Er hatte gut geschlafen, gedankt sei dem Alkohol, der sich zum Glück nicht zu Kopfschmerzen weiterentwickelt hatte. So wachte er am nächsten Morgen, oder eher Mittag, ausgeschlafen und relativ fit in dem breiten Bett auf. Dabei ließ er sich mehr als genug Zeit richtig wach zu werden, streckte sich mehrmals genüsslich und dachte gar nicht daran sich das aufkommende Gähnen zu unterdrücken. Der gestrige Job war gut gelaufen, er war sogar fast überzeugt davon, dass der Kerl der ihnen nach gekommen war sie nicht mal erkannt hatte. Mit Sicherheit konnte er es zwar nicht sagen, aber es war schon dämmrig gewesen und er noch relativ weit weg von ihnen, auch wenn ein gewisses Risiko da gewesen war. Und selbst wenn... zu ändern war es ohnehin nicht, er würde einfach sehen was sie auf den Job hin ereilen würde oder eben auch nicht. Nach etwa einer Stunde beschloss Domenico, sich endlich mal aus dem Bett und unter der warmen Decke hervorzuquälen. Gesagt, getan. So fand er sich wenig später in Boxershorts an und Jogginghose und Shirt in der Hand im Flur zum Badezimmer wieder. Dabei war er so in Gedanken, dass er das Plätschern hinter der Tür im ersten Moment gar nicht wahr nahm, die Tür öffnete und im Türrahmen stehen blieb; die Duschtür war meliert, also Blickdicht, aber das war ihm jetzt schon das dritte Mal passiert, weshalb er ein "Schließ endlich mal die Scheiß Tür ab, wenn du ins Bad gehst..." grummelte er. Klar, hier gab es mehrere Badezimmer, aber das hier war das nächste fuktionierende das zu seinem eigenen Zimmer lag, demnach war auch dieses Bad dasjenige, das er ansteuerte wenn er sich morgens eine Dusche gönnen und die Zähne putzen wollte. "..ich mein, wenn du nicht allein' duschen willst, kannst du das auch einfach sagen" klärte er sie noch auf, bevor er sich seine Zahnbürste aus dem Schränkchen über dem Waschbecken angelte und wieder dabei war das Badezimmer zu verlassen, um sich ein anderes Plätzchen zum wach werden zu suchen.
Sie hatte miserabel geschlafen, sie war ungefähr zehn mal wach gewesen, dabei immer Darrens toten Blick vor Augen und irgendwann, mitten in der Nacht, aufgestanden um sich die Füße zu vertreten. Dazu hatte sie sich einfach ihre Jogginghose geschnappt, sich ein paar Sneaker angezogen, war in ihre Lieblingsstrickjacke geschlüpft und eine Runde um das Gelände der Massics gelaufen. Das war relativ groß, musste ja auch einige Menschen und Autos beherbergen. Als sie wieder ins Haus kam, wurde es schon langsam heller, sodass sie sich im Bad die Zähne putzte, ein wenig frisch machte, auf ihrem Zimmer dann eine frische Jeans anzog und das überdimensional große Shirt zum schlafen gegen ein schlichtes, schwarzes Top austauschte, die Strickjacke fürs erste an behielt und dann langsam die Treppen hinunter in die Küche stiefelte, wo neben Icarus, der gerade sein Frühstück verräumte, noch Joyce und Jakson anzutreffen waren. Die Beiden fraßen sich aber gegenseitig fast auf, waren daher nicht die besten Gesprächspartner wenn man Solane fragte, sodass sie sich aus dem Kühlschrank fürs erste den Orangensaft nahm - sie hasste Kaffee, er schmeckte einfach nicht. Früher hatte sie immer gedacht, das würde mit den Jahren sicher noch kommen, so war es aber nicht. Und sie hatte auch nie das Gefühl gehabt er würde sie wacher machen, wenn sie sich doch mal an die schwarze Brühe gewagt hatte. "Morgen zusammen" warf sie dennoch in den Raum, auch wenn Joy und Jake sie kaum bemerkten, ihr nicht viel Aufmerksamkeit schenkten, was Solane mit einem "Pass auf, dass du sie nicht auffrisst Jake..." quittierte, woraufhin dieser ihr den Mittelfinger entgegen hielt, aber keine weitere Reaktion zeigte. Stattdessen wandte sie sich an Icarus "Wie hast du das mit den Beiden in einem Raum nur ausgehalten?" hakte sie mehr oder weniger interessiert nach, nahm einen Schluck von dem Orangensaft, bevor sie sich auf die Anrichte der Küche setzte, die Beine gemütlich baumeln ließ, dabei den Blick nach draußen vermied, weil eben in diese Richtung das noch offene Grab von Darren war.
"You can fool all of the people some of the time, and some of the people all of the time, but you can't fool all of the people all of the time."
Oh, hoppla. Nein, war nicht das erste Mal, dass mir das mit dem Absperren irgendwie entfiel. Sozusagen einfach links liegen blieb, weil ich morgens - oder mittags, je nachdem - eine gewisse Zeit zum wach werden brauchte. Nicht, dass ich dabei schlecht gelaunt war oder so, aber geistig eben noch nicht so ganz anwesend. Die nicht abgeschlossene Badezimmertür war wohl der beste Beweis dafür. Ich lachte bei seiner Bemerkung leicht auf, obwohl ihm wohl eher noch nicht nach Lachen zu Mute war. Doch, nicht alleine duschen zu müssen, war auch immer schön. Aber nein, ich hielt es gerade so noch alleine aus. "Ich sag dir nächstes Mal vorher Bescheid, danke." entgegnete ich sarkastisch, während ich mir das Shampoo aus den langen Haaren spülte. Domenico sollte sich mal nicht so haben, man sah durch die Duschwände doch ohnehin Nichts. Man konnte vielleicht ganz, ganz grob Körperumrisse erkennen, aber das war es auch schon. Es war also höchstens unvorteilhaft, wenn ich nackt aus der Dusche stieg. Dann hätte ich die Beschwerde unter Umständen verstehen können, ja. Obwohl ich schön anzusehen war, wenn man mich fragte, musste das jetzt nicht jeder wissen. Gab hier schließlich auch viele Leute, mit denen ich nur wenig bis gar nichts zu tun hatte, wo es mir schon reichte, wenn sie meinen Namen kannten. Als ich mit duschen fertig war, zog ich das Handtuch vom oberen Ende der Duschwand, wo ich es zuvor platziert hatte. Es war sonst einfach zu kalt, wenn man aus der Dusche stieg, so ganz unbekleidet. So drückte ich nur noch ein wenig das Wasser aus meinen dunklen Haaren, bevor ich die Tür der Dusche öffnete und mich dann ebenfalls dem Zähneputzen widmete. Anschließend griff ich nach dem Föhn, der nahe des Waschbeckens in seiner Halterung hing, um die Haare schnell trocken zu kriegen. Daraufhin folgte noch ein Hauch von Makeup in Form von Wimperntusche und einem ganz dezenten nachziehen, betonen de Augenbrauen. Mehr brauchte es nicht und so cremte ich mir nur noch mit einem Pflegebalsam die Lippen ein.
Ja, gute Frage. Wahrscheinlich war das auch nur morgens möglich, es mit den beiden auszuhalten, wenn ich ohnehin versuchte Nichts und Niemanden um mich herum wahrzunehmen. Das war einfach so die Tageszeit, wo ich meine Ruhe haben wollte - die die beiden Deppen störten - und einfach nur versuchte, mich auf mich selbst zu konzentrieren. Wenn man mich auf die Palme bringen wollte, ging das übrigens auch am Besten kurz nachdem ich aufgestanden war. Da war mein Grad von Neurotisch-Sein ganz weit oben und da reichte ein einziges falsches Wort oft schon aus. "Frag mich nicht..." grummelte ich leise, aber noch gut hörbar vor mich hin, während ich mein Geschirr in die Spülmaschine stellte. Ohne das Teil würde die Küche hier glaube ich immer gänzlich im Chaos versinken, weil es hier diverse Leute gab, die von Ordnung nicht viel hielten. Wenigstens bekam es der Großteil hin, seine Sachen in die Maschine zu stellen, was schon ein halbwegs guter Anfang war. Ich stand nahe Solane an der Theke, als ich die Maschine wieder geschlossen hatte und widmete der jungen Frau einen kurzen Blick, bevor ich zu den beiden Ekelpaketen rüber sah, die Augen verdrehte. "Ernsthaft, zieht Leine.. ich will euren Sabber nicht auf dem ganzen Tisch haben." knurrte ich genervt in deren Richtung, ehe ich mich wieder der kleinen Blondine auf der Theke widmete, mich seitlich mit dem Arm darauf abstützte. "Schon eine Idee, wo wir anfangen sollen..?" fügte ich ein wenig aus dem Kontext gerissen noch hinzu, war mir aber eigentlich sicher, dass sie wissen würde, was ich meinte.
Auf ihre Antwort gab Domenico keine Reaktion mehr, außer dass er die Badezimmertür vielleicht etwas zu laut hinter sich ins Schloss fallen ließ und ihr insgeheim wünschte, dass jemand wie Ray seinen Weg zu ihr fand, der würde nämlich bestimmt nicht so sang und klanglos wieder verschwinden, sondern seine Chance nutzen. Auch wenn er bezweifelte, dass Sierra sich das einfach gefallen lassen würde. So oder so; er würde es ihr tatsächlich gönnen, dann schloss sie vielleicht nächstes Mal tatsächlich die Tür ab. Nun ja, der Weg zum nächsten Bad war ja nicht sonderlich weit, somit konnte er sich damit gerade noch zufrieden geben, putzte sich erst die Zähne und unterzog sich dann einer schnellen Dusche. Sowas ging bei Domenico immer recht schnell, innerhalb von maximal fünfzehn Minuten war er mit der morgendlichen Routine fertig, es sei denn er musste sich den Bart abrasieren, da er das aber aktuell noch nicht für notwendig hielt und sein Rasierer sich sowieso im anderen Badezimmer befand, ging das heute tatsächlich wieder ziemlich schnell, sodass er sich wenig später in seiner grauen Jogginghose und dem schwarzen Shirt wieder im Flur befand, den Weg nach unten antrat um sich ein Frühstück zu richten. Wie jeden Morgen würde das wohl aus zwei Scheiben Toast, ein wenig Butter und Schinken bestehen, falls welcher im Haus war. Er war nicht wirklich für Süßes, auch nicht zum Frühstück - und mit Nutella oder etwas dergleichen konnte man ihn wirklich jagen. Da ließ er sich wenn eher noch Marmelade gefallen, auch wenn er kein Fan davon war. Kaffee hingegen musste immer sein: am besten Schwarz und ganz stark, von ihm aus auch gerne ein doppelter Espresso. Gesagt, getan. Nachdem er sein Toast belegt hatte, sich seinen Kaffee abgedrückt hatte, ließ er sich an den Küchentisch fallen, der war nicht sonderlich groß, aber ausreichend für ungefähr Sechs Leute, der eigentliche Tisch stand einen Raum weiter, aber da er aus dem Raum einige Stimmen hörte, hatte er beschlossen hier zu bleiben, er war nicht unbedingt großer Fan von Smalltalk und würde daher darauf verzichten sich dem Rest hier schon so am 'frühen Morgen' anzuschließen. Zumindest für ihn war es noch früher morgen.
Hätte Solane etwas dergleichen in Richtung Joy und Jake geworden, hätten sie ihr allerhöchstens einen amüsierten Blick zugeworfen, sie vermutlich sogar eher ignoriert; wenn allerdings Icarus damit kam, kuschten sie... war ja klar. Solane verdrehte die Augen, grummelte etwas unverständliches vor sich hin und verfolgte die Beiden mit ihrem aufmerksamen Blick als sie die Küche verließen, sich wohl auf ihr Zimmer zurückzogen. Sicher, Icarus hatte hier eine ganz andere Stellung als Solane und war noch dazu deutlich länger dabei, außerdem war er größer, muskulöser und im Allgemeinen wohl deutlich Restpekteinflößender als die zierliche Blondine selbst, aber ein wenig nerven tat sie das trotzdem. Nun ja, man konnte ja bekanntlich nicht alles haben und eigentlich war sie ja auch niemand, der jemanden verscheuchen wollte, einfach weil sie viel lieber in Gesellschaft war, dabei spielt es fast keine Rolle in wessen Gesellschaft; hauptsache sie war nicht alleine. Auf die Frage des jungen Mannes hin wandte sie sich diesem wieder zu, dabei gab ihr Magen ein leises Grummeln von sich; sie hatte Hunger. Eigentlich hatte sie ja gestern noch mit Darren und Icarus essen gehen wollen, allerdings hatte der Mord an ihrem Dealer ihr einen Strich durch die Rechnung gemacht, sodass sie ohnehin keine Lust mehr auf etwas Essbares gehabt hatte ohne sich dabei übergeben zu müssen. Und auch jetzt drehte er ihr der Gedanke daran noch den Magen um. Umso mehr froh war sie, sich mit etwas anderem als Essen beschäftigen zu können und über Icarus Worte nachdenken zu können. Eine wirkliche Antwort darauf besaß sie aber nicht. "Ich mein... sich heute Nacht umzuhören wäre schon mal ein guter Anfang, oder? Wer weiß wer das alles schon so mitbekommen hat.." gab sie nach kurzem Schweigen von sich. Heute Abend würden einige anwesend sein, die sich nicht nur hier in der Stadt einen Namen gemacht hatten. Ein paar Namhafte Personen, vielleicht auch jemand der genaueres zu dem gestrigen Anschlag auf Darren wusste.
"You can fool all of the people some of the time, and some of the people all of the time, but you can't fool all of the people all of the time."
Leise summend versorgte ich noch den Rest meines Körpers mit einer reichhaltigen Feuchtigkeitscreme, damit meine Haut auch schön geschmeidig blieb. Eben ganz die kleine Diva, die sich darum scherte, wie sie wahrgenommen wurde. Während ich wieder mit Handtuch bekleidet in mein Zimmer zurück ging, die Schlafklamotten in der rechten Hand, suchten sich meine Haare schon von ganz allein ihren Platz - leicht gewellt waren sie immer und alles Andere war mir eigentlich egal, solange sie mir nicht platt am Kopf klebten. Wenn die Arbeit nicht nach einem ordentlichen Pferdeschwanz oder dergleichen verlangte, dann waren offene Haare so mein Ding. Im Zimmer angekommen kramte ich kurze Zeit in meinem Kleiderschrank, nachdem das Handtuch zu Boden gesunken war. Erst schlichte, schwarze Spitzenunterwäsche, darüber eine Skinny Jeans in Lederoptik und obenrum ein dunkles, weinrotes Top, das am Rücken und am Ausschnitt ebenfalls ganz dezent mit feiner Spitze versehen war. Sockig, weil ich nichts von Hausschuhen hielt, trat ich dann auch meinen Weg nach unten in die Küche an, wo ich sogleich wieder auf die Person treffen sollte, die sich vor ein paar Minuten erst über mich beschwert hatte. Ich warf dem Italiener nur einen kurzen Seitenblick zu, bevor ich zum Kühlschrank ging und mir einen Joghurt heraus holte, um kurz darauf in eine Schüssel Obst hinein zu schnippeln und besagten Joghurt dazu zu kippen. Ich mochte nach dem Aufstehen nichts Schweres essen, ein Obstsalat tat es da vollkommen. Ich machte mir noch einen Tee, bevor ich einen kurzen Blick in den Nebenraum warf und ein "Morgen in die Runde warf", ehe ich mich aber wieder in die Küche zurück zog. Man konnte den Armen da ja nicht so alleine sitzen lassen! Außerdem waren mir das gerade zu viele Menschen. So setzte ich mich ihm gegenüber an den Tisch, zog meine Beine auf den Stuhl. "So... nochmal ein ganz offizielles Guten Morgen, Domenico. Gut geschlafen?" gab ich in ruhigem Ton an mein Gegenüber weiter, bevor ich Etwas von meinem Obstsalat naschte.
Zufrieden konnte ich beobachten, wie die Knutscherei ihr Ende fand, Solane und ich das fortan erstmal nicht mehr dulden mussten. Hatte auch sein Gutes, wenn man hier ein wenig mehr zu sagen hatte, wenn mir die Verantwortung doch auch manchmal wirklich gestohlen bleiben konnte. Ich bekam doppelt und dreifach auf den Sack, wenn etwas schief ging und ich dabei war. War mir auch nicht ganz sicher, ob das seitens Dwayne schon Alles gewesen war. Klar, wir hatten ordentlich viel Messerdrohung und harte Worte ertragen müssen, aber ich hatte ja ehrlich gesagt fast damit gerechnet, dass ich das Messer auch irgendwo abbekam. Zwar nicht in lebensbedrohlicher Form, aber unser Anführer war meiner Meinung nach ein ziemlicher Sadist. Auf die Worte der jungen Frau neben mir hin nickte ich, den Blick zu ihr gewandt. Konnte, wenn wir ein wenig Glück hatten, schon ausreichen, um Etwas herauszufinden. Mir kam da auch schon ein kleines Detail in den Sinn, das uns in die Karten spielen könnte. "Vielleicht solltest du während das Rennen läuft ein paar Leute fragen.. da wird kaum wer auf dich achten, solange das Ergebnis noch aussteht. Wäre unauffällig." erwiderte ich, drehte mit meiner linken, freien Hand das Dogtag zwischen meinen Fingern. "Aber vorher solltest du nach Möglichkeit noch was essen, Madame.. dein Magen beschwert sich ziemlich laut." fügte ich mit hochgezogener Augenbraue noch hinzu. Konnten es schließlich nicht brauchen, dass sie uns heute Abend umkippte, weil sie nichts aß und Kreislaufprobleme bekam... Nein, echt nicht.
Kaum hatte er sich an den Tisch fallen lassen, bekam er auch schon Gesellschaft, solange Sierra dabei war ihren Obstsalat zu schnippeln ignorierte er sie völlig. Nicht, weil er ein Problem mit ihr hatte, sondern weil er es in dem Moment einfach nicht für notwendig hielt. Außerdem ging er wenig später sogar einen Moment lang davon aus, dass sie sich zum Rest ins angrenzende Esszimmer gesellte, sollte sich aber getäuscht haben. Erst als sie sich ihm gegenüber setzte und ihn direkt ansprach blickte er sie also nun an: "Guten Morgen, Sierra" erwiderte er ebenso ausführlich wie sie ihn begrüßt hatte, bevor er die breiten Schultern in die Höhe zog, sie sogleich wieder hinab sinken ließ und einen Bissen von seinem Sandwich nahm. "Wie ein Baby - und du?" beantwortete er schließlich noch ihre Frage, nachdem er den Bissen mit einem Schluck Kaffee herunter gespült hatte. Damit war dann sowohl der letzte Bissen seines Sandwiches aufgegessen, als auch der letzte Schluck seines Kaffees hinunter gelehrt, er hatte aber noch nicht das Bedürfnis aufzustehen und sein Zeug wegzuräumen. Ebenso wenig wie er das Bedürfnis hatte sich eine andere Beschäftigung zu suchen, als sich mit Sierra zu unterhalten. "Hast du heut' was vor? Ich hab gehört heut Nacht soll ein recht namhaftes Rennen stattfinden, wir könnten herausfinden ob der Kerl gestern mehr erkannt hat als ihm lieb ist.." schlug er Sierra vor, blickte sie damit wieder ganz offen und direkt an. Sicher, wenn es so war, war es vielleicht nicht die beste Idee sich direkt in deren Revier zu begeben, aber Domenico war bekannt dafür eher zu viel, als zu wenig Risiko einzugehen um seinen Job richtig zu machen und im Grunde gehörte das Danach auch dazu. Er wusste zwar nicht, wer der Kerl in der dunklen Gasse gestern Abend gewesen war, aber er war ihnen doch relativ dicht auf den Fersen gewesen... und wenn er sie erkannt hatte, sollten sie wohl kein Risiko eingehen, so empfand das zumindest der dunkelhaarige Italiener.
Ja, das war wohl am einfachsten. Solange das Rennen lief interessierte sich sowieso niemand für irgendetwas anderes und da Icarus fahren würde, blieb es an ihr, sich in dieser Zeitspanne umzuhören. Und das sollte nun wirklich kein Problem darstellen. Vor allen Dingen den meisten Männern fiel es relativ schwer in Anwesenheit der Blondine den Mund zu halten, legte sie es doch tatsächlich darauf an etwas heraus zu bekommen. Klar, wenn sie nichts wussten, konnte sie auch nichts heraus finden, aber es war wirklich ein Versuch wert und sie war es Darren schuldig. "Klingt nach einem Plan, ich werd' sehn' was sich rausfinden lässt.." teilte sie dem jungen Mann also mit, leerte ihr Orangensaft und stellte das Glas fürs erste neben sich auf der Anrichte ab, wobei sie auf seine darauffolgenden Worte leicht das Gesicht verzog. Aber er hatte recht, sie sollte wirklich langsam etwas essen und nahm sich daher fest vor, sich wenigstens einen Apfel aus der Obstschale vom Tisch zu nehmen, es war besser als nichts. Und bevor es heute Abend los ging, würde sie sehen was auf dem Herd stand; vielleicht hatte jemand die Motivation den Kochlöffel zu schwingen und kochte etwas, das ihr mundete. "Ja - Papa..." quittierte sie daher leicht provokant, rutschte aber von der Ablage herunter und griff sich wenig später einen der frischen Äpfel: "Vielleicht wenn du den Kochlöffel schwingst?" wandte sie sich wieder zu ihm um, zog fragend die schmalen Augenbrauen in die Höhe und biss in den Apfel. Solane gehörte zu denjenigen, die es ordentlich brauchten; damit verbunden war, dass sie regelmäßig die Spülmaschine ausräumte, weil sich niemand dazu herablassen konnte - oder wollte und sowieso jeder wusste, dass sie es tun würde. Außerdem hasste sie es, wenn etwas nicht an dem Ort stand, an dem es hin gehörte. Keine Ahnung wieso, vermutlich war der Tick ihrer Stiefmutter vor Jahren auf sie übergegangen... 'Solane, lass nicht immer deinen Scheiß überall liegen!' - 'Solane, du und dein Chaos, das ist wirklich schrecklich' - 'Solane, räum das sofort auf, ich hab besseres zu tun als dir hinterher zu räumen'. Gott sie hasste diese Frau abgrundtief und war froh sie los zu sein, ebenso wie die kleine, heilige Familie wohl froh war sie los zu sein.
"You can fool all of the people some of the time, and some of the people all of the time, but you can't fool all of the people all of the time."
Es war gut zu wissen, dass er jetzt deutlich weniger missmutig war, als noch vor einigen Minuten. Sonst hätte ich mich wohl doch noch zum Rest der anwesenden Bande gesellt, wenn er mir mit schlechter Laune entgegnet wäre. Aber war ja nicht der Fall, er schien halbwegs locker sein. Also für seine Verhältnisse, meine ich. Er war ja nicht selten eher kurz angebunden. "Auch ziemlich gut... war wohl der Alkohol." beantwortete ich dem Dunkelhaarigen seine Gegenfrage, bevor ich mir einen weiteren Löffeln voll Obst und Joghurt zwischen die Kiemen schob. Hatte ich auch gebraucht, mal wieder so richtig tief und fest vor mich hin zu schlummern. Dann konnte ich mich heute ganz entspannt den Dingen widmen, die meine Aufmerksamkeit erforderten. Wie zum Beispiel einem wüsten Treffen autofanatischer Futzis, die meinten, sich in einem heiklen Rennen messen zu müssen. Ich mochte zwar schöne Autos, in denen es sich stilvoll und bequem von A nach B reisen ließ, aber solche illegalen Rennen hielt ich für Schwachsinn. Jedem das Seine, aber meins war es nicht. Ich dachte also einen Moment lang über die Worte des Italieners nach, ehe ich leicht nickte und runterschluckte. "Ja, gehn wir lieber auf Nummer sicher... schaden kanns nicht und bisher hab ich noch keinen Auftrag aufgedrückt bekommen." stimmte ich seinem Vorschlag zu, ehe ich das erste Mal antestete, ob mein Tee schon trinkbar war. Meine Ungeduld sollte mich aber sogleich strafen, als ich mir die Zunge leicht verbrannte und die Tasse hastig absetzte.
Gut, sie schien also mit meinem Vorschlag einverstanden zu sein und um ehrlich zu sein, blieb ihr wohl auch nicht wirklich was Anderes übrig, wenn sie nicht einen eigenen überragenden Vorschlag anzubringen hatte. Dem schien nicht so zu sein und demnach würde sie meinem eigenen wohl Folge leisten, was mich zufrieden stellte. Ich mochte es generell nicht gerne, wenn mir Jemand widersprach, wenn er keinen Grund dazu hatte. Also alles besser so und im grünen Bereich. Es gefiel mir allerdings ganz und gar nicht, wie sie mich darauffolgend nannte. Papa? I mean, seriously? Erstens war ich bei Weitem zu jung, um ihr Vater zu sein und zweitens meinte ich es nur gut. Bemuttern tat ich sie nicht und das war auch nicht mein Ziel, die war schließlich alt genug. So verzog ich leicht das Gesicht, ehe ich die Augen verdrehte. "Pass nur auf, sonst gibt's ne Erziehungsschelle gleich mit dazu." konterte ich, allerdings sarkastisch genug, um deutlich zu machen, dass ich nicht vorhaben würde, ihr eine zu scheuern. Ich war zwar manchmal ein ziemliches Arschloch, aber bei körperlicher Gewalt gegen Frauen hörte der Spaß wirklich auf... es sei denn, die Situation erforderte es zwingend, was aber wohl selten war. Oder eine Frau reizte mich so penetrant, dass ich meine Wut nicht mehr unter Kontrolle hatte, aber sowas war bisher auch noch nicht vorgekommen, weshalb ich das mal ganz außen vor ließ. "Ne lass mal... ich überlass das Kochen dann doch lieber dem weiblichen Anteil im Haus." meinte ich kopfschüttelnd, weil Kochen irgendwie so gar nicht mein Ding war. Hatte mir noch nie Spaß gemacht und würde es wohl auch in Zukunft nicht tun. Und nein, ich war nicht Frauen verachtend, aber mir würde kein Kerl der hier wohnte einfallen, der wirklich gut Kochen konnte, wenn es kein Dosenfraß sein sollte.
"Wirst du jetzt auch nicht mehr - oder hast du Ashton schon Bericht erstattet wie es gestern gelaufen ist? Dann können wir ihm nachher gleich noch mitteilen, dass wir uns heute Abend nochmal ranhängen, um zu sehen ob auch tatsächlich alles glatt gelaufen ist..." beschloss er. Ashton war Derjenige, der hier die Fäden zog. Domenico konnte den Kerl nicht ausstehen, nicht weil er schlechte Entscheidungen traf oder besonders launisch war, klar er musste immerzu zeigen, dass er der Chef im Haus war, aber was anderes erwartete man von dem Boss einer Gang die Waffen vertickte und Auftragsmorde erledigte auch nicht. In Domenicos Augen war er sogar ein äußerst guter Anführer für einen Trupp von verrückten Mordlustigen. Er konnte ihn trotzdem nicht leiden, dabei konnte er nicht einmal sagen woran das lag. So versuchte er ihm einfach so gut wie möglich aus dem Weg zu gehen, damit sie nicht aneinander gerieten, was ihm bis auf ein einziges Mal auch äußerst gut gelungen war. Von dieser Eskalation trug er eine Narbe an der Schulter zur Erinnerung, was ganz gut war, da er sonst schnell vergaß weshalb er sich in gewissen Situationen einfach zurückhielt und seine Meinung für sich behielt. Wie dem auch sei.
Schien ihm nicht ganz zu passen, die Betitelung. War verständlich, war er doch gerade einmal drei Jahre älter als sie und noch dazu wirklich nicht der Vatertyp. Wobei es ja auch nur ein Scherz gewesen war, ebenso wie seine mehr als ironischen Worte, die er darauf konterte, was Solane mit einem leichten Grinsen hinnahm, bevor sie nochmal in den Apfel biss. Bezüglich des Kochens konnte sie nur noch breiter Grinsen. "Ist wohl besser so - ihr seid da alle nicht so begabt drin..." stimmte sie ihm zu, bevor sie in Richtung Tür sah, weil dort Sia auftauchte. Eine rassige Schönheit mit schwarzen, langen Haaren und mehr als ansehnlichen Rundungen. Es war kein Geheimnis, dass sie und Dwayne hin und wieder ein Schäferstündchen abhielten, wo er es allen anderen doch untersagte, nahm er sich in dem Fall ziemlich viel heraus, wie Solane empfand. Aber gut, das war nicht ihr Problem. "Wir treffen uns in zehn Minuten draußen - soll ich von Dwayne ausrichten" teilte sie den Beiden mit leicht schuldzuweisendem Blick mit. Solane verging augenblicklich das Grinsen, war ihr doch sofort bewusst weshalb sie gleich draußen aufkreuzen sollten: Darren. Sie nickte daher nur, doch da hatte sich Sia schon von ihnen abgewandt um den Rest zusammen zu trommeln. Deutlich niedergeschlagener als noch wenige Sekunden zuvor, wo sie Darrens Tod erfolgreich verdrängt gehabt hatte, biss sie das letzte Mal in den Apfel, um den Rest dann im Mülleimer verschwinden zu lassen. Fürs erste war es genug an Essen gewesen, sie würde später sehen was sich noch so finden ließ und im Notfall einfach Nudeln abkochen und das Pesto herauskramen das noch irgendwo im Regal rumstehen musste. "Ich kann sie nicht ausstehen.." grummelte sie leise vor sich hin, bevor sie ihr Glas ausspülte und in der Spülmaschine verräumte, diese anstellte, weil sie ziemlich vollgestopft war.
"You can fool all of the people some of the time, and some of the people all of the time, but you can't fool all of the people all of the time."
Nein, hatte ich nicht. Das war so eine Sache, an die ich aus welchen Gründen auch immer gar nicht mehr gedacht hatte. Weder mein Unterbewusstsein, noch meine angenehmen Träume hatten sich mit sowas beschäftigt und nach dem Aufstehen hatte ich mir bisher allgemein noch über recht wenig Gedanken gemacht. Das unterstrich wieder einmal die Sache mit der Badezimmertür ganz gut. "Alles klar, Sir." bestätigte ich Domenico, dass ich verstanden hatte und machte eine militärische Handbewegung von meinem Kopf weg. Meine Schale war inzwischen beinahe leer und als dem dann so war, versuchte ich mich noch einmal an meinem heißen Getränk. War zwar immernoch sehr warm, konnte sich jetzt aber langsam trinken lassen, sofern man ein bisschen schlürfte. War zwar nicht gerade ladylike, aber hier in der Bude interessierte es wohl ohnehin kaum jemanden, wie ich mich gab und verhielt. Währenddessen hoffte ich einfach mal darauf, dass das Gespräch mit Ashton sich nachher kurz halten würde, weil ich keine Lust auf Erklärungen oder dergleichen hatte. Seine Worte gingen, wenn es keine wichtigen waren, bei mir meistens sowieso zum einen Ohr rein und zum anderen wieder heraus.
Ne, waren wir nicht. Der eine Teil der männlichen Gesellschaft hier war wohl einfach der Meinung, dass es nicht ihr Job war, zu kochen, und der kleine übrig bleibende Rest an Kerlen konnte es schlichtweg nicht und blieb dem Herd deshalb fern. Ich für meinen Teil gehörte wohl irgendwie zu beidem, nunja. Ich wendete meinen Blick einen Moment lang von der Blondine neben mir ab, als Sia uns eine nicht ganz unwichtige Info gab und danach aber auch sogleich wieder verschwand. Natürlich wusste ich, warum wir draußen aufkreuzen sollten und wie schon in der gestrigen Nacht prophezeit hatte ich auch jetzt keine Lust, mich um das Zuschaufeln zu kümmern. Zwar wusste ich noch nicht, ob das an mir kleben bleiben würde, aber falls ja, dann würde ich das nur ungern hinnehmen. Immerhin konnte ich Nichts für Darrens Tod, genauso wenig wie Solane. Auf ihre Bemerkung hin zog ich wieder einmal typisch für mich die rechte Augenbraue nach oben, richtete meinen Blick wieder auf das Frauchen neben mir. "Weil sie gut aussieht?" hakte ich nach, einfach aus Neugier. Frauen verspürten gegenüber einer anderen nicht selten Eifersucht oder Neid, das lag einfach in deren Natur. Während wir Kerle solche Lapalien entweder mit Fäusten oder Ignoranz austrugen, waren Frauen meistens eher der Meinung, still, heimlich und leise vor sich hin wettern zu müssen, statt sich mit der jeweiligen Person zu konfrontieren. Warum auch immer.
Alles klar Sir. Domenico schüttelte leicht den Kopf, so gehorsam konnte sie sich immer geben, war sie doch eben genau das nicht. Aber gerade das gefiel Domenico an der Brünetten; sie ließ sich nichts gefallen, was sie nicht wollte. Zwar konnte man das hier von einigen sagen, aber gewiss nicht allen und gerade genügend Frauen waren dem Italiener schon untergekommen, die eben genau das nicht getan hatten. Vielleicht war es auch das, was ihm so imponierte und sie einfach als vollwertige Person akzeptieren ließ. Immerhin hatte Domenico in der Vergangenheit nicht selten erfahren und selbst dafür gesorgt, dass Frauen teilweise einfach nur.. Mittel zum Zweck waren, ein Job, wenn man so wollte. Er hatte ihnen nie sonderlich viel Beachtung geschenkt und vor allen Dingen selten Respekt entgegen gebracht. Und ausgerechnet eine Frau hatte ihn dann eines besseren belehrt. Manchmal machte einem das Universum also einen Strich durch die Rechnung, auch wenn er das niemals offen zugeben würde. Er würde jetzt einfach noch warten, bis die Brünette ihren Tee leer hatte, dann würde er das Zeug in die Spüle stellen und gemeinsam mit ihr den Weg zum Boss einschlagen, der vermutlich gerade in seinem Büro war, wie so gut wie immer. Nicht, dass er ihm unterstellte ein Stubenhocker zu sein, aber Ashton verteilte gerne Arbeit, tat aber selbst eher selten etwas. Klar, dafür hatte er seine Leute, aber Domenico bevorzugte es, wenn jemand selbst auch Hand anlegte, erst recht wenn er seinen Respekt entgegen gebracht bekommen wollte. Aber hey, das interessierte den Blonden kein bisschen, der seinen Arsch am liebsten in seinem Sessel platt drückte und Anweisungen erteilte. Klar, Domenico kannte ihn noch nicht von Beginn an und es hatte sicherlich seinen Grund, dass Ashton das Zepter in der Hand hielt, immerhin hatte er ihn auch schon wütend erlebt, aber letzten Endes konnte er es dennoch nicht so ganz nachvollziehen. Aber hey, war auch egal. Das hier war ja immerhin nicht nur zum Nutzen aller anderen, sondern auch zu seinem eigenen, verlor er doch nie sein eigentliches Ziel aus den Augen. Und was danach sein würde? Keine Ahnung, der Italiener wusste es nicht, war sein Leben mittlerweile doch einzig und alleine auf die Rache ausgelegt, die ihn Nachts teilweise auffraß. "Hast du's jetzt dann?" hakte er nach, als er einen Blick auf Sierras Tasse warf. "Ich würd' davor gerne noch ne Runde joggen gehen, das Gespräch aber gerne hinter mich bringen, bevor ich los geh.." teilte er ihr mit. Ja, joggen, das brachte Domenico immer den Ausgleich den er auch einfach brauchte um die Gelassenheit auszustrahlen, die er nun mal größtenteils an den Tag legte.
Weil sie gut aussah? Vielleicht ein bisschen, weil sie deutlich mehr Rundungen besaß als Solane selbst, die zwar grundsätzlich zufrieden mit sich und ihrem Körper war, aber wie vermutlich fast jede Frau hier und da auch etwas an sich auszusetzen hatte. Aber das würde sie Icarus mit Sicherheit nicht aufs Brot schmieren. "Nein, weil sie denkt sie wäre was besseres..." gab sie daher leicht pampig - was wohl schon mehr als genug aussagte - zurück. Das '..nur weil sie Darren vögelt' verkniff sie sich allerdings. Einfach weil man es ja nicht unbedingt übertreiben musste und Solane eigentlich kein Mensch war, der anderen an den Karren pisste, auch wenn ihr manchmal danach war. Frau war eben Frau und in der Blondine war eben auch eine kleine Zicke verloren gegangen, was wollte man machen? Statt sich weiter damit zu beschäftigen drückte sie nun den Startknopf der Spülmaschine, bevor sie noch einen Blick aus dem Fenster warf, mittlerweile hatten sich schon ein paar draußen gesammelt. Eigentlich wollte sie gar nicht raus, wer wusste schon wer ihnen noch so alles schuldhafte Blicke zuwarf, worauf sie getrost verzichten konnte. Es war immerhin nicht ihre Schuld, ebenso wenig die von Icarus. Und doch fühlte sie sich gleichermaßen auch verpflichtet dazu, Darren die letzte Ehre zu erweisen. Seufzend wandte sie den Blick wieder ab, bevor sie sich der Tür zu wandte: "Ich hoffe ich muss nicht schaufeln, ich spür meine Arme sowieso schon nicht mehr wegen gestern.." murmelte sie vor sich hin, wobei ihr gerade erst so richtig bewusst wurde, dass der Muskelkater zwar nicht so schlimm war wie sie erwartet hatte, aber er war definitiv da. Die gefühlt Tausend Schaufeln die sie aus dem Loch gehoben hatte waren eben doch anstrengend gewesen. Vor allem für jemanden wie Solane, die sowieso nichts in dieser Hinsicht gewohnt war.
"You can fool all of the people some of the time, and some of the people all of the time, but you can't fool all of the people all of the time."
Immer mit der Ruhe, Großer. Das war, was ich mir im Kopf sagte. Ich begann meinen Tag ungern hektisch und fragte mich ja immer wieder, woher Domenico so viel Elan für den Sport her bekam. Klar, seine Figur kam nicht - nur - von guten Genen, da steckte ordentlich Training dahinter und sein Ego konnte wohl nie ausreichend gepusht werden. Dennoch wirkte er oft nicht so... motiviert. Zu allgemein Allem. Er würde nicht grundlos hier bei uns sein, das war mir klar und körperliche Fitness war bei dieser Arbeit auch absolut unabdingbar. Aber wie dem auch sei - ich musste mich meistens ja eher zum Sport überreden. Mal mehr, mal weniger, aber nunja, war auch vollkommen egal zum jetzigen Zeitpunkt. "Ist ja gut, ist ja guuut... hetz' mich nicht!" meinte ich langgezogen und gespielt genervt, bevor ich meinen Tee in zügigen Schlücken leerte und aufstand, um Schüssel und Tasse aufzuräumen. Wie immer erledigte ich das Ganze leichtfüßig und mit der gewissen Eleganz. Ich hatte es mir einfach angeeignet, wahrscheinlich des vielen Kampfsports wegen, der verlangte mir einfach eine hohe Körperbeherrschung ab. So wartete ich noch darauf, dass der Schwarzhaarige sein Geschirr ebenso aufgeräumt hatte und steuerte dann mit ihm den Weg zum Büro an, in dem Ashton sogut wie immer zu finden war. "Du darfst aber das Reden übernehmen. Danke." trug ich ihm schief grinsend auf und hakte mich dabei auf den letzten Metern bei ihm ein.
Ja, natürlich nicht wegen des Aussehens. Das konnte sie mir aber nicht erzählen, ich war mir ziemlich sicher, dass dem so war, auch wenn sie es verneinte. Aber ja, die Gute war schon recht hochnäsig, dem musste ich zustimmen. Zwar äußerlich attraktiv, aber charakterlich eher nicht so das gelbe vom Ei. Da hatte Solane recht und so ließ ich ihre Antwort einfach unkommentiert, weil es ihr offenbar ohnehin nicht behagte, darüber zu sprechen. Wobei ich das erwartet hatte, aber die Neugier hatte trotzdem befriedigt werden wollen. Ich machte mich nach Solane auf den Weg nach draußen. "Ich hoffs auch nicht.." pflichtete ich der jungen, zierlichen Frau noch bei, als wir uns den anderen näherten, die sich bereits um Darrens Grab verteilt hatten. Dwayne stand ziemlich mittig, würde wie immer das Reden übernehmen. Der Rest verabschiedete sich normalerweise in Gedanken, es sei denn, jemand wollte noch etwas dazu sagen. Dann war das natürlich auch gestattet, aber ich hielt meist einfach die Klappe. Es reichte, wenn ich mir ein paar Erlebnisse in Gedanken vorstellte und die verstorbene Person in Erinnerung behielt, das musste ich nicht wörtlich breittreten. So suchte ich mir einen Platz zwischen den Anderen, obwohl ich auch problemlos einfach über alle hinwegsehen hätte können. Außerdem wusste ich ja ohnehin nur allzu gut, wie Darren jetzt aussah...
Doch, er hetzte gerne. Zwar war er im Normalfall keine ungeduldige Person, aber das Gespräch das bevorstand war nicht unbedingt das, was er schon sein Leben lang herbeisehnte. Er wollte es hinter sich bringen, Ashton danach nicht mehr zu Gesicht bekommen müssen und sich dann dem Joggen widmen. Er hatte es die letzten Tage schon schleifen lassen und so ein Körper kam nun mal auch von nichts; während heute joggen anstand, würde es morgen mal wieder ans Krafttraining gehen, die Muskeln kamen immerhin auch nicht von nichts und da lobte er sich doch wirklich den Fitnessraum der sich im Keller des Gebäudes befand. Ja, in dieser Hinsicht hatte Ashton wirklich das verdiente Geld gut investiert, wenn man den Italiener fragte. Er hasste nämlich Fitnessstudios, da wurde man immer so von den Trainerinnen oder Trainern bedrängt, es liefen einem nur aufugepumpte Möchtegern-Matchos entgegen und die Frauen waren ihm für seinen Geschmack auch teilweise wirklich zu aufgeblasen. Wobei das noch das Wenigste an der Sache beitrug. Nun ja, er hatte ja hier sein eigenes, privates Studio, das er sich mit den Mitgliedern der Eagels teilte, allerdings auch häufig Zeiten erwischte, an denen niemand unten anzutreffen war, einfach weil er oft den Nachmittag wählte, weil er wusste, dass die meisten sich ihrem Training in der Früh oder eben erst am Abend widmeten. Aus welchem Grund auch immer. Nun ja, sollte ihm nur recht sein. Als er sein Geschiss in der Spüle abgestellt hatte, machte er sich gemeinsam mit der Brünetten auf den Weg nach oben, wobei er auf ihre Worte hin nur ein theatralisches Seufzen von sich gab, aber nichts weiter darauf sagte, er würde die Sache einfach kurz und knapp gestalten, was meist auch gut funktionierte. Sierras Arm hingegen schüttelte er wieder ab, ihm war gerade nicht nach ihrer guten Laune. Allgemein schien er zwar gut geschlafen zu haben, was aber offensichtlich nicht gerade zu blendender Laune beitrug wie bei der Brünetten die ihm gerade irgendwie auf den Sack ging. Am Büro des Chefs angekommen zögerte Domenico nicht lange zu klopfen, ohne eine Antwort abzuwarten allerdings schon die Tür zu öffnen und nach Sierra auch wieder zu schließen. Ashton blickte auf, fixierte die Beiden mit seinen durchdringlichen, blauen Augen: "Der Job ist erledigt." teilte Domenico mit, ohne lange um den heißen Brei herum zu reden "Wir werden uns heute mal umhören, welche Gerüchte um den Tod brodeln, scheint ein guter Zeitpunkt zu sein, heut' Abend findet ein Rennen statt.." klärte er den Blonden, hochgewachsenen Mann auf, der in seinem Stuhl saß und wirkte als wolle er noch mehr von Domenico hören, der allerdings schon alles gesagt hatte, was er hatte sagen wollen.
Konnte sie ihm nicht verdenken. Nur weil er mehr Muskeln hatte, hieß das ja nicht, dass er Spaß daran hatte ein Grab erst zu schaufeln und anschließend wieder auch zuzubuddeln. Draußen fiel sie ein wenig zurück, ließ Icarus als erstes zu den schon versammelten aufschließen, in deren Mitte Dwayne stand und in das Grab hinab blickte. Solane hielt sich bewusst im Hintergrund, wollte keineswegs auffallen, sodass sie - vielleicht als Retoure für gestern Abend und das leicht eskalierte Gespräch mit Dwayne - vielleicht unterging und somit nicht schaufeln musste. War ihr so schon unangenehm genug die ganze Situation. Außerdem wollte sie vermeiden die Leiche nochmal sehen zu müssen. Darauf konnte sie echt verzichten, sonst kam ihr der Apfel vielleicht doch wieder hoch, auch wenn sie sich gerade noch ganz gut fühlte. Glücklicherweise schien Dwayne nicht weiter auf Krach aus zu sein und legte sogar selbst Hand an, gemeinsam mit Samuel und erst, nachdem er einige bewegende Worte gesagt hatte, die sie ihm gar nicht zugetraut hatte, wenn sie ehrlich war. Nach gut einer halben Stunde entschieden sich dann wohl auch die ersten dazu, dass sie genug getrauert hatten. Darren war immerhin tot und bekam es nicht mehr mit, außerdem gab es nur zwei Schaufeln und Dwayne dabei zuzusehen war nicht gerade das, was Spaß machte. Wobei Solane noch nicht wirklich Anstalten machte sich der Mehrheit anzuschließen, sie empfand durchaus eine gewisse Trauer, auch wenn Darren tatsächlich nicht zu ihren besten Freunden hier gezählt hatte. So oder so, er hatte diesen Tod echt nicht verdient gehabt, auch wenn er so einiges auf dem Kerbholz gehabt hatte.
"You can fool all of the people some of the time, and some of the people all of the time, but you can't fool all of the people all of the time."
Tüh, dann eben nicht. Wahrscheinlich hatte ich ihn gestern schon genug betatscht, als dass er mich jetzt am Arm hängen haben wollte. Ich nahm es dem jungen Mann nicht krumm, war für mich allein innerlich aber trotzdem kurz beleidigt, weil es meinen Stolz für einen Moment lang kränkte. Allerdings richtete sich meine Aufmerksamkeit dann kurz darauf ohnehin auf unseren Chef, der wie immer am Schreibtisch saß und mächtig beschäftigt wirkte. Ich war mir gar nicht so sicher, ob er wirklich so viel arbeitete, wie er immer vorgab. Aber nachfragen konnte ich bei Ashton wohl kaum, weil er das zweifelsohne wohl sofort als Beleidigung ansehen würde und verscherzen musste ich es mir nicht unbedingt mit ihm. Er war okay, meistens. Ich versuchte dennoch, nicht allzu viel mit ihm zu tun zu haben. Je besser er mich kannte, desto genauer würde er mich wahrscheinlich im Blick halten und das wollte ich nun wirklich vermeiden. Der Chef machte eine vielsagende Handbewegung, ohne etwas zu sagen, was uns deuten sollte, dass er Genaueres wissen wollte. Seufz. Sowas versuchte ich eigentlich immer zu vermeiden, aber ich schaltete mich dann doch in die Konversation mit ein. "Nur, um uns doppelt sicher sein zu können... immerhin betrifft es die Massics und wir wollen ja ausschließen können, dass sie auf dumme Gedanken kommen, nicht?" ergänzte ich Domenicos Worte um ein paar Details und ließ dem Chef ein unauffälliges, sachtes Lächeln zukommen. Ashton zögerte mit skeptischem Gesichtsausdruck noch einen Moment, ehe er schwach nickte. "In Ordnung. Habe sonst heute sowieso keinen Auftrag für euch... aber baut keine Scheiße, klar?" willigte er mich einem deutlich betonten aber im Anschluss.
Nicht, als wäre ich herzlos oder dergleichen, aber mir reichte die halbe Stunde dicke, um mich von unserem verstorbenen Mitglied zu verabschieden. Ich war eben niemand, der seinen Gefühlen noch viel Aufmerksamkeit schenkte. Einfach, weil es Einen nur an den wichtigen Dingen im Leben hinderte. Daran, seine Prioritäten in bessere Dinge zu legen. Ich hatte ihn gestern lange genug gesehen, musste mich der inzwischen komplett starren Leiche nicht noch länger widmen, als notwendig war. So ging ich wohl mit als einer der ersten, wofür ich mich auch nicht schämte. Ich war aber in Versuchung, mich mehr als nur einer Zigarette zu widmen... das Einzige, das mich davon dann doch abhielt, war das Rennen in der späteren Dunkelheit. Den Ruf auf der Rennstrecke wollte ich mir um keinen Preis ruinieren, weil es wohl das Einzige war, an dem ich momentan überhaupt noch festhielt. Ich würde es noch keine Depression nennen, aber ein Dauertief war gewissermaßen doch irgendwie vorhanden. Statt mich also Marihuana oder gar härteren Drogen zu widmen, nahm ich mir nur ein kühles Bier aus dem Kühlschrank in der Küche, bevor ich mich ins Wohnzimmer verkrümelte und mein Handy zückte, um Social Media zu durchleuchten. Allerdings hatte sich scheinbar Nichts getan, dass sonderlich interessant war. Nur das Übliche: Freundschaftsanfragen von Fremden, die ich nicht beantwortete, Benachrichtigungen von wegen dieser und jener interessiert sich für eine Veranstaltung in der Nähe, bla, bla, bla...
Nein, eigentlich hatte Domenico wirklich nicht vor mehr zu sagen wie er getan hatte. Eben datum schien Sierra sich nun auch zu erbarmen das zu übernehmen, als Ashton offensichtlich noch nicht zufrieden war. Erst als sie noch ein paar Worte hinzugefügt hatte schien er halbwegs zufrieden gestimmt zu sein, gab ihnen sein Okay, allerdings nicht ohne dabei darauf hinzuweisen, dass sie doch keinen Scheiß bauen sollten. Wer dachte er eigentlich wer er war? Domenico ballte die Hände einen Moment zu Fäusten, wandte sich dann mit einem "Alles klar" von Ashton ab, um die Tür zu öffnen und das Zimmer zu verlassen, schneller als er herein gekommen war - aber war das ein Wunder? Er brauchte jetzt definitiv Beschäftigung. Erst als die Tür wieder zu war, wandte er sich Sierra zu "22 Uhr in der Garage?" hakte er nach, weil er jetzt wirklich vor hatte sich gleich umzuziehen und dann Joggen zu gehen, sicherlich nicht bis 22 Uhr heute Abend, aber das bedeutete ja nicht, dass sie weiterhin aufeinander kleben mussten. Nachdem Sierra zugestimmt hatte, wandte Domenico sich ab, um sich in seinem Schlafzimmer seine Laufschuhe rauszukramen, Jogginghose und Shirt trug er ja schon, das sollte genügen. Er verfrachtete nur noch sein Handy in die Hosentasche und schob sich die Kopfhörer in die Ohren. Mit Musik war vieles einfach viel entspannter, so ging die Zeit beim Joggen deutlich schneller von der Hand und er konnte sich auf etwas konzentrieren und seine Umwelt ausblenden, was er ab und an eben einfach brauchte. Nach gut einer Stunde kehrte er verschwitzt, außer Atem aber zufrieden mit seiner Leistung wieder beim Unterschlupf an, gönnte sich das zweite Mal an diesem Tag eine kalte Dusche und verbrachte die Zeit bis zum Abend damit, sich noch ein Nickerchen zu gönnen. Etwa eine halbe Stunde vor Treffpunkt entschied er sich dann für eine beige Jeans, ein weißes Shirt und darüber ein Jeanshemd. Und da Domenico nicht Domenico wäre, würde er seine schwarze Lederjacke nicht tragen, schmiss er sich die auch noch über. Die Waffe die im Nachttischchen gebunkert war, fand ihren Platz wie gewohnt zwischen Rücken und Hosenbund, sodass er sich wenig später seinen Weg nach unten in die Garage bahnen konnte, für heute sollte es ein Wagen tun, ein unauffälliger, der zwischen all den Protzkarren nicht weiter auffallen würde. Er würde zumindest weniger auffallen als ein Motorrad bei einem Autorennen, so viel stand fest.
Als ob das Wetter wusste was hier abging, begannen sich immer mehr und mehr Wolken am Himmel zu sammeln, was es immer kühler werden ließ, sodass Solane letzten Endes doch ihren Weg nach drinnen suchte, das Loch war mittlerweile aber eh fast zu und die Meisten waren wirklich schon wieder verschwunden. Trotzdem: Ihre zuvor noch recht gute Laune war mittlerweile wieder im Keller. Vielleicht sollte sie sich damit beschäftigen was sie heute Abend tragen würde, oder aber sie legte sich noch eine Runde hin, weil sie doch ziemlich müde war - alternativ konnte sie natürlich auch die leichten Augenringe versuchen zu überschminken. Es gab einige Möglichkeiten, doch keine sagte ihr so wirklich zu. So beschloss sie tatsächlich fürs erste Mal wie zuvor schon in Gedanken halbwegs geplant Spaghetti abzukochen, was ungefähr zwanzig Minuten in Anspruch nahm, bis das Wasser kochte und dann die Nudeln durch waren. Anschließend tat sie sich eine Portion zusammen mit einem Löffel Pesto auf den Teller und widmete sich ihrem Mittag- und gleichermaßen Abendessen. Dabei ließ sie sich ausgesprochen viel Zeit, bekam noch Gesellschaft einer relativ guten Freundin von hier, unterhielt sich noch eine Weile mit dieser über Gott und die Welt, eben nichts tragisches, dann beschloss sie - nach einem Blick auf die Uhr - doch mal ins Badezimmer zu verschwinden. Erstens um die zerzausten Haare zu bändigen und zweitens um sich zu schminken und anschließend anzuziehen, damit sie für später fertig war, war es mittlerweile doch nicht mehr so lange bis sie los gehen würden. Gesagt, getan. Nach etwa einer dreiviertel Stunde war sie dezent, aber doch ein wenig mehr wie im Alltag, geschminkt, dabei lag der Fokus wie immer eigentlich auf den großen, blauen Augen. Ihre Haare fielen ihr offen und in großen, leichten Locken über die Schultern bis etwa zur Hälfte ihres Rückens. Bezüglich der Kleidung entschied sie sich - das kurze Schwarze war nicht unbedingt das, was bei einem Autorennen angesagt war - für recht knappe, hellblaue Hotpants, darunter schwarze Netzstrümpfe und ein weißes Top, das vorne zwar recht verschlossen wirkte, aber dabei immer noch eine gewisse Leichtigkeit ausdrückte, dafür beinahe den gesamten Rücken der Blondine freilegte. Und wie sagte man so schön? Ein schöner Rücken konnte auch entzücken. Da es draußen aber recht kühl war, auch wenn es unter den vielen Leuten sicher nicht unbedingt kalt sein würde, entschied sie sich noch für eine schlichte, schwarze Lederjacke, bevor sie in die Boots schlüpfte. Hohe Schuhe waren zwar schön und gut, sahen toll aus und streckten das Bein, aber Solane trug sie trotzdem nicht sonderlich gerne. Außerdem gefiel ihr persönlich die Kombination aus dem leichten, femininen Stöffchen des Oberteils mit den grober wirkenden Boots, die dem Outfit ihrer Meinung nach das gewisse Etwas verpassten.
"You can fool all of the people some of the time, and some of the people all of the time, but you can't fool all of the people all of the time."
Der Italiener war sichtlich genervt, weshalb ich ihn nach kurzer Zustimmung ohne weitere Eingriffe von Dannen ziehen ließ. Er schien den Sport jetzt wohl dringender zu brauchen als sonst Etwas und da wollte ich ungern im Wege stehen. Also widmete ich mich mehr mir selbst und unternahm einen kleinen Spaziergang in den nicht weit entfernten Wald. Es war immer gut, wenn man sich ein wenig von der Natur beeinflussen ließ, die zumeist einfach eine unglaubliche Ruhe ausstrahlte. Obwohl es wirklich windig war, genoss ich die Frischluft und war erst nach gut einer Stunde wieder Zuhause. Danach wechselte ich noch einmal in bequemere, dehnbarere Klamotten, in denen ich ein paar wenig anstrengende, aber äußerst entspannende Yoga-Übungen machte. Ich wollte nicht noch einmal ins Schwitzen geraten, weil ich dann erneut duschen müssen würde, was schlecht für die Haut war und auch nicht wirklich gesund. Deshalb ging ich es heute ganz ruhig an, atmete genauestens auf meine Atmung und die Genauigkeit, mit der ich die Übungen ausführte. Es beanspruchte doch einige Zeit und als ich damit fertig war, streckte ich mich noch einmal kurz, bevor ich auf mein Mobiltelefon sah: Oh, war schon recht spät. So schälte ich mich aus den engen Yoga-Klamotten, bevor ich ein wenig Deo benutzte und wieder die Klamotten anzog, die ich heute schon einmal angehabt hatte. Dazu dieses Mal allerdings schwarze Boots, die einen kleinen Absatz hatten, nicht mehr als fünf Zentimeter und damit noch wegrenn-geeignet waren, sollte irgendetwas Unvorhergesehenes passieren. Ich schnappte mir noch meine Waffe und verstaute sie wie gewohnt im Gürtel. Sie war heute wohl sichtbar, was aber nicht weiter auffällig wäre. Einfach, weil in den USA ziemlich viele Menschen eine Waffe mit sich führten und nachts erst recht. Auch Frauen, um sich einfach gegen Übergriffe zu schützen. Bei mir hatte es zwar andere Gründe, aber das wusste ja niemand, weshalb es keine Rolle spielte. Ich zog mir eine kurz geschnittene, schwarz-ausgewaschene Jeansjacke über, deren Ärmel ich hochgekrempelt hatte. Zwei Minuten nach 22 Uhr, was Domenico sicherlich verärgern würde, kam ich in die Garage gehastet. "Bin da, bin da. Sorry!" entschuldigte ich mich sofort, ohne den jungen Mann anzusehen und ließ mich auf den Beifahrersitz des von ihm ausgewählten Wagens fallen.
Bis auf das Krafttraining, das ich noch absolvierte, damit ich nicht zu energieüberladen ins Rennen ging. So konnte ich meiner Energie noch Platz machen, auch wenn das eine zweite, kurze Dusche am späten Abend bedeutete. Die Haare trockneten ja ziemlich schnell von alleine, da musste Nichts geföhnt werden. Ich zog mich einfach in der Zeit an, in der meine braunen Haare noch am trocknen waren. Eigentlich brauchte ich nie lange, um mich für ein Outfit zu entscheiden. Auf die Farbabstimmung musste ich ohnehin nur wenig bis gar nicht achten. Einfach, weil ich nie Farbe anzog. Ich entschied mich für ein weißes Tanktop, dass ziemlich eng an meinem Körper anlag, meine Körperbau betonte. Dazu eine Jeans mit dunkelblauem Stoff und ich kramte mal wieder die hellblaue Jeansjacke mit den grauen Stoffärmeln aus dem Schrank, schlüpfte kurzerhand hinein. Dann stieg ich noch in die schwarzweißen, ganz klassischen Vans - die irgendwie wohl meine Lieblingsschuhe waren -, nahm den Autoschlüssel meines Schatzes von meinem Nachttisch und dampfte dann in die Garage ab, wo Solane wohl sicherheitshalber schon wartete, weil wir keinerlei Treffpunkt oder dergleichen ausgemacht hatten. Ich war aber noch pünktlich, beschweren durfte sie sich also nicht und wenn sie es doch tun würde, dann durfte sie gerne laufen, wenn ihr das besser gefiel. "Na dann mal los, ein bisschen Geld scheffeln.." redete ich bestens gelaunt vor mich hin, bevor ich zur Fahrerseite ging, die Schlösser der Türen via Knopfdruck entriegelte und hinters Lenkrad stieg. War immer wieder schön, wenn ich das Leder des Lenkrads unter meinen Fingern spürte. Das hier war einfach ganz mein Element.
Er beschloss, sich schon hinters Steuer fallen zu lassen, einfach weil die Beine heute durchs Joggen genug belastet worden waren. Es würde zwar allerhöchstens zu einem leichten Muskelkater führen, einfach weil er regelmäßig joggte, aber gut.. wie dem auch sei. Während er den Schlüssel schon mal ins Zündschloss schob, kramte er sein Handy heraus, um die ein oder andere Nachricht zu beantworten und ein paar Nachrichten zu durchforsten. Er wusste selbst, dass er zu früh war, ein Blick auf die Uhr an seinem Handgelenk verriet ihm aber ebenso, dass Sierra mittlerweile zu spät war; wenn auch nur wenige Minuten. Und als ob sie seine Gedanken hatte hören können, tauchte sie auch schon in der Garage auf und ließ sich wenig später neben ihn auf den Beifahrersitz des Wagens fallen. "Wie könnte mir das entgehen..." quittierte er, wobei er im Gegensatz zu heute Mittag blendende Laune hatte. Zwar konnte er sich einen schöneren Abend vorstellen als sich im Territorium der Massics herumzutreiben und den Abend mit wenig interessanten Dingen wie Autorennen zu versüßen, aber was musste, das musste nun mal und da Domenico keine halben Sachen machte, stand eben heute das Autorennen auf dem Programm. Da wollte man zwar meinen, der junge Mann sei wie die meisten und stand auf schnelle Autos - aber dem war nicht so; er konnte nicht sagen weshalb, aber das hatte ihn noch nie sonderlich gereizt. So konnte er sich aber immerhin auf das konzentrieren was anstand und wurde nicht von Protzkarren und lauten Motoren abgelenkt. Er startete den Motor, lenkte den Wagen aus der Garage und schließlich auf die Straße, um dann den Ort des Geschehens anzusteuern, dieser lag allerdings ziemlich am anderen Ende der Stadt, was die Fahrzeit auf locker 20 bis 30 Minuten herauslaufen ließ. "Icarus Reed - dem Typen sollten wir eventuell besser aus dem Weg gehen; ich weiß nicht ob er uns erkannt hat.." begann er nachdenklich. Der Fietze der Massics war ihm immerhin bekannt; ebenso Dwayne, genauso wie Darren ihm bekannt gewesen war, dann hörte es aber auch langsam wieder auf, wer das Blondchen beispielsweise gewesen war? - Keine Ahnung, interessierte ihn aber auch nicht wirklich. Entsprach sowieso nicht seinem Geschmack, wenn er ehrlich war.
Es dauerte noch etwa fünf bis zehn Minuten, bis die ersten - inklusive Icarus - sich zu ihren Wägen in der Garage verzogen. Der junge Mann schien bester Laune zu sein und sich auf das bevorstehende Rennen zu freuen, Solane konnte nicht gerade von Vorfreude sprechen, war dem Abend gegenüber aber auch nicht abgeneigt. Wieso auch? Es könnte wirklich ganz nett werden, auch wenn sie immer im Hinterkopf haben musste, dass sie Informationen herausfinden sollte, falls vorhanden. Aber das würde sie schon hin bekommen, war kein Problem. Kurzerhand ließ sie sich neben Icarus auf den Beifahrersitz seins Wagens fallen "Zumindest wenn du als Sieger aus dem Rennen gehst..." quittierte sie, meinte das aber nur halb so ernst wie es klang; jeder hier kannte den jungen Mann und wusste, dass er in Sachen Autofahren beinahe ungeschlagen war. Es lag ihm einfach, er hatte, wie man so schön sagte, das Händchen dafür. Das Gefühl, keine Ahnung, Solane konnte nicht behaupten, es jemals so richtig versucht zu haben. Letzten Endes sicherlich auch, weil es ihr noch nie jemand wirklich angeboten, sie aber auch nicht gefragt hatte - und das Bedürfnis danach war auch mehr als gering. Sie saß lieber daneben oder stand am Straßenrand und feuerte an. Oder so. Wie dem auch sei: Icarus war ein gefürchteter Gegner, das war unbestreitbar.
"You can fool all of the people some of the time, and some of the people all of the time, but you can't fool all of the people all of the time."
Ich hatte wohl ziemliches Glück mit Domenicos aktueller Gefühlslage, die eher entspannt zu sein schien. Auch die Tatsache, dass ich zu spät gekommen war, schien dem keinen Abbruch zu tun und so war ich doch sehr erleichtert, dass ich unseren gemeinsamen abendlichen Ausflug nicht schon im Voraus ruiniert hatte. Gut, hätte ich mir mehr Zeit gelassen, wäre es wohl nochmal etwas Anderes gewesen, aber wie dem auch sei. Ich konnte wohl froh darüber sein, dass der groß gewachsene junge Mann einen angenehmen Fahrstil hatte, nicht einen auf Rennfahrer machte. Wäre, denke ich, ohnehin nicht so sein Stil, beim Fahren auf dicke Hose machen zu müssen. So sah ich die Fahrt über fast die ganze Zeit aus dem Fenster, nickte auf seine Worte hin leicht. Es wäre auch hochgradig unprofessionell, wenn wir uns selbst dem Typen auf dem Silbertablett servieren würden, wo er doch möglicherweise Etwas an uns wieder erkennen könnte. "Ja, besser isses." stimmte ich dem Fahrer also zu, ehe ich mich wieder den vorbeiziehenden Häusern widmete. So dauerte es auch noch ein paar Minuten, bis wir schließlich am Treffpunkt für das Rennen angekommen waren, wo ich mich dann noch im Wagen sitzend erneut an Domenico wendete. "Du hast nicht zufällig auf dem Schirm, was der für 'ne Karre fährt?" hakte ich nach, weil ich selbst davon natürlich mal wieder keinen Schimmer hatte. Unorganisiert wie immer, könnte man meinen. Aber es würde hier wohl kaum wenige Autos geben, deren Scheiben getönt waren, weshalb man nicht erkennen konnte, wer letztendlich hinterm Steuer saß. Da wäre es schon wissenswert, was der Massics-Typ für eines fuhr.
Ich konnte mir ja ein Prusten auf ihre Worte hin nicht verkneifen, grinste anschließend süffisant vor mich hin, während ich ausparkte und letztlich losfuhr. "Ich bitte dich, Solane..." war vorerst Alles, was ich auf ihr 'zumindes wenn' erwiderte, weil wir denke ich beide ganz gut wussten, dass ich nicht grundlos zur Spitze der Massics gehörte. Das war zwar nicht nur auf meine Fahrkünste zurückzuführen, aber durch die regelmäßigen Einnahmen hatte ich mich beim Chef schon sehr beliebt gemacht, was er eigentlich auch gerne zugab... sofern ich nicht indirekt daran beteiligt war, dass ein anderes Mitglied der Crew draufging. Könnte ich mich bei dem Gedanken ja eigentlich schon wieder aufregen, wollte mir aber die Laune nicht selbst vermasseln, weshalb ich meine Gedanken umlenkte. Ich fuhr in gemütlichem Tempo, weil ich meinen Motor natürlich sachte aufwärmen wollte. "Ich glaub zwar nicht, dass jemand von denen da sein wird, weil das nicht ihre Szene ist.. aber guck dich vielleicht trotzdem mal danach um, ob du irgendwo 'nen Eagle siehst. Safety first, ich will ungern abgeknallt werden, weil ich nur womöglich einen der beiden erkannt haben könnte und eine potenzielle Bedrohung darstelle.." redete ich so ganz beiläufig vor mich hin, als es um die letzten Meter der Strecke zum Rennen ging. Wenn ich die Szene kurz Revue passieren ließ, fiel mir auf, dass ich nicht wirklich viel gesehen hatte. Aber die Frau hatte sich so halb umgedreht, kurz bevor die zwei abgedampft waren. Ich hätte aber gerade nicht sagen können, ob ich sie wiedererkennen würde, weil es so verflucht dunkel gewesen war. "Und einmal kurz festhalten, bitte." warnte ich Solane mehr oder minder vor, bevor ich die letzten Meter einmal ordentlich Gas gab und in der letzten Kurve einen Drift hinlegte, damit der Motor einmal kurz aufgeheizt und die Reifen warm waren. Für mich ein Kinderspiel, das Ganze professionell aussehen zu lassen und weil man das Reifenquietschen sicherlich gehört hatte, empfingen einige Blicke mich und den Rest der Crew, als wir am Treffpunkt eintrudelten. Auf einem freien Parkplatz hielt ich an, würde aber auch noch einmal kurz aussteigen müssen, um meinen Anteil der Siegprämie an den Veranstalter abzudrücken. Hach, immer diese Startgebühren...
Der Verkehrt war recht angenehm, dafür, dass wir uns in einer Großstadt befanden zumindest. Das lag wohl an der Uhrzeit und dem Wochentag. Da Samstagabend war, nicht allzu viele Leute arbeiten mussten und sowieso eigentlich schon nach Feierabend war, kamen sie relativ gut durch, erwischten sogar kaum eine rote Ampel, wobei selbst wenn - so ungeduldig wie Domenico beispielsweise auch sein konnte wenn er auf eine Person wartete und diese unpünktlich kam, so geduldig war er doch im Straßenverkehr oder anderen Situationen. Es kam immer ganz darauf an - ein Mittelding schien es bei dem Italiener allerdings nicht zu geben; entweder er war ausgestattet mit einer Engelsgeduld oder er besaß eben so ziemlich gar keine; dann wären selbst die zwei Minuten die Sierra eben zu spät gekommen war absolut nervig gewesen, da seine Laune aber dank des Sports relativ gut war, war das unquittiert geblieben. Ausnahmsweise. Das sollte sie zu schätzen wissen. Am Platz des Geschehens angekommen fielen sie mit ihrem Wagen gar nicht auf, er stach nicht heraus, war zwar ein Sportwagen der höheren Klasse, hatte aber keine besondere Farbe, keinen besonderen Motor, klang nicht besonderes und lenkte so auch so ziemlich gar keine Aufmerksamkeit auf sie, was schlicht weg einfach nützlich war in Anbetracht der Tatsache, dass sie nicht auffallen wollten. Als Sierra sich nochmal an Domenico wandte, drehte er den Kopf leicht in ihre Richtung und somit von einem der Fahrer ab, der gerade irgendeine Szene zu schieben schien mit seiner Karre. "Hm?!" murmelte er noch etwas abwesend, bevor er ihre Frage in Gedanken richtig wahr genommen hatte, bevor er nickte. "Doch - er fährt nen schwarzen Camaro - frag mich nicht nach dem genauen Modell, aber soweit ich das im Kopf habe.." teilte er ihr mit. Nicht, weil es ihn sonderlich interessierte, sondern eher, weil es ihm relativ leicht fiel sich solche Dinge zu merken. Aus welchem Grund auch immer, vermutlich hätte er auch die Schule ohne Probleme abgeschlossen, einfach weil ihm sowas in den Schoß fiel, aber er hatte es nicht mal probiert und auch nicht wirklich das Bedürfnis danach es nachzuholen.
Icarus nahm ihre Worte genauso ernst wie sie selbst - nämlich gar nicht. Ihm war mindestens genauso sehr bewusst, dass er zu der oberen Klasse gehörte wie ihr selbst. Vermutlich noch mehr, ein sonderlich kleines Ego besaß er ja nicht. Aber hey, durfte er in dem Fall auch haben, wenn man Solane fragte und solange er ihr damit nicht auf den Sack ging - was zumeist auch echt okay war - war das echt okay. Die Blondine lauschte seinen Worten aufmerksam, nickte nur leicht... vermutlich würde sie einen Eagel nicht mal erkennen, wenn er einen Meter vor ihr stand, sah man einmal von den hohen Tieren ab, die man einfach kannte, weil man sie kennen musste natürlich. Aber denen würde es nicht anders gehen, es war praktisch unmöglich alle der anderen Gangs zu kennen, dazu gab es hier einfach viel zu viele. Aber rein theoretisch würde es vielleicht sogar auffallen, wenn jemand der ansonsten nicht auf solchen Events war auftauchte, einfach weil er auffiel wie ein bunter Hund? Übertrieben ausgedrückt. Wobei sie sich fast nicht vorstellen konnte, dass die so doof waren und dort aufkreuzten, wo definitiv die Massics das sagen hatten, war das doch auch der still geschlossene Packt: Man hielt sich vom Revier der anderen fern, dafür gab es keine oder nur wenige Eskalationen. Zwar war das gestern nicht "nichts" gewesen, aber so grundsätzlich eben. "Ich pass schon auf dich auf, keine Angst..." witzelte sie auf seine Worte, nickte dann aber ein wenig ernster: "Ich halte Augen und Ohren offen, wäre schade um dich..." teilte sie ihm mit, dass sie sich alle Mühe geben würde zu sehen was sie herausfinden konnte und dabei durchaus darauf achten würde nicht an die falschen zu geraten, bzw. die falschen frühstmöglich zu erkennen und so zu vermeiden was eventuell eh unvermeidlich war. Als Icarus sie anwies sie festzuhalten spannten sich mehr automatisch die Muskeln der Blondine an, die somit zumindest größtenteils verhinderte bei dem Drift den Icarus hinlegte gegen die Beifahrertür gedrückt zu werden. Wie sie bereits gestern Abend schon festgestellt hatte, empfand sie beim Fahrstil des jungen Mannes relativ wenig bedenken, auch wenn die Drifts vielleicht nicht zum Lieblingsprogramm der Blondine gehörten. Als der Wagen hielt, stieg Solane aus, ließ den Blick langsam über die Menge gleiten: neugierig und gleichermaßen aufmerksam.
"You can fool all of the people some of the time, and some of the people all of the time, but you can't fool all of the people all of the time."
Ja, danke für deine Aufmerksamkeit. Er schien es auch tatsächlich zu wissen, gab mir eine Antwort, nachdem er seine Gedanken fertig sortiert hatte. Ich wusste zwar jetzt nicht genau, wie ein Camaro aussah, aber ich wusste immerhin, dass die Dinger von Chevrolet waren. Das würde hoffentlich ausreichen, glaube die Marke hatte nicht so viele Sportwagen... oder irrte ich mich da? Keine Ahnung, konnte ich nicht mit Sicherheit sagen. Ich ließ dem jungen Mann neben mir noch ein Nicken zukommen, bevor ich die Beifahrertür aufschob und in aller Ruhe aber mit gewohnter Eleganz ausstieg. Ich sah mich erst einige Sekunden lang um, bevor ich die Tür hinter mir schloss. Nein, sowas wie das hier würde definitiv nicht mein nächstes Lieblings-Reiseziel werden. Schon nach ein bis zwei Minuten stellte ich für mich selbst fest, dass ich einen Großteil der Menschen hier gar nicht ernst nehmen konnte. Die Frauen ohnehin nicht, oder zumindest viele von ihnen nicht, weil sie mehr als knapp gekleidet waren. Schien zu der Szene dazu zu gehören, was sie mir nicht gerade schmackhafter machte. Männer waren hier wahrscheinlich auch die reinsten Proleten und einzig und allein in ihre Autos verliebt. Ich ging um den Wagen herum zu Domenico, der inzwischen auch ausgestiegen war. "Dass du dich aber ja nicht von den Flittchen ablenken lässt, hm?" meinte ich spaßhaft und stieß ihm sachte mit dem Ellbogen in die Seite.
Weil ich einen blonden Zwerg als Aufpasser brauchte, ja ne, is klar. Es war wohl ihr Glück, dass ich mich gerne auf Humor einließ und mich manchmal auch selbst nicht ganz ernst nahm. Witze auf meine Kosten waren, solange sie nicht ernst gemeint waren, also meistens in Ordnung. Es sei denn ich war schon geladen, dann sollte mans wohl lieber auslassen. But whatever - ich tat es Solane gleich und stieg aus, ließ meinen Blick nur flüchtig schweifen und schloss den Wagen gleichzeitig ab. Bei dem Schmuckstück musste man schließlich aufpassen, dass es einem nicht durch die Macht fremder Hände weglief. Die für diesen Wagen ungewöhnlichen 900 PS waren teuer gewesen und außerdem hatte die Karosse halt einfach ihren Platz in meinem Herz. Ich ging zur anderen Seite des Wagens, ließ dann während des Gehens meine Augen einmal über den Körper meiner Begleiterin wandern und musste doch leicht grinsen. Sie war zweifelsohne ein gut passendes Accessoire für mein Auto. "Nices Outfit, by the way." ließ ich ihr also diesmal doch ernst gemeinte Worte zukommen, grinste dabei aber fröhlich weiter vor mich hin und hielt Ausschau nach Phil, der in der Regel der "Einsammler" der Startgebühren war. Es dauerte auch nur ein paar Sekunden, bis ich ihn ein paar Mete weiter ausgemacht hatte und ihn ansteuerte, um ihm die paar tausend Euro in die Hand zu drücken. Vorher erfolgte aber noch ein freundschaftlicher Handschlag und Smalltalk. Doch, er war sowas wie ein guter Freund über die Jahre geworden.
Kurz nach Sierra stieg auch Domenico aus, der den Blick ebenso langsam über das Geschehen schweifen ließ; er war noch nie bei einem solchen Event gewesen und wusste schon jetzt, dass er in Zukunft auch weiterhin fern bleiben würde; allein die Menschen hier ließen ihn schon wieder grummliger werden. Einfach weil der Großteil so aussah, als wären sie direkt vom Straßenstrich hier her gekommen - schöne Körper an sich hin oder her - oder aber als würden sie ihre Schwanzlänge an ihren Karren abmessen. Ja, doch - das traf es seines Empfindens nach relativ gut. Erst als die hübsche Brünette - die hier mit ihren Jeans regelrecht herausstach - neben ihn trat und ihn sanft mit dem Ellenbogen anstieß wandte er den Blick wieder ihr zu, zog die Augenbrauen ein wenig spöttisch in die Höhe: "Ich bin vergeben, das weißt du doch.." erwiderte er zwinkernd, legte ihr einen Arm um die Schultern und zog sie einen Moment an sich heran, bevor er sie wieder los ließ, seine Anspielung auf die Rettungsaktion von gestern Abend wieder abklingen ließ "Nein im Ernst, das hier ist unter meinem Niveau" teilte er ihr mit, meinte das auch vollkommen ernst. Sowieso, auch wenn man es auf den ersten Blick eventuell nicht glauben mochte, war Domenico nicht unbedingt von der Sorte 'Frauenaufreißer'. Nicht weil er es nicht könnte, wenn er wollen würde, sondern weil er nicht das Bedürfnis hatte. Und falls doch, dann suchte er sich die Dame die sich glücklich schätzen durfte doch ganz gerne nicht anhand ihres knappen Outfits aus, sondern eher am Stil den sie an den Tag legte. "Sei also unbesorgt, ich versichere dir einen kühlen Kopf zu bewahren.."
Eins gefiel ihr an diesen Straßenrennen... es war ein gewisser Adrenalinkick damit verbunden, weil es doch jederzeit möglich war, dass die Polizei auftauchte, außerdem konnte immer ein Unfall passieren, dabei hoffte sie immer, dass keiner ihrer Leute betroffen war - selbstredend natürlich. Außerdem mochte sie das dennoch lockere Untereinander und die teilweise echt lächerlichen Machtkämpfe unter manchen Fahrern. Es war einerseits amüsant, andererseits einfach ein netter Zeitvertreib und nebenbei eben eine der größten Einnahmequellen der Massics. Es gehörte einfach zum Tagesgeschäft und gerade ein solches Rennen wie heute, etwas größer aufgezogen als ein durchschnittliches Rennen, war immer wieder... nun ja, eine nette Erfahrung, wenn man so wollte. Am schönsten war es dabei natürlich, wenn die Massics als Sieger aus dem Rennen gingen, was, wenn Icarus antrat, nicht selten der Fall war. Mehr unbewusst als bewusst tauchte ein sachtes Lächeln auf den Lippen der jungen Frau auf, die Icarus Kompliment durchaus als schmeichelnd empfand. Nicht, dass sie sich darauf jetzt etwas einbildete, aber welche Frau bekam schon nicht gerne Komplimente? Ihr würde zumindest keine einfallen, die sich daran störte. Dabei folgte sie ihm noch kurz mit ihrem Blick, beobachtete wie er Phil sein Startgeld entgegen hielt und wandte sich dann ab, um sich wieder auf die Menge zu konzentrieren. Dabei wusste sie gar nicht so recht wie sie anfangen sollte. Letzten Endes war es in solchen Situationen aber oftmals am Besten, wenn man es spontan auf sich zukommen ließ; eben sah wer sich anbot, wer nicht und dann das Gespräch suchte, was nicht schwer sein dürfte in anbetracht der Tatsache, dass hier mit Sicherheit der ein oder andere Kerl auf zierliche Blondinen stand. Schließlich entschied sie nochmal kurz in Richtung Icarus abzubiegen, dem sie im vorbeigehen noch ein "Glück brauchst du wohl nicht.." zuwarf, bevor sie sich unter die Anwesenden mischte.
"You can fool all of the people some of the time, and some of the people all of the time, but you can't fool all of the people all of the time."
Ach ja, hatte ich glatt vergessen, dass wir ja seit neuester Errungenschaften ein eingeschweißtes Team und Pärchen waren. Nicht, als wäre der junge Mann nicht zum Anbeißen, aber eine Beziehung würde mir wohl nur im Wege stehen. Mal gut, dass das alles nur ein Scherz war und gar nicht zur Debatte stand. Für ihn wahrscheinlich genauso wenig, wie auch für mich und das war gut so. So reagierte ich auf seinen mir entgegen kommenden Witz nur mit einem leichten Augenrollen und einem breiten Grinsen. Ich verkniff mir eine weitere Bemerkung diesbezüglich, wollte das Spielchen in der Richtung lieber nicht zu weit treiben. Es war wohl nicht selten so, dass man ganz lange Witze übers in einer Beziehung sein machte und irgendwann war man dann noch so weit und es trat wirklich ein. Es war zwar schön, dass Domenico solche Späße mit sich machen ließ, weil ich doch eigentlich eine sehr humorvolle Person war, aber vielleicht sollte ich mich auch angesichts der letzten Nacht mal ein wenig im Zaum halten. Ich wusste wohl oft selbst nicht, wo die Grenzen besser eingehalten wurden, aber damit hatte ich schon immer Probleme gehabt. Festgesteckte Abgrenzungen, Regeln und ich waren noch nie gute Freunde gewesen. "Na dann kann ich ja beruhigt sein." erwiderte ich also nur noch kopfschüttelnd und begann, mich ein wenig genauer umzusehen. Es waren keine mir bekannten Gesichter in der Nähe, auch kein Reed. Allerdings erblickte ich seinen Wagen, glaubte das zumindest, von ihm war jedoch keine Spur. Ich tippte meinen Partner leicht auf den Oberarm, um ihn dazu zu bringen, in die gleiche Richtung zu sehen, wie ich es tat. "Da... is das seiner? Ich glaube ja." Falls dem so sein sollte, mussten wir auf jeden Fall ein Stück weit die Köpfe einziehen.
"Deine Freundin?" fragte mich Phil und zuckte provokant mit den Augenbrauen auf und ab. In der rechten hatte er eine Narbe, weshalb diese unterbrochen war, woran ich mich aber schon lange gewöhnte hatte. Die ehemalige Verletzung zog sich fast bis ganz nach oben zum Haaransatz, aber Narben waren in diesem Metier jetzt auch keine Seltenheit, um ehrlich zu sein. Ich jedenfalls guckte den jungen Mann einen Moment lang spielerisch empört an, ehe ich den Kopf schüttelte. "Ich und eine Beziehung.. von welchem Paralleluniversum reden wir grade?" witzelte ich und warf ihm noch einen vielsagenden Blick zu. Er wünschte mir noch "Hals und Bein", bevor auch schon die Blondine noch einmal vorbeigeschwirrt kam und mir indirekt Glück wünschte. Das ich, wie sie richtig erfasst hatte, eigentlich nicht benötigte. Ehe ich Etwas erwidern konnte, war sie aber auch schon wieder verschwunden und ich machte mich auf den Weg zu meinem Wagen, wo ich noch einmal die Motorhaube öffnete und ein paar grundlegende Dinge kontrollierte, weil es wohl in etwa fünf Minuten losgehen würde. Lieber immer auf Nummer Sicher gehen, bevor ich mein Baby gegen die Wand fuhr und mich selbst mit dazu in den Rollstuhl setzen musste... das wäre alles andere als mein Lebenstraum.