Darya Und nun versperrte er den Ausgang?? Hatte Abel ihm das gesagt? Hatte Abel gewusst, dass sie hierher kommen würde? War das geplant? War Ashton dem Dämon nun vollkommen verfallen? Was hatte Abel bitte erzählt, dass den jungen Mann vor ihr so sehr verändert hatte? Dumme Frage, Abel hatte nichts sagen müssen, das hatte sie nämlich selber getan. Seine Frage liess sie hilflos mit den Schultern zucken. Überraschte es sie? Ja, sehr. Aber wenn sie darüber nachdachte… Auch nicht mehr. Abel hatte ihr immerhin damit gedroht, Ash etwas anzutun, wenn sie keine Fortschritte machte. Und sie hätte wissen müssen, dass er ihn beobachtet hatte, dass er ihn so oder so aus dem Weg geschafft hätte. Aber nun schien was dazwischen gekommen zu sein, denn Ash lebte noch und schien sich mit dem Teufelssohn angefreundet zu haben. Irgendwie. Etwas, dass sie nie geschafft hatte, jedenfalls nie für länger als zwei Tage, bis sie ihn wieder enttäuscht hatte. Er konnte ihr also nicht sagen, ob er wieder kam. Also kam er wieder, das war eine logische Schlussfolgerung. Und wieso sie Angst vor ihm hatte? War das nicht offensichtlich? Darya atmete mühsam ein und aus, krallte ihre kalten Hände in die Wand hinter sich, die nicht unter ihrer Kraft nachgeben wollte. Die Engel… ihr verlorenes Kind… „B-bin ich das, Ash? Ihr verlorenes Kind? Hat er darum gesagt, dass ich gefunden worden sei? Ist Abel darum nie zufrieden mit mir? Bin ich darum ein so schlechter Dämon und spüre ich deswegen ihre Freude nicht, wenn etwas Schlimmes passiert?“, stellte sie die nächste Reihe an Fragen, weil es das war, was sie gerade am besten konnten. Sich gegenseitig mit Fragen überhäufen und dann nicht mal die Hälfte davon beantworten. „Was hat er dir gesagt? Abel? Warum wollte er mit dir reden und hat dir nichts getan?“, wollte sie nach einer kurzen Pause auch noch wissen. Denn das machte absolut keinen Sinn. Abel liess keinen Engel am Leben. Also eigentlich auch nicht sie, wenn sie ein Engel war. Aber bisher war sie das nie gewesen, oder?
So viele Fragen.. und sie hörten einfach nicht auf. Ashton war es leid sie aussprechen, gar beantworten zu müssen. Als hätte Abel zuvor seine Ungeduld die ohnehin schon da gewesen war, weiter angekurbelt. Als hätte er die dunkle Seite in ihm hinauf beschworen, weil sie ohnehin schon vorhanden gewesen war und es so oder so nur eine Frage der Zeit gewesen war, dass sie hervor kam. Und nun schien sie langsam aus ihm heraus zu brechen, Stück für Stück. "Stell dich nicht so dumm an, Darya - du bist ein Engel... richtig erkannt, entführt von Abel" klärte er sie auf, sodass sie es verstehen musste. Offenbar stand sie nämlich noch immer auf der Leitung. Das sollte er damit wohl zurecht gerückt haben - auch wenn sie dadurch vermutlich nur noch verwirrter war. Aber wieso sollte es ihr anders ergehen wie ihm selbst? Sicher, für ihn klang das alles irgendwie logisch mittlerweile, aber er war deswegen nicht weniger verwirrt. "Und weißt du was deine ach so tollen, lieben Engel getan haben? - Sie haben nichts besseres zu tun gehabt als es Abel gleich zu tun... nur um dich zu finden. Ihr seid kein Stück besser - auch wenn ihr das immerzu predigt." Dass er hier von 'ihr' sprach, obwohl sie mit diesen Engeln eigentlich gar nichts zu tun hatte, da sie schließlich in der Hölle groß gezogen worden war ließ er dabei außen vor. Aber die Wut darüber stieg immer mehr und mehr in ihm auf. Insoweit war er doch erzogen worden, dass er zwischen Recht und Unrecht entscheiden konnte... und das was die Engel mit ihm getan hatten war ebenso Unrecht und kein Deut besser als das, was Abel mit Darya getan hatte. Obwohl sie immerzu predigten besser zu sein, hatten sie sich auf eben jenes Niveau hinab begeben, ein Kind aus seiner Familie gerissen und es ein Leben lang damit groß werden lassen ein Außenseiter zu sein, während sie seine wahre Seite unterdrückt hatten, immerzu, jeden Tag. Jede Minute, jede Sekunde.
"You can fool all of the people some of the time, and some of the people all of the time, but you can't fool all of the people all of the time."
Darya Er sagte es so, als hätte ihr das längst auffallen müssen. Hätte es das denn? Sie hatte immer gewusst, dass sie nicht so war wie die anderen, hatte das ja auch nicht verpassen können. Aber es so direkt zu hören, war wie ein Schlag ins Gesicht. Ein weiterer, an diesem schrecklichen Tag. Und jetzt konnte sie sich definitiv nicht mehr auf den Füssen halten, rutschte einfach an der Wand runter auf den Boden, als ihre Knie nachgaben, sie nicht mehr stützen wollten. Sie starrte auf den Boden, während frische Tränen auf ihren Wangen glühten, aber es war nicht die reine Traurigkeit, die sie überkam. Es war auch irgendwie auf eine seltsame Art und Weise vollkommen erleichternd. Sie konnte aufhören, zu versuchen, so zu sein wie Abel. Denn es würde niemals funktionieren. Sie war nicht dafür geboren sondern das pure Gegenteil und egal was sie getan hatte, diese Natur konnte man nicht einfach drehen. Sie war so von Gefühlen überwältigt, dass es einen Moment dauerte, bis sie merkte, dass er noch weiter gesprochen hatte. Und als sie begriff, was er ihr gerade gesagt hatte, wurden ihre geröteten Augen ein weiteres Mal gross, sie starrte zu ihm auf und raufte sich mit einer Hand die schwarzen Haare. „Du bist ein Dämon“, flüsterte sie, als wäre es die Erkenntnis des Jahrhunderts. Dabei hatte sie das im Keller vorgestern (oder so) auch schon gesagt. Da hatte er es allerdings noch sehr vehement abgestritten. Jetzt nicht mehr. Eigentlich sollte sie jetzt Angst haben. Weil Dämone, normale Dämone, Engel töteten. Das war ihre Hauptaufgabe. Und offenbar war sie ein Engel und offenbar war er auch ein Dämon. Also sollte er sie jetzt töten. Aber daran dachte sie erstmal nicht, da ihr etwas vollkommen anderes eingefallen war, das sie dazu brachte, mühsam wieder aufzustehen, sich irgendwie zurück auf die wackeligen Beine zu kämpfen und zwei Schritte auf ihn zu zu machen. Darya blieb dicht vor ihm stehen, legte den Kopf schief und hätte fast die Hand nach ihm ausgestreckt, wenn sie dafür nicht doch etwas zu ängstlich gewesen wäre. „Aber Ash… Wenn ich ein Engel bin und du ein Dämon, wieso hat es sich dann für einen kleinen Moment so richtig angefühlt, wo doch alles daran vollkommen falsch hätte sein sollen..?“, stellte sie ihm die nächste Frage, die er wohl unmöglich beantworten konnte. Er wusste auch nicht mehr als sie, befürchtete sie jedenfalls. Wahrscheinlich hatte er ihr langsam alles erzählt, was er von Abel erfahren hatte. Abel. Der die ganze Zeit über gewusst hatte, was sie war und doch erwartet hatte, dass sie ihre Aufgaben erfüllen konnte. Der nun bestimmt verdammt wütend auf sie war, obwohl ihm doch klar sein musste, dass auch Nate sie nicht zu einem Dämonen machen konnte..
Er war ein Dämon. Ganz richtig, zumindest wenn man Abels Worten Glauben schenkte. Und ganz ehrlich? Ashton glaubte ihm und seinen Worten, wieso auch nicht? Es klang alles so logisch und plausibel. Alles was in seinem ganzen bisherigen Leben nicht zusammen gepasst hatte, passte nun zusammen, war erklärt durch das, was Abel ihm in der letzten Nacht alles erzählt hatte. Alles war so logisch, alles so leicht zu glauben und alles irgendwie... dennoch so surreal. Er erwiderte nichts auf diese geflüsterte Feststellung von Darya, die nun langsam an der Wand entlang hinab auf den Boden sank und erneut zu weinen begann, ihr Gesicht hinter ihren zierlichen Händen verbarg. Auch auf ihre Frage konnte er ihr keine Antwort geben, nicht einmal wenn er gewollt hätte. Wie sollte er auch? Für ihn war das alles ebenso neu wie es für sie war, so falsch es auch klang, so wahr schien es doch gleichermaßen auch zu sein. "Vielleicht sollten wir Abel fragen - vielleicht kann er uns helfen..." überlegte er nach einigen Minuten des Schweigens. Dabei sprach er mehr zu sich selbst als zu Darya, dachte irgendwie nicht daran, dass sie mehr denn je in Gefahr sein könnte, wenn nun Abel hier auftauchte. Abel würde sie vermutlich töten, einfach weil alles nun auf dem Tisch war, vielleicht das Risiko zu groß oder sie ihm zu lästig geworden war. Was auch immer der Fall war, eigentlich hätte es ihm eher klar werden müssen, wie es ihm dann tatsächlich klar wurde. Nämlich erst nachdem er einige Sekunden ausgesprochen hatte was so offensichtlich nicht die richtige Lösung war, wurde ihm das auch bewusst. Vielleicht sollte er seinen Mentor kontaktieren? Raziel. Vielleicht konnte er helfen? Er hatte ihm immerhin auch sagen sollen, wenn er eine Spur hatte - was er bis jetzt nicht getan hatte. Ashton verwarf diesen Gedanken ebenso schnell wieder, wie er gekommen war. Genauso wie Abel sich Darya entledigen würde, würde Raziel sich vielleicht auch ihm entledigen, wenn er das verlorene Engelskind wieder gefunden hatte und nach Hause in den Himmel gebracht hatte. Für was brauchte er den Rebellen denn dann noch? Für nichts, ganz recht. Nein, das stand somit auch nicht zur Debatte.
"You can fool all of the people some of the time, and some of the people all of the time, but you can't fool all of the people all of the time."
Darya Sie hatte nicht mit einer brauchbaren Antwort gerechnet, denn wie sollte Ash die denn kennen?? Aber das, was er vorschlug, war weniger als keine brauchbare Antwort. Das käme eher einem Todesurteil gleich. Entsprechend zuckte ihr Körper auch diesmal reflexartig zusammen, als sie den Namen Abels auch nur im Ansatz hörte. Sie blickte Ashton verschreckt und gleichzeitig irgendwie entgeistert an, ehe eine vehemente Verneinung folgte. „Nein, nein, nicht Abel fragen!“, stiess sie aus, schüttelte schnell den Kopf, sodass ihre zerzausten Locken noch wirrer wurden. „Abel darf das niemals erfahren, wenn er versteht, dass du mir alles erzählt hast, bin ich tot! Vielleicht auch so. Es würde ein Wunder brauchen, damit seine Geduld nun nicht endgültig und definitiv aufgebraucht ist... Bitte, Ash, wenn er zurückkommt, sag ihm nichts davon! Sag ihm nicht, dass ich hier war und wenn doch, dann sag ihm, dass du mich weggescheucht hast, so wie es sein sollte“, flehte sie den Dunkelhaarigen an, blickte ihn und dann die Tür hinter ihm an. „Ich... ich muss gehen, bitte lass mich raus“, murmelte sie schwächlich, trat einen weiteren, wackligen Schritt auf ihn zu, womit sie nun unmittelbar vor ihm stand und zu ihm auf blinzelte. „Ich komm auch nicht mehr zurück, ich versprechs.. w-wenn du das willst..“, hauchte die junge Himmelstochter leise, auch wenn sie sich trotz allem noch immer nichts anderes wünschte, als den Frieden mit ihm zurück zu haben. Aber das stand wohl kaum mehr zur Debatte.
Er hatte es ja schon wieder verworfen! Allerdings ohne es auszusprechen, wie Ashton erst bewusst wurde, als Darya auf einmal total panisch wurde und irgendwas vor sich hinstotterte von wegen 'nicht Abel fragen'.. Während er leicht den Kopf schüttelte lag sein Blick geradewegs und direkt auf sie gerichtet, dabei hörte er ihren Worten nur mit halbem Ohr zu und verarbeitete sie langsamer, wie er es sonst wohl tat "Erst willst du unbedingt rein - dann unbedingt raus... Darya, ich werde Abel nicht holen, genauso wenig wie ich einen der Engel holen werde - so oder so wird die Geschichte nicht sonderlich gut für uns ausgehen und wenn wir uns nicht beide ein wenig zusammenreißen" damit meinte er eher Darya wie sich selbst, weil sie diejenige war die hier andauernd ihre Meinung änderte, sogar davon sprach sterben zu wollen... oder so in der Art "werden wir beide sterben. Und ich weiß nicht wie es dir damit geht, aber ich hab nicht vor die kurze Zeit auf Erden schon wieder zu beenden..." Ashton kniff die Augen ein wenig zusammen, bewegte sich nicht einen Zentimeter von der Türe weg. "Wir sollten uns erst einmal beruhigen und dann gemeinsam nach einer Lösung suchen." Wieso er gerade von 'wir' und 'gemeinsam' sprach wusste er ja selbst nicht so richtig, aber in seinem Kopf hatte sich nach und nach die Tatsache breit gemacht, dass er mit ihr und ihrem Wissen über die Hölle wohl vorerst besser dran war als alleine und mit seinem Wissen über den Himmel, das offenbar ohnehin nur gelogen war. "Und ich habe nicht vor mich Abel alleine zu stellen, sollte er tatsächlich wieder zurück kommen - oder meinst du er wird weniger glimpflich mit mir umgehen, wenn er erfährt, dass ich dich davon gescheucht habe? So wie du auf ihn reagierst, bezweifle ich das und ich habe nicht vor dich doch nur für meinen Tod verantwortlich zu machen. Du schuldest mir was!" Seine Worte waren hart, aber wohl irgendwo auch wahr. Sie hatte ihn töten wollen, er hatte es ihr angesehen, sie hätte es getan, wenn er sie nicht davon abgehalten hätte. Und genau darum würde er sie jetzt nicht einfach gehen lassen, nur weil sie Angst davor hatte, dass Abel zurückkehrte.
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Darya Ja, sie wusste, dass sie sich ständig widersprach. Weil ihre Gedanken Purzelbäume schlugen und ihr Kopf verwirrt war, die Fragen sprudelten wie frisches Wasser aus einer Alpenquelle und die Antworten unerreichbar waren wie die wirren Wolken am Himmel. Nein, sie wollte ja auch nicht sterben. Oder wollte sie das? Nein, eigentlich nicht mehr, jetzt, wo sie so viele neue Fragen hatte, die das Geschehen des heutigen Tages in den Hintergrund gerückt hatten. Sie wollte Engel sehen und tausend Fragen stellen, Antworten darauf hören und wissen, weshalb ausgerechnet sie jahrelang wortwörtlich in der Hölle geschmorrt hatte. Aber wenn sie hier blieben, würde Abel wiederkommen wie ein unliebsamer Schatten, den man niemals los wurde. „Abel wird dich nicht töten, Ash. Er tötet nur Engel. Zudem bist du wohl sein neuer Schützling, wenn er sich schon die Mühe gemacht hat, dich zu finden. Damit nimmst du meinen Platz ein und keine Sorge, du wirst keine Schwierigkeiten damit haben, in diese Fussstapfen zu treten und das zu erfüllen, was ich niemals konnte. Du bist ein Dämon. Es liegt in deiner Natur“, murmelte sie mehr zum Boden als zu dem jungen Mann. „Und ja“, jetzt blickte sie ihn wieder durchdringend an, „ich schulde dir was. Aber nicht mein Leben“, zwar vieles davor, aber das nicht. „Wenn wir gemeinsam irgendwas erreichen wollen, müssen wir weg von hier. Abel wird wohl zuerst hierhin kommen, wenn er merkt, dass ich nicht zu Hause bin, das war ein leider sehr vorhersehbarer Schritt. Unter Umständen hat er das schon gemerkt. Also müssen wir weg, möglichst weit. Und dann.. keine Ahnung, gucken wir weiter vielleicht.. ich weiss es nicht“, das war alles, was sie ihm gerade anbieten konnte. Hier bleiben war schlichtweg keine Option, wenn nicht sie oder er oder beide den Tod suchten. Darya putzte sich ein weiteres, vielleicht letztes, Mal die Tränen weg, die langsam versiegten. Vielleicht hatte sie ja einfach keine mehr an Lager, so viel wie sie heute geheult hatte. Irgendwann musste der Tank doch leer sein.
Dafür hatte sie aber große Angst, wenn Abel angeblich keine Dämonen tötete, hatte sie doch bis vor wenigen Minuten selbst noch daran geglaubt einer zu sein und schon dort riesige Angst davor gehabt dem Dämon zu begegnen. Aber egal, Ashton hatte keine Lust eine Diskussion in dieser Hinsicht zu beginnen, er war sich sicher, dass er mehr als ein kleines Problem haben würde, wenn Abel hier auftauchte, erfuhr dass Darya hier gewesen war und das Ashton persönlich sie fort geschickt hatte. Immerhin hatte Abel ihm mehr als genug vom Leben eines Dämons erzählt und dass es ihre Bestimmung war Engel zu töten, einmal davon abgesehen dass er das so oder so schon wusste, weil er nun mal im Himmel aufgewachsen und stetig vor den Dämonen gewarnt worden war. Wie würde Abel wohl also reagieren, wenn er erfuhr, dass er einen Engel geradewegs davon gescheucht hatte? Allen voran auch noch den Engel, auf den Abel momentan offenbar einen besonderen Groll zu hegen schien? Vermutlich nicht gerade damit, dass er ihm eine Willkommen-zurück-Party schmiss. Was allerdings am Ende dieses Satzes folgte ließ Ashton verärgert in ihre Richtung blicken: "Schön wie überzeugt ausgerechnet du davon bist, was für ein Monster ich doch bin, dass ich keine Probleme damit habe weiß Gott wen zu töten. Ausgerechnet du..." Ja, ausgerechnet sie. Nur, weil er scheinbar aus der Hölle kam - was er selbst erst langsam realisierte - hieß das noch lange nicht, dass er keine Hemmungen besaß, immerhin war er komplett anders erzogen worden und nur weil sie ihre Aufgabe offenbar nicht richtig erfüllt hatte, bedeutete das nicht gleich er würde ebenso labil sein wie sie es war - milde ausgedrückt, immerhin gehörte in seinen Augen mehr dazu, als nur an dem Ort geboren worden zu sein der sich Hölle nannte, um auch wahllos und mit einer Leichtigkeit irgendwelche Engel, Menschen oder sonst wen zu töten. So sah Ashton das zumindest und er hatte keineswegs vor in Abels Fußstapfen zu treten, wie Darya so schön behauptete. Wieder wurde sein Bedürfnis größer sie tatsächlich einfach zu verscheuchen und zwar für immer - für immer verbannt aus seinem Leben. Aber dazu war er - so wenig sie ihm das auch zu zutrauen schien - einfach zu gut erzogen worden. Schande über diese lügenden, betrügenden Engel! "Also gut - dann lass uns gehen.. allerdings unter einer Voraussetzung; sonst lass ich dich dein Ding allein durchziehen: Unterstelle mir nie wieder so sein zu können wie sie es sind. Nie wieder." Sein Blick lag einen Moment noch eindringlich auf der jungen Frau, für die er gerade recht wenig Mitleid empfand, steckte er doch ziemlich in der selben Scheiße, bevor er sich von der Tür abstieß und in sein Schlafzimmer lief, wo er sich seinen Rucksack vom Schrank fischte und alles nötige hinein packte, ebenso aus dem Badezimmer, einfach um zumindest ein wenig gewappnet zu sein.
"You can fool all of the people some of the time, and some of the people all of the time, but you can't fool all of the people all of the time."
Darya Gut, diese Aussage war wenig feinfühlig gewesen. Eher ziemlich dumm, denn ganz offenbar lebte er noch nicht nach Dämonen-Kodex, sonst hätte er sie längst getötet oder Abel herbestellt. Es sei den, er hatte irgendeinen Plan, aber so sahs momentan nicht aus. „Tut.. tut mir leid, das wollte ich nicht sagen..“, kroch sie sofort kleinlaut zurück, auch wenn es immer sinnlos war, sowas dann festzustellen, wenn der Schaden schon angerichtet war. Sie nickte auf seine Bedingung hin fast augenblicklich, denn natürlich würde sie dem zustimmen. Schon nur, weil sie sich jetzt, wo die Aussicht darauf bestand, dass sie nicht alleine irgendeine dumme Fluchtaktion starten musste, das alles nicht wieder ruinieren wollte. Aber auch, weil es ihr wirklich leid tat, das gesagt zu haben. Wer weiss, vielleicht wollte er ja echt nicht sein wie seine ehemals ärgsten Feinde. Vielleicht wollte er ein Engel sein, das, was man ihm gelernt hatte. Es war unwahrscheinlich, gerade jetzt, nachdem er ihr überhaupt erst erzählt hatte, eben eigentlich ein Dämon zu sein. Das hätte er ja für sich behalten, wenn er es nicht wahrhaben wollte. Aber dennoch, was wusste sie schon, was in seinem Kopf vorging. Es war schlichtweg nicht ihre Aufgabe, ihn für irgendeine Tat oder eventuell zukünftigen Fehler zu verurteilen, ganz und gar nicht, wie er bestens erkannt hatte. Grundsätzlich nicht und schon gar nicht, nach all den abscheulichen Dingen, die sie selbst getan hatte. Was die Engel wohl dazu sagen würden? Sie würden sie verstossen, hassen, niemals akzeptieren. Natürlich. Sie war kein richtiger Engel, schon lange nicht mehr. Aber ein Dämon war sie noch weniger. Auch kein Mensch. Aber was war sie dann?? Das war alles so falsch und kompliziert, sie verlor die Nerven mit dem letzten Bisschen an Kontrolle, die sie noch über ihr Leben gehalten hatte. Alles rann ihr zwischen den Fingern durch wie die Körner des Sandes, den sie mit Ash am Meer gefunden hatte, damals, an ihrem ersten Abend beim Wasser. Wie ewig das schon her war... Darya blickte ihm nach, als er in der Wohnung verschwand, während sie verloren im Flur stand. Sie dachte nicht daran, jetzt, wo die Tür frei war, einfach zu gehen. Wohin auch? Sie wusste nicht, in welche Richtung ihr erster Schritt gehen sollte, wenn sie das Haus verlassen hatte. Sie wusste gar nichts und so stand sie, als Ash zurückkam, noch immer so im Flur, wie er sie zurückgelassen hatte. Verloren wie eine Feder im Wind. Fahrig strich sie sich die Locken aus dem Gesicht, zog ohne weitere Worte die Tür auf und ging raus, dss Treppenhaus runter bis an die frische Luft. „Ich weiss nicht, wohin“, gestand sie auf der Strasse leise, zaghaft. Sie wollte mit einem Plan glänzen, einer Idee. Aber alles, was ihr Hirn produzierte, waren Schuldgefühle und jede Menge unbeantworteter Fragen.
Nachdem er alles notwendige zusammen gepackt hatte, begab sich Ashton wieder zurück in den Flur, während er ein wenig für sich gewesen war, hatte er sich auch wieder beruhigt. Zumindest ein bisschen, er war... entspannter geworden, mehr der alte Ashton den Darya auch kannte, der sich nicht so leicht aus der Ruhe bringen ließ. Normalerweise zumindest. Nur war dies hier eben absolut keine normale Situation, weswegen selbst Ashton diese Unkontrollierbarkeit kaum vorzuwerfen war. Nun allerdings versuchte er sich wieder daran optimistisch zu bleiben, zumindest realistisch und nicht pessimistisch, wie man es ihn eben gelehrt hatte, wenn gleich sein Leben auch eine riesige Lüge gewesen war. Und ob es ihr Leid tat oder nicht, das musste er sich noch überlegen, ob er mit dieser Entschuldigung zufrieden war - allerdings würde er diese Entscheidung fürs erste aufschieben, hatte sie doch recht damit, dass sie verschwinden mussten wenn sie nicht Abel geradewegs in die Arme laufen wollten. So folgte er ihr ohne zu zögern aus der Wohnung, während er seinen Rucksack schuldete, rannte sie auf der Straße unten aber fast um, weil sie so abrupt wieder stehen geblieben war.. Ashton runzelte ein wenig die Stirn, kratzte sich am Kopf und strich sich durch die dunklen, wirren Haare. Er hatte nicht mal geduscht am Abend zuvor, aber egal - dafür würde schon noch früh genug Zeit sein. "Das klingt nach einem fabelhaften Plan..." murrte er mehr vor sich hin, als es ihr direkt an den Kopf zu werfen, weil er wusste, dass das ohnehin nichts nutzte. "Wo wolltest du denn schon immer mal hin?" hakte er schließlich nach, kramte seinen Geldbeutel aus der Tasche, er hatte sich am Abend zuvor noch seinen Lohn auszahlen lassen, weil er gewusst hatte, dass er keine Lust mehr hatte in den Club zu gehen, wo ihn Darya fast umgebracht hätte - dorthin, wo alles eskaliert war. "Sollte für nen günstigen Flug reichen, ich würde sagen wir nehmen den, der am weitesten weg von hier führt" teilte er ihr mit, zuckte ein wenig mit den Schultern und winkte auch schon das nächste Taxi herbei. Es war wie gesagt nicht sonderlich viel Geld, aber für zwei Flugtickets der günstigen Klasse sollte es ausreichen und soweit er wusste, bekam man gerade spontan noch unglaublich günstige Flüge, damit die Fluggesellschaften die Sitze füllen konnten die noch frei waren. Und ein bisschen Geld war besser als keines.
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Darya Entschuldigung, dass sie noch keine Route zusammengestellt hatte. Das war eine dezent spontane Aktion und leider hatte sie nach wie vor keine Denkkapazität dazu aufbringen können, ihr Ziel zu bestimmen. Gut, wenn man ehrlich sein wollte: eigentlich hätte Darya das schon lange kommen sehen sollen. Dass es eines Tages eskalierte und sie weg musste. Aber eben, sie hatte immer geglaubt, die Kurve doch noch zu kratzen, nicht als Totalkatastrophe zu enden. Hatte nicht funktioniert, wie man gut sah. Als er sie fragte, wohin sie denn schon immer mal wollte, musste Darya ausnahmsweise nicht so lange nachdenken. „In die Berge, irgendwo“, antwortete sie leise, auch wenn ihr klar war, dass sie letztendlich einfach dahin gingen, wo sie am schnellsten weit weg waren. Als Ash vom Fliegen zu sprechen begann, machte Darya etwas perplex ziemlich grosse Augen. Ein Flugzeug? Daran hatte sie sicherlich nicht gedacht. War ihr nicht mal eingefallen, dass man damit viel schneller, viel weiter kam. Trotzdem sagte sie nichts dazu, setzte sich ins Taxi, welches sie gleich darauf aufgabelte, und kramte ebenfalls ihren Geldbeutel hervor. Gab ein Bisschen was her, zusammen mit dem, was ihr Konto noch innehielt, würde es einen Moment reichen. Wenn auch keineswegs lange. Vielleicht fand sie ja am neuen Ort einen neuen Job, wer weiss. Am Flughafen - der an sich schon verdammt riesig und überwältigend war - fanden sie sich bald schon am Infodesk einer grossen Airline wieder, fragten dort nach einem Flug möglichst weit weg und möglichst billig. Bald schon kam Kanada oder sogar Alaska ins Gespräch, was beides gut und weit weg war. Und ziemlich sicher kälter, auch wenn das noch kein Problem sein sollte jetzt, im Spätsommer. Letztendlich fiel die Wahl auf Kanadas nördliche Westküste, weil es in Alaska dezent schwierig werden dürfte, sich im Anschluss irgendwie zurecht zu finden ohne Geld und ohne einen blassen Schimmer, wie man den Norden am besten überlebte. Im Übrigen spielte es ja auch gar nicht mehr so ne Rolle. In Kanada würde Abel genau wie in Alaska erst dann suchen, wenn er die Staaten hier in der Gegend abgeklappert hätte. Dürfte seine Zeit dauern, wenn er nicht ein riesen Ding aufzog, um sie mithilfe aller anderen Dämonen als Spione zu finden. Und wer weiss, vielleicht verging ihm bis dahin ja die Lust an der Sache? Vielleicht erkannte er, dass sie beide gar nicht so wichtig fürs System und für ihn waren, wie er glaubte? Sie bezahlten die Tickets, hatten nun gerade mal eine halbe Stunde Zeit, um durch den ganzen Flughaften zu ihrem Gate zu gelangen. Scheinbar war das wenig, hatte die Frau am Schalter gesagt. Klang okay, fand Darya. Die keine Ahnung von Flughäfen hatte.
In die Berge? Irgendwie hatte er etwas anderes erwartet, den Namen einer Großstadt oder so. Wieso wusste er auch nicht so genau. Vielleicht weil er immer wieder die Leute hatte davon reden hören im Club - davon wie toll sie die Großstadt fanden: New York, London, Paris, ... was auch immer für Städte in was auch immer für Ländern. Er hatte sie davon reden hören wie groß, voll, beeindruckend sie waren und er hatte sie davon reden hören, dass es ihr Traum war dorthin zu gehen. Wieso? Keine Ahnung, er konnte es nicht recht nachvollziehen wurde ihm diese mittelgroße Stadt hier doch manchmal schon zu voll - und doch hatte er damit gerechnet, aber egal. Irgendwas Bergiges klang doch gut, nach etwas wo man nicht direkt suchen würde. So stimmte er ihr nur mit einem stummen Nicken zu und beließ es auch den Rest der Taxifahrt über dabei, genauso wie er am Flughafen schwieg, bis sie schließlich die Tickets nach Kanada gekauft hatten und nun am Gate saßen und auf ihren Flug warteten der in knapp zwei Stunden gehen sollte. Ashton war mittlerweile so müde, dass ihm fast die Augen zufielen. Kein Wunder, nachdem er gut zwei Tage und Nächte wach gewesen war. So hatte er auch nicht vor nun das Schweigen zu brechen, war er doch damit beschäftigt die Augen offen zu halten um auch ja nicht den Flug zu verpassen auf den er sich eigentlich freuen sollte, weil er noch nie in seinem kurzen Leben auf der Erde geflogen war. Sein erstes Mal sozusagen. Ob es bei Darya auch so war wusste er nicht, er vermutete es mal - aber so oder so war es eigentlich egal und spielte keine Rolle. Als dann nach einer gefühlten Ewigkeit ihr Flug aufgerufen wurde, fanden sie sich eine weitere halbe Stunde später auf ihren Plätzen im Flugzeug. Ashtons Sitz war direkt am Fenster, sodass er den Blick hinaus richtete als das Flugzeug langsam zu rollen begann, immer schneller wurde und schließlich abhob was ein flaues Gefühl in seinem Magen hervorrief. Niciht unbedingt das was er sich vorgestellt hatte, wenn er ehrlich war.
"You can fool all of the people some of the time, and some of the people all of the time, but you can't fool all of the people all of the time."
Was für eine Tages- oder Nachtzeit haben die eigentlich gerade, deiner Meinung nach? Ich bin Bisschen verwirrt x’D ________
Darya Es war eine echt sonderbare Situation, in der sie sich befanden. An einem Flughafen, bereit, um zum ersten Mal in einen Flieger zu steigen und irgendwohin zu reisen, wo sie spontan entschieden hatten, dass es weniger gefährlich für sie war als hier. Je ein einziger, durchschnittlicher Rucksack als Gepäck, um ein neues Leben zu beginnen, ohne Kohle, ohne Freunde und ohne besonders gute Aussichten in diese Richtung. Das klang bescheuert, absolut unüberlegt und zudem verrückt. Aber die Alternativen waren allesamt Selbstmord, weshalb es für dieses eine Mal wohl galt, schweigend das zu tun, was sie wenigstens für den Moment am Leben hielt und ihren eine kurze Zeit länger zum Denken erkaufte. Darya war je länger je nervöser geworden, hatte aber versucht, sich nichts davon anmerken zu lassen, bis sie das Flugzeug betraten. Dann wurde das allerdings schwierig und sie kaute die längste Zeit unruhig ihre Unterlippe kaputt, bis sie Blut schmeckte. Schon wieder. Der Flieger hob ab und was will man sagen… sie war froh, als sie wieder unten waren, sicher den festen Boden unter den Füssen spüren konnten. Die Einreise und alles ging ziemlich zügig, obwohl sie sich notfallmässig eine Geschichte hatten einfallen lassen müssen, weil sie keinen Weiter- oder Rückflug gebucht hatten und keine Ahnung hatten, wo sie heute Nacht schlafen würden. Trotzdem ging alles sauber vorbei und sie fanden sich bald darauf vor dem grossen Flughafengebäude wieder. Tja, und jetzt? Jetzt waren sie weg von Abel. Aber Geld hatten sie noch immer viel zu wenig, um lange durchzukommen. Man verdiente in den knapp sechs Wochen, die sie nun auf der Erde waren, halt eben auch nicht eine Riesenmenge Kohle zusammen. Aber gut, sie würden das beste daraus machen und so bald wie möglich wieder arbeiten müssen. Oder Stehlen. Das hatte sie immerhin auch gelernt, damals, als sie alles gelernt hatte, was sie nicht können sollte. „Suchen wir erstmal ein Hotel?“, fragte sie leise, selber dezent müde, zu Ash. Was sollten sie auch sonst tun. Erstmal irgendeine Bleibe für die Nacht finden.
Nachmittag? o: Oder lieg ich damit falsch? XD - - - Der Flug ging gar nicht so lange wie er vermutet hatte, wieso auch immer er davon ausgegangen war. In Luftlinie gesehen war es ja auch gar nicht so extrem weit entfernt, Kanada. Die ganze Zeit hatte Ashton aus dem Fenster gesehen und die klitzekleine Welt am Boden beobachtet. Sie wirkte wie ein Spielbrett, Häuser waren so klitzeklein, dass man die Menschen die in ihnen lebten aus dieser Höhe erst gar nicht erkennen konnte. Von Oben wirkte alles so... friedlich, frei so entspannt und beruhigend. Ashton mochte das flaue Gefühl in seinem Magen, er mochte den Blick nach unten und das leichte Schaukeln des Flugzeugs. Ihm gefiel dieses Gefühl, das Fliegen, einfach alles daran. Auch die nette Stewardess, die herum ging und trinken verteilte, ihnen etwas zu essen anbot, was Ashton allerdings ablehnte weil er keinen Appetit hatte. Nur eine Flasche stilles Wasser ließ er sich geben, bevor er den Blick wieder nach draußen richtete. Als sie landeten verlief alles recht reibungslos, schon bald standen sie vor dem riesigen Flughafen und waren kein bisschen weiter als zuvor. Sie wusste noch immer nicht wohin, sodass dieses Mal Darya das Wort ergriff und meinte, sie sollten sich erst mal ein Hotel suchen. Ashton nickte ihr zustimmend zu. "Gute Idee" quittierte er auch noch wörtlich seine Zustimmung, bevor er seinen Rucksack wieder schulterte und den Blick schweifen ließ bis er einen Straßenplan entdeckte der neben einer Bushaltestelle aufgestellt war. Schon von weitem konnte er erkennen, dass Hotels mit einem "H" gekennzeichnet waren. Kurz darauf hatten sie eines aus gemacht zu dem eine Busfahrt wohl rund eine halbe Stunde dauern würde, es lag eher abseits der großem Stadt, in einer Randgemeinde am Wald. Sie waren sich beide einig, dass es dort mit Sicherheit günstiger sein würde, sodass sie die Fahrt dorthin schon wenig später antreten konnten.
"You can fool all of the people some of the time, and some of the people all of the time, but you can't fool all of the people all of the time."
Ne passt, ich war mir nur sehr unsicher xD __________
Darya Wieder waren sie sich ziemlich bald einig, was aber auch kein Wunder war. Was sollten sie auch sonst tun, ausser einem Hotel zu suchen? Sie hatten immerhin beide kein Interesse daran, heute Nacht unter einer Brücke zu schlafen, da war sie sich ziemlich sicher. So sassen sie bald darauf im Bus zu dem ausgewählten Hotel, wo sie wenig später auch heil ankamen. Es war ein eher kleines Gebäude, auch bestimmt nicht so schön wie die grossen in der Stadt. Aber was spielte das schon für eine Rolle? Hauptsache ein Bett und ein Bad, viel mehr erwartete die Schwarzhaarige von ihrer Unterkunft eigentlich gar nicht. Es war ja sowieso nur vorübergehend, bis sie sich entschieden hatten, wie sie weiter vorgehen wollten. Denn da stand noch immer ein sehr grosses Fragezeichen. Sie konnten sich nicht immer verstecken, aber genau das würden sie tun müssen, um Abel aus dem Weg zu gehen. Denn so wie Darya den alten Dämon kannte, würde dieser die Sache nicht auf sich sitzen lassen. Er brachte sein Werk gerne zu Ende, war verdammt hartnäckig und eigenwillig. Und so würde er entscheiden, wann sie sich ein letztes Mal sehen würden und nicht sie selber oder allenfalls Ashton. Alles, was sie tun konnten, war, sich ein Bisschen Zeit zu schaffen. Zeit, in der sie irgendwie darüber nachdenken mussten, wie sie Abel gegenübertreten wollten, wenn sie ihn wiedersahen. Schwierige Aufgabe auf jeden Fall. Sie betraten das Hotel, buchten kurzerhand das billigste verfügbare Zweierzimmer, ohne jeglichen Zusatzkomfort, den sie nicht brauchten oder sich zumindest nicht leisten konnten. Für drei Nächte, mit Aussicht auf Verlängerung, denn was sich in drei Tagen geändert haben sollte, wusste die junge Frau beim besten Willen nicht. Nachdem sie die Schlüssel entgegen genommen hatten, begaben sie sich in den dritten Stock des Hauses und dort ins Zimmer Nummer 309. Es war klein aber sauber. Mit einem angrenzenden, nicht zu neuen Badezimmer und einem ebenfalls alten Fernseher ausgestattet, dazu stand in der Mitte des Raumes ein durchschnittliches Doppelbett. Sie hätten vielleicht nach einem Zwei-Bett-Zimmer fragen sollten, aber irgendwie hatte keiner daran gedacht und die nette alte Dame an der Rezeption hatte sowas gar nicht in Betracht gezogen. Darya liess sich auf die äusserste Kante des Bettes sinken, blickte sich etwas im Zimmer um und legte den Rucksack ab. Tja und jetzt? Jetzt waren sie da und sassen zusammen in einem kleinen Zimmer, während die Luft sofort von tausend unausgesprochenen Konflikten und Problemen erfüllt wurde.
So viel hatte er in der gesamten Zeit auf der Erde wohl noch nicht geschwiegen, wenn er so darüber nachdachte. Und da sie hauptsächlich schwiegen, konnte er sehr, sehr viel nachdenken. Vor allem während sie in dem Bus saßen und die Straße entlang gurkten, die mehr und mehr aus der belebten Stadt in ein kleines Ländchen führte, das von Wald umrahmt war. Bis der Bus schließlich hielt und der Fahrer ihnen mitteilte, dass das hier die Endstation war. Egal. Das Hotel konnte man von weitem schon sehen, sodass Darya und er schon bald eincheckten, sich ein billiges Zimmer für zwei geben ließen und wenig später auch schon die Tür eben jenes Zimmers hinter sich schlossen - wobei Ashton mit wenig Begeisterung feststellte, dass es sich nicht um zwei getrennte Betten handelte. Diese Tatsache versuchte er auch erst gar nicht zu verbergen, stattdessen schnaubte er ein wenig genervt die zuvor tief eingezogene Luft wieder aus, bevor er seinen Rucksack aufs Bett schmiss und sich wenig später zu diesem gesellte. "Und nun?" unterbrach er das Schweigen nach einigen Sekunden sah aus seiner sitzenden Position auf dem Bett zu der Dunkelhaarigen, durchbohrte sie regelrecht mit seinem forschenden Blick. Er wusste wirklich nicht was sie nun tun oder lassen sollten. Aber wenn sie schon einmal hier waren - ausruhen wäre vielleicht nicht schlecht, er war wirklich müde und dann könnten sie morgen vielleicht weiter sehen. Was sollten sei hier schon auch tun? Sich einen Job suchen und warten bis Abel kam, um dann erneut fliehen zu können? Das klang zwar nach einem Plan, aber nicht nach einem sonderlich guten. Sollten sie wie die Wilden in den Wäldern Hausen? Abgeschottet von jeglicher Zivilisation, damit erst gar niemand behaupten konnte er habe sie gesehen, wenn Abel tatsächlich kam und sie suchte? Ebenso kein guter Plan, weil Ashton sich sicher war sie würden keine Woche da draußen überleben. Ja, aber was blieb ihnen so viel anderes zur Auswahl? Er hoffte inständig die junge Frau hatte bessere Ideen als die, die ihm selbst im Kopf herum geisterten.
"You can fool all of the people some of the time, and some of the people all of the time, but you can't fool all of the people all of the time."
Darya Nein, natürlich war sie auch nicht begeistert von dem Bett. Wieso sollte sie das auch toll finden? Ash wollte ihre Nähe offensichtlich ganz bestimmt nicht und sie selber schämte sich für alles, was sie getan und was passiert war auch viel zu sehr, um ihm eigentlich nahe sein zu wollen. Ob er ihr das jemals wieder verzeihen konnte? Oder sie sich selbst? Sie bezweifelte es, aber irgendwie bestand auch kein Sinn darin, darüber nachzudenken und Energie in solche Hirngespinste zu investieren. Sie hatte es nunmal getan, versucht, ihn zu töten, einen anderen Engel zu töten, sich beständig weiter jenseits von Gut und Böse zu befördern, bis sie jetzt weder wusste, was denn Gut und Böse war, noch jemanden fragen konnte, weil sie nirgendwo mehr dazu gehörte. Sie konnte kein Engel mehr sein, nachdem sie zweimal versucht hatte, Unschuldige zu töten. Aber sie konnte auch kein Dämon bleiben - beziehungsweise jemals werden - wenn es zweimal nur bei dem aussichtslosen Versuch geblieben war. Seine Frage riss sie aus ihren Gedanken, die sich schon wieder im selben Kreis drehten, wie sie es taten, seit Nate sie weggeschickt hatte. Die Schwarzhaarige legte die Hände vors Gesicht und rieb sich die müden, aufgedunsenen Augen. Sie fühlte sich komplett ausgelaugt, müde, zerstört. Und Ashton sah auch dezent müde aus. Sie würden eh nicht mehr auf eine gute Lösung kommen heute Abend, das war nahezu offensichtlich. „Schlafen..?“, schlug sie also leise vor, hoffte, dass er das nicht als Kapitulation oder Faulheit ihrerseits aufnahm. Wobei es eh keine Rolle mehr spielte, er hielt eh weniger als gar nichts mehr von ihr. Aber sie wusste einfach, wie gut oder eben schlecht sie funktionierte, wenn sie müde war und ihre Gedanken nicht beruhigen konnte. „Dann können wir morgen über alles weitere reden, was es zu klären gibt und uns einen Plan zurechtlegen. Vielleicht fällt uns ja was ein bis da“, haha, jaaa, bestimmmmt. Aber die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt - auch wenn sie eben trotzdem stirbt. Sie hatte den Kopf leicht in seine Richtung gedreht, auch wenn sie es kaum schaffte, ihn wirklich anzublicken. Gott was würde sie geben, um das alles ungeschehen zu machen und dort fortzufahren, wo es am schönsten gewesen war..! Aber das konnte sie nicht und auch sonst konnte sie sehr wenig tun, um die Situation zwischen ihnen aufzulockern, zu verbessern. Alles was sie tun konnte, war das, was sie tat. Nämlich alles, was er verlangte, möglichst ohne Widerrede.
Nachdem erst einmal einige Sekunden nichts kam, ließ er sich auf ihre mehr oder minder deutliche Antwort rücklings auf das Bett fallen, strich sich mit den Händen über das müde Gesicht und in die zerzausten, dunklen Haare. Schlafen klang so wahnsinnig verlockend - so sehr, dass er das Gefühl hatte jede Sekunde tatsächlich in die Traumwelt abzudriften in der alles okay sein würde. In der er nicht auf der Flucht war. Auf der Flucht vor jemandem, von dem er nicht einmal wusste ob er ihn wirklich jagte. Er war eigentlich nur auf der Flucht vor sich selbst, vor der Wahrheit, vor der unerschütterlichen Wahrheit. Wo war er hier nur hinein geraten? Wenn er länger darüber nachdachte, so war das doch von vorne herein klar gewesen, immerhin war er nur auf die Erde geschickt worden um Darya zu finden - es war also praktisch vorprogrammiert gewesen, das was nun geschah. Nur, dass die Engel damit gerechnet hatten dass Ashton ihnen bescheid geben würde sobald er das verlorene Engelskind gefunden hatte. Da hatte er aber auch fest daran geglaubt, dass auch er ein Engel war und von ihnen zurück genommen werden würde; jetzt war er sich in dieser Hinsicht nicht mehr sicher. Ashton setzte sich wieder auf, bevor er wirklich einschlief, weil er nur wenige Atemzüge davon entfernt gewesen war: "Willst du in den Himmel? Willst du zu den Engeln, die dich schon dein ganzes Leben lang suchen?" Ashton durchbohrte die Dunkelhaarige mit seinem forschenden, gleichermaßen müden, Blick während er auf ihre Antwort wartete. Sie war es immerhin, die dort oben mehr als willkommen sein würde - sie war ihr leben lang gesucht worden von den Engeln und ganz gleich was sie getan oder nicht getan hatte, es würde ihr verziehen werden, weil sie nichts für ihre Erziehung konnte. Er würde es ihr kaum verwehren können ihre wahre Familie kennen zu lernen, auch wenn er selbst nur noch pure Abscheu gegenüber diesen empfand.
"You can fool all of the people some of the time, and some of the people all of the time, but you can't fool all of the people all of the time."
Darya Offenbar war ihr nicht so kreativer Vorschlag akzeptiert. Er widersprach ihr jedenfalls nicht und brachte auch keine bessere Idee. Wahrscheinlich war erstmal schlafen tatsächlich ein guter Plan, für sie beide. Er sah nämlich auch schon die ganze Zeit eher müde aus und von sich selber musste sie gar nicht anfangen. Wie sollte man nach einem solchen Tag auch nicht müde sein? Sie blieb noch einen Moment sitzen, weil sie sich noch nicht zum Aufstehen und Duschen hatte durchringen können. Da erhob sich auch Ashton wieder, blickte sie mit den gleichen forschenden, durchdringenden Augen an wie schon den ganzen Tag. Nur schwang diesmal etwas weniger Hass und Wut darin mit. Er stellte ihr auch direkt eine Frage, über die sie sich noch nicht mal Gedanken gemacht hatte - obwohl sie doch relativ ausschlaggebend für ihre weiteren Entscheidungen sein sollte. Tja, wollte sie in den Himmel? Ein Teil von ihr schien sofort und ohne darüber nachzudenken ein Ja schreien zu wollen. Aber es war nur ein Teil und nicht mal der Grösste. Denn der Rest ihres Denkens schwankte zwischen einem ebenso schlichten Nein und der alles übersteigenden Angst, dass sie das gar nicht konnte. In den Himmel gehen, Engel treffen. Für das geradestehen, was sie getan hatte. Selbst wenn es ihr tatsächlich verziehen werden sollte, die Bilder würden immer wieder auftauchen und ihr jedes Mal vor Augen führen, dass sie all das war, was ein Engel nicht sein sollte. „Wie soll ich das denn anstellen, Ash? Selbst wenn ich es möchte, ich würde niemals in den Himmel kommen, nicht nach allem, was ich getan habe. Ich habe versucht, dich zu töten. Ich habe einen Engel so schwer verletzt, dass er daran gestorben wäre und ich letztendlich schuld an seinem Tod war. Und in der Hölle.. Da hab ich das auch getan... Engel gequält, all das, was zu der Ausbildung gehörte. Ich habe es getan und nie versucht, es zu verhindern, weil es doch das einzig Richtige war.. Wie sollte ich denn jemals in den Himmel dürfen nach all dem? Engel scheinen sehr viel Wert auf Gerechtigkeit zu legen, ihre eigene Vorstellung davon jedenfalls. Sonst hätten sie dir das alles nicht angetan, wegen mir. Was glaubst du denn, wie sie reagieren würden, nach allem, was ich getan habe? Vielleicht wäre es ihnen erstmal egal, aber ein paar Tage oder Wochen später? Wenn die Familie des toten Engels sich melden würde? Wenn ihnen bewusst werden würde, was wirklich alles passiert war?“, sie redete leise, stellte die ganzen Fragen nicht wirklich, weil sie eine Antwort erwartete sondern einfach, weil es die waren, die sich ihr aufzeigten, wenn sie an den Himmel dachte. „Ich denke nicht, dass ich wirklich zurück kann. Ich bin nicht das, was sie vermissen sondern längst nur noch ein Schatten und die Hülle davon“, beantwortete sie schlussendlich seine Frage, mit demselben bedrückten, melancholischen Unterton, der schon die ganze Zeit ihre Worte begleitete. Oder vielleicht beantwortete sie sie auch nicht, denn ob sie zurück wollte, hatte sie nicht gesagt. Sie wusste es schlichtweg nicht. „Was ist mit dir? Willst du in die Hölle? Oder zu Abel? Wenn ich und heute nicht passiert wäre, mein ich..“, lenkte sie das Thema auf ihn, blickte ihn nachdenklich an, während sie sich durch die dunklen Haare strich.
Irgendwie hatte er einfach mit einem schlichten Ja und keiner Dramatisierung der ohnehin schon dramatischen Geschichte gerechnet. Keine Ahnung wieso er davon ausgegangen war, wäre es anders gewesen hätte er diesen Wortwechsel auf den morgigen Tag verschoben, weil er wirklich zu müde war um sich nun noch die ganze Nacht zu unterhalten. Da er nun aber auch keinen Rückzieher mehr machen konnte, rutschte er auf dem Bett so weit zurück, dass er sich mit dem Rücken ans Kopfende dieses anlehnen konnte, das Kissen als Polsterung benutzend. "Du kennst diese Engel nicht...." erwiderte er trocken auf ihre Worte, senkte den Blick auf seine Hände. Ja, sie kannte diese Engel nicht, die Engel die sein ganzes Leben darauf ausgerichtet hatten eben genau sie zu finden, die alles daran gesetzt hatten das entführte Engelskind wieder zu sich zu holen; die Engel die zwar streng aber voller Güte sein konnten und die ihr wohl alles verzeihen würden, wenn sie sie dafür nur endlich wieder in ihre Arme schließen könnten. "Mein ganzes Leben war einzig und alleine darauf ausgerichtet dich zu finden, glaube mir wenn ich dir sage, dass sie dich mit offenen Armen empfangen und wieder in ihre Reihen eingliedern würden, ganz gleich was du getan oder nicht getan hast. Ihnen ist das Handeln der Hölle nicht fremd, ihnen ist nicht fremd wie die Ausbildung dort verläuft und niemand wird dir die Schuld an irgendetwas geben - was hättest du auch anrichten sollen, wenn du versucht hättest sie aufzuhalten?" Ashton schüttelte müde den Kopf, einige Strähnen seiner zerzausten, dunklen Haare hingen ihm in der Stirn, während er sie nun wieder direkt ansah, dunkle Ringe hatten sich unter seinen Augen abgebildet. Das für ihn in dieser Geschichte viel mehr kein Platz mehr sein würde, diese Gedanken dachte er schon gar nicht mehr, weil er im Grunde und tief in sich drin schon damit gerechnet hatte, war er sich doch immer ein wenig fehl am Platz vor gekommen. Nur hatte er sich dann einfach ausgemalt sein Leben auf der Erde fristen zu können, unter den Menschen und nicht mit dem Zwiespalt der Hölle im Nacken. "Überleg's dir, ich könnte sie rufen..." seufzte er schließlich leise, versuchte sich erst gar nicht an einem schwachen Lächeln, weil ihm danach einfach nicht war. Genauso wenig wie ihm danach war darüber nachzudenken ob er in die Hölle wollte, er hatte so lange mit Abel gesprochen und er hatte aufrichtig und ehrlich geklungen - genau das, wovor ihn die Engel auch immer gewarnt hatten. Dämonen waren manipulativ, sie waren falsch, sie waren eben die Ausgeburten der Hölle und man sollte ihnen niemals vertrauen. "Keine Ahnung, ehrlich gesagt... Abel war... er war verständnisvoll, für all das was die Engel nie verstanden haben, obwohl sie genau wussten... was ich bin. Ich hab nur nie damit gerechnet am praktisch verkehrtesten Ort des ganzen Universums aufgewachsen zu sein, dass ich mich deswegen immer gefühlt habe wie ein Aussenseiter. Ich ging einfach davon aus, nachdem ich dich gefunden habe, mein Leben auf der Erde in Ruhe fortführen zu können." Ashton zuckte mit den Schultern, Träumereien die ihm gerade so lächerlich vorkamen, dass er keine Lust mehr auf dieses Gespräch hatte und sich an der Wand entlang in eine liegende Position sinken ließ, um Darya wenig später den Rücken zuzukehren.
"You can fool all of the people some of the time, and some of the people all of the time, but you can't fool all of the people all of the time."