“Absolut nicht.”, rutschte es mir prompt mitsamt leisem Schnauben über die Lippen. Sowohl die Vorgeschichte zu alledem hier war auf vielen Ebenen verkorkst und einfach nur beschissen, als auch das, was im Jetzt stattfand und das, was noch auf uns zukommen würde, wenn wir uns dazu entschlossen, Ryatts Plan die eine Chance zu geben. Mal wieder vom Regen in die Traufe und von der Traufe ins krachende Gewitter – ausnahmsweise aber mit Aussicht auf anschließenden Sonnenschein. Hoffentlich ohne dass noch weitere Nervenzusammenbrüche dieses katastrophalen Ausmaßes seitens Aryana erfolgten. An gar keiner Türschwelle, auch nicht an Ryatts. Das würde zwar keine Eifersucht auslösen, aber einen sinnbildlichen weiteren Schlag in die Magengrube. Ich wollte, dass Aryana mit mir redete und nicht mit irgendwem sonst. “Na da bin ich aber erleichtert…”, erwiderte ich mit etwa ebenso trockenem Sarkasmus und warf ihr mit leicht hochgezogener Augenbraue einen kurzen Blick zu, weils anders halt einfach nicht tragbar war. Ich wollte keine Witze darüber machen, aber anders konnte ich sowieso nicht darüber reden, ohne die nächste schwindelerregende Talfahrt der Gefühle zu erleben. Der Alkohol, dem die junge Frau sich nach meiner Frage erneut widmete, half in dieser Sache nur temporär. Er machte die Unterhaltung etwas einfacher, lockerte unsere chronisch trägen Zungen. Mein Blick ruhte schon auf ihr, als sie noch mit dem Bourbon beschäftigt war. Rutschte schließlich in ihren, als Aryana sich mir explizit zuwendete. Ich machte aus meiner Gemütslage dabei keinen großen Hehl: Sie wusste ohnehin, wie kaputt ich war. Ich hörte ihr dennoch mit voller Aufmerksamkeit zu. Setzte gedanklich hinter jeder Tatsache, die sie auflistete, einen Haken, weil nichts dagegen einzuwenden war. Auch das müde hakte ich für meine eigene Person mit ab, nickte kaum merklich und murmelte ein leises "Same." vor mich hin. Als sie dann ihre drei Bedingungen für unseren Aufbruch festlegte, konnte ich wohl bisher nur einen Haken sicher machen – hinter Los Angeles. Trotzdem brauchte ich im Gegensatz zu Aryana keine Pause für meine Antwort. “Nüchtern betrachtet…” Doch noch eine kurze Unterbrechung, nur um ganz nüchtern an meinem Glas zu nippen. “...war ich schon in noch schlechterer Verfassung. Direkt nach dem Knast hatte ich weniger Kondition, weniger Kraft und hab – für meine Verhältnisse – beschissen geschossen… dank Easterlins Trainingsprogramm und Kantine, kann ich das alles von der Kontra-Liste streichen. Falls ich eine Möglichkeit zum Schlafen finde und wir den Alkohol ab morgen zum Teufel jagen, sollte das schon mal kein Problem sein.” Immer noch unterschwelliger Sarkasmus. Erst nach diesen Worten sah ich Aryana wieder direkt an. “Mein Alter Ego”, aka der Typ, der wenn nötig immer gerne spontan zum Henker oder Folterknecht wurde, je nachdem was gerade besser zur Situation passte, “wird da drüben glücklicherweise Keinen interessieren, solange ichs beim Stützpunkt angekommen wieder brav einpacke und wenn Ryatt genug Anhaltspunkte für die 99%ig sichere Abwendung meiner Haftstrafe findet, dann… mach ich mir um meine eigene Psyche in dieser Sache verhältnismäßig wenig Sorgen. Ist ja fast wie nach Hause kommen, nur ohne den ganzen Sand unter den Klamotten.” Zum Ende hin versickerte der Sarkasmus im ewigen Staub Syriens. War alles dasselbe, oder? Südamerika würde nicht viel besser sein, wenn wir um die Brandherde der Guerillas nicht weit genug herumfahren konnten oder sie ab einem gewissen Punkt schlicht überall waren. Ich würde automatisch in den altgewohnten Survival-Mode switchen, wenn die ersten Schüsse fielen und es gab eigentlich nur eine einzige Sache, die das sofort und unwiderruflich zunichte machen konnte. Was wohl auch mein Blick sagte, der verdächtig flackerte. Ich machte das Glas in einem Zug leer und stellte es ein Stück entfernt neben mir aufs Polster, weil ich keine Lust hatte, mich schon wieder Richtung Tisch zu bewegen. Es war der kürzeste Weg, um beide Hände für Aryana frei zu haben. “Ich schwimme schon sehr viel länger als du in diesem Sumpf… und ich kann den Kopf oben halten, für eine ganze Weile, wenns sein muss.”, murmelte ich mit mahlendem Kiefer. Mein Blick hielt eisern an ihrem fest. Zu welchem Preis dieses krampfhafte Funktionieren rangierte, sei an dieser Stelle mal offen gelassen, doch der Zweck heiligte definitiv die Mittel. Ums Gesundwerden konnte ich mich danach in Ruhe kümmern, in Freiheit. Der Punkt war, dass ich fähig sein würde, zu funktionieren, wenn ich es tun musste – aber nur unter einer Bedingung, die genauso wenig verhandelbar war. Ich nahm die Hand von Aryanas Schenkel, um sie ihr stattdessen in den Nacken zu legen. “...aber ich weiß auch, dass mein Schädel irgendwann kippen wird, wenn deiner’s tut. Wenn ich dir dabei zusehen muss, wie dir das alles zu viel wird… wie du… durchdrehst… weil wir da drüben echt nicht um Blut an den Händen rumkommen werden… dann… kann ich dich nicht sehr lange weitertragen, wenn du dich nicht wieder davon erholst, Aryana. Ich würde mit dir den Verstand verlieren, früher oder später.” Ich sprach etwas leiser als vorher, sie saß ja nicht weit weg. Liebe konnte einen unheimlich weit bringen, aber genauso gut das eigene Grab sein. Die schöne Brünette war in dieser Sache meine Schwäche. Als müsste ich sie daran erinnern, wie unzertrennbar sie an mich gekettet war, zwang ich sie mit der Hand in ihrem Nacken dazu, mit dem Gesicht näher an meins zu rücken, damit sie nicht auf die Idee kam, jetzt wegzusehen. “Also wenn wir das durchziehen… dann musst du mir versprechen, dass du vorher alles Mögliche tust, um den Kopf frei zu kriegen. Frei genug... damit das nicht passiert… ” Ich wurde immer leiser, je länger ich sprach. Schluckte, streckte dann langsam die zweite Hand nach ihrer Wange aus und mahlte weiter mit dem angespannten Kiefer. "Ich will da nicht rüberfliegen, um doch noch draufzugehen. Ich will frei sein... aber nur mit dir." Also brauchte ich zumindest eine reale Chance darauf, dass sie mir da drüben nicht hops ging, weil ihr Kopf zweifelsohne in so verheerendem Zustand war wie nie zuvor. Es war irgendwie ironisch: Wie ich schon seit ewig überhaupt keine Angst vor dem Tod an sich hatte und doch ungefähr tausend Ansprüche daran stellte, wie es nicht passieren sollte. Wohl einer der Gründe, warum ich noch nicht in einem Sarg verrottete.
War dann aber auch der absolut einzige Punkt, in dem sie ihm auf die Schnelle sowas wie Erleichterung bieten konnte. Aus nicht ganz uneigennützigen Gründen, denn tatsächlich zog sie in der Regel keinen Profit aus Nervenzusammenbrüchen. Gestand sich auch sehr ungern irgendwelche Blösse ein vor Leuten, die ihr so absolut nicht nahe standen. Aber vielleicht vielleicht, wenn tatsächlich alles aufging und sie ausnahmsweise ein Ziel erfolgreich erreichten, wäre sie irgendwann froh um das Desaster in Ryatts Wohnung vor drei Monaten. Nur die Zeit würde das zeigen. Mitch begann mit einer Aufzählung von Punkten, die dafür sprachen, dass diese Mission erfolgreich enden könnte. Sie spürte schon während er redete, worauf das hinauslaufen würde. An der Tonlage und seiner Aussprache, an der Formulierung der Worte und der allgemeinen Anspannung, die ihr erneut in die Knochen kroch. Wenn sie sich dafür entschied, dann würde er es auch tun. Wenn sie es schaffte, schaffte er es auch. Wenn sie all das aushielt, blieb er bei ihr und hielt sie fest. Wenn sie die Augen zumachte und sich durchboxte, würde er an ihrer Seite siegen. Wenn. Er machte sich um seine Psyche wenig Sorgen. Und sie konnte ihm absolut keinen Vorwurf für diese Aussagen machten, konnte keineswegs behaupten, dass sie nicht die bittere Wahrheit in sich trugen. Diesmal war es nicht sein Kopf, der ihre Zukunft ins Paradies oder in die Hölle lenkte. Nicht in erster Linie, zumindest. Aryana hätte gerne den Blick abgewandt, schon als er noch beim Sumpf war, in dem sie tendenziell schneller unterging als er. Definitiv aber dann, als er deutlich genug erwähnte, was ihr Quest for Freedom in Südamerika für Opfer fordern würde. Was der Preis der Freiheit wäre. Das, was er für sie schon ewig war - das, was sie schon lange nicht mehr zahlen wollte, was sie irgendwann auch nicht mehr zahlen konnte. Dieses Irgendwann durfte nur auf keinen Fall in Südamerika kommen, nicht so kurz vor dem Ziel. Aber Aryana hatte keine Garantie für Mitch. Sie konnte ihm nicht versprechen, sich garantiert noch ein halbes Jahr zusammenzureissen. Oder vier Monate. Oder zwei Wochen. Sie wusste nicht, wann die Zeitbombe in ihrem Kopf explodierte, wusste nicht, wie sich diese Uhr entschärfen liess. Sie konnte all das nur versuchen. Nur ihr bestes geben. Mitch zog sie noch etwas näher heran, damit sie ihn weiterhin anschaute, während er ihr die Bedingung präsentierte, die er stellte, wenn sie das wirklich durchziehen sollten. Eine Bedingung nur für sie, bei der ihr auch niemand wirklich helfen konnte. Und Aryana wusste, dass das berechtigt war. Dass sie alles in ihrer Macht stehende tun sollte, um das Risiko zu minimieren, dass ihr mehr als angeschlagenes Nervenkostüm ausgerechnet in Südamerika kollabierte. In einem Moment, in dem ihnen beiden ein solches Versagen das Leben kosten würde. Sie biss die Zähne zusammen, ballte die Hände zu unruhigen Fäusten, öffnete und schloss sie erneut. Was inkludierte alles Mögliche? Musste sie tatsächlich zur Therapie? Lohnte sich das noch, für die paar Wochen? Sie war eindeutig dagegen, sah eher ein Risiko als einen Nutzen darin. Aber was war es sonst? Was konnte sie tun, ausser Faye zu besuchen und sich so vor Augen zu führen, dass sie diese Mission erfolgreich absolvieren mussten, wenn sie allen Menschen, die sie am meisten liebte, - und sich selbst - eine Chance auf eine gute Zukunft geben wollte? Aryana atmete tief aber stockend ein und aus, blickte Mitch noch immer an, obwohl sie wusste, dass ihm so keineswegs entgehen würde, wie sehr sie mit sich selbst kämpfte. Bis sie schliesslich doch sprach, sich augenscheinlich entschieden hatte. Wenn auch möglicherweise ohne konkreten Plan... "Ich... ich verspreche dir, dass... dass ich alles tun werde, was in meiner Macht steht... damit das nicht passiert...", gab sie ihm leise ihr Wort, hob nun ihrerseits die rechte Hand und legte sie erneut an seine Schläfe. Sie lehnte sich noch etwas vor, bis ihre Stirn an seiner lehnte, schloss nun doch endlich die Augen und versuchte erneut, irgendwie Ruhe zu finden, indem sie tief durchatmete. "Aber... aber vielleicht... brauche ich deine Hilfe... weil ich nicht weiss, was ich tun kann... Wie ich meinen Kopf zum Schweigen bringe, solange ich keine Energie, Zeit oder Kapazität habe, ihm zuzuhören...", flüsterte Aryana eine gedämpfte Bitte. Ob Mitch für solche Tipps die richtige Anlaufstelle war, wusste sie nicht. Aber war nicht genau das Teil von alles versuchen, was in ihrer Macht stand? Und wenn seine Methoden nur für die paar Wochen funktionierten, dann war das Ziel erreicht...
Wäre es vermeidbar gewesen, würde ich Aryana all diese Worte gar nicht an den Kopf knallen. Doch das war es nicht und ihre Reaktion machte mir deutlich, dass sie das auch wusste. Es spickte mein Herz mit weiteren kleinen Dolchen, wie sie mit sich rang und ich wünschte mir zum ungefähr einhundertsten Mal, dass es nie so weit gekommen wäre. Sie nie an einen Punkt wie diesen gestoßen wäre, obwohl es unter unseren prekären Lebensumständen nie mehr als eine Frage der Zeit gewesen war. Ich schluckte ein weiteres Mal, als ich ihren stockenden Atem nicht nur hören, sondern auch auf der Haut spüren konnte. Das machte den Blick ihrer dunklen Augen nur noch schwerer erträglich, aber ich wollte endlich damit aufhören, sie nur in unseren guten Momenten unentwegt anzusehen. Ich würde wahrscheinlich nie ein Mann großer gefühlsduseliger Worte werden, aber ich konnte nicht für den Rest unseres Lebens vor Momenten wie diesem davonlaufen, nur weil es mir unangenehm war. Das brachte uns ins verdammte Grab. Als Aryana leise ihre Stimme wiederfand, ohne dabei schon die offensichtliche Anspannung in ihrem Inneren losgelassen zu haben, streichelte ich ihr mit dem Daumen dicht am Ohr über die Haut. Nicht nur einmal, sondern fortan konstant. Als winzige Ermutigung für sie und für das Gefühl ihrer weichen Haut an den Fingerspitzen für mich. Es war einer der ganz wenigen Reize, die noch immer eine Wirkung auf mich hatten und sie hoffentlich nie verlieren würde. Die Brünette kam mir noch näher und ich ließ meine Augen ebenso zufallen, als ihr Kopf an meinen dockte. Lauschte ihren Worten, als sie nach einem Moment der Stille weitersprach und ich merkte selbst zuerst gar nicht, wie sich dabei mein Griff an ihrem Nacken verstärkte. Erstens wusste ich nicht, ob ich ihr in dieser Sache überhaupt helfen konnte. Zweitens wusste ich nicht, ob mein Weg für dieses manchmal überlebensnotwendige Augen zu und durch für sie auch richtig war, oder ob ich damit nur auf etwas herumtrampeln würde, das eigentlich schon kaputt war. Falls das denn überhaupt noch umgänglich war, in ihrer Verfassung… Ich lockerte die Finger wieder, mahlte mit dem Kiefer, wobei meine Zähne um Haaresbreite zu knirschen angefangen hätten, und dann küsste ich sie. Erst ganz sanft, beinahe vorsichtig, dann etwas inniger. Weil ich noch nicht wusste, was ich darauf antworten sollte. Aber auch, weil ich wollte, dass sie zu spüren bekam, dass sie mich immer um Hilfe bitten sollte, wenn sie das brauchte. Ob ich ihr dann auch tatsächlich helfen konnte, mochte auf einem anderen Blatt stehen, doch ich brauchte diesen Moment. Nach dem Kuss atmete ich etwas tiefer durch. “Ich weiß nicht, ob ich dir helfen kann… aber ich versuchs.”, flüsterte ich an ihre Lippen und nahm die Hand von ihrer Wange, um ihr eine lose Strähne hinters Ohr zu streichen, bevor ich die Finger sinken ließ. Besonders viele Optionen, ihr zu helfen, hatte ich allerdings nicht, ganz rational gesehen. Ich war selber kaputt, tickte nicht mehr ganz richtig im Kopf und es gab nicht viele Dinge, die ich durchgemacht oder gelernt hatte, die Aryana nicht auch schon auf ähnliche Weise durch hatte. “Eine Idee hab ich vielleicht… die wird dir leider ziemlich sicher nicht gefallen.”, hängte ich mit einem Seufzen an, bevor ich mich weit genug zurückzog, um die Augen zu öffnen und Aryana anzusehen. Natürlich war mein stumpfer Fokus des Überlebens, in den ich dann und wann schalten musste, das Ergebnis von vielen Faktoren in meiner Vergangenheit. Ich hatte mich schon als Kind auf unterschiedlichsten Ebenen unter widrigen Bedingungen durchhangeln müssen, um nicht abzusaufen. Als Teenager wars mit all dem plötzlichen Testosteron und der dadurch gesteigerten Wut nicht gerade einfacher geworden, aber in dieser Zeit hatte es einen Schlüsselmoment gegeben, der schon sehr prägend war – auf der Sparringmatte in dem heruntergekommenen Kickbox-Gym, dessen Trainer mich wohl hauptsächlich aus Mitleid unter seine Fittiche genommen hatte, wann immer er Kapazität dafür hatte. War nämlich nicht so, als hätte ich regelmäßig für die Stunden auf der Matte bezahlt. Kampfsport generell war etwas ganz anderes, als mit einer Waffe auf ein Schlachtfeld zu spazieren, und genau das war der springende Punkt. Da konnte man kein Messer und keine Pistole ziehen und sich auch nicht auf Distanz oder in Deckung flüchten. Entweder man hob die Fäuste, machte den Kopf frei und stellte sich, oder man kassierte rigoros Schläge, bis man den Boden küsste… und Aryana war eigentlich keine Person, die sich einfach wegduckte und weglief. Sie hatte nur ein bisschen vergessen, wer sie war. “Und ich bin kein idealer Sparring-Partner für dich, aber dafür find ich schon ‘ne Lösung.” Zu groß, zu schwer, zu erfahren. Dass Aryana sich theoretisch auch gegen mich wehren konnte, wusste ich – das war nur gar nicht der Punkt. Es wäre sehr von Vorteil, wenn sie nicht beim ersten Mal direkt mit einer Person im Ring konfrontiert wurde, die mit mehr Kraft und Armreichweite gesegnet war… und die sie außerdem liebte, so wie das auch umgekehrt der Fall war. Keine günstigen Faktoren.
Sie spürte seine sanfte Berührung an ihrer Haut, das Streicheln, das ihr leise zu vermitteln versuchte, dass alles irgendwann irgendwie gut werden würde. Zumindest war es das, was sie so gerne darin lesen und dann auch glauben wollte. Dass es diesmal wirklich der Weg in die Freiheit war und sie nur noch diese eine Hürde zu überwinden hatten. Dass sie ihren Kopf nur noch für ein paar Wochen retten musste und dann würden sie gewinnen, wofür sie so lange gekämpft hatten. Der Kuss war ein zarter, noch sehr vorsichtiger Vorgeschmack auf alles, was kommen würde. Wenn sie das erstmal geschafft hatten, wenn sie erstmal auf der anderen Seite wieder raus kamen. Wenn sie das Licht endlich fanden, das sie dann an ihren gemeinsamen Himmel hängen konnten wie die Sonne, die sie fortan wärmte und begleitete, ihnen Licht und Liebe schenkte und ihnen zuflüsterte, dass sie lange genug in der kalten Dunkelheit gesessen hatten und nun die Schwerelosigkeit der Freiheit auf sie wartete. Aryana erwiderte den Kuss, spürte schon wieder die potenziellen Tränen hinter ihren geschlossenen Augenlider. Das war das Problem, wenn sie zu oft über Gefühle sprachen, sich zu verletzlich zeigten, zu viel von dem offenlegten, das sie innerlich zerfrass. Es kam nach draussen und nahm unterwegs ein paar Dämme mit, die sowieso seit Monaten instabil waren. Aber Aryana hielt die Augen geschlossen, bis der Kuss vorbei war und noch etwas darüber hinaus. Bemühte sich dann ebenfalls wieder um eine Beruhigung ihrer Atmung und liess die Tränen ungesehen wieder versickern. Es war okay, wenn sie weinte und die ganzen Gefühle zuliess oder wenn ihr schlicht die Kraft fehlte, dagegen anzukämpfen. Aber nicht jetzt. Sie musste stark sein, wenn sie Südamerika überleben wollte. Nicht nur körperlich, sondern auch in ihrem Kopf und in ihrem deutlich angeschlagenen Geist. "Danke...", antwortete sie etwas verspätet darauf, dass er ihr seine Unterstützung ein weiteres Mal zusicherte. Sie berührte gleich im Anschluss noch ein weiteres Mal flüchtig seine Lippen mit ihren, bevor er sich etwas zurückzog und so auch sie dazu animierte, die dunklen Augen wieder aufzuschlagen. Der erste Gedanke, der ihr unverzüglich durch den Kopf ging, als er anmerkte, dass seine Idee ihr nicht gefallen würde, war natürlich die liebe Psychotherapie. Ein Projekt, welches sie, entsprechend ihrer gedanklichen Kurzevaluation von vorhin, wirklich nicht jetzt in Angriff nehmen wollte. Eigentlich nie, aber am wenigsten jetzt. Bestenfalls würde es sie dermassen aufwühlen und auf den Kopf stellen, dass sie erst Recht für die nächsten paar Wochen nicht mehr funktionierte. Und wenn, dann jedenfalls nicht mehr morden und verletzen konnte. Zwei Dinge, die sich, wie Mitch so deutlich gesagt hatte, höchstwahrscheinlich als essenziell erweisen würden. Aber Mitch war nicht der Mann, der ihr ausgerechnet diesen Weg vorschlagen würde. Auch wenn seine letzte Therapieerfahrung nicht durchweg schlecht gewesen war, war er noch lange nicht eine Person, die die Psychotherapie als Non Plus Ultra für jedermann und -frau sah. Aber was es sonst sein könnte, wusste sie beim besten Willen nicht. Auch nicht, als er ihr scheinbar einen Tipp verlieh, der sie nur noch verwirrter in sein Gesicht blinzeln liess. Aryana hob nachdenklich die Hand erneut an seine Wange, strich über seine warme Haut und blickte Mitch fragend an. "Wozu brauch' ich einen Sparring-Partner..? Und warum nicht dich?", wollte sie wissen, ohne zu merken, dass seine Idee ziemlich eindeutig auf der Hand lag und auch in diesem Satz verpackt war. Sie war mit der Psychotherapie gedanklich nur gerade viel zu weit entfernt, um die Schlüsse selbst zu ziehen.
Obwohl sie mir nicht zu danken brauchte und sich gegenseitig zu helfen in einer gesunden Beziehung wohl etwas ganz Normales war, zuckte mein linker Mundwinkel kurz nach oben. Wir kamen nicht drum herum, irgendwann zu lernen, auch in alltäglicheren Dingen Hilfe des jeweils anderen anzunehmen. Nicht nur dann, wenn wir wahnwitzige Mordpläne aufstellen, unmachbare Rettungsaktionen ausführen oder endgültig aufgeben wollten. Es fühlte sich an wie ein weiterer, vielleicht winziger, aber doch spürbarer Schritt in eine gute Richtung, also freute ich mich fast heimlich darüber. Aryana hingegen sah in diesem Moment wohl nicht mal den Wink mit dem Zaunpfahl, aber das war nicht schlimm. Ich lächelte zurückhaltend, als sie mir irritiert direkt zwei Fragen hintereinander stellte. Bevor ich zu einer Antwort ansetzte, genoss ich einen Moment lang das leichte Streicheln an der Wange und setzte auch den Daumen an ihrem Hals wieder in Bewegung. “Mir kannst du nicht wirklich unvoreingenommen gegenüberstehen.” Es brachte nichts, wenn ich in dieser Sache um den heißen Brei herum tänzelte. “Und auch wenn du seit Jahren immer wieder direktes Nahkampftraining hast, zielt das nie auf deine bloßen Hände ab. Da gibt es – in der Theorie – immer Hilfsmittel, die du im Ring nicht hast… die Grundlagen kann ich dir natürlich selber beibringen, das ist kein Problem. Aber wenn ich dich von Anfang an mit mir ins Viereck stelle, ist das für dich bloß frustrierend und bringt dir überhaupt nichts.” Mal ganz davon abgesehen, dass ich Aryana definitiv zu schonen versuchen würde, solange ich nicht das Gefühl hatte, dass sie überhaupt eine Chance hatte. Ich liebte sie, da schlug und trat ich ganz bestimmt nicht nach ihr, wenn sie im Geiste sowieso schon am Boden lag. “Ich… hab das beim Kickboxen gelernt damals… dass ich den Kopf ausmachen muss, wenn er zu laut wird, weil ich sonst gefühlt nicht mal fünf Meter geradeaus denken, geschweige denn einen gezielten Schlag setzen kann. Ich hatte ja schon damals sowas wie… depressive Phasen.”, seufzte ich leise. Verglichen mit meinen heutigen psychischen Problemen waren die von damals richtige Peanuts. Sie waren aber trotzdem da gewesen und der Kampfsport hatte mir wesentlich dabei geholfen, damit aufzuhören, den Kopf in den verdammten Sand zu stecken. Es hatte zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen, weil ich auch die Nase voll davon gehabt hatte, verprügelt zu werden. Ich schüttelte kaum sichtbar den Kopf, um die Gedanken an früher abzuschütteln und begann nachdenklich Kreise auf ihrer Haut zu ziehen. “Ich bin zwar dank meines eigenen mehrmonatigen Ausfalls”, etwas stumpfer Sarkasmus an dieser Stelle, um den Umstand, dass ich selber schon wieder zu lange nicht mehr beim Boxen war, zu verharmlosen, “selbst gerade nicht unbedingt in Höchstform, aber wenn überhaupt, dann wäre ich eher dein ultimativer Test… um zu prüfen, ob’s dir was gebracht hat.” Ob sie den Kopf ausmachen und ihre Gefühle dabei auf ein Minimum reduzieren konnte. Vollkommen neutral würde Aryana mir niemals gegenüberstehen, genauso wenig wie ich ihr. Das war ja aber auch nicht das Ziel. Sie sollte nicht kopflos, sondern überfokussiert werden. "Für den Anfang müsste ich mich also im Studio umhören, ob jemand Anderes Lust dazu hat, mit dir auf der Matte zu stehen." Ich musterte ihr Gesicht eingehend. Versuchte zu erkennen, ob sie nur semi-motiviert oder eher minusmotiviert war, diese Challenge anzunehmen.
Nein, tatsächlich würde sie ihrem Freund wahrscheinlich nie neutral gegenüberstehen. Es dauerte nur trotzdem noch ein paar Sekunden länger, bis sie endlich begriff, dass er ihr hier tatsächlich Boxen empfehlen wollte und das alles keine Metapher für irgendwas anderes sein sollte, das ihre mentale Gesundheit in den nächsten Wochen bestmöglich fördern würde. Die Erkenntnis führte dazu, dass ihre Augen doch etwas gross wurden, sie sein hübsches Gesicht musterte, ohne direkt zu wissen, was sie von dieser Option halten sollte. Wenn sie mit einem Gegner im Ring stand und nicht gegen einen Sandsack schlug, würde das ja genau bedeuten, dass sie auch ihre Freizeit damit verbrachte, nicht nett zu anderen Leuten zu sein. Beziehungsweise Gewalt auszuüben - auch wenn diese in dem Kontext natürlich auf Gegenseitigkeit und Konsens beruhen und so eine ziemlich andere Sache sein sollte. Aber ja: In Hinblick auf Ryatts risikobehafteten Plan, wäre das vielleicht gar nicht schlecht. Vorausgesetzt, sie konnte die von Mitch genannten Skills beim Boxen ebenso erlernen, würde ihr das definitiv zu Gute kommen in Südamerika. Es wäre besser, wenn sie ihre Krisen und/oder Dissoziationen in einem Ring durchlebte, wo sie dann höchstens noch einen Schlag kassierte und nicht gleich mit dem endgültigen Todesstoss rechnen musste, als wenn es später auf dem Schlachtfeld passierte. Trotzdem. Bis heute hatte diese Sportart sie eher nicht gereizt, jedenfalls nicht in der Variante des Zweikampfes. Und es wäre wohl auch übertrieben, zu behaupten, dass sein Vorschlag in ihr die ganz grosse Begeisterung auslöste. Was nichts heissen sollte, denn ganz ehrlich: Das tat aktuell nichts. Sie war zur Zeit nicht begeisterungsfähig. Ihre Entscheidungen basierten fast ausschliesslich auf negativen Emotionen und, in Hinblick auf ihre Zukunft, auf Verzweiflung und dem übrig gebliebenen Funken Rationalität. "Hmm...", machte sie nachdenklich, setzte nun die sanften Streicheleinheiten ihrer Finger auf seiner Haut fort, die zwischenzeitlich unbewusst ausgesetzt hatten. "Ich habe dir vor gefühlt drei Minuten versprochen, dass ich bis zum Beginn von Ryatts Plan alles Mögliche tun werde, um den Kopf dafür frei zu bekommen... Ich schätze, Sparring gehört nicht zu den Dingen der absoluten Unmöglichkeit... ", wägte sie schliesslich ab, hob sachte die Schultern, was zusätzlich ihre Unschlüssigkeit unterstrich. "Dabei gut aussehen oder sogar gewinnen vielleicht schon eher", fügte sie mit einer Prise Sarkasmus leise an. Es war natürlich auch möglich, dass sie gar nicht so schlecht abschneiden würde. Aber ihre aktuelle psychische Verfassung würde ihr eher nicht beim Gewinnen helfen, dafür musste sie, wie Mitch schon erkannt hatte, doch noch etwas trainieren. "Und ich glaube, auf den ultimativen Test verzichte ich lieber.", schloss sie ihre Einschätzung ab, blickte ihn nochmal mit einem leicht hochgezogenen Mundwinkel an und tätschelte seine Wange. Damit wandte sie sich dann aber vorerst wieder von ihm ab, um sich zum Couchtisch zu drehen und nach ihrem Whiskeyglas zu angeln. Sie hob das Glas für zwei Schlucke an ihre Lippen und lehnte sich zurück ins Polster des Sofas, während sie innerlich nochmal rekonstruierte, was sie heute Abend plötzlich alles für Pläne hatten, die ihr gestern noch nichtmal irgendwo am Horizont vorgeschwebt waren. "Also begleite ich dich ins Studio, prügel' mich mit deinen Freunden, dann besuchen wir gemeinsam Victor und Faye im Süden und fliegen schliesslich bestens vorbereitet nach Paraguay...", fasste sie halb für sich, halb für ihn zusammen. Klang insgesamt absolut vernünftig.
Es dauerte noch einen Moment, bis Aryana allmählich dämmerte, dass der Ring nicht im übertragenen Sinne für irgendwas anderes herhalten musste – dass ich die Boxgeschichte ernst meinte. Dann war sie erstmal überwiegend überrascht bis irritiert, was wohl zu erwarten gewesen war. Ich hatte vorher nie auch nur ein Sterbenswort darüber verloren, sie mit in die Kampfsportabteilung des ortsansässigen Gyms schleifen zu wollen. Es hatte vorher aber auch nie einen Grund dafür gegeben. Ich war da eher hingegangen, um mir einen Ausgleich zum Alltag zu schaffen. Das ginge sicher auch mit Aryana an meiner Seite, aber sie hätte dabei nicht mit viel Aufmerksamkeit von mir rechnen können. Wenn ich für mich allein boxen ging, geschah das meistens mit Kopfhörern in den Ohren und wenn ich nicht allein trainierte, sondern quasi Coop in den Ring stieg, dann wäre Aryana auch in besserer Form nie wirklich dafür in Frage gekommen – aus schon genannten Gründen, unabhängig von ihrer Psyche. Mir schlug keine große Begeisterung von ihr entgegen, aber damit hatte ich auch nicht gerechnet. Ich selbst musste in diesem Szenario einen Gang der Schande hinlegen, weil ich mich seit meinem Abgang bei keinem dieser Freunde so richtig regelmäßig gemeldet hatte. Nur Ausreden, warum ich nicht kam – davon hatte es viele gegeben und keine einzige hatte der Wahrheit entsprochen. Hoppla. “Es erwartet zum Glück auch absolut Niemand von dir, dass du innerhalb von ein paar Wochen zur Legende wirst.”, klinkte ich mich ein, als Aryana betonte, sich keine allzu großen Chancen für irgendwas auszurechnen. Immerhin wehrte sie meinen Vorschlag nicht vollkommen ab und stufte ihn auch nicht als unmöglich ein. Das reichte für jetzt, für heute. Sich mir gegenüber zu stellen war für sie, berechtigterweise, wenig verlockend. “Verständlich. Mit mir würd’ ich auch nicht ins Viereck wollen.”, seufzte ich theatralisch und hob einen nach dem anderen Fuß, um sie schräg auf der Ecke des Couchtischs abzulegen und an den Knöcheln zu verschränken. Alles zur eher sarkastischen Auflockerung der Angelegenheit und als Reaktion auf das Getätschel an meiner Wange. Meine Hand rutschte aus ihrem Nacken und meine Augen folgten ihren Bewegungen, als Aryana sich distanzierte, um nach ihrem Glas zu angeln. Das beförderte meine Aufmerksamkeit wiederum in Richtung meines eigenen Glases. Ich nahm es in die Hände, blieb aber damit sitzen. Drehte es zwischen den Fingern, während ich darüber nachdachte, ob ich mir noch mehr einschenken wollte. Ich entschied mich dagegen und drehte stattdessen weiter das Gefäß in meinen Händen. Der Alkohol, den ich schon geschluckt hatte, würde noch nachwirken. Mal ganz davon abgesehen, dass ich wirklich schon genug hatte… gemessen an einem normalen, gesunden Maßstab. Es war immer noch purer Hochprozentiger, kein laues Bier. Aryana sprach weiter und ich drehte den Kopf wieder zu ihr rüber. “Das ist jetzt aber auch ein zu großes Wort. Ich hab genau eine beste Freundin, zwei… bis drei Freunde und sonst nur maximal gute Bekannte.”, stellte ich wahrheitsgemäß, aber weiterhin mit sarkastischem Unterton fest. Ryatt fiel in gar keine dieser Sparten und hinter Jetman musste ich ein Fragezeichen setzen, wegen erneuter Funkstille. Auch ein Problem für später. “Und windelweich prügelt man sich beim Sparring eigentlich nicht… zumindest nicht, wenns nicht explizit so gewünscht ist, und das steht nicht zur Debatte. In Paraguay kannst du kein Schädelhirntrauma gebrauchen.”, milderte ich die Sache ein bisschen ab, lächelte dabei schief vor mich hin. “Klingt ansonsten aber wie eine stinknormale Woche für mich.” Wieder Sarkasmus. Ich zögerte ein paar Sekunden lang, hängte dann aber die Worte “Faye wird sich freuen.” an. Wir wussten beide, dass das nur auf einen Teil unseres Besuchs zutraf. Es würde schön für sie sein, dass wir vorbeikamen, uns mal wieder sahen, und ein paar mehr oder weniger unbeschwerte Stunden miteinander verbrachten… eben so lange, bis wir verkündeten, dass wir uns auf eine potenziell todbringende Mission vorbereiteten und es möglicherweise unser allerletzter Besuch war. Es war schon schön, diese selbst von mir ausgesuchte Familie jetzt im Rücken zu haben, wenn es hart auf hart kam. Zu wissen, dass Faye und Victor irgendwie da waren, auch wenn wir uns lange nicht gesehen hatten. Solche Himmelfahrtskommandos waren aber definitiv leichter zu absolvieren, wenn man keine Menschen hatte, die auf eine Rückkehr warteten.
"Dann würdest du mich da auch nicht hinkriegen, weil ich bekanntlich wirklich seeehr ungern Leute enttäusche", seufzte Aryana dramatisch. Besonders schlimm war das bei Menschen, die sie überhaupt gar nicht kannte. Wirklich eine mittelschwere Katastrophe. Aber gut hatten sie das frühzeitig geklärt, damit dem kleinen Side Quest vor dem nächsten Abenteuer nichts mehr im Weg stand. Auch kein schon vor Beginn verlorener Zweikampf mit ihrem Freund, der hier glücklicherweise sehr viel Verständnis für ihre abwehrende Haltung hatte. Für seine Bescheidenheit erntete er auch heute ein wenig ernstgemeintes aber gut sichtbares Augenrollen. Damit motivierter er sie ja fast dazu, eben doch mit ihm in den Ring zu steigen, nur um ihm das Gegenteil zu beweisen. Das Problem an diesem Vorhaben war nur, dass es zum Scheitern verurteilt war - erst recht, wenn sie ohne vorgängiges Intensivtraining antanzte. Und zum Scheitern verurteilte Pläne wurden von Aryana im Normalfall nicht weiter verfolgt. "Du wirst schon sehen, eines Tages...", murmelte sie nur eine vage Andeutung einer unsicheren Zukunft gegen den Rand ihres Glases, als wäre tatsächlich eine Situation absehbar, in der sie ihn im - waffenlosen - Nahkampf besiegte. Sie war vielleicht schneller, vielleicht minimal geschickter und flinker. Aber letztendlich halt auch einfach gefühlt nur halb so stark. Wenn sie keinen massiven Überraschungseffekt auf ihrer Seite hatte, sah sie einem Erfolg auf dieser Ebene eher kritisch entgegen, solange Mitch schon nur aufgrund ihrer Arbeit genauso intensiv trainierte wie sie. Mit ihrer Aufzählung war er scheinbar nicht zu hundert Prozent einverstanden, korrigierte zwei Punkte, die sie natürlich nicht ganz unabsichtlich übertrieben dargestellt hatte. Sie wusste über sein Sozialleben relativ gut Bescheid und ebenso war ihr bekannt, dass im Boxen schnell fertig geprügelt war, wenn erstmal einer gewonnen hatte. Und das passierte bestenfalls, bevor der andere ein Schädelhirntrauma erlitt oder anderweitig nicht mehr gehen konnte. "Schön, dann halt keine richtige Prügelei - auch wenn das vielleicht auch mal gut tun würde. Aber ich seh schon, der Zeitpunkt wäre ungut gewählt. Und eigentlich würde ich mir dafür gerne andere Gegner aussuchen, als deine Boxkeller-Bekanntschaften", nahm sie einen Schritt zurück, stellte sich dabei bereits lebhaft ein entsprechendes Szenario vor. Ihr würden da schon ein paar Leute einfallen, die sie gerne prügeln würde... Mitch lenkte ihren Kopf wieder aus den Fantasien, als er einen anderen Teil ihrer Zukunftspläne kommentierte. Tatsächlich ein Punkt, den sie zu gleichen Teilen herbeisehnte und fürchtete. Sie wollte ihre Schwester sehr gerne endlich mal wieder in die Arme schliessen. Mit eigenen Augen sehen, dass es ihr im Süden besser ging. Begutachten, was Victor und Faye bis jetzt schon alles aufgebaut hatten, wie sie wohnten, lebten, zurecht kamen. Aber da gehörte leider auch der Moment der Wahrheit hinzu, wenn sie ihnen ein weiteres Mal eine unschöne Tatsache offenbaren mussten. Aber besser so, als wenn sie nichts sagten, oder? Und besser so, als wenn sie ohne ein weiteres Wort in den Tod marschierten, oder? "Ja... zumindest bis sie die ganzen Gründe für unseren Besuch erkannt... Ganz alles wird ihr wahrscheinlich kaum gefallen", murmelte sie den Teil vor sich hin, den Mitch möglicherweise gerade bewusst ausgelassen hatte. "Aber wahrscheinlich werden sie es trotzdem verstehen. Ist ja nicht so, als hätten wir es nicht anders versucht und dass wir so nicht mehr klar kommen, werden sie selbst erkennen. Egal wie gut wir heile Welt vorspielen", meinte sie zu dem Thema, zuckte schwach mit den Schultern, nachdem sie die Hand mit dem Glas auf ihrem Bein abgestellt hatte. Niemand ausser Mitch kannte sie besser als Faye. Sie konnte also schon für ein paar Stunden oder auch für zwei Tage so tun, als würde es ihr einigermassen gut gehen, aber ihre Schwester würde ihr das nicht abkaufen. Entsprechend war sie immerhin einigermassen guter Dinge, dass niemand allzu sehr daran festhalten würde, dass sie die Pläne sofort wieder fallen lassen sollten.
Ich nickte leicht vor mich hin, zog die Augenbrauen kurzzeitig nach oben und legte den Kopf schräg. “Das werden wir sowieso auf keinen Fall riskieren, nein.” Bekanntermaßen waren wir beide überaus erpicht darauf, vor allem und jedem perfekt dazustehen. Nicht. Wäre auch ein bisschen sehr ironisch. Wir bekamen es ja nicht mal hin, uns selbst im Spiegel anzusehen, ohne dabei sofort gefühlt das Kotzen zu kriegen. Ich war seit unserem Überfall auf die mexikanischen Ratten weit mehr als einmal kurz davor gewesen, dafür zu sorgen, dass wir wegen eines neuen Badezimmerspiegel ins Möbelhaus mussten. Es folgte das mir bestens bekannte Augenrollen, was mich schmunzeln ließ. So wie eigentlich immer. Die darauffolgende, auch eher nicht so ernst gemeinte, nur sehr indirekte Herausforderung, ließ sie mich dann trotzdem aus schmalen Augen ansehen, obwohl die Brünette sicher lieber weiter mit dem nicht darauf antwortenden Glas geredet hätte. “Aryana, Marleen, Maria, fucking, Cooper… war das gerade eine Kampfansage?”, provozierte ich sie absichtlich, wobei das Schmunzeln möglicherweise eher zu einem wissenden, fast erfolgreich unterdrückten Grinsen heranwuchs. Ich wollte sie eigentlich gar nicht aufziehen und für andere Menschen war es wahrscheinlich befremdlich, wie ich darauf reagierte, dass meine bessere Hälfte große Töne in meine Richtung spuckte. Mir unterschwellig damit drohte, mich doch mal irgendwann, unter ganz explizit nur für sie günstigen Umständen, zu vermöbeln. Aber es war so verdammt selten geworden, dass sie auch nur einen Funken Verbissenheit zeigte, dass ich gar nicht anders konnte, als mich darüber zu freuen. “Die Pratzen… du kannst die Pratzen verprügeln. Wenn's hilft, kleb’ ich dir gern Easterlins Visage drauf.” Ich zuckte mit den Schultern, selbst leicht beschwingt von dieser Vorstellung. War aber natürlich auch ein Scherz – in aller Öffentlichkeit unserem Boss das Gesicht einzutreten, war eher nicht günstig für die Tarnung unseres scheinbar final beschlossenen Vorhabens. Es musste uns ausreichen, sein Gesicht zu sehen, wenn er dann hoffentlich bis ans Ende seiner seelenlosen Tage vom Richter verknackt wurde. Faye und Victor waren ein weniger schönes Thema, ich hatte die jüngere Cooper nicht grundlos nur oberflächlich angeschnitten. Wenn Aryana von sich aus darüber reden wollte, schob’ ich ihr da aber keinen Riegel vor. “Ist leider unvermeidbar.”, merkte ich erst nur das Offensichtliche an und sah in das Glas auf meinem Schoß runter. Ich brauchte auch nicht schön zu reden, dass das Paar uns zu gut kannte, um nicht sofort jede Lüge aufzuschnappen, die unsere Gefühlsebene betraf. Deshalb dachte ich erst noch einen Moment über unseren Besuch im Süden nach, bevor ich mehr dazu sagte: “Faye hat Ryatt selbst darum gebeten, einen Weg zu finden… sie würde sich natürlich einen einfacheren wünschen. Das tun wir alle. Aber ihr wird auch klar sein, dass Easterlin hintergehen zu wollen nicht ohne Risiko machbar ist. Es hat schließlich einen Grund, warum wir da immer noch festhängen...”, murmelte ich und blickte erst danach wieder zu Aryana rüber. Ihre Schwester hätte ihren Freund und unseren neuen alten Komplizen wohl gar nicht erst darum gebeten, wenn sie nicht schon bei ihrer Abreise geahnt hätte, dass wir uns von diesem Drama nur wenig bis gar nicht erholen würden. Schließlich wusste Faye mit am besten, dass weder ihre Schwester, noch meine Wenigkeit, sofort in Jubel ausbrach, wenn Jemand hinter unserem Rücken eine außenstehende Person für uns um Hilfe fragte. Ein absolutes No-Go und normalerweise würde ich sowas aus Prinzip ablehnen… aber wir waren leider ultimativ verzweifelt und Ryatt zu vertrauen schien der einzige Weg zu sein, der uns noch blieb. Falls wir dabei draufgingen, musste ich dann eben warten, bis er zu uns auf die andere Seite stieß, um ihn doch noch zu erwürgen.
Sie hatte gewusst, dass er sie in dieser Sache verstehen würde. Immerhin war das ein geteiltes Herzensanliegen für sie beide und einer der Gründe, weshalb sie sich so liebten: Weil es ihnen gleichermassen so unendlich wichtig war, dass alle anderen Menschen sie auch toll fanden. Nicht. Es wäre aber doch schonmal ein Anfang, wenn wenigstens sie beide sich selbst toll finden würden. Maybe someday... Es folgte eine ganze Auflistung von Namen, die mehr oder weniger ihre Person benannten und Aryana zog eine Augenbraue hoch. "Das sind ganz schön viel Namen... Fucking ist mir neu, wer soll das sein?", schob sie die Antwort auf seine Frage im ersten Moment noch etwas hinaus. Nicht lange, denn sie war schon dabei, das Glas ein letztes Mal anzuheben, um sich mit dem verbliebenen Schluck Whiskey noch etwas Mut anzutrinken, bevor sie das leere Glas zurück auf den Couchtisch stellte und sich in bedachten Bewegungen wieder ihrem Freund zuwandte. "Und ich weiss nicht. Möchtest du, dass es eine ist? Wenn du jetzt einen Rückzieher machst, merkt das keiner - später kann ich dafür nicht mehr garantieren.", ging sie weiter auf die Provokation ein, wohlwissend, dass Mitch der Letzte wäre, der sie hier mit einem Rückzieher bediente. Es war natürlich keineswegs so, als hätte sie irgendeinen Schlachtplan für ein allfälliges 1 gegen 1. Aber es tat gut, für einen Moment von der bitteren Ernsthaftigkeit ihrer allgemeinen Situation wegzukommen, sich stattdessen auf ein aussichts- aber ebenso folgenloses Duell gegen Mitch einzulassen. Sie hatten das Wichtigste geklärt, mussten morgen eine Rückmeldung an Ryatt machen und sich dann baldmöglichst ins intensive Training und die Planung eines Besuchs bei Victor und Faye stürzen. Für heute hatten sie genug schwierige Gespräche und anstrengende Denkarbeit hinter sich, wenn man sie fragte. "Macht halb so viel Spass. Aber wenn doch, braucht es nicht unbedingt direkt sein Gesicht zu sein, sonst krieg ich zusätzlich noch Schreikämpfe beim Prügeln. Ein Geldsack mit Arschgesicht reicht vollkommen aus, ich kann das dann schon korrekt zuordnen.", meinte sie beinahe entspannt. Die Vorstellung war eben trotzdem befriedigend. Und wie die Vergangenheit sie gelehrt hatte, machte es sie auch nicht glücklich, wenn sie ihren Feinden Schmerzen zufügte - Pratzen mit seinem Gesicht wären also sicherlich eine weniger folgenschwere Option und in diesem Fall zu bevorzugen. Die Sache mit Faye wollte sie in diesem Moment tatsächlich lieber nicht weiter aufrollen. Es reichte, wenn sie wussten, dass der Besuch im Süden positive wie negative Neuigkeiten beinhalten würde und sich daran nicht rütteln liess. Mitch nannte einen Punkt, den sie so noch gar nicht berücksichtigt hatte, der aber durchaus valide war. Aryana hatte bei ihrem ganzen eigenen Nervenzusammenbruch gar nicht mehr daran gedacht, dass sie nicht die Erste gewesen war, die bei Ryatt um Hilfe gebeten hatte. Was ihr sehr in die Karten spielte, weil sie den Vorfall dann gegenüber ihrer Schwester und Victor auch gar nie erwähnen musste - zumindest nicht bei ihrem nächsten Besuch. Dann brauchte niemand eine zusätzliche Erklärung dafür, warum Ryatt auf einmal mit einem Fluchtplan aufkreuzte. "Stimmt... das ist gut. Bin ich ihr ausnahmsweise dankbar, dass sie sich um uns kümmert, als wäre sie hier die grosse Schwester und nicht ich.", meinte die Brünette, mal wieder mit leicht sarkastischem Ende.
“Das ist der Platzhalter für deinen neuen verbesserten Spitznamen, der mir wahrscheinlich erst in zehn Jahren einfallen wird. Maria ist echt ein Endgegner, schwer zu toppen.”, grinste ich schief mit bedauerndem Unterton, als wäre dieser neue Spitzname etwas, das irgendwie unbedingt notwendig wäre. Die Maria-und-Josef-Geschichte war so ursprünglich für uns beide und so wunderbar ironisch, dass ich schwer zufrieden zu stellen war, was einen würdigen Ersatz anging. Nur waren wir jetzt halt noch weiter von diesem biblischen Mist entfernt als früher und es passte einfach nicht mehr. Maria hatte ihr Ablaufdatum lange überschritten, zumindest für den alltäglichen Gebrauch. Aryana lenkte meinen Fokus jedoch schnell zurück auf unseren zukünftigen Zweikampf, als sie ihr Glas losgeworden war und sich mir beinahe kalkulierend zuwendete. So als wüsste sie längst, was ich antworten würde. Was, rational betrachtet, sicherlich absolut der Fall war. Unbewusst hörte ich damit auf, das Glas um die eigene Achse zu drehen. “Phew… schwierige Entscheidung.”, tat ich es der Brünetten gleich. Nahm fast schon angestrengt die müden Knöchel vom Tisch, als ich weitersprach. “Einerseits gehörst du zu den sehr wenigen Personen, die ich nicht gerne auflaufen lasse…” Der Alkohol machte allmählich träge. Ich stellte das Glas trotzdem auf dem Tisch ab und gab dem Gefäß einen kleinen Schubs mit den Fingern, damit es nahe an Aryanas rutschte. Sie kollidierten dabei nicht. “...aber andererseits ist es ein bisschen schwer, da nein zu sagen. Ich meine… du, in eng anliegenden Sportklamotten, die in weiser Voraussicht eher weniger als mehr verstecken, weil ich dich ordentlich ins Schwitzen bringen würde…” Ich sog tragisch die Luft ein und zuckte leicht mit den Schultern, bevor ich mich in mehr oder weniger fließender Bewegung zu ihr drehte und jeweils eine Hand nach ihren Oberschenkeln ausstreckte. Sie nicht fragte, sondern einfach eines ihrer Beine über meine zog und ihr gar keine andere Wahl ließ, als mir kurz darauf direkt gegenüber zu sitzen. Womit wir dann schon wieder beim verheerenden Kraftunterschied wären. “...klingt leider alles nicht so, als würd’ ichs mir entgehen lassen wollen.”, lächelte ich ihr ins Gesicht. Mein Blick rutschte einmal kurz zu ihren Lippen ab, was das noch etwas schwammige Kopfkino weiter ankurbelte. Ich küsste sie nicht, sondern sah zurück in ihre dunklen Augen. “Da klingt sogar die Sache mit dem arschigen Geldsack weniger verlockend für mich.”, stellte ich überflüssigerweise trocken fest. Zwar ging es in dieser ganzen Sache eigentlich überhaupt gar nicht um mich, sondern ganz gezielt nur um Aryana, aber das wollte ich gerne kurz ausblenden. Um des Spiels Willen, für einen kurzen Moment Unbeschwertheit. Um nur ein paar Minuten mal die längst taub gewordenen, verkrampften Finger von der allgegenwärtigen Last zu nehmen, die uns 24/7 nach unten zog. Die Hände stattdessen locker außen an Aryanas Oberschenkeln liegen zu lassen und mich nur auf dieses Gefühl, auf ihre Wärme zu konzentrieren. Deswegen sagte ich auch zu Faye nichts mehr. Mochte schon sein, dass Aryana nicht immer die perfekte große Schwester verkörpert hatte und dass sie aktuell auch in dieser Sache völlig durchhing. Genauso sicher war ich mir jedoch damit, dass Faye ihr das nicht übel nahm. Nicht nach allem, was passiert war und was die jüngere Cooper schon zu mir gesagt hatte. Faye hasste die Umstände sicher genauso wie wir, aber ich wusste auch, wie froh sie darüber war, dass ich ihre große Schwester damals bei der Army eingesammelt hatte. Das war mitunter einer der Gründe dafür, dass ich Aryana nie endgültig von mir weggestoßen hatte. Faye kannte sie am längsten, am besten. Wenn sie also sagte, dass es – trotz allem – Aryanas Rettung war, an meinen Sturschädel geraten zu sein, dann wollte ich ihr das glauben. Daran festhalten und mit vollem Einsatz dafür sorgen, dass ihre große Schwester bald für immer an ihrer Seite klebte. Vorher legte ich Aryana allerdings mindestens noch in meinem Kopf auf der Matte aufs Kreuz.
Achso ja, das machte natürlich Sinn. "Können wir ja gleich noch einen weiteren Wettlauf starten: Wer für die jeweils andere Person schneller einen zeitgemässen Spitznamen findet.", machte die Brünette den nächsten sehr überzeugenden Vorschlag und unterstrich ihre Worte mit einem Nicken. Maria war tatsächlich nicht mehr akkurat, seit Mitch seinen Posten als Teil ihrer Zugs bei der Army ein bisschen anderweitig - ein bisschen unprofessionell - ausgeschmückt hatte. Aber sie konnte für ihn ja auch nicht mit einem besonders passenden Kosenamen punkten. Weder Josef noch Honigbärchen oder Zuckerschnecke klangen allzu angemessen für ihren tätowierten Lieblingsmenschen. Da musste schon noch etwas Kreativität eingesetzt werden, irgendwann. Vielleicht würde das ja von selber kommen, wenn sie ihre Köpfe erstmal nicht mehr mit der ganzen restlichen Scheisse überfüllten, sodass sie eigentlich gar keine Kapazität für die leichteren, unterhaltsameren Dinge im Leben mehr hatten. Es sei denn, sie nahmen sich diese Kapazität einmal explizit heraus. Beispielsweise jetzt gerade, bei dem Geplänkel um ein Duell, welches Mitch wie erwartet eher schlecht ausschlagen konnte. Schon nur weil er ein Mann war und sein Geschlecht hinsichtlich Herausforderungen meist sehr stereotypisch vertrat. Aber auch aus anderen Gründen, die er nun erwähnte und die Aryana skeptisch die Augenbrauen hochziehen liess, wobei sich ihre Mundwinkel aber doch zu einem Lächeln verzogen. Ja, doch, Sportklamotten waren natürlich ein valides Argument, gegen sie in den Ring steigen zu wollen. Sie liess sich von ihm heranziehen, als er die Hände nach ihr ausstreckte, sass gleich darauf auf seinem Schoss und blickte ihn noch immer fast unverändert an. "Wenn du so redest, bin ich mir jetzt aber nicht so sicher, wer dann dabei wen ins Schwitzen bringt...", merkte sie an, streckte die Finger der linken Hand aus, um damit ein paar Mal gegen seine Brust zu tippen. Wahrscheinlich beide, sollte es tatsächlich je zu diesem zu hundert Prozent ungleichen Kampf kommen. "Und mein Outfit hängt wohl davon ab, wie viele Zuschauer anwesend sein werden", gab sie ihm zu bedenken. Grundsätzlich machte sie Sport in Sportklamotten, egal wie viele Menschen im gleichen Raum ebenfalls beim Training waren. Aber Sportklamotten gabs auch in verschiedener Ausführung und in verschiedenem Ausmass, wenn man das so nennen wollte. "Je nachdem können meine Sponsoren halt von mir verlangen, dass ich in ihrem Muskelshirt mit dem Bild der übergrossen Anabolika-Spritze zum Sparring antrete...", zog sie das ganze Geplänkel in eine andere, noch ein bisschen lächerlichere Richtung weiter. Noch stand komplett in den Sternen, ob sie überhaupt je einen Fuss in den Boxkeller setzen würde. Wie ein besonders gutes Model für verbotene aber trotzdem begehrte Anabolika sah sie auch nicht aus. Aber möglich war theoretisch alles.
Der Link zu Aryanas Tattoo im Anmeldethread ist flöten gegangen oder funkt zumindest bei mir nicht mehr, weswegen ich jetzt nicht mehr genau weiß, wie es aussieht/wo’s anfängt etc… was ich nur wegen dem folgenden Post erwähnt haben möchte. x’D _________
Ich sah auf den Finger an meiner Brust runter und von dort aus weiter zu Aryanas schlankem Unterarm, wo der Kopf der kleinen Schlange meinen Blick einen Moment lang festhielt. “Hab’ ja auch mit keinem Wort erwähnt, dass ich selber was gegen’s Schwitzen habe. Erst recht nicht mit dir.”, lächelte ich unschuldig vor mich hin und hob die rechte Hand, um damit nach ihrem Handgelenk zu greifen. Ganz in Ruhe hob ich ihre Hand an meinen Hals, bevor ich meine Finger wieder sinken ließ und zurück an ihren Schenkel legte. So war das Tattoo meinem Gesicht nahe genug gekommen, um mich nicht mehr verrenken zu müssen. Ich hauchte einen sanften Kuss auf die tätowierte Haut, bevor mein Blick sich wieder mit Aryanas verhakte. “Ich kann sicher die spätesten Slots belegen, solange Hugh nicht gerade bis zum Umfallen für einen Kampf trainiert… abgesehen von ihm sind die fast immer ziemlich leer.”, rieb ich der Brünetten weiter unter die Nase, dass es kein Ding der Unmöglichkeit war, zu viele Augenpaare zu umgehen. Das hatte dann zwar den signifikanten Nachteil, dass wir am nächsten Morgen ziemlich müde waren, weil wir erst um 23 Uhr aus dem Studio schlurfen würden und natürlich wieder früh bei Easterlin antanzen mussten, aber das war sicher zu verkraften. War ja nicht so, als würden wir aktuell viel schlafen, also wäre das nicht viel mehr als der traurige Normalzustand. “Und weite Klamotten kannst du beim Sparring so oder so komplett streichen, da kann man drin hängen bleiben. Sicherheitsrisiko.”, tadelte ich sie mit einem etwas festeren Tätscheln, als Retour für das freche Getippe auf der Brust. Dabei verkniff ich mir offensichtlich ein Grinsen und blieb angestrengt beim Lächeln, indem ich mir kurz auf die Lippe biss. “Für die Anabolika-Werbung musst du eher bei den Bodybuildern vorbeischauen, das wird bei den Hobby-Boxern schwierig.”, stampfte ich auch dieses Pseudo-Argument in etwas genauso semi-ernsthaft in den Boden, dicht gefolgt von einem Schulterzucken. Also es stimmte an und für sich schon, dass der Markt von illegalen, harten Dopingmitteln in anderen Sportarten definitiv besser vertreten war, aber primär gings mir nach wie vor ausschließlich darum, dass Aryana mir nicht mit weiten Klamotten im Ring gegenübertreten würde. Die mussten auch gar nicht super knapp geschnitten sein – eng anliegend reichte vollkommen, um alle ihre definitiv vorhandenen Vorzüge ausreichend zu betonen. Ich wollte hier keine Diskussion gewinnen, sondern nur stumpf meinen Willen kriegen. "Gibt's da bei euch Frauen nicht sowieso immer so'n Konkurrenzdenken? Cassidy und Gemma sind auch eher... schnittig unterwegs." Pure Provokation, die ich mir nur deswegen erlaubte, weil ich von uns beiden ungefähr tausend Mal schneller eifersüchtig wurde. Es war nicht so, als würde ich mir die beiden Sportlerinnen ganz genau ansehen, wenn sich ihre Trainingszeiten per Zufall mit meinen überschnitten. Mich reizten andere Frauen nicht mehr, seit ich Aryana hatte. Ich wollte keine andere, auch nicht wenn ausbleibender Sex in unserer Beziehung aus diversen Gründen mal wieder zum schlecht zu verkraftenden Kollateralschaden wurde. Ein Kerl war ich trotzdem. Wo freie Haut war und aggressiv auf einen Boxsack eingeprügelt wurde, da verloren sich gelegentlich meine Augen hin, wenn ich eine Pause machte. Dass ich eine Schwäche für starke Frauen hatte, war ja jetzt irgendwie auch nichts Neues... was, rückwirkend betrachtet, doch ein ganz guter Grund gewesen wäre, die Schnauze zu halten.
Lustig, dass du das genau jetzt sagst - ich hab beim Schreiben des letzten Beitrags grad an das Tattoo gedacht... xD Aber der Link sollte jetzt wieder gehen bzw. hab nen neuen reingemacht, weil die upload-Seite meines Vertrauens irgendwie vor ner Weile den Geist aufgegeben hat... ._. Zum Glück ist das alles schon lange rauskopiert sag ich da nur, wäre sonst jetzt sehr blöd geworden. xD __________
Ihre Augen folgten seiner Hand und ihre Finger schmiegten sich an seinen Hals, als er sie dort platzierte. Das Lächeln hatte sich nun ausnahmsweise ganz gut in ihren Mundwinkeln verankert, zuckte nochmal etwas höher, als sie ihm dabei zusah, wie er die Schlange auf ihrem Arm liebkoste. Die Wärme seines Atems auf ihrer Haut war süss wie die Erinnerung an ihre erste gemeinsame Mission, die sie gerne auch jetzt gedanklich kurz rekonstruierte. Einfach zur Erinnerung daran, dass sie manchmal auch Dinge richtig machte und vor allem die richtigen Leute aussuchte, wenn sie dabei Unterstützung brauchte. Mitch war dabei natürlich mindestens eine stabile 15/10 gewesen, aber sie wollte wirklich hoffen und glauben, dass Ryatt sich ebenfalls bewähren würde. Kampftraining zu später Stunde würde ihre Schlafqualität wahrscheinlich nicht unbedingt positiv beeinflussen, aber ganz ehrlich - da gabs nicht mehr viel zu verschlechtern. Entsprechend sah sie davon ab, dieses Gegenargument überhaupt in den Mund zu nehmen und nickte stattdessen nur ziemlich einverstanden. "Klingt soweit ganz sympathisch, ganz allein mit dir... Ist sicher auch besser für dein Image, wenn uns eher keiner dabei zuschaut", nannte sie einen weiteren vermeintlichen Vorteil des Trainings am späten Abend. Ihre Finger strichen zärtlich, fast tröstend über seinen Hals. Dabei liess sie natürlich ganz bewusst offen, welcher Teil ihres verschwitzten Zweikampfes für ihn imageschädigende Auswirkungen haben könnte. Realistisch betrachtet aber eher nicht der Moment, in dem er besiegt unter ihr auf der Matte lag und keuchend um Erbarmen bettelte. Dass er ihre Gegenargumente hier systematisch zunichte machte, sollte Aryana nicht weiter stören, auch wenn sie beim genannten Sicherheitsrisiko von weiter Kleidung dann doch nochmal die Augen verdrehte. "Klar, natürlich... Wie konnte ich das vergessen. Wir wollen doch nicht, dass sich noch jemand verletzt wegen flatterndem Stoff", pflichtete sie ihm mit theatralisch triefender Ironie bei, fasste sich mit der freien Hand an die Stirn, als müsste sie direkt an ihrer Intelligenz zweifeln, weil sie nicht von Anfang an an dieses erhebliche Sicherheitsrisiko gedacht hatte. Ob die Anabolika-Werbung im Boxsport genauso fehl am Platz war, wie die weite Kleidung - darüber liess sich wohl streiten. Aber wahrscheinlich konnte sie ihm doch auch hier Recht geben und Amateure investierten meistens kein Geld in Steroide. Meistens. Was im Gegensatz zu der Steroid-Sache aber doch eine Reaktion ihrerseits erforderte, war Mitchs möglicherweise leicht provokative Erwähnung seiner beiden weiblichen Sportbekanntschaften. Aryana zog eine Augenbraue hoch und schnalzte mit der Zunge. "Tststs", machte sie und es klang fast schon enttäuscht. Nicht ganz auf der ernsthaften Schiene, eher so, wie eine Lehrerin von den wiederholt minderintelligenten Antworten ihrer Schüler enttäuscht war. Ihre Hand strich von seinem Hals zu seinem Kinn, das sie mit dem Zeigefinger ein bisschen anhob, damit sie sein Gesicht in ganzer Pracht begutachten konnte. Zeitgleich richtete sie sich etwas weiter auf, um so durch ihre erhöhte Sitzposition ein bisschen auf ihn runter blicken zu können. Für einmal. "Soso... Sind sie das. Warum steigst du dann nicht einfach mit Cassidy und Gemma in ihren engen Klamotten in den Ring?", schnappte sie bei dieser Vorlage bewusst den Köder. Sowohl ihr Verhalten als auch die Tatsache, dass sie beide bestens wussten, dass bei Aryana bei einer solchen Aussage im Normalfall ganz sicher nicht schon die Alarmglocken der Eifersucht schrillten, machten deutlich, dass sie hier lediglich das Spiel weiter spielte. Es ihr im Grunde egal war, wie Cassidy und Gemma bekleidet waren, wenn sie zum Boxen gingen und auch, ob Mitch das registrierte. Solange er nicht jede Woche oder jeden Tag von ihnen berichtete - und dabei auch etwas ernsthafter interessiert wirkte als jetzt - machte sie sich definitiv keine weiteren Gedanken dazu. Auch wenn Mitch natürlich Gründe hätte, woanders nach grünerem Gras zu suchen, das war ihr durchaus bewusst. Aber ob er letztendlich selbst überhaupt den Kopf dazu hatte... blieb zu bezweifeln.
Ai, da können wir uns die Hand geben. Der Uploader, den ich ursprünglich genutzt habe, hat ja auch die Schotten dicht gemacht... x'D _________
Besser für mein Image? Jetzt war ich wieder an der Reihe damit, kurzzeitig eine Augenbraue hochzuziehen. “Hmmm, ganz sicher.”, war alles, was ich langgezogen in beinahe geistesabwesendem Tonfall dazu sagte, weil ich mich viel lieber auf die zarten Berührungen am Hals fokussierte. Wir wussten ja beide schon, dass ich diesen Kampf sehr sicher gewinnen würde, obwohl ich Aryana natürlich schonen würde. Ich duellierte mich von Zeit zu Zeit sehr gerne mit ihr, aber gewiss nicht, indem ich ihr mit voller Wucht eine Faust an den Körper schlug oder ihr mein Knie in den Bauch rammte. Wir beide im Ring konnten aufgrund unserer zu unterschiedlichen körperlichen Attribute, wenn überhaupt, dann nur auf eine ziemlich spielerische Art funktionieren. Das war auch die einzige Variante, auf die ich offensichtlich gerne abzielte. Die Angelegenheit mit den Sportklamotten war angesichts unseres Jobs schon irgendwie ziemlich lächerlich. Uns beiden hatten sich schon Macheten und Patronen ins Fleisch gebohrt – wir saßen trotzdem immer noch hier, eindeutig mehr psychisch als körperlich mitgenommen von diesen Schlachten. Die Klamotten im Ring würden kaum die eine Sache sein, die uns schlussendlich am meisten einbüßen ließ, aber… “Ein Kapselriss im Finger bringt dich nicht um, ist mit Pech nur etwa so ungünstig wie ein Schädelhirntrauma für unser eigentliches Ziel. Überlassen wir das besser nicht unserem Karma.”, meinte ich etwas trocken, unterschwellig amüsiert. Man brauchte die Hände leider zwingend, um Gewehre oder Pistolen effektiv zu nutzen. Wenn nur der kleine Finger mitgenommen war, wäre das noch kein Weltuntergang. Wenn es den Zeigefinger für den Abzug traf, wärs aber schon ziemlich scheiße und würde vermutlich nicht vollständig heilen, bevor wir uns auf nach Südamerika machten. Ich holte mir also lieber Tadel für das Erwähnen zweier anderer Frauen ab, als zuzulassen, dass die schöne Brünette auf meinem Schoß sich die Hände beim Sport demolierte. Aryanas Finger zogen eine sanfte, leicht kribbelnde Spur bis zu meinem Kinn und ich gab dem Druck nach, sah mit langsam aber sicher leicht funkelnden Augen zu ihr hoch. Weil die Grübchen sich zu hartnäckig an meine Mundwinkeln manifestiert hatten, mahlte ich unterschwellig mit dem Kiefer, um sie loszuwerden. “Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie nicht nein sagen würden…”, sagte ich halb seufzend, zuckte kaum merklich mit den breiten Schultern. Ja, was mein Aussehen anging, hatte ich mein zu großes Ego trotz unzähliger neuer Narben bis heute noch. Das war aber auch das einzige überlebende, während ungefähr alle anderen Versionen davon in tausend Teile zerschossen in den Ecken meines Oberstübchens rumlagen. Ich schob meine Hände langsam von Aryanas Oberschenkeln zu ihrer Hüfte. Ließ mir Zeit mit der Weiterführung des angefangenen Satzes, bis ich mit den Fingern beim unteren Saum ihres Oberteils ankam und meine Fingerspitzen in Kontakt mit ihrer Haut kamen. “...aber auch, dass sie nicht mal richtig versuchen würden, mir was entgegenzusetzen… und das klingt für mich verdammt langweilig.” Damit schob ich die Finger wenig zurückhaltend unterm Stoff bis zu ihrer Taille nach oben, wo ich sie festhielt und näher zu mir dirigierte. Ich brauchte das. Eine starke Person an meiner Seite, die mir Kontra gab. Von Zeit zu Zeit spielerische Kämpfe – und sei es auch nur verbal – die eigentlich gar keine waren. Sowas hielt mich bei Laune.
Ja, hab ich gesehen... blöd blöd. x'D Kleiner Disclaimer vorweg: Ich bin im Krankenhaus (hatte gestern Morgen die erste von den zwei Fuss-OPs) und hab paar Medikamente intus - wenn du was findest, das keinen Sinn macht: Blame it on the drugs und die Narkose und the fact, dass ich den Beitrag nicht in einem Stück schreiben konnte, weil ich ständig schlafen muss. x'D __________
"Ein Kapselriss im Finger..? Ausgerechnet?", nun war erneut Aryana an der Reihe, eine Augenbraue hoch zu ziehen. "Ich bin kein Profi", schockierende Neuigkeiten, "aber trägt man beim Boxen nicht Handschuhe, die Kapselrisse relativ effizient vorbeugen? Oder wie hast du dir das vorgestellt?", wollte sie wissen, weil sie tatsächlich viele Risiken beim Boxen sah - Verletzungen an den Fingern gehörten aber eher nicht dazu. "Aber ja, ich stimme dir tatsächlich zu und überlasse lieber so wenig wie möglich unserem bekanntlich immer wundervollen Karma.", fügte die Brünette sarkastisch an. Mit Karma hatten sie eher keine guten Erfahrungen gemacht und überhaupt wollte sie in Hinblick auf den hochriskanten Spass, der ihnen bevorstand, so wenig wie möglich irgendwelchen Zufällen überlassen. Was seine beiden weiblichen Bekanntschaften aus dem Boxkeller anging, strahlte Mitch mal wieder mit so viel Selbstbewusstsein, als wäre er persönlich jeweils die grösste Attraktion in diesen Trainings. Das wiederum provozierte selbstverständlich das nächste Augenrollen seitens der Brünetten, die aktuell auf seinem Schoss kniete und mit funkelnden Augen sein Gesicht musterte. "Achja..? Ich werde sie gerne fragen wenn ich da bin, ob sie ihren kleinen Gott denn schon vermisst haben", kommentierte sie fröhlich weiter, auch wenn sie beide wussten, dass Aryana eher nicht bei zwei ihr unbekannten Frauen antanzen und sie nach persönlichen Meinungen zu ihrem Freund fragen würde. Erstens brauchte sie die Fremdeinschätzungen nicht und zweitens war sie dafür eindeutig nicht extrovertiert genug. Ob es Gemma und Cassidy massiv beeinträchtigte, dass Mitch nun schon länger nicht mehr im Training gewesen war, wagte Aryana aber zu bezweifeln. Wie sie seine Finger auf ihrer nackten Haut unter dem Shirt zu spüren bekam, führte Mitch seinen angefangenen Satz noch zu Ende und liess damit auch das Grinsen auf Aryanas Gesicht final zurückkehren. Die Brünette folgte dem Druck seiner Hände und lehnte sich etwas weiter vor, liess dabei die Finger ihrer linken Hand an seinem Kinn liegen, während sie nun auch die rechte Hand anhob und in seinen Nacken legte. "Na das wollen wir aber wirklich nicht riskieren... ein gelangweilter Mitchilii, das klingt echt ungesund...", seufzte sie als wäre das wirklich eine Gefahr, die sie nicht eingehen konnten. "Dann werde wohl doch ich mich diesem Duell widmen müssen", fuhr sie genauso theatralisch fort, blickte noch einen Moment in seine funkelnden Augen, bevor sie die verbliebene Distanz überbrückte und ihre Lippen wenig zurückhaltend auf seine presste, ihn in einen fast schon etwas stürmischen Kuss verstrickte. Ob die Energie nun vom Alkohol, der plötzlich vielleicht doch irgendwie greifbaren Fluchtmöglichkeit oder dem Gespräch kam, wusste sie nicht. Es spielte in dem Moment auch keine Rolle, aber sie hatte ihn lange nicht mehr so geküsst und auch lange keine solchen Gefühle mehr gespürt. Entsprechend sollten sie wohl beide besser gar nicht hinterfragen, woher das kam, sondern viel mehr einfach geniessen, dass da überhaupt mal wieder sowas wie ein Funke aufflammte.
Das klingt echt nach starkem Delirium… aber dann hast du hoffentlich wenigstens keine Schmerzen, oder? :’D Hab selber auch stückweise schreiben müssen, mein Schlafrhythmus ist gerade leider nonexistent. x’D
Btw, for my own mental preparation – i guess wir schreiben dann die Szene in LA als nächstes? _____
“Leider hab ich starken Hang zur Selbstsabotage. Ich schlag’ seit Jahren nur noch mit Bandagen.”, gestand ich ironisch, diesbezüglich selber absolut kein professionelles Verhalten an den Tag zu legen. Das hatte zwar eigentlich einen ganz anderen, tiefer gehenden Grund, den hier aufzudröseln stand mir gerade jedoch nicht unbedingt im Sinn. Dafür hatten wir uns schon zu weit von der ursprünglichen Ernsthaftigkeit dieses Gesprächs entfernt. In meiner Vergangenheit wühlen konnten wir irgendwann später. “Aber ja, dir geben wir definitiv ein paar extra wolkige Handschuhe.”, schloss ich mit unterschwelligem Grinsen. Aryana war nicht nur kein Profi, sondern irgendwo zwischen Anfänger und Amateur anzusiedeln. Sie war nicht völlig unerfahren im Nahkampf und das kam ihr in jedem Szenario zugute, aber der Nahkampf beim Militär war eben doch was anderes. Würde ich ernsthaft gegen sie in den Ring steigen, dann würde ich mir natürlich Handschuhe anziehen, zu ihrer Sicherheit – nur würde das, laut jetzigem Stand, sowieso nie passieren. Genauso wie Aryana wahrscheinlich nie die beiden Frauen im Studio über mich ausfragen würde. “Ich bin selber gespannt auf die Antwort, muss ich zugeben.”, erwiderte ich allzu selbstbewusst, so als könnte dabei tatsächlich etwas rausspringen, das die Brünette auf meinem Schoß in die Eifersucht trieb. Wir konzentrierten uns im Studio alle aufs Training und in den Pausen hatten wir sicherlich besseres zu tun, als wild mit Flirts um uns zu schmeißen. Da war eher atmen und wieder runterkommen das Wichtigste. Vielleicht mal gegenseitige Tipps, wenn jemand eine Schwachstelle beobachtet hatte. Das wars dann aber. Zu den Box-TV-Abenden, zu denen Hugh immer alle einlud, ging ich ja nie. Aryanas Gewicht an der Brust und ihre warme Hand im Nacken zu spüren, zog mich tiefer in den Sog, dem ich immer wieder bereitwillig nachgeben würde. Gegen die Verniedlichung meines Namens protestierte ich nur mit dem kurzzeitigen Verengen meiner Augen. Sie wusste, dass ich lieber nur Chilli oder nur Mitch war, nicht Mitchiliii. Ich ließ ihr das Sticheln also mit einem kurzen Kiefermahlen durchgehen, der Blickkontakt war mir wichtiger. Doch auch den unterbrach Aryana, als sie mich küsste und mir die Lider zufielen. Damit löste sie eine Hitze aus, die in kürzester Zeit meinen ganzen Körper flutete und es dauerte nur den Bruchteil einer Sekunde, bis ich den Kuss ebenso feurig erwiderte. Mein Griff an ihrer Taille verstärkte sich und nach kurzer Zeit rutschten meine Hände mit Druck an ihrem Rücken abwärts, um schließlich nach ihrem Hintern zu greifen. Ich verpasste Aryana einen kleinen Ruck und brachte ihre Hüfte näher an meine, bevor ich mit der Zunge an ihren Lippen um Einlass bat.
Leider doch, die letzten drei Tage waren schlimm... war zwei Nächte im Krankenhaus, die erste war chillig, weil mein Fuss noch betäubt war, die zweite war unschön und da hab ich dann recht starkes Zeug gekriegt. Von dem ich zwar dann fast gekotzt habe, aber hat immerhin gewirkt. Am Freitagmorgen hat mein Vadda mich nachhause gebracht und zuhause hatte ich dann "nur" noch Ibu, Paracetamol und Metamizol... was NICHT genug ist, wenn dir davor die Knochen zersägt wurden believe meeee... ich dachte, ich bin nicht so schmerzempfindlich, aber das war schlimm. Letztendlich ist mein Arzt gestern extra für mich in die Praxis gerannt, um mir ein Rezept für ein viertes Mittelchen - diesmal doch ein Opioid - auszustellen. Davon hab ich dann zwar gekotzt aber hey, immerhin gehts jetzt und heute fühle ich mich doch schon um Einiges besser... Kurz gesagt: Kannst dir gar nicht vorstellen, wie gross meine Motivation für den zweiten Fuss ist! x'D Hoffe dir gehts - abgesehen vom Schlafrhythmus - besser..? :)
Und ja, ich geh auch davon aus, dass L.A. als nächstes kommt. Und hab ehrlich gesagt mal wieder Mühe, hier noch irgendwas Gescheites zu schreiben asss usualll with the sPiCyYy scenessss... x'D ___________________
Natürlich... das hätte sie sich irgendwie auch selbst denken können. Wenn man eine Sache auf eine vernünftige und eine unvernünftige Art machen konnte, warum sollte Mitch die vernünftige Option wählen? "Ich seh schon... aber dann wirst du für dieses Match wohl eine Ausnahme machen müssen, for safety reasons", stellte sie eine weitere Auflage, die diesem bislang sehr hypothetischen Kampf vorausging. Dass sie selbst ebenfalls mit wolken-Handschuhen antreten würde, war klar - wegen der gefährlichen Kapselrisse. Die Sache mit seinen weiblichen Sportbekanntschaften liess Aryana nun erstmal gut sein, weil sie wirklich nicht wusste, ob sie jemals einen Fuss in den Boxkeller setzen würde. Und wenn doch, ob sie dann auch per Zufall auf genau die beiden Frauen treffen würde, um ihnen diese wichtige Frage zu stellen. Sollte es dazu kommen, würde sie die Antwort sicher gerne an Mitch weiterleiten, um sein Selbstbewusstsein damit vielleicht noch etwas weiter zu streicheln. Gerade streichelte sie aber lieber seine Haut und küsste seine Lippen, ignorierte seinen wortlosen Protest wegen des lächerlichen Spitznamen und versank lieber in den Gefühlen, die seine Nähe und seine Berührungen in ihr auslösten. Seine Hände an ihrem Hintern liessen sie kurz in den Kuss hinein grinsen, bevor sie näher an ihn heran rutschte und schliesslich auch seine Zunge mit ihrer eigenen begrüsste. Für einen Moment verlor sie sich ganz in diesen Zärtlichkeiten, konzentrierte sich nur auf ihn, seinen Geschmack und die Wärme, die von ihm ausging und die er in ihrem ganzen Körper auslöste. Irgendwann wanderten ihre Hände von seinem Nacken hinunter zum Saum seines Shirts, verschwanden dort ebenfalls unter dem Stoff und schoben diesen immer weiter aufwärts. Schliesslich unterbrach sie den Kuss kurz, liess sie somit beide für ein paar Sekunden zu Atem kommen, während sie sein Oberteil ganz aus dem Weg schaffte, indem sie es ihm kurzerhand über den Kopf zog. Was zwar auch bedingte, dass er seine Hände für einen Moment von ihr lösen musste, aber das war die zusätzliche nackte Haut definitiv Wert. Aryana liess das Shirt irgendwo neben sich auf dem Sofa liegen, blickte grinsend von seinem Gesicht auf seinen nackten Oberkörper hinab, bevor sie ihre Arme um ihn schlang und kurzerhand ihre Schläfe an seine Brust drückte. Dabei hing sie so lange nach rechts, bis Mitch mit ihr gemeinsam zur Seite kippte und sie ihn schliesslich unter sich auf dem Sofa begraben konnte. So mehr oder weniger zumindest, denn sie richtete sich langsam wieder ein Stück weit auf, zog ihre Arme unter ihm hervor und nahm sich ihre liebe Zeit, um sanfte Küsse auf seiner Brust zu verteilen, bevor ihre Lippen schliesslich seinen Hals aufwärts krochen und wieder seinen Mund fanden. Nach allem, was er die letzten Wochen und Monate für sie getan hatte, fühlte es sich auch etwas mehr als überfällig an, ihn hier einmal mit ordentlich Liebe zu überschütten und ihm so zu zeigen, dass sie das alles gesehen hatte und ihm wirklich dankbar war für seine Geduld und sein gemeinsames Durchhalten mit ihr.
Wie das wohl jeder erwartet hatte, hatten sie Ryatt zwei Tage später erneut getroffen und dabei beide eingewilligt, diesen Plan mit all seinen Chancen und Risiken in Angriff zu nehmen. Die Entscheidung war eigentlich schon längst gefallen, aber sie hatten trotzdem noch dreimal zu Zweit darüber diskutiert, bevor sie ihr ziemlich endgültiges Einverständnis gegeben hatten. Und sich in den letzten Wochen dann auch mehrfach mit Ryatt getroffen, um weitere bereits bekannte oder planbare Details zu besprechen - auch bezüglich des im Optimalfall zu Ende anstehenden Gerichtsverfahrens. Sie hatten sich auch selbst damit befasst und - mit natürlich gut verschleierter Recherche - schonmal einige möglichst renommierte und erfolgsversprechende Anwaltskanzleien in der Gegend herausgesucht, die auf dem gewünschten Gebiet mit Erfahrungen punkten konnten. Ausserdem hatte Aryana versucht, sich selbst ein bisschen mehr Mut zu beschaffen, indem sie alte Gerichtsurteile gesucht hatte, bei denen im Sinne der Angeklagten entschieden wurde. Wirklich vergleichbare Fälle gab es natürlich keine, war nicht so, als würden sich die Privatarmeen auf amerikanischem Boden derart häufen. Aber es half bereits, wenn sie Urteile zu lesen bekam, bei denen mit Veteranen nicht ganz so hart ins Gericht gefahren wurde. Urteile, bei denen die Traumaerfahrungen eines Krieges miteinbezogen wurden. Eigentlich sollte es ja diesmal gar nicht mehr um das gehen, das Gerichtsverfahren wegen der Dinge, die Mitch und sie in Syrien getan hatten, waren abgeschlossen. Aber trotzdem würden Verständnis und Unverständnis eben sicherlich auch diesmal eine Rolle spielen, egal wie sehr man sich rein auf Gesetzen abzustützen gelobte. Zur Gesetzeslage nach erfolgten Kautionszahlungen zur Freilassung fand sie im Übrigens so ziemlich gar nichts. Bis auf die üblichen Informationen, dass bei einem weiteren Vergehen die Gefängnisstrafe unverzüglich wieder aufgenommen werden musste und so weiter. Weitere Vergehen lagen aber nicht vor. Das hier war alles Easterlins Schuld und sie hatten getan, was sie hatten tun müssen, um irgendwie den Kopf über Wasser zu halten - mehr oder weniger zumindest, bis sie dann eben trotzdem mindestens zur Hälfte untergegangen waren. Leichter verdaulich und sogar durchaus erfreulich war die ganze Sache rund um den Besuch im Süden. Victor und Faye waren sofort einverstanden gewesen - natürlich - und sie hatten nach einem passenden Zeitpunkt in möglichst naher Zukunft gesucht. Letztendlich war die Wahl auf die letzte Juniwoche gefallen. Und so flogen sie am Mittwoch, 27. Juni abends in den Süden, wo sie von Victor netterweise schon am Flughafen abgeholt wurden. Die Freude um das Wiedersehen war gross, besonders natürlich auch später, als Faye vom Spätdienst zurückkam. Victor hatte ihnen in der Zwischenzeit eine umfangreiche Führung durch das hübsche Häuschen gegeben, ihnen ausserdem ein wunderbares Abendessen aufgetischt und alles in allem machten die Umstände es für Aryana wirklich sehr leicht, den kaum tragbaren Seelenballast für eine Weile in Seattle ruhen zu lassen. Und zeitgleich auch zu ignorieren, dass sie nicht mit ausschliesslich positiven Nachrichten angereist waren. Sie konnten drei volle Tage hier verbringen, bevor sie dann am Sonntag zurückfliegen mussten. Für den ersten und dritten Tag war gemeinsames Programm geplant, am zweiten musste Victor noch arbeiten. Er hatte aber versichert, dass es sicher nicht spät werden sollte und sie dann doch noch den ganzen Abend zusammen haben würden... was sich so auch bewahrheitete. Da Aryana und Mitch vorgängig auf Fayes Nachfragen bereits geäussert hatten, dass sie ruhigeres Programm - vor allem betreffend der Anwesenheit anderer Menschen - diesmal tendenziell bevorzugen würden, wurde die Stadtführung auf einen späteren Besuch verschoben. Den ersten Tag hatten sie mit einem ausgedehnten Brunch auf der mittlerweile von Blumen und grünem Rasen gesäumten Terrasse begonnen und dann hauptsächlich an einem deutlich weniger bevölkerten Strand etwas abseits der Stadt mit Baden, im Schatten sitzen, essen und vor allem vielen Gesprächen verbracht. Heute waren sie morgens in den Santa Monica Mountains gewesen zum Frühstücken, Spazieren und Aussicht geniessen, bevor sie dann um die Mittagszeit in die klimatisierte Wohnung zurückgekehrt waren. Am Nachmittag hatte Mitch sich für ein paar Stunden alleine vergnügen müssen, während Faye und Aryana ein bisschen Schwesternzeit in einer Eisdiele und einem Café genossen hatten. Und jetzt? Sassen sie auf einem kleinen gemieteten Motorboot und tuckerten aufs Wasser raus in der Hoffnung, noch etwas Sonne zu erwischen, sich vielleicht etwas abseits der grossen Mengen an den Stränden einen Dip zu gönnen und dann ein reichhaltiges, eingepacktes Picknick bei Sonnenuntergang zu geniessen. Die Stimmung war alles in allem wunderbar... auch wenn Aryana den Druck der noch nicht geteilten News heute deutlich besser spürte. Sie hatte mit Mitch vereinbart, Victor und Faye heute Abend zu informieren, sollte sich vorher keine bessere Gelegenheit bieten. Sie wollte es nicht erst kurz vor ihrer Abreise tun, das wäre nicht fair. Auch wenn das hier jetzt auch kein Moment war, den sie gerne zerstörte, war irgendwie auch klar, dass ein besserer Zeitpunkt wohl sowieso nicht mehr kommen würde. Nicht allzu weit von der Küste entfernt - sie wollten den Rückweg ja schon gerne noch finden, später im Dunkeln, waren ausserdem nicht erpicht auf die grossen Wellen weiter ausserhalb - wurde der Motor abgeschaltet und der Anker gesetzt. Und kaum war das getan, umkreisten vier schwimmende, lachende Köpfe das Boot auf der Suche nach der dringend nötigen Abkühlung an diesem, dank des südlichen Klimas doch schon sehr warmen, Sommertag. Als sie schliesslich alle wieder im Trockenen auf ihren mitgebrachten Handtüchern sassen, liess Aryana den Blick über die Weite des Meers schweifen, an dessen Horizont sich die Sonne in etwa eineinhalb Stunden ganz absenken würde. "Ein bisschen beneide ich euch ja schon.", meinte sie mit einem kleinen Lächeln, schaute nach ein paar Sekunden zurück zu Faye und Victor, die auf der Sitzbank gegenüber sassen. Und weil sie wusste, dass es keinen besseren Moment geben würde und sie die Last des Geheimnisses, die heute den ganzen Tag doch sehr spürbar auf ihr gelastet hatte, nicht länger tragen konnte, folgte ein leises Seufzen... dann ein kurzer Blick zu Mitch an ihrer Seite und wieder zurück zu den anderen beiden. "Aber... wir müssen euch auch noch was berichten...", kam es ihr über die Lippen, bereits gefolgt von der ersten zögerlichen Pause. "Es ist nicht ganz einfach und ich... vielleicht wird's euch auch nicht gefallen. Aber wenn der Plan aufgeht, resultiert er darin, dass Mitch und ich ebenfalls in den Süden ziehen könnten...", begann sie dann ungefähr so geschickt, wie man es von ihr erwarten konnte. Sie wollte das wirklich als gute Neuigkeit verkaufen, aber es brachte eben auch nichts, wenn sie log. Victor und Faye würden sowieso sehr schnell merken, dass es - wie immer - einen Haken gab.
_____________________
...hab jetzt halt irgendwem (tendenziell deinem Vicky, bc it suits him better than Faye, let's be real x'D) eine boating licence angedichtet, aber ich fand die Idee ein bisschen cool. xD
Er kann bestimmt bestens mit der Lizenz leben, die kann man in Kalifornien anscheinend sowieso deutlich leichter als in Deutschland erwerben… aber hier muss man auch fürs Autofahren schon gefühlt studiert haben, lol. x’D Bin, btw, von morgen Abend bis einschließlich Samstag nicht Zuhause und deswegen musste ich in die letzten Tage alles mögliche reinquetschen und kam einfach nicht in Ruhe zum Schreiben. :'D Je nachdem wer hinterm Steuer sitzt kann ich vielleicht auf der Fahrt morgen aber noch schreiben. ________
Es dauerte eine ganze Weile, bis ich nach dem aufwühlenden Besuch bei meiner Familie wieder völlig rund lief. Die Operation an sich verlief gut, es gab aber etwa eine Woche später nochmal Komplikationen inform von auftretenden, schweren Beschwerden. Da war ich schon wieder Zuhause im Süden und es war niemals gut, wenn ich mir nicht selbst ein Bild von einer Situation machen konnte, weil meine Sorge dann exponentiell anstieg. Deshalb telefonierte ich in dieser Sache auch mit Hazel und weiterhin lieber nicht mit meiner Mutter, obwohl wir uns bei der Abreise im Guten voneinander verabschiedeten und sie die restliche Zeit unserer Anwesenheit über versucht hatte, Faye nicht mehr anzugehen. Eine gewisse Grundspannung blieb aber vorhanden und ich konnte die Sorge schließlich erst ganz loslassen, als mein Vater nach ungeplant verlängerten vier Wochen Krankenhausaufenthalt guten Gewissens von den Ärzten nach Hause entlassen wurde. Seitdem war nichts mehr passiert, aber ich rief trotzdem noch überdurchschnittlich regelmäßig in der Heimat an, was insofern nicht verkehrt war, dass ich auch immer wieder meine Mom am Telefon erwischte. Die Gespräche stockton gelegentlich, aber es wurde besser mit der Zeit. Bis meine Familie uns im Süden einen für Jose sicheren Besuch abstatten konnte, musste noch Zeit ins Land ziehen. Stattdessen konnte ich Ende Juli aber zwei andere bekannte Gesichter mit einem breiten Lächeln im riesigen Flughafen einsammeln. Die Sorge um Aryana und Mitch war in der akut gefährlichen Phase des Krankenfalls meiner eigenen Familie bei mir nicht mehr präsent gewesen, aber seit ihrem Anruf kreisten meine Gedanken sehr häufig um die beiden. Nicht zuletzt deswegen, weil ich mir eine Teilschuld an ihrem Tief zuschrieb. Faye war natürlich mittelmäßig heftig aus dem Häuschen, dass die beiden uns besuchen kommen würden und ich machte mir nicht die Mühe, sie dabei auszubremsen, obwohl ich sowas wie eine ungute Vorahnung hatte. Ich hätte nicht sagen können, wieso oder auf was sich das genau bezog. Vielleicht lag es schlicht daran, dass wir sie lange nicht mehr gesehen hatten und unsere Wiedervereinigungen oft negativ vorbelastet gewesen waren… oder ich wurde nur wieder paranoid durch die Sache mit meinem Vater, was absolut nicht abwegig war. Faye brachte jedenfalls das – eigentlich sowieso immer recht aufgeräumte – Haus auf Hochglanz, entfernte noch zwei etwas pikante Zettel von unserer To-Do-Pinnwand und ich mähte den Rasen vor der Ankunft des Paares nochmal, damit sie auf den Idealzustand unseres trauten Heims trafen. Da kam der Funke des Perfektionisten bei mir durch, den ich irgendwie entwickelt hatte, seit mein Leben generell so aufgeräumt und kalkuliert wie möglich verlief. Ich stellte schnell fest, dass es keine Rolle spielte, wie lange wir uns nicht gesehen hatten. Es fühlte sich wie gestern an, dass ich mich in Seattle von den beiden verabschiedet hatte – wie die zweite Familie, die ein bisschen zu oft auseinander gerissen wurde und es dabei immer wieder schaffte, selbst Bomben zu legen. Mich eingeschlossen. Ich versuchte lange, Anzeichen dafür zu finden, dass es ihnen schlecht ging. Es wäre auch gelogen, zu sagen, dass sie wunderbar ausgeruht und entspannt wirkten. Trotzdem wurden sie stetig etwas lockerer, je länger sie bei uns waren und ich würde es meinen Kollegen unter Umständen noch eine ganze Weile vorhalten, dass keiner die blöde Schicht heute mit mir hatte tauschen wollen. Es käme mir nie in den Sinn, in unserer Viererrunde gerade heraus bezüglich der aktuellen – mentalen – Lebenssituation in Seattle nachzuhaken, aber hätte ich Mitch alleine erwischt, wäre das eine super Gelegenheit gewesen… um mein schlechtes Gewissen entweder zu streicheln, oder ihm mehr Feuer unterm Hintern zu machen. Naja. Immerhin war die früh begonnene Schicht ruhig verlaufen und so konnte ich uns völlig ungestresst mit dem Boot in die insgesamt ruhige Bucht raus schippern. Mein Arbeitskollege und Fast-Nachbar Sam hatte mich irgendwann auf einen seiner abendlichen Angelausflüge mitgeschleift und auch, wenn ichs nicht so mit den Fischen hatte, konnte ich mich auf Anhieb sehr dafür begeistern, einen langen Arbeitstag auf den Wellen fernab des Großstadtlärms abzuschließen. In ein eigenes Boot investieren wollte ich aktuell nicht, aber der Bootsschein war schnell gemacht und kostete nicht viel. Aryana und Mitch konnten sich für einen ruhigen Abend auf See ebenfalls begeistern, also hatte sich die Prüfung allein dafür schon gelohnt. Als die ältere Cooper sich nach unserer Schwimmrunde zu Wort meldete, rieb ich mir gerade nochmal mit dem Handtuch durch die schon wieder etwas zu lang gewordenen Haare. Folgte ihrem Blick mit einem zufriedenen Lächeln auf die offene See hinaus. Stellte durch diese simplen Worte zum hundertsten Mal fest, dass sich das Durchhalten für Faye und mich am Ende eben doch gelohnt hatte. Trotzdem hätten Aryana und Mitch das längst genauso verdient und die Art, wie sich der Blick von Fayes Schwester zu wandeln begann und die Schwere ihres Seufzens, bestätigten mir letztendlich die dumme Vorahnung, die ich inzwischen eigentlich erstickt hatte. Etwas berichten war besser, als etwas zu beichten. Keine weiteren… brutalen Ausschweifungen, wenigstens das. Das Lächeln war mir dennoch schon aus dem Gesicht gefallen, als ich mit der linken Hand instinktiv nach Fayes Fingern suchte, die sie auf dem Schoß hielt. Ich brauchte einen Moment, um Aryanas Worte zu verdauen und warf Faye in der Zwischenzeit einen etwas längeren Blick zu, bevor ich zögerlich wieder zu dem Paar gegenüber sah. “Also… hat Ryatt eine Lücke gefunden?”, schlussfolgerte ich halb fragend. Faye hatte mir erzählt, dass sie ihn – trotz der geringen Erfolgschance – darum gebeten hatte. Der Tätowierte zuckte leicht mit den Schultern, was ich erst richtig zu deuten wusste, als er etwas dazu sagte. “Es ist eher eine sorgfältig platzierte Sprengladung, als ein schon vorhandenes Loch… aber ja.” Es half wirklich nicht, dass er in einer Metapher sprach, aber wenigstens war meine Frage damit beantwortet. “Wir sind uns sicher, dass das funktionieren kann und dass es für uns machbar ist. Sonst wären wir nicht damit einverstanden, es überhaupt zu versuchen… für ein Vielleicht fehlt uns die Kraft und wir haben definitiv nur diesen einen Versuch.” Mitchs Stimme klang ungewöhnlich gedrungen und ihm war anzusehen, dass er es nicht gerne aussprach. Nichts davon. An der Art, wie er nach Aryanas Blick suchte und ihr ein schmales, leicht zuckendes Lächeln zuwarf, das sofort verschwunden war, als er zurück zu Faye und mir sah. “Es gibt Risiken, aber bestenfalls sitzen wir in einer absehbaren Weile regelmäßig auf eurer Veranda.” Ein paar Sekunden lang starrte ich ihn einfach nur an. Wusste nicht, was ich dazu sagen oder auch nur darüber denken sollte, drückte nur unbemerkt Fayes Hand ein wenig. Was war denn das schlimmstenfalls? “Was für… Risiken?” Ich traute mich kaum danach zu fragen, weil ich mir eigentlich sicher war, dass ich es überhaupt nicht wissen wollte. Mitch atmete etwas tiefer durch, legte die Hände ineinander und knetete sich die Finger. “Er wird uns auf eine überdurchschnittlich riskante Mission schicken, weil das als Ausgangslage notwendig ist… darauf basiert der gesamte Plan.” Also war das hier kein reiner Freundschaftsbesuch, sondern ein Vielleicht-Für-Immer-Abschiedsbesuch.