Eben, hat sich vom Aufwand her machbar angehört. xD Wobei mich das jetzt etwas erstaunt was du sagst, meine Eltern haben vor etwa drei Jahren in Deutschland einen Boots-Urlaub gemacht und sind da mit so nem fetten Teil einen Monat auf der Mecklenburgischen Seenplatte rumgetuckert... ohne Lizenz oder Übung oder so, aber war scheinbar auch legal. x'D Und ich hoffe, sie hatten Spassss und ich bin evt. etwas neidiiisch... :3 __________________
Manchmal hatte die Schichtarbeit eben durchaus ihre Vorteile. Zum Beispiel, wenn Aryana und Mitch ziemlich spontan ihren ersten Besuch im Süden ankündigten und sich dann trotzdem einige nette Kollegen fanden, die gerne ein paar Freitage mit Faye tauschten, damit sie diesen Anlass gebührend feiern konnte. Okay, die Schichtarbeit war das eine - die netten Arbeitskollegen das andere. Und Faye war wirklich froh drum, auf Letztere auch in L.A. gestossen zu sein. Noch hatte sie keine expliziten Work-Besties gefunden, aber die Erfahrungen in ihrem neuen Job waren überwiegend positiv und sie hatte sich schon ziemlich gut eingelebt in den knapp zwei Monaten, die sie bisher bei diesem Provider arbeitete. Die Umstellung von Seattle nach L.A. war, was die Arbeit anging, relativ gering. Bis auf Dinge wie die eingesetzte Software und das Aussehen der Einsatzprotokolle tat sie hier das Gleiche und das erleichterte die Einarbeitung und das Ankommen doch sehr. Sie hatte mittlerweile trotz diverser Unterbrüche doch schon einige Jahre Erfahrung im Rettungsdienst gesammelt und konnte dadurch von einer gewissen Routine profitieren. Etwas, worin sie mit Sicherheit auch in tausend Jahren keine Routine sammeln würde, waren hingegen diese verdammten unheilvollen Neuigkeiten, die gefühlt hinter jeder Ecke warten konnten und immer mal wieder hervorsprangen, um sie in den unerwartetsten Momenten zu überraschen. Zum Beispiel auf einem Boot mitten auf dem Meer vor der kalifornischen Küste, gemeinsam mit ihren drei Lieblingsmenschen, nach einem wunderschönen Tag voller Glück und Freude, kurz vor einem perfekten Sonnenuntergang unter einem wolkenlosen Himmel... Sie hatte Aryana heute Nachmittag schon gefragt, wie es ihr ging. Sie hatten gute Gespräche geführt und Faye war sich sicher gewesen, dass ihre Schwester ihr die Wahrheit erzählte. Weil sie sich auch sicher war, dass sie merkte, wenn Aryana log. Das hatte sie aber nicht getan. Sie hatte nur auch nicht die ganze Wahrheit erzählt, wies schien. Sonst müsste sie nicht jetzt etwas berichten. Bis vor einer Minute war alles perfekt gewesen, sie waren alle schwimmen, auch wenn das Wasser noch ziemlich kalt war hier draussen. Hatten gelacht und sich dann langsam wieder an Bord des geliehenen Bootes begeben. Und jetzt sassen sie hier, alle auf ihren Tüchern, eigentlich bereit für das mitgebrachte Picknick... nur um stattdessen etwas ganz anderes serviert zu bekommen? Faye spürte, wie sich ihr ganzer Körper automatisch anspannte, wie die Atmosphäre sich unheilvoll auflud, noch bevor irgendwelche Details geteilt wurden. Aryana machte es auch nicht besser damit, dass sie sagte, dass es ihnen vielleicht nicht gefiel. Weil wenn sie das schon vorausschickte, dann würde es ihnen sehr sicher nicht gefallen. Auch wenn das Ziel verlockend klang, lag der Haken bereits auf der Hand: wenn der Plan aufgeht. Und wenn nicht? Faye griff liebend gerne nach Victors Hand, auch wenn die Geste schon sehr deutlich machte, dass er genau gleich empfand. Das bestätigte auch sein Blick, bevor er die erste Rückfrage stellte. Ryatt hatte ihr gegenüber bisher nichts derart erwähnt. Was sie vielleicht nicht überraschen sollte, aber der Gedanke, dass neuerdings Ryatt seine Geheimnisse mit Aryana und Mitch hatte, war trotzdem nicht unbedingt förderlich für ihr Wohlbefinden. Ungeachtet der Tatsache, dass sie das mehr oder weniger persönlich provoziert hatte. Mitch bestätigte den Verdacht wenig überraschend, wobei auch der Inhalt seiner Worte nicht ausschliesslich positiv klang. Viel mehr nur weiter das Risiko betonte. Es kann funktionieren. War aber kein pannenfertiger Ausweg, sondern scheinbar eine weitere Schlacht, wenn es eine Sprengladung brauchte. Eine riskante Schlacht. Ein gefährlicher Plan, dessen Gefahr den Plan scheinbar überhaupt erst ausmachte. Faye gab einen unkontrollierten Laut von sich, der einem leisen Stöhnen glich. Angestrengt, ein bisschen von einer plötzlichen Panik angehaucht, die sich sehr gerne sehr schnell in ihr breitmachen wollte. Sie hob die zweite Hand an, um sich fest übers Gesicht zu reiben im Versuch, ihren Kopf dazu zu zwingen, sich erstmal alle Infos anzuhören und nicht gleich über Bord zu springen und in den Tiefen des Meeres zu versinken, um das hier nie gehört zu haben. Es ging um einen Fluchtplan. Es ging darum, dass Aryana und Mitch endlich frei wären. Es ging darum, dass sie zu ihnen kommen und vor allem einfach endlich glücklich werden konnten. Aryana hatte es heute Nachmittag deutlich genug gesagt: Diese Arbeit war Gift und sie hasste sie. Faye hätte sich schon lange denken können, dass der Weg raus kein leichter sein würde... sie hatte nur sehr vehement darauf gehofft, dass es trotzdem etwas... ungefährliches sein würde. "Was müsst ihr machen?", forderte Faye ziemlich direkt eine Info, die sie natürlich nicht haben konnte, liess ihre Hand dabei mechanisch sinken, um wieder zu Mitch und Aryana zu blicken. Nach Antworten und Wahrheiten zu suchen, die sie bisher geflissentlich übersehen hatte in ihrer blinden Freude über das Wiedersehen und den Besuch, dessen überstürzte Planung jetzt plötzlich einen unschönen Sinn erhielt. "Das können wir nicht sagen, es ist wirklich essenziell, dass der ganze Plan unter Verschluss bleibt...", rückte Aryana leise mit dem zu erwartenden Übel heraus. "Wir müssen nach Südamerika, die offizielle Mission von Easterlin ist in Paraguay geplant und das ist unser Ausgangspunkt. Wir werden dann für längere Zeit... untertauchen und uns auch nicht bei euch melden können. Easterlin muss denken, dass wir gestorben sind und es ist wichtig, dass ihr euch ebenfalls entsprechend verhält... Es wird alles eine Weile dauern, aber am Ende kommen wir zurück, okay?", Aryana klang, als müsste sie sich selbst davon überzeugen, dass das alles nicht so gefährlich war, wie es klang. Zumindest war das Fayes Auffassung. So tun als wären sie tot - ohne dabei zu wissen, ob sie noch lebten? Ohne dabei irgendwas tun zu können, um dafür zu sorgen, dass sie heil zurückkamen? Klang grausam. "Wie... wie lange? Wie lange ohne eine Nachricht, mein ich... weiss denn wenigstens Ryatt, ob ihr noch lebt?", Faye wusste eigentlich schon, als sie die Fragen formulierte, wie die Antworten klingen würden. Ihr schonmal probeweise panisches Herz stellte sie trotzdem. Suchte nach einem Strohhalm, an das es sich klammern konnte, damit das alles nicht ganz so schwammig und grausam sein musste.
Hö, ganz ohne Lizenz? Also auch keine schweizerische, mein ich? Das würd mich doch jetzt sehr wundern. o.o Hatte mal 'nen guten Bekannten, der einen Schein/Lizenz gemacht hat, ich meine für Binnengewässer und Meer für Sportboote oder so, das hat meines Wissens nach paar hundert Euro und Praxis+Theorie erfordert... aber das ist ungefähr 7-8 Jahre her, vielleicht gibt DE jetzt auch keinen F'ck mehr und/oder wollte es Touris leichter machen, weil Geld. I dunnoooo. x'D _________
Dieses zwischenmenschliche Dilemma war mir unendlich unangenehm. Erst recht jetzt nach den eigentlich ganz schönen Stunden, die wir mit Faye und Victor in Los Angeles verbracht hatten, fühlte es sich grundlegend falsch an, sie mit diesen Neuigkeiten zu überrollen. Wie eine verdammte Schneelawine im Sommer – sie rechneten nicht damit. Zu beobachten, wie ihre Körperhaltungen sich veränderten, sie sich beide zunehmend anspannten und jetzt schon damit anfingen, sich Sorgen um uns zu machen, quälte mich. Aryana und mir genau das zu ersparen, hatte in dieser Sache jedoch keine Priorität. Faye und Victor ging es gut hier und wir wollten beide, dass das so blieb. Während Easterlin uns für definitiv tot hielt, konnten die jüngere Cooper und ihr Freund wenigstens noch darauf hoffen, dass es nicht so war. Leider würde die Tatsache, dass wir ihr nicht genau sagen konnten, wann Ryatt etwas von uns hören würde – vorausgesetzt wir kamen bis zu diesem Punkt – es jetzt nicht gerade besser machen. Die Zeitspanne für den gesamten Plan war schon sehr vage und die erste Hälfte der Strecke sollte theoretisch, wenn uns die Waffendealer nicht an den Fersen klebten, keiner von uns schwerwiegend verletzt war und wir brav die Polizeikontrollen umschipperten, der deutlich einfachere Teil dieser Reise sein. Also die Etappe, die schneller zu bewältigen war. Bis wir letzten Endes dort waren und die Lage selbst sondierten, war es aber vor allem genau das: eine blanke Theorie. Ich mahlte zwischendurch mit dem Kiefer und schluckte schließlich, als ich Aryana eine Pause einräumte, indem ich die Frage ihrer Schwester beantwortete. “Können wir nicht genau sagen, aufgrund unvorhersehbarer Variablen.” Wenn ich Aryana und mich hier so sprechen hörte, wurde mir ein weiteres Mal klar, dass wir mindestens mittelmäßig geistesgestört sein mussten, um das alles für einen guten, machbaren Plan zu halten. Wenigstens war es diesmal nicht unser eigener. “Wir müssen glaubwürdig verschollen sein. Das schließt keinen Kontakt auf sämtlichen Ebenen, also auch Ryatt mit ein… wenn es in etwa so läuft, wie wir uns das vorstellen, sollten wir nach spätestens eineinhalb Wochen ein Lebenszeichen von uns geben können. Dann wird er sich bei dir melden… aber nochmal: Es ist wirklich wichtig, dass ihr euch bis dahin so verhaltet, als wüsstet ihr nichts von Alledem.” Ich wollte nicht ’als wären wir tot’ sagen, obwohl das akkurater wäre. Selbst in meinen Gedanken klang es zu schmerzhaft, weil die Möglichkeit auf unser tatsächliches Ableben gegeben war. Trotzdem war mir wichtig, das ein weiteres Mal explizit zu erwähnen, weil damit der ganze Plan in sich zusammenbrechen konnte. Ich atmete durch und seufzte im Abgang schwer, weil ich glaubte, dadurch das klemmende Gefühl um die Brust loswerden zu können. Fehlanzeige. Victor schüttelte kaum merklich den Kopf, zog die Augenbrauen zusammen und senkte den Blick auf die Füße. Ihm war wohl genauso wenig nach Essen wie irgendwem anders auf diesem Boot. Ich wollte gerne irgendwas sagen. Faye nochmal versichern, dass ich auch dieses Mal Aryanas Leben mit meinem beschützen würde, aber das wäre nur bis zu einem gewissen Grad wahr. Denn wenn ich meines für ihres gab, oder umgekehrt, dann würde unser beider Blut in Südamerika versickern. Wir konnten nur als Team alles dafür geben, unser beider Hälse zu retten. Wenn einer fiel, dann war es das für uns beide gewesen, also keine dummen Solo-Aktionen diesmal… und damit auch nichts, was ich sagen konnte, um die Situation weniger heikel darzustellen, als sie es letztendlich einfach war. “Wir haben schon Schlimmeres überlebt. Ohne Plan und wesentlich schlechter ausgerüstet.”, versuchte ich, das ganze Risiko zumindest etwas in Relation zu schon vergangenen Missionen zu setzen. Es dauerte einen Moment, dann sah Victor mit angestrengt verengten Augen auf und direkt in mein Gesicht. “In Syrien hat euch aber notfallmäßig ein Heli aus dem Brennpunkt geflogen, wenn ich mich recht erinnere.” Leider wahr. Medizinische Versorgung konnten wir uns in Südamerika keine holen, weil wir uns nicht ausweisen konnten. Was es umso wichtiger machte, Verletzungen zu vermeiden. Bei einer Dauer von vier bis fünf Wochen würden die sich andernfalls mit Pech sehr übel entzünden und uns auf Umwegen unter die Erde bringen, vielfache Impfungen hin oder her. Antibiotikum musste da drüben genauso verschrieben werden wie hier, also müssten wir einen Apotheker dazu zwingen, es uns auszuhändigen. Das klang trotzdem noch nach meinem ungefähr kleinsten Vergehen, weil das Ziel dabei weder Mord noch Folter war. “Da sind wir absolut blind und unautorisiert reingegangen. Das ist diesmal nicht so. Ryatt… gibt sich sehr viel Mühe mit der Vorbereitung und versucht uns auf jedes mögliche Szenario einzustellen. Das ist vielleicht keine Lebensversicherung, kommt aber nahe genug ran. Wir machen diesen Job ja leider nicht erst seit gestern.” Dass ich den Kerl doch tatsächlich mal lobte… vielleicht sollte ich mir den heutigen Tag noch im Kalender anstreichen. Aber es ließ sich nicht leugnen, dass wir ein erschreckend effizientes Trio sein konnten, wenn wir uns nur erstmal dazu überwunden hatten, die Köpfe zusammenstecken, statt sie stur aneinander knallen zu lassen. Es hatte bis jetzt schon zwei oder drei Sachen gegeben, die der Veteran noch nicht bis ins Detail bedacht hatte. Wenn wir ihn darauf hinwiesen, fand er aber immer schnell Antworten. Inzwischen überwog sogar für mich der Vorteil darin, ihn die schwierige Denkarbeit machen zu lassen und mich nur auf meine Konstitution konzentrieren zu müssen. Beides wäre mir und auch Aryana zu viel. Ich würde trotzdem nicht damit aufhören, jede seiner Aussagen zu hinterfragen, bis es letzten Endes soweit war, dass wir ins Flugzeug steigen und in Südamerika sterben gehen würden.
Nein, der hat tatsächlich gar nichts. Also ich müsste ihn nochmal fragen, aber ich meinte, er hätte das damals auch so gesagt (und ausserdem hab ich ihn in meinem Leben noch nie ein Boot steuern sehen haha xD). Vielleicht wirklich ne Touri-Regel, davon haben wir hier auch genug... ___________
Natürlich. Aus den paar schwammigen Infos, die sie bisher erhalten hatten, wurde sehr eindeutig klar, dass hier eigentlich so gar nichts genau gesagt werden konnte. Entweder, weil sie es nicht sagen wollten, beziehungsweise durften, oder weil sie es nicht sagen konnten - also weil sie es selbst nicht wussten. Das machte die Sache nur nicht leichter verdaulich. Zeigte die angedeuteten Risiken dafür umso klarer auf und auch das beruhigte hier keinen. Dass bis zu eineinhalb Wochen lang absolut niemand irgendwas von ihnen hören würde - während einer potenziell lebensbedrohlichen Mission - war dann wohl das Sahnehäubchen auf dieser ungewollten Torte voller Nervenkitzel. In eineinhalb Wochen konnte wirklich absolut Alles passieren. Sie konnten auf tausend Arten sterben, auch wenn Faye gar nicht erst darüber nachdenken wollte. Wären sie schwer verletzt, könnte man sie am ersten Tag vielleicht noch retten. Eineinhalb Wochen später aber eher nicht mehr. Und das war nur ein Beispiel der tausend Möglichkeiten, wie die Nummer schief gehen konnte. Faye versuchte, ihre Gedanken zu strukturieren und ihr Herz mit tiefen Atemzügen zu beruhigen. Schloss einen Moment die Augen auf der Suche nach dem positiven Aspekt dieses Unterfangens. Nichtmal Mitch und Aryana würden bei sowas zusagen, wenn sie nicht eine berechtigte Erfolgschance darin sahen. Es sei denn, sie hatten einfach keine andere Option. Was nun genau zutraf, wusste sie nicht, aber Faye war sich ziemlich sicher, dass es die Mischung aus beidem war. Es war sicher irgendwie machbar, sonst würde das Paar nicht hier sitzen, um ihnen davon zu berichten. Aber es konnte eben auch sehr leicht schiefgehen und darum waren sie vor dem Einsatz noch nach L.A. geflogen. Um sie zu besuchen, um sie zu informieren... oder um sich zu verabschieden. "Darum seid ihr hier...", murmelte Faye die nüchterne Erkenntnis vor sich hin, die wohl allen anderen längst gekommen war. Es gab halt nie einfach nur gute Neuigkeiten ohne ein kleines, unbedeutendes Aber. Sie sollte wirklich aufhören, nicht damit zu rechnen. Das nächste Mal fragte sie direkt am Telefon, was denn das Anlassproblem im Gepäck war, damit sie sich darauf einstellen konnte. Falls es ein nächstes Mal gab. Wären sie nicht auf diesem Boot, hätte sie wohl einen Beruhigungstrip aufs Klo oder in den Garten gemacht. Das war gerade leider keine Option. Einfach rückwärts nochmal ins Wasser springen und sich in den sanften Wellen vor der Wahrheit verstecken, war leider etwas kindisch. Was nicht hiess, dass sie es nicht trotzdem kurz in Erwägung zog. "Wie gross schätzt ihr eure Erfolgschancen ein? Oder eure Überlebenschancen, falls das in diesem Fall nicht sowieso das Gleiche ist...", stellte Faye die nächste Frage, auf die sie vielleicht gar keine Antwort haben wollte. Aber sie musste irgendwas finden, an dem sie festhalten konnte. Sie brauchte möglichst viele Gründe, die sie sich dann eineinhalb Wochen lang innerlich aufzählen konnte, um nicht den Verstand zu verlieren. Und sie musste irgendwie versuchen, zumindest ihr rationales Denken auf die Seite von Mitch und Aryana zu bringen. Sich damit abzulenken von ihrem Herz, das schon allein mit diesen Neuigkeiten wieder zu bluten anfing. Ihr die Tränen in die Augen treiben wollte, gegen die sie vehement ankämpfte. Irgendwann würde sie weinen, aber vielleicht einfach noch nicht jetzt, nicht hier. Vielleicht heute Nacht, vielleicht übermorgen beim Abschied.
Sie war froh, dass Mitch für einen Moment das Reden übernahm und sie so den Kloss im Hals und die damit verbundenen Emotionen schlucken konnte. Sie musste versuchen, hier möglichst sachlich und vor allem stark zu bleiben. Wenn sie jetzt einen Nervenzusammenbruch hinlegte, würde das nämlich absolut keinen beruhigen und das war das Letzte, was sie wollte. Sie hatte in den vergangenen Wochen wirklich an sich gearbeitet, hatte dem Alkohol ein weiteres - und hoffentlich finales - Mal den Rücken gekehrt und war tatsächlich sogar mehrmals mit Mitch beim Boxen gewesen. Es war wohl eher kein längerfristiges Hobby für sie, aber es half, den Kopf frei zu kriegen, sich nur auf sich, ihren Körper und die Challenge zu konzentrieren. Dass sie nebenbei auch ihre Fitness und Schlagkräftigkeit trainierte, war ein Plus, das sie bei diesen Zukunftsplänen sehr gerne mitnahm. Auf diesem Boot auf dem Meer half ihr der körperliche Aspekt des Trainings relativ wenig. Aber den Fokus brauchte sie definitiv. Damit sie sich auf ihr Ziel konzentrierte und nicht auf ihre schmerzende Seele oder ihr Herz, das den Anblick von Faye und Victor gerne nutzte, um einen weiteren Vorwurf zu generieren, für den sie sich dann irgendwann mal hassen konnte. Nicht jetzt. Jetzt war nämlich wieder sie dran mit Antworten und Faye suchte sich für diese Gelegenheit eine weitere eigentlich nicht zu beantwortende Frage aus. Aber darüber hatten sie sich auch schon unterhalten, das war Teil der Abwägung gewesen in der Chancen- und Risikorechnung. Wahrscheinlich hätten sie der Mission irgendwie auch zugesagt, wenn die Erfolgschancen nur bei zwanzig Prozent gelegen hätten. Aber das taten sie nicht, dessen war Aryana sich sicher. "Auch das hängt natürlich von sehr vielen Faktoren ab, die wir teilweise erst in der Situation kennenlernen. Aber wir sind sicher, dass die Erfolgschancen gut sind. Dass wir das wirklich schaffen können und auch schaffen werden. Das Risiko ist gross und verschiedenste Teile der Mission sehr gefährlich, aber wie Mitch schon sagt, wir fliegen nicht unvorbereitet ins Nirvana und hoffen aufs Beste. Wir haben jahrelang dafür trainiert und Erfahrungen gesammelt, wenn nicht für diese spezifische Mission, dann doch für den Umgang mit besagten Gefahren. Ich glaube wirklich daran, dass wir lebend zurückkommen und wir dann endlich mit dieser Odyssee abschliessen können, um hier bei euch neu anzufangen.", Aryana setzte alles daran, möglichst überzeugend zu klingen und nur Worte zu benutzen, hinter denen sie auch stehen konnte. Sie wollte niemanden belügen hier und sicher auch keine Risiken kleinreden. Aber Faye und Victor mussten daran glauben, dass es ein Wiedersehen geben würde. Dass sie nicht leichtfertig in ihre Verdammnis spazierten. Denn das taten sie nicht. Zumindest Mitch hätte sich nicht dafür begeistern lassen, wenn er nur ihren Tod darin gesehen hätte. Dafür waren die Anstrengungen und die Gefahr auf ein grausames Ende einfach zu gross.
bei den beiden gar nich mal so unwahrscheinlich… XD ______
Mir war klar, warum sie alle beide versuchten, viel Zuversicht und möglichen Erfolg zu suggerieren. Es war nicht so, dass ich Aryana und Mitch nicht abkaufte, dass sie sich in diesem Freischlag tatsächlich einen Sieg ausmalten. Viel mehr wollte ich sogar daran glauben, um den Teil meines Unterbewusstseins, der in dieser Sache eindeutig auch eine Möglichkeit zum Sterben erkennen konnte, zu ersticken. Denn es war genauso möglich, dass ich die beiden mit meiner einstigen Bitte etwas zu nah an den Rand aus suizidalem Selbsthass geschubst hatte. Leider reichten deren Zuversicht und meine Gutgläubigkeit also nicht aus, um zu verschleiern, dass dieser Kurzurlaub bei uns trotzdem für alle Beteiligten auch ein möglicher Abschied war. Unvermeidbar fühlte es sich zum gefühlt tausendsten Mal für mich so an, als läge auf unser aller Freundschaften ein verdammter Fluch. Einer, den die beiden dieses Mal hoffentlich zu brechen wussten… nicht nur vorübergehend, sondern endgültig. Ich konnte diese ständigen Hiobsbotschaften genauso wenig vertragen wie Faye. Was das anging, hatten wir unser Limit schon lange erreicht und dass es jetzt schon wieder passierte, war einfach beschissen. Ich war etwas zu wenig optimistisch veranlagt, um daran zu glauben, dass es wirklich das letzte Mal sein würde. Ich hoffte es, würde aber erst daran glauben, wenn eine angemessene Zeit lang mal absolut gar nichts passierte. Ich schluckte und begann ununterbrochen über Fayes Handrücken zu streicheln, als kurzes Schweigen eintrat. Sah auch lieber wieder nach unten weg im zwanghaften Versuch, mich nicht zu sehr von alledem aus der Bahn werfen zu lassen. Ich fühlte mich definitiv noch nicht bereit dazu, den beiden einfach viel Glück für diese Mission zu wünschen. Der Cocktail aus unterschwelligen Schuldgefühlen und schlimmen Befürchtungen war in meiner Magengegend und Brust viel zu präsent. „Wie gehts euch? Ich meine…“ Ich seufzte und machte einen Moment lang die Augen zu. Keiner von beiden sprach jemals wirklich viel über Gefühle, solange es vermeidbar war. „…geht‘s euch besser? Gut… gut genug für so eine Nummer?“ Nur langsam sah ich wieder zu den beiden auf und versuchte schon aus ihrer Mimik eine ehrliche Antwort zu filtern.
Hatten wir zu oft betont, dass wir daran glaubten, dieses waghalsige Kommando schaukeln zu können? Victors Frage ließ zumindest darauf schließen. Es wäre eine Lüge, zu sagen, dass es uns tatsächlich gut ging. Davon waren wir noch spürbar entfernt. Trotzdem half es ungemein, dass Aryana den Kopf vorerst aus dem Sand gezogen hatte und ich mich weniger darum sorgen musste, dass ihre Hand meiner endgültig entgleiten würde. Ich achtete — zur Sicherheit — weiterhin auf Anzeichen diesbezüglich und versuchte auch immer noch die Kraft dafür aufzubringen, sie nach Möglichkeit zu entlasten. Dennoch würde ich behaupten, dass es uns besser als vorher ging. Ich warf Aryana einen kurzen Seitenblick zu, bevor ich zu einer Antwort ansetzte. Damit er nicht glaubte, dass ich ihm ausweichen wollte, sah ich Victor dabei auch direkt ins Gesicht. Obwohl es mir unangenehm war, so wie immer, wenn ich über meinen Geisteszustand reden musste. Der würde nie besser als mindestens mittelmäßig abgefuckt werden und entsprechend ungern verlor ich Worte darüber. „Ja. Es wäre gelogen, wenn ich dir sagen würde, dass wir uns vollständig erholt haben… bezogen auf einige… unterschiedliche Dinge.“, redete ich stockend so halb um den heißen Brei herum. Ich wollte das nicht näher erläutern. Es reichte, wenn Aryana darüber Bescheid wusste, was in meinem Schädel alles nicht rund lief. Das kommunizierte ich stumm mittels Blick. Nicht nur an Victor, sondern auch an Faye. „Ein greifbares Ziel hilft aber auf jeden Fall… das muss ich euch beiden nicht erzählen, glaube ich.“ Sie hatten selber immer wieder in der Scheiße gesessen und waren trotzdem da raus gekommen. Nur brauchte man dafür auch ein Umfeld, das einem Regeneration überhaupt möglich machte. „Es geht uns gut genug, um da heil durchzukommen… damit wir danach ohne Irgendwen im Nacken sitzen zu haben die ganzen letzten Jahre Revue passieren und hinter uns lassen können, so als wäre nie was gewesen.“, schloss ich mit trockenem Sarkasmus und zuckte mit den Schultern. Was wir getan hatten, würde leider immer ein Teil von uns bleiben. Trotzdem konnten wie hoffentlich lernen, das Beste daraus zu machen. Faye und Victor wussten, dass Aryana und ich mehr als einmal durch die Hölle gegangen waren. Es gab mehr als eine Sache, die wir irgendwie weit genug verarbeiten mussten, um von diesem von Blut getränkten Abschnitt unseres Lebens endgültig Abschied nehmen zu können. Vielleicht würde das lange dauern oder zumindest länger, als mir lieb war. Wenn es bedeutete, dass ich mich danach endlich so fühlen konnte, als wäre ich frei und als hätte ich nicht mein ganzes Leben an die Wand gefahren, war es das aber wert. Victor sagte nichts mehr, nickte nur leicht. Sah ein weiteres Mal kurz zu Faye — vermutlich um zu eruieren, was sie davon hielt — und dann nochmal zu Aryana, bevor seine Augen erneut bei mir landeten und dann wieder auf dem Grund des Bootes. Er war offensichtlich aufgewühlt, so wie alle anderen auch. Ich konnte aber sehen, dass ihm noch mehr auf der Zunge lag. Es dauerte ein paar stumme Sekunden, bis ich hinter die Ursache für seinen dezent gequälten Gesichtsausdruck kam. „Du brauchst dir keine Schuld zu geben... Keiner von euch.“, inkludierte ich Faye gleich mit. Ertappt warf Victor mir einen sehr flüchtigen Blick zu, bevor er wieder nach unten sah. Besonders überzeugend war meine Aussage für ihn scheinbar nicht und er sagte auch nichts dazu, weshalb ich zu Faye sah. Vielleicht hatte ich an dieser Anlaufstelle mehr Glück. Es mochte ihre Befreiung gewesen sein und Victors Wunsch auf Rache war sicherlich nur semi-gesund. Ich wusste jedoch mit Sicherheit, dass ich so oder so nicht gerade sanft mit den Mexikanern umgegangen wäre. Menschen, die glaubten, sich auf so einem bestialischen Niveau alles erlauben zu dürfen und mit allem durchzukommen, machten mich wütend. Erst recht dann, wenn sie dem kleinen bisschen Familie zu leibe rückten, das ich hatte.
Victors Frage war natürlich mehr als berechtigt und kam auch nicht von ungefähr. Wenn sie hier von einer potenziell sehr gefährlichen Mission sprachen, lag es auf der Hand, dass sie diese besser mit sehr fitten Köpfen angingen. Nur waren diese sehr fitten Köpfe in ihrem Fall halt leider eine Illusion - quasi ein Lichtjahre entfernter Stern, dem sie nur dann näher kommen konnten, wenn sie das ganze Gift in Seattle hinter sich lassen konnten. Was wiederum die erfolgreiche Durchführung von Ryatts Plan verlangte. Was offensichtlich insgesamt nicht aufging, aber versuchen mussten sie es trotzdem. Mitch beantwortete die Frage zwar nicht sehr detailreich oder vollständig, aber immerhin wahrheitsgemäss. Es ging ihnen gut genug, dass sie den Versuch wagen mussten und gut genug, dass sie in wenigen Monaten tatsächlich wieder hier sein könnten - dann aber nicht zu Besuch, sondern um zu bleiben. Aryana verspürte trotzdem das Bedürfnis, noch etwas mehr zu dieser Frage zu sagen. Etwas, was sie Faye schon heute Nachmittag mehr oder weniger durch die Blume mitgeteilt hatte, das nun aber zur Vollständigkeit des Gesamtbildes nochmal erwähnt sein musste. In der Hoffnung, dass Victor und Faye ihre Situation dann besser verstanden. "Wir haben sehr lange schon über einen Ausweg nachgedacht - eigentlich seit wir bei Easterlin angefangen haben - und nie eine Lösung gefunden. Was Ryatt nun vorgeschlagen hat, ist also sehr sicher die einzige Option, die wir haben, wenn wir den Job nicht mindestens sechs Jahre machen wollen. Gleichzeitig wissen wir beide, dass wir so, wie es jetzt ist, nicht weitermachen können. Nicht nach allem, was war. Nicht, wenn wir auf der Arbeit zu genau dieser Tätigkeit gezwungen werden, die uns innerlich am meisten zerfrisst. Ihr könnt uns also glauben, dass wir gerade alles in unser Macht stehende tun, damit es uns wirklich hundert Prozent gut genug geht, um den Plan erfolgreich durchzuziehen. Wir gehen da nicht hin zum Sterben, sondern damit wir in ein paar Monaten endlich neu anfangen können. Hier. Mit euch.", erklärte Aryana mit viel Nachdruck. Unterstrich damit auch die Worte von Mitch, mit denen er Victor und Faye versicherte, dass es nicht ihre Schuld war. Die Sache mit den Hernandez war nur ein weiteres Unglück in einer nie abreissenden Reihe von Katastrophen gewesen. Das Hauptproblem war und blieb ihre Arbeit, die sie vehement daran hinderte, zu besseren Menschen zu werden oder zumindest ihre Psyche einmal erfolgreich aufzuräumen. Sie wollte nicht ganz alle Probleme auf diese Ursache schieben, Nicht sagen, dass kaum wären sie den Job los, alles plötzlich gut sein würde. Der Zusammenhang verhielt sich eher umgekehrt. Dass sie alle anderen Probleme gar nie angehen konnten, wenn dieses nicht beseitigt war. Aryana blickte auf ihre nackten Füsse runter, sah aber im Augenwinkel deutlich genug, wie Faye die freie Hand, mit der sie sich nicht an Victor klammerte, anhob, um mit einer verdächtigen Bewegung links und rechts über ihre Augen zu wischen. "Gut. Das würde ich euch auch gern ans Herz legen, weil ich zwischenzeitlich wohl schonmal eine Wohnung für euch suchen muss, um meinerseits nicht...", Faye verstummte wieder, machte eine umfassende Handbewegung, die wohl allen einigermassen deutlich machte, was sie damit meinte. Dass nicht nur Mitch und Aryana auf ihren Verstand aufpassen mussten, sondern eben auch die beiden anderen, die den Neuanfang ja eigentlich schon geschafft hatten. Aber die Psyche war leider bei ihnen allen immer ein eher fragiles Gerüst, egal, wie sehr sie an sich arbeiteten. Wahrscheinlich lag das an allem, was sie schon durchgemacht hatten, an all den Erfahrungen, die ihnen so deutlich gelehrt hatten, wie schnell sie einfach alles verlieren konnten. Es war nur logisch, dass ihre Seelen darauf konditioniert waren, sich schnell zu viele Sorgen zu machen, besonders wenn es um das Wohlergehen ihrer Liebsten ging. Aber diese Sorgen sollten diesmal unbegründet bleiben.
Je länger dieses Gespräch andauerte, desto mehr bekam ich das Gefühl, meinen nicht vorhandenen Mageninhalt über die Reling spucken zu müssen. Die Mischung aus unguter Vorahnung, Sorge und die Angst darum, dass die beiden sich mit dieser Sache gewaltig verschätzten, ließ mich mit flauem Magen zurück. Zusätzlich zu der Last auf den Schultern, die mir keiner der beiden nehmen konnte. Dass Faye entführt worden war, war die eine Sache… mein expliziter Wunsch auf Vergeltung aber etwas ganz anderes. Sicher war ich nicht der einzige, der, wenn es ihm schlecht ging, manchmal Dinge dachte oder tat, die er hinterher revidieren wollte. Ich hätte es trotzdem nicht sagen dürfen und ich war mir sicher, dass mich das noch eine Weile verfolgen würde. Aryana versuchte Mitchs Worte weiter zu untermauern. Sie war dabei konkreter und ich hob den Blick nochmal an, als sie schon geschlossen hatte. Versuchte aus ihren dunklen Augen zu lesen, wie ernst sie es meinte – wie sehr sie wirklich daran glaubte, eine weitere Fahrt durch die Hölle mit Mitch durchziehen und dabei mit dem Leben davonkommen zu können. Trotz all der Dinge, die offensichtlich stark dagegen sprachen. Wenn sie nur diese eine, einzige Chance darauf hatten, noch eine Kehrtwende zu schaffen – wonach das alles sehr stark klang – dann war ich wohl der letzte, der versuchen würde, ihnen das auszureden. Und so, wie sie mich ansah, glaubte Aryana daran, dass sie das schaffen konnte. Mitch auch, aber ihn stufte ich in dieser Sache aufgrund vergangener Ereignisse als irgendwie… weniger zurechnungsfähig ein, was vielleicht dumm und auch falsch war war. Es ging keinem von beiden gut, so viel war sicher und ich wollte sie noch lange genug in meinem Leben haben, um zu sehen, wie sich das änderte. Wie sie glücklich wurden… in ein paar Monaten? Das war eine absehbare Zeitspanne. Auch wenn ich gerade absolut nicht klar genug denken konnte, um darauf zu kommen, warum das alles noch so lange dauern musste. Ich drehte den Kopf sofort ein wenig in Fayes Richtung, als sie sich bewegte und die verspannte Sorgenfalte auf meiner Stirn wurde tiefer. Ein bisschen Wohnungssuche würde sie nicht ausreichend von der Tatsache ablenken, dass ihre Schwester mitsamt Anhang wochenlang in Lebensgefahr schwebte. In dieser Zeit würden wir vermutlich beide nur atmen, stumpf zu funktionieren versuchen und darauf warten, dass es vorbei war… mit hoffentlich erwünschtem Ausgang. Ich löste meine Finger von Fayes, um den Arm stattdessen behutsam um ihre schmale Taille zu legen und dabei mehr oder weniger unauffällig etwas näher an sie heran zu rücken. Über ihre Seite streichelnd neigte ich den Kopf noch weiter, um einen Kuss auf ihre fast nackte Schulter zu hauchen. Dabei wusste ich nicht, wer von uns beiden das gerade mehr brauchte. Mir war danach, mich mit dem Kopf für den Rest des Tages einfach an ihrer Halsbeuge zu verkriechen und auf diese völlig ungesunde Art in Sorge und Trübsal zu versinken. Mitch räusperte sich leise, aber mein Blick klebte trotzdem noch an Faye, als ich mich etwas aufrichtete. “Das kannst du schon machen, nur… keine Spuren dabei hinterlassen, bitte.”, murmelte er etwas undeutlich. Es dauerte ein paar stumme Sekunden lang, bis ich ansatzweise verstand, warum wir uns nicht mal nach einer Wohnung umsehen durften – die Sache mit dem von Nichts wissen, vermutlich. Ich würde verdammt gerne wissen, was für einen Rattenschwanz diese Mission nach sich zog. Statt vergeblich danach zu fragen, versuchte ich mit einem sehr tiefen, langen Atemzug, mich nicht von Fayes glasigem Blick anstecken zu lassen und nach etwas zu suchen, das unseren Fokus verschieben konnte. Weg von Tod und Verderben und hin zu einer Zukunft, die erstrebenswert für alle war. Dabei fiel mir auf, dass ich gar keine Ahnung davon hatte, was das Paar auf der gegenüberliegenden Bank eigentlich noch geplant hatte. Wie sie leben wollten, was sie glaubten, was ihre Definition von Glück war. “Was habt ihr überhaupt vor? Danach, meine ich… wenn ihr hier seid… was wollt ihr dann machen?”, startete ich einen möglicherweise zu krampfhaften Versuch, unser aller Köpfe von der schweren Tragweite dieses Jetzt-Oder-Nie-Unterfangens wegzulenken. Auf etwas, das danach kommen würde, weil Aryana und Mitch das schaffen würden… es schaffen mussten, weil ich mir sehr sicher damit war, dass ich Faye nicht noch ein weiteres Mal zurück auf die Beine kriegen würde. Nicht, wenn der Auslöser dafür der Tod ihrer Schwester war.
Ob Aryanas Worte die ganze Sache besser machten? Sicher nicht wesentlich - zumindest nicht in diesem Moment. Es unterstrich nur, was ihre Schwester schon heute Nachmittag gesagt hatte. Dass sie so nicht weitermachen konnten. Dass dieser Job sie kaputt machte. Aryana sagte, dass es die einzige Option war. Dass es gar keinen Plan B auf gar keine Art gab - entweder das oder nichts. Aber daraus konnte Faye nicht lesen, ob Ryatts Plan ein guter war. Wie gross die Erfolgschancen wirklich waren. Wie gross dem gegenüber das Sterberisiko war. Wie gut vorbereitet die beiden an das Unterfangen herangingen. Wenn das Leben bei Easterlin so schlimm war, könnte plötzlich auch ein Kamikaze-Plan verlockend klingen. Auch wenn sowohl Mitch als auch Aryana mittlerweile genug betont hatten, dass es das nicht war. Zumindest nicht in dieser ursprünglichen Fassung, aber wer konnte Faye schon sagen, was dann wirklich in Südamerika auf ihre Schwester und deren Freund wartete... Ihre Körperhaltung blieb verkrampft, während sie weiter gegen die Tränen ankämpfte, die sie jetzt nicht verlieren wollte. Sie neigte sich Victor ein bisschen zu, legte die nun freie Hand auf seinem Oberschenkel ab und streichelte dort genauso über seine Haut, wie er es an ihrer Seite tat. Weil sie definitiv beide dringend einen Hauch von Beruhigung und Normalität brauchten, um mit diesen Neuigkeiten umzugehen. Als würden sie sich nicht sowieso schon oft genug Sorgen machen um jeden einzelnen Menschen, den sie tief im Herzen trugen. Besonders oft um Mitch und Aryana. Berechtigt, wies schien. Ihre Augen fanden wieder zu Mitch, als dieser sich räusperte und ein paar Worte verlor, die einen Haken in ihrem noch kaum geformten Plan der vorsorglichen Wohnungssuche aufzeigten. Kurz blinzelte sie schwach, brauchte einen Moment, um zu verstehen. Dann huschte ihr Blick zu Victor und schliesslich zurück auf den Boden des Bootes. Sie nickte leicht. "Verstehe... Hab ich vergessen...", murmelte sie, war froh, dass Victor wenig später zwei neue Fragen stellte, damit sie sich nicht allzu lange dumm fühlen musste. Sie hatte wohl gerade erfolgreich bewiesen, warum die beiden ihr nicht mehr Details verraten sollten als unbedingt nötig. 10/10, Faye. Ihr Glück, dass die andere Bootseite schon wieder mit nachdenken und unangenehme Fragen beantworten beschäftigt war. Aryana wiegte den Kopf hin und her, blickte erst zu Mitch und erst dann zu Victor. "Wir haben nicht wirklich einen fixen Plan, um ehrlich zu sein. Erstmal da weg und dann schauen wir weiter. Glücklicherweise haben wir - dank sehr wenig und dadurch unabsichtlich sehr sparsamem Freizeitprogramm kombiniert mit Schmerzensgeld in Form von hohem Gehalt - finanziell ein gutes Polster für den Neuanfang. Wir haben also etwas Zeit, um uns zurechtzufinden und neu zu ordnen, was am Anfang Priorität haben wird... Und dann mal sehen. Wir haben... ein paar wage Ideen, aber aktuell hat keiner von uns wirklich den Kopf, um auch hier noch einen Plan zurecht zu legen, der dann wahrscheinlich doch wieder über den Haufen geworfen werden müsste...", auch diese Ausführungen hielten sich schwammig, aber diesmal wenigstens nicht, weil irgendwer irgendwas nicht sagen wollte, sondern scheinbar wirklich, weil die genaue Antwort noch nicht existierte. Ob das besser war, sei dahingestellt.
War es ein Fehler gewesen, die beiden zu informieren? Sicher nicht aus moralischer Sicht, aber mein Blick lag noch ein paar Sekunden lang nachdenklich auf Faye, nachdem sie auf meine Worte reagiert hatte. Vermutlich lag es nur daran, dass wir sie völlig aus der Bahn geworfen hatten und sie nicht klar denken konnte. Sie war offensichtlich von Kopf bis Fuß durch den Wind und das war nachvollziehbar. Aber es musste das einzige Mal gewesen sein, dass sie diesen Denkfehler machte. Ich wollte nicht erfolgreich – lebend – aus Südamerika zurückkommen, nur um meine Zukunft mit Aryana an losen Lippen oder einem Browserverlauf zu verlieren. Um hinter Gittern zu landen, statt sämtliche Ketten endlich zu sprengen. Es war zwar fragwürdig, inwiefern bei der Verhandlung überhaupt Verwandte einbezogen werden würden, aber das gerade auf dem Silbertablett servierte Risiko war ein unnötiges. Deshalb dachte ich noch immer darüber nach, während ich meiner Freundin mit halbem Ohr dabei zuhörte, wie sie unsere nur sehr dürftig existenten Zukunftspläne schilderte. Wir hatten mittlerweile zwar hier und da mal versucht, uns ein paar Gedanken darüber zu machen, was für uns in Frage kam, aber das waren jetzt maximal ein paar sehr wackelig stehende Ansätze und alles stark anzuzweifeln. Wie Aryana schon in simpleren Worten sagte – wir waren dann erstmal einfach froh darüber, durchatmen zu können. Nach erholsamem Schlaf, fern von Alpträumen und all den Altlasten, einfach nur einigermaßen seelenruhig aufwachen zu können und die Tage nicht mehr von vornherein schlecht zu starten. In diesen Zustand zu kommen, das war die Priorität. Ich wollte endlich in Aryanas Gesicht blicken und dabei wirklich eine Zukunft vor uns haben. Eine, die lebenswert war. Ob wir erfolgreich eine für uns passende Wohnung fanden, ob wir uns klar darüber wurden wo und wie wir unser Geld verdienen wollten… das könnte alles kaum zweitrangiger für mich sein. Von mir aus pennte ich auch wochenlang in einem Zelt und ging mich in einem eiskalten Fluss im nirgendwo abduschen, solange ich nur verdammt nochmal keine Hand mehr an den kalten Stahl einer Waffe legen musste. Mich – uns beide – keiner mehr zu irgendetwas zwang, das ich überhaupt nicht tun wollte. Dann war die Welt erstmal in Ordnung und um sowas banales wie Finanzen sorgte ich mich später, wenn ich Kraft und Ehrgeiz dafür gefunden hatte. “Versteh’ ich… das mit dem Ordnen braucht Zeit.”, murmelte Victor mit einem Nicken vor sich hin. Ich musterte seinen Gesichtsausdruck. Beobachtete, wie er sich um den Ansatz eines aufbauenden Lächelns bemühte, nur um dabei ziemlich kläglich zu scheitern und dann wieder zu seiner Freundin zu blicken. Wie lange war er damals weg gewesen? Neun, zehn Monate? Das war fast ein Jahr und ich hoffte inständig, dass es bei Aryana und mir schneller ging. Wir konnten es immerhin zusammen machen, unsere Beziehung war nicht das Problem… zumindest hoffte ich das inständig. Ich war mir inzwischen leider sehr bewusst darüber, wie ungesund sie teilweise war. Ich suchte mit den Augen nach Fayes Blick, obwohl sie meinem konstant auswich. Sich offenbar auf jeder möglichen Ebene schlecht fühlte – noch mehr als Victor, der sich verzweifelt mit dem Versuch abrang, irgendwie weiter nach vorne zu schauen – und damit dafür sorgte, dass mein Herz noch ein Stück tiefer sackte. Mit jeder weiteren Sekunde, die sie derart niedergeschlagen dasaß, immer mehr an dem Wunsch in mir rüttelte, ihr irgendetwas Positives zu geben. Irgendetwas, das sie vom Gefühl der Machtlosigkeit wegholte. Nur ein bisschen. Weit genug, um vielleicht an etwas anderes zu denken. Das Gespräch war sowieso schon wieder erstorben, weil Aryana und ich offensichtlich keine Pläne hatten. Keine richtig brauchbaren zumindest. “Gib’ mir… mal deine Hand, Faye.”, forderte ich die jüngere Cooper zögerlich mit undeutlicher Stimme auf. Streckte meine eigene Rechte langsam in ihre Richtung aus, während ich mich mit dem Ellbogen des linken Arms auf dem Knie abstützte. Ich sorgte damit relativ offensichtlich für leichte Verwirrung in der Runde, ließ mich davon aber nicht irritieren. Hielt den Arm so lange in ihre Richtung ausgestreckt, bis sie danach griff. “Erinnerst du dich noch an die Dinge, die du zu mir gesagt hast? Damals auf eurem Balkon, als ich frisch aus dem Knast war und mich wie der größte Vollidiot aufgeführt hab’?”
Leider schaffte es die Zukunftsthematik nicht wirklich, für mehr als ein, zwei Minuten für Unterhaltung zu sorgen, weil Mitch und Aryana aktuell scheinbar selber noch nicht wirklich wussten, wo die Reise dann irgendwann hinführen sollte. Erstmal den Ausstieg schaffen und dann weitersehen, lautete scheinbar die Devise, was so wohl eigentlich auch niemanden überraschte. Beide hatten nie irgendwelche Träume erwähnt, was ihre berufliche Zukunft anging und Faye bezweifelte ein bisschen, dass es da überhaupt welche gab. Vermutlich hatten sie aber auch nie die Zeit und Ruhe gehabt, sich wirklich damit zu befassen. Wünsche zu entwickeln und Möglichkeiten zu filtern, die irgendwann in der Zukunft relevant werden könnten. Eine Zukunft, die die letzten Jahre über fast unerreichbar gewirkt haben musste. Bis jetzt, scheinbar. Wenn Ryatts Plan denn aufging und sie wirklich alle in ein paar Monaten unbeschwert und frei wieder aufeinandertreffen konnten. Sie hatte sich den Moment schon sehr oft ausgemalt, ihr Träumerherz wünschte sich selbstverständlich schon seit sie nach L.A. aufgebrochen war, dass ihre Schwester samt Anhang nachziehen würde und sie alle gemeinsam hier ihr Glück finden konnten. Aber sie hatte wirklich gehofft, dass das irgendwie... geregelter ging. Risikofreier. Dass es eine ausschliesslich gute Nachricht wäre, nicht... das. Faye merkte, dass Mitch sie anschaute. Schon länger. Wahrscheinlich fragte er sich innerlich noch immer, ob sie dumm war, weil sie vorhin die entsprechende Aussage geliefert hatte, die ein bisschen mangelnde Intelligenz nahelegte. Wäre ja nicht die erste dieser Art ihrerseits... Aber er sagte nichts, bat stattdessen nach ihrer Hand, kaum hob sie den Blick an und begegnete damit seinem. Ihre Stirn zog sich etwas verwirrt zusammen und sie brauchte ein, zwei irritierte Sekunden, um der Bitte Folge zu leisten. Hob dann ihre Hand von Victors Bein, und griff damit nach Mitch's Fingern. Entgegen ihrer Befürchtung tat er das scheinbar nicht, um ihr nochmal ein heiliges Versprechen abzuverlangen, mit dem sie schwor, in Zukunft besser über ihre Geheimnis zu wachen. Nein, er fragte nach einem ganz spezifischen Gespräch an einem ganz spezifischen Tag. Sie erinnerte sich daran. Aber sie erinnerte sich auch daran, dass sie sehr viel gesagt hatte damals, auf diesem Balkon, im Versuch, irgendwas zu retten, wieder gut zu machen und zu verbessern. Wie viel davon letztendlich hilfreich gewesen war, wusste sie nicht. Aber mindestens etwas schien hängengeblieben zu sein, wenn Mitch es genau jetzt wieder ausgrub. Ihre Augen fielen auf ihre Hände und dann zurück in sein Gesicht. Fragend, ein bisschen unsicher. "Ich... ich weiss nicht... Soweit ich mich erinnere, habe ich damals ziemlich viel gesagt...", antwortete sie, kam offensichtlich selbst nicht drauf, an was genau sie sich erinnern sollte. Aber wenn er damit anfing, ging sie davon aus, dass er sie gleich aufklären würde und ihr sagte, was sie damals erzählt hatte, das in der unangenehmen Situation, die sie hier mal wieder teilten, eine Relevanz haben könnte.
Oh ja, sie hatte einen Wasserfall an Worten ausgespuckt und ich hatte fest vor, mich dafür jetzt zu revanchieren. Trotzdem erinnerte ich mich noch an beinahe jedes ihrer Worte und genau deswegen zuckte ein flüchtiges Lächeln über meine Lippen, als sie es erwähnte. Nicht vieles davon waren für mich leere Worte gewesen, obwohl sie sich beinahe verzweifelt den Mund fusselig geredet hatte im Versuch, mir all die Dinge aufzuzeigen, die ich damals nicht mehr hatte sehen können. “Eins der ersten Dinge, die du gesagt hast, war, dass du mich eigentlich gar nicht richtig kennst…” Ich hatte sie gezielt danach gefragt, was sie von mir hielt. In der völlig falschen Intention, dass sie meinen Selbsthass weiter befeuern und mir damit einen Grund mehr geben würde, von der nächstbesten Brücke zu springen. Stattdessen war ich jetzt aber immer noch hier und konnte ihre Hand halten, im verzweifelten Versuch, ihr Irgendwas zurückzugeben. “...und trotzdem hast du mir sofort deine Hand gereicht. Mir schon da alles vergeben und mir sogar nachdrücklich angeboten… ein Teil eurer Familie zu sein, wenn ich das möchte.” Ich sah kurz zu Aryana, dann nochmal zu Victor und im Anschluss wieder zu Faye. Vielleicht waren wir Vier nicht viel. Trotzdem waren wir mehr Familie, als ich geglaubt hatte, jemals haben zu können. “Du hast mich darum gebeten, es nochmal zu versuchen, mit allem was ich habe… mir gesagt, dass du am selben Punkt gestanden hast, weil ich sagte, dass ich keinen Sinn mehr sehe.” Ein bisschen sehr viele Offenbarungen für die zwei Personen in diesem Boot, die damals nicht Teil der Konversation gewesen waren. Aber Victor wusste wohl am besten, wie schlimm es einst um Faye gestanden hatte und vor Aryana brauchte ich das auch nicht totzuschweigen. Sie hatte schließlich meinen Nervenzusammenbruch am Morgen danach auf unserem Balkon selbst mitbekommen. Wir waren alle kaputt, auf die eine oder andere Art. “Das meiste davon wollte ich gar nicht hören und trotzdem hast du nicht aufgehört, gegen die Wand in meinem Kopf zu reden… und du bist durchgekommen.” Es hatte eine Weile gedauert, bis ich es bemerkt hatte. Doch Faye hatte mit all ihren Worten und ihren nach außen getragenen Gefühlen wirklich ein paar Punkte in meinem Kopf getroffen, die mir schwer zu denken gegeben hatten. Sie hatte damit zwar sicher auch zu dem anschließenden Nervenzusammenbruch unter Alkoholeinfluss beigetragen – eben gerade weil sie mich so aufgewühlt hatte – doch der war rückblickend betrachtet einfach nötig gewesen. Die Dämme hatten brechen müssen, damit ich sie danach neu aufbauen konnte. “Ich bin sicher kein Vorzeigefreund, aber ich… ich versuche das bis heute noch. Mit aller Kraft daran festzuhalten, dass ich die Person sein kann, die du damals schon in mir gesehen hast, obwohl du mich kaum kanntest… die auch Aryana in mir sieht, obwohl sie von meinen üblen Seiten am allerwenigsten verschont bleibt.” Nochmal ein kurzer Seitenblick zu meinem Partner in Crime, bevor ich Faye wieder direkt aus klaren Augen ansah. “Ich habe heute mehr zu verlieren als jemals zuvor. In Syrien, als ich euch im Hügel eingesammelt habe… da war mir egal, ob ich sterbe. Wirklich. Deine Schwester hatte sich vorher von mir abgewandt. Es... hat unendlich weh getan und ich wollte, dass das aufhört. Auf die eine oder die andere Art… und diesmal ist das nicht so. Wegen Aryana, natürlich, aber auch wegen dir und Victor. Für Andere mag dieser kleine Kreis hier nicht viel sein, aber für mich… ist es alles, was ich habe… alles, was ich auf keinen Fall verlieren möchte… und du hast mir das einfach so ohne zu zögern angeboten, als wäre es eine Kleinigkeit. Dafür bin ich dir bis heute noch unheimlich dankbar. Für alles, was du gesagt hast.” Ich stockte mehrmals leicht und sah auf unsere Hände runter. Streckte auch die anderen Finger noch nach Fayes aus, um ihre Hand mit meinen beiden zu umschließen. “Ich hab deine Hand irgendwann heimlich und stillschweigend genommen", weil ich für alles andere zu stolz war, "also halt’ dich jetzt bitte an meiner fest, wenn ich dir sage, dass ich weiß, dass du diese Tage besser durchstehen wirst, als du jetzt glaubst. Weil du immer stark bist, für die Menschen, die dir wichtig sind… so wie an diesem Tag, als du deinen eigenen Schmerz runtergeschluckt hast, weil du meinen gesehen hast… und im Gegenzug tu’ ich alles dafür und glaube auch fest daran, dir deine Schwester heil zurückzubringen.”, weil ich mit jeder Faser meines Körpers daran denken wollte und musste, dass Aryana sich damals nicht falsch entschieden hatte, als sie mich als den einen ausgesucht hatte. Dass ich eine Bereicherung für ihr Leben und auch für das von Faye und Victor sein konnte, wenn ich nur erstmal an einen Punkt kam, an dem ich dafür genug Luft holen und Anlauf nehmen konnte. “Und mich selbst natürlich auch, damit hier Niemand jemals wieder auf meinen bodenlosen Humor verzichten muss. Das war schließlich alles, was uns im Krankenhaus damals noch zum Lachen bringen konnte, als alles irgendwie beschissen war.” Ich lächelte ein wenig. Sehr vorsichtig, aber schon auch ein winziges bisschen zuversichtlich. Auch das hatte Faye damals auf dem Balkon nämlich erwähnt: Dass ich immer wieder bei ihr und Victor vorbeigeschaut hatte, als sie halbtot auf Schmerzmitteln in ihren Betten gelegen hatten und ich mich wieder einigermaßen bewegen konnte, wegen der Schulter aber noch außer Gefecht war. Die jüngere Cooper war ein Mensch, der sowas nicht vergaß und ich bewunderte sie dafür, wie sehr sie an solchen vermeintlichen Kleinigkeiten festhalten konnte, wenn sie dachte, dass es das Richtige war. Ich kreidete immer nur Allen ihre Fehler an. Sie hingegen versuchte, das Gute zu sehen. Vielleicht war das alles ein zu großes, indirektes Versprechen. Vielleicht litt ich da gerade wieder an der chronischen Selbstüberschätzung, die gefühlt immer dann eintrat, wenn ich einfach tat, was getan werden musste. Trotzdem wollte ich, dass Faye das alles wusste. Dass sie mir unwissentlich eine ganze Menge mit auf den Weg gegeben hatte und wie dankbar ich für diesen oft stummen, aber trotzdem existenten Rückhalt war. Dass sie tatsächlich viel mehr Einfluss auf mich gehabt hatte, als sie sich damals laut eigener Aussage überhaupt erhofft hatte. Ich war immer noch hier. Nicht gesund, aber am Leben genug, um diesen Kampf erfolgreich ausfechten zu können – für alles, was danach auf mich wartete. Auf mich und Aryana, auf mich und diese überaus wackelig stehende Familie.
Ihre braunen Augen wurden immer grösser, je mehr Worte Mitch verlor. Irgendwann presste sie die Lippen aufeinander im Versuch, die eigentlich kaum mehr aufzuhaltenden Tränen doch noch zu stoppen. Spätestens, als er sie dann aber darum bat, sich nun an seiner Hand festzuhalten und er ihr versicherte, dass sie das, was bevorstand, besser durchstehen würde, als sie jetzt glaubte, ging auch das letzte bisschen Selbstbeherrschung flöten und die Tränen tropften fast umgehend über ihre Wangen hinab auf den nassen Boden des Boots. Sie hatte erwartet, dass er ihr irgendwas ans Herz legen wollte, Bezug nahm auf einen Satz, den sie einmal gesagt hatte und der hängen geblieben war. Nicht, dass er sich an alles erinnerte. Dass er ihr jetzt, ziemlich genau zwei Jahre später, sagen wollte, dass das eine Rolle gespielt hatte. Theoretisch waren es keine Neuigkeiten, dass sie vier eine Familie waren - das hatten sie schon lange beschlossen. Aber trotzdem hatte es eine andere Wirkung, wenn Mitch es nun hier noch einmal betonte, noch einmal so klar unterstrich, dass Aryana, Victor und Faye die Gründe waren, weshalb er nicht zum Sterben nach Paraguay ging, sondern um ihnen allen eine gemeinsame Zukunft zu schaffen. Eine glückliche gemeinsame Zukunft. Faye klammerte sich an seine Finger, hielt den leicht verschwommenen Blick unentwegt in seine hellen Augen gerichtet, während er sprach. Sie blinzelte immer mal wieder die Tränen weg, wollte sich aber nicht abwenden, solange er sprach. Tat stattdessen, wie ihr geheissen und hielt sich an ihm fest, als wäre das bereits der Moment, in dem sie ohne Hilfe mal wieder zu ertrinken drohte. Sie war schon fast dabei, ihm zu widersprechen, als Mitch betonte, alles dafür zu tun, dass Aryana wieder nachhause kam. Wollte schon dazu ansetzen, ihm sehr dringlich ans Herz zu legen, dass er nicht nur Aryana, sondern eben auch sich selbst retten sollte. Mitch kam ihr aber zuvor und die Art, wie er es sagte, entlockte ihr einen Laut zwischen Schluchzen und Lachen. Sie hob ihre freie Hand, um sich fahrig über die Wangen zu wischen, senkte dabei für einen Moment den Blick, bevor sie ihn wieder anschaute. Auch ihre zweite Hand legte sich nun um seine und für ein paar lange Sekunden sagte sie einfach gar nichts, hielt sich nur an ihm fest und liess die vielen Worte auf sich wirken. Er hatte wohl gerade das geschafft, was er sich bei diversen früheren Gesprächen manchmal ein bisschen gewünscht hatte: Sie war sprachlos. "Danke...", hauchte Faye irgendwann, als sie ihre Stimme wiederfand und das Risiko, in haltloses Schluchzen auszubrechen, sobald sie den Mund aufmachte, langsam tragbar wurde. "Danke für alles. Für deine Worte und dass du auf Aryana aufpasst und auf dich... und dass du zu unserer Familie gehörst", sie versuchte sich ebenfalls an einem kleinen, zögerlichen Lächeln, das ihre Mundwinkel noch sehr zurückhaltend umspielte, ihren Augen aber doch eine ehrliche Wärme verlieh. "Ich habe bis vor zwei Jahren nicht geglaubt, dass ich nochmal einen Bruder finden würde, der mir so viel bedeutet... Aber unsere Familie wäre nicht vollständig ohne dich und... und ich bin froh, dass wir alle vier uns gefunden haben.", nun blinzelte sie zum ersten Mal, seit Mitch ihre Hand genommen hatte, auch wieder zu Victor und dann zu Aryana. Löste die zweite Hand wieder von Mitch, um sie stattdessen um Victor zu legen, der noch immer dicht an ihrer Seite sass. "Dass wir hier sind und einander haben und wenn es manchmal wie das Einzige wirkt, was uns bleibt... Und ich freue mich, wenn ihr... wenn ihr endlich frei sein könnt und alles gut wird...", und sie wollte zuversichtlich sein und daran glauben, dass alles genau so ausgehen würde, wie sie es sich wünschten. Dass sie alle vielleicht endlich aufhören konnten, sich ständig so viele Sorgen um ihre Familie zu machen...
Da hat Faye mal eben kurz braune Augen gekriegt. <.< xD Hab grad zufällig gelesen, dass sie irgendwann mal eine Segeltour machen will (laut Notizen) und dass das ja gar nicht mal soooo schlecht passt mit Vickys neuem Interesse für… naja, Bootsfahrten. :’D __________
Eigentlich brachte ich Menschen nicht gerne zum Weinen. Nicht mehr. Auf diese Weise war’s aber okay. Es tat auch ein bisschen weh, wenn Faye anfing zu weinen, weil sie sich freute, aber es war eine befremdlich angenehme Art von emotionalem Schmerz. Nicht die, die sich für die nächsten zwanzig Jahre pechschwarz auf die Seele legte, sondern die Sorte, die einen im Nachgang seltsam beflügelte. Die beim Abflug ein bisschen was von dem ganzen anderen Schmerz aufwirbelte und mitnahm. Es war die einzige Art von Schmerz, die sich noch von allem anderen abzuheben schaffte. Es war jedoch Fayes leicht irritiertes Lachen, das es letztendlich schaffte, das Lächeln in meinem Gesicht fester zu verankern. Der Moment, der danach kam, wurde mir ab einem gewissen Punkt – als es schon zu lange still war – wieder etwas unangenehm. Ich hatte an dieser Stelle noch nichts weiter zu sagen und so hielt ich Fayes Hand weiter fest, spürte ihre zweite auch noch und musste mich selbst daran hindern, mich noch nicht zurückzuziehen. Als die jüngere Cooper den Mund schließlich wieder aufmachte, hatte ich dadurch etwas, auf das ich mich konzentrieren konnte. Ich hab’ deine Schwester in diese ganze Scheiße reingezogen, wofür genau dankst du mir da eigentlich? Es war der erste Gedanke, der mir kam und auch der erste, den ich zu ersticken versuchte. Das gehörte eindeutig zu den ungesunden Denkmustern, die ich dringend loswerden musste. So oder so verpuffte das sofort, als Faye mich wortwörtlich ihren Bruder nannte und das auch noch in eine Relation setzte, die wiederum mir die Sprache verschlug und sie mich mit leicht geweiteten Augen ansehen ließ. Ich war mir darüber klar, dass ich nicht Julian war und ihn auch niemals ersetzen konnte oder wollte. Sie wünschten sich ihn sicher beide zurück, so wie ihre zu früh gestorbenen Eltern. Aber wenn ich in dieser Sache einen definitiv spürbaren Unterschied für Faye machen konnte, dann war das mehr, als ich mir ursprünglich einmal erhofft hatte. “Bedeutet mir viel… dass du das sagst.”, kamen mir etwas undeutlich gesprochene Worte über die Lippen, begleitet von einem vielleicht minimal überforderten Lächeln. Ich würde wohl auf ewig etwas unbeholfen damit umgehen, wenn mich Jemand offenkundig mochte. Außer bei Aryana, das war was anderes. Sie war wie ich. Ich löste ebenfalls wieder eine Hand von Fayes, um sie stattdessen nach Aryanas Fingern auszustrecken, meine mit ihren zu verschränken und ihr einen etwas längeren Blick zu schenken. Allem voran ihr hatte ich diese sonderbare Adoption zu verdanken und ich war froh darüber, dass sie mich nie hatte spüren lassen, es jemals als Fehler empfunden zu haben.
Erst war ich irritiert davon, dass Mitch nach der Hand meiner Freundin verlangte. Anschließend war ich perplex darüber, dass er – wenn er es denn ausnahmsweise mal wollte – durchaus sehr gekonnt um zerbrechliche Gemüter herumtanzen konnte, statt darauf rumzutrampeln. Ganz gleich, ob er diese Art von Taktgefühl in den letzten Jahren nur wiedergefunden oder neu erlernt hatte, war ich ihm aber unheimlich dankbar dafür, dass er die Karte jetzt ausspielte, obwohl er sich stellenweise merklich schwer damit tat. Es lenkte nicht nur Fayes Gedanken erfolgreich in eine andere Richtung, sondern auch meine. Mein Kopf machte einen kurzen Exkurs in die Vergangenheit und ich wusste noch, wie gleichermaßen entsetzt und wütend er mich mit seinem Auftritt in unserem Wohnzimmer gemacht hatte. Wie verwirrt Aryana und ich von der Kehrtwende danach waren und zwangsläufig unser eigenes Gespräch geführt hatten. Faye hatte mir damals direkt im Anschluss gesteckt, wie schlecht es um Mitch gestanden hatte. Wir hatten uns beide Sorgen gemacht, auch um Aryana. Hilfe angeboten, die ja doch wieder nicht so wirklich angenommen wurde, weil das Paar grundsätzlich alles lieber selbst machte. Doch anders als damals ließen sie sich jetzt unter die müden Arme greifen – nicht unbedingt von einem von mir bevorzugten Teampartner, aber wenn Ryatt sie tatsächlich da rausbekam, dann… dann wäre das ein guter Grund für mich, den letzten vorhandenen Funken Kriegsbeil doch noch zu begraben. Ich erwiderte Fayes Blick mit einem kleinen Lächeln, als sie sich mir schließlich für einen Moment zuwandte. Verstärkte meinen Griff um ihre Taille kurzzeitig, als Geste für meine vorerst noch stumme Zustimmung und Beistand, der Tränen wegen. Ich kam trotzdem nicht umhin, eine relativ trockene Ecke meines Handtuchs anzuheben und ihr ein paar noch verbliebene feuchte Stellen an der Wange abzutupfen. Im Augenwinkel konnte ich sehen, dass sich Mitchs zweite Hand ebenfalls von Fayes Fingern löste. Deshalb sah ich zu ihm rüber, als ich auch das Handtuch wieder sinken ließ. “Na dann bin ich jetzt doch froh, dass ich dich damals nicht rausgeschmissen hab.” Da war ein minimaler humorvoller Unterton in meiner Stimme, für mehr reichte es in diesem Moment noch nicht. Ich lächelte ihn jedoch ehrlich an und er begann den Kopf abwägend, langsam hin und her zu kippen. “Ich werd’ euch beide dran erinnern, was ihr gerade gesagt habt, wenn ich euch das erste Mal so richtig auf die Nerven gehe, weil ich keine Ahnung habe, wie man… normal lebt. Vielleicht brauch’ ich da auch wieder ein paar Ratschläge.” Er grinste schief und ich zog die rechte Augenbraue nach oben. Ja, jetzt wo er es sagte, da fiel es mir schon irgendwie schwer, ihn mir in irgendeiner völlig normalen beruflichen Tätigkeit vorzustellen. Oder auch nur in einem Supermarkt beim Einkaufen… wohl noch am ehesten in einem Gym, weil er da die Energie loswerden konnte, die er aktuell eher nicht mehr – oder viel mehr noch nicht wieder – versprühte. Aber das war mit Aryana alles ähnlich. Es würde bestimmt etwas dauern, aber sich an einen verhältnismäßig gewöhnlichen Lebensstil zu adaptieren, schien mir eine vergleichsweise kleine Herausforderung für die beiden zu sein.
Crazyyyy was dieses Sonnenunterganglicht doch alles macht… x’D Oh mannnn mein Gehirn ist halt echt nicht auf der Höhe I guess. x‘D Und das ist wild, daran erinner‘ ich mich nicht. Klingt nach ner Ryatt-influenced Idee aber ok, dann sind sie halt jetzt beide plötzlich Boots-interessiert. xDD Hab eh festgestellt, dass Vicky und Aryana keine Hobbies haben. Heisst das, ich kann jetzt ein paar Boote und ocean enthusiast quotes bei Vicky aufs Board packen? XDD __________
Sie hatte es noch nie so ausgesprochen, es sich vielleicht auch nie selbst so genau überlegt. Natürlich war Mitch nicht Julian, allein schon darum nicht, weil er Aryanas Freund war. Auch charakterlich unterschieden die beiden sich in sehr vielen Punkten - wenn auch nicht so vollkommen grundsätzlich, wie Mitch vielleicht dachte, falls Aryana sich noch nie vertiefter mit ihm über ihren verstorbenen Zwillingsbruder unterhalten hatte. Aber trotzdem war sie sich sicher, dass sie die Worte so meinte, wie sie sie ausgesprochen hatte. Sie liebte Mitch wie einen Bruder und er bedeutete ihr so viel, wie es nur Familie tun konnte. Wegen allem, was er für Aryana war und für Aryana getan hatte - aber eben auch genauso sehr für alles, was er für Faye war und für sie getan hatte. Direkt und indirekt, als er sie mehrmals gerettet hatte, zum Beispiel. Aber eben auch, bei den diversen Unterhaltungen. Die zwar nicht immer sanft abgelaufen waren, ihr aber umso mehr geholfen hatten, den Blickwinkel zu wechseln, weil er so gar nicht gleich tickte wie sie. Das war übrigens auch heute wieder der Fall - denn obwohl Faye sonst prinzipiell wohl noch immer die optimistischste Person hier an Bord war, hätte sie vorhin um ein Haar wieder viel zu schnell die Hoffnung verloren und sich in der Dunkelheit der Möglichkeiten verloren. Ihr kleiner aber feiner Viererkreis hier war geprägt von gegenseitigem Kryptonit und es lag schon lange auf der Hand, dass sie nur zusammen gewinnen konnten. Dass sie alle fielen, wenn einer von ihnen aufgab. Und dass sie alle einen Schritt vorwärts machten, wenn es einem von ihnen gut ging. Das war sicher auch einer der vielen Gründe dafür, weshalb diese Mission nur gelingen durfte. Aber das wussten sie alle. Und Mitch und Aryana wirkten, als wäre die Chance auf Erfolg real, greifbar. Als wären sie sich ihrer Sache sicher. Also war es an Victor und Faye, ihnen darin zu vertrauen. Eben mit allem, was sie hatten und dem Wissen, dass ihr Schicksal damit zu grossen Teilen auch in den Händen des anderen Paares lag. Die Brünette blickte zu Victor, als dieser sein Handtuch anhob, um ihr die Tränen der Überforderung von den Wangen zu wischen. Sie lächelte ihn sachte an, aus Dankbarkeit und weil sie ihm versichern wollte, dass das Weinen gleich wieder ein Ende fand. Dann lehnte sie ihren Kopf an seine Schulter, lauschte seinen Worten, die in die sich langsam wieder lösende Stimmung passten. Die Problematik des normalen Lebens im Anschluss an Easterlins Knechtschaft würde sicher auch früh genug auf sie zukommen. Aber Faye wollte hoffen, dass es dabei keine so grossen Probleme geben würde. Dass die Zeit zeigen würde, wie genau das alles weitergehen sollte. In dem Sinne war es sicher gut, dass Mitch und Aryana ein finanzielles Polster aus den letzten Jahren mitnehmen konnten, das zumindest den zeitlichen Druck der Karriereplanung ein bisschen linderte. "Ich werd' wohl zwischenzeitlich einen Alltagsguide für euch vorbereiten müssen, damit es gar nicht erst dazu kommt, hm..? Keine Sorge, natürlich offline, analog, in einem Tagebuch mit aufbruchsicherem Vorhängeschloss" - sie machte den gleichen Fehler immerhin nicht zweimal innerhalb von fünfzehn Minuten - "Mit Lifehacks by Faye...", sie schielte zu Victor hoch "vielleicht mit Unterstützung von Vicky, dem Karriere-Pro.", lächelte sie, hauchte einen sanften Kuss auf seine Schulter und blickte zurück zu Mitch und Aryana. "Von meinen Karrieretipps könnt ihr wohl nicht so viel profitieren, beinhalten eher so ein Berufswunsch, den ihr bereits im Alter von zehn, fünfzehn Jahren gehabt haben solltet und der bis heute gleich geblieben ist... Wird wohl schwierig.", sie zuckte schwach mit der linken Schuler, weil dieser Lebensweg offensichtlich nichts für irgendwen anderes als sie auf diesem Boot war. Aber das war schon okay, sie würden sicher irgendwas finden.
Es ist dir in deinem Zustand definitiv nachzusehen. :'D Ich glaub auch, dass das bestimmt daraus entstanden ist, weil die mehr als einmal so Zukunftskonversationen hatten und über ihre Interessen usw geredet haben. Wusste das aber auch nicht mehr, bis ichs in den Notizen gelesen hab... :'D Und ja, i guesssss das kannst du tun. Damit er auch irgendwie mal... ein Leben kriegt, lel. Hatte mir allerdings auch schon überlegt, ob er irgendwann vielleicht doch wieder Motorrad fährt (nicht sehr regelmäßig, eher mal zwischendurch wenn er mehrere freie Tage am Stück hat und auf ganz entspannt cruisen). Weil das sicherlich 'ne Sache wäre, für die Mitch sich auch begeistern könnte und das die beiden mal mehr in eine Kiste schmeißen würde, unabhängig von der automatisch entstandenen Verschwägerung durch die Cooper Girlies. Weil die haben immer gefühlt NICHTS gemeinsam und irgendwo hätte ich dann doch gern mal eine Verbindung hergestellt. Mitch und ganz in Ruhe immer wieder auf einem Boot rumhocken ist halt irgendwie auf Dauer nicht so das, wo ich ihn sehen würde... x'D und die Security Firma hat dann jetzt final einen Namen bekommen, weil mich die Umschreibungen langsam nerrvvvennnnnn. >.< __________
Ich hauchte Faye noch einen kleinen Kuss aufs nasse Haar, bevor ich wieder damit anfing, über ihre Seite zu streicheln. Meine Blicken galten weiterhin dem gegenübersitzenden Paar, als die zierliche Brünette neben mir gedanklich schon an den nächsten Tipps für unsere aus der Kurve geflogenen Freunde saß. Ich musste unwillkürlich lächeln, weil ich mir ihre Ausführungen etwas zu gut bildlich vorstellen konnte… zumindest bis sie mich in dieses noch imaginäre Tagebuch reinzog und mich als ein gutes Beispiel für die erfolgreiche Beschreitung eines gewollten Karrierepfads beschrieb. Ich legte den Kopf schief und verzog nachdenklich das Gesicht, erwiderte kurz ihren Blick und sah dann über die Köpfe der anderen beiden in den Himmel. Natürlich hatte ich gezielt darauf hingearbeitet, da hinzukommen, wo ich jetzt stand. Arbeitete auch weiterhin daran, mich sobald wie möglich in ansatzweise sichere Selbstständigkeit abzusetzen, damit am Ende des Monats dann mehr für Faye, unser Irgendwann-Vielleicht-Kind und mich übrig blieb. Allerdings baute meine Einstellung bei der SGA – StrongGate Agency – auch auf Kriterien abseits meines Könnens. “Können wir das irgendwie anders nennen? Meine überdurchschnittliche Körpergröße und mein…” Ich suchte ein Wort, das nicht implementierte, ich entspräche irgendeinem Schönheitsideal. “...sehr gepflegtes Äußeres haben mir bei der Anstellung mitunter ziemlich in die Karten gespielt.”, stellte ich ein bisschen trocken fest. Natürlich war da auch noch die Kampferfahrung aus der Army und mein geübt professionelles Auftreten ganz generell. Ich stellte ein attraktives Gesamtpaket dar, wenn man gekonnt ausblendete, dass ich lange mit den Folgen des Krieges zu kämpfen hatte. Mich trotzdem in ausgerechnet so einer Branche ausbreiten zu wollen, war angesichts dessen ziemlich mutig und zeugte von Entschlossenheit. Meine Optik war halt aber auch etwas zu perfekt für die sehr noblen Kunden der Firma. Die Narben, die ich im Hals- und Kopfbereich aufwies, waren dabei eher ein Pluspunkt, als negativ behaftet, solange mein Gesicht verhältnismäßig unversehrt aussah. Die ganzen richtig schlimmen Narben wurden vom Anzug oder Hemd verdeckt und spielten dementsprechend keine Rolle. Mitch schüttelte den Kopf und schnaubte amüsiert. “Man darf auch einfach mal Glück haben, Victor." Davon hatte ich in den letzten Jahren gefühlt sowieso nicht genug abgekriegt. "Es reicht vermutlich auch schon, wenn du meine schlechten Bewerbungen korrigierst. Wenn ich dann irgendwann vielleicht mal weiß, was ich machen will… auf meine Optik können wir definitiv nicht bauen.”, was ihn nicht störte, dem Klang seiner Stimme nach zu urteilen. Die vielen Tattoos bis auf den Kopf waren wahrscheinlich wirklich nicht hilfreich, in vielen Metiers nicht. Aber er würde seine Nische schon finden. Genauso wie Aryana. Mitchs Blick schwenkte zurück zu Faye. “Hast du Tipps dafür, wie man die Gänge blockierenden Rentner beim Einkaufen am Wochenende aus dem Weg räumt? Die könnt’ ich manchmal echt…” Sein kurzzeitig funkelnder Blick sprach Bände, obwohl er den Satz offen stehen ließ. “Apropos: Ich krieg’ jetzt doch langsam Hunger, Schwimmen ist anstrengend… für einen Kardio-Krüppel wie mich zumindest.”
Thanks for se Verständnis, aktuell hab ich aber nur noch Ibu intus und halt so Sachen wie Magenschoner und Blutverdünner - wir hoffen, dass es besser wird. XD Jaja, ich erinnere mich vage an das Gespräch zwischen den beiden. Auch wenn ich nicht mehr ganz nachvollziehen kann, wie ich auf die Idee kam, Faye würde gerne Segeln... da hab ich wohl auch etwas konsumiert haha. x'D Hatte den gleichen Gedanken gestern auch, gefühlt hat Mitch mehr Zeit mit Faye verbracht / einen engeren Draht zu ihr als zu Vicky. x'D Die müssen schon noch etwas Bro-Time geniessen, um mal ein bisschen zu bonden, bin also für das Wiederaufleben des Motorrad-Hobbys, irgendwann dann, wenn alle safe in in L.A. sind. x'D Oder alternativ begleitet Mitch Vicky einfach aufm Jetski bei seinen Bootsausflügen, hihi. ______________
Es gab gefühlt jeden Tag ein paar kleine und ein paar grosse Momente, die Aryana vor Augen führten, wie sehr Mitch sich verändert hatte, seit sie sich kennengelernt hatten. Wenn er neben ihr im Bett die Augen aufschlug. Wenn er sie küsste. Wenn er ihr sagte, wie er sich fühlte. Wenn er sie in den Arm nahm, weils ihr schlecht ging. Wenn er stumm mit dem Kiefer mahlte aber kein Wort von sich gab, nachdem mal wieder ein Vorgesetzter irgendwas Unnötiges gesagt hatte. Wenn er sie fragte, was sie brauchte. Wenn er ihr versicherte, dass sie eine Zukunft haben konnten. Wenn er ihr übers Haar strich und ihr die Ewigkeit versprach. Trotzdem gehörte das, was sich gerade vor ihren Augen abgespielt hatte, eindeutig zu den schönsten Beweisen dafür, dass sie den absolut richtigen Mann an ihrer Seite hatte. Vor ein paar Jahren wäre wahrscheinlich schon eine normale Konversation zwischen Mitch und Faye schwierig gewesen - eine normale Konversation zwischen einem gestressten Mitch und einer aufgewühlten Faye absolut undenkbar. Und jetzt? Hielt Mitch Fayes Hand, zitierte Dinge, die vor zwei Jahren gesagt wurden und versprach, dass er Aryana und sich selbst heil durch ihre nächste - hoffentlich letzte - hochriskante Aktion brachte, damit sie am Ende endlich alle zusammen glücklich werden konnten. Und Faye hatte wieder einen Bruder, der klammheimlich und schleichend einen Schmerz gelindert hatte, von dem sie alle geglaubt hatten, er würde für immer in seinem hässlichsten Ausmass bestehen. Aryana wusste gar nicht, was sie in diesem Moment alles fühlen sollte. Es war definitiv zu viel, definitiv mehr, als sie jetzt verarbeiten konnte. Schon nur der Gedanke an ihren Zwillingsbruder, der von irgendwo auf sie herunter lächelte und sich mit ihnen freute, war überfordernd in diesem Moment. Weil sie wusste, dass Mitch auch für Julian zur Familie gehören würde. Und weil sie sich hier zum ersten Mal tatsächlich so fühlte, als wäre das, was sie sich schon so lange so sehr wünschte - ein glückliches Leben mit Mitch und Faye und Victor - tatsächlich in greifbare Nähe gerückt. Sie konnte es schon fast auf der Zunge schmecken, der Duft hing ihr in der Nase und die Vorstellung streichelte sanft ihr verwundetes Herz. Als Ryatt in ihrem Wohnzimmer gesessen hatte, hatte sie gesehen, dass es ein Plan war, der funktionieren konnte - wenn sie sich anstrengten und hundert Prozent bei der Sache waren. Als sie nochmal mit Mitch darüber geredet hatte, war sie sich sicher gewesen, dass es gemeinsam möglich war. Aber erst hier, im Kreise ihrer Familie, wurde ihr wirklich klar, was es bedeutete und wie es sein würde, wenn sie das geschafft hatten. Und Aryana war sich sicher, dass es genau das gewesen war, was sie gebraucht hatten. Dieser Ausflug hierher, auch wenn er für Faye und Victor mit teilweise schmerzhaften Neuigkeiten verbunden war, war nötig gewesen, um ihnen ganz genau vor Augen zu führen, wofür sie kämpften und wofür sie siegen mussten, leben wollten. Aryana war froh, dass sie ein paar Sekunden Zeit hatte, sich selbst wieder zu fangen, während die überwiegende Aufmerksamkeit sowieso auf Mitch und Faye lag. Als ihr Freund nach ihrer Hand griff, umschloss sie diese ohne zu zögern mit leichtem Druck, hielt sich zugleich an ihm fest, wie sie ihm auch vermitteln wollte, dass sie stolz auf ihn war. Weil er mehr gesagt hatte, als sie Worte gefunden hätte und dabei genau den Nerv getroffen hatte, den sie erfolglos gesucht hätte. Sie sagte nichts dazu - nicht jetzt, zumindest. Es reichte, wenn Faye vorübergehend weinte und Aryana konnte nicht versprechen, dass sie bei der Familienthematik keine Tränengesellschaft leisten würde, solange sie sich so fühlte. Es war also ganz gut, dass die anderen es im Anschluss erfolgreich schafften, ihr kleines Boot wieder in harmlosere Gewässer zu steuern. Irgendwann in ein paar Monaten mochte hier auch ein Sturm warten, gerade waren die Zukunftsphilosophien aber noch wunderbar unbelastet und damit genau das, was sie jetzt brauchten. Letztendlich war es dabei auch egal, wer mit den Lebens- und Karrieretipps dienen konnte - Fakt war, dass sowohl Faye als auch Victor definitiver erfolgreicher und strukturierter in der Lebensgestaltung unterwegs waren als Mitch und Aryana mit ihrem ewigen Chaos. Vielleicht auch ein bisschen typengeschuldet. "Super Idee. Ihr könnt direkt eine Bewerbungswerkstatt für uns eröffnen. Meine letzte Bewerbung war die für die Army, und wir wissen alle, dass diese Anforderungen nicht dem üblichen Massstab der Arbeitswelt entsprechen", meldete sie sich schliesslich doch wieder zu Wort, schrieb sich ungefragt ebenfalls für den Nachhilfeunterricht im Bewerbungs-ABC ein. Für seine Bemerkung zur nicht gesellschaftskonformen Optik, wenn man es denn so nennen wollte, erntete Mitch einen nicht sehr einverstandenen Seitenblick von Aryana. Auch wenn sie ihm nicht wirklich widersprechen konnte, weil er eben offensichtlich nicht dem cleanen Look von Victor entsprach, musste sie ihm wenigstens mit einem kurzen Bodyscan von Kopf bis Fuss mitteilen, dass sie trotzdem der Meinung war, dass er der heisseste der Pi mal Daumen vier Milliarden Männer auf dem Planeten war. Tat sie selbstredend nicht, weil er die Bestätigung brauchte, sondern einfach so. "Vielleicht musst du einfach Tätowierer werden, dann passts mit der Optik eigentlich wieder ganz gut.", merkte sie sarkastisch an. Eine weitere Option, die nicht wirklich in Frage kam - sie sah ihn jetzt eher nicht neun Stunden am Tag still und konzentriert sitzen, fremde Menschen begrapschen und ein paar schöne Muster zeichnen. Sie wusste nichtmal, ob er überhaupt zeichnen konnte, wie ihr gerade auffiel. Jedenfalls tat er es nicht leidenschaftlich und das wäre irgendwie doch eine Voraussetzung. Für erste Tipps aus ihrem künftigen Handbuch angesprochen, folgte wenig später seitens Faye eine ähnlich ernstzunehmende Antwort: "Lad' sie auf nen Kaffee ein, dann sind die Gänge im Supermarkt frei", auch wenn Faye die Worte nicht so sarkastisch verpackte, war doch klar, dass sie nicht daran glaubte, dass Mitch ihre Strategie tatsächlich umsetzen würde. Das sagte auch das zuckersüsse Grinsen, mit dem sie den Vorschlag unterstrich. "Und ich dachte, da käme jetzt irgendwas Nützliches wie viel Anlauf holen und mit dem Einkaufswagen losrennen...", gab Aryana sich enttäuscht und verdrehte bei der gewaltfreien Option die Augen. Faye schnalzte daraufhin nur mit der Zunge. "Ich seh' schon, da liegt noch viel Erziehungsarbeit vor uns.", seufzte sie, tätschelte kurz Victors Bein und blinzelte ihn voller Selbstmitleid an, bevor sie sich von ihm löste, um weiter vorne im Boot den Korb mit dem Picknick zu holen. Nicht, dass ihr Kardio-Krüppel vor Hunger noch schlechte Laune bekam.
Ich find so eine Mischung aus Chemie im Körper ist schon völlig ausreichend für kleinere... Systemausfälle. :'D Vielleicht weil (soweit ich mich erinnere) alle Cooper-Kinder irgendwie Schwimmen mochten? Ich glaub Aryana war die, die Angst vorm Abtauchen hatte, aber dann mochten sie See/Meer ja irgendwie trotzdem alle, oder? Das ist aber auch die einzige Herleitung, die ich mir diesbezüglich erdenken konnte... es ist dann zumindest nicht vöööllig weit hergeholt i guess. Schlimm schlimm, völlig vernachlässigt die armen Jungs... und, well, why not both? x'D _________
Ich war froh, als auch Aryana sich ihren Weg ins Gespräch zurückbahnte. Ihre kleinen Gesten hatten mir bereits gezeigt, dass sie mit allem, was ich gesagt hatte, absolut einverstanden war, aber es war doch schöner, dazu auch ihre Stimme zu hören. Dieser Klang gab mir selbst dann noch Sicherheit, wenn sonst alles ins Wanken geriet… und vielleicht brachten wir auch Victor irgendwann ins Taumeln, wenn wir ihm unsere unfertigen Bewerbungen vorlegten und er versuchen musste, irgendwas Positives rauszufiltern. Aryana hatte wenigstens was erreicht bei der Army, das war vielleicht was wert, zeugte von Ehrgeiz. Ich war als Jugendlicher schon von der Schule geflogen und hatte beim Militär riesigen Mist gebaut. Ich konnte ihm das Papier wohl nur mit einem ’Viel-Glück-Handschlag’ überreichen, bevor er es anzündete und was komplett Neues aufsetzte. Ehrlicherweise lief es mir eiskalt den Rücken runter, wenn ich nur daran dachte, den Schulabschluss vielleicht zwangsläufig nachholen zu müssen. Das triggerte Erinnerungen, die ich komplett ausradieren wollte. “Ich werd’ wohl graue Haare dabei kriegen, stell' dich schonmal drauf ein.”, seufzte Victor mit einem übertrieben theatralischen Kopfschütteln und warf einen kurzen Blick in Fayes Richtung. Ich würde ihm da ja widersprechen, aber mir fiel nicht mal was grandios Ironisches dazu ein. Wahrscheinlich würden sie an beiden Bewerbungen mittelmäßig verzweifeln, je nachdem für welche Bereiche wir uns am Ende entscheiden würden. Tätowierer zu werden würde rein optisch perfekt zu mir passen. Da würde ich nicht mal auffallen. Leider fehlten mir dafür ein paar entscheidende Eigenschaften. Dass Aryana mir nebenher und doch so offensichtlich demonstrierte, dass es an meiner Optik in ihren Augen so gar nichts auszusetzen gab, zauberte ein schmales Grinsen auf meine Lippen, das noch anhielt, als ich antwortete: “Ich fürchte, dafür fehlt mir langjährig praktiziertes Zeichentalent und die... bildliche Kreativität… und die Ruhe. Und die Toleranz für idiotische Kunden… muss ich weitermachen?” Eine rein rhetorische Frage. Ganz allgemein würde ich wohl oder übel weiter an meinen Social Skills arbeiten müssen, wenn ich mir nicht auch im Arbeitsleben immer wieder gute Möglichkeiten selbst verbauen wollte. Die Klappe zu halten lag mir nicht, was vielleicht auch ein maßgeblicher Grund dafür war, dass Victors geplante Selbstständigkeit in meinen Ohren ein bisschen wie das Paradies klang. Aber womit könnte ich mich selbstständig machen, ohne bankrott zu gehen? Fayes Vorschlag für die fiesen Rentnerblockaden ließ mich die Augenbrauen nach oben und die Luft etwas scharf einziehen. “Das klingt echt teuer und nach wenig Spaß.” Zumindest auf lange Sicht gesehen, es gab ja nicht nur zwei Menschen im Ruhestand. Erst recht nicht in so großem Städten wie Los Angeles. Da war ich ganz bei Aryana – lieber mit Anlauf wegschubsen. Die bildliche Vorstellung ließ mein Grinsen erneut aufflammen. Fayes Kommentar dazu befeuerte es nur weiter, ebenso der kurze Blickaustausch des Paares gegenüber. “Seht’s positiv… wenn ihr uns beide gerade gebogen kriegt, schafft ihr so ziemlich alles.”, sagte ich schulterzuckend und lehnte mich dann kurz zu Aryana rüber, um ihr einen flüchtigen Kuss auf die fast nackte Schulter zu hauchen. Einfach nur, weil sie längst perfekt für mich war, so wie sie war. Soweit ich informiert war, stand das Kinderthema bei Faye und Victor immer noch schwebend im Raum. Keine Ahnung, ob es da schon Fortschritte gab, aber ich opferte mich gerne als Versuchs-Problemkind im Erwachsenenalter. Bei mir konnte nicht mehr viel schiefgehen, es war jedoch möglicherweise noch die eine oder andere Sache zu retten. Mit viel Ehrgeiz, Geduld und Konstanz zumindest. Es kehrte kurz Ruhe ein, als Victor Wasserflasche verteilte und Faye damit beschäftigt war, den Korb zu arrangieren. Wenig später konnte ich schon nach einer der Pizzaschnecken angeln, die für dieses sehr mobile Picknick ebenso praktisch wie lecker waren. “Eine einzige Sache haben wir uns aber sogar schon fest vorgenommen…”, stellte ich fest, mit noch halb vollem Mund nach dem ersten Bissen. Ich war so gut und schluckte erst runter, bevor ich weitersprach: “Einen Hund… vielleicht ja einen, der langsamen Einkäufern in den Arsch beißt.” Ich schielte im amüsierten Gedanken daran unschuldig zu Aryana rüber. Wir hatten uns schon auf einen definitiv nicht aggressiven Hund geeignet und ich wollte auch gar keinen, der wahllos nach Menschen schnappte. Aber der Gedanke war halt trotzdem unterhaltsam. Schon nur der entsetzten Gesichter wegen.
Ja, das stimmt... hab schon meine Detox-Kur für Anfang Januar geplant, wenn ich dann hoffentlich ganz drogenfrei bin. Spätestens danach sollte Faye wieder mit blaugrünen Augen ausgestattet sein. x'D Ja, das hab ich noch präsent, weil das auch Sinn ergab und ich mir was dabei überlegt habe. War bei der Segeltour sicher nur semi der Fall, aber lässt sich sicher irgendwie begründen. x'D Say no more, dann such ich neben Motorrädern auch gleich noch paar Jetskis raus. Sonst noch Wünsche, die ich in meiner aktuell chronischen Langeweile erfüllen kann? x'D ____________
Sie widerstand knapp dem Bedürfnis, ihre Hand nach Victors aktuell noch sehr makellosen Haarpracht auszustrecken, um schon jetzt bedauernd durch die dunklen Strähnen zu streichen. Aber so schlimm würde das alles bestimmt nicht werden, weshalb sie stattdessen nur ebenfalls seufzte und sich zumindest in dieser Hinsicht relativ entspannt zeigte. "Nach den zahllosen nervenaufreibenden Akten in dem endlosen Drama unseres Lebens fällt es mir wirklich sehr schwer, zu glauben, dass es ausgerechnet eure Bewerbungen sein werden, die diese Haarpracht in die vorzeitige Alterung schicken könnten.", äusserte Faye sich ein bisschen skeptisch gegenüber dem Ausmass der Problematik. Sie sah die Schwierigkeit in der Jobsuche wirklich primär darin, dass Aryana und Mitch erstmal etwas finden mussten, das ihnen zumindest mittelfristig Spass bereitete und für das sie sich freiwillig anstrengen wollten. Hätten sie diese Sache nämlich erstmal gefunden, schätzte sie beide wiederum als zweifellos ehrgeizig genug ein, um den nötigen Einsatz zum Erreichen ihrer neu gesteckten Ziele zu leisten. Die nicht besonders schmuckvollen Lebensläufe waren sicher ein Hindernis - aber keins, das sich nicht überwinden liess, weil sich in den Lebensläufen eben durchaus auch Ressourcen versteckten und der Dienst in der Army vielerorts als Plus betrachtet wurde. Schon nur aufgrund des in diesem Land weit verbreiteten Patriotismus. Sie für ihren Teil hatte jedenfalls fast ausschliesslich positive Erfahrungen gemacht in ihrer Stellensuche, was den Einfluss dieser Station auf ihrem Lebenslauf anging. Auch wenn ihr klar war, dass das eher nicht vergleichbar war, weil sie sich bei der Army eben auch für ihr aktuelles Arbeitsfeld durchaus relevantes Fachwissen angeeignet hatte. Aber genug davon, erstmal sollten Mitch und Aryana die kommenden Monate überleben. Dann konnten sie hierher ziehen und irgendwann in diesem Prozess oder später, während sie sich langsam einlebten, kam bestimmt auch die Antwort auf die Frage nach dem offensichtlich noch sehr offenen und dann? Eine Tätowiererkarriere kam für Mitch scheinbar ebenso wenig in Frage wie für Aryana der Detailhandel, wenn sie dann dort mutwillig in nichtsahndende Rentner crashte. Das lieferte zwar noch keine konkrete Idee für mögliche Optionen, schloss aber zwei Berufspfade aus und machte die Möglichkeiten somit ein winziges bisschen überschaubarer. Mit seinem Kommentar zu der Erziehungssache erntete Mitch ihrerseits noch ein maximal halbwegs überzeugtes Grinsen, wobei die Worte ihre Gedanken fast unvermeidbar für einen kleinen Moment zu der Kinderfrage trugen, die noch immer unbeantwortet zwischen ihr und Victor lag. Aktuell redeten sie nicht so viel darüber, weil die erste Priorität eben dem Aufbauen einer stabilen Lebenssituation galt, bevor ein Kind überhaupt zur Diskussion stand. Und weil sie noch immer damit beschäftigt war, sich mit sich selbst und ihren Zweifeln in der Sache auseinanderzusetzen. Die Neuigkeiten, die hier heute geteilt wurden, führten jetzt auch nicht akut zu mehr Stabilität. Längerfristig hoffentlich schon und längerfristig würde sie auch mit Victor noch das ein oder andere Gespräch führen, was dann hoffentlich zu mehr Klarheit führten. Ihr Erziehungstraining mit zwei eigensinnigen Erwachsenen sollte aber nicht zu den Gründen gehören, weshalb sie den Kindertraum ganz aufgaben, weshalb sie doch hoffte, dass Mitch und Aryana sich nicht allzu dramatisch aufführten. Wenig später, als das Picknick bereit stand und Faye sich gerade einen gedippten Karottenstick zwischen die Zähne schob, eröffnete Mitch ihnen, dass da tatsächlich doch schon ein kleiner Fixpunkt in der aktuell sehr schwammigen Zukunft stand. Fayes Augen weiteten sich und sie klatschte erfreut in die Hände. "Na das sind doch endlich mal die ganz guten Neuigkeiten, für die ich euch herbestellt habe!", tat sie fröhlich kund, liess die Tatsache unbeachtet, dass sie in Wahrheit gar niemanden herbestellt hatte. "Was für einen? Habt ihr schon Vorstellungen, ausser, dass er gross genug sein muss, um die Ärsche von langsamen Einkäufern zu erreichen?", wollte sie umgehend Details erfahren. Sie hoffte jetzt mal nicht auf einen Kampfhund, aber letztendlich war das nicht ihre Entscheidung. "Da würden wir uns bei Bedarf sonst auch sporadisch an der Erziehung beteiligen - so quasi als Kompensation für die grauen Haare", bot sie sich sofort an, ohne das überhaupt eine Sekunde mit Victor besprochen zu haben. Aber sie war sehr sicher, dass er nichts gegen Hundebesuch hier und da einzuwenden haben würde. Ausserdem würde es beim Hundesitting in der Realität wohl weniger um Erziehung als um Kuscheleinheiten und Spielen gehen, mit allem anderen war es wie bei den Kindern: Konnte man den stolzen Eltern überlassen. "Ihr werdet bestimmt tolle Hundeeltern.", auch von dieser Sache war Faye ohne Nachzudenken ziemlich überzeugt. "Vielleicht werden wir ja auch Hundesitter, bis wir uns für eine unserer vielversprechenden Karriereoptionen entschieden haben. In Los Angeles gibts bestimmt genügend reiche Leute, die keine Zeit für ihre Haustiere haben und wir können dann schonmal trainieren für unser eigenes Baby", grinste Aryana bei der Vorstellung von ihnen beiden mit zehn Hunden bewaffnet in einem der mässig grünen Stadtparks vor sich hin. Und vielleicht auch ein bisschen, weil sie sich etwas zu wohl damit fühlte, einen Hund als Baby oder Kind und sie selbst damit als Eltern zu bezeichnen. Das war eigentlich nicht unbedingt ihre gewohnte Sprache, aber ein Hund war in ihrer Welt letztendlich eben doch nur ein besseres Kind.
Besser ist's echt... also das mit der Kur, mein ich. x'D Man findet für fassst alles Gründe. Nur fast. Öhm, nicht, dass ich wüsste... ich hab mich jedenfalls gestern irgendwann herrlich über das durchdrehende Pony auf Vickys Pinnwand amüsiert. XD __________
Für einen Moment lang kniff ich nachdenklich die Augen zusammen und öffnete währenddessen die Flasche Wasser in meinen Händen. “Naja… ich bin dadurch schon gefühlt doppelt so viel gealtert, wie ich eigentlich sollte.”, stellte ich ziemlich sarkastisch fest, obwohl das teilweise sicherlich der Wahrheit entsprach. Sehr viele von all den Schlaglöchern, die hinter uns lagen, hatten mich sowohl mental als auch körperlich viel durchmachen lassen. Mein jetziger Stand waren zwei Mal Koma durch Beinahe-Sterben und anhaltende psychiatrische Betreuung nach einer langen Odyssee in dieser Hinsicht, weil ich nicht riskieren wollte, jemals zurück in eins dieser endlos tiefen Löcher zu fallen. Mein Körper hatte viel mitmachen müssen und auch mental war ich inzwischen auf einem Stand, den ich vielleicht erst in zwanzig Jahren oder gar nicht hätte erreichen sollen. Vor allem an den Tagen, an denen mich unterschwelliger, dauerhafter Kopfschmerz plagte, weil ich es für eine super Idee gehalten hatte, meinen Schädel an diesen blöden Pfahl zu donnern… “Aber ja, mein Dad hat erst mit über 40 graue Haare gekriegt. Meine Chancen stehen wahrscheinlich besser, als ich denke.”, kappte ich meinen eigenen Gedanken mit Worten für die anwesende Allgemeinheit und einem Schulterzucken, nahm dann ein paar große Schlucke aus der Flasche. Zwar war die Idee dieser Zusammenkunft insgesamt nicht Fayes Kopf entsprungen, aber ich wusste, dass sie sich schon lange darüber gefreut hätte. Das zählte auch irgendwie, fand ich. Die zierliche Brünette neben mir wirkte geradezu euphorisch darüber, als Mitch ihr verkündete, sich mit Aryana zusammen ein Haustier zulegen zu wollen. Als der Tätowierte auf Fayes Gegenfrage antwortete, griff ich gerade in den Picknickkorb. “Genau festgelegt haben wir uns da nicht… aber er wird aus einem Tierheim sein. Streuner zu Streuner.” Mitch sagte das dermaßen unbekümmert, dass ich kurz aufsah, weil ich es ihm fast nicht abkaufte. Er grinste sogar zu Faye rüber, so als hätte sie das eigentlich schon ahnen müssen. Es war auch diesmal schön zu hören, dass Mitch mit diesem Part seiner Vergangenheit – dem allein sein – zumindest zu einem gewissen Teil abgeschlossen zu haben schien. Dass er im gleichen Atemzug auch noch einem bereits aufgegebenen Tier ein neues Zuhause geben wollte, war eine vielleicht naheliegende, aber trotzdem sehr gütige Geste. Ein weiterer Beweis dafür, dass Aryana und er beide ein größeres Herz besaßen, als sie manchmal zuzugeben wagten. Mein Blick wanderte jedoch sofort von den beiden weg zurück zu Faye, als sie beteuerte, gerne den Hundesitter zu spielen. Also wir beide, eigentlich. Ich sah sie mit hochgezogener Augenbraue an. “Du meinst, dass du ihn dann die ganze Zeit fragst, wer ein guter Junge ist und ich ihn gleichzeitig verzweifelt davon abhalte, unsere Schuhe überall zu verteilen und zu zerkauen?”, fragte ich sie amüsiert, weil ich mir ziemlich sicher war, dass es exakt so ablaufen würde. Ich würde versuchen, das Tier davon abzuhalten, irgendetwas Unerwünschtes zu tun, während Faye es einfach nur süß fand und weiter mit ihm spielte. Bei der Kindererziehung würden wir uns hoffentlich eher einig werden… was mich daran erinnerte, dass wir darüber vielleicht auch mal wieder reden sollten, wenn das Thema sowieso so unterschwellig in dieser Konversation aufkam. Aryana schien dem Gedanken an mehr als einen Hund zur Vorbereitung auf den Ernstfall jedenfalls sehr angetan zu sein und Mitch stimmte ihr beim Kauen vor sich hin nickend zu. “Von denen wimmelts hier nur so, wie ich aus erster Hand bestätigen kann.” Was die überdurchschnittlich betuchte Gesellschaft in L.A. anging, war ich berufsbezogen zwangsläufig informiert. “Allerdings haben die meisten auch höhere Ansprüche als ’bring ihn einfach sauber und gefüttert zurück’.” Viel Geld, viele Ansprüche – diese Devise war mir längst in Fleisch und Blut übergegangen.
...ich hab kein semi-passendes Bild zu Junge auf Pferd gefunden ahaha x‘D Passt ästhetisch so gar nicht rein, aber I liked it tho x‘D ____________
"Gut, dass wir diese Erfahrung wohl als Gruppe teilen und die zwei, drei zusätzlichen Falten deswegen absolut niemandem hier auffallen.", konnte die Brünette Victor entspannt beruhigen. Sie würde ja gerne sowas sagen wie lieber zwei, drei Falten als zwei, drei Narben, aber da war Victor leider der falsche Empfänger für. Er und seine Freundin hatten definitiv ein paar zu viele negative Erfahrungen mit Klingen, Splitter, Schüssen, Flammen und was es sonst noch so gab gemacht. Da waren Mitch und Aryana bislang deutlich besser weggekommen, selbst wenn ihre Körper all die Jahre im Kampf natürlich auch nicht ganz makellos überstanden hatten. Jedenfalls nicht makellos in dieser Hinsicht. Sie behielt jeglichen weiteren Kommentar zu diesem sowieso kaum beeinflussbaren Alterungsprozess entsprechend für sich, lächelte lieber vor sich hin, als Mitch ihren zukünftigen Hund erwähnte und Faye die Nachricht wenig überraschend sehr freudig auffasste. Auch, dass für sie nur ein Hund aus dem Tierheim in Frage kam, stiess auf der Gegenseite offensichtlich auf Anklang, wie die entzückten Augen ihrer kleinen Schwester verrieten. "Das ist perfekt, ich liebe alles an dem Plan!", verkündete Faye begeistert, sah sich wohl bereits in allen Farben mit dem noch namen- und gesichtslosen Hund über Blumenwiesen rennen und auf der Couch kuscheln. Victors gespielte Bedenken kamen also eher nicht von ungefähr und liessen das Lächeln auf Aryanas Gesicht zu einem Grinsen heranwachsen. Ungefähr so konnte man es sich wohl vorstellen, ja. Faye widersprach noch immer sehr unbekümmert, sah allem Anschein nach nicht das geringste Problem in der Sache. "Naja, nicht zwingend. Vielleicht frag ich ihn auch, wer ein gutes Mädchen ist.", merkte sie an, bevor ihr Blick leicht fragend zu Mitch und Aryana zurück glitt. "Oder habt ihr euch schon definitiv für einen Sohn entschieden?", wollte sie wissen, behielt damit den Eltern/Kind-Vergleich noch eine Runde länger bei. "Nicht abschliessend. Mal sehen, was uns am Ende in die Arme springt... Tierheime sind glaub ich nicht ganz ungefährlich und ich weiss nicht, ob sowas wirklich geplant und konsequent eingehalten werden kann", beantwortete Aryana die Frage. Sie hatten sich noch nicht wirklich über das Geschlecht ihres irgendwann-Hundes unterhalten, aber sie war sich ziemlich sicher, dass es sowieso alles in allem eine sehr intuitive Entscheidung werden würde. Eben je nachdem was sie dann am Tag der Adoption besonders verloren anblickte oder besonders auffällig ihre Nähe suchte. Ob sie die Idee mit dem vorbereitenden Hundesitting letztendlich wirklich verfolgen würden, wusste sie jetzt noch nicht, aber an mangelnden Hunden sollte die Sache nicht scheitern, wie Victor bestätigte. An ihren mangelnden Fähigkeiten aber auch nicht. "Aber hallo, willst du damit sagen, dass das alles ist, was du uns zutraust?", fragte Aryana Victor gespielt beleidigt, schüttelte den Kopf und Griff nun endlich ihrerseits nach einer Pizzaschnecke. Zwei Bissen später ergriff sie nochmal das Wort, vermeintlich um ihre Qualitäten ein bisschen fetter zu unterstreichen. "Das Diplom zum Bachelor of Arts in Pet Sitting and Dog Walking kriegen wir schon noch gefälscht und mit den von dir geschriebenen Bewerbungen seh' ich da eigentlich keine Probleme mehr", war ja auch genau das, was sie wollten - in L.A. direkt wieder einen smoothen Start mit ein paar mild illegalen Geschäften hinlegen. Brauchte möglicherweise noch ein bisschen was, um diese Denkweise restlos aus ihrem Kopf zu klopfen. Es war halt oft einfach die sehr viel schnellere, sehr viel einfachere Lösung, die Regeln nur für sich ein bisschen zu biegen. Und ob sie jetzt mit oder ohne Zertifikat die Hunde spazieren führten, war den Tieren letztendlich sehr sicher sehr egal.
Da hatte Aryana wohl oder übel sehr recht und erntete deshalb ein beiläufiges Vor-Mich-Hin-Nicken von mir. Gesichtspflege, die den Falten vielleicht entgegen gewirkt hätte, war aber vermutlich nicht so wichtig für uns gewesen wie die Narbencremes, die noch schlimmere körperliche Schäden an anderer Stelle minimiert hatten. Vielleicht würde auch der Hund für noch mehr Falten in Victors ach so altem Gesicht sorgen, wenn Faye ihre aktuelle Einstellung dazu beibehielt. Während der Hochgewachsene auf Fayes Aussage bezüglich des Geschlechts hin die Augen flüchtig verdrehte und sich diese Diskussion eindeutig schon verlieren sah, fing ich bei all dem plötzlichen Übermut zu grinsen an – war ein weiteres Mal froh und auch ein bisschen stolz darum, die jüngere Cooper erfolgreich auf andere Gedanken gebracht zu haben. “Ich denk auch, dass die Planung da ziemlich überflüssig ist.”, bestätigte ich die Worte meiner Freundin kurzum mit einem leichten Schulterzucken. Mir war es am Ende völlig egal, ob unsere Wahl auf einen Rüden oder eine Hündin fiel. Aller Erfahrung nach nahm ich mich am liebsten den Dingen an, die sonst keiner wollte. Fast alles andere war dabei erstmal egal, mal abgesehen von einem einigermaßen gut händelbaren Temperament. “Aber du wirkst auf mich wie Jemand, der lieber eine Tochter hätte.”, stellte ich Faye eine indirekte Frage und legte dabei den Kopf leicht schief. Ich führte die Sache nicht weiter aus, war mir aber ziemlich sicher damit, dass sie wusste, dass ich dabei von einem menschlichen und nicht von einem Hunde-Kind sprach. Würden das Paar auf der anderen Seite des Bootes ebenfalls bereits über die Anschaffung eines solchen Vierbeiners nachdenken, hätten sie das bis zu diesem Punkt sicherlich schon erwähnt. Was das Hundesitten fremder – reicher – Menschen anging, schien Victor tatsächlich wenig Vertrauen in uns zu haben. Als Aryana ihn dessen beschuldigte, erwiderte er darauf nämlich ein langgezogenes, gespielt nachdenkliches “Najaaaa…” inklusive entsprechend verzogenem Gesicht. Meine bessere Hälfte schlug noch das Fälschen eines Diploms für bessere Chancen vor, was ihn dann entschieden den Kopf schütteln ließ. “Wenn ich das alles so höre, fürchte ich eher einen Einbruch als einen dreckig zurückgebrachten Hund. Wolltet ihr nicht eigentlich einen sauberen Neustart hinlegen?”, er klang mehr amüsiert als ernsthaft bestürzt. Obwohl uns das durchaus zuzutrauen war. Nicht nur das falsche Diplom – egal was für eins – sondern auch etwaige Einbrüche, weil es der schnellere Weg zu finanzieller Freiheit war. Der einfachere. Eine der wundervollen Abkürzungen, die wir bekanntermaßen am liebsten nahmen, wenn sich gute Möglichkeiten dafür auftaten. “Pfff, ich muss doch sehr bitten… zwischen einem Bonzenköter mit eventuell nicht so perfekt eingeflochtenem Langhaar und einem großspurigen Raubüberfall liegen ja wohl Welten, Victor.”, gab ich mich gespielt empört und schob mir dann den Rest der Pizzaschnecke zwischen die Kiemen. “Ich meine, nicht, dass das jetzt eine schlechte Idee von dir wäre, mit deinen ganzen Connections zur Oberschicht, die quasi wie prädestiniert dafür sind, aber…”