch noch anfreunden, da kannst du immerhin nicht zurückreden“, freute ich mich versonnen und beobachtete dann aber, wie sich der wuchtige Körper bequem hinlegte. Ein ziemlicher Berg an Muskelmasse und Kraft. Eigentlich wollte man sich mit dem Raubtier sicherlich nicht anlegen; außer man war ein großkotziger Engel. Wie auch immer. „Weißt du, ich war noch nie ein Fan davon, das zu tun, was von mir verlangt wird. Was hältst du davon, wenn wir unsere Flitterwochen 2.0 abkürzen und früher vorbeischauen. Ewig können sie uns ohnehin nicht außen vor halten, also warum den Prozess nicht verkürzen?“ Mir blieb nach wie vor klar, dass ich wohl keine Antwort bekommen würde, aber das war in Ordnung, gerade würde mir ein entnervtes Knurren auch reichen, um einschätzen zu können, wie absurd mein Vorschlag tatsächlich war.
ich hab sie halt leider gar nicht mehr... muss demnächst mal 'n neuen Banner machen :( __
Isaac
Ja, da hatte sie Recht. Ich gehörte inzwischen dazu und es war ganz gleich, wem das passte oder eben nicht - um das zu ändern war es mittlerweile einfach zu spät und alle Beteiligten mussten damit leben. Fakt war aber auch, dass die Engel mich ohnehin nicht mehr loswurden, solange Riccarda bei ihnen hauste, zu ihnen gehören wollte. Ich könnte es zwar abstreiten, weil ich ein guter Lügner war, aber mein Beschützerinstinkt klebte wohl förmlich an dem frechen, blonden Engel, der mir das Leben schon so oft zur Hölle gemacht hatte. Es war mitunter auch genetisch bedingt wegen meiner wölfischen Seite, aber auch vom Menschlichen her war sie mir eben nicht mehr egal. Das war aber auch okay so, ich würde es nicht ändern wollen. Klang bescheuert, aber sie hatte mich sicher schon ein Stück weit zu einem toleranteren, besseren Menschen gemacht. Meine wölfische Seite würde Riccarda wohl niemals ändern können, dazu war sie schon mein ganzes Leben viel zu präsent und stark geprägt worden, aber was den Menschen in mir anging.. Meine Frau unterbrach meinen Gedankengang, als sie neckisch preisgab, froh zu sein, dass ich in meiner Wolfsgestalt nicht reden konnte. Innerlich verdrehte ich darüber die Augen, gab nach außen hin aber Nichts preis. Ja, mir war schon klar, dass ich ihr sehr oft auf die Nerven ging, das brauchte mir die junge Frau nicht zu sagen - andersherum war das ja schließlich auch der Fall, wobei sich das Ganze inzwischen auf ein Minimum beschränkte. Momentan war mir auch gar nicht danach, sie besserwisserisch anzuschnauzen oder sie anderweitig auf die Palme zu bringen, weil mir die aktuelle Stimmung wesentlich besser gefiel als der ganze Familienstress, der bei uns beiden vorprogrammiert war. Ihr kurz darauf folgender Vorschlag überraschte mich jedoch zugegeben ein wenig. War ihr das harmonische Zusammenleben ihres Engelsclans nicht sonst ach so heilig? Meistens zumindest, jetzt gerade aber wohl eher nicht. Die Tatsache, dass sie ihre Ungewissheit störte, war kein Geheimnis angesichts unseres vorherigen Gesprächs, aber das kam jetzt doch ein wenig unerwartet. Ich hob den Kopf wieder von den Brettern an, sah ihr in die Augen. Mein Wolfsgesicht musste dabei eine gewisse Skepsis ausstrahlen, ehe ich den Kopf schüttelte, mich ein wenig zur Seite drehte und meinen wohl nicht unbedingt leichten Schädel auf Riccardas Schoß ablegte. Nicht als Zeichen dafür, dass ich ihren Vorschlag gänzlich ablegte, nur wörtlich beisteuern konnte ich dazu gerade Nichts und mir war nicht danach, jetzt sofort aufzubrechen. Noch ein paar Minütchen entspannen und dann konnten wir dem Rest der Familie ja immernoch unsere Empörung über ihr Verhalten entgegen bringen.
Trotz der Fellnase konnte ich die Verwunderung in den großen Augen des verwandelten Mannes erkennen, was meine Mundwinkel ein wenig nach oben zucken ließ, als ich den Blick erwiderte. „Du brauchst mich jetzt gar nicht so überrascht ansehen“, informierte ich ihn amüsiert, hatte ich die Gelegenheit im Grunde nur dafür genutzt, um meine Gedanken loszuwerden – nun, wo ich mir sicher gehen konnte, dass uns sonst niemand belauschen würde oder neugierig um die Ecke biegen könnte. Dass ich mit keinen abfälligen Kommentaren zu rechnen hatte, war der kleine Bonus. Der Ausdruck in seinem Blick konnte mich nicht aufhalten, weshalb ich meine Aufmerksamkeit während des Sprechens doch wieder über die ruhige Oberfläche des Wassers wandern ließ. Durch die Reflektion der Sonne schien es, als würden tausend kleiner Glitzersteinchen im See treiben. Mir gefiel es hier wirklich gut, es ließ sich aushalten, aber gleichzeitig zog es mich nach Hause. Ich wollte wissen, was los war und was meine Familie weiters gedachte zu tun. Abgeschieden von jeglicher Zivilisation befand man sich durchaus in Sicherheit, spürte die Natur und durfte sich ausreichend erholen, aber gleichzeitig schottete es einen derart extrem ab, dass ich das Gefühl hatte, überhaupt keine Bindung zu meinen Eltern oder Verwandten in dem Moment zu spüren, obwohl wichtige Themen angesprochen werden mussten. Dass das Rudel hinter dem Angriff steckte, war wohl nicht nur in Isaacs Kopf zu einer vermutlichen Überzeugung herangewachsen, doch wie ging es weiter? Ich saß hier am Steg und hatte keinen blassen Schimmer. Die Regung im Augenwinkel ließ mich meinen Kopf wieder hinüberdrehen, um zu erkennen, wie der Wolf sein mächtiges Haupt träge schüttelte und dann wie eine Fessel auf meinen Schoß sinken ließ, was mich zuerst ein wenig pikiert hinabsehen ließ. Ein Schnauben trat aus meiner Kehle. „Schon gut. Ich hab ja nicht vor, sofort loszustürmen. Es ist nur ein Gedanke, der mich nicht loslässt und ich würde einfach gerne dabei sein, mich nicht irgendwo versteckt halten müssen, obwohl ich davon ausgehe, dass deine Leute sowieso wissen, wo du bist“, räumte sie neutral ein und ging somit auch einer kurzen Eingebung ein, indem ich damit begann, kleine Schmutzpartikel aus dem überraschend seidigen Fell zu zupfen. Teilweise hatten sich sogar Blätter oder Bruchstücke von Ästen in den Strähnen verfangen, die ich in aller Ruhe zu entwirren begann, sofern diese in meiner Reichweite waren. Eine durchaus beruhigende Arbeit, während die Sonne friedlich herabschien und man beinahe den Eindruck erwecken konnte, ein Mädchen säße einsam und alleine mit ihrem treuen Gefährten am See, um sich der Idylle hinzugeben. Okay, vielleicht war es doch ein klein wenig praktischer, wenn Isaac seiner Stimme bemächtigt war, denn diese Monologe gehörten eindeutig nicht zu meiner bevorzugten Kommunikation, vor allem, wenn ich mich mit Dingen herumplagte, die ich nicht allein entscheiden konnte. Aber erst einmal die Füßchen stillhalten; das verstand ich. Ungern, aber doch. Irgendwann nahm ich meine Hände aus dem dichten Fell und ließ mich zurück auf den Rücken sinken, um in den blauen Himmel hinaufblicken zu können. Dort stand leider auch keine Erklärung oder ein Lösungsvorschlag, mit dem ich etwas anfangen konnte. Ob meine Eltern bereits die Renovierungsarbeiten begonnen hatten? Wo lebte meine Familie bis dahin? Was hatte es für weitere Auswirkungen auf die Dynamik innerhalb der herrschenden Parteien? So viele Fragen, aber der Himmel strahlte weiterhin nur in einem klaren Azurblau.
aber sowas von :( wurde jetzt leider nicht so lang x.x bin momentan aber einfach platt von der Katzenbeerdigung vorgestern.. ____________________
Isaac
Ich konnte vollends entspannen, während ich Riccarda zierliche Fingerchen durch mein Fell wanderten. Im ersten Moment war es noch ungewohnt, fasste normalerweise nicht unbedingt freiwillig jemand einem um die zwei Meter großem Wolf ins Fell. Abstand war da für gewöhnlich einfach eher angebracht, aber meine Frau hatte ja keine Angriffe mehr zu befürchten, weshalb wir dabei wohl beide ein wenig mehr zur Ruhe kamen. Ich döste irgendwann ein bisschen weg, war nur noch im Halbschlaf anwesend und hatte die Augen geschlossen. Erst nach etwas mehr als einer halben Stunde wachte ich wegen in der Nähe knackender Äste auf, hob den Kopf wieder an und sah mich um. War aber Nichts, was uns einen unschönen Besuch abstatten würde, sondern wohl nur der leichte Wind, der einem Ast Einen mitgegeben hatte. Noch in wölfischer Gestalt gähnte ich einmal ausgiebig und streckte mich, bevor ich aufstand und wieder ein wenig Abstand zu dem Engel suchte, um mich ungehindert verwandeln zu können. Wäre ihr vielleicht auch unangenehm, wenn ich mich da direkt neben ihr verbog und in meiner eigenen Haut umher windete, war also für beide Seiten besser so. Ich lockerte meine Gliedmaßen noch einmal kurz auf, als ich wieder auf zwei Beinen stand, bevor ich dann nach gefühlter Ewigkeit der Stille - wenns auch eine angenehme für mich gewesen war - wieder das Wort ergriff. "Hast Recht. Hier rumsitzen und auf das nächste Weltwunder warten ist jetzt auch nicht so mein Ding. Lass uns gemütlich zurück gehen und dann machen wir uns auf den Heimweg, beziehungsweise auf die Suche nach deiner Familie." räumte ich ein und packte dann langsam das Picknick zusammen, ohne mich zu Beeilen oder dergleichen. Wir hatten ja Zeit, wenn mich auch ein wenig die Neugier plagte, was denn nun eigentlich Sache war. Die Neugier war ein wesentlicher Teil meines Charakters und ich wollte ihn nicht missen, obwohl mir das schon einige Male ziemlichen Ärger eingebrockt hatte. So war ich eben, immer auf der Suche nach dem nächsten Schlagloch im Lebenslauf. Als die Sachen fertig zusammen gepackt waren, brachen wir zum Rückweg auf und ich genoss für die letzten paar Minuten die Natur um mich herum. Es war lange her, dass ich das letzte Mal einfach entspannt irgendwo im Wald gelegen und absolut Nichts getan hatte. Für gewöhnlich ging ich nur jagen und dann verließ ich das Waldgebiet wieder, weil Wichtigeres wartete. Es war also mal ganz angenehm gewesen, für kurze Zeit nicht zu wissen, was in der Stadt auf einen wartete, sondern einfach in der ruhigen Waldatmosphäre die Seele baumeln zu lassen. "Hast du eine Vermutung, wo sich der Rest aufhält?" ich meinte damit natürlich die Engel, meinen Wolfsclan roch ich aus ein paar Kilometern Entfernung. Zumal ich es auch einfach spürte, wenn ein anderer Wolf nahe war, das war so in unserer wölfischen Hälfte verankert. Somit wussten die leider auch immer, wo ich war, das war die negative Seite daran.
Mit der Zeit verlor man wohl einfach seine Furcht vor dem jeweils anderen, zumindest die oberflächliche Abneigung beziehungsweise Panik, sodass die sanften Streicheleinheiten eher einer angenehmen Beschäftigung glichen, als einem verkrampften Beweis, dass doch ohnehin alles zwischen uns in Ordnung war. Isaac musste keine Bedenken hinsichtlich meiner eher atypischen Kräfte haben und ich sorgte mich nicht darum, dass er mir im nächsten Augenblick die Finger abbiss, weil ich ihm zu nahe gekommen war. Ein klein wenig Zuneigung tat auch dem großen, bösen Wolf ganz gut, davon ging ich einfach mal aus – vielleicht konnte ich damit ja auch mein eigenes Bedürfnis nach Nähe kaschieren, welches mich einerseits ein wenig das Fürchten lehrte, aber andererseits auch freute, immerhin bedeutete es doch, dass ich mich selbst in der nähe der animalischen Version meines Mannes wohl genug fühlte, um locker zu bleiben. An sich ein wirklich schöner Augenblick, der sich ruhig ein wenig in die Länge ziehen durfte, doch alles nahm irgendwann in irgendeiner Form ein Ende und so zog ich auch meine Hand wieder zurück, was Isaac wohl als Möglichkeit sah, um sich wieder zu einem Menschen zurück zu verwandeln, wogegen ich auch nichts einzuwenden hatte, war die Chance auf Antworten nun doch um ein Vielfaches gestiegen. Dementsprechend erwartungsvoll lagen meine hellen Augen auch auf dem Dunkelhaarigen, der mir dann auch schon zustimmte, was wiederum ein zufriedenes Lächeln meinerseits bedeutete. Das klang nach einem hervorragenden Deal, weshalb ich nickend zustimmte und mich dann ebenfalls in aller Ruhe daran machte, den Korb wieder zu füllen, sodass es bald so wirkte, als wären wir nie hier am Steg gewesen. Auch die nassen Abdrücke waren mittlerweile im Schein der Sonne getrocknet, weshalb keine weiteren Spuren von unsere Anwesenheit erzählten. Warum auch immer, es gab mir ein beruhigendes Gefühl, alles so unberührt vor mir liegen zu sehen, nachdem ich mich aufgerichtet hatte, sodass ich mich guten Gewissens vom See abwenden und wieder in die Richtung der kleinen, verborgenen Hütte mitten im Nirgendo zuwenden konnte. „Ich könnte mir vorstellen, dass einige zu ihren Ferien- und Wochenendhäusern ausgewichen sind, außerdem besitzt meine Familie ja ein paar Immobilien in der Stadt und näheren Umgebung, also darum mach ich mir keine Gedanken.“ Ohnehin ging ich davon aus, dass man vor allem meine Eltern am ehesten beim Schloss antreffen würde, wo sie wahrscheinlich weiterhin alles überwachten – das Misstrauen war entfacht worden, da gab es nun keinen Weg zurück und so weit kannte ich vor allem meinen Dad, um zu wissen, dass er es nur ungern auf sich beruhen lassen wollte. „Zu aller erst würde ich vielleicht mal zum Haus hin“, wobei die Bezeichnung als Haus wirklich schrecklich untertrieben war, wenn man sich den Palast einmal vor Augen führte, aber es klang in meinen Ohren furchtbar abgehoben, das Gebäude als solches zu benennen, weshalb ich auch davon absah, aber ein leichtes Grinsen dennoch nicht unterdrücken konnte. In der Hütte angekommen verstauten wir die Lebensmittel, sodass es sehr bald schon daran ging, das wenige Hab und Gut, mit dem wir hierhergekommen waren, wieder zusammenzupacken, sodass wir in demnächst aufbrechen konnte. So sehr es mich auch drängte, ich genoss trotzdem jene Minute hier in der ruhigen Abgeschiedenheit. „Wir sollten öfter herkommen… einfach so“, sprach ich dann doch irgendwann meine Gedanken leise aus, lächelte leicht und zuckte mit den Schultern, ehe ich den kleinen Koffer vom Bett zerrte und am Boden aufkommen ließ.
Ohne große Umschweife hatten wir Alles zusammengepackt, was wir mit hierher gebracht hatten, oder besser gesagt was Riccarda mit Unterstützung hierher gebracht hatte. Immerhin war ich bewusstlos mit hierher verfrachtet worden, Nichts dazu beigetragen. Dafür half ich Riccarda aber jetzt und nahm ihr einen Großteil des Gepäcks ab, trainierte ich doch schließlich nicht umsonst regelmäßig, um meinen Körper in Form zu halten. Entsprechend leicht fiel es mir die Sachen im Kofferraum zu verstauen. "Kann losgehen." stellte ich mehr für mich selbst fest, als dass ich es zu meiner Frau sagte, ehe ich in den Wagen stieg. Hinters Steuer natürlich. Nicht, weil ich es Riccarda nicht zutrauen würde, dass sie den Wagen steuern und sicher zum Schloss zurückbringen konnte, sondern ganz einfach deshalb, weil ich nicht wirklich daran glaubte, dass sie selbst unbedingt fahren wollte. Sie war es vermutlich ohnehin gewohnt, dass sie gefahren wurde, weil ihre Eltern sie meines Wissens nach sowieso nicht gerne alleine irgendwohin ließen. Verstand ich persönlich nicht ganz, war sie doch eigentlich eine recht verantwortungsvolle junge Frau. Mal abgesehen von der Misere mit mir, als wir uns mehrfach in der Öffentlichkeit förmlich die Köpfe abgerissen hatten, stand sie doch normalerweise immer loyal und bedacht hinter ihren Eltern, hinter ihrer ganzen Familie. So fuhren wir erst einmal aus dem Wald heraus und es war auch danach noch ein Stück, bis wir Zuhause ankamen. "Sollte die Fehde jemals ein halbwegs gutes Ende finden und wir unsere Ruhe haben... ja, dann sollten wir sowas öfter machen." führte ich Riccardas Gedanken fort, auf den ich bis gerade eben noch Nichts erwidert hatte. Unbeantwortet lassen wollte ich ihre Worte aber auch nicht, schon gar nicht, wenn ich ihr dabei zustimmte. War ja nach wie vor bei Weitem nicht immer der Fall, dass wir der selben Meinung waren und so sollte man es nicht außer Acht lassen, wenn es dann mal so war. Ich ließ ihr noch ein sanftes, entspanntes Lächeln zukommen, ehe ich mich wieder auf die Straße und den Verkehr konzentrierte, bis wir letzten Endes wieder in ihrem Heim ankamen. Oder besser gesagt was davon eben noch übrig war - der einstige Brand hatte ziemliche Schäden hinterlassen und es würde wohl eine ganze Weile dauern, bis die Spuren wieder gänzlich beseitigt waren. Ihre Mutter stand auf der Treppe vor dem Eingang des Hauses, unterhielt sich mit jemandem, den ich nicht kannte und ich wusste nicht recht, wie ich ihren Gesichtsausdruck deuten sollte, als sie uns aus dem Wagen aussteigen sah. Ich würde mich wohl erst einmal höflich zurückhalten und ihrer Tochter das Reden überlassen, hatte ich doch nicht immer ein Händchen dafür, die passenden Worte zu finden. Mir war gerade absolut nicht danach, jemanden im Haus zu verärgern oder mich anderweitig unbeliebt zu machen, wo der Anschlag auf das Anwesen ganz eindeutig von einem Mitglied meines eigenen Clans begangen worden war.