Da waren wir schon zwei. Ich war nach wie vor wirklich froh um die Erfindung von Duschen, wusste das warme Wasser doch meistens gleich morgens meinen fast chronisch verspannten Nacken aufzulockern. Mit regelmäßigen Massagen war seit dem Verschwinden aus meiner Villa nicht mehr, da musste das wohl reichen. Ich hoffte dennoch, dass ich irgendwann in nicht allzu ferner Zukunft wieder zu einem gewissen Lebensstandard kommen würde. Ich hatte mich mittlerweile zwar an die aktuellen Lebensumstände gewöhnt, aber das hieß ja nicht zwangsweise, dass ich mich damit auch wohlfühlen musste. "Vielleicht sollte ich langsam für 'nen Treppenlift sparen.", erwiderte ich noch ein paar sehr sarkastische Worte, wobei das Grinsen aber weiter in mein Gesicht Einzug hielt. Es war einfach angenehm, dass ich mich selbst gerade nicht so wahnsinnig ernst nehmen musste, wie das sonst häufig der Fall war. Die jetzt ziemlich lockere, ungezwungene Stimmung war eine willkommene Abwechslung und ich genoss das wirklich. Sydney offenbar auch, denn das nicht zu überhörende Lachen - das sicher im Wohnzimmer auch noch zu hören gewesen war, relativ gute Schalldämmung in den Wänden hier hin oder her - verdeutlichte das ganz unverblümt. Es ließ mich selbst auch kurz mit einstimmen, wobei ich im Gegensatz zu der Brünetten neben mir nur kurzzeitig leise in mich hinein lachte. Diese Art von Gespräch war für uns ziemlich untypisch, hatte aber durchaus Unterhaltungswert. Allerdings hatte ich ganz ehrlich wenig bis gar nicht damit gerechnet, dass die junge Frau auch noch darauf einsteigen würde. Es war mehr nur so beiläufig dahingesagt gesagt gewesen, weil sich mir persönlich allgemein seit längerem schon keine Möglichkeiten für derartige Kommentare geboten hatte. Da hatte ich diese eine eben nutzen wollen, ohne mir groß etwas dabei zu denken. Dass die Geschichte von der Amerikanerin mehr oder weniger fortgeführt wurde war weniger meine Intention gewesen. Womöglich war sie ein bisschen weniger kurz angebunden, als ich vorher gedacht hatte. Nicht, dass mich die kleine Wendung der Dinge stören würde, es kam nur schlichtweg unerwartet. Ich war mir jedoch nicht schlüssig, was ich darauf jetzt am besten antworten sollte. Konnte man schließlich wieder ebenso zweideutig verstehen, wie das bei meinen eigenen Worten vorher der Fall gewesen war. Eigentlich könnte ich aber kurzzeitig noch weiter auf den gleichen Zug aufspringen - ohne das wirklich ernst zu meinen, versteht sich. Ein kleines bisschen Spielerei war eben ganz nett. "Hmmm, kommt wohl ganz drauf an..", setzte ich erst einmal zu ein paar Worten an, kurz bevor ich mich ein Stück weit aufrichtete. Mich mit dem Oberkörper über die Brünette beugte und ihren Hinterkopf damit zurück auf die Matratze verdonnerte, weil ich mit meinem Gesicht gar nicht so weit von ihrem entfernt war. "..ob du das willst.", vollendete ich meinen vorherigen Satz schließlich mit ein paar ruhigen, aber eindringlichen und angerauten Worten. Fokussierte ihre Augen mit einem recht funkelnden Blick und für einen Moment lang hätte man meinen können, dass ich das so wirklich ernst meinte. Nach etwa fünf Sekunden kehrte aber das Grinsen auf meine Lippen zurück und ich lachte leise, bevor ich mich wieder ganz von Sydney entfernte und letztlich vom Bett aufstand. Nein, das ging hier sonst noch zu weit. Selbst, wenn Sydney sich gar nicht in Acht nehmen wollte, weil sie weder vor der einen, noch von der anderen Art Fesselei zurückweichen wollten würde, sollte ich die nicht wirklich durchdachte, überwiegend indirekte Flirterei sein lassen. Ein verkorkstes Paar im Team reichte, auch wenn Sex nicht zwangsweise etwas Ernstes zur Folge hatte. Ich wandte mich dennoch lieber wieder dem Kleiderschrank zu, um mir frische Boxershorts zu angeln. Meine Dusche, ja. Das war, was ich jetzt brauchte.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Na ja, okay, er mochte vielleicht alt sein, ja, aber so alt dann nun auch wieder nicht. Für seine geschmeidigen 28 Jahre hatte er sich noch gut gehalten, ein Treppenlift war da ganz sicher noch nicht von Nöten - ha ha. Nichtsdestotrotz stimmte ich Sabin dahingehend mit einem schwachen Nicken zu und unterstrich das Ganze zusätzlich mit den Worten "Oder du suchst dir im neuen Land einen Bungalow wie diesen hier. Da musst du dir um Treppen keine Sorgen machen." In Hinsicht auf das stetige Älterwerden war das so oder so eigentlich keine schlechte Idee - es kam schließlich nicht selten vor, dass ältere Menschen mit ihrem hohen Alter noch einmal umziehen mussten, weil das gekaufte Eigenheim von vor mehreren Jahren einfach nicht mehr alltagstauglich war. Alleine aus diesem Grund hatten Kilian und ich uns beim Bau unseres Hauses darauf geeinigt, es möglichst groß, dafür eben nur einstöckig zu konstruieren, weil wir uns beide sicher gewesen waren, miteinander alt werden zu wollen. Das hatte sich zwar inzwischen erledigt, aber ich war weiterhin der Ansicht, dass ein Bungalow wie der von Ashton definitiv zukunftssicher war. Ehe ich mir jedoch die Frage stellen konnte, ob es sich als allein stehende Person lohnte, ein Haus zu beziehen, grätschte mir der Italiener mit ziemlich drastischen Mitteln dazwischen. Ich hatte überhaupt nicht erwartet, dass er sich dazu in irgendeiner Hinsicht noch mal äußern wollen würde, was die Geschichte rund um das Thema Fesseln anging, weshalb meine Gedanken schon längst wieder ganz woanders waren. Eben wieder bei dem Punkt angelangt waren, welche Art von Bleibe uns im neuen Land letztlich erwarten würde. Ich musste also entsprechend überrascht ausgesehen haben, als plötzlich Bewegung in Sabin kam und er nur wenig später über mir thronte. Sein Gesicht so nah an meinem, dass ich seinen Atem auf meinen Wangen spüren konnte, als er ein paar provokante Worte zu mir herunter raunte. Allerdings hatte er sich wohl mal mindestens genau so schnell von mir entfernt, wie er mir nahe gekommen war, sodass eine Antwort meinerseits in der Zeit überhaupt nicht möglich war. Stattdessen hatte ich nur schweigend da gelegen und ihn angestarrt, merklich überfordert, weil ich weder wusste, was ich tun oder lassen, noch ihm antworten sollte. Ich war also ganz froh, dass sich das Ganze wenig später als eine Art fiesen Spaß heraus stellte und Sabin eigentlich gar keine ernst gemeinte Reaktion darauf erwartet hatte, was mich einerseits ein wenig irritiert, andererseits doch relativ erleichtert zurück ließ. So hatte ich immerhin die Zeit, seine Worte in Ruhe sacken zu lassen, auch wenn es da hinsichtlich einer möglichen Antwort eigentlich nichts mehr zu überlegen gab. Seine Worte waren natürlich wieder relativ schwammig, fragte er mich doch indirekt, ob ich mich fesseln lassen, zeitgleich aber auch, ob ich mich denn persönlich in Acht nehmen wollte. Waren schon zwei unterschiedliche Paar Schuhe und weil der Interpretationsspielraum doch sehr weit gefasst war, hielt ich mich mit einer Antwort so ganz allgemein besser zurück. Hinterher wurden mir hier noch Dinge unterstellt, die so gar nicht zutreffend waren. Aber musste mich das denn beunruhigen? Ich wusste doch schließlich, dass da nichts weiter laufen würde, auch wenn die Konversation als solches dieses eine Mal ein wenig pikanter gewesen war ... oder? Wenn ich so darüber nachdachte, war ich mir plötzlich nicht mehr so sicher, wie ich es eigentlich sein sollte, weshalb ich kurz die Augen schloss, um mich geistig zu sortieren - und vor allem das durch meine Blutbahnen wabernde Östrogen zurück zu drängen. Das brauchte mich in Summe einige Augenblicke, bis ich schließlich dazu in der Lage war, mich ebenfalls ein Stück aufzurichten, um Sabin mit meinem Blick bis zum Kleiderschrank zu folgen. "Da hast du mich ja fast gehabt.", war das Erste, was ich von mir hören ließ, als ich nach einer halben Ewigkeit endlich wieder zur Sprache zurückgefunden hatte. Dabei waren meine Worte durchaus ernst gemeint, weil ich eigentlich keinen triftigen Grund dafür sah, ihm zu verheimlichen, was der Moment in mir ausgelöst hatte. Schließlich waren wir zwei erwachsende Menschen und es war absolut nichts Verwerfliches daran, einander attraktiv zu finden. Zwar brauchte ich immer einen Augenblick, mir das noch einmal ins Gedächtnis zu rufen, weshalb ich anfangs wie ein kleines Kind sichtlich überfordert gewesen war, aber jetzt ... wo er nicht mehr über mir beugte, da ließ auch der immer verliebte Teil meines Gehirns auch das Nachdenken wieder zu.
# Is it all a tragedy? Are we flashes in a rut going in and out of luck? Maybe. #
Ein einstöckiges Haus wäre sicher auch eine Variante. Sowohl die optisch schönere, als auch die langfristig sinnvollere. Man brauchte ja auch nicht zwangsläufig einen zweistöckigen Palast zum Leben, aber ich hoffte doch schon sehr, dass ich noch eine ganze Weile lang auf eigenen Beinen Treppenstufen hoch kam. Da musste vermutlich entweder ein Unfall mit Querschnittslähmung oder eine Amputation beider Beine her, um mich frühzeitig in einen Lift zu befördern. Aber wie dem auch sei - war nicht weiter wichtig, waren solche Gedanken doch ziemlich sicher erst in ferner Zukunft von Nöten. Da widmete ich mich doch lieber dem reichlich überforderten und verdutzten Gesicht der Amerikanerin und allein letzteres war die kleine, sehr spontane Aktion schon Alles wert gewesen. Ein bisschen gemein war das vielleicht schon, aber ich war eben auch nur ein Mensch - hier und da ein winziges bisschen Schadenfreude hatte sicher noch Niemanden umgebracht. Außerdem hatte ich Sydney offensichtlich weit von den trüben Gedanken an ihren verletzten oder kranken Sohn abgebracht, was viel wert war. So grinste ich auf dem Weg zum Kleiderschrank eben doch so ein bisschen vor mich hin und weil ich mich an die Ordnung hier drin noch nicht wirklich gewöhnt hatte - normalerweise lebte ich ja eher nur aus meiner Tasche, in der vorherigen Bruchbude hatte es sowas wie einen ausreichend großen Kleiderschrank für zwei Leute nicht wirklich gegeben -, brauchte ich vor dem Schrank stehend wohl auch ein paar Sekunden, bis ich dann nach einer Boxershort griff. Ich zog sie gerade zwischen zwei anderen heraus, als mir Sydneys Worte an die Ohren drangen und das ließ das Grinsen unweigerlich noch breiter werden. Ich wusste nicht, ob man sowas wie flirten und Charme zu versprühen wirklich verlernen konnte, wenn man es erst einmal drauf hatte, aber so oder so schien das hier bei mir nicht der Fall zu sein. Die Ehejahre hatten mir offenbar keinen Abbruch getan, was sich doch irgendwie auch gut anfühlte. Vielleicht zwickte hier und da mal der Rücken, aber ansonsten war ich vom alt sein noch weit entfernt. "Ja, hab ich gesehen.", stimmte ich noch einmal mit ein, als ich die Türen des Kleiderschranks gerade wieder zumachte. Es war eben nicht wirklich zu übersehen gewesen, dass die Brünette von meiner Reaktion reichlich überrumpelt gewesen war. Aber das machte sie nur durch und durch menschlich, war weit von ihrer vorher so kühlen Art als Cop entfernt und das war angenehm. Mein Grinsen rührte auch einfach nur von guter Laune und hatte nichts damit zu tun, dass ich sie auslachte oder dergleichen. Sie Situation war nur einfach abwechslungsreich und durchweg unterhaltsam. "Ich geh duschen... und mach danach vermutlich noch was zu essen. Hast du Hunger? Ich weiß aber noch nicht, worauf's hinausläuft.", kehrte ich ein ganzes Stück weit zur Normalität zurück und erkundigte mich auf meinem Weg zur Zimmertür noch danach, ob die junge Frau auch was zu essen wollte, wenn ich für mich ja sowieso kochte. Womöglich hatte sie bereits gegessen, weil es ja doch schon etwas später war, dann hätte sich das erledigt. Ashton und Tauren brauchte ich nicht zu fragen - sie hatten beide ausschließlich immer Hunger.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Sabin schien sich ganz offensichtlich köstlich darüber zu amüsieren, wie überfordert ich mit der Situation eigentlich gewesen war, was mich nach wie vor leicht grinsend mit den Augen rollen ließ. Böse war ich ihm deswegen keinesfalls, aber ich konnte eben auch nur bis zu einem gewissen Punkt über mich selbst lachen, bis es mir etwas zu unangenehm wurde, so wie jetzt in diesem Fall. Es war vermutlich also gar nicht so verkehrt, dass sich der Italiener in den nächsten Minuten zum Duschen gehen verabschieden würde, denn dann hatte ich genug Zeit, die ganze Geschichte sacken zu lassen und später war die Sache dann endgültig vom Tisch. Ich hatte den jungen Mann eingehend gemustert, als er nachdenklich vor dem Kleiderschrank nach seinen Boxershorts suchte, als Sabin erneut sein Wort an mich richtete und damit ziemlich abrupt das vorangegangene Thema beendete. Sollte mir nur recht sein, hatte ich ohnehin nicht vor, das Ganze jetzt noch weiter auszuführen. "Essen hört sich vernünftig an. Da kannst du mich in jedem Fall mit einplanen.", gab ich ihm zu verstehen, dass ich trotz zwei bereits verdrückten Scheiben Brot und einigen kleineren Snacks einer frischen und vor allem warmen Speise grundlegend nicht abgeneigt war. Noch während ich meine Antwort an ihn in Worte gefasst hatte, war ich ebenfalls vom Bett aufgestanden und ihm bis zur Tür gefolgt, weil ich Sabin beim Verlassen des Raumes zumindest mal bis in den Wohnbereich folgen würde. Ich hatte nämlich die Befürchtung, dass die unliebsamen Gedanken, die durch das nette und durchaus unterhaltsame Gespräch in den Hintergrund gerückt waren, zurückkehren würde, sobald ich längere Zeit mit ihnen alleine gelassen wurde. Und weil ich momentan verhältnismäßig gute Laune hatte, die ich ungerne missen wollen würde, wirkte ich einem eventuellen Rückfall in das tiefe Loch voll Trauer vor, indem ich mich im Wohnzimmer zwischen dem Invaliden und Ashton auf die Couch fallen ließ. Zwar interessierte mich nach wie vor nicht wirklich, was die TV Glotze an alten Schinken hergab, aber es war allemal besser, als sich mit trüben Gedanken befassen zu müssen. Außerdem lenkte mich auch das ein oder andere Gespräch mit den Jungs ab, sodass die gute Laune bis zum gemeinsamen Essen bestehen blieb. Nachdem man Tauren ein kleines bisschen unter die Arme gegriffen hatte und er schließlich wie der Rest von uns am Tisch in der Küche saß, schlugen wir uns in den darauffolgenden Minuten die Bäuche voll, bis ich irgendwann vollkommen satt gegessen die Segel streichen musste. Der Teller, den ich bis zum letzten Rest leer gefuttert hatte, wurde ein Stück weit von mir weg geschoben und mit einem tiefen, zufriedenen Seufzen signalisierte ich, dass ich zum Einen wie gesagt satt war und zum Anderen, dass es mir wirklich gut geschmeckt hatte. Ich war ja schon immer ein Fan von der italienischen Küche gewesen und man dann auch noch durch einen vollblütigen Italiener bekocht wurde, war das natürlich noch einmal ein ganz anderes Erlebnis. Ich bereute es also kein Stück, heute mal wieder viel zu viel gegessen zu haben, weil es sich einfach gelohnt hatte. Klar, die paar Gramm mehr auf der Wage waren zwar nicht ganz so schön, aber wenn wir uns bald ganz offiziell wieder an der frischen Luft bewegen konnten, sah ich eigentlich kein Problem darin, die überschüssigen Pfunde wieder runter zu trainieren. Fürs Erste sollte mich das aber nicht weiter interessieren, weil ich nach dem Essen ohnehin keinen Gedanken daran verschwendete, mich in nächster Zeit mehr als unbedingt notwendig war zu bewegen. Einzig und alleine zum Bett würde ich mich noch rollen, das war aber auch das absolute höchste an Gefühlen, was ich heute noch aufbringen konnte. Ich wartete noch einen Augenblick, bis auch der Rest der Mannschaft mit dem Essen fertig war, um das dreckige Geschirr zu verräumen. Irgendwie war das noch fest in meiner Ehe- und Hausfrauenmentalität verankert, wenn ich mal Zuhause war, mich dann auch liebevoll um Mann und Kind zu kümmern, ersterem wo es nur ging Arbeit abzunehmen. Als das soweit erledigt war, bedankte ich mich bei Sabin für das leckere Essen und verabschiedete mich im direkten Anschluss ins Badezimmer. Meinem abendlichen Hygieneritual nachgehen, bevor ich mich schließlich in Unterwäsche den den Flur schleichend ins Schlafzimmer begab.
# Is it all a tragedy? Are we flashes in a rut going in and out of luck? Maybe. #
Sydney schien gegen eine letzte Mahlzeit für den heutigen Tag nichts zu haben und so bestätigte ich ihr nur noch mit einem leichten Nicken, dass ich sie bei der Portion mit einplanen würde, bevor ich mich gänzlich von ihr abwendete und ins Badezimmer verschwand. Das Grinsen verblasste dann auch nach ein paar Minuten, als ich die Klamotten letztlich ablegte und unter das warme Wasser trat. Ashton hatte zum Glück auch am Duschkopf nicht gespart, wobei er ziemlich sicher nicht sehr begeistert davon war, Oslo jetzt mit dem Rest von uns zu verlassen. Hunter hatte ihm zwar wie jedem anderen seiner Männer die Wahl gelassen, aber was wollte er hier noch? Er müsste sich erst woanders von neuem hocharbeiten oder aufwendig sein eigenes Ding starten und ich war mir ziemlich sicher, dass die Italiener ihn dank Hunters Siegel in Form eines Tattoos erkennen würden, sobald sie wieder hier waren, was nur eine Frage der Zeit war. Also kam er mit, hatte das eher kleine Haus auch schon inseriert und ich konnte dennoch bis zur Abreise weiterhin das komfortable Badezimmer nutzen. So ließ ich mir mit dem Duschen so wie fast immer gerne ein wenig mehr Zeit und stutzte mir im Anschluss noch den Bart im großen Spiegel über dem Waschbecken, bevor ich mit noch leicht nassen Haaren wieder aus dem Bad und rüber in die Küche ging. Ich musste erst kurz die Vorräte abchecken, bevor ich mich letztendlich auf ein Gericht festlegen konnte und an sich kam aber nichts besonderes dabei rum. Mir war auch nicht nach riesigem Aufwand fürs Kochen, weshalb in meinen Augen recht simple Pasta den Anwesenden ausreichen musste. Glücklicherweise beschwerte sich auch Niemand über das Essen selbst oder meine Kochkünste - wäre allerdings auch das erste Mal gewesen, dass das seit sehr langer Zeit vorgekommen wäre. Ich hatte in der Küche noch nie zwei linke Hände gehabt und meine Fähigkeiten dahingehend seit der Schwangerschaft meiner ehemaligen Ehefrau auch weiter ausgebaut. Ganz der faule Koch rührte ich beim Abräumen jedoch keinen Finger, sondern blieb noch einen Moment sitzen während Sydney mit einarmigen Ashton den Tisch wieder frei machte. Ich unterhielt mich indessen noch beiläufig ein bisschen mit Tauren und sah der Brünetten dann kurz nach, als sie aus dem Raum verschwand und blieb danach noch kurze Zeit bei den beiden Jungs. Brachte den Schwerverletzten letztlich als Stütze wieder zurück aufs Sofa, das momentan seinen besten Freund darstellte. Ich wechselte nur noch ein paar weitere Worte mit Hunters Handlangern, bis ich die Badezimmertür hörte. Dann verabschiedete ich mich für den heutigen Tag von den Jungs und machte ebenfalls einen weiteren kurzen Abstecher ins Bad. Nur noch ein kurzer Gang zur Toilette und das standardmäßige Zähneputzen, bevor ich meine vorhin hier liegen gelassenen Klamotten - ich wusste ja, dass ich noch mal ins Bad gehen würde - noch einsammelte und ebenfalls den Gang in mein vorübergehendes Schlafzimmer einschlug. Nachdem die Tür geschlossen und die überflüssigen Klamotten in die Wäschebox geflogen waren, brachten mich meine Füße wie gewohnt nur in Boxershorts auch ohne große Umschweife zum Bett. War zu zweit eben doch für gewöhnlich deutlich wärmer im Bett. Selbst hier oben am eiskalten Arsch der Welt. Als ich mich unter die Decke verkroch dachte ich mit einem flüchtigen Blick auf Sydney aber tatsächlich einen kurzen Moment darüber nach, ob das jetzt irgendwie... naja, komisch war. Wegen der indirekten Flirterei vorhin. War aber eigentlich alles wie vorher, oder?
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Ich hatte das Licht ausgeschaltet und die Tür zum Schlafzimmer hinter mir lediglich angelehnt, bevor ich mich auf die bequeme Matratze fallen ließ, um mir dort das Kissen und die Decke aufzuschütteln. Ich bette meinen Kopf auf dem weichen Federkissen und war dabei eigentlich guter Dinge, durch das Fresskoma begleitet ohne weiteren Umschweife ins Land der Träume abzudriften, aber ein unangenehmes Zwicken im Rücken drängte mich dazu, die Position noch einmal kurzfristig zu ändern. Weil ich jetzt mit dem Gesicht in Richtung des kleinen Nachtischs lag, sprang mir die leuchtende LED meines Smartphones natürlich direkt ins Auge und ich verfluchte den lieben Gott dafür, dass ich das Teil vorhin nicht einfach umgedreht hatte, damit eingehende Nachrichten oder entgangene Anrufe für mich nicht sofort sichtbar waren. Denn mir war bereits jetzt schon klar, dass die bis dahin eigentlich recht ausgeglichene Laune sich schlagartig zum Schlechten wenden würde, wenn ich mich jetzt dazu entschied, die Hand nach dem Handy auszustrecken. Für einen Augenblick haderte ich wirklich mit mir, weil es mir prinzipiell egal sein konnte, falls es Kilian war, der sich mit einer weiteren Nachricht an mich gewandt hatte. Es mochte sich vielleicht hart anhören, aber ich hatte schon beim Gespräch mit Sabin alle möglichen Optionen gedanklich durchgekaut und es war mir schlicht und ergreifend einfach nicht möglich, unauffällig in die Staaten einzureisen. Warum sollte ich mir also selber noch den Schmerz bereiten, mir all die Texte durchzulesen, in denen mir nichts als Vorwürfe an den Kopf geknallt wurden? Gründe dazu hatte ich keine und doch streckte ich meine Hand kurz darauf nach dem Mobiltelefon aus, um die ungelesenen Nachrichten zu checken. Eine davon war, dass Noah die Operation gut überstanden hatte, eine andere, was für eine verantwortungslose Rabenmutter ich doch war, inklusive ganz vieler unschöner Beleidigungen, die mir postwendend die Tränen in die Augen trieben. Tja und damit hatte sich das Thema mit dem Schlafen eigentlich auch schon wieder erledigt. Zwar konnte ich mich dieses Mal sehr viel schneller von den fiesen Worten auf dem Display lösen, aber gedanklich hing ich der Sache noch eine ganze Weile lang nach. In etwa so lange, bis der Lichtkegel, der vom Flur aus einen Spalt breit ins Zimmer schien, immer breiter wurde und mir signalisierte, dass jemand die Tür zum Schlafzimmer aufschob. Ich hatte mich bereits nach dem Lesen der Nachrichten in der Embryonalstellung wieder in meine Ausgangsposition zurück gerollt und rührte mich auch nicht, als Sabin sich auf leisen Sohlen dem Bett näherte, weil ich ihn einfach nicht weiter mit den bereit durchgekauten Problemen belästigen wollte. Stattdessen verhielt ich mich ruhig und versuchte irgendwie trotzdem in den Schlaf zu finden, wobei sich das wirklich unglaublich schwierig gestaltete. Meine Gedanken rasten nur so um sich selbst, weshalb ich mich wohl für einen Großteil der darauffolgenden fünfzehn bis zwanzig Minuten vorsichtig hin und her wälzte, in der Hoffnung, sie dadurch irgendwie sortiert zu bekommen, aber nach etwa fünfundzwanzig Minuten gab ich einfach auf und blieb stur auf dem Rücken liegen, um aus dieser Position heraus nach oben an die Decke zu starren.
# Is it all a tragedy? Are we flashes in a rut going in and out of luck? Maybe. #
Erstmal dachte ich mir zugegeben nichts weiter dabei, dass Sydney mehrfach die Liegeposition wechselte. Immerhin gab es hier und da einfach mal Abende an denen man schlechter einschlief als normalerweise, das war an sich erstmal nichts Ungewöhnliches. Allerdings zog sich das im heutigen Fall ewig in die Länge und ich war schon zwei Mal kurzzeitig weggedöst, wachte aber durch die Bewegung auf der Matratze ebenso oft auch wieder auf und wurde dadurch selbst ebenfalls ein bisschen unruhig. Zum einen, weil es mich einfach nervte, wenn ich ständig wieder aufwachte und zum anderen, weil ich eben nicht wusste, warum die Brünette hier heute so einen Aufstand machte. Ich war tatsächlich schon in so fern müde genug, um eine oder zwei Minuten dazu zu brauchen auf eine mögliche Ursache dafür zu kommen, aber dann machte es doch wieder klick. Immerhin war die junge Frau heute schon einmal ziemlich durch den Wind gewesen und da lag die Vermutung dann doch recht nahe, dass es irgendwas damit zu tun hatte. Vielleicht ging ihr die Sache auch einfach nur nicht mehr aus dem Kopf, aber vorhin hatte sie sich doch eigentlich wieder ganz beruhigt gehabt. Natürlich hieß das aber nicht zwangsweise, dass sie es auch insgesamt einfach über Bord geworfen hatte und gar nicht mehr daran dachte. Genauso gut hätten die unliebsamen Gedanken an ihren Ex-Mann und ihren Sohn schlichtweg wieder zurück kommen und der jungen Frau erneut durch den Kopf gehen können, das war nicht auszuschließen. Gerade bei so hartem Tobak nicht. Die zweite Option war wohl, dass Sydney noch weitere unangenehme Nachrichten bekommen hatte, wobei es auch dabei zwei Optionen gab: Entweder es hatte Komplikationen bei der Operation ihres Sohnes gegeben, oder aber ihr einstiger Ehemann machte sich einen Spaß daraus sie noch ein bisschen weiter zu terrorisieren. Als wäre das irgendwie notwendig gewesen angesichts der ohnehin schon miesen Nummer, ihr das Kind wegzunehmen. Ich hatte die Augen während all dieser Gedankengänge geschlossen und öffnete sie erst jetzt wieder, um zu der Brünetten hin zu sehen. Ihr zugewandt liegend dauerte es ein paar wenige Sekunden, bis meine Augen in dem fahlen Mondlicht, das lediglich spärlich durch den leicht durchsichtigen Vorhang vor dem Fenster fiel, ihre Silhouette gut genug erkannte, um ihre Position zu definieren. Sie schien gar nicht mehr zu versuchen in den Schlaf zu finden, hatte die Augen offen. Sehr untypisch. "Was ist los?", stellte ich ihr eine leise, leicht gemurmelte Frage. "Gab's Probleme mit Noah?", schob ich noch eine zweite Frage hinterher, dicht gefolgt von einem leisen und eher kurzen Gähnen. So wie es jetzt war würde ich ohnehin länger als gewöhnlich zum Einschlafen brauchen, da konnte ich auch erst noch einmal nachfragen, warum Sydney so unruhig war.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Ich hatte mich zwar durchweg leise verhalten und so gut es ging versucht, die Bewegungen so wenig störend wie möglich zu vollziehen, aber Sabin schien sich durch mich offenbar immer noch gestört zu fühlen. Irgendwie war ich davon ausgegangen, dass der Italiener neben mir schon relativ bald nach seiner Ankunft im Bett eingeschlafen war, weil eine Zeit lang absolute Stille herrschte - vom Rascheln der Decke durch das ständige Herumdrehen mal ganz abgesehen -, aber ich hatte mich dahingehend wohl getäuscht. Er schien nur darauf gewartet zu haben, dass ich resigniert aufgab, um sich mit wenigen leisen Worten an mich zu wenden. Ich drehte meinen Kopf mit den glasigen Augen langsam in seine Richtung und brauchte dann erst einmal einen Augenblick, bis ich den Schleier aus Tränen weggeblinzelt hatte und endliche die Umrisse seines Gesichtes erkennen konnte. "Sorry, ich wollte dich nicht wecken.", entschuldigte ich mich, weil das schlechte Gewissen augenblicklich anklopfte. Es war zwar nicht so, als musste er morgen früh aufstehen, aber ich konnte durchaus nachvollziehen, wenn es einen nervte, vom Schlafen abgehalten zu werden, obwohl man die nötige Müdigkeit und das Bedürfnis nach ein wenig Ruhe mitbrachte. Letzteres könnte ich im Übrigen auch wirklich gut gebrauchen, fühlte ich mich nach der Nachrichten mental doch schon wieder vollkommen ausgelaugt, aber mein Gehirn wollte einfach nicht zur Ruhe kommen. Unter diesen Umständen konnte ich tatsächlich verstehen, wieso sich manche Menschen mit abermillionen Betäubungsmitteln berauschten, verspürte doch auch ich gerade wieder das dringende Bedürfnis, irgendetwas zu konsumieren, was mein aufgewühltes Wesen runter kommen ließ. Aber wir wussten ja, wohin mich Drogentrips bis jetzt gebracht hatten. Dem Alkohol war es zu verdanken, dass der Tod einer meiner ehemaligen Kollegen auf meine Kappe ging und irgendwelche bewusstseinserweiternde Partydrogen hatten uns geradewegs in das Fadenkreuz der Italiener befördert. Letztere waren zwar mittlerweile kaum noch ein Thema, was ihre Präsenz hier oben in Norwegen anging, aber nichtsdestotrotz war das einfach eine ganz große Scheiße, in die ich uns da herein geritten hatte. Also nein, noch einmal würde ich so schnell keine Drogen mehr anfassen. "Es ist... mit Noah ist alles in Ordnung. Kilian ist nur... immer noch ein ganz großes Arschloch.", kürzte ich die ganze Sache etwas ab und ging dabei nicht genauer auf die Art und Weise von Beleidigungen ein, dir er mir an den Kopf geschmissen hatte. Was brachte es mir, Sabin darüber in Kenntnis zu setzen, dass ich in den Augen meines Ex-Mannes eine karrieregeile, absolut nichts auf der Welt liebende Schlampe war? Richtig, vermutlich gar nichts, außer das er über die wenig erwachsende Titulierung bloß mit dem Kopf schüttelte. Wenn überhaupt. "Aber mach dir darüber keine Gedanken, ich bleib jetzt ruhig liegen und störe nicht weiter, also versuch' einfach wieder einzuschlafen.", waren dann meine letzten leisen und zudem bittenden Worte, weil ich nicht wollte, dass Sabin erneut eine Therapiestunde einberief. Ich hatte zugegebenermaßen nämlich relativ wenig Lust, da jetzt noch weiter drüber zu reden, wollte ich doch gerne einen Haken hinter die Geschichte setzen. Vielleicht wäre eine neue SIM-Karte der erste Schritt in die richtige Richtung, auch wenn das hieß, noch den letzten bestehenden Kontakt nach Amerika zu kappen...
# Is it all a tragedy? Are we flashes in a rut going in and out of luck? Maybe. #
Der Sohn war es also nicht, was mich irgendwie ein bisschen erleichterte, obwohl ich keinen Bezug zu ihm hatte. Lag wohl einfach daran, dass mir Kinder allgemein schneller leid taten, als es bei Erwachsenen der Fall war. Was das anging hatte ich schlicht ein durchgängig weiches Herz, daran würde sich nichts mehr ändern. Dass es Noah offenbar gut ging machte aber leider nicht wett, dass Sydneys Ex-Mann sich augenscheinlich einen Spaß daraus machte ihr immer wieder eins rein zu drücken. Warum auch immer. Er war sie doch schon erfolgreich losgeworden und hatte den gemeinsamen Sohn für sich, was wollte er sich davon also noch kaufen? Er bestätigte mich damit nur weiter in der Theorie, dass er ganz dringend mal ordentlich zusammen geschlagen werden musste. Gewalt war zwar nicht immer eine sinnvolle Lösung, aber es gab nun mal Menschen, die es schlichtweg nicht anders verdienten. Vielleicht wachte er dann auf, während er unzählige Blutergüsse und vielleicht ein oder zwei gebrochene Rippen auskurierte. Zeit zum Nachdenken hätte er dann in jedem Fall reichlich. Ich schüttelte den Gedanken ab und fokussierte mich auf die noch folgenden Worte der jungen Frau, in denen sie mich indirekt darum bat mich einfach umzudrehen und dann am besten auch zeitnah einzuschlafen. Allerdings hielt mich allein schon die Tatsache, dass ihre Stimme leicht gedrückt klang, ziemlich eindeutig davon ab. Wirklich sehen konnte ich zwar weder den glasigen Blick, noch gerötete Wangen, aber die Tonlage machte allein schon recht deutlich, dass die Brünette geweint haben musste. Es lag mir schlichtweg nicht im Blut mich in einer solchen Situation einfach abzuwenden und mich nur um mich selbst zu kümmern. Egal, ob das womöglich ihr eigentlicher Wunsch war, weil sie lieber im Stillen vor sich hin leiden wollte - damit war sie bei mir schlicht an der falschen Adresse. Ich konnte mich nicht einfach dem Schlaf widmen, wenn es Jemanden um mich herum schlecht ging. Noch weniger dann, wenn besagte Person direkt neben mir lag und so unterschwellig leidend vor sich hin redete. Also schüttelte ich mehr nur für mich selbst ein klein wenig den Kopf, bevor ich ein bisschen tiefer durchatmete. Womöglich war das, was mir jetzt vorschwebte, keine sonderlich gute Idee und konnte potenziell zu Unstimmigkeiten zwischen uns führen, aber die Bedenken dahingehend ließen sich leichter von mir ausblenden als Sydney selbst. Also rutschte ich ungefragt etwas näher zu der Brünetten hin, streckte gleichzeitig unter der Decke den Arm nach ihr aus und unterstrich meine Handlung noch mit den ruhigen, eher leisen Worten "Komm' mal her, Syd.", als ich sie mit der Hand erreichte. Meine Finger strichen über ihren Bauch hinweg und blieben letztlich an ihrer Taille liegen. Übten dort minimalen Druck aus, der ihr lediglich bedeuten sollte, dass sie sich gern für einen Moment bei mir verkriechen konnte, wenn ihr danach war. Ob sie sich mir dabei nun zu- oder abwendete blieb ihre Entscheidung, aber eine Umarmung hatte noch Niemandem weh getan. In diesem Fall fiel sie zwar relativ leicht bekleidet aus, aber darum ging es mir nicht. Vielleicht waren wir nicht sowas wie allerbeste Freunde, die sich absolut Alles erzählten, aber wenn mich nicht Alles täuschte, dann hatte Sydney außer mir hier eher Niemanden, der sich zu einer tröstenden Umarmung überreden lassen würde. Wenn sie das nicht wollte, konnte ich ihr dann zwar auch nicht mehr wirklich helfen, weil miteinander zu reden ja gerade keine so gute Idee zu sein schien, aber ich wollte es immerhin versuchen.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Ich müsste lügen, würde ich behaupten, dass Sabin nicht immer wieder für eine Überraschung gut war. Ich hatte gerade in der letzten Zeit vermehrt festgestellt, dass der Italiener eigentlich gar kein so schlechter Typ war, wie er von dem FBI und allen, die mit ihm zutun und über ihn geredet hatten, dargestellt wurde, aber so langsam wurde mir die ganze Geschichte hier allerdings ein wenig zu suspekt. Ein ehemaliger Mafiosi, der etliche Leben auf dem Gewissen hatte, wurde doch nicht plötzlich zum handzahmen Lebensgefährten, der sich um sein Umfeld mehr sorgte, als um sein eigenes Wohlergehen, oder etwa doch? In der Theorie hörte sich das zumindest vollkommen absurd an, so viel stand fest, aber faktisch gesehen konnte ich es auch nicht einfach leugnen, weil ich ja hautnah miterlebte, wie real das Ganze eigentlich war. Wären die Umstände andere gewesen, hätte ich mich daran jetzt bestimmt eine ganze Zeit lang dran aufgehangen und versucht, eine möglichst plausible Erklärung für diesen Wandel zu finden, obwohl diese schon längst auf der Hand lag. Aber gut, ich hatte momentan weitaus größere Probleme, da interessierte mich das jetzt nicht sonderlich. Ich war nur einmal mehr wirklich froh darüber, dass Sabin mir seine Schulter zum Anlehnen anbot, denn mir wurde langsam aber sicher schmerzlich bewusst, wie alleine ich doch momentan war. Klar, man hatte inzwischen die ein oder anderen Kontakte kennen gelernt und redete mit jenen hier und da mal über belanglose Kleinigkeiten, weil das nicht ausblieb, wenn man sich eine gewisse Zeit lang den Wohnraum teilte, aber bis jetzt hatte ich davon niemanden so wirklich als einen Freund angesehen und mich noch weniger irgendjemanden anvertraut. Ich würde mich mit der Aussage, dass ich so ziemlich niemanden mehr in meinem Leben hatte, also gar nicht mal weit aus dem Fenster lehnen. Der Italiener blieb in der Geschichte momentan die einzige Konstante, was irgendwie schon ziemlich traurig war. Vor nicht allzu langer Zeit war ich froh gewesen, ihn bald los zu sein und mittlerweile ... wünschte ich mir einfach, dass er blieb. Das würde ich so zwar vermutlich niemals aus- oder ansprechen, aber nur weil ich hinsichtlich meiner Probleme um Hilfe bat, hieß das ja nicht, keine kleinen Geheimnisse mehr haben zu dürfen. Zwischen den sich überschlagenden Gedanken war es kurzzeitig ziemlich still geworden und ich hatte schon befürchtet, dass Sabin sich doch dazu entschieden hatte, den Schlaf vorzuziehen, als ich plötzlich eine Hand auf Höhe meiner Taille spürte. Erst wusste ich nicht so recht, was ich davon jetzt halten sollte, aber mit seinen darauffolgenden Worten ließ der junge Mann sämtliche meiner Dämme brechen. Noch bevor ich mich überhaupt schnell genug hatte umdrehen können, um mein Gesicht im Kissen zu vergraben, flossen mir die Tränen ungehindert und durch ein lautes Schluchzen untermauert über die glühend heißen Wangen. Plötzlich schien alles über mich herein zu brechen. Noah, Kilian, mein Job, Freunde, Familie, einfach mein gesamtes Leben zog wie in einem Film an mir vorbei und ich hatte schon Angst durch einen Herzinfarkt den Tod herbeigerufen zu haben, weil doch immer davon die Rede war, man würde seine Vergangenheit noch einmal durchleben, kurz bevor man die Augen für immer schloss. Aber um tot zu sein, fühlte ich mich ehrlich gesagt leider noch viel zu lebendig. Dieser Schmerz in meiner Brust, wo einst mal so etwas wie mein Herz sein Platz gehabt hatte, war viel zu präsent, als das es pure Einbildung sein konnte. Und auch die Gedanken, ob meine bis dato getroffenen Entscheidungen immer die Richtigen gewesen waren, beschäftigten mich viel zu sehr, als das für einen Toten möglich war. Also nein. Ich konnte mit absoluter Sicherheit sagen, dass ich leider noch immer auf dieser Gott verlassenen Erde ohne Gerechtigkeit wandeln musste, ohne das sich mir der kleinste Funken Hoffnung auf ein besseres Leben am Horizont präsentierte.
# Is it all a tragedy? Are we flashes in a rut going in and out of luck? Maybe. #
So in etwa hatte ich das schon kommen sehen. Zwar war da nach wie vor die Variable gewesen, dass Sydney meine Hand einfach wieder von sich nehmen und mir sagen würde, dass ich zurück auf meine Betthälfte hinter der imaginären Mittellinie sollte, aber der folgende Miniaturwasserfall kam an sich wenig überraschen. Es schienen sich einfach zahlreiche Emotionen, die sie womöglich ein bisschen zu lange und zu vehement zurückgehalten hatte, Luft zum atmen zu verschaffen. Auf ein paar Tränen hatte ich mich hinsichtlich ihrer Stimmlage also fast schon sicher einstellen können. Dahingehend war ich dann doch auch ganz froh, dass die Brünette die Umarmung nicht ausschlug, weil ich hier sonst verdutzt herum gelegen und nicht gewusst hätte, wie ich sie anderweitig noch hätte beruhigen können. Da wäre das höchste der Gefühle sicher noch ein von mir aufgekochter Tee gewesen. Derartiges blieb mir zumindest vorerst aber erspart und so legte ich meinen Arm erst einmal nur ein klein wenig enger um das schluchzende Häufchen Elend, ohne sie dabei in irgendeiner Hinsicht unsittlich anzufassen. Hielt die junge Frau bestimmt, aber nicht zu aufdringlich für eine Weile fest und lehnte meinen Kopf mit der Stirn eher nur unbewusst ein wenig gegen ihren Hinterkopf, um noch ein bisschen mehr Nähe aufzubauen. Dabei fiel mir auf, dass Sydneys Haar wirklich gut roch, auch wenn das gerade eigentlich nichts war, worüber ich mir Gedanken machen sollte. So hielt ich eine Weile lang einfach nur inne und strich ihr ein paar Mal sachte über den durch das Schluchzen recht ungleichmäßig auf und ab wippenden Bauch. Erst, als sie langsam ein kleines bisschen ruhiger zu werden schien löste ich meinen Arm aus der recht engen Umarmung, um die Hand stattdessen an ihren Oberarm zu heben und dort mit der beiläufigen Streicheleinheit weiter zu machen. Ich dachte darüber auch gar nicht mehr wirklich nach, weil das alles in allem schlichtweg schon immer die Art war, wie Frauen nun einmal tröstete. Ich nahm sie in den Arm - wenn sie nicht gerade meine Ehefrau oder feste Freundin waren normalerweise nicht unter der Bettdecke, aber was soll's -, streichelte sie hier und da ein bisschen und versuchte damit einfach einen Teil ihres Frustes unter körperlicher Zuneigung zu begraben. Funktionierte ja auch in den meisten Fällen, wie in diesem hier. Das Schluchzen der jungen Frau wurde weniger und so setzte ich nach sicher erst etwas mehr als fünf Minuten noch einmal zu ein paar leisen Worten an. "Ich weiß, dass wir hier und da unsere Differenzen hatten...", teilweise immer noch, jedoch deutlich weniger als zu Beginn unserer Bekanntschaft. "...aber du kannst immer mit mir reden.", wollte ich Sydney einfach nur wissen lassen, dass sie mir in den meisten Fällen ruhig ab und an mal ihre Sorgen anvertrauen konnte, wenn welche vorhanden waren. Sie musste auch gar nicht darauf antworten, sie sollte es nur wissen. Natürlich wären meine Aufnahmefähigkeit und die Produktivität meiner Antworten nach einem stressigen Tag hier und da mal eingeschränkt, aber ich war an sich ein guter Zuhörer, wenn es nicht der ungünstigste Zeitpunkt überhaupt war. Ich besiegelte meine Worte aus alter Gewohnheit mit einem zarten, flüchtigen Kuss auf ihre nackte Schulter, fragte mich jedoch noch fast im selben Moment dann, was das eigentlich sollte. Gekonnt schob ich es einfach darauf, dass ich mir das über die Ehejahre eben so angewöhnt hatte und ich nach wie vor relativ müde war, bevor ich die Gedanken an die eigentlich simple Geste aber auch schon wieder verwarf. Ein innerliches Kopfschütteln zog die Sache trotzdem noch hinter sich her.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Ich heulte eine ganze Weile lang wie ein Schlosshund, bis mich die einsetzenden Kopfschmerzen dazu zwangen, einen Gang runter zu schalten. Andernfalls hätte ich wohl ewig damit weiter machen können, mir all den Ärger und den Frust von der Seele zu spülen, weil es davon momentan schlicht eine ganze Menge in meinem Leben gab. Nicht zuletzt war es aber auch die schwindende Kraft, die mich immer ruhiger werden ließ, bis ich schließlich nur noch leise schluchzend in den Armen des Italieners lag. Was das anging, war heulen natürlich auch immer eine super Idee, wenn man absolut nicht in den Schlaf fand, denn danach war man dermaßen müde und ausgepowert, dass einen nur noch ein Arsch voll Adrenalin wach halten konnte. Ich merkte es ja jetzt bei mir selber. Wo ich mich vor weniger als zehn Minuten noch hin und her gewälzt hatte, weil ich nicht schlafen konnte, würde es mich jetzt voraussichtlich keine zwei Minuten mehr brauchen, sobald ich mich dazu entschloss, die Augen zu schließen. Noch stand mir da allerdings nicht der Sinn nach, weil es noch die ein oder andere Sache gab, die mir durch den Kopf rauschte, aber lange würde ich mich wohl nicht mehr damit aushalten. Im Grunde genommen war es auch nur die liebevolle Art Sabins, mich zu beruhigen, über die ich noch kurz nachdachte, bis ich auf seine letzten Worten hin leicht mit dem Kopf nickte. Vorerst schweigend, weil meine Stimme noch ziemlich brüchig klingen würde. Erst zwei, drei weitere Minuten später, in denen inzwischen auch das Schluchzen verstummt war, traute ich mich das erste Mal wieder, etwas zu sagen. "Danke...", setzte ich an und hob das erste Mal seit dem ich das Weinen angefangen hatte meinen Blick, um in der Dunkelheit den von Sabin zu suchen. Dann überwand ich mich zu einem schwachen, ziemlich dünnen Lächeln, wobei ich nicht wusste, ob er dieses überhaupt sehen würde. "Ich weiß das wirklich sehr zu schätzen, denn ich wüsste nicht, an wen ich mich momentan sonst wenden sollte.", setzte ich fort und kam damit doch noch mal auf meinen Gedanken von vor ein paar Minuten zu sprechen, der sich damit beschäftigt hatte, dass der junge Mann hier an meiner Seite aktuell mein einziger Ansprechpartner, meine einzige Bezugsperson in diesem ganzen Chaos war. Dabei beließ ich es jedoch auch, ging nicht weiter darauf ein, dass ich mir wünschen würde, ihn noch eine Weile bei mir zu haben, bis ich mich selbst wieder gefangen hatte und mir keine Sorgen mehr machen musste, zum nächstmöglichen Zeitpunkt wieder in ein tiefes Loch zu rutschen. Das war nämlich momentan die größte Schwierigkeit, mit der ich persönlich kämpfte. Vor ein paar Wochen hatte ich noch einen Mann und ein Kind, die mir beigestanden hatten, wenn es einmal nicht gut lief. Die mir die nötige Kraft gaben, um weiter zu machen, auch wenn die Situation noch so aussichtslos erschien, aber jetzt? Jetzt hatte ich niemanden mehr, der mich daran erinnerte, auch ja unbeschadet und in einem Stück nach Hause zu kommen. Und das war ehrlich gesagt ein ziemlich beschissenes Gefühl.
# Is it all a tragedy? Are we flashes in a rut going in and out of luck? Maybe. #
Es war dann erst einmal noch eine kleine Weile lang still um uns herum, was ich jedoch nicht als schlimm empfand. Ich brauchte wie gesagt keine Antwort von der Brünetten, hatte ihr nur mitteilen wollen, dass ich tatsächlich sogar gleich zwei verhältnismäßig breite Schultern mit mir herum schleppte, an denen sie sich bei Notwendigkeit ab und an mal ausheulen konnte. Zwar hoffte ich natürlich nicht, dass es der jungen Frau von hier an wirklich so schlecht gehen würde, dass sie sehr häufig Gebrauch von diesem Angebot machen musste, aber falls eben nötig war ich da. Würde sie nicht im Regen stehen lassen, während ihre Augen eigene kleine Tropfen von sich stießen. Letztlich bekam ich recht unerwartet aber doch noch eine Antwort von der Brünetten, die kurzum auch vorsichtig den Blick zu mir suchte. Selbst in der Dunkelheit hier im Raum war das verräterische Glänzen ihrer Augen noch immer zu sehen, wurde von einem noch eher verhaltenen Lächeln jedoch ein klein wenig abgemildert. Während mir Sydneys Worte an die Ohren drangen fing ich selbst schwach zu lächeln an. Einfach nur deshalb, weil es schlichtweg schön zu hören war, dass sie meine Hilfe bei eventuellem Bedarf auch anzunehmen wissen würde. Damit tat sie auch mir einen kleinen Gefallen, fehlte mir in meinem momentanen Umfeld doch häufig die Menschlichkeit, wenn nicht gerade zufällig Tauren halbtot auf einem Sofa nebenan herum lag. Er war so ziemlich der einzige, dem ich es zutrauen würde, bei Bedarf eine einfühlsame Antwort von ihm zu bekommen. Ich mochte Ashton auf seine Weise zwar auch, war er doch eine sehr gewissenhafte und ehrliche Person, aber er war ziemlich kalt und wenn es ums Geschäft ging zwar durchweg ernst, sonst aber kaum zu wirklich tief gehenden Gesprächen zu gebrauchen. Eben ganz die eisige rechte Hand des Amerikaners, der ihm sicher zu seinen eigenen Gunsten fast restlos die Menschlichkeit ausgetrieben hatte. Für einen hohen Rang in der Unterwelt zahlte jeder irgendwann seinen Preis. Manche ließen ihren eigentlich guten Charakter auf der Strecke, andere ihre Familie. "Mach ich gern.", ließ ich die junge Frau nach wie vor leicht gemurmelt wissen, dass mir hier und da ein bisschen Arbeit als Kummerkasten nichts ausmachen würde. Ein lauterer Tonfall schien mir unangebracht und außerdem verschlang das Gemurmel zusätzlich ein bisschen den noch immer präsenten italienischen Akzent. Ich hob die Hand noch einmal an, um sie eher seitlich an Sydneys Gesicht zu heben. Vorsichtig wischte ich ihr eine leicht feuchte Strähne, die wohl ein paar der Tränen abbekommen hatte, vom Wangenknochen und bis hinters Ohr, damit sie ihr nicht noch weiter ins Gesicht fiel. Platzierte meine Hand danach wieder an ihrem Arm. "Versuch' ein bisschen zu schlafen, hm? Morgen ist's besser.", fügte ich nach einem weiteren Blick in ihr noch immer leicht aufgewühltes Gesicht ein paar mehr Worte hinzu, ohne aber dabei von ihr wegzurücken. Erstens genoss ich das kleine bisschen Nähe gerade selbst auch irgendwie ein bisschen und zweitens sprach im Grunde auch einfach nichts dafür, sie jetzt von mir weg zu schieben. Dann lag sie nur wieder allein im Bett und auch, wenn ihre Müdigkeit den Rest wohl trotzdem früher oder später erledigen würde, konnte sie an meiner Brust trotzdem tendenziell ruhiger schlafen. Die Nähe zu einem anderen wirkte beim Menschen schon immer Wunder - sofern es die richtige Person war, versteht sich.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Ja, Schlafen wäre vermutlich gar keine so schlechte Idee. Das Weinen hatte mich einiges an Kraft gekostet und wenn ich morgen bei der Besprechung nicht vollkommen durch den Wind und übermüdet sein wollte, dann sollte ich es jetzt wenigstens noch einmal versuchen. Dieses Mal war ich allerdings wirklich guter Dinge, dass es mich nicht lange brauchen würde, bis ich eingeschlafen war. Mein Körper signalisierte durch ein recht ausgiebiges Gähnen doch ganz deutlich, dass er für den heutigen Tag genug hatte und auch die unliebsamen Gedanken waren hinter einer temporär aus Müdigkeit errichteten Mauer sicher verwahrt, sodass ich eigentlich nur noch die Augen schließen brauchte. Und das tat ich auch, jedoch erst nachdem ich noch ein wenig enger an Sabin heran gerückt war und mich auf die Seite gerollt hatte, damit ich meinen Oberkörper gegen den seinen lehnen konnte. Den freien Arm legte ich dann über seine Brust und meinen Kopf lehnte ich gegen seine Schulter. Er hatte mir das Gespräch über jetzt nicht den Anschein gemacht, als hätte er etwas gegen die körperliche Nähe einzuwenden und selbst wenn dem so wäre, hatte er ja immer noch die Möglichkeit, mich einfach zur Seite zu schieben oder mir anderweitig zu kommunizieren, dass er das nicht wollte. Bis dahin würde ich die mir angebotenen Zärtlichkeiten weiter ausnutzen, weil es mich schlicht besser schlafen lassen würde. Der Italiener war mir nicht unsympathisch und daheim hatte ich so meist besser in den Schlaf gefunden, warum sollte das hier jetzt anders sein? Zu verlieren hatte ich auch nichts mehr und betrügen tat ich damit auch niemanden. Lag für mich also Alles in Allem noch im grünen Bereich das Ganze hier, auch wenn es auf seine ganz eigene Art und Weise natürlich irgendwie schräg war. Schließlich kuschelte man nicht einfach so miteinander - auch als Erwachsener nicht - wenn man einander nicht irgendwie... gut leiden konnte. Zumindest war das meine Auffassung des Ganzen, aber jemand Anderes konnte dahingehend natürlich eine ganz andere Meinung vertreten. "Ich hoffe, dass du Recht hast. Schlaf' gut...", murmelte ich leise gegen die nackte Haut des Italieners und schloss indessen bereits die Augen. Merkte ab genau diesem Zeitpunkt, wie eine Welle der Müdigkeit über mich hereinzubrechen drohte, die ich allerdings nur willkommen hieß. Für gewöhnlich versprach das schnelle Einschlafen nämlich auch traumloses Durchschlafen, was ich zum jetzigen Zeitpunkt nur begrüßte. Bei meinem Glück hätten sich nämlich die negativen Gedanken fürs Erste zurück gezogen, nur um mich dann kurz vor der Tiefschlafphase wieder wach zu rütteln. Als ich mit dem Schließen meiner Augen auch das letzte Bisschen Mondlicht ausgesperrt hatte und mich die tiefschwarze Dunkelheit willkommen hieß, brauchte es mich maximal noch fünf kurze Minuten, bis ich in einen verhältnismäßig erholsamen Schlaf abdriftete.
# Is it all a tragedy? Are we flashes in a rut going in and out of luck? Maybe. #
Ich hatte nichts gegen den leichten Positionswechsel, auch wenn ich es eher nicht mehr gewohnt war auf dem Rücken zu schlafen. Das hatte ich mir zeitnah nach der Ermordung meiner Frau abgewöhnt, weil mein Arm dann immer so schrecklich leer gewesen war. Das hatte sie mich nur noch mehr vermissen lassen, also war ich die meiste Zeit über auf Seitenlage umgeswitcht, damit ich überhaupt hatte schlafen können. Demnach war das Ganze hier zwar im ersten Moment nochmal kurzzeitig ein kleines bisschen gewöhnungsbedürftig und ich sah noch einmal kurz zu der Brünetten, bevor ich dann eher locker erneut meinen Arm um sie legte und ein leises "Du auch.", erwiderte. Im Gegensatz zu Sydney ließ ich die Augen noch kurze Zeit offen, auch wenn sie nichts als stumpf an die Decke gerichtet waren. Mir gingen noch ein, zwei Dinge durch den noch minimal über die Situation verwirrten Kopf, aber als die junge Frau in meinem Arm letztlich eingeschlafen zu sein schien, machte ich die Augen selbst auch final zu. Es sollte kaum mehr als zwei oder drei weitere Minuten dauern, bevor ich ebenfalls langsam mit dem Bewusstsein in den Schlaf abrückte. ~lö Zeitsprung~ Am nächsten Tag ging im Grunde Alles wie gehabt weiter. Ich war schon vor der jungen Frau aufgewacht, die noch immer so halb an mich geschmiegt in meinem Arm gelegen hatte. Ganz hatte es sich wohl nicht vermeiden lassen, dass ich sie beim Aufstehen mit aufweckte, aber es war auch schon kurz nach 10 Uhr. Ich konnte mich gar nicht recht entsinnen, wann ich zuletzt mal mehr als 9 Stunden geschlafen hatte, selbst ohne Wecker. War reichlich ungewöhnlich für mich, aber darüber beschweren wollte ich mich trotz des halb eingeschlafenen, rechten Arms nicht. So wie jeden Morgen machte ich zuerst einen Abstecher ins Badezimmer, genoss im Anschluss meinen Kaffee in der Küche ans Fenster gelehnt. Ashton hatte sehr zu meinem Glück auch an der Kaffeemaschine nicht gespart. Der Tag an sich verlief dann sehr ruhig. Der Hausinhaber bat mich im Grunde nur darum ein paar Getränke holen zu gehen, weil wir zu viert mit zwei Flaschen Wasser und einer Cola nicht mehr gut aufgestellt waren. Er wollte seinen Arm weiter schonen und ich wollte wiederum gern ein bisschen vor die Tür, also nahm ich mich dem Ganzen recht freiwillig an. Auch schleifte ich Sydney mit nach draußen, weil ich es für eine gute Sache hielt, sie nach dem nervenaufreibenden Tag gestern ein bisschen unter ganz normalen, alltäglichen Umständen mit raus zu nehmen. Außerdem war ich dann weniger allein bei der ganzen Sache, was weniger langweilig war. Ich war nun mal ein eher geselliger Mensch. Nach dem Einsacken und nach Hause bringen von ein paar Getränkekästen am frühen Nachmittag und einer kurzen Runde joggen danach passierte zumindest auf meiner Seite gar nichts mehr. Ich hatte nichts weiter zu tun, das Labor war fertig ausgeräumt und den Rest erledigten Hunters Männer, also legte ich für den restlichen Nachmittag getrost die Füße hoch. Es war kurz nach halb sieben, als der Amerikaner mitsamt seinem Anhang dann an der Tür stand und klingelte. Ashton nahm sich seiner an und ich holte in der Zwischenzeit den Whiskey aus dem Kühlschrank. Ein bisschen Anstoßen auf den Tod meiner Landmänner hielt ich für nicht verkehrt und außerdem war mir schlicht nach einem kühlen Tropfen Alkohol, auch wenn ich Eiswürfel jetzt gerade nicht zur Hand hatte.
Zugegeben war der erste Tag nach dem Erledigen der Italiener weniger stressfrei gewesen, als ich gehofft hatte. Zwar war die Auslastung meinerseits rein kopftechnisch, weil ich mich zu keinem Zeitpunkt des Tages aus dem Haus bewegte, nachdem ich alle außer Cosma erfolgreich aus meinen vier Wänden vertrieben hatte, aber auch das war anstrengend. Meine Männer warteten auf Befehle und Anweisungen. Manche meldeten sich nur, weil sie verwirrt darüber waren, dass so gar nichts passierte und es so ungewohnt ruhig war, im Grunde nichts zu tun gab. Das lag schlichtweg daran, dass ich nach der getroffenen Abmachung mit Vahagn sämtliche normale Geschäfte gekappt hatte. Es stand Niemand mehr vor der Tür einer Bar mit hochrangigen, kriminellen Insassen oder auf dem Privatgelände eines Kunden. Niemand wurde etwas anderes als zum Laufburschen genutzt - alle hielten die Italiener im Blick, bis die Geschichte erledigt war und jetzt war es dann natürlich extrem ruhig. Die meisten waren allerdings nach dem kurzen Moment der Verwirrung ganz froh, dass sie den Tag über frei hatten. Kam schließlich gerade in den letzten Wochen sehr selten vor und ich machte mir währenddessen reichlich Gedanken darüber, was am Tag darauf alles anstand. Was tendenziell Alles mit in die neue Heimat musste - in diesem Fall redeten wir wohl hauptsächlich von Waffen und Munition - und wie am besten sämtliche Spuren, die zurückbleiben würden, wenn ich das Land verließ, noch restlos ausgelöscht werden konnten. So weit, so gut. Als ich alle Aufgaben auf dem Papier vor mir für die nächsten Tage verteilt hatte, ließ ich dann sämtlichen meiner Männer neue Aufgaben für die nächsten Tage zukommen. Danach hatte ich dann sowas wie endgültige Ruhe zum Nichtstun für etliche Stunden, die ich nur zu gern mit der Rothaarigen verbrachte. Zwar schlauchte mich die Verletzung an der Hüfte nach wie vor ein bisschen, aber ich genoss die ruhige Zeit mit ihr sichtlich, obwohl wir im Grunde so gut wie gar nichts machten. Uns kaum aus dem Haus bewegten, weil es schlicht keine maßgeblichen Gründe dafür gab. Nur ein oder zwei Mal war für kurze Zeit raus gefahren, um nach dem Rechten zu sehen, aber bisher lief Alles nach Plan. So auch heute. Mit Cosma auf dem Beifahrersitz fuhr ich am späten Nachmittag zu einem der Lagerhäuser, die ich mein eigen nennen konnte, um zu überprüfen ob auch sämtliche Munition am Standort sicher und zu meiner vollsten Zufriedenheit verpackt war. Dann stand ich den dort beteiligten Männern noch kurz etwas Rede und Antwort, bevor ich mich mit der jungen Frau weiter auf den Weg zu ihrem besten Freund machte. Wegen mir hätten wir ihn bei der Entscheidung auch gern außen vor lassen können, ihm gar nichts von der Ausreise erzählen müssen, als er sich zwangsweise noch ein wenig nach dem Besuch beim Doc bei mir aufgehalten hatte. Aber ihn hier zu lassen war schlecht für's Drogengeschäft, also sammelten wir ihn auf dem Hinweg zu Ashtons Wohnung ein - nebenbei bemerkt sah er auch nach wie vor reichlich beschissen aus, weswegen ich ihn hier und da zwangsweise ein wenig stütze. Er mochte zwar nicht so groß und breit gebaut sein wie ich, aber er war eben immer noch ein Mann und für Cosma allein auf Dauer zu schwer. Bei meiner rechten Hand Zuhause angekommen brachte ich den Dunkelhaarigen nach einer kurzen, allgemein ausgesprochenen Begrüßung zu Tauren aufs Sofa und ließ mich nur wenige Sekunden darauf in einen der beiden freistehenden Sessel sinken. Sabin kam indessen mit ein paar Gläsern und einer Flasche Whiskey aus der Küche, schenkte jeweils ein paar Schlucke in die gläsernen Gefäße auf dem Tablett. In weiser Voraussicht reichte er mir eins, was ich ihm mit einem kaum sichtbaren Nicken dankte. Im Anschluss streckte ich meine Hand nach Cosmas' aus, um sie zu mir auf den Schoß zu holen. Ashton hatte im anderen Sessel Platz genommen und die Rothaarige sollte sich nicht mit den anderen Vieren aufs Sofa quetschen, die so zwar relativ bequem Platz hatten, aber mit einer Person mehr wäre es sicher eng geworden.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Nach den gestrigen Ereignissen hatte ich eigentlich nicht gedacht, dass die Nacht so erholsam werden würde, aber wider erwarten verspürte ich keinen Funken Müdigkeit am nächsten Morgen. Ich würde mich mit der Behauptung, dass ich lange nicht mehr so gut geschlafen hatte, wohl trotzdem noch viel zu weit aus dem Fenster legen, aber erholt traf bei der Titulierung meines Gemütszustandes wohl den Nagel auf den Kopf. Das erste Mal war ich wach geworden, als Sabin sich neben mir bewegte, aber nachdem der junge Mann sich aus dem Bett gestohlen hatte, fielen die Augen auch schon wieder zu. Etwa zwanzig Minuten döste ich noch vor mich hin, bevor ich mich dazu entschied, auch meinen Tag beginnen zu wollen. Nach dem Aufstehen durchlief ich das gewohnte Prozedere im Bad, wobei ich zwischen dem Gang zur Toilette und dem Zähneputzen noch eine schnelle Dusche einschob, weil meine Haare durch gefühlt literweise Tränenflüssigkeit über die Nacht ziemlich aneinander geklebt hatten und ich mich nach einer kalten bis lauwarmen Dusche auch einfach fitter fühlte. Im Anschluss daran trugen mich meine Beine in die Küche, um zumindest eine Scheibe Brot und ein Glas Saft zu frühstücken, ehe mich Sabin schließlich fürs Einkaufen von Getränken einspannte, worüber ich mich schon ein wenig freute. Zwar zählte Einkaufen als solches jetzt nicht unbedingt zu meinen Hobbies und spaßig war es auch nicht, aber alleine die Tatsache, dass man dafür das Haus verlassen musste und sich frei bewegen konnte, ließ mich bereitwillig einstimmen. So verging ein Teil des Mittags dann also ziemlich schnell und den Rest des Tages verbrachte ich schließlich damit, unser Zimmer ein wenig aufzuräumen - auch wenn das in Anbetracht der baldigen Abreise nicht mehr unbedingt von Nöten war - und Fernsehen schauen. Sabin war irgendwann zwischendrin Laufen gegangen und ich hatte kurzzeitig überlegt, ob ich mich dem ebenfalls anschließen sollte, entschied mich letztlich aber dagegen. Auch wenn man von einem Ex-Bullen durchaus erwarten konnte, dass dieser besonders viel Wert auf Aussehen und Kondition legte, hatte ich persönlich den Ausdauersport gehasst. Es bloß gemacht, weil ich es musste und nicht, weil ich Spaß daran hatte. Und jetzt, wo ich auch nicht mehr unbedingt einen Sinn darin sah, wirklich aktiv Sport zu machen, ließ ich es lieber bleiben. Klar, das ein oder andere Workout würde ich vermutlich dennoch durchziehen, weil ich mit meiner Figur momentan wirklich zufrieden war und diese nicht von irgendwoher kam, aber mehr als nötig sah ich in meinen Augen als Zeitverschwendung an. Stattdessen parkte ich meinen Hintern lieber bei Tauren auf der Couch, unterhielt mich hier und da mit ihm und schenkte ansonsten der Glotze meine volle Aufmerksamkeit, bis es schließlich an der Tür klingelte und sich ein Großteil der restlichen Mannschaft ankündigte, die sich nur wenig später schließlich ebenfalls im Wohnbereich einfand. Ich rückte ein wenig zur Seite, als sich Hunter mit Richard im Schlepptau der Couch näherte, um letzteren bei dem ebenfalls Invaliden und mir abzusetzen. Richie sah nach wie vor nicht wirklich gut aus und schien dem Ganzen hier auch nur mit einem halben Ohr folgen zu wollen und können, aber ich fand es trotzdem schön, dass er dabei war. Zwar hatte ich mit dem Engländer bis dato noch nicht viel zutun gehabt und das, was ich von ihm gehört hatte ließ mich nicht selten mit dem Kopf schütteln, nichtsdestotrotz fand ich es wichtig, dass wir eine demokratische Entscheidung trafen. Demnach zählte auch seine Stimme und es freute mich, dass er trotz seiner Verletzungen hergekommen war.
Wie herrlich schön doch die Kostprobe von ein wenig mehr Freiheit in Hunters Leben doch war. Ich konnte gar nicht beschreiben, wie sehr ich es genoss, den Amerikaner einmal länger, als für wenige Minuten, maximal ein paar Stunden um mich herum zu haben, weil mir die passenden Worte dafür schlicht fehlten. Natürlich hatte Hunter auch nach der Zerschlagung der Stabsstelle noch einiges zutun, aber hinsichtlich der Organisation seiner Männer hielt sich das Ganze wirklich in Grenzen. Ich hatte ein paar der Telefonate mitbekommen, weil ich währenddessen in seinen Armen gelegen hatte und den meisten von ihnen war wohl einfach nicht ganz klar, was sie jetzt genau tun sollten. Also wiederholte der junge Mann das ein oder andere Mal einfach, was er schon zum vorherigen Anrufer gesagt hatte und schon kehrte wieder Ruhe ein. So lange, bis er schließlich doch noch einmal weg musste, um sich hier und da noch etwas anzusehen, was ich mit einem gespielt enttäuschten Schmollmund quittierte. Lange war er jedoch nicht weg, weil es am frühen Abend schließlich Zeit wurde, Ashton samt seinen Gäste einen Besuch abzustatten, damit für die kommenden Tage geklärt war, wohin es denn jetzt eigentlich gehen sollte und wann wir abreisen würden. War schließlich gut zu wissen, wann man denn mit dem Kofferpacken anfangen sollte, wobei ich persönlich ja nur mit Handgepäck reisen würde. Alles, was sich in meiner Wohnung oder der Bar befunden hatte, war eingeäschert worden und außerhalb meiner vier Wände hatte ich wohl nur noch das, was ich am Leibe trug. Ich hatte die Zeit, in der Hunter seinen Geschäften nachgegangen war, also überwiegend damit verbracht, zumindest ein Fünferpack neue Unterhosen und Socken, sowie ein oder zwei Shirts, einen BH und eine Jeans zu besorgen, damit ich für die Zeit bis zum Abflug wenigstens Wechselklamotten besaß. Natürlich hätte ich mich auch mit den Sachen des Amerikaners einkleiden können - was die Unterhosen und T-Shirts anging hatte ich das auch schon längst getan -, aber spätestens bei den Jeans musste dringend ein Ersatz her. Bis wir uns schließlich im Wagen wiederfanden, um Richard abzuholen, hatte ich die Wäsche in einem nahe gelegenen Waschsalon reinigen und trocknen lassen, damit ich nach einer erholsamen Dusche direkt darauf zurück greifen konnte. Nun und dann war es schließlich soweit. Der Engländer saß bis zur Ankunft am Haus des Handlangers auf der Rückbank und hatte die Fahrt über geschwiegen, was ihm überhaupt nicht ähnlich sah. Auf Fragen antwortete er verhalten und nicht mehr, als unbedingt nötig war, weshalb ich mich doch das ein oder andere Mal besorgt zu ihm umdrehte. Sein leerer Blick war auf die vorbeiziehenden Bäume und Häuserfassaden gerichtet, an Blickkontakt hatte er offensichtlich also ebenfalls kein Interesse. Gut, dann konnte ich fürs Erste leider auch nichts weiter für ihn tun, nahm mir aber vor, ihn in einer ruhigen Minuten auf Seite zu ziehen und mit ihm zu reden. Es schien, als hätte er trotz seiner aktuell eher verhaltenen Art das Bedürfnis, sich jemanden anvertrauen zu müssen und ich war gerne bereit, dieser Jemand zu sein. Nur halt erst, nachdem die ganze Sache hier geklärt war. Für mich war nämlich vorerst wichtiger, dass wir unser aller Ärsche aus dem Land bekamen, denn nachdem ich noch einmal ausgiebiger alles hatte Revue passieren lassen, kam ich zu der Erkenntnis, dass wir wohl nicht allzu lange so ungestört bleiben würden. In den nächsten Tagen würde voraussichtlich eine Welle an Italienern dieses Land überrollen und dann war es mit dem unbesorgten Abhauen wohl etwas schwieriger. Gegen 18:30 Uhr parkte der Amerikaner den Wagen schließlich vor der Einfahrt des Hauses, um nur wenige Augenblicke später Richard dabei behilflich zu sein, erneut von A nach B zu kommen. Der malträtierte junge Mann hatte nach wie vor Schwierigkeiten, über längere Strecken hinweg eigenständig zu laufen und weil er für mich definitiv zu groß und zu schwer war, freute ich mich über die Hilfe meines Partners gleich umso mehr. Zum Einen wurde ich gänzlich aus der Sache mit der Unterstützung heraus gehalten und zum Anderen konnte mein bester Freund sein stärker verletztes Bein durch die Stütze ein wenig entlasten. War also quasi eine Win-Win-Situation. Richard und ich teilten und jeweils das Win-Win und Hunter bekam die Situation. Nun ja. Es sollte aber auch gar nicht allzu lange dauern, bis wir schließlich im Inneren des Bungalows begrüßt wurden und unser zweiter Quotenkrüppel neben dem ersten auf der Couch drapiert werden konnte. Hunter suchte sich im direkten Anschluss den Platz auf dem Sessel gegenüber des Sofas und ich war versucht, es mir direkt in dem anderen bequem zu machen, aber Ashton kam mir zuvor. Normalerweise hätte ich ihm jetzt vermutlich eine Szene gemacht, einfach weil ich Lust darauf hatte, aber angesichts der Tatsache, dass er ebenfalls verletzt war, ließ ich ihn damit gewähren und schaute mich kurzerhand nach einer neuen Sitzmöglichkeit um, als plötzlich jemand nach meiner Hand griff. Etwas überrascht stolperte ich anderthalb Schritte nach hinten, nur um mich dann auf Hunters Oberschenkel wieder zu finden, was mich ihn kurzzeitig mit einem verdutzten Blick ansehen ließ. Als ich die Situation dann aber gedanklich verarbeitet hatte, zierte ein zufriedenes Lächeln meine Lippen und ich legte währenddessen noch einen Arm um seinen Nacken. Bis hierhin war meine Laune noch unsagbar gut, kaum kaputt zu kriegen ... bis es schließlich an der Tür klingelte.
Nachdem diese ganze überaus merkwürdige Situation mit Tauren ihr Ende gefunden hatte, waren Dmytro und ich in unseren eigenen Unterschlupf zurück gekehrt. Seine, mit Ashton zusammen getroffene Entscheidung, hatte ich bis dato noch unkommentiert gelassen, weil mir momentan weitaus Wichtigeres durch den Kopf ging, aber er sollte sich nicht zu früh in Sicherheit wiegen. Wenn der ganze Stress hier erst einmal vorbei war und wir wieder in Italien unseren Geschäften nachgingen, konnte er sich auf die Abreibung seines Lebens einstellen. Das würde ich so nämlich nicht ohne Weiteres auf mir sitzen lassen. Aber gut, wie gesagt: Fürs Erste durfte er locker durch die Hose atmen, nicht zuletzt auch deswegen, weil er sich wirklich rührend um meinen verletzten russischen Hintern gekümmert hatte. Aus diesem Grund durfte er am darauffolgenden Tag seine Beine hochlegen und zum Termin mit dem norwegischen Suicide Squad nahm ich stattdessen Holovanov mit, dem ich auf der Fahrt zum Unterschlupf von Hunters Handlanger den Verlauf der gestrigen Nacht schilderte. Zwar hatte dies rein informative Zwecke, aber es war allemal besser, als die Strecke bis zur Ankunft zu schweigen. Außerdem konnte ich nachvollziehen, wenn er als linke Hand - Dmytro war entsprechend die rechte, ha ha - gerne informiert darüber war, weshalb der Boss plötzlich mit einer Schusswunde im Schlüsselbein zurückkehrte. Also ja, ich ließ ihm mit einer Kurzfassung alle wichtigen Details zukommen und war quasi mit dem Reden fertig, als er den Wagen hinter dem bereits vor dem Haus parkenden Fahrzeug abstellte. Alleine laufen war kein Problem, lediglich beim Aussteigen brauchte ich ein klein wenig Hilfe, gerade weil das Abschnallen irgendwie ziemlich schmerzhaft war. Ich hatte mir vor ein paar Stunden zwar eine Schmerztablette eingeworfen, aber bei solch ungünstigen Bewegung zwickte die Verletzung doch echt unangenehm - was nicht zuletzt daran liegen mochte, dass die Wirkung inzwischen langsam nach ließ und ich in der nächsten Zeit ein weiteres, schmerzstillendes Präparat zu mir nehmen sollte. Für den Moment war es jedoch noch auszuhalten und so ging ich in Begleitung Vovas zielstrebig in Richtung Haustür, als uns das Auto sein akustisches Zeichen für die erfolgreiche Verriegelung der Türen gab. Ein paar Schritte später läutete ich also die Klingel und hoffte insgeheim darauf, dass der Abend heute nicht allzu stressig werden würde. Ehrlich gesagt hielt sich die Lust, jetzt noch ein attraktives Angebot für die Mannschaft zu erstellen wirklich in Grenzen, aber auch mir flog das Geld leider nicht einfach zu und ich musste dafür, wie jeder andere der im Wohnzimmer Anwesenden wohl hart arbeiten. Ausgenommen natürlich von Cosma, die sich aktuell ganz offensichtlich von Hunter aushalten ließ. Mosern brachte mir dabei leider keinen müden Penny. Es war Sabin, der mich an der Tür mit einem knappen Nicken begrüßte uns ins Innere bat, wo der ganze Rest bereits ihre Posten bezogen hatten. Viele Sitzmöglichkeiten gab es wohl nicht mehr, was mich gedanklich entnervt seufzen ließ. Jetzt durfte ich mir also die ganze Zeit über auch noch die Beine in den Bauch stehen? War ja super. Als ich jedoch sah, wie Holovanov sich wie selbstverständlich auf der einen Lehne des Sofas nieder ließ, tat ich es ihm kurzerhand gleich. Dass ich natürlich wieder den liebreizenden Tauren als meinen Sitznachbar hatte, schien in meinen Augen schon gar kein Zufall mehr sein zu können.
# Is it all a tragedy? Are we flashes in a rut going in and out of luck? Maybe. #
Es sollte Gott - oder wem auch immer - sei Dank nicht mehr lange dauern, bis auch der klägliche Rest der für das Meeting notwendigen Personen noch eingetroffen war. Mir war schon klar, dass Cosma das vermutlich wieder nicht schmecken würde, weil sie die russische Brünette auf den Tod nicht leiden zu können schien, aber ihre Anwesenheit war nun mal unumgänglich. Schließlich war es nicht dienlich ihr einfach nur irgendein Land vorzusetzen, weil dem Rest der Truppe kaum wie Schuppen von den Augen fallen konnte, wo die Einreise leichter möglich war und wo nicht. Europa fiel für mich persönlich von vornherein komplett weg, weil ich davon schlicht die Schnauze voll hatte. Da zog ich doch lieber in ein etwas abgeschiedeneres, weniger gut aufgestelltes Land, wo die Möglichkeiten und der Markt noch größer waren, weil es weniger Angebot gab. Außerdem schied es in meinen Augen auch komplett aus irgendwohin zu ziehen, wo es wieder so arschkalt war wie hier oben in Norwegen. Alles, was im Sommer nicht über eine konstante Temperatur von 25 oder mehr Grad kam, fiel für mich demnach schon komplett raus. Für mich persönlich hatten sich inzwischen wohl drei verschiedene Länder heraus kristallisiert, ohne dass ich aber schon Irgendwen über meinen bisherigen Stand in Kenntnis gesetzt hatte. Dazu war ja die kleine Konferenz hier gedacht. Nur Cosma hatte die Ländereien sicher bereits aufgeschnappt, weil sie momentan ja viel um mich herum war. Vorerst bekam Vahagn noch ein schwaches Nicken zur Begrüßung von mir und ich legte den linken Arm um Cosma, während ich die rechte mit dem Glas kurzum an die Lippen hob und einen ersten, eher kleinen Schluck des Whiskeys zu mir nahm. War zwar vermutlich eher nur ein billiger, aber er war dennoch genießbar und wärmte mir angenehm den Hals. Tatsächlich hatte ich bisher heute auch noch keinen Alkohol getrunken - wozu auch? Meine Laune war ausgezeichnet, ich war an sich recht entspannt und noch hatte das Zittern des Entzugs nicht eingesetzt. Ich ließ meinen Blick einmal flüchtig über alle Anwesenden schweifen und hatte wohl Jedermanns ungeteilte Aufmerksamkeit, wenn man von Tauren absah. Aber er war sowieso nur hier, weil er an Ashtons Sofa gefesselt war und nicht, weil er wirklich viel zu melden hatte. "Um direkt aufs Wesentliche zurück zu kommen... ich hab mir drei Länder zurecht gelegt, die für mich potenziell in Frage kommen. Prinzipiell würde ich eine Insel stark bevorzugen, sofern machbar. Das wären Madagaskar, Kuba und Sri Lanka.", führte ich das Wesentliche auf. Im direkten Anschluss nannte ich zu jedem Land noch ein paar Vor- und Nachteile, um den anderen im Raum ein besseres Gefühl dafür zu geben, warum ich mir ausgerechnet diese drei Inseln rausgesucht hatte. Ja, es sollte eine Insel sein. Zwar machte das den Export, wenn irgendwann möglich und notwendig, etwas teurer, aber wenn Sabin in derartigen Mengen vertickte, dann sollten uns die paar Euro mehr kaum kümmern müssen, weil sie im Endeffekt mehr Gewinn bedeuteten. Ich fühlte mich einfach gut damit, dass Niemand einfach so übers Festland angerollt kommen konnte, sollten wir doch wieder Jemanden gegen uns aufspielen, was früher oder später fast immer passierte. Kuba war für mich besonders interessant, weil die Bullen da extrem schlecht aufgestellt waren, ja teilweise nicht einmal eine Waffe mit sich führten und dahingehend absolut keine Probleme machen konnten. Zwar würden sie sich sicher besser bewaffnen, wenn sie ein paar Mal Probleme mit mir und dem Rest gehabt hatten, aber es dürfte wohl verhältnismäßig einfach sein sie in Schach zu halten. Außerdem war der Drogenmarkt da drüben auch bei Weitem nicht restlos ausgeschöpft. Zigarren und Marihuana waren wohl fast unsere einzige Konkurrenz was größere Produktionsmengen anging und das war nun wirklich vergleichsweise Nichts. Der eigentlich fast einzige, dafür große Haken daran war nur leider, dass die mittelgroße Insel ziemlich nahe an meinem Geburtsland lag.
Ich ließ auch die Russin noch ins Haus und damit sollten wir vorerst komplett sein. Ich selbst machte es mir mit auf dem Sofa bequem, wobei Tauren mich kurzum noch um eines der Gläser auf dem Tisch bat, als er seine Augen für einen kurzen Augenblick von der Brünetten losreißen zu können schien. Erst war ich mir nicht sicher, ob das mit den Ibuprofen in seinem Blut eine gute Idee war, aber er war eigentlich alt genug, um das selbst einschätzen zu können. Also reichte ich ihm noch eines der Gläser und lehnte mich dann zurück, um kurz darauf Hunter mein Gehör zu schenken. Zugegeben irritierte es mich nebenher ziemlich, dass Cosma auf seinem Schoß thronte. Nur, weil ich inzwischen so wie der Rest hier von der Sache wusste hieß das nicht, dass ich mich auch schon restlos an den Gedanken gewöhnt hatte. Ich musste also immer mal wieder etwas abgelenkt zwischen den beiden hin und her sehen, bis ich mich ganz auf den Amerikaner und seine Liste inklusive kleiner Ausführung konzentrieren konnte. Alles Inseln, wogegen ich im Grunde erst einmal nichts hatte. Es hatte jedes Land so seine Pros und Kontras, wobei ich am ehesten zwischen Kuba und Madagaskar schwankte. Sri Lanka war nicht besonders groß und außerdem so nah an Indien, wofür ich persönlich so gar kein Faible hatte. Schied für mich daher von vornherein schon zu Beginn aus. "Ich schwanke zwischen Kuba und Madagaskar.", äußerte ich mich vorerst nur grob und ziemlich nachdenklich zu der ganzen Sache, stierte dabei in mein eigenes Glas und hob es dann für zwei oder drei Schlucke an, bevor mein Blick ein bisschen zwischen Hunter und Vahagn hin und her wanderte. "Wie sieht's mit dem Transport aus? Ist eins von beidem im Wesentlichen einfacher, oder gibt sich das nichts?", stellte ich letztlich erst einmal noch eine Frage an Hunters momentane Komplizin, weil das ja schon ein ziemlich ausschlaggebender Punkt war. Ich glaubte zwar nicht unbedingt, dass die Lufträume der beiden eher abgeschieden liegenden Länder extrem stark kontrolliert wurden, aber wenn man bei einem von beiden Gefahr lief sofort vom Himmel geschossen zu werden, dann würde ich das gerne umgehen. Nah an unserem derzeitigen Standort war keines der beiden Länder, was die Kosten für den Überflug anging war mir für meinen Teil das also ziemlich gleich. Auf zwei bis drei Tausend Euro mehr oder weniger kam es nicht an bei dem Schuldenberg, den ich schon auf dem Buckel hatte. Was ich derzeit noch an Bargeld hatte würde schon reichen, daran hegte ich eigentlich keine Zweifel.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Ich hatte mich noch nicht einmal richtig auf der Lehne des Sofas nieder gelassen, da lag auch schon der Blick des Norwegers auf meiner Wenigkeit. Fast schon richtig penetrant, was mich kurzum mit den Augen rollen, ihn darauffolgender aber zum größten Teil ignorieren ließ. Ich hatte heute weder die Kraft, noch die Lust dazu, mich näher mit Tauren zu beschäftigen und war bloß darauf aus, das Gespräch mit Hunter und dem Rest über die Bühne zu kriegen. Der junge Mann zu meiner Linken geriet also schon bald ein wenig in Vergessenheit, weil der Amerikaner scheinbar auch nicht länger als unbedingt nötig damit warten wollte, dieses Gespräch hier an sein Ende zu führen. Ich lauschte also aufmerksam den Worten des jungen Mannes, als er wie selbstverständlich ein paar Länder aufzählte und das Thema damit ohne größeren Umschweife auf den Punkt brachte. Dass er sich dahingehend nur wenig um die Meinung der anderen Anwesenden scherte, ließ mich eine Augenbraue heben, aber grundlegend weiterhin schweigend zuhören. Mir war schließlich egal, ob das Ziel letztlich durch eine demokratische Abstimmung oder Hunter alleine entschieden wurde. Ich war nur hier, um für das an mich herangetragene Land grünes Licht zu geben - oder eben auch nicht. Aufgrund der Tatsache, dass manche Länder die Überwachung ihrer Lufträume oder umliegenden Meere besonders ernst nahmen, schieden diese schon von vorn herein aus - zumindest, wenn man unter meiner Flagge segeln wollte. "Madagaskar könnt ihr knicken. Da hat irgendein komischer Clan die Hosen an. Alles, was sich ihnen unter dem Radar auf ein paar Kilometer nähert, egal ob mit dem Flugzeug oder dem Schiff, wird abgeknallt.", ließ ich schon einmal einen der drei von Hunter vorgeschlagenen Inseln aus dem Rennen fliegen. Blieben nur noch zwei, zu denen ich mir bereits während der Aufzählung der Pros und Kontras Gedanken gemacht hatte. "Sri Lanke ginge in Ordnung. Hab aber gehört, dass es momentan zwischen dem Jemen und Indian ein wenig kriselt. Ich weiß also nicht, inwieweit das kleine Inselchen noch als sicher zu bezeichnen ist.", redete ich weiter und äußerte damit zwar nicht direkt meine Abneigung, die Mannschaft auf dort absetzen zu wollen, sondern lediglich ein paar persönliche Bedenken. Sollte sich der Konflikt zwischen den genannten Ländern weiter zuspitzen, könnte ich glatt darauf wetten, dass Sri Lanka auf kurz oder lang dann kein so idyllisches Urlaubsziel mehr sein würde. Hinsichtlich Kuba hatte ich weder Bedenken, noch sprach aus sicherheitstechnischen Gründen irgendwas dagegen, weshalb ich diesbezüglich nur ein "Gegen Kuba spricht dahingegen nichts." von mir hören ließ. Zwar war ich noch nicht selbst vor Ort gewesen, um mir einen Überblick der Lage zu verschaffen, wusste aber, dass meine Männer schon des Öfteren über kubanisches Land hinweg geflogen waren und bisher schienen sie dabei nichts Auffälliges beobachtet zu haben. Kein überdurchschnittlichen Gegenverkehr - weder auf dem Wasser, noch in der Luft -, keine Luftabwehrsysteme, die einen auf brutalste Art und Weise aus der Luft holen - Alles in Allem ein verdammt angenehm anzupeilendes Ziel. Bezugnehmend auf Sabins Frage, zuckte ich schließlich nur leicht mit den Schultern, was meine Wunde überhaupt nicht gut hieß und mich mit einem überaus unangenehmen Stechen darauf aufmerksam machte, dass nächste Mal doch bitte noch einmal zu überdenken, ob das wirklich sein musste. "Ah, was den Binnenmarkt, sowie Im- und Exportgeschichten auf Kuba angeht, kann ich dir leider keine nennenswerten Auskünfte geben. War bis jetzt noch nicht da gewesen. Aber wenn du auf leichte Transportwege, ohne große Probleme mit dem Zoll oder dergleichen aus bist, kann ich euch einige Teile Sibiriens oder der Ukraine nur ans Herz legen.", fügte ich ein paar weitere, fast schon nett gemeinte Worte hinten dran, weil ich von den besagten Ländern wusste, wie diese aufgestellt waren. Klar, man musste fairerweise dazu sagen, dass das Leben in Russland oder der Ukraine nicht jedermanns Sache war, aber ich konnte bis dahin ja auch noch nicht riechen, dass nahezu alle hier Anwesenden auf ein Land aus waren, welches im Sommer weit über 30° Grad Celsius Außentemperatur bot. Ich meine, ich mochte mein Italien ja auch, so warm und kuschelig wie es dort war, hätte aber auch absolut kein Problem damit gehabt, mich in einem weitaus kälteren Land niederzulassen. Waren wohl die russischen Wurzeln.
# Is it all a tragedy? Are we flashes in a rut going in and out of luck? Maybe. #
Gut, dann standen also nur noch zwei Länder zur Auswahl. Allerdings hätte ich Kuba dem Land nahe Indien doch gleich zu Beginn ein wenig vorgezogen. Nicht nur wegen der gelinde gesagt nicht relevanten Polizei, sondern auch so rein optisch. Natürlich war letzteres nicht ausschlaggebend für ein gutes Geschäft und daher nur semi-wichtig, aber ich mochte Kuba ganz gern. Hatte so seine ganz eigene Atmosphäre und einfach Charme, was man in meinen Augen hier in Norwegen vergeblich suchte. Inseln allgemein hatten schon immer so ihre persönlichen Vorzüge und das Land nahe den USA war angenehm abwechslungsreich - auf der einen Seite gab es schneeweiße, lange Sandstrände mit türkisblauem Meer, auf der anderen dann dichte Wälder und Berge, die sich durch die Landschaft zogen. Noch dazu kam der einzigartige Stil der Bauwerke, überwiegend alte Karren und das Bild war quasi komplett. Ebenso optisch schön, wie auch vielseitig. Vahagn selbst konnte uns bedauerlicherweise keine nennenswerten Anhaltspunkte dazu geben, wie es denn um die Im- und Export-Bedingungen stand, aber das war für's erste eben auch nicht so relevant. Sicher dort ankommen, hier und da ein paar Kontakte schaffen - beziehungsweise schmieren - und die Sache würde schon irgendwie ins Rollen kommen. Da hatte ich persönlich wenig Bedenken, war es hier oben in Norwegen doch ziemlich sicher deutlich komplizierter als in irgendeinem Dritte-Welt-Land. Madagaskar war wegen dem ortsansässigen Clan auch sofort nichtig, als die Russin sich dahingehend zu Wort meldete, weil mir die gefühlt ewig lange Geschichte mit den Italienern wirklich reichte und ich auch wirklich keine Lust darauf hatte, nicht mal sicher dort anzukommen. Noch dazu rief ihr folgender Vorschlag inklusive anderer Länder ein leises Schnauben meinerseits hervor. "Bevor ich meinen Arsch nochmal in 'ner kalten Hölle parke, lass' ich mich hier begraben.", antwortete ich reichlich ironisch, weil Sterben natürlich so gar nicht in Frage kam. Wäre ja sinnlos nach dem ganzen Drama mit den Mafiosi und außerdem hatte ich jetzt Cosma. Weder wollte ich ihr das antun, noch meine eigene Chance auf ein gutes, gemeinsames Leben mit ihr versauen. "Dann wohl am ehesten Kuba...", stellte ich abschließend noch einmal etwas nachdenklich fest. Zumindest dann, wenn es um Sabin und mich ging. Was der Rest davon hielt war bis dato ja gänzlich ungeklärt, aber die höchste Stimmgewalt hatten wohl auch der Italiener und ich. Sollte meine bessere Hälfte allerdings wirklich vehement etwas dagegen haben nach Kuba zu gehen, würde mich das wohl die ganze Sache überdenken lassen, weil sie sich dort ebenso wohlfühlen musste wie ich. "Hat Irgendwer begründete Einwände?", stellte ich letztlich trotzdem noch eine Frage an sämtliche Anwesenden, weil es dennoch vielleicht eine weitere Sache geben könnte, die ich bisher nicht bedacht hatte.
Also kein Madagaskar. Wäre rein von der Größe des Landes her vielleicht besser gewesen, weil man dann doch einmal leichter hätte untertauchen können, wenn es notwendig war. Gegen einen fest ansässigen Clan zu rebellieren stand derzeit absolut nicht in unserer Macht und war schlicht mit viel zu vielen Problemen verbunden. Zumal ich auch bis jetzt noch gar nicht wusste, wie viele von Hunters Männern überhaupt mitkommen würden und wie viele neue Gesichter das früher oder später bedeutete. Mit nur zehn Mann kamen wir schließlich nicht besonders weit, um das Ganze mal nüchtern zu betrachten. Aber ich glaubte eigentlich auch, dass es im Interesse Vieler lag, weiterhin Hunter zu folgen, wo es doch hier in Oslo ziemlich schwer für sie werden dürfte. Natürlich könnten sie auch wo ganz anders hin und da neu anfangen, aber das war allein verdammt schwer. Wusste ich selbst nur zu gut von meinem Wechsel aus dem Süden Europas in den hohen Norden. Es schien im Endeffekt auf Kuba hinauszulaufen. Mir persönlich fielen keine besonders nennenswerten Dinge mehr ein, die Hunter nicht schon genannt hatte. Natürlich war die Lage an sich ein kleines bisschen ungünstig, weil der gebürtige Amerikaner in den Staaten sicher ein gern gesehener Gefängnisinsasse wäre, aber warum sollten sie nach ihm - und Sydney auch, nebenbei bemerkt - ausgerechnet auf dieser Insel suchen? Sie bräuchten schon handfeste Beweise, um Leute da hin schicken zu können. "Nein, ich denke nicht.", sagte ich also mit einem schwachen Kopfschütteln, klang dabei aber weiterhin ein wenig nachdenklich. Suchte gedanklich noch nach anderen Eventualitäten, während Ashton sich dazu äußerte. "Keine Spur, klingt nach Urlaub.", meinte der junge Mann schulterzuckend und grinste ein klein wenig vor sich hin. Meinte damit sicher nicht nur die landschaftlichen Gegebenheiten, sondern auch die einfache Situation mit Polizei und wenig Konkurrenz. Könnte, wenn keine unverhofften Wendungen eintrafen, also wirklich zeitweise ein leichter Spaziergang werden, der uns den Abend mit einem traumhaften Sonnenuntergang am Strand einläutete. Auch Tauren schien seinen Blick inzwischen von der Russin abgewendet zu haben und sah stattdessen zu Cosma und Hunter. "Ich klink' mich da liebend gerne ein.", ließ er ebenfalls durchweg positive Worte verlauten und besiegelte sie mit leichtem Anheben seines Glases, dicht gefolgt von ein oder zwei Schlucken, obwohl nach seiner Meinung mit am wenigsten gefragt worden sein dürfte. Er stand in diesem Raum nur über Halanov und Sydney. Mit Richard war er vielleicht auf Augenhöhe, waren sie beide doch nicht gerade Hunters Lieblinge, aber das war es dann eben auch schon gewesen. Dahingehend hatte ihm die Foltergeschichte bisher sicher nur bedingt genützt.
+ .Es kommt, wie es kommt - aber so, wie man es ruft. +
Ich hatte ursprünglich gedacht, dass das Gespräch sich irgendwie in die Länge ziehen würde, weil ich ja wusste, wie viele - unter anderem ziemlich sture - Köpfe sich heute an einen Tisch zusammen setzen, aber wider Erwarten war eine Entscheidung dann doch sehr schnell gefallen. Gut, das lag mitunter wohl auch daran, dass Hunter von einer demokratischen Abstimmung mit vorangehender Sammlung von Ideen so gar nichts zu halten schien, aber das sollte mich in diesem Fall nicht weiter stören. Anfangs hatte ich befürchtet, dass sich unter den aufgezählten Ländern eines befand, gegen das ich grundlegend eine Abneigung hegte, aus welch Gründen auch immer, aber dem war Gott sei Dank nicht so. Das war wohl auch der einzige Grund dafür, weshalb ich mich nicht darüber beschwerte, dass bis zum Ende hin keiner nach seiner Meinung geefragt worden war. Grundlegend war ich sowieso nicht in der Position, irgendwelche Ansprüche zu stellen oder mich beschweren zu dürfen, sollte ich mich doch viel eher glücklich schätzen, überhaupt irgendwo mit hinreisen zu dürfen, aber nun ja. Ich hatte sowohl den Worten des Amerikaners, als auch der Russin mein aufmerksames Gehör geschenkt und im Hintergrund meine Rückschlüsse gezogen, Pros und Kontras abgewägt und war dann zu dem Entschluss gekommen, dass Kuba sich für mich gar nicht mal so schlecht anhörte - zumindest für ein Land, in das man förmlich rein gedrängt wurde, weil der Rest ganz offensichtlich voll für Hunters Vorschlag stimmte. Rein optisch war die Insel ja ein echter Hingucker und die Kollegen der ortsansässigen Polizei auch überaus freundlich, wobei letzteres vermutlich niemanden der hier und heute Anwesenden interessieren würde. Ich wollte es an der Stelle jedoch trotzdem einfach nur erwähnt haben. Als einzigen, relativ kritischen Aspekt sah ich die Nähe zu den USA, was ich nicht zuletzt auch zum Thema machte. "Wir haben drei Leute, die von den amerikanischen Behörden gesucht werden. Meint ihr, dass Kuba mit seiner Nähe zu den Staaten da wirklich eine gute Idee ist? Also ich meine, was die Insel an sich angeht, bin ich sofort dabei, aber irgendwie ...", setzte ich zum Reden an, wurde jedoch relativ schroff durch die Russin unterbrochen, indem sie mir mit einem kaum zu überhörenden, höhnischen Schnauben das Wort abschnitt. Was war denn jetzt los? Hatte ich irgendwas falsches gesagt? Mich unpassend verhalten? Ich musste entsprechend verwirrt in ihre Richtung gestarrt haben, als sie mir so dazwischen gegrätscht war und erntete dafür bloß ein unverständliches Kopfschütteln, gepaart mit einem schiefen, jedoch sichtlich angesäuertem Grinsen auf den Lippen. Die Worte, die sie mir daraufhin noch an den Kopf schmiss, weckten allerdings mein Interesse - auf mehr oder weniger positive Art und Weise. Oh je, verstand doch einer mal die Russen...
Perfekt, Kuba sollte es also werden - in Ordnung. Bereits als Hunter zu einer recht überflüssigen Frage an die Allgemeinheit ansetzte, notierte ich mir gedanklich das ausgewählte Ziel und und raunte Holovanov über die Köpfe von Hunters Anhängern hinweg ein paar Anweisungen auf russisch zu, denen er nachkommen sollte, sobald wir wieder in unserem Unterschlupf angekommen waren. Er nickte die Worte nur stumm ab, konzentrierte sich dann aber wieder gänzlich auf das Gespräch, welches wider erwarten noch nicht zu Ende sein sollte. Während der Norweger zu meiner Linken und auch der rothaarige Teufel auf Hunters Schoß - welcher mir durchgehend nur kritische Blicke zuwarf - sich für Kuba aussprachen, war es rein zufällig die ehemalige FBI Mitarbeiterin, welche sich aufgrund einer absoluten Lappalie negativ über die Wahl des Landes aussprach. Schon als sie zum Reden ansetzte, rollte ich genervt mit den Augen, weil ich absolut nicht nachvollziehen konnte, was es denn jetzt noch zu meckern gab, wo sie doch eigentlich froh sein sollte, überhaupt noch am Leben zu sein und irgendwem hier offensichtlich sehr am Herzen zu liegen, was überhaupt erst der Grund dafür war, dass sie mitgenommen und nicht einfach hier gelassen wurde. Mochte sein, dass sie überhaupt nicht wusste, was sie mit ihren Worten in mir auslöste, aber ich persönlich fühlte mich gerade derart auf den Schlips getreten, dass ich sie mit einem hörbar lauten Schnauben unterbrechen musste. "Hör mal, Syd.", bat ich um ihre Aufmerksamkeit, wobei ich ihren Namen ganz bewusst so betonte, als würde mir bei der Aussprache gleich die Galle hochkommen. "Ich weiß ja nicht, ob du beim FBI auf deinen Akten eingeschlafen bist oder ob ihr mein Geschäft in den Staaten tatsächlich nicht auf dem Schirm hattet, aber wenn ich erst einmal mit euch fertig bin, dann findet euch niemand mehr so schnell wieder, okay? Ich könnte dich bis an die Grenze deiner verschissenen Heimatstadt bringen und niemand würde es merken. Mit einem einfachen Flug oder einer netten Kreuzfahrt ist mein Job ganz sicher nicht getan. Du kriegst von mir sämtliche Papiere, die für ein Leben in einem anderen Land von Nöten sind. Das wäre eine neue Identität, Schulabschlüsse, ein Bankkonto, von mir aus auch einen neuen Haarschnitt, wenn dir danach der Sinn steht, vollkommen egal. Also lass' die Behörden erst einmal das letzte sein, um die du dir Gedanken machst.", klärte ich sie darüber auf, dass sie mich und meine Arbeit mit ihrer Aussage gerade mehr oder weniger beleidigt hatte, wobei meine Stimmlage sich mittlerweile eigentlich wieder normalisiert hatte. Gut, sie war auch nie wirklich laut gewesen, aber eben hörbar angepisst, weil ich es nicht ausstehen konnte, wenn Menschen über meine Arbeit urteilten. Ob bewusst oder unbewusst, das spielte absolut keine Rolle. Da musste man nun mal leider damit rechnen, dass einem ein paar klärende Worte um die Ohren flogen, die am Ende gar nicht mal so böse gemeint waren. Streng genommen meinte ich es sogar nur gut mit ihr. Sie sollte sich entspannen, mich meine Arbeit machen lassen und das Leben in einem neuen Land genießen. Nicht mehr und nicht weniger. Für das überdurchschnittlich laute Schnaube kassierte ich im Übrigen postwendend die Quittung - vermutlich war es das Instant Karma, was zurück schlug, weil ich das arme Mädchen im Prinzip grundlos angegangen war - und so langsam war mir klar, dass das womöglich daran lag, dass die Schmerzmittel mittlerweile vollständig aus meinem Körper geschwemmt worden waren. Anders konnte ich mir nicht erklären, wieso und weshalb solche unbedeutenden Bewegungen derartige Schmerzen verursachen konnten. Ich angelte mir auf diese Feststellung hin also einen kleinen Blister aus der Hosentasche und drückte mir wenig später eine neue Schmerztablette in die Handfläche. Diese trocken herunter zu schlucken stand mir allerdings nicht im Sinn, weshalb meine nächsten Worte sich doch tatsächlich an den Norweger richteten, der mit seinem Getränk gerade Hunter und dem Rest der Meute zugeprostet hatte. "Wärst du so freundlich?", bat ich ihn mit neutraler Stimme und einem aussagekräftigen Nicken in Richtung seines Glases, dass er mir doch freundlicherweise einen Schluck abgeben sollte. Ein ganzes Glas voll Alkohol wäre wohl in Verbindung mit den Schmerzmitteln nicht sehr vorteilhaft, aber ein Schluck, um die Kehle zu ölen, sollte eigentlich kein Problem darstellen. Und da sonst gerade niemand in der Nähe war, der mir ein Glas anreichen konnte und ich selbst dazu nicht in der Lage war, mir eines vom Tablett zu angeln - das nach vorne beugen wäre für meine Wunde schon wieder viel zu viel des Guten -, hoffte ich einfach auf Taurens liebevolle Ader und sein ganz offensichtliches Interesse an meiner Person.
# Is it all a tragedy? Are we flashes in a rut going in and out of luck? Maybe. #