Darya Sie beobachtete das Spektakel mit wachsendem Schrecken, ignorierte die Kunden, die ihr zuwinkten und lautstark Alkoholnachschub bestellen wollten, als wären sie nicht da. Und kaum hatte Ashton das erste Mal ausgeholt, stürzte sie auch schon hinter der Bar hervor und zwischen der mehr oder weniger betrunkenen Masse hindurch auf ihn zu. Mehr aus Reflex, denn wahrscheinlich wollte er sie gerade am allerwenigsten sehen. Aber es war ihre Schuld, dass er das gerade tat, soviel konnte sie sich denken. Also musste sie ihn auch stoppen, wenn es dazu womöglich auch schon zu spät war. Er müsste sich schon unglaublich geschickt anstellen, wenn er verhindern wollte, dass ihm dieser Ausraster den Job kostete. So schnell sie konnte, drängte sich Darya zu Ash vor, war dank der Tatsache, dass sie alles von Anfang an beobachtet hatte, auch vor irgendeinem anderen Angestellten bei ihm und riss ihn ohne lange nachzudenken am Arm zurück. „Ash! Bitte, du verlierst deinen Job!“, schrie sie ihn an, hatte gar keine Augen für den betrunkenen Kerl, der sich die blutende Nase hielt und irgendwo am Boden hockte, weil ihn der zweite Schlag von den Füssen geholt hatte. Dieser wurde sowieso schon von seinem Kumpel und einem Securitykerl umworben, der wohl kurzum einen Krankenwagen organisieren durfte. Die Blondine hingegen, war einzig und allein damit beschäftigt, Ashtons Arm zu umklammern und ihn flehend anzublicken, während ihre Augen schon wieder fleissig damit begannen, Tränen zu produzieren. Wenn er diesen Job verlor - wegen ihr - würde sie ihn dann jemals wieder sehen? Jemals die Chance dazu kriegen, auch nur zu versuchen, sich bei ihm zu entschuldigen? Oder wärs das dann gewesen, weil er sie jetzt sowieso hasste und nichts mehr mit ihr zu tun haben wollte?
Wenn Darya nicht reagiert hätte und auch sonst niemand eingegriffen hätte, so hätte Ashton wohl nochmal und nochmal zugeschlagen. Ganz gleich ob der Kerl genug hatte oder nicht. In dem jungen Mann hatte sich eine solche Wut aufgestaut, dass das gerade das Ventil war um diese abzulassen. Er war so wütend, so enttäuscht, fühlte sich so wahnsinnig verraten und brauchte einfach etwas - oder jemanden - an dem er es auslassen konnte. In diesem Fall eben der arme Kerl welcher der Meinung gewesen war er müsse ihn wegen des Schlückchens Bier beschimpfen und als unfähig bezeichnen. Ja, hätte Darya nicht an seinem Arm gezerrt, ihn aus dieser Situation geholt, so hätte der Kerl sich nochmal eine eingefangen - und dann nochmal eine und nochmal eine. Und am Ende hätte man sein Gesicht vielleicht gar nicht wieder erkannt. Und sowas tat ein Engel - welch Ironie, war er doch dazu erzogen worden der Menschheit zu helfen und gutes zu tun und ihnen nicht eine krumme Nase und einen gebrochenen Kiefer zu bescheren. Aber gerade war ihm das mehr als egal. Auch die Worte der Blondine, aus dessen Griff er sich wutentbrannt wieder los riss. "Was interessiert mich dieser beschissene Job?" fauchte er sie aufgebracht an. War doch so - hier musste er die Kotze derer aufwischen, die es übertrieben, leere Gläser einsammeln und Toiletten putzen. Wenn es gut lief mal jemanden vor die Tür setzen. Aber das war es auch schon; jede Nacht der gleiche Scheiß. Was hatte er davon? Nichts, vermutlich würde er überall anders auch etwas finden; in der Bäckerei beispielsweise in der sie oftmals zusammen saßen, dort suchten sie gerade jemanden... wenn er sich nicht ungeschickt anstellte, würde er bestimmt auch dort arbeiten können. "Fass mich verdammt nochmal nicht an" wies er sie erneut ab, als sie ihm für seinen Geschmack gerade zu nahe kam. Sie wollte er gerade wirklich am aller wenigsten sehen, war sie doch die Verantwortliche für seinen Ausraster.
"You can fool all of the people some of the time, and some of the people all of the time, but you can't fool all of the people all of the time."
Darya Sie bekam ziemlich genau die Reaktion zu spüren, die sie erwartet und leider auch mehr als verdient hatte. Er riss sich los, was die Schnittwunden an ihrer Hand nochmal schmerzhaft aufriss. War aber gerade ihr kleinstes Problem und der erträglichste Schmerz. „Ashton bitte“, versuchte sie ihn leise dazu zu bringen, sich zu beruhigen. „Er kann nichts dafür, es tut mir leid!“, oh ja, das tat es ihr. Nur war gerade wohl der so ziemlich unpassendste Moment, um sich zu entschuldigen. Er wollte ihre Entschuldigung eh nicht hören. Er wollte sie auch nicht sehen, ihre Hand nicht spüren... Eigentlich machte sie alles nur noch schlimmer, aber das konnte und wollte sie gerade nicht einsehen. Weil sie Angst hatte. Ironischerweise jetzt, nach allem, was sie vorhin geboten hatte. Ja, jetzt hatte sie plötzlich Angst, ihn zu verlieren, hatte sie Angst, dass er sie hasste, dass er sie für total behindert hielt. Jetzt machte sie sich Gedanken darüber, was er von ihr denken mochte, jetzt wurde ihr klar, was sie alles verspielt hatte. Und das tat nicht nur weh, es riss sie förmlich auseinander, ein weiteres Mal, brach alles aus ihr raus, bis sie wieder die leere Hülle wäre, die neu geformt werden musste. Wie so oft. Sie war einen Schritt von ihm zurück getreten, als die Security Kerle auch schon bei ihnen angekommen waren und sie beide in die Mitarbeitergarderobe nach hinten schoben. Hauptsache aus dem Weg, wies schien, denn die Aufpasser gingen direkt wieder zurück zu der aufgebrachten Menge der Gäste, die beruhigt werden wollten. So stand Darya alleine mit Ash da, schon wieder, wusste aber nicht, was sie denn noch sagen sollte. Sie wagte sich ja kaum, ihn anzuschauen, weil ihr klar war, je länger je mehr, dass sie wirklich alles falsch gemacht hatte. Dass er die ganze Zeit über im Recht gewesen war und sie ihn jetzt so weit gebracht hatte, dass er womöglich seinen Job verlor. Wegen ihr. „Ash.. willst... willst du überhaupt noch hier arbeiten? Wenn... wenn du willst, kann ich... ich kann versuchen, mit ihnen zu reden... das alles erklären... ich kann auch gehen... wenn du nichts mehr mit mir zu tun haben willst... es tut mir leid...“, stotterte sie vor sich hin, versuchte zugleich mit einem Küchentuch ihre Tränen zu stoppen. Stottern und weinen. Sie war wirklich tief gesunken. Die Blondine stand da, wie ein begossener Pudel und doch war ihr irgendwie längst klar, dass sie heute hier gar nichts mehr gut machen würde. Eher noch schlimmer. Darum wollte sie eigentlich auch seine Antwort auf ihre Worte nicht hören, traute sich kaum, darauf zu warten.
Es wäre gelogen zu behaupten er würde sie nun hassen - auch wenn er sich wünschte er würde es tun, weil es das alles so viel leichter machen würde. Er hasste sie nicht, er war viel mehr enttäuscht, wütend auf sich selbst und auch verunsichert, weil er diese Gefühle schließlich auch nicht so recht kannte, sie neu für ihn waren. Im Himmel war doch immer penibel genau darauf geachtet worden, dass eben so etwas nicht passierte und es war auch nur ein einziges Mal passiert. Ein einziges Mal hatte er die Kontrolle verloren und das war anders ausgegangen als hier gerade. Da hätte er sich nicht von Darya aufhalten oder von den Sicherheitsleuten ein wenig zur Seite schieben lassen und er hätte sie auch nicht zu Ende sprechen lassen, so wie er es jetzt tat und obwohl er sie eigentlich gar nicht hören wollte. Genauso wenig wie er sie sehen wollte. "Halt dich einfach da raus, Darya. Lass es gut sein.." quittierte er ihr stammelndes Hilfeangebot, das er gewiss nicht annehmen würde, haben wollte. Wahrnehmen wollte. Nein, egal was sie gerade gesagt hätte, er hätte sowieso das Gegenteil gewollt. Ja, ganz sicher und wenn sie gesagt hätte er solle nicht von der Brücke springen, wäre er gesprungen, einfach nur um das Gegenteil von dem zu tun was sie gerne haben wollte. Rein aus Prinzip - da kam der Sturkopf in ihm hoch. War ja aber nicht so und ganz so dramatisch war es vielleicht auch nicht. "Ich verzieh' mich. Und komm bloß nicht auf die Idee hier irgendwas für mich regeln zu wollen - das ist mein Scheiß, ja? Der geht dich nichts an." Mit diesen Worten schob er sich an der Blondine vorbei und auf direktem Wege aus dem Club hinaus. Die frische Luft tat gut, wobei sie ihn auch ziemlich überrannte, ihm im ersten Moment ein wenig schwummrig werden ließ, was schlecht an Alkohol liegen konnte, weil er nichts getrunken hatte. Vielleicht der Schlag den er sich eingefangen hatte, der aber eigentlich nicht sonderlich schlimm gewesen war.. Naja zumindest im Vergleich zu dem was der Kerl hatte ernten müssen...
"You can fool all of the people some of the time, and some of the people all of the time, but you can't fool all of the people all of the time."
Darya Und dann war er weg. Nachdem er ihr alles ausgeredet hatte. Sie hatte wohl doch noch mit einer kleinen, verbotenen Faser ihres Körpers darauf gehofft, dass er ihr wenigsten diese Chance gab, etwas wieder gut zu machen. Denn als genau das nicht der Fall war, waren auch die Tränen nicht mehr aufzuhalten und sie rutschte, ohne es vermeiden zu können, der Wand entlang zu Boden, weil ihre Beine sie nicht mehr tragen wollten. Sie blickte ihm nach, als er längst weg war, während das salzige Nass unschöne schwarze Spuren um ihre Augen und nun auch über ihre roten Wangen malte. So viel zum Thema wasserfestes Makeup. Sie blieb sitzen, weil sie nicht aufstehen konnte, die Kraft dazu schlichtweg nicht fand. Und weil es ihr egal war. Alles war so egal, so sinnlos. Es war sogar egal, ob es ein Dämon oder ein Engel war, der hier im Selbstmitleid badete. Was spielte das schon für eine Rolle? Egal was sie war, sie spielte ihren Teil sehr, sehr schlecht. Sie war ein fürchterlicher Dämon aber ein noch schrecklicherer Engel. Erst als die Ersten ihrer Kollegen die Garderobe betraten und sie halb geschockt halb irritiert anblickten, raffte die Blondine sich vom Boden auf, taumelte irgendwie mehr schlecht als recht zur Tür raus und verschwand, ohne Erklärung und ohne sich die Mühe zu machen, ihr Gesicht noch zu putzen. Sie ging einfach nach Hause, fiel ohne Dusche und in den schmutzigen, stinkenden Kleider aufs Bett, kopfüber ins Kissen, wo sie weiter heulte und mit der absurden Hoffnung, in ihren Tränen zu ersticken, irgendwann einschlief.
"Bring sie dazu diesen Kerl wieder zu vergessen, ihren Kopf nicht zu verlieren, nicht noch mehr Schande über uns zu bringen..." Jonathans rauchige, raue Stimme klang leise, als der Dämon vor sich her sprach was Abel ihm aufgetragen hatte. Und wieso? Weil er zu Darya schon in der Hölle eine ganz gute Verbindung gehabt hatte, wenn gleich es ihm schon von Beginn an egal gewesen war was mit dem Engelskind geschah. Er hatte einen guten Draht gehabt und diesen genutzt um sie zu formen, soweit eben möglich. Dabei hatte er die Idee schon immer schrecklich gefunden, was sollten sie mit einem Engelskind das sie sich zogen? In seinen Augen war dieser Plan von Beginn an zum Scheitern verurteilt gewesen und doch war er Derjenige gewesen, der am ehesten zu der Blonden durchgedrungen war. Und ganz offensichtlich kam er keine Sekunde zu spät, er hatte in dem Club in dem sie arbeitete mit angesehen, wie sie mit dem Kerl den Abel als 'Bedrohung' bezeichnet hatte, aneinander geraten war, als die Beiden nach der Schlägerei - die höchst amüsant gewesen war - in der Garderobe verschwunden waren. Dennoch hatte er sich im Hintergrund gehalten, war ihr letztlich bis zur Wohnung gefolgt in der sie lebte, hatte noch ein paar Minuten vor deren Tür verharrt, bis er sich sicher war, dass sie eingeschlafen war. In seinem Alter hatte man dafür ein Gespür, sah man einmal von den hilfreichen, sehr gut geschulten Sinnen ab. Ebenso wenig war es ihm ein Problem die Tür zu öffnen, sie anschließend auch wieder leise hinter sich zu schließen. Schlafen tat sie zwar offenbar noch nicht, denn er vernahm hin und wieder ein leises Schluchzen aus dem offensichtlichen Schlafzimmer - aber das war okay. Sonst hätte er sie ohnehin wieder aufgeweckt. Was ihren kleinen Freund betraf: Abel hatte ihm klar gemacht, dass er als Kollateralschaden enden durfte, sollte Jonathan keine andere Möglichkeit bleiben, aber fürs erste hatte er sich in den Kopf gesetzt sie anders zu überzeugen; immerhin wollte er ja auch ein wenig seinen Spaß an der Sache haben. So trat er ohne zu zögern in das Schlafzimmer ein, mit leisen Schritten, kaum hörbar. "Meine kleine Darya..." begann er mit der gewohnt rauen, gleichermaßen sanften Stimme, während er einige Meter vom Bett entfernt stehen blieb, um ihre erste Reaktion abzuwarten. "...was macht dich so unglücklich?"
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Darya Sie hatte darauf gewartet, endlich einzuschlafen. Wünschte sich nichts mehr als die erlösende Dunkelheit der Nacht - oder in diesem Falle des frühen Morgens -, die ihr helfen würde, zu vergessen. Wenigstens für kurze Zeit wollte sie vergessen und einfach nichts mehr fühle , weil alles, was sie spürte, nur weh tat. Doch wie so oft, kam es auch diesmal vollkommen anders. Sie hörte ihn nicht, als er die Wohnung betrat. Merkte nicht mal, dass ihre Zimmertür auf und wieder zu ging. Erst beim Klang von Jonathans Stimme zuckte sie stark zusammen und richtete sich blitzschnell auf, blickte den ihr so bekannten Mann wie erstarrt an. „N..Nate..!“, war das erste Wort, das heiser und erstickt ihre Lippen verliess. Plötzlich wurde ihr bewusst, wie sie wohl gerade aussehen musste, so total verheult auf dem grossen Bett. Eine ihrer Socken war im Schuh beim Eingang hängen geblieben, über den Nate wohl fast noch gestolpert sein musste, die Zweite packte immerhin noch ihren halben rechten Fuss ein. Ihr Shirt hatte sich bis über den Bauchnabel hoch geschoben und war total verrutscht, ihre Frisur sah wohl aus als wäre sie im grösste Sturm einen Marathon gerannt. Ihre Wangen glühten und die Nase tropfte nächstens weg. Die Blondine griff sofort beschämt nach den Taschentüchern auf dem Nachttisch, putzte sich die Nase und mehr schlecht als recht auch den Rest ihres glühenden Gesichtes. Sie durfte nicht weinen, wieso war er genau jetzt gekommen, wo sie schwächer war als je zuvor?? Sie wollte doch nicht auch noch ihn enttäuschen, einen ihrer wenigen Vertrauten aus der Hölle. Beinahe ein Freund. In keinster Weise vergleichbar mit... Ash, vor heute, aber halt für Dämonenverhältnisse. Ihre Augen suchten wieder den grossen Mann, der einfach so hergekommen war, jetzt in ihrem Zimmer stand und auf eine Antwort wartete. Sie durfte ihn doch gar nicht warten lassen.. Nur was sollte sie denn erzählen? Schwerfällig setzte sie sich auf den Bettrand. „Ich bin traurig, Nate, weil ich ein so schlechter Dämon bin. Ich geb mir so viel Mühe, aber irgendwie ist es nie genug und ich versage doch immer wieder“, gab sie einen winzigen Teil der Wahrheit preis, der ganz bewusst am wenigsten mit Ash zu tun hatte. Doch selbst dieser winzige Teil reichte, dass wieder eine Träne ihre Wange hinab strich. Sie wollte sich eigentlich niemandem öffnen, weil sie nicht wusste, wem sie denn noch vertrauen durfte. Aber Nate war - trotz seiner manchmal unkonventionellen Art - noch immer ihr Vorgesetzter. Und einem solchen verweigerte man keine Antworten. „Ich soll nicht weinen.. siehst du, wie gut ich darin bin?? Ich kanns einfach nicht!“, resigniert fiel ihr Blick von ihrem Besucher ab und sie drehte etwas ihr Gesicht weg, weil sie doch eigentlich nicht wollte, dass er sie so sah.
Wie sie wohl reagiert hätte, wenn Abel im Raum gestanden wäre an Stelle von ihm? Jonathan konnte es sich vor seinem inneren Auge vorstellen, musste sich ein leichtes Grinsen verkneifen, während er die hübsche Blondine - von ihm auch liebevoll Blondie genannt - mit seinen durchdringlichen, blauen Augen aufmerksam musterte. Er ließ sie aussprechen, bevor er sich zu ihr auf die Bettkante gesellte. "Alleine zu Hause ist das doch keine Sünde - niemand kann dich sehen und dein Geheimnis ist bei mir sicher.." klärte er sie sanft auf, während sein Blick auf ihrem verweinten Gesicht lag. Trotz der Dunkelheit im Zimmer hatte er keine Probleme die hohen Wangenknochen, die geröteten Wangen und die dunklen Striemen darauf zu erkennen. "Du hast ja keine Ahnung wie Oft ich zu Beginn meiner Erdenzeit am Verzweifeln war, die Menschen können es einem ganz schön schwer machen" redete er weiter, um ihre Laune ein wenig anzuheben. Wie das lief? Vielleicht war es irgendwie die "Good Cop, Bad Cop"-Masche die er hier gemeinsam mit Abel an den Tag legte. Abel war hierbei die miese Variante, während Jonathan der guten Sorte angehörte. Dabei konnte der Dämon mindestens genauso grausam sein wie Abel selbst - wieso sonst würde der Dämon ihm vertrauen wie keinem anderen? Sowieso war Vertrauen in der Hölle ein seltenes Gut und musste sich wohl verdient sein. Ohne zu zögern, selbstbewusst wie er nun mal war, hob er die Hand an, um Darya eine der feuchten Spuren auf ihrer Wange mit den Fingern fort zu wischen. "Aber du wirst lernen damit umzugehen, dessen bin ich mir sehr sicher" erklärte er weiter. Auch Darya wusste, dass er hart sein konnte, gerade im Training hatte sie das einige Male erlebt. Aber eben nicht auf Abels Art und Weise, Jonathan hatte gelernt, dass es besser war ein gewisses Vertrauen aufzubauen, so schaffte man es zumeist mit Leichtkeit die anderen Dinge tun zu lassen, die sie vielleicht gar nicht wollten aber dennoch taten, weil sie einem vertrauten. Vor allem bei Darya war das relativ leicht gewesen, ihr fehlte von Grund auf dieses typische Misstrauen das ein Dämon an den Tag legte. Zwar hatte sich über die Jahre hinweg durchaus etwas in die Richtung entwickelt, aber als kleines Mädchen war sie für ihn noch leichter zu durchschauen gewesen als sie es jetzt war.
"You can fool all of the people some of the time, and some of the people all of the time, but you can't fool all of the people all of the time."
Darya Sie war sich nicht sicher. Bei gar nichts. Vor allem nicht dabei, dass sie Nate wirklich vertrauen konnte. Aber er hatte Recht... Ihre Geheimnisse waren bei ihm bis heute immer sicher gewesen. Er hatte sie nie weiter erzählt. Jedenfalls wüsste sie nichts davon. Ob er das auch diesmal tun könnte? Nicht, dass sie sich für so unglaublich wichtig für die ganzen Strukturen der Hölle hielt, aber wenn ein Dämon auf einmal glaubte, vielleicht ein Engel zu sein, war das doch eine ziemliche Katastrophe. Und es gab sicher einige Kreaturen in der Hölle, die sich sehr über ihr Scheitern und ihre Unfähigkeit freuen würden. War sie doch nie wirklich beliebt gewesen, mit ihrer viel zu anderen Art... Es war ihr gewissermassen unangenehm, dass er sie so anschaute. Gleichzeitig hatte Jonathans Blick eine beruhigende Wirkung, weil er nicht so dunkel, mordlustig funkelte, nicht wie Abel ihre Fehler suchte. Er versuchte sie zu beruhigen und irgendwie funktionierte es auch. „Was, wenn es nicht die Menschen sind, die es schwieriger machen?“, fragte sie leise, als sie sich nach langem Überlegen wieder mal wagte, überhaupt den Mund aufzumachen. Einfach, weil sie dem dringenden Bedürfnis, mit jemandem über alles zu reden, es nicht mehr so alleine zu tragen, nicht länger widerstehen konnte. Sie blinzelte zu Nate hoch, senkte leicht den Blick, als er ihre Tränen weg putzte. Und beinahe aus Reflex, griff sie nach seiner Hand, als er fertig war, hielt diese eng umklammert mit ihren dünnen, zittrigen Fingern. „Die Menschen sind eine solche Nebensache, sie sind verwirrend aber faszinierend zugleich.. Aber trotzdem spielen sie immerzu ein anderes Spiel. Manchmal will ich sie anschreien und ihnen alles erzählen, was sie nicht wissen. Und im nächsten Moment möchte ich.. ich möchte..“, sie stockte, während sich eine tiefe Furche auf ihrer Stirn bildete. Durfte sie das sagen? Wenn Abel hier wäre, niemals. Aber er war nicht hier. Und Nate hatte gesagt, dass er es für sich behalten würde. „..manchmal möchte ich auch so sein. So unbeschwert und ahnungslos. Aber wahrscheinlich ist das nur eine Illusion, weil ich mir nicht vorstellen kann, was ihr Leben denn schwierig machen sollte.“
Auf ihre weiteren Worte zog er ein wenig skeptisch die Augenbrauen in die Höhe. Nicht die Menschen? Er wusste doch genau, dass es um ihren kleinen Freund ging, den sie auf dem Jahrmarkt geküsst hatte - Abel hatte ihm alles erzählt. Alles. Er war auch Derjenige gewesen, mit dem sie sich zuvor in der Bar gezofft hatte, aus welchem Grund auch immer. Was war dann das Problem? Aber er sollte seine Antwort noch bekommen, die Geduld zahlte sich aus.. obwohl Jonathan wirklich nicht der geduldigste Zeitgenosse war, aber das war kein Dämon, wirklich keiner. Aufmerksam lauschte er ihren Worten, schüttelte zwar innerlich den Kopf, drückte aber sanft die Hand der jungen Frau, die zuvor nach eben jener gegriffen hatte. Vielleicht als Anker, zur Sicherheit, für was auch immer. Er hatte es geschehen lassen, weil er auch nichts dagegen hatte, wieso auch? Nathan strich ihr mit dem Daumen beruhigend über den Handrücken der Hand, die in seiner lag, während er überlegte was er darauf nun sagen sollte. "Das ist Schwachsinn - du bist so viel besser als diese Menschen und deren Leben ist nur selten so perfekt wie es scheint. Sie sind einfach nur fabelhaft darin alles leicht wirken zu lassen. Aber glaub mir, wenn du die Menschen einmal so lange kennst wie ich sie kenne, wirst du keinen Gedanken mehr daran verschwenden wollen so zu sein wie sie es sind: Primitiv und schwach." Was er sagte, meinte er toternst. Er konnte die Menschheit nicht ausstehen; eben wie es sich für einen Dämon gehörte. Für Jonathan war es ein leichtes einem Menschen sein Leben zu nehmen, egal ob Kind, Rentner oder bodenständige Frau. Und auch Engel hatte er schon einige auf seinem Konto, nie ein schlechtes Gewissen gehabt, wenn er sie in die Hölle gebracht und eigenhändig gefoltert hatte, bevor er ihnen das Licht ausgeknipst hatte. Im Gegenteil; diese Dinge bereiteten ihm Freude, ließen ein Kribbeln in ihm wach werden, das er nicht beschreiben konnte. Alleine der Gedanke daran ließ ihn beinahe ungeduldig werden. "Leg dich schlafen, ruh dich aus und morgen sieht die Welt schon wieder anders aus. Versprochen." Mit diesen Worten löste er seine Hand wieder von ihrer. "Ich werde nur ein Zimmer weiter sein, auf deiner Couch, wenn also etwas ist..." damit erhob er sich. Wie selbstverständlich nistete er sich hier ein, als wäre es seine Wohnung und nicht ihre. Aber sie würde wohl kaum etwas dagegen haben und wenn doch, sich sicher nicht trauen das auszusprechen - zumindest wenn sie ein wenig Grips besaß.
"You can fool all of the people some of the time, and some of the people all of the time, but you can't fool all of the people all of the time."
Darya Sie sagte nichts mehr auf seine Worte, beruhigte sich aber allmählich ein wenig von ihrem Emotionsschub. Vielleicht dank seiner Hand, seinen Worten, vielleicht auch einfach, weil sie aufhören wollte, hier eine solche Szene zu schieben. Weil es ihr peinlich war, dass er sie überhaupt erst so gesehen hatte. Als er sich erhob, blickte sie einen Moment zu ihm auf und nickte schwach bei seinen Worten. Dann war er auch schon verschwunden und sie wieder allein. Ein Bisschen froh war sie schon, dass er hier war und so nett zu ihr war. Sich die Mühe machte, ihr überhaupt zuzuhören, wo er doch sicher unglaublich viel wichtigere Dinge zu erledigen hatte. Auf der anderen Seite hallten Ashtons Worte viel zu laut in ihren Ohren. Und in Anbetracht dieser Tatsache, wusste sie nicht, wie gut es war, einen Dämon auf ihrer Couch schlafen zu lassen... Natürlich leistete sie trotz ihrer schwachen Bedenken keine Widerrede. Sie könnte ihn eh nicht weg schicken. Das wäre auch sehr unangebracht. Auch wenn sie sehr gerne wüsste, was ihn überhaupt erst hier her führte... Mitten in der Nacht in ihr Schlafzimmer. Darya verschob die Dusche auch jetzt wieder auf den Morgen, da sie so langsam merkte, dass sie wirklich totmüde war. Somit zog sie lediglich ihre Hose aus und schlüpfte in ein anderes Shirt, ehe sie sich wieder ins Bett legte und diesmal auch wirklich einschlief. Sich zwang, ihre Gedanken ruhen zu lassen, zumindest bis zum Morgen. Ausschlafen tat sie dann doch nicht, da sie nach wenigen Stunden wieder wach wurde und sich auf die Füsse zwang, da Nate sicher nicht bei ihr geblieben war, um über ihren Schlaf zu wachen. Nein, wahrscheinlich wollte er irgendwas von ihr, was auch immer das sein mochte. Ihr Gang führte erstmal direkt ins Badezimmer, wo sie das ganze Schwarz - das sie aussehen liess wie ein Panda, dem die Augen ausgelaufen waren - aus ihrem Gesicht wischte, dann unter der Dusche den restlichen Schmutz von ihrem Körper schruppte. Sie kleidete sich auch heute wieder in Schwarz - was sonst - und tabste erst, als sie mit all dem fertig war, unsicher in Richtung Küche/Wohnzimmer. Nate dürfte schon länger wach sein. Aber ihr war eingefallen, dass ihr Wohnzimmer mit Bücher und Schriften übersäht war, die ihn bestens unterhalten haben dürften. Von ihrem Versuch gestern, wieder herauszufinden, was sie war und wie sie sich zu verhalten hatte. Hatte ihr gar nichts gebracht, wo sie am Abend und in der Nacht nur wieder total verwirrt worden war, mehr wie je zuvor. Und jetzt wohl erneut von vorne anfangen konnte.
Schlafen gelegt hatte sich Jonathan nicht, im Gegenteil. Er hatte sich leise in der Wohnung der Blondine umgesehen, hier nachgeschaut ob er etwas interessantes fand - es dann wieder an den Platz gelegt - und dort nachgeschaut. Er hatte sich an dem Essen im Kühlschrank bedient und sich auch ansonsten wie zu Hause gefühlt. Wieso auch nicht? Was hatte er schon zu befürchten, dass das Engelskind ihm an die Kehle ging? Vermutlich würde es ihn keinen großen Aufwand kosten ihm den Gar auszumachen, auch wenn das Abel wohl nicht erfreuen würde. Als er irgendwann in den Morgenstunden das plätschernde Wasser der Dusche hörte, begann es ihm gerade langweilig zu werden. Gutes Timing also von der jungen Frau, die etwa zwanzig Minuten später in die Küche kam, auf deren Anrichte Nate saß, die Beine baumeln ließ und sie mit wachen, blauen Augen ansah. "Wie geht es dir, Blondi?" Neben ihm auf dem Herd eine Pfanne, in der ein Pfannkuchen brutzelte, der im nächsten Moment auch schon mit einer geschickten Bewegung einmal um 180° gewendet wurden, damit beide Seiten goldbraun angebraten wurden. "Willst du mir verraten, was gestern noch so alles vorgefallen ist? Abel hat mir von dem Jungen erzählt." Wie immer direkt mit der Tür ins Haus überfiel er sie regelrecht, während er sich wieder auf seine Beine rutschen ließ, ein paar Teller aus dem Schrank zog und auch den Teller mit den schon fertigen Pfannkuchen aus dem Backofen nahm um alles zusammen auf den kleinen Küchentisch zu stellen. "Hast du Hunger?" Als wäre das hier das normalste Gespräch der Welt. So war er eben, so war er schon immer gewesen. Nun ja, zumindest seit langer Zeit. Es war auch eigentlich egal ob sie Hunger hatte oder nicht, er hatte im Schrank noch Marmelade und Nutella gefunden, sie aß jetzt gefälligst was er ihr gekocht hatte, er stand immerhin nicht umsonst in der Küche. Außerdem duftete es köstlich, wenn ihr da mal nicht das Wasser im Mund zusammen lief, dann wusste er auch nicht.
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Darya Es war, nachdem sie den verführerischen Duft wahrgenommen hatte, keine Überraschung mehr gewesen, Nate in der Küche anzutreffen. Ihr Blick ging neugierig zu dem Herd, auf dem frische Pfannkuchen brutzelten und bei seiner Begrüssung wieder zurück zum Gesicht des Dunkelhaarigen. Tatsächlich entlockte er ihr damit ein winziges Lächeln, da er wirklich der Einzige war, der sie so nannte, ohne dabei einen Ton, trieffend von Verachtung, zu wählen. Sie kam nicht dazu, seine erste Frage zu beantworten, was aber auch nicht schlimm war. Sie konnte eh nicht vernünftig sagen, wie es ihr ging. Das war zu kompliziert. Was er als nächstes wissen wollte, war aber leider auch nicht einfacher zu erklären. Zauberte sofort wieder eine gewisse Bestürzung auf ihre sanften Gesichtszüge. „Also hat dich Abel geschickt, oder?“, fragte sie leise, auch wenn sie genau wusste, dass sie nicht an der Reihe war mit fragen. Und trotzdem interessiere es sie eben noch immer brennend, warum er denn hier war. Sie setzte sich mit kontrollierten Bewegungen auf ihren Stuhl, als sie sich versichert hatte, dass Nate sowieso schon alles aufgetischt hatte. Er schien voller Energie und offenbar war das Frühstück-Kochen gerade ganz sein Ding. Vielleicht eine schräge Rollenverteilung, da er keineswegs irgendwas für sie tun musste, aber jetzt hatte er schon gekocht und sie brauchte sich darüber nicht mehr den Kopf zu zerbrechen. Darya wartete, bis er ebenfalls zu Tisch kam, auch wenn sie längst eine oder zwei oder drei Antworten geliefert haben sollte. Stattdessen suchten ihre Augen nun wieder seine, die in dem ruhigen, gleichmässig dunklen Braun schimmerten. Immer ausgeglichen, fast immer entspannt. „Nate.. versprichst du mir, dass du ihm nichts tust? Dem Jungen meine ich... er kann nichts dafür, er ist genauso verwirrt wie ich. Und er hat nichts davon böse gemeint...“, erlaubte sie sich schon die zweite Frage, bevor irgendeine Antwort ihrerseits kam.
Das war eine logische Schlussfolgerung, wie er fand. Daher nickte er, ohne sie dabei zu einer Antwort bezüglich seiner Frage zu drängen; er hatte über die Jahre gelernt, dass mit Darya leichter umzugehen war, wenn man ihr ein wenig Zeit ließ. Nicht zu viel, damit sie nicht übermütig wurde, aber eben doch ein wenig mehr als sein alter Freund es tun würde. "Abel ist besorgt, was ich verstehen kann" erwiderte er hierzu als Antwort, ließ sich gegenüber von der Blondine auf den Stuhl sinken und nahm sich einen der Pfannkuchen, verteilte einen Klecks Himbeermarmelade darauf und rollte diesen fein säuberlich zusammen. Und wie zu erwarten gewesen war, reagierte sie nun auch auf seine zuvor gestellte Frage. Wenn sie sie auch nicht sofort beantwortete. "Was hat er getan, das böse gemeint sein könnte?" hakte er nach, ohne ihr dabei ihre Bitte, ihm nichts zu tun, zuzusichern. Das konnte er zwar tun, aber letzten Endes würde er sich jederzeit umentscheiden können und müssen. Je nachdem was für einen Verlauf das Alles noch nahm. "Sag mir was vorgefallen ist und ich helfe dir." Das konnte doch fast ein wenig als Zusicherung aufgefasst werden, oder nicht? Wenn gleich er es auch keineswegs so meinte wie man es verstehen könnte. Denn wenn es ihr helfen würde den Kerl aus dem Weg zu schaffen, so würde Jonathan nicht zögern dies zu tun. Eher im Gegenteil, er würde Freude daran empfinden, wie bei allem das in diese Richtung verlief. Er würde sich wohl damit fühlen. Nun schob er sich aber erst einmal einen Bissen der mit Himbeermarmelade bestrichenen Pfannkuchen in den Mund, stand allerdings nochmals auf um sich ein Glas aus dem Schrank zu holen - und Darya gleich auch. Beide füllte er mit Wasser, weil sie sonst echt kaum was im Kühlschrank hatte, damit mussten sie sich also fürs erste zufriedengeben. War aber okay für Nate.
"You can fool all of the people some of the time, and some of the people all of the time, but you can't fool all of the people all of the time."
Darya Abel war besorgt? Wäre die Situation nicht ganz so ernst, wäre ihr Gegenüber nicht Nate - Abels enger Vertrauter - wäre sie nicht sie selbst oder einfach nicht ganz bei Sinnen, sie hätte wohl gelacht. Ja, vielleicht war Abel besorgt. Aber sicher nicht um sie, eher um die Aufgabe, die sie hatte und von der sie nichts wusste. Der Dämon hasste sie und es war unschwer, das zu erkennen oder an ihrer Stelle eben zu spüren. Sie wusste nicht, warum er sich mit ihr abmühen musste, wo er doch genau wie Nate so unzählig viel anderes zu erledigen hatte, was wichtiger war als die Erziehung eines jungen Höllenkindes, das sich auf der Welt schlecht zurecht fand. Das taten normalerweise auch einfach etwas ältere Dämone, die nicht halb so hoch in der Rangliste standen wie eben Abel oder Nate. Sie war halt wohl wirklich ein Problemkind.. Also kein Versprechen, wie ihr gleich darauf klar gemacht wurde. Schade.. das war schlecht. Denn wenn er ihr helfen würde, konnte das gut und gerne einfach heissen, dass Ash sie ablenkte, dass er ein Störfaktor war. Dass er sterben musste, um sie wieder von den Gedanken an ihn zu trennen. Zudem war es keine unwichtige Nebensache, was er denn überhaupt war. Ein Engel, hatte er gesagt. Ein Engel. Wenn sie sagte, dass Ash ein Engel war, dann würde Nate ihn umbringen. Das taten Dämone nunmal so. Das war ihre wichtigste Aufgabe. Engel töten. „Nate...“, murmelte sie, wusste, dass sie nicht stottern sollte, nicht nuscheln. Sie drehte das Wasserglas zwischen ihren Fingern, für das sie sich knapp bedankt hatte. Es war ihr wohl anzusehen, wie schwer ihr das Reden fiel, dass sie eigentlich erzählen wollte aber sich vor den Folgen fürchtete. Schliesslich machte die Blondine aber doch den Mund auf. Denn zu riskieren, dass er die Geduld verlor, war fast noch gefährlicher, als zu reden. „Ich habe mich mit ihm gestritten... Abel hat dir sicher auch nicht verschwiegen, was am Tag davor auf dem Jahrmarkt passiert ist. Dass ich ihn geküsst habe.. Und dann hat Abel gesagt, dass ich mich von ihm fernhalten soll. Und ich habe es versucht, auf der Arbeit. Aber dann haben wir trotzdem zusammen geredet, weil ich ihm sagen wollte, dass er mir aus dem Weg gehen soll, dass wir nichts mehr zusammen zu tun haben dürften... Und dann haben wir uns gestritten und dann hat er später einem Barbesucher die Nase und den Kiefer gebrochen und jetzt will er wohl nichts mehr mit mir zu tun haben“, redete sie mit leerem Blick ihre Geschichte runter, die sie kurzum so gekürzt hatte, dass sie viel, viel weniger schlimm für Ash aussah. Sie wollte den Teil nicht erzählen, den sie verschwiegen hatte. Und so klang es einfach wie ein behindertes Drama, über das sie niemalsso sehr hätte weinen dürfen. Aber plausibel war es. Glaubte sie. Hoffte sie, während sie sich nun auch einen Pfannkuchen schnappte und mit Nutella bestrich. Sie blickte Nate nicht an, denn auch wenn sie nicht gelogen hatte, befürchtete sie, dass er wie immer viel mehr aus ihren Augen lesen konnte, als sie ihm sagen wollte. Also war sie erstmal aufs Essen konzentriert.
Geduld. Langsam aber sicher fiel es dem Dämon schwer sich in dieser zu üben. Er hasste es, wenn er warten musste, wer hasste das nicht? Zwar gehörte er tatsächlich der Sorte an, die geduldiger waren als der Großteil der anderen Dämonen, aber auch seine war schnell zu Ende, schneller als die eines Engels - wenn man so wollte. Es hieß nicht umsonst man habe eine Engelsgeduld. Nun ja, innerlich zwang er sich zur Ruhe, atmete tief durch, während er darauf wartete das sie weiter sprach - was sie letzten Endes ja auch tat. Das alles klang zwar relativ wirr, war aber auch ebenso belustigend in seinen Augen. das war ihr Problem? Das hatte sie dazu gebracht auch nur eine Träne zu vergießen? Jonathan fiel es schwer nicht in schallendes Gelächter auszubrechen. Auch in dieser Hinsicht konnte er sich relativ gut zusammenreißen und da sie ihren Blick vehement auf den Pfannkuchen vor ihr gesenkt hatte konnte sie auch das Grinsen das über sein Gesicht huschte nicht erkennen. Leicht kopfschüttelnd trank er sein Glas leer, er verstand das Problem ehrlich gesagt wirklich nicht. Wenn er nun nichts mehr mit ihr zu tun haben wollte, so war das Problem doch gelöst? Nun ja, so schien es zwar auf den ersten Blick, aber offensichtlich beschäftigte sie das Thema noch immer, denn die Blondine wirkte noch immer sehr niedergeschlagen. "Kleines... du hast noch so viel zu lernen.." tadelte er mit fast liebevoller Stimme, griff über den Tisch hinweg unter ihr Kinn, um ihren Blick zu sich anzuheben, sodass sie gezwungen war ihn anzusehen. "Er ist nur ein unbedeutender Mensch, du wirst sehen - du hast ihn schneller vergessen als du denkst.." Manchmal kam er sich in ihrer Gegenwart wie der Vernünftige vor, dabei war ganz klar nicht er der Vernünftige in dieser Beziehung. Nein keineswegs. Jonathan war so ziemlich alles, aber nicht vernünftig. Nicht ansatzweise.
"You can fool all of the people some of the time, and some of the people all of the time, but you can't fool all of the people all of the time."
Darya Sie betete innerlich, dass er einfach nicht weiter fragte. Naja nein, sie betete nicht wirklich - zu wem auch - aber sie hoffte es eben sehr fest. Es schien tatsächlich auch zu funktionieren und Nate stellte keine Frage mehr sondern gab ihr nur zu verstehen, wie viel sie von dieser Welt noch nicht verstand. Oh ja, das wusste sie. Es wäre wohl einfacher, aufzuzählen, was sie verstand, als das, was sie nicht verstand. Als er ihr Kinn anhob, wurde sie für einen Moment nervös, weil sie die Absicht dahinter nicht sah. Weil sie nicht erkannte, ob er ihre Vertuschung schon erkannt hatte. Aber dem war nicht so und Nate versicherte ihr stattdessen, dass sie den Mensch - bei dem Wort zog sich doch kurz alles in ihr zusammen - bald wieder vergessen hätte. „J-ja, du hast bestimmt recht..“, bekräftigte sie vielleicht etwas zu schnell, hoffte, so aus der Situation zu entkommen, damit er seine Hand wieder weg nahm. „Abel braucht sich keine Sorgen zu machen... Das ist nur alles neu für mich. Ich werde mich bald daran gewöhnen und dann ist auch der Junge Vergangenheit. Ich werde mich bemühen, möglichst bald an diesen Punkt zu kommen und meine eigentlichen Aufgaben wahrzunehmen“, das klang alles ziemlich sachlich und kontrolliert. Aber es musste doch genau das sein, was er hören wollte. Abel würde es jedenfalls hören wollen.
Natürlich hatte er recht, was erwartete sie denn? Wobei sie nicht sonderlich überzeugend klang. Dennoch ließ er seine Hand wieder sinken, um sich den letzten Bissen seines Pfannkuchens mit Himbeermarmelade in den Mund zu schieben und sich anschließend entspannt im Tisch zurückzulehnen. "Man muss dir nur die Vorzüge des Dämondaseins ein wenig näher bringen. Ich hoffe du hast heute noch nichts vor..." entschied er ganz spontan sie heute einmal mit zunehmen. Nichts wildes, gar spannendes in seinen Augen. Aber ein verbotene Sachen würden ihr gut tun, so wie sie jedem Dämon Balsam für die Seele waren, er würde einfach dafür sorgen, dass sie ihren kleinen Freund vergaß, der, der ihr offenbar den Kopf verdreht hatte. Das war für Jonathan wirklich nicht nachvollziehbar, war ihm so etwas doch nie passiert. Aber er war ja auch kein Engel; zwar wusste sie es nicht, aber diese waren doch vom Gemüt her in seinen Augen sehr viel schwächer als ein Dämon. Verweichlicht, wenn man so wollte. "Abel hat wenig Geduld, das weißt du. Du musst Fortschritte liefern sonst wird er dich wieder mit in die Hölle nehmen" klärte er sie sachlich auf, verschränkte die Arme vor der muskulösen Brust, musterte sie aus seinen aufmerksamen Augen, während er sich Pläne für den Abend überlegte, um diesen mit ihr zu überbrücken. Sie abzulenken, wie er zuvor so schön gesagt hatte.
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Darya Sie war froh darüber, dass er seine Hand wieder von ihrem Kinn war und sie sich nach einer Anstandssekunde wieder ihrem Pfannkuchen widmen konnte, den sie nun ebenfalls genüsslich verschlang. Nate hatte wirklich gut gekocht und nun, nachdem die Anspannung wieder etwas von ihr abfiel, konnte sie das Frühstück doch auch ein wenig geniessen. Denn genauso froh wie über seine gewichene Hand, war sie auch darüber, dass er das Thema wieder von Ash weg lenkte. Ihre kleine Halblüge nicht durchschaut hatte, weil der Grund, warum sie laut ihrer Erzählung geweint - so geheult! - hatte, zu lächerlich für ihn war. Sie war bekanntlich eine sehr schlechte Lügnerin, gerade für Dämonenverhältnisse. Aber da sie nicht direkt gelogen, sondern einfach den wichtigsten Teil der Wahrheit ausgelassen hatte, schien Nate gekonnt darüber hinweg zu sehen. Sie blickte wieder von ihrem Essen auf, als er ihr sowas wie einen Plan eröffnete, höchstwahrscheinlich für heute. Damit entlockte er ihr erneut ein winziges Lächeln, das Einzige, was sie sich in Gegenwart eines Dämones zu zeigen wagte. „Ja, das klingt gut“, stimmte die Blondine zu, strich sich einmal die feuchen Strähnen aus dem Gesicht. Es wäre wirklich gut, wenn sie wieder einmal ein paar Lektionen lernte, wenn sie sich für einmal wieder ihres Wesens erfreute. Nicht den Engel in sich spüren musste, den Ashton in ihr sah. Auf seine Worte mit Abel senkte sie ihren Blick allerdings wieder um Einiges bedrückter. „Ich weiss. Das hat er mir schon gesagt. Ich geb mir wirklich Mühe, Nate, mehr wie je zuvor. Aber bisher hab ich noch nichts geschafft, das ihn wirklich überzeugt hat, glaube ich..“, erklärte sie leise, schob ihren mittlerweile leeren Teller leicht in Richtung Tischmitte. Wieder fanden ihre Augen wieder das Gesicht des Dunkelhaarigen, versuchten darin zu lesen, was Abel über sie gesagt haben musste. Aber sie wusste es nicht. Und Abel wusste auch nicht, dass sie letzte Nacht für ihn - ok und auch ein Bisschen für sich selber - versucht hatte, Ash zu töten. Auch wenn der Gedanke daran sie am liebsten den Pfannkuchen wieder ausspucken lassen würde, es war die Wahrheit. Aber sie hatte es nicht geschafft. Und das war letztendlich das Einzige, was in Abels Augen zählte, das Einzige, was im Ernstfall auch den Teufel interessiert hätte.
Das klang gut? - Ja, das klang gut. Jonathan nickte ein wenig, während er weiterhin entspannt auf dem Küchenstuhl saß und sie bei ihren letzen Happen beobachtete, ihrer zarten, weichen Stimme lauschte, als sie auf seine Worte bezüglich Abel reagierte. "Heute Abend werden wir ihn überzeugen, versprochen" zwinkerte der dunkelhaarige Dämon, innerlich ein leichtes Grinsen auf den Lippen. Nur innerlich, weil er gerade über den Engel nachdachte, den er bereits seit einigen Tagen im Blick hatte und der gar nicht weit von hier hauste, sein Leben lebte und Gutes tat. So viel Gutes, dass Jonathan davon schon ganz schlecht wurde, wenn er nur daran dachte. "Ich habe eine Überraschung, die dir sicher gefallen wird.." klärte er sie noch ein wenig weiter auf, sollte es aber dabei belassen. Wenn sie den Engel tötete, dann würde Abel zufrieden sein, zumindest für den Moment würde er ruhig gestimmt sein und sie in Frieden lassen. Wieso Jonathan das tat? Keine Ahnung, klar würde er den Engel lieber selbst umbringen, ihm den Gar aus machen und spüren wie das Leben unter seinen Fingern davon glitt... aber was tat man nicht alles für seine lieben, kleinen Schützlinge? "Wenn du also fertig bist können wir los - ich will dir noch etwas anderes zeigen.." klärte er sie auf, stand dann auf um ihren Teller zu schnappen, auf seinem zu stapeln und beide dann wenig später in der Spüle abzustellen. Wieso war er nur gerade so ordentlich? Normalerweise war das echt nicht sein Ding, genauso wenig wie den Koch zu geben. Obwohl er es, seiner Meinung nach, ziemlich gut konnte. Kochen. Ja, doch - das kam aber eben auch ziemlich gut an bei den Frauen und immerhin war der Dämon auch nur ein Mann. Ein Mann der hübsche Frauen schätzte. Mochte. Was auch immer.
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