Er schien sich wohl ganz offensichtlich nicht so über meine Wortwahl zu freuen, doch das scherte mich im Moment recht wenig. Wobei ich deutlich größeren Respekt vor ihm hatte, weil er gestern wirklich heftig geschrien hatte. Überhaupt schien er ein ziemlich reizbarer Mensch zu sein... Und leider reichte mein Respekt wohl nicht so weit, dass ich vor seinem Stuhl Halt machte. "Dann tu das doch", konterte ich grinsend auf das Verdienen des Stuhls, musterte seine Augen aber wich mit dem Kopf dennoch ein wenig nervös zurück. Er war irgendwie so...seltsam. Ich wusste einfach nicht genau, wie ich das beschreiben sollte, aber er war ein ziemlich einzigartiger Mensch. Zumindest glaubte ich das, obwohl ich ihn erst so kurz kannte.
Damit hatte ich nun nicht gerechnet. "Du willst also meinen Job übermehmen?" Ich zog eine Augenbraue hoch. "Viel Spaß... Ich hol mir jetzt einen Kaffee." murrte ich bloß und verließ das Büro. Die Tür fiel hinter mit knallend ins Schloss. Dafür war ich einfach noch nicht wach genug. Aber wenn sie dachte sie könnte das, meinetwegen. Spätestens wenn sie was unterschreiben musste, würde sie scheitern. Ich ging in die Teeküche und füllte mir Kaffee in einen Becher. Dann sah ich mich um und blieb erstmal an den Rand der Theke gelehnt stehen. Ein Kollege kam herein und wir unterhielten uns ein wenig über meine neue, nach seiner Meinung heiße Praktikantin. Ich konnte bloß den Kopf schütteln und würgte den Kerl irgendwann mit der Begründung ab, ich müsse mich jetzt um meine heiße Praktikantin kümmern. Wobei ich das Wort heiß, eher mit einem spöttischen Grinsen begleitete. MIt meinem Becher, den ich nun ein zweites Mal aufgefüllt hatte, ging ich den Flur entlang.
Wie? Jetzt verschwand er einfach? Warum das? Hatte ich mir zuviel erlaubt? Naja...jetzt war mir auf jeden Fall langweilig. Für einen Moment drehte ich mich noch weiter auf dem Stuhl, doch dann stand ich irgendwann auf und stellte mich vor die große Fensterfront, die eine Seite der Wand ersetzte. Etwas staunend betrachtete ich New York von eben, dann seufze ich gelangweilt. Was sollte ich denn jetzt tun? Nach einer Weile öffnete ich die Tür und lugte hinaus. Lewis kam gerade dn Flur entlanggelaufen. Ich unterdrückte ein fast schon freudiges Grinsen und blickte ihm recht neutral entgegen. Er hatte einen Kaffeebecher in der Hand und wirkte leicht säuerlich. Wollte er mich gleich etwa wieder nach Hause schicken? Jedenfalls fragte ich mich, was ich denn jetzt noch tun sollte.
Als ich aufsah, bemerkte ich Anna, die mich erwartet zu haben schien. Ich sah sie an. "Gut das du da bist..." meinte ich knapp. "Richtest du bitte Da... der Sektretärin von Mr. Lennox aus, das ich zu seinem beschissenen Wohltätigkeitsball keine Begleitung mitbringen werden... drück es aber bitte anders aus..." meinte ich grinsend und ging dann in mein Büro und setzte mich mit einem erleichterten Seufzen auf meinen Stuhl. Mein Stuhl. Mein Büro. Ich wollte nicht das Anna wusste, das der ganze Schuppen hier meinem Dad gehörte. Wobei ich mittlerweile Teilhaber der Firma war und außerdem sollte ihr bei ihrer Bewerbung aufgefallen sein, das ich genauso hieß wie die Firma. Da fiel mir ein das sie meinen Nachnamen gar nicht kannte. Und wenn es nach mir ging würde das auch so bleiben. Ich stellte meine Tasse ab und fuhr meinen Pc hoch.
Aufmerksam lauschte ich ihm. Ah, mein erster Auftrag. Sollte ich ihn ausführen? Naja...besser schon, sonst würde er nur wieder rumbrüllen. Und darauf hatte ich wirklich keine Lust. Also nickte ich nur brav und machte mich auch schon auf den Weg. Ich sollte mich besser wohl damit abfinden, dass ich un Zukunft seinen Befehlen Folge zu leisten hatte. Es dauerte circa eine Viertelstunde, bis ich auf die Sekretärin von Mr. Lennox stieß und Uhr sogleich höflich ausrichtete, dass Lewis keine Begleitung zu dem Wohltätigkeitsball mitbringen würde. Während ich dann wieder den Weg zurücklief, stutzte ich leicht. Irgendwie konnte ich das ja jetzt auch so verstehen, dass Lewis die Sekretärin indirekt auffordern wollte, seine Begleitung zu sein. Hrmpf. Idiot... Ich betrat einfach so sein Büro, salutierte dann augenverdrehend und blieb im Raume stehen.
Als sie wiederkam war ich gerade in eine E-Mail vertieft und sah nur kurz auf. "Hast du super gemacht..." lobte ich sie leicht grinsend und schob ihr meinen leeren Kaffeebecher hin. "Der muss immer voll sein." ordnete ich an und widmete mich wieder meiner Arbeit. Ich beantwortete noch einige Nachrichten.
Gerade hatte ich mich wieder entspannt, hatte zum Fenster hinausgesehen, als Lewis mich dann auch schon direkt anwies, ihm einen weiteren Kaffee holen zu gehen. Auf sein Lob reagierte ich nicht. Grummelnd schnappte ich mir die Tasse, verließ das Büro und machte mich auf den Weg. Glücklicherweise konnte ich den letzten Schluck Kaffee ergattern, der die Tasse noch gerade so füllte, alle Anstehenden hatten nun eben die Arschkarte. Ich würde jetzt sicherlich nicht noch Kaffee kochen. Mit der vollen Tasse trat ich nun den Rückzug an und stellte seine Tasse vorsichtig auf dem Tisch vor Lewis ab. So. Wollte er noch irgendwas? Mittlerweile war ich nicht mehr genervt sondern eher resignierend. Ich hatte mich so halbwegs mit dieser fremden Situation abgefunden, auch wenn ich es noch lange nicht gut fand.
Ohne sie anzusehen, nahm ich den Kaffee und trank einen Schluck. "Setz dich hin, in 5 Minuten bin ich fertig..:" murmelte ich, mein Blick auf den Bildschirm gerichtet. Dann fuhr ich den Rechner hinunter, leerte meinen Kaffee und stand vom Schreibtisch auf. "Hast du Hunger? Ich geh jetzt was essen, wenn du nicht mitkommen willst hast du Pause..." murmelte ich bloß und sah sie abwartend an.
Fast schon wollte ich sagen, dass er sich doch auch bitte mal bedanken können, riss mich jedoch zusammen und kauerte mich ein wenig in die Ecke des Büros auf einen Stuhl. Stille herrschte, dann fuhr er seinen PC herunter und erhob sich. Ich tat es ihm gleich und nickte dann zögerlich. "Naja...wenn's dir recht ist, komme ich mit..." Konnte ja durchaus sein, dass er grundlegend etwas dagegen hatte. Etwas verlegen fuhr ich mir durchs dunkle Haar, sah ihn an und lächelte schief.
"Dann auf auf" scheuchte ich sie und verließ mein Büro. Auf dem Flur wurde ich von der Sektretärin meines Vaters angesprochen. "Mr. Lennox, ihr Vater bittet sie..." Ich brach die junge Frau sofort ab und wendete mich kurz zu Anna "Geh schon mal zu meinem Wagen... ich bin gleich da" Dann bläute mir die Sekretärin, die sich wohl für sowas wie meine zweite Mutter hielt ein, das mein Vater es ausdrücklich wünschte, das ich nicht alleine zu der Veranstaltung erschien. Ich seufzte etwas genervt, musste aber etwas grinsen, als sie meinte ich könnte auch mein 'Flittchen von Praktikantin' mitnehmen. Auch wenn ich die Beschreibung etwas unverschämt fand, aber sie zeigte mir das die meisten wohl auf sie eifersüchtig waren. Welche Frau würde nicht gern so nah mit mir zusammenarbeiten?
Eilig verließ ich das Büro, stoppte dann jedoch ebenfalls kurz, als Lewis von der Sekretärin angehalten wurde, der ich vorhin etwas ausrichten sollte. Etwas irritiert hielt ich inne. Lewis hieß also auch Lennox mit Nachnamen. Und wer war der andere Lennox? Sein Bruder? Oder etwa sein Vater..? Vielleicht gehörte ihm die Firma ja gar nicht alleine? Auf seine Bemerkung zu mir verließ ich den Ort des Geschehens schnell und somit auch das große Bürogebäude, stand nun etwas verloren auf dem Parkplatz und machte seinen Wagen schnell ausfindig. An den konnte ich mich noch erinnern... Sonst aber an kaum etwas von der gemeinsamen Nacht. Es fehlte einfach. Wie ein Stück von einem Puzzle. Abwartend vertrat ich mir ein wenig die Beine und musterte ein paar von Lewis' Kollegen, die wohl ebenfalls nun Mittagspause machen wollten.
Ohne mich von der Frau, die vielleicht 3 oder 4 Jahre älter war als ich, zu verabschieden, ging ich den Flur entlang und stieg dann in den, zum Glück leeren, Fahrstuhl. Als ich vor dem Gebäude, was komplett aus Glas zu sein schien, stand, sah ich mich suchend nach dem besagten 'Flittchen von Praktikantin' um. Sie schien meinen Wagen gefunden zu haben, ich grinste leicht und ging zu ihr. Ich schloss den Wagen auf, eigentlich könnte man zu dem kleinen Italiener zu dem ich immer ging, auch laufen, jedoch würde ich ihr das mit den High Heels die sie trug ganz bestimmt nicht antun. Ich schloss den Wagen auf und setzte mich rein, abwartend sah ich zu ihr.
Die Firma befand sich ziemlich im zentralen Punkt von Manhatten, also New York und daher war hier auch enorm viel los. Unablässig fuhren Autos an mir vorbei, auf der Suche nach einem Parkplatz und wie die Geier blieben sie dann bei und stehen, als Lewis angekommen war und nun fahren wollte. Doof nur, dass das hier scheinbar sein ganz persönlicher Parkplatz war, weshalb die Autos dann wieder mit quietschenden Reifen abfuhren. Ich fühlte mich schon ein kleines Stückchen 'wichtig', weil ich nun mit diesem einflussreichen Mann durch seine Firma spazierte, in seinem Auto fuhr und mit ihm zu Mittag aß. Doch wie lange würde das alles so bleiben? Immerhin würde sich bald ein anderer, vollkommen fremder Mann in mein Leben drängeln und mich heiraten. Würg. Nachdenklich stieg ich ein und bestaunte das Auto wieder mal so ein wenig, dann verließen wir den Firmenparkplatz auch schon und hielten keine fünf Minuten später vor einem kleinen Restaurant. Sah von außen jedenfalls sehr schön aus. War scheinbar ein Italiener. Ich mochte italienisches Essen. Nudeln waren immer gut, Pizza sowieso. Aber heute würde es wahrscheinlich nur ein kleiner Salat sein, ich hatte sowieso nicht so viel Hunger.
Ich stieg aus, ging um den Wagen herum und hielt der Lady dann die Tür auf. Ich lächelte sogar ein bisschen. Sie war zwar aufmüpfig, stur und einfach nur frech. Aber das war mir lieber als ein Nerdbrillentragender Streber, der mir in den Arsch kroch. Als sie ausgestiegen war verschloss ich sorgfälltig den Wagen und ging hinein. Ich hatte einen Stammplatz und wurde sofort dorthin geführt. Das ich nicht alleine war, störte nicht. Ich bestellte das gleiche wie jeden Freitag. Wirklich, jeden Wochentag aß ich das gleiche. Also an jedem Wochentag den ich arbeitete. Ich sah zu Anna und schob ihr eine Karte zu. "Ich zahle..." entschied ich und mein Wort duldete keinen Widerspruch.
Ich stieg dankbar aus, als er mir ganz gentlemanlike die Tür aufhielt und strich meinen Rock glatt. Meine Füße schmerzten leicht, aber damit musste ich nun leben. Wenigstens konnte ich auf solch hohen Schuhen laufen, es gab so viele Frauen, die das nicht konnten, aber trotzdem vollkommen von sich überzeugt waren. Das Restaurant gefiel mir. Es war im italienischen Sinne eingerichtet, leise Musik ertönte und es gab vereinzelte, viele Tische in einem Raum. Zudem war es gut besucht, scheinbar wollten hier die meisten Arbeitgeber und Arbeitnehmer etwas zu Mittag essen. Als wir saßen, berührte mein Knie leicht seins, was ich nach kurzem Zögern einfach so hinnahm. Wir saßen uns gegenüber. Wie schon gedacht, bestellte ich mir einen kleinen Salat und dazu ein schlichtes Wasser. Immerhin zahlte er. Ich mochte es so gar nicht, wenn andere Leute für mich Geld ausgaben, dann fühlte ich mich diesen immer so schuldig... Für einen Moment wollte ich widersprechen, sah ihn zweifelnd an, doch dann seufzte ich leise. "Na gut..." Ich kaute auf einem Maiskorn herum und betrachtete den Salat ausgiebig, um ihn nicht ansehen zu müssen. Er war immer noch ein kleines Rätsel für mich.
Unser Essen wurde schnell gebracht und ich begann hungrig zu essen. Eigentlich genoss ich immer die Ruhe hier. Mal nicht von irgendwelchen Leuten vollgeschleimt zu werden, nur weil es etwas von meinem Vater wollten. Unbewusst seufzte ich leise und trank dann einen Schluck von meinem Wasser. Mein Blick wanderte kurz zu Anna herüber. Sie war so schweigsam... oder war das einfach ihre Art mir ihren Respekt zu zeigen? Wenn sie sowas überhaupt besaß. Bisher war sie immer sehr vorlaut und frech gewesen... und ich musste zugeben, irgendwie gefiel mir das. Mal nicht jemand der sich von mir herumkommandieren ließ. Wenn sie diese Eigenschaften auch am letzten Wochenende gezeigt hätte, wäre der Abend definitiv anders verlaufen... anders im positiven SInne.
Der Salat schmeckte wirklich sehr gut. Diesen Italiener musste ich mir im Hinterkopf behalten...sogar das Wasser war lecker. Ich spießte mit der Gabel ein Salatblatt nach dem anderen auf und schob es in meinen Mund, kaute bedächtig darauf herum und wiederholte das Ganze, bis der Teller dann leer war. Zufrieden lehnte ich mich zurück. Hatte scheinbar doch was Gutes, mit Lewis zusammenzuarbeiten, auch wenn er noch viel Spaß mit meinem Temperament haben würde. So leicht war es nicht, mir zu sagen, was ich zu tun hatte... Das einzige, was mit wirklich Respekt vor ihm eingebracht hatte, war sein Wutausbruch gestern. Ich hatte einfach Angst, Ann jemand mich anschrie und dann auch noch so bedrohlich wirkte... Ich begegnete seinem Blick, erwiderte ihn ein wenig misstrauisch und trommelte ganz leicht mit den Fingern auf dem Tisch herum.
Sie schien ihr Essen beinahe herunterzuschlingen. Innerlich grinste ich breit und ließ mir extra viel Zeit. Schließlich war sie, meine Angestellte. Nicht das sie da noch etwas verwechselte. Als sie fertig war und begann ungeduldig auf sich aufmerksam zu machen, musste ich doch etwas grinsen. Aß aber keineswegs schneller. Eher langsamer. Es verging noch eine geschlagene halbe Stunde bis auch ich mein Besteck zur Seite legte, den letzten Schluck aus meinem Glas nahm und die Rechnung anforderte. Ich zahlte, noch immer mit einem Grinsen auf den Lippen und stand dann langsam auf. Auffordernt sah ich sie an und ging dann zu meinem Wagen. Ich wartete ab.
Machte er das wirklich absichtlich?! Dieser...dieser...ach, vergessen wirs. Ich grummelte leise und seufzte irgendwann, als ich merkte, dass er weiterhin seelenruhig aß und sich durch nichts stören ließ. Leise seufzte ich und wartete dann geduldig ab, weil mir gar nichts anderes übrig blieb. Er zwang mich ja quasi dazu und nun gab ich auf, mich dagegen zu wehren. Für einen Moment schloss ich die Augen, dann jedoch war Lewis bald fertig und ich erhob mich ebenfalls. Noch immer gefiel es mir nicht, dass er gezahlt hatte, aber ich nahm es so hin. Eilig schloss ich zu ihm auf und blieb bei seinem Wagen stehen. Wir stiegen beide ein. Abwartend sah ich ihn schweigend an und legte den Kopf ein wenig schief.
Ohne ihren Blick zu beachten, stieg ich ein und startete den Wagen. Jedoch hatte ich keineswegs vor zurück zur Firma zu fahren. Das schien sie auch spätestens in dem Moment zu merken, als ich statt geradeaus auf den Firmenparkplatz zu fahren, links abbog und dann dem Straßenverlauf folgte. Ihren fragenden Blick ignorierte ich gekonnte und sah einfach unr auf die Straße, konnte mir aber einfach kein Grinsen verkneifen. Jedenfalls ein kleines.