Fand sie wohl nicht ganz so witzig wie der Italiener selbst, aber damit konnte er gut leben. "Sehr gern sogar.." teilte er ihr also wahrheitsgemäß mit, hatte aber vor es damit auch zu lassen. Fürs erste zumindest, wobei... gleich, nachdem er das Shirt an der Schulter ein wenig bei Seite zog, um ihr zu zeigen, welches Ausmaß das gestern angenommen hatte. Und der Rücken sah echt nicht anderes aus. Diese Geste ließ er allerdings unkommentiert, weil sie wohl genug aussagte. Stattdessen wandte er sich wieder seinem Essen zu, schob sich das letzte Stückchen Fleisch in den Mund, ebenso Salat und schob dann den Teller ein wenig von sich, einfach weil das so Gewohnheit war und nicht weil er Sierra auffordern wollte ihn wegzuräumen oder sowas. Ne, das konnte er schon selbst. Für den heutigen Tag hatte er sich vorgenommen, mal wieder ein wenig Nachforschung zu betreiben, hatte er das die letzten Tage doch ziemlich schleifen lassen - oder sogar Wochen? So oder so, er musste sich echt mal wieder mehr seinen Prioritäten widmen und vor allem ausnutzen, wenn Ashton nicht gerade auf die Idee kam ihm wieder irgendwelche Arbeiten aufzudrücken, kam das in letzter Zeit doch sehr häufig vor. "Und was hast du heute vor?" hakte er nach, um die Stille wieder zu durchbrechen, trank sein Glas noch leer, bevor er sich entspannt zurück lehnte, unter dem Tisch die Beine ausstreckte und die Arme locker vor der Brust verschränkte, wobei er schon jetzt den leichten Muskelkater spüren konnte, der sich durch das Training heute nachmittag morgen anbahnen würde.. Zeigte ihm immerhin, dass er etwas sinnvolles getan hatte, somit hatte er rein gar nichts dagegen.
"Ein bisschen?" erwiderte Solane und rümpfte leicht die Nase, bevor ihr Blick zu Jake glitt, der den Kopf auf dem Tisch abgelegt hatte "Aber offensichtlich hat es hier Leute noch schlimmer erwischt" lachte sie leicht, bevor sie dem jungen Mann durch die zerzausten Haare wuschelte. Sie zog die Beine auf den Stuhl und schlang die Arme darum, um das Kinn wenig später auf den Knien abzulegen, sich wieder Icarus zuzuwenden, der ihr eine Frage gestellt hatte die das Lächeln direkt wieder versiegen ließ. Dwayne über den Weg gelaufen? "Gott sein Dank noch nicht..." murmelte sie, zuckte leicht mit den Schultern, seit der Konfrontation von vor zwei Tagen nach dem Tod von Darren lief sie ihm noch weniger gerne über den Weg wie zuvor. Aber wer konnte ihr das verdenken? Die Gegenfrage erübrigte sich, weil er nicht fragen würde, wenn er ihm nicht selbst schon begegnet wäre. "..aber ich schätze das wird noch früh genug passieren." Seufzend schloss sie einen Moment die Augen, bevor ihr Blick zu Icarus Teller glitt, der allerdings schon fast leer war. Nein, etwas Essen konnte sie gerade noch nicht, vielleicht später. Wirklich Hunger hatte sie aber auch noch nicht. Und kaum sprach man vom Teufel, tauchte er bekanntlich auch auf. Dwayne kam, dicht gefolgt von Sia in den Raum, setzte sich zu den Dreien an den Tisch und zündete sich eine Zigarette an. "Ihr seht grauenvoll aus" quittierte er, schlug neben Jake einmal mit flacher Hand auf die Tischplatte, sodass der erschrocken zusammen zuckte und wieder aufrecht gegenüber von Icarus saß, ein wenig benebelt mit den Augen blinzelte. "Ich hoffe ihr versaut den Deal nachher nicht.." wandte er sich an Icarus und Solane, wobei die Blondine fragend die Augenbrauen in die Höhe zog, allerdings den Mund hielt, weil sie gewiss nicht vor hatte wieder etwas falsches zu sagen. "..immerhin müsst ihr jetzt Darrens Part übernehmen und vor allem die Kohle die ihr vorgestern in den Sand gesetzt habt wieder rein holen - ess also schneller Icarus, damit ihr euch auf den Weg machen könnt."
"You can fool all of the people some of the time, and some of the people all of the time, but you can't fool all of the people all of the time."
Oh, ein paar Kratzer. Wollte ich wissen, wie der Rest seines Rückens aussah? Wohl lieber nicht, würde wahrscheinlich ziemlich viele Kratzer zeigen. Wobei ich eigentlich nicht davon ausging, dass er sich darüber beschweren wollte, dass ich ihn aus Euphorie und Ekstase gekratzt hatte, sondern viel mehr darüber, dass er jetzt nicht mehr so gut aussah wie vorher und der Rücken ihm bei mancher Bewegung vielleicht schmerzte. War aber nicht mein Problem, weshalb mich das ehrlich gesagt wenig interessierte. So zuckte ich diesbezüglich nur leicht mit den Schultern, bevor ich die restliche Milch aus der Schüssel austrank und sie dann wieder abstellte, meine rechte Hand dafür um das Glas mit Orangensaft legte. Bei seiner Frage sackten meine Mundwinkel leicht ab, weil sich das einfach nicht verhindern ließ. "Muss arbeiten... in zwei Stunden ca., irgendwelche Waffen sollen über den Tisch gehen. Habs mir noch nicht genauer angeschaut." erklärte ich also und seufzte leise, weil ich so unmotiviert wie schon sehr lange nicht mehr war, meinem Job Folge zu leisten. Aber es half ja nichts, dafür hatte ich hier schließlich Leute um mich herum und ein Dach über dem Kopf. Zwar auch massig Serienkiller in meiner Nähe, aber die standen ja hinter mir... irgendwie zumindest, also war das ja eher positiv. Wüssten meine Eltern, was ich inzwischen für ein Leben führte, wären sie wahrscheinlich mehr als enttäuscht. Das war aber leider nicht Kontra genug, um mich davon abzuhalten, so weiter zu machen.
Hach, kaum nahm man den Mund des Teufels in den Mund, schon kam er um die nächstbeste Ecke. Ich hätte es wohl nicht verschreien sollen, aber jetzt war es dann auch schon zu spät. Dass ich sein Gesicht jetzt gerade alles Andere als gern sah, war wohl verständlich, war ich doch zur Zeit ohnehin immer so... unmotiviert zu irgendwie Allem, bis auf ein paar wenige Ausnahmen. Autofahren ging immer, das machte ich gern und zwar ohne Ausnahmen. Aber dass ich mit der Drogendealerei für mich selbst eigentlich abgeschlossen hatte, würde Dwayne wohl kaum interessieren - schließlich waren wir ihm Kohle schuldig. Ich nickte auf seine Worte hin. "Was steht an?" fragte ich ihn nach mehr Details, bevor ich anfing, mir den Rest der Lasagne auf meinem Teller schneller in den Mund zu schaufeln. Der Chef nahm erst noch ganz gemütlich zwei Züge von seiner Zigarette, bevor er sich dazu herabließ, mir eine brauchbare Antwort zu geben. "Ein ziemlich reiches, ehemaliges Mitglied der japanischen Mafia kauft Darrens Karre... achja, und ein paar Kilo Heroin." erklärte er grob, worum es für Solane und mich bei der Sache ging. Eigentlich hatte ich weniger Lust auf einen einstigen Jakuza, die hatten alle einen an der Klatsche und keine Skrupel, aber eine Wahl hatten wir wohl kaum. "Und wir gehen nur zu Zweit..?" hakte ich genauer nach, als mein Teller leer war, woraufhin Dwayne leicht die Augen zusammenkniff und den Kopf ein wenig schief legte. "Ihr habt die Sache verkackt und jetzt bügelt ihr sie gefälligst auch allein wieder aus." warf er mir grummelig entgegen, woraufhin ich beschwichtigend die Hände hob und erstmal lieber Nichts weiter sagte, sondern meinen Teller wegräumen ging.
Arbeiten? Da war er ja nochmal gut davon gekommen. "Na dann - viel Spaß..." erwiderte er mit gespielt mitleidiger Miene. Er war einfach nur froh, dass er heute seine Ruhe hatte und mal wieder tun konnte, was einige Zeit auf der Strecke geblieben war. Und als würden es die Leute wissen, klingelte sein Telefon. Eine fremde Nummer, deren Endziffern ihm allerdings so bekannt vorkamen, dass er schon eine Vermutung hatte wer am anderen Ende der Leitung sein würde. "Ja?" meldete er sich, erkannte auch sogleich die Stimme am anderen Ende, gab noch ein paar mal ein "Hm" oder "Okay" von sich, bevor er sich mit "Bis gleich" verabschiedete und das Handy wieder in seine Hosentasche schob, aufstand, sein Teller, Glas und Besteck wegräumte. "Trink heut' Abend nicht wieder so viel - oder lass die Musik wenigstens leise" mit diesen Worten verabschiedete sich Domenico aus der Küche und etwa eine viertel Stunde später auch aus dem Haus um sich mit dem alten Bekannten zu treffen, der scheinbar einige Informationen für Domenico hatte. Da war er grade froh, dass Ashton nicht auch bei ihm aufgekreuzt war. Einfach, weil er keine Lust hatte sich mit dem Boss anzulegen, oberste Priorität war nämlich noch immer den Verantwortlichen zu finden, der mehr oder weniger sein Leben... zerstört hatte? Zwar war er sonst nicht so sentimental, aber rein theoretisch war es so - wenn er nur daran zurück dachte, wurde ihm schon übel. Dabei erwartete man das bei einem Auftragskiller gar nicht - war aber so, er würde es echt gerne ändern, wenn er denn könnte - war aber leider nicht möglich.
Etwa eine dreiviertel Stunde später hatte er die Information, dass einer der engsten Vertrauten seines ehemaligen Bosses sich in der Stadt aufhielt, sogar wo er untergekommen war. Es war praktisch so, als würde man ihm den Schlüssel zur Schatztruhe direkt vor die Nase legen. So fühlte es sich zumindest an; da wurde er fast ein wenig überschwänglich. Sorgte vielleicht auch dafür, dass er keine Sekunde verlieren wollte und etwas unüberlegt beschloss, dem Kerl doch glatt einen Besuch abzustatten, ohne sich lange damit zu beschäftigen ob er alleine war, was er hier tat, bla bla bla. Normalerweise war er wirklich organisierter, aber er war seinem Ziel so nahe wie schon lange nicht mehr und es kribbelte ihn so in den Fingern, dass er nicht anders konnte, wie zumindest mal nachzusehen. Gesagt, getan. Da er sich vorhin das Motorrad mitgenommen hatte, war er relativ schnell in einer schmalen Gasse, die etwa 200 Meter von dem Hotel entfernt lag, in dem Sucré abgestiegen war, sein sollte. Whatever, noch hatte er den Kerl immerhin nicht mit eigenen Augen gesehen. Noch vor einigen Jahren war er Domenico sein Vorgesetzter gewesen, an seiner jetzigen Stelle, der Kerl hatte ihn noch nie leiden können, war schon immer neidisch darauf gewesen, dass Domenico die Position inne hatte, die er gerne besessen hätte - und dann war Nico gegangen und er hatte sie offensichtlich zugesprochen bekommen. Armselig. Und wie der Zufall es so wollte, kam er auch gerade aus der Tür des Hotels, im Schlepptau zwei Typen - der eine war Domenico ebenfalls bekannt, der zweite allerdings war ihm völlig fremd. Sie hatten also neue Leute für sich gewonnen: Arme Schweine, mehr fiel ihm dazu nicht ein. Und trotzdem konnte er nicht verhindern, dass ihn seine Beine hinter seiner Deckung hervor trugen und geradewegs in Richtung Sucré und Anhang marschierten. Einfach so, ohne dass er wirklich Kontrolle darüber hatte. Noch war der Überraschungsmoment auf seiner Seite, sodass er den Kerl zwar ohne Probleme am Kragen packen und gegen die nächste Wand donnern konnte, aber kaum den Mund aufgemacht hatte, als seine Kumpanen für ihn einsprangen und Domenico eins über den Schädel zogen. Dummheit war wirklich kein Begriff für Domenicos Handeln gerade, aber er hatte nicht anders gekonnt. Jemand der sich nicht in seiner Situation befand, würde das nicht nachvollziehen können. "Ach nein, wen haben wir denn hier?" klang die Stimme des Mexikaners, der seine Handlanger dazu anwies Domenico bloß nicht los zu lassen, nachdem sie ihn jeweils einer rechts und einer links gepackt hatten. [...] Irgendwann war dem Italiener Schwarz vor Augen geworden. Als er die Augen wieder öffnete - wobei das eine ziemlich geschwollen war, sodass es ihm ziemlich saß er auf dem Boden - halb sitzend, halb liegend an die Hauswand gelehnt und hatte keinerlei Orientierung. Im ersten Moment wusste er nicht einmal wo er war. Ihm dröhnte der Schädel, Brust, Bauch und Rücken schmerzten ziemlich und machten es ihm schwer ohne angespanntes Stöhnen überhaupt auch nur in eine etwas aufrechtere Position zu gelangen. Im ersten Moment fragte er sich tatsächlich was hier gerade passiert war, konnte er sich kaum daran erinnern.
Wenig aufmerksam - auch wenn sie Dwayne ansah - lauschte sie seinen Worten, was allerdings keine Absicht war. Ihre Kopfschmerzen machten es ihr nur relativ schwer, sie hoffte wirklich inständig, dass das Aspirin bald wirkte, damit sie wenigstens nachher halbwegs anwesend und eine Hilfe sein konnte, auch wenn sie das irgendwie bezweifelte. Früher, mit den Drogen, war das zugegebenermaßen leichter gewesen, trotzdem verschwendete sie mittlerweile wirklich keinen einzigen Gedanken mehr daran wieder damit anzufangen. Einfach weil sie darauf gelernt hatte - neben den positiven Effekten gab es nämlich auch deutlich mehr negative. Zumindest in Solanes Augen, die den Drogen immerhin einen ziemlichen Absturz zu verdanken hatte und nicht vor hatte einen solchen nochmal zu erleben. Nun ja, war auch egal. Es ging um einen Japsen, der Darrens Karre und Heroin kaufen wollte, soviel hatte sie begriffen. Und dass es zu mehreren sicherer wäre auch, sonst hätte Icarus nicht gefragt. Allerdings schien Dwayne ihnen eins reinwürgen zu wollen - somit waren sie Anderthalb - nicht gerade fair für Icarus, weil Solane sowieso nicht unbedingt der brauchbarste Partner war und dann auch noch mit einem Kater von der Nacht zuvor - naja, nicht die Besten Voraussetzungen für den jungen Mann. Aber sie konnte ja auch nichts dafür. So irgendwie zumindest. "Wann solls genau los gehen?" hakte sie nach, damit sie sich wenigstens ein bisschen eingebracht hatte. Wobei sie nur einen finsteren Blick und ein "Sobald der werte Herr seinen Teller leer hat" erntete, woraufhin Solane sich nur schwer ein verdrehen der Augen verkneifen konnte, bevor sie ihren Stuhl vom Tisch weg schob um aufzustehen: "Ich zieh' mich dann noch schnell um" teilte sie mit, bevor sie mehr oder minder aus der Küche flüchtete, aus dem Blickfeld des Bosses verschwunden aber wieder entspannter weiter lief.. Oben angekommen tauschte sie den Pullover gegen ein Top, zog sich darüber ihre Lederjacke und schlüpfte in passende Sneaker, bevor sie ihr Handy in der Jackentasche verstaute und einen kleinen Revolver zwischen Gürtel und Hose am Rücken schob. Sicher war sicher, auch wenn sie hoffte sie gar nicht erst benutzen zu müssen.
"You can fool all of the people some of the time, and some of the people all of the time, but you can't fool all of the people all of the time."
Ich tat nicht viel in der Zeit, die ich bis zur Arbeit noch zu überbrücken hatte. Überwiegend machte ich mir selbst Vorwürfe und kam nicht so recht von den Gedanken an letzte Nacht los, analysierte das Ganze wohl genauer, als ich musste. Jedenfalls hatte ich Glück, was den Job anging, denn er schien auf den ersten Blick sehr simpel. So warf ich mich in ein brauchbares Outfit - schwarze, zerrissene Jeans; Schwarzes Top mit gewissem Ausschnitt; schwarze Bikerstiefel; eine knappe Lederjacke - und kramte noch meine Waffe aus dem Nachttisch hervor, bevor ich mich auch schon auf den Weg nach unten machte, um die Ware einzusammeln und sie letzten Endes auf dem Rücksitz eines gepanzerten Jeeps zu verstauen, bevor ich mich auf den Weg machte. So parkte ich den Wagen am abgemachten Treffpunkt und blieb erst einmal sitzen, bis schließlich ein anderer Wagen mir gegenüber in die Gasse gefahren kam. "Auf gehts.." sagte ich mir noch selbst, um mich zu motivieren, bevor ich nach der nicht gerade kleinen Waffe, die noch in eine formgleiche Tasche gepackt war, auf dem Rücksitz griff und ausstieg. Fast zeitgleich stieg der Käufer aus, der eher unscheinbar wirkte. Es stellte sich nur heraus, dass er einen etwas komischen Akzent hatte, den ich nicht zuordnen konnte, aber ansonsten verlief alles glatt. Er gab mir brav den vereinbarten Kaufpreis in bar und ich übergab ihm das Maschinengewehr, bevor wir uns beide wieder voneinander entfernte und ich mich daraufhin auch schon wieder auf den Heimweg machte, wenn auch mit einem Umweg. Beim Fahren konnte ich in Ruhe nachdenken und so bog ich mal hier, mal da ab, um nicht den 0815 Nachhauseweg zu nehmen, der viel zu kurz war. Ich sah immer mal wieder aus dem Fenster, erblickte nur selten eine Person. Plötzlich aber fiel mir eine merkwürdig an eine Wand gelehnte Person auf, die irgendwie... nicht gesund aussah. Es war stockfinster, aber ich konnte dennoch erkennen, das besagte Person mir bekannt war und so hielt ich ziemlich grob bremsend am Fahrbahnrand an, bevor ich hastig ausstieg. "Ach du scheiße..." murmelte ich ein wenig aufgebracht, als ich fast bei Domenico angelangt war. "Was ist denn mit dir passiert?!" fragte ich ihn ein wenig hektisch, nachdem ich in die Hocke gegangen war. Er sah - gelinde gesagt - richtig scheiße aus.
Er nervte mich schon wieder. Die Momente, in denen Dwayne einfach mal normal und nett war, wurden in meinen Augen immer seltener und das... nervte einfach ungemein. Aber es half ja nichts, sich gedanklich darüber zu beschweren, an die Arbeit gehen musste ich trotzdem. So machte ich mich ohne große Umschweife zu meinem Zimmer auf und zog mich um. Ein einfaches schwarzes Shirt, darüber eine schwarzweiße Baseballjacke, dunkelgraue Jeans und die schwarzen Stiefel, die ich nicht besonders oft trug, obwohl sie mir gut standen. Noch ein Handgriff zu der Schachtel Kippen auf dem Fensterbrett und dann machte ich mich auch schon auf den Rückweg. Im Flur wartete Jake darauf, Solane und mir die vereinbarten Drogen zu überreichen, weil der Chef ihn offenbar dazu verdonnert hatte. Nachdem ich sie entgegen genommen hatte, kam auch schon meine zweite Dealer-Hälfte die Treppen hinunter und wir machten uns auf den Weg in die Garage. Es würde nicht mein Auto sein, dass ich fuhr, sondern ein mattschwarzer Audi S5 mit dem einen oder anderen Extra an kugelsicheren Scheiben und Blech. Nachdem wir beide eingestiegen waren und ich schließlich von unserem Grundstück fuhr, grummelte ich leise vor mich hin. "Ich denke nicht, dass ich erwähnen muss, dass du dieses Mal bitte nicht hysterisch wirst, sondern lieber die Waffe ziehst, wenns sein muss..?" gab ich ohne zu ihr rüber zu schauen an Solane ab, den Blick stur auf den Asphalt gerichtet. Warum hatten wir eigentlich keine schusssicheren Westen? Ich würde Dwayne bald mal darauf hinweisen, dass die irgendwie echt ziemlich sinnvoll wären.
Den Versuch aufzustehen musste er wohl erst gar nicht wagen, er war sich mehr als sicher, dass er scheitern würde. Daher beschloss er, erst mal hier sitzen zu bleiben und zu versuchen ruhig zu atmen, ohne dabei das Gefühl zu haben man rammte ihn ein Messer in die Lunge. War zwar leichter gesagt als getan, aber immerhin konnte er noch atmen. Hätte also auch schlimmer um ihn stehen können. Er wusste auch nicht wie lange er da an die Wand gelehnt saß, den Rücken leicht gekrümmt und die Augen geschlossen weil er sich irgendwie nur darauf konzentrieren wollte Kraft zu sammeln, die nicht da war. Dabei kamen ihm nach und nach wieder die Erinnerungen zurück - an Sucré seine beiden Handlanger, den ein oder anderen Schlag den er abbekommen und in diesen Zustand versetzt hatte. War aber auch nicht ganz fair gewesen die Sache, immerhin waren sie zu Dritt gewesen, er Alleine und seine Waffe war auch weg - das konnte er einfach spüren, weil er das Teil nicht mehr dort spürte, wo es sonst immer zu spüren war. Erst Sierras Stimme riss ihn wieder aus seinen Gedanken, ließ ihn die Augen - oder zumindest das eine - wieder öffnen und den Kopf ein wenig anheben, damit er sie auch ansehen konnte, was echt gar nicht so leicht war. "Ich hab ein paar alte Freunde getroffen.." teilte er ihr mit rauer, eher leiser Stimme mit, wobei ihm erst dann auffiel, dass sein Kiefer ziemlich schmerzte. Wurde auch nicht besser, als er die Hand anhob um sich an eben diesen zu fassen. Gerade wäre es leichter gewesen ihr zu schildern was nicht weh tat, wie ihr zu schildern was genau weh tat. So rein theoretisch. "..waren glaub' ich nicht so erfreut mich zu sehen.." selbst in der Situation konnte er sich einen sarkastischen Kommentar nicht verkneifen. Freunde - haha. Er versuchte die Zähne zusammen zu beißen und sich auf die Beine zu hieven - vergebens; auch wenn er sich dazu zu zwingen versuchte und er wirklich eine hohe Schmerzgrenze besaß, wollte das gerade ums Verrecken nicht funktionieren, was den Italiener nicht nur ankotzte, sondern auch gehörig an seinem Ego kratzte. Weil Hilfe annehmen? - Ne, weniger sein Ding. Nicht mal jetzt.
Wenig später hatte Jake ihnen die Drogen übergeben und sie saß neben Icarus auf dem Beifahrersitz eines schwarzen Audis. Wobei sein Kommentar sie in dem Sitz ein wenig kleiner werden ließ. Sie war nicht gerade stolz darauf wie sie reagiert hatte, als Darren niedergeschossen worden war, konnte es aber nicht ändern - es war einfach passiert und auch wenn es nicht gerade dafür sprach sie im Team zu haben, war sie eben... emotional, ein wenig sensibel was sowas anging. Das war ihr durchaus bewusst, weswegen sie auch nur ein relativ kleinlautes "Hm - wird nicht wieder passieren" von sich gab und noch eine Runde tiefer in den Sitz sank. Wenigstens ließen die Kopfschmerzen langsam nach, das erste positive an diesem Tag, wenn sie ganz ehrlich war. Kurze Zeit später lenkte Icarus den Wagen in ein Industriegebiet auf den Parkplatz vor einer schon seit Jahren leer stehenden Lagerhalle. Wie lief das eigentlich mit dem Wagen ab? Hatten sie doch Darrens Karre gar nicht dabei. "Wann bekommt der eigentlich den Wagen von Darren, wir haben ihn ja schließlich nicht dabei.." wandte sie sich an den Brünetten hinter dem Steuer, bevor sie sich abschnallte und die blonden Haare zu einem hoch sitzenden Pferdeschwanz zusammen band, noch sitzen blieb, weil Icarus auch keine Anstalten machte auszusteigen und momentan auch noch niemand anderes zu sehen war. "Und abgesehen davon, dass ich vielleicht nicht die beste Partnerin in solchen Dingen bin - wieso wolltest du noch mehr Leute dabei haben? Kennst du den Typen?" fragend neigte sie den Kopf ein wenig zur Seite, erinnerte sich wieder an Dwaynes Reaktion 'ihr habt die Scheiße verbockt, ihr badet sie auch aus'.. So in etwa zumindest.
"You can fool all of the people some of the time, and some of the people all of the time, but you can't fool all of the people all of the time."
Eh, ja. Natürlich, alte Freunde. Wenn man mich fragt, waren die wohl eher als Feinde zu betiteln, aber ich würde da jetzt einfach mal nicht weiter nachfragen. So, wie er es erklärte, schien er über den eigentlichen Grund, warum er so zugerichtet worden war, nämlich nicht reden zu wollen und weil es mir mit manchen Dingen ja sehr ähnlich ging, konnte ich das irgendwo auch verstehen. War aber für den Anfang aber auch nicht so wichtig, sein jämmerlicher Versuch sich auf die Beine zu hieven, woran er kläglich scheiterte, zog ohnehin meine Aufmerksamkeit auf sich. Bis ein zwei Meter großer Kerl nicht mehr stehen konnte, musste wohl so Einiges passieren, den konnte man nicht mal eben umschubsen. So schüttelte ich nur ein wenig verständnislos den Kopf, weil er selbst jetzt scheinbar noch am Witze reißen war. Ich streckte die Hand aus, um nach einer kleinen Platzwunde an seiner Augenbraue zu tasten, aus der noch ein wenig Blut kam. Recht schnell zog ich meine Hand wieder zu mir zurück und half dem jungen Mann mit einem "Komm, bringen wir dich erstmal weg hier." so gut es ging auf die Beine, was sich für mich als Frau mit nicht außerordentlich viel Kraft doch gar nicht so einfach gestaltete. Ihn loszulassen traute ich mich nicht, weil er wirklich so aussah, als hätte er große Schmerzen, weshalb ich ihn langsam zum Auto geleitete. Schnelle Schritte waren da nicht drin und ich öffnete Domenico noch die Beifahrertür, bevor ich ihm noch ins Auto half. Sachte ließ ich die Tür hinter ihm wieder ins Schloss fallen, bevor ich auf die andere Seite des Wagens ging, und selbst einstieg. Umgehend startete ich den Motor, um den verwundeten Kerl nach Hause zu bringen.
Noch war offenbar niemand da, was mich ja fast ein wenig beruhigte. Ebenso wie die Tatsache, dass Solane zumindest einsah, dass sie heute womöglich lieber die Hand am Abzug haben und auch abdrücken sollte, wenn es sein musste. Bezüglich Darrens Wagen war ich von Jake noch knapp informiert worden, wie das ablaufen würde, als er mir die Drogen mitgegeben hatte. Darum hatte Dwayne sich heute Morgen - ich vermutete aus purer Langeweile, anders konnte ichs mir nicht erklären - bereits gekümmert, kurz nachdem er den Auftrag bekommen hatte. "Der steht in der Lagerhalle, hat sich Dwayne schon drum gekümmert... eigentlich komisch, wo er sonst immer nur hinterm Tisch hockt." informierte ich die zierliche Blondine und zuckte leicht mit den Schultern, sah zu ihr rüber. Kurz darauf beugte ich mich wieder einmal zu dem kleinen Fach vor ihren Beinen, wo meine Waffe und auch meine Sonnebrille lag - letztere war bei der Dunkelheit hier natürlich wieder nur dazu da, das Pokerface zu perfektionieren. Kaum hatte ich die Sonnenbrille aufgesetzt, fuhr ich fort, den Blick wieder zu Solane gerichtet. "Weil Jakuza verlogene Wichser sind, deswegen. Ich kann mir gut vorstellen, dass die mindestens zu dritt sind und du kannst mir glauben, wenn ich dir sage, dass die mit Menschenleben spielen wie ein Kleinkind mit Bauklötzen. Und weil ich ihn nicht kenne, trau ich ihm erst recht kein Stück übern Weg." beantwortete ich auch ihre zweite Frage, bevor ich meine Waffe nachlud und als ich damit fertig war, kam auch schon eine protzige Geländekarre angerollt, die schräg gegenüber von uns hielt.
Ja, das klang doch nach einer guten Idee und weil Domenico leider mehr als bewusst war, dass er es alleine nicht schaffen würde, wehrte er sich auch erst gar nicht gegen den Hilfeversuch, einfach weil er sonst in zwei Tagen hier noch elendig wie ein Penner auf dem Boden in der Gasse herum sitzen würde, ohne dass sich jemand dafür interessierte. Die Aussichten vom kalten Boden weg und in sein Bett zu kommen klangen hingegen ganz außerordentlich gut. Das ein oder andere, verkniffene Stöhnen konnte er allerdings nicht verhindern, als Sierra ihm auf die Beine halt - schon jetzt war ihm bewusst, dass er der Brünetten definitiv was schuldig war, war es doch bestimmt nicht einfach den Koloss rüber zum Auto zu schleifen und bla bla bla. Es kam dem Italiener vor wie eine Ewigkeit, bis er endlich auf dem Beifahrersitz des Wagens saß. Dabei fielen es ihm wirklich schwer die Augen - oder das Auge - offen zu halten. Zeitgefühl war momentan allerdings nicht Domenicos stärke, sodass er nicht sagen konnte es ob es nur zwei Minuten oder zwei Stunden gebraucht hatte bis Sierra den Wagen auf den Parkplatz in der Garage gelenkt hatte. Bevor sie aussteigen konnte, griff er allerdings noch nach ihrem Arm: "Jeder der uns nicht begegnet, muss fürs erste auch nichts davon erfahren. Okay?" gab er, noch immer mit kratziger Stimme von sich, verzog leicht das Gesicht, weil auch sprechen den Kiefer auf schmerzhafte Weise beanspruchte - sah man mal ganz von der geschwollenen Lippe ab, an deren Stelle die Haut beim reden ziemlich unangenehm spannte. Aber es war auszuhalten. Am schlimmsten waren die Schmerzen im Brustbereich - vermutlich hatte er den ein oder anderen Schlag abbekommen, mit etwas Glück waren es aber nur Prellungen. Das wäre zwar noch eine Weile schmerzhaft, aber nicht weiter tragisch, es würde heilen.
In der Lagerhalle also, Solane nickte nur ein wenig auf sein "eigentlich komisch" - Icarus hatte recht, normalerweise saß Dwayne am liebsten hinter seinem Tisch und dirigierte oder drohte Leuten, aber er machte sich nicht selbst die Finger schmutzig. Aber naja, war nicht ihr Problem, solange der Wagen hier war, war ja alles okay. Andernfalls könnten sie ein Problem bekommen, weil der Kerl ja scheinbar recht durchgeknallt sein könnte - wenn der Wagen also nicht da sein würde, war nicht vorauszusehen was geschehen würde, aber erfreut würde der Typ dann mit Sicherheit nicht sein. "Wird schon seinen Grund haben.." erwiderte sie nur, bevor sie seinen weiteren Worten lauschte, dabei allerdings ihren Blick auf den Wagen richtete, der sich ihnen nun näherte. "Na das klingt doch fabelhaft..." meinte sie, definitiv ironisch, verzog leicht das Gesicht. Wieso so einen Bekloppten Typen? Nun ja, vielleicht fiel er ja auch aus dem Raster und war ganz handzahm, wer wusste das schon. Bevor Icarus ausstieg, nahm auch Solane die Waffe die sie mitgenommen hatte heraus, wobei sich das Metall kalt und wenig angenehm in ihrer Hand anfühlte. Langsam strich sie mit dem Zeigefinger über den Lauf der Waffe, bevor sie tief durchatmete und dem jungen Mann aus dem Wagen folgte, die Beifahrertür schloss und sich vornahm, dieses Mal einfach... cool zu bleiben, egal was passieren würde - wobei sie inständig hoffte, dass einfach nichts passierte. Die Schultern gestrafft, neutraler Blick, Kinn leicht in die Höhe - nicht zu übertrieben, versteht sich. Aber zumindest nach außen hatte sie gerade die Ruhe weg - innerlich sah das ein wenig anders aus, aber der Kerl hatte mit Sicherheit nicht den Röntgenblick, somit war das okay. Fürs erste.... das Reden würde sie dennoch Icarus überlassen - sicher war sicher.
"You can fool all of the people some of the time, and some of the people all of the time, but you can't fool all of the people all of the time."
Ich hatte gerade schon nach dem Henkel der Fahrertür greifen wollen, als der junge Mann neben mir mich dazu anhielt, noch kurz damit zu warten. So wandte ich mich ihm wieder zu, folgte mit aufmerksamem Blick seinen Worten und nickte ohne große Umschweife. "Hab ich mir schon gedacht, ja." fügte ich meinem Nicken noch ein paar Worte hinzu. Immerhin ging es nicht wirklich jemanden was an, wie es zu seinen Wunden gekommen war - wobei ich das ja selbst nicht einmal wusste - und es sollte ihm in seinen Zustand ohnehin besser niemand auf die Nerven gehen. Nicht, weil es schädlich für seine Gesundheit war, sondern weil er wohl kaum im Stande war, nervige Personen erfolgreich abzuwimmeln, wenn sie nicht gehen wollten. Ich stieg aus dem Wagen und ging zur Beifahrertür, um dem Italiener vorsichtig aus dem Auto zu helfen. Es war schon ein wenig erschreckend, wie der sonst so fitte Kerl zugerichtet worden war, das konnte wohl kaum ein fairer Kampf gewesen sein. Diesen Gedanken behielt ich aber erst einmal für mich, als wir nach drinnen gingen, wo es recht ruhig zu sein schien - klar, es war ja noch Deal- und Auftragerledigungs-Zeit, da waren nicht viele Leute im Haus. Der anstrengendste Akt war für mich definitiv als es daran ging, Domenico die Treppe hochzukriegen. Er wurde mit jedem Schritt schwerer und nur mit Müh und Not schaffte ich es, ihn bis zum Badezimmer nahe unserer Zimmer zu bringen. Dort setzte ich ihn auf dem Klodeckel ab, lehnte ihn dann vorsichtig ein wenig nach hinten, damit er halbwegs gerade saß. So gut, wie es ihm eben möglich war. Mir fiel eine große Last von den Schultern, wortwörtlich, als ich wieder ohne die zig Kilo durch den Raum gehen konnte. Ich schloss noch die Tür ab - was ich ja so gerne vergaß - und ging dann zu dem kleinen Medizinschrank, in dem ich hoffentlich genug Zeug finden würde, um den jungen Mann bestmöglich zusammen zu flicken. Glücklicherweise fand ich fast alles dafür, machte dann aber erstmal einen alten Waschlappen mit katem Wasser nass und drückte ihn aus, um ihn anschließend Domenico in die Hand zu geben und die Hand samt Waschlappen behutsam auf sein geschwollenes Auge zu legen. "Kühl das mal ein bisschen damit, solange ich hier Zugange bin." wies ich ihn an, bevor ich mir ein feuchtes Tuch mit Desinfektionsmittel nahm, um das Blut von seiner Gesichtshälfte und der Platzwunde zu wischen, die inzwischen zumindest zu bluten aufgehört hatte. Erst zog ich aber noch schnell meine Jacke aus, weil ich bei der Schwerstarbeit ins Schwitzen gekommen war, dann machte ich mich aber gleich an die Wundversorgung, damit der Kerl bald ins Bett konnte. Das hatte er dringend nötig.
Na dann mal an die geliebte Arbeit - ha, ha, ha. Wie vermutet waren wir in der Unterzahl, als nach und nach sage und schreibe vier Typen aus der Karre stiegen: Zwei Bodyguards mit AK's bewaffnet, was schonmal nicht gut war, ein Typ mit dem Geldkoffer unterm Arm und der Boss selbst, der ein ziemlich grausames Gesicht hatte. Voller Brandnarben, so wie ich das sehen konnte. Er jedoch hielt sich mit seinem Geldverwalter zwischen seinen Wachhunden, schien selbst unbewaffnet zu sein. Er ließ den Blick kurz schweifen, ehe er skeptisch zu uns sah. "Wo ist die Ware?" fragte er zynisch, kniff die Augen ein wenig zusammen und verschränkte die Arme vor der relativ schmalen Brust. Nein, besonders angsteinflößend wirkte er trotz der Narben nicht auf mich, dazu war er einfach - typisch japanisch - viel zu klein. "Karre in der Halle und der Rest im Auto. Gehen wir erstmal rein." gab ich relativ ruhig, wenn auch bestimmt von mir und bedeutete unserem Gegenüber, dass sie aber gefälligst vor uns liefen, damit weder Solane, noch ich Gefahr liefen, uns unerwartet eine Kugel einzufangen - genug davon hatten sie auf jeden Fall dabei. Der Jakuza zögerte, bedeutete dann aber einem seiner beiden Bodyguards, mit ihm voraus zu gehen, während die anderen beiden warten sollten. Ich deute der Blondine, dass sie mit den anderen beiden Japsen hier draußen warten, sie ihm Auge behalten sollte, bevor ich mit dem Chefchen und seinem Macker in der Halle verschwand. Dort deckte ich mit der Waffe in der Hand den Wagen auf, der dann - offenbar frisch durch die Waschstraße gefahren - in seiner vollen Pracht ersichtlich war. Ich für meinen Teil fand den hellgrünen Lack ja furchtbar, aber war ja unwichtig für den Deal. Der Ex-Kajuza beäugte den Wagen und warf einen Blick unter die Motorhaube, bevor er diese nickend schloss. "Jetzt den Rest." forderte er, bevor er vor mir wieder aus der leicht baufälligen Halle ging. Wieder sicher draußen angekommen sah ich zu Solane, die alles halbwegs im Griff zu haben schien - auch ihre Emotionen. "Hol das Paket aus dem Auto." wies' ich sie an, aber in deutlich weniger rauem Ton, als ich mit dem Japaner gesprochen hatte.
In dem Moment war er Sierra einfach nur unsagbar dankbar dafür, dass sie wohl ohnehin vor gehabt hatte diese Sache hier vertraulich anzugehen und nicht an die große Glocke zu hängen. Es würden ihm so oder so fragen gestellt werden, weil die Wunden vermutlich nicht morgen schon wieder verheilt und verschwunden sein würden. Und eigentlich hatte er keine Lust Fragen zu beantworten, weil er sich dafür irgendwelche Lügen ausdenken müsste, einfach weil das was da passiert war sein Ding war. Seins und es ging einfach absolut niemanden etwas an. Ein Danke sparte er sich erst mal, so wenig Reden wie möglich war immerhin weniger Schmerzvoll. Er war zwar normalerweise echt kein Jammerlappen, aber gerade wünschte er sich nicht nur eine Schmerztablette, wirklich nicht. Bereitwillig ließ er sich von Sierra aus dem Wagen zerren - was noch die einfachste Aufgabe bleiben sollte, denn als die Stufen vor ihm auftauchten, hätte er sich zugegebenermaßen am liebsten einfach auf den Boden gesetzt und keinen Schritt mehr getan. War aber nicht unbedingt sinnvoll, deswegen griff er mit der einen Hand nach dem Treppengeländer, in der Hoffnung die zierliche Brünette so etwas entlasten zu können. Ob es klappte oder nicht wusste er nicht - ahnte aber eher, dass es nicht so war, weil Sierra ziemlich schwer atmete, als er endlich seinen Platz auf dem Klodeckel gefunden hatte. Was weiter geschah bekam er nur vage mit, er hatte nämlich schon die Augen geschlossen als sie mit dem Waschlappen kam, den sie ihm in die Hand drückte, seine Hand dann zu seinem Auge führte, was im ersten Moment echt unangenehm war, die schmerzende Stelle anschließend aber wirklich angenehm betäubte. "Weißt du was jetzt noch fehlt?" fragte er, bevor er husten musste - was wiederum weniger angenehm war und die leichte Ironie in seiner Stimme auch sogleich versiegen ließ. Während sie sich daran machte sein Gesicht mit Desinfektionsmittel zu reinigen, schloss Domenico wieder die Augen - oder das Auge - und ließ sie einfach machen, auch wenn es hier und da ziepte. Solange er sich nicht bewegte und so flach atmete wie möglich, waren die Schmerzen durchaus aushaltbar.
Vier. Sie waren zu viert, während Icarus und Solane keine weitere Unterstützung hatten. Würde das hier eskalieren, säßen sie definitiv am kürzeren Hebel. Das Gefühl war nicht gerade beruhigend, konnte aber nicht geändert werden, sodass sie sich relativ entspannt - war gar nicht so einfach - gegen die Motorhaube des schwarzen Audis lehnte, aufmerksam die Konversation beobachtete, aber erst richtig Herzrasen bekam, als sie hier draußen alleine mit den Zwei Mitbringseln des Japaners gelassen wurde. Am liebsten wäre sie Icarus trotzdem hinterher gedackelt, zwang sich aber mit einem Nicken stehen zu bleiben wo sie war, den Dreien noch kurz hinterher zu sehen, bevor ihr Blick zu den Beiden ihr gegenüber glitt. Sie wechselten ein paar Worte - allerdings in einer Sprache die sie nicht verstand, Solane vermutete stark, dass es sich dabei um Japanisch handelte, auch wenn sie es nicht mit Sicherheit sagen konnte, weil sie die Sprache eben nun mal kein bisschen sprach. Nun ja, sie schienen sich auf jeden Fall relativ wenig für die Blondine zu interessieren, die, sobald sie eine Bewegung aus den Augenwinkeln wahr nahm, wieder ihren Blick zum Ausgang der Lagerhalle richtete, aus dem gerade Icarus mit den anderen Zweien wieder heraus kam. der Japaner hatte ein recht zufrieden wirkendes Gesicht - wenn sie das denn so sagen könnte, denn wirklich definierbar war sein Gesicht im Allgemeinen nicht. Es wirkte eher so, als hätte er nicht mehr ganz alle Nerven unter Kontrolle. Es wirkte ziemlich emotionslos, aber hey - auch sein Bodyguard wirkte entspannt (wenn man die Waffe in seiner Hand nicht beachtete). Der Wagen schien ihnen also halbwegs gefallen zu haben. Oder sie logen ausgezeichnet, was in der Szene immerhin auch nicht selten vorkam. Als Icarus die Blondine anwies das "Paket" zu holen, stieß sie sich wieder vom Wagen ab, steckte die Waffe fürs erste wieder zurück unter den Gürtel und öffnete wenig später die Tür des Wagens, um einen schwarzen, schlichten Koffer herauszunehmen. Mit diesem ging sie wieder um den Audi herum, hielt ihn mit einem Arm fest, öffnete ihn mit der anderen Hand als sie neben Icarus angekommen war und gab ein "Es ist alles da, wie abgemacht" von sich, blickte dem Japaner offen in das geschundene Gesicht - was zugegebenermaßen gar nicht so einfach war. Sie hatte viel mehr das Bedürfnis den Blick schnell wieder abzuwenden.
"You can fool all of the people some of the time, and some of the people all of the time, but you can't fool all of the people all of the time."
Was jetzt noch fehlte? Hm. Angesichts des Hauchs von Ironie in seiner Stimmlage war ich mir nicht ganz sicher, worauf er hinaus wollte, ließ mich davon bei meiner "Arbeit" aber nicht irritieren. So tupfte ich alles weg, bis sein Gesicht wieder blutfrei war, schnappte mir anschließend einen winzigen Klebestreifen mit gepolsterten Unterseite, mit dem ich die Platzwunde so fixierte, dass sie nicht bei einer unbedachten Bewegung oder einfach auch beim Schlafen wieder aufriss. Wobei ich nicht wusste, ob er mit den Schmerzen überhaupt einschlafen können würde. "Wenn es kein Morphium ist, wirst du mir die Antwort sicher gleich verraten." antwortete ich leicht sarkastisch, jedoch in allgemein eher konzentriertem, ruhigen Ton. Schmerztabletten waren tatsächlich keine mehr in dem Schrank gewesen, was wirklich unvorteilhaft war. Wahrscheinlich benötigte der junge Mann die mit am meisten, damit er überhaupt erst einschlafen konnte. Ich griff nach dem unteren Saum seines Shorts und hob es leicht an, fand an seinem Oberkörper einige blaue Flecken, die schon jetzt hässlich aussahen und morgen noch viel schlimmer sein würden. "Du hast ganz schön was abgekriegt.." stellte ich fest, als ich einmal vorsichtig seine Rippen abtastete. Durch die Schwellungen konnte ich nicht viel spüren und wollte ihn auch nicht zu sehr unter den Berührungen leiden lassen, weshalb ich den Saum wieder sinken ließ und ihm in die Augen, beziehungsweise ins Auge sah. ".. hast du noch Schmerztabletten bei dir? Sonst hol' ich dir welche von meinen." fragte ich Domenico, ohne den Blickkontakt zu unterbrechen, wobei er einfach nur furchtbar gequält aussah.
Solane wirkte insgeheim erleichtert, als ich wieder zurückkam. Aber wer konnte ihr das verübeln, schließlich waren wir verhältnismäßig schlecht bewaffnet und sie auch noch körperlich gesehen nicht wirklich im Stande, den beiden anderen Etwas entgegen zu setzen, sollten sie auf sie losgehen. Dem schien aber nicht so und bisher wirkte auch Alles recht ruhig. Wahrscheinlich hatte ich mir umsonst Sorgen gemacht, mich völlig grundlos verrückt gemacht. Aber das wäre im Grunde ja nur gut für uns. Der Käufer beäugte die Ware von Weitem, schien sich sicher zu sein, dass es sich bei dem Pulver nicht nur um Mehl handelte. Wenn man sich damit auskannte, sah man das aber eigentlich auch auf den ersten Blick. Er nickte wieder, was ich ihm angesichts der nicht gerade kleinen Menge an Drogen auch geraten haben wollte. Mit der Karre machte er auch einen sehr guten Fang, Darren hatte da viel Herzblut reingesteckt. "Ich will das Geld sehen." stellte ich dann auch meine einzige Forderung, wobei der mit dem Narbengesicht seinem Geldfutzi Irgendwas auf Japanisch zuquasselte, bevor dieser ein paar Schritte nach vorne trat und den Koffer für mich öffnete. Schien, so wie ich das grob im Kopf durchzählen konnte, alles da zu sein, was Dwayne verlangte und das war alles Andere als wenig. Ein Jammer, dass weder Solane, noch ich auch nur einen Hauch davon abbekommen würden. Ich warf der jungen Frau einen Blick zu, ehe ich nur karg das Wort "Tauschen." von mir gab und die Augen - ebenso wie meine Waffe - wieder auf das Gegenüber richtete. Nein, ich traute denen immernoch nicht. Kein Stück.
Ja - das würde er wohl. Zwar könnte er Morphium auch ziemlich gut gebrauchen und würde auch gewiss nicht Nein dazu sagen, aber das hatte er tatsächlich nicht gemeint. "Das knappe Schwestern-Outfit" teilte er ihr also mit, verzog die Lippen zu einem leichten Grinsen - was eher wie eine Grimasse aussah und höllisch weh tat, somit bereute er es auch sogleich wieder und das Möchte-gern-Grinsen versiegte sofort wieder. Auch den Saum seines Shirts durfte sie ohne Einwände nach oben schieben - hatte sie seit letzter Nacht doch so oder so alles gesehen was er zu bieten hatte. Obwohl es gestern wohl ein deutlich schönerer Anblick gewesen war. Wobei er unter dem ein oder anderen sanften Druck ihrer Hände leicht zusammen zuckte, einfach weil es unangenehm war. An der einen Stelle konnte er sich auch ein leises Grummeln nicht verkneifen, nach dem er die Luft einen Moment anhielt um den Schmerz so im Keim zu ersticken. Klappe eher schlecht als recht. "Hm?" er war im ersten Moment so konzentriert gewesen, dass er ihre Worte gar nicht richtig wahr genommen hatte, sie erst relativ spät wahr nahm und auch verarbeitet hatte: "Ich müsste noch welche haben, denk ich." teilte er ihr mit, ging in seinem Kopf den Inhalt der Schublade seines Nachtschränkchens durch. Ja, da dürfte definitiv noch was drin sein. Ob er wohl ein Auge zu bekommen würde? Ohne auf keinen Fall, andernfalls gab er sich eben die volle Dröhnung, dann schlief er die nächsten vierundzwanzig Stunden erst mal durch. Und wenn nicht warf er sich eben auch noch eine Schlaftablette ein. Auf ihr 'du hast ganz schön was abgekriegt' hatte er nur leicht mit den Schultern gezuckt, wusste er doch nicht wirklich eine brauchbare Antwort darauf außer vielleicht ein 'kann schon sein' - aber das sah sie ja selbst.
Schien sie zu überzeugen, der Anblick. Solane schloss den Koffer also wieder, ließ den Blick einen Moment auf dem Koffer mit dem Geld ruhen, bevor sie den Koffer mit den Drogen an den zweiten Handlanger abgab, der, der das Geld nicht hielt - der übergab das nämlich gerade Icarus. Ihr war noch immer ganz flau im Magen - wobei Icarus mit seiner geladenen Waffe und dem misstrauischen Blick, sowie der äußerst abweisenden Haltung einen sehr, sehr großen Teil dazu beitrug. Dabei lief doch bis jetzt alles wie am Schnürchen. Solane entspannte sich schon fast wieder, als sie den Koffer mit den Drogen aus der Hand los war - sie hasste das. Sie hasste es wirklich total. Nicht, weil das Zeug so grauenvoll war, sondern weil sie jedes Mal das dringende Bedürfnis verspürte hineinzugreifen und sich einen kleinen Vorrat anzulegen, weil das früher eben ihre oberste Priorität gewesen war um den Tag oder die Nacht erfolgreich hinter sich zu bringen ohne durchzudrehen. So fiel auch in diesem Moment eine riesige Last von ihren Schultern, als sie das Teil los war. Vielleicht der Auslöser dafür, dass der Kerl der ihn ihr abgenommen hatte ihr einen äußerst misstrauischen, sehr fraglichen Blick zuwarf, bevor sein Blick auf den Koffer glitt - was erwartete er? Dass er gleich explodierte?
"You can fool all of the people some of the time, and some of the people all of the time, but you can't fool all of the people all of the time."
Dass er in seiner Lage noch Witze reißen konnte, war mir ja fast ein Rätsel. Da ging es ihm wirklich ersichtlich hundsmiserabel, aber Hauptsache er konnte sich mich noch als heiße Krankenschwester vorstellen, die ihm das bettlägrig sein versüßte. Ich konnte darüber wirklich nur grinsend den Kopf schütteln. "Klar, ich geh gleich morgen eins besorgen." erwiderte ich reichlich sarkastisch, weil das natürlich nicht passieren würde. Mit knappem Outfit könnte ich ihm zwar schon dienen, aber nicht im Krankenschwester-Stil - zumal ihm sowas eigentlich ohnehin nicht zustand. Immerhin sollte das, was letzte Nacht passiert war, lieber nicht nochmal passieren, um unser beider Willen. "Hast wohl einen Schlag zu viel abgekriegt, mein Bester." fügte ich noch hinzu, ehe ich von der Bettkante aufstand. Er brauchte mich wohl vorerst nicht mehr, denn gegen die zahlreichen Hämatome und möglicherweise auch Prellungen konnte ich nicht wirklich Etwas ausrichten. Das musste von selber abklingen, so leid mir das für den jungen Mann auch tat. "Brauchst du sonst noch was?" fragte ich ihn aufrichtig, würde ihm ohne Widerrede noch einen Gefallen tun, sollte er irgendwas benötigen. Noch eine Flasche Wasser oder so, an was Anderes dachte ich da weniger.
Er bekam sein Heroin und ich bekam das Geld - soweit, so gut. Lief alles ausgezeichnet und eigentlich ging ich nicht wirklich davon aus, dass es jetzt noch weitere Komplikationen geben würde. Schließlich war alles gelaufen und so warf ich dem Jakuza nur noch den Autoschlüssel zu, den er locker aus dem Handgelenk auffing. Ich warf noch einen prüfenden Blick auf den Geldkoffer, ehe ich die Waffe dann doch weg steckte, weil es keinen Grund für weitere Drohung zu geben schien. "Hat mich gefreut, mit Ihnen Geschäfte zu machen." sagte ich noch in recht rauem, aber dennoch eher entspannten Ton. Die Hunde des Japaners verzogen sich nach und nach zurück in den dunklen Jeep, verstauten ihre Sachen. "Mich auch." erwiderte er und nickte leicht, fixierte mich noch einen Augenblick lang mit seinen Augen. "Obwohl ich mir ja nicht sicher war, ob man euch trauen kann, nachdem einer meiner Geschäftspartner so enttäuscht wurde." fügte er dem Ganzen noch an und ich wusste nicht wirklich, worauf er damit hinaus wollte. Immerhin erledigten wir unsere Geschäfte für gewöhnlich mit Sorgfalt und auch ehrlich, wenn man das auch nicht von einer Drogendealer-Gang erwarten mochte. So warf ich einen fragenden Blick zu Solane, die aber ebenfalls nicht zu wissen schien, was der Kerl meinte. "Was meinen sie damit?" fragte ich und zog eine Augenbraue nach oben, richtete den Blick wieder auf den Käufer. "Ach, wissen sie nicht davon?" fragte er höhnisch, kicherte so ein bisschen. Schien er lustig zu finden, ich aber eher weniger, weshalb sich mein Blick hinter den Gläsern der Sonnenbrille verdunkelte. "Einer eurer Leute hat ihn übers Ohr gehauen. Hat seine Männer erschossen und ist mit Geld und Ware wieder verschwunden. Irgend so ein tätowierter Freak, aber die Eagles haben das ja Gott sei Dank beglichen." vollendete er seine kurze Erklärung, zuckte mit den Schultern und wandte sich von uns ab, ging wieder in die Lagerhalle. Deswegen also war Darren drauf gegangen. Weil er gedacht hatte, dass er mal eben gegen unsere Regeln verstoßen konnte, ohne, dass es irgendwelche Folgen haben würde. Was in meinen Augen aber noch viel wichtiger war: Ich hatte die Bestätigung, dass ich mit meiner Vermutung richtig lag.
Das klang doch gut - auch wenn Domenico trotz Schädelweh durchaus bewusst war, dass das nicht geschehen würde und mehr Wunschdenken bleiben würde. Aber hey, man durfte es sich ja zumindest vorstellen, vor allem in seiner Lage oder nicht? Naja, Domenico war normalerweise echt niemand der in Selbstmitleid versank oder gar seine Schmerzen nach außen hin zeigte. Hier war gerade aber nur Sierra und er konnte wohl kaum leugnen, dass er Schmerzen hatte. Also würde er es auch nicht tun, dabei würde er sich vermutlich nur lächerlich machen. Immerhin lag er nicht heulend hier rum, sondern biss die Zähne soweit es ging zusammen, schluckte einen Teil der Schmerzen runter, soweit es ihm eben möglich war. Und wer wusste schon? Vielleicht würde die Welt morgen schon wieder ganz anders aussehen, auch wenn er normalerweise kein sonderlich optimistischer Mensch war. Solange nichts gebrochen oder innerlich verletzt war - und dann würde er vermutlich den Weg ins Schlafzimmer echt nicht mehr machen - würde es auch wieder ohne Probleme heilen. In seinem Zimmer angekommen ließ er sich mit Sierras Hilfe aufs Bett sinken, wo er sich auch geradewegs nach hinten fallen ließ - einfach weil das am wenigsten schmerzvoll war. "Wenn du mir noch ein Glas mit Wasser holen könntest..." begann er, unternahm zwar nochmal den Versuch sich aufzusetzen, scheiterte aber und schaffte es so gerade noch sich zur Seite zu drehen und die Schublade seines Nachttischchens aufzuziehen, dort die Schachtel mit den Schmerztabletten rauszuholen. Eigentlich brauchte er die echt sehr selten, gerade würde er sich aber am liebsten die gesamte Schachtel einwerfen. Zwei würde er auf jeden Fall nehmen und wenn es nichts taugte, dann auch gerne noch eine dritte. Aber er würde erst mal Zweien die Chance geben. Als Sierra mit dem Glas zurück war, nahm er es dankend entgegen, schluckte daraufhin auch schon die zwei Tabletten, die er aus der Schachtel gelöst hatte und stellte das halbvolle Glas neben sich auf dem Nachttischchen ab, bevor er nochmal zu Sierra sah: "Ich bin dir was schuldig." Das war wohl seine Art sich zu bedanken, besser wie gar nicht.
Was? Irgendwie ging alles ganz schnell und Solane brauchte einen Moment um zu begreifen, was sie hier gerade erfahren hatten. Die Eagels? Also waren sie tatsächlich für Darrens Tod verantwortlich? Solane war sich nicht sicher, ob sie das gut oder schlecht finden sollte... Die Solid Eagels hatten echt nicht den besten Ruf - zwar schon in dem, was sie taten - aber eben auch nur darin; immerhin waren sie Auftragskiller, die man für eine ordentliche Summe an Geld damit beauftragen konnte jede beliebige Person zu killen, ohne sich dabei die Hände schmutzig machen zu müssen. Demnach war der Gedanke daran, dass sie Schuld an Darrens Tod waren und somit auch die Tatsache, dass wenn Dwayne es erfahren würde Rache anstand... nun ja - dann sah es für keinen gut aus; nicht für die zielsicheren Eagels und auch nicht für die Massics, so viel stand wohl fest. Der Blondine wurde ganz flau im Magen, während sie dem Japaner ungläubig hinterher starrte, wie er schließlich ins Auto stieg und dieses davon rauschte. "Das..." begann sie, brach aber wieder ab, weil sie gar nicht so recht wusste was sie sagen wollte oder sollte. "..wenn wir das Dwayne sagen, dann" Ja, was dann? Dann würde er austicken, eine Kurschlussreaktion haben und vermutlich würden einige dafür ihr Leben lassen, nicht nur bei den Eagels, sondern auch bei den Massics. Solane konnte schon vor sich sehen, wie sie zwei weitere Gräber schaufeln mussten, bei dem Gedanken merkte sie auch direkt wieder den Muskelkater in den Schultern und Armen vom Grab schaufeln für Darrens Leiche.
"You can fool all of the people some of the time, and some of the people all of the time, but you can't fool all of the people all of the time."
Gut, mit einem Glas Wasser konnte ich Domenico natürlich problemlos dienen. So machte ich mich gleich auf den Rückweg nach unten, wo ich ihm eines der größeren Gläser mit Wasser füllte uns dann ans Bett brachte. Seine folgenden Worte nahm ich als eine Art von speziellem "Dankeschön" wahr. Er nannte es zwar nicht beim Wort, aber er schien mir ehrlich dankbar zu sein, das konnte ich ihm ansehen und so reichte mir das auch aus. "Ja allerdings, das bist du." bestätigte ich ihm grinsend seine Aussage, wobei ich seine Dankbarkeit keinesfalls ausnutzen würde für irgendeinen Unsinn. War eher nicht so meine Art, wenn man vom davon absah, dass ich mir gerne mal Getränke für Nichts bezahlen ließ. Aber das war eine andere Sache. "Dann versuch' mal zu schlafen.. falls irgendwas ist, kannst du ja durchklingeln." meinte ich und zeigte auf das Smartphone in meiner rechten vorderen Hosentasche. Zwar glaubte ich nicht, dass er meine Hilfe noch brauchen würde und hoffte auch, dass er mich nicht beim Schlafen aufwecken würde, aber ich wollte trotzdem so nett sein und ihn nicht im Stich lassen, falls er sich bei irgendwas nicht selbst helfen konnte, weil er noch so geschwächt war. Ich wuschelte dem Italiener ganz leicht, vorsichtig durch sein etwas wirres, schwarzes Haar - um ihm nicht unnötig weiter Schmerzen hinzuzufügen - und wandte mich dann in Richtung Zimmertür, um den Weg in mein eigenes Zimmer einzuschlagen. War genug Aufregung für heute gewesen, es reichte erstmal wieder für ein paar Tage.. oder so.
Es dauerte noch einige Sekunden, bis ich die Worte vollends verarbeitet hatte und Solane schien es ebenso zu gehen, weil sie nicht besonders sinnige Worte von sich gab. Wir waren wohl beide einfach perplex davon, dass sich die Sache unerwartet so rasant von selbst aufgeklärt hatte und noch dazu waren wir uns im Unklaren, wie wir damit jetzt umgehen sollten. Wie sie schon sagte, war es nicht wirklich eine Option, die Sache an unseren Chef weiterzugeben, weil das sicher nicht ohne den einen oder anderen Toten einher ging und ich nicht wirklich Lust hatte, mit Pech unter der Erde zu liegen. Mein Leben mochte nicht perfekt sein, eher war es alles Andere als das, aber eine Kamikaze-Aktion wollte ich trotzdem ungern hinlegen. Ich schüttelte den Kopf, um mich wieder zurück zu holen und sah rüber zu Solane. "Ich hab nicht die leiseste Ahnung, was wir jetzt damit anfangen sollen." stellte ich auch noch einmal wörtlich fest, nahm die Sonnebrille mit der rechten Hand ab und fuhr mir mit der anderen Hand durchs Haar, machte zwei Schritte vorwärts und drehte mich dann wieder zu meiner Partnerin um. "Aber nein, das können wir Dwayne echt nicht stecken, der dreht sonst vollkommen am Rad." fügte ich noch hinzu und seufzte hörbar. Langsam ging ich zurück zu unserem Wagen, stellte den Geldkoffer im Fußraum hinter dem Fahrersitz ab und schloss die Tür wieder.
Ja - und er würde darauf zurückkommen, wenn er in der Lage war ihr auch einen Gefallen zu tun - oder eben wenn sie einen brauchte; das würde sich dann eben zeigen. Aber das hatte wohl fürs erste mal Zeit, er bezweifelte wirklich, dass er morgen wieder fit genug sein würde etwas anderes zu tun außer vielleicht hinunter in die Küche zu kriechen und seinen leeren Magen zu füllen. Ihr Angebot mit dem Handy nahm Domenico mit einem Nicken so hin, für den Fall der Fälle - auch wenn er keineswegs vorhatte dieses Angebot anzunehmen. Kurz darauf verließ Sierra sein Zimmer, schloss die Tür hinter sich und der Italiener schloss die Augen, brauchte zwar noch einige Stunden bis er tatsächlich einschlief, tat es aber - vermutlich der dritten Tablette zu verdanken die er sich später noch eingeworfen und mit dem restlichen Wasser runtergespült hatte. Dank dieser blieb der Schlaf auch ziemlich traumlos, sodass er weder zwischendurch aufwachte, noch sich unruhig hin und her wälzte oder etwas anderes dergleichen tat, wenn ihn - als er am nächsten Morgen relativ früh aufwachte - nicht alles täuschte, dann lag er noch immer genau so wie am Abend zuvor auf seinem Bett - nur, dass sich die Decke auf den Boden verabschiedet hatte. Aber das war nicht schlimm, trug er doch immer noch sein blutiges Shirt und die Jeans, sowie die Schuhe. Hatte er gestern wohl vergessen und wollte er jetzt nachholen, indem er sich aufrichten wollte um sie auszuziehen. Leider machte ihm die schmerzende Brust und der dröhnende Schädel einen Strich durch die Rechnung. Mit einem unterdrückten Stöhnen sank er schneller als ihm lieb war wieder zurück auf die Matratze, schloss die Augen wieder und atmete tief durch um es nach etwa fünf Minuten nochmal ein wenig konzentrierter zu versuchen. Und siehe da: es klappte, war also alles halb so wild, auch wenn er dabei noch immer ein unangenehmes Stechen in der Brust verspürte. "Verdammte Scheiße, Sucré, ich bring dich um, wenn ich dich nochmal zu Gesicht bekomme..." fluchte er leise vor sich hin, während er sich die Schuhe von den Füßen zog und sie achtlos auf den Boden vor dem Bett schmiss, erst jetzt fiel ihm auf, dass der unangenehme Geruch der ihm in der Nase hing wohl von ihm selbst kam, ebenso das blutige Shirt - er hatte dringend eine Dusche nötig und hievte sich daher schwer schnaufend aus dem Bett, um sich schließlich ein frisches Shirt, eine Boxershorts und eine Jogginghose aus dem Schrank zu nehmen, wobei das eine Auge schon wieder ein wenig abgeschwollen war, sodass er mit beiden halbwegs gut sehen konnte. Den Blick in den Spiegel hielt er sich für das Badezimmer auf, das er kurz darauf ansteuerte als wäre er ein alter, gebrechlicher Mann: steif, krumm und humpelnd - im Versuch die Schmerzen dabei so gering wie möglich zu halten.
Tja, jetzt wussten sie also was Sache war und doch wussten sie wiederum nichts. Das war doch... das war scheiße, weil sie einfach nichts damit anfangen konnten. Gar nichts. "Aber.. wenn wir es ihm nicht sagen und er bekommt es über jemand anderen raus oder weiß, dass wir es ihm verheimlicht haben.." Solane zögerte, konnte sie die kalte Klinge seines Messers wieder an ihrem Schlüsselbein spüren. Sie bekam bei dem Gedanken eine Gänsehaut, die keineswegs mit der zu vergleichen war, die sie noch am Abend zuvor bekommen hatte, als sie Icarus auf dem Schoß gesessen und ihn geküsst hatte. Gott nein, das war kein bisschen miteinander zu vergleichen. "..dann sind wir die nächsten, die neben Darren unter der Erde von den Würmern verspeist werden." Die junge Blondine verzog angewidert das Gesicht, wobei ihr bei dem Gedanken an Darrens Leiche ganz übel wurde. Sie beobachtete Icarus dabei, wie er den Koffer mit dem Geld in den Wagen verfrachtete - sie hatten Kohle, wenn es raus kam, waren sie tot, wenn sie es Dwayne erzählten, waren sie... naja, eventuell tot, je nachdem was er tun würde... gerade kam das Bedürfnis auf sich einfach den Koffer mit den vielen grünen Scheinen zu schnappen und einfach zu verduften. Was wäre daran so... abwegig? Die Welt war so groß, wieso sollte Dylan sie finden? Naja okay, das war wohl etwas übertrieben. Auch wenn das Bedürfnis durchaus da war. "Mir wäre es lieber gewesen, wäre uns deine Vermutung nie bestätigt worden.." murmelte sie, machte keine Anstalten in den Wagen zu steigen, sie hatte gerade irgendwie keine Lust zurück zum Haus zu gehen.
"You can fool all of the people some of the time, and some of the people all of the time, but you can't fool all of the people all of the time."
Ich hatte trotz der Geschehnisse am Vorabend einen ziemlich entspannten, ruhigen Schlaf. Schließlich war nicht ich diejenige mit den Schmerzen und hatte auch Nichts weiter zu befürchten, sollte Ashton erstmal Wind davon bekommen haben und unangenehme Fragen stellen. Klar, falls er mich dazu befragen würde, weil ich Domenico nun einmal nach Hause gebracht hatte, würde ich für den jungen Mann lügen. Einfach, weil ich nicht glaubte, dass er das so beabsichtigt hatte und er Ashtons Zorn nicht auch noch zusätzlich zu seinen körperlichen Schmerzen gebrauchen konnte. Ich machte mich auf den Weg zum Badezimmer, wobei ich besagten verletzten jungen Mann zu Gesicht bekam, der wohl Gleiches wie ich im Sinn hatte. So entschied ich mich dazu, das Badezimmer auf später zu verschieben und ihm mit einem "Guten Morgen." den Vortritt zu lassen, weil er das wirklich dringender nötig hatte, als ich selbst. So ging ich an ihm vorbei nach unten, um mir Kaffee zu machen und als dieser fertig war, zog ich mich noch schnell um und ging ich nach unten in den Fitnessraum. Einfach, weil ich ab und zu leichtes Krafttraining nutzte, um mich von einer normalen Frau auch in Sachen Kraft abheben zu können. Außerdem wollte ich wieder mal ein wenig Kickboxen, was ohne einen Boxsack schwierig war.
Ja, das war der nächste Punkt. Dwayne hatte seine Augen und Ohren gefühlt überall und so war es nahezu unmöglich, dem Kerl irgendetwas zu verheimlichen, vor Allem in seinen eigenen vier Wänden. Wenn er das herausfinden sollte, waren wir sowas von am Arsch und würden ganz sicherlich nicht ohne heftige Strafe davon kommen. War also auch keine gute Lösung. "Komm, fahrn wir erstmal.. irgendwo anders hin. Nicht, dass Dwayne jemanden nachsehen schickt, wenn ihm was zu lange dauert.." meinte ich leise seufzend, warf der jungen Blondine noch einen Blick zu und öffnete dann die Fahrertür des Wagens, um wieder hinters Steuer zu steigen. Ein wenig außerhalb der Stadt gab es den einen oder anderen Ort, an dem man bei einer schönen Aussicht in Ruhe nachdenken oder diskutieren konnte, wenn danach verlangt war. Denn, wenn man mich fragte, sollten wir uns besser erst einmal ein paar Gedanken machen, bevor wir nach Hause zurück fuhren. Einfach deshalb, weil auch ich durch die neuen Umstände innerlich ein wenig aufgewühlt war und auch, wenn mein Pokerface ziemlich überzeugend war, wusste ich in diesem Fall gerade nicht, ob ich es Dwayne gegenüber perfekt halten könnte. Wäre also ein wenig brenzlig. Bevor ich aber jetzt den Motor startet, sendete ich dem Chef erstmal eine Nachricht, dass alles soweit gut gelaufen und der Deal über die Bühne gegangen war, damit er für seinen Teil erstmal zufrieden gestellt war und Bescheid wusste.
Sierras 'Guten Morgen' erwiderte er mit einem 'Morgen' weil der Morgen für ihn zugegebenermaßen nicht sonderlich gut war. Aber hey - er konnte zumindest wieder alleine laufen, auch wenn er dabei aussah wie ein Krüppel. Im Bad entledigte er sich erst mal seinen Klamotten, dann trat er in die Dusche - in der er sich wie ein alter Mann gerade nichts lieber als einen Stuhl zum sitzen wünschte - und stellte das Wasser an, welches er von Minute zu Minute immer heißer treten, der kleine Raum in dichten Dampf eingenebelt war und seine Haut leicht brannte unter dem Wasserstrahl. Kein unangenehmes Brennen, ein angenehmes Brennen das seine Muskeln ein wenig auftauen und entspannen ließ. Er stand mit Sicherheit eine halbe Stunde bis Dreiviertel Stunde unter dem warmen Strahl, genoss das Nass und zwang sich dennoch irgendwann dazu mit schrumpeligen Fingern das Wasser abzustellen und sich mit einem Handtuch eher schlecht als recht abzutrocknen, weil vor allem im Brustbereich jede Berührung schmerzte, ein Blick in den Spiegel sagte ihm auch wieso: Ein recht großes, dunkellilanes Hämatom war darauf abgebildet, das höchstwahrscheinlich auf eine Prellung hinwies. Tat zwar höllisch weh, war aber mit Sicherheit bald schon wieder verheilt, demnach konnte er damit leben. Sein eines Auge und seine Lippe waren immer noch ein wenig geschwollen, dank Sierras Notverarztung gestern Abend sah es aber schon längst nicht mehr so schlimm aus. Zwar würde er die nächsten Tage ein Veilchen tragen, aber das war schon okay so. Er konnte es ja nicht ändern und würde sich bestimmt nicht Sierras Make-up aus dem Badezimmerschränkchen drauf klatschen. Ne, ne. Nach etwa einer Stunde im Badezimmer - er hatte sich dann noch angezogen und die Zähne geputzt, was länger gedauert hatte als sonst, aber er hatte ja Zeit, dann hatte er beschlossen nach unten zu gehen und zu sehen, was es so zu essen gab. Vielleicht hatte er Glück und jemand hatte gekocht. Zwar war noch vor Mittag, aber hey - hier war der Rhythmus eh am Arsch, manchmal gab es zum Frühstück Lasagne und zum Abendessen Marmeladenbrot oder sowas. Eben das worauf man Lust hatte. Unten kam ihm gerade Sierra aus dem Keller entgegen, ein wenig verschwitzt - vermutlich also aus dem Fitnessraum. "Hab ich mich schon bei dir bedankt?" wandte er sich recht spontan an sie, weil er ehrlich gestehen musste, dass der gestrige Abend ein klein wenig verschwommen war. Vermutlich hatte er einen Schlag zu viel auf den Kopf bekommen. "Ich mein - ich kann mich trotz Nüchternheit nicht mehr an alles erinnern, aber daran, dass ich dir zu verdanken habe, dass ich in meinem Bett schlafen konnte schon." klärte er sie auf.
Das war eine wirklich gute Idee. Wobei in Solanes Augen gerade so ziemlich alles eine gute Idee war, solange sie nicht nach Hause gehen mussten. Mit einem zustimmenden Nicken und einem leisen "Okay" ließ sie sich wenig später also neben Icarus, der noch schnell eine Nachricht tippte, auf den Beifahrersitz fallen. Dabei schwieg sie den ganzen Weg über, grübelte in Gedanken nach, was sie jetzt tun könnten. Wenn sie Dwayne etwas sagten, tickte er aus, ging auf Rachefeldzug gegenüber den Solid Eagels und stürzte sie damit alle in ein Unglück, wenn sie es Dwayne nicht sagten, war zwar die Chance da, dass er es niemals herausfinden würde, aber sie war relativ gering. Wenn er es heraus fand und erfuhr, dass sie es gewusst und ihm vorenthalten hatten, dann würde er sie Beide einen Kopf kürzer machen - und das nicht schnell und schmerzlos, sondern langsam und quälend, dessen war sie sich spätestens nach vorgestern Abend sehr, sehr sicher. Sowohl als auch, es waren keine sonderlich angenehmen Alternativen. Und eine dritte, die harmloser für sie ausging, fiel ihr nicht ein. Seufzend hob sie den Blick wieder, wobei ihr erst jetzt auffiel, dass der Wagen langsamer wurde und dann hielt. Sie war schon Ewigkeiten nicht mehr an diesem schönen Ort gewesen, der Blick von hier war atemberaubend. Man sah die Stadt, das Meer, vor allem am Abend bei Sonnenuntergang war es wunderschön hier. "Müssten wir nicht über Dwayne reden, wäre das hier fast romantisch..." teilte sie ihm grinsend mit, bevor sie die Autotür öffnete und ausstieg, sich kurz streckte, weil ihre Beine irgendwie eingeschlafen waren.
"You can fool all of the people some of the time, and some of the people all of the time, but you can't fool all of the people all of the time."
Ich hatte mich beim Trainieren echt mal wieder richtig ausgepowert, was wahrscheinlich auch dringend nötig gewesen war, um den Frust abzulassen, den ich neulich noch in Alkohol ertränkt hatte. Er war danach nämlich keinesfalls weg gewesen, eher hatte die Trinkerei meine Laune noch mehr in Mitleidenschaft gezogen und nach der körperlichen Anspannung fühlte ich mich irgendwie... befreit. Als ich den Raum also wieder verlassen hatte und im Erdgeschoss ankam, bekam ich auch Domenico erneut zu Gesicht, der sich wohl auf den Weg zu etwas Essbarem gemacht hatte. Ich beschloss den gleichen Weg einzuschlagen wie er und so ging ich langsam neben ihm her in Richtung Küche, strich mir eine Haarsträhne hinters Ohr, bevor ich antwortete. "Nur indirekt, aber ja, das hast du." entgegnete ich und lächelte ganz leicht, locker. Seine Erinnerungen an gestern schienen nicht ganz alle da zu sein, aber er schien ja immerhin wieder laufen zu können, was ein echt großer Fortschritt war. Ob ich ihn jetzt nach dem anstrengenden Training nochmal die Stufen hinauf bekommen würde, stünde nämlich in den Sternen. Als wir in der Küche ankamen war sie ausnahmsweise komplett leer, was hier eher selten vorkam. Einfach, weil hier viel zu viele Leute wohnten, um sich nicht ständig gegenseitig über den Weg zu laufen. Ich ging entspannt zu unserer Auswahl an Obst, schmiss mir schließlich einige Erdbeeren und eine Bananen in den Mixer, um mir einen Smoothie zu machen. Dabei betätigte ich den Mixer allerdings wirklich nicht länger als nötig, damit ich bei dem Italiener keine unnötigen Kopfschmerzen auslöste. Wusste ja nicht, wie empfindlich er jetzt noch war. "Wie gehts dir denn?" erkundigte ich mich nach seinem Wohlbefinden, als ich mir den Inhalt des Mixers in ein großes Glas goss.
Ja, da hatte sie wohl recht. Das hier wäre ein typischer Ort, um sein Date bei einem schönen Sonnenuntergang zu einem Kuss zu verführen und den Sonnenuntergang zu genießen. Nur hatten wir hier keine Verabredung und leider auch eine weitaus weniger schöne Beschäftigung, als uns in den Armen zu liegen und uns zu küssen. Ich stieg ebenfalls aus dem Wagen, musste auch leicht grinsen, obwohl meine Gedanken kurz zuvor noch mit sehr viel weniger angenehmen Dingen beschäftigt gewesen waren. Ich schloss die Tür auf der Fahrerseite und kramte auf dem Weg zur Front des Wagens eine Schachtel Kippen und mein Zippo aus der rechten Hosentasche. So zündete ich mir eine Zigarette an und setzte mich mehr oder minder auf die Haube des Wagens, weil es mir bei diesem hier vollkommen schnurz wäre, ob eine Beule drin war, oder nicht. Selbst wenn eine rein gekommen wäre, was dank der leichten Panzerung des Wagens aber nicht der Fall war, hätte ich sie ohnehin selbst wieder raus machen können. Wäre nicht die erste Delle, die ich korrigierte. So nahm ich erst einen Zug von der Zigarette, bevor ich auf die brennenden Lichter der Stadt runter sah und Solane antwortete: "Jep. Damit würde ich die Zeit hier auch lieber verbringen." stellte ich leicht belustigt fest, bevor ich erneut den Rauch der Zigarette in meine Lungen sog.
Immerhin das hatte er noch hinbekommen. Indirekt oder direkt war dabei ja relativ egal, hauptsache er hatte sich so bedankt, dass sie es wahr genommen hatte; er war nämlich nicht so gut darin sich zu bedanken. Das fiel ihm fast so schwer wie sich zu entschuldigen. Aber das hatte er in dem Fall ja nicht nötig gehabt; glücklicherweise. Hoffte er zumindest. Gemeinsam mit Sierra betrat er die Küche, leider schien es kein gekochtes Essen zu geben, weswegen er sich an den Kühlschrank schleppte, den er auf zog um sich wenig später Wurst und Käse raus zu holen.. er würde sich einfach ein Brot machen, das reichte fürs erste auch. Beides stellte er auf der Ablage ab, holte sich einen Teller, eine scheibe Brot und ein Messer, um sich dann ein Sandwich zu richten. Erst auf Sierras Frage wandte er ihr wieder den Blick zu, nickte leicht: "Ich glaub' ich hab echt Schwein gehabt, hätte schlimmer ausgehen können" teilte er ihr mit, zuckte leicht mit den Schultern - was ein Fehler war, das tat nämlich weh. Nachdem sein Brot belegt war, ließ er sich damit auf einen der Stühle fallen, war grade froh, dass hier niemand anzutreffen war außer die Brünette. "Mir gehts echt gut - im Vergleich zu gestern" beantwortete er ihre Frage auch noch direkter als zuvor, bevor er den ersten Bissen nahm: "Und dir?" Zwar war sie nicht zusammen geschlagen worden, aber die Frage konnte ja nicht schaden, oder?
Tja - konnten sie aber nicht, sie sollten nämlich eine Lösung finden. Solane trat einige Schritte vom Auto weg, ließ den Blick über die Stadt schweifen, bevor sie sich wieder Icarus zu wandte, der sich gerade eine Zigarette zwischen die Lippen geklemmt hatte und einen Zug nahm. Raucherin war sie noch nie gewesen, störte sich aber nicht daran wenn andere es taten, war sie es doch von Klein auf gewohnt, weil ihr Vater Gelegenheitsraucher war und das auch nie vor ihr verborgen hatte. Ein Wunder, dass sie sich ihn nicht zum Vorbild genommen hatte. "Am liebsten würde ich das Geld nehmen und einfach verschwinden; er kann uns ja nicht überall finden, oder?" Eigentlich sollte es wie ein Scherz klingen, allerdings war das Bedürfnis danach wirklich relativ groß, einfach um die Konfrontation mit Dwayne zu vermeiden. "Nein, mal ernsthaft; wenn wir es Dwayne sagen kann es böse Enden und wenn wir es ihm nicht sagen, wird es noch böser enden, wenn er es raus findet - und das wird er vermutlich." Seufzend ließ sie sich auf einen Baumstamm sinken, mit dem Rücken zum wunderschönen Ausblick über die Stadt, sah den jungen Mann etwas ratlos an.
"You can fool all of the people some of the time, and some of the people all of the time, but you can't fool all of the people all of the time."
Es schien ihm also schon ein wenig besser zu gehen, seinen Worten zur Folge. Erleichterte mich fast ein bisschen, weil er gestern einfach furchtbar schwach auf mich gewirkt hatte, was ich so von ihm nicht gewohnt war. War wirklich komisch gewesen, um ehrlich zu sein. So nickte ich für mich selbst kaum sichtbar, als ich seine Worte zur Kenntnis nahm und nahm dann einen Schluck des Fruchtgemisches. Ich schnitt mir dann ebenfalls noch eine Scheibe Brot ab und bestrich sie mit Frischkäse, setzte mich dann mit dem Brot und dem Glas an den Tisch, direkt neben dem jungen Mann. Nur, weil wir zusammen im Bett gewesen waren, hieß das ja jetzt nicht, dass ich einen Sicherheitsabstand einhalten musste, solange die Grenzen klar abgesteckt waren. Und das war ja, denke ich mal, auch der Fall. "Freut mich.. mir gehts auch gut soweit." beantwortete ich seine Gegenfrage in einem Zug, ehe ich ins Brot biss. Ich konnte es nicht verhindern, dass ich sein Gesicht noch einmal von der Seite musterte, während ich kaute. Einfach, weil die Wunden noch immer so deutlich sichtbar waren, wenn auch nicht mehr ganz so arg geschwollen wie noch am Abend zuvor.
Ja, war ein sehr schöner Gedanke. Einfach den Koffer unter den Arm klemmen und ab in die Ferne, wo wir uns mit dem Problem nicht mehr auseinander setzen mussten. Leider ein wenig unrealistisch, konnte ich nicht einfach mein ganzes Leben hier wegwerfen. Obwohl ich es nicht immer mochte, war es mir doch irgendwie wichtig. Wahrscheinlich deshalb, weil es alles war, was ich noch hatte. Die Massics waren meine einzige Form von Familie und es wären auch alle meine Freunde und Bekannten, die ich zurücklassen würde. Ebenso meinen Ruf, den ich mir woanders gänzlich neu aufbauen müsste. Letzteres würde mir zwar nicht sonderlich schwer fallen, aber es wäre anstrengend und ein Haufen Arbeit... von letzterem hatte ich so auch schon genug. In Ruhe nahm ich noch ein paar Züge von der Kippe, bevor ich zu Solane sah und leicht mit den breiten Schultern zuckte. "Keine Ahnung.. ich meine, vielleicht ist es trotzdem besser, wenn wirs ihm sagen. Er kann uns ja eh schon nicht leiden im Moment, da will ich nicht unbedingt rausfinden was er macht, wenn er rausfindet, dass wir ihm sowas Wichtiges verheimlichen..." fing ich an, meinen Gedanken ein wenig freien Lauf zu lassen, sie meiner weiblichen Begleitung mitzuteilen. "Viel Einfluss drauf was passieren wird haben wir dann zwar nicht, aber wir könnten dann zumindest versuchen, ihm irgendwie beizubringen, dass er vielleicht nicht gleich das Haus der Eagles in die Luft sprengen soll oder so'n Mist." redete ich nachdenklich weiter, nahm anschließend noch einen letzten Zug und ließ den Stängel fallen, trat ihn mit den Stiefeln aus und schob die Hände in die Hosentaschen.