Kurz nach seiner Antwort blieb ich also vor der Beifahrertür stehen, öffnete die Clutch und schüttelte sie ein wenig hin und her, um den Inhalt deutlicher ans Tageslicht zu befördern. Naja...Tageslicht war übertrieben, immerhin war es jetzt schon dunkel draußen. Tatsächlich fand ich einen Schlüssel ganz unten in der schmalen Clutch, holte ihn hervor und grinste triumphierend. "Tadaa! Gut, dann muss ich dir nicht noch auf den Keks gehen." Schmunzelnd ließ ich mich auf dem Beifahrersitz nieder und lehnte much entspannt zurück.
Ich war beinahe etwas enttäuscht. Ihre Anwesenheit machte mir mittlerweile eigentlich nichts mehr aus. Also auf den Keks würde sie mir wirklich nicht gehen. Ich fuhr los. Eigentlich wäre ich sogar froh gewesen, hätte sie mich noch begleitet. Aber was soll's. Bald daraf hielt ich vor ihrem Haus. "Wir sehen uns dann Montag im Büro..." verabschiedete ich mich von ihr und sah sie an.
Ich blickte eigentlich die ganze Zeit durch die Windschutzscheibe hinaus auf die Straße. Diese war leer, doch viele Menschen schlenderten durch die Großstadt. Sie schlief eben nie. Die Fahrt war wieder einmal schweigend verlaufen, nur wusste ich diesmal nicht so recht, wie ich mich von ihm verabschieden sollte. Dieser Abend war trotz seiner Kürze schön gewesen.. Er war nett. Ich mochte ihn, nicht mehr und nicht weniger. Lächelnd schnallte ich mich ab, nickte dann und beugte much zaghaft ein wenig vor. Kurz vor seinen Lippen zögerte ich nochmal, bevor sie auf seine trafen und sich vereinten. Seufz. Ein schöner Abschiedskuss. Bis Montag waren es noch zwei Tage...zwei volle Tage. Das war lang, ganz besonders dann, wenn man nichts zu tun und geplant hatte.
Ich sah sie überrascht an, als sie sich mir näherte. Damit hatte ich nicht gerechnet, es mir erhofft klar... Ich erwiederte ihren Kuss zärtlich und zog sie fordernt zu mir. Sie würde jetzt ganz bestimmt nicht damit aufhören. Sofort waren alle meine Sinne geweckt und ich schloss genießend die Augen. Ob sie mich zu sich hinein bitten würde?
Er erwiderte den Kuss mit steigender Intensität, was mich leicht lächeln ließ. Ich spürte, wie er mich an sich zog und ließ das zu, strich ihm leicht durch sein Haar und löste mich dann doch wieder von ihm. Nun war es also meine Entscheidung, ihm zu fragen, ob er noch mit rein wollte oder nicht. Ich wusste es nicht genau... Wie fasste er das wohl auf? Er sollte nicht denken, dass ich einfach mit jedem ins Bett hüpfen würde, aber gut...er war nicht einfach Irgendeiner. Und ich konnte ihm deutlich ansehen, dass er nicht wollte, dass ich jetzt aufgehört hatte. "Du...kommst...kommst du noch rein?" Ich biss mir leicht auf die Lippe. Ich wusste wirklich, dass das manche Männer nahezu verrückt machte. Dazu hatte ich noch diesen Unschuldsblick drauf... Ja, wir machten uns scheinbar gegenseitig verrückt.
Enttäuscht seufzte ich, als sie sich zurückzog. Von wegen schöner Abend.... meiner würde wohl sehr trostlos verlaufen. Umso überraschter sah ich sie nun an. Ich legte nachdenklich den Kopf schief. "Ich will nicht das du das jetzt falsch verstehst... aber nein. Nein ich denke ich fahre jetzt nach Hause..." ich glaubte meinen Ohren nicht zu trauen. Seit wann schlug ich eine Einladung auf Sex einfach aus? Vielleicht mochte ich die Kleine doch lieber als mir lieb war. Oder es ging um die Kein-Verhältnis-zu-Angestellten-Regel. Genau, das musste es sein.
Autsch...Abfuhren taten weh. Ein wenig überrumpelt ssh ich ihn an, blinzelte und strich mir eine dunkle Haarsträhne aus dem Gesicht. Ein wenig enttäuscht war ich ja schon...wollte er mich einfach nicht? War ich zu...schlecht für ihn? Meine Selbstzweifel ließen mir keine Ruhe. "Oh...", ich räusperte mich verlegen, "o-okay...dann...ja. Bis Montag wohl..." Ich sah ihn noch einen Augenblick irritiert an, dann stieg ich aus. Den Haustürschlüssel hatte ich ja schon in der Hand. Vielleicht wollte Lewis auch nur so schnell verschwinden und nicht mit reinkommen, weil er sich noch mit einer anderen traf? Nein...irgendwie wollte ich das nicht, aber ich vermutete es. Er war nun mal eine ganz andere Persönlichkeit als ich.
Mit dieser Reaktion hätte ich irgendwie nicht gerechnet. Ich hatte vermutet sie würde mich einfach aus Höflichkeit fragen und gedanklich sowieso mit einem Nein rechnen. Als sie schon aus dem Wagen stieg, hielt ich ihre Hand fest. "Das liegt nicht an dir..." murmelte ich. Oh Mann... sogar in meinen Ohren klang dieser Spruch echt abgedroschen und ausgelutscht. War halt so ein Klischee Ding. Es liegt an mir, nicht an dir. "Ich meine...." Das war gar nicht so leicht das zu erklären... ich konnte es mir ja selbst nicht einmal erklären. Seufzend ließ ich ihre Hand wieder los und wendete den Blick ab. "Ich darf nichts mit Angestellten anfangen..." entsprach zwar der Wahrheit, war aber nicht der Grund warum ich ihr einen Korb gegeben hatte.
Ich zuckte leicht zusammen, als er meine Hand festhielt und drehte mich nochmal kurz zu ihm um. Achso. Nichts mit Angestellten anfangen. Aber Küssen ging klar. Ich versteifte mich und schluckte. "Ahja. Aber Küssen darfst du mich. Und entjungfern auch." Meine Stimme war leiser geworden, dann nickte ich langsam. "Ok. Gut. Dann...sehen wir uns ja Montag." Mit diesen Worten befreite ich mein Handgelenk aus seinem Griff und drehte mich um, um zielstrebig auf die Haustür zuzusteuern. Ich hatte ja nicht mal gesagt 'Komm rein in mein Schlafzimmer', sondern ihm eine ganz unbedeutende Frage gestellt. Man hätte auch plaudern können...einen Film gucken, keine Ahnung...aber mein Chef dachte offenbar nur daran, mich ranzunehmen. Perfekt.
Ich biss mir auf die Unterlippe und wendete erneut den Blick ab. "Da hast du nicht für mich gearbeitet..." protestierte ich sofort und ging auf das Küssen gar nicht erst ein. Mir war klar das ich sie enttäuscht und verletzt hatte. Aber ich hatte jetzt keine Lust den Abend damit zu verbringen, das alles wieder gerade zu biegen. Ich sah ihr nach und schloss dann die Wagentür. Dann war ich auch schon weg. Montag würde sie sicherlich unausstehlich sein. Und genau deshalb fing ich niemals etwas mit Angestellten an. Nicht nur deshalb, es gab da ja auch noch diese bescheuerte Regel, aber die ließ ich nun ganz außen vor.
Natürlich. Natürlich hatte ich da noch nicht für ihn gearbeitet. Hatte ja keiner mit gerechnet, dass er mein Chef werden würde, aber dann sollte er gefälligst aufhören, mich anzufassen, wenn er nicht mal mit reinkommen wollte. Gekränkt schloss ich die Haustür auf und schluckte energisch die Tränen herunter. Er war mir einfach jetzt schon wichtig, obwohl ich ihn kaum kannte und wir garantiert nicht nur positive Erlebnisse hatten. Das war doch...zum Verrücktwerden. Ich schlüpfte im Türrahmen zu meinem großen Schlafzimmer aus dem Kleid, ließ es achtlos liegen und ließ mich nur in Unterwäsche auf das Bett fallen. War ja eh keiner hier. Meine Gedanken kreisten fortwährend um Lewis...leider.
Montagmorgen. Ich seufzte. Heute würde das unvermeidliche geschehen und ich würde meine liebenswürdige Praktikatin/ Bimbo / Privatsekretärin wiedersehen. Wenn sie nicht schon gekündigt hatte. Was dann doch sehr schade wäre. Konnte man ein Praktikum kündigen? Ich wusste es nicht. Aber ich würde es wohl sehr bald herausfinden. Ich kleidete mich heute ausnahmsweise Mal in eine dunkelblaue Jeans und ein weißes Hemd. Heute war ich strickt gegen irgendeine Art von Anzug. Und den anderen war es ohnehin egal wie ich aussah. Solange ich nicht wie ein Penner herumlief. Dann stylte ich noch ein wenig meine Haare und fuhr mit dem Wagen los zur Firma. Wie ich bemerkte war ich vor Annabelle da. Falls sie überhaupt kommen würde.
Meine Mutter hatte gestern frei gehabt, es war ja auch Sonntag gewesen. Mit ihr hatte ich noch eine ganze Weile über die Hochzeit geplaudert, jedoch konnte und wollte sie mir definitiv nicht sagen, wer mein zukünftiger Ehemann denn sein würde. Meie Stimmung war also noch geknickter, als sie es ohnehin schon wegen Lewis war. Ich hatte mich in eine schwarze Leggins, eine weiße Bluse und einen ebenfalls schwarzen Blazer geworfen, dazu schwarze Highheels. Meine Haare ließ ich wieder offen über meine Schultern fallen. Den Weg zur Firma lief ich, weshalb ich wohl auch circa zehn Minuten zu spät kam. Er sollte lieber mal froh sein, dass ich überhaupt kam. Wenig später klopfte ich an seiner Bürotür und trat dann einfach ein. War mir egal, ob er gerade telefonierte oder was weiß ich. Sollte er ruhig, ich störte doch nicht. Wahrscheinlich sollte ich ihm eh erst mal drei Kaffee holen und sollte/durfte dann nach Hause.
Überrascht hob ich den Kopf. Ich saß gerade an meinem Schreibttisch und las meine Mails. Da kam sie in mein Büro. "Du bist hier!" Was für eine Feststellung, ich war echt ein zweiter Sherlock Holmes. Ich musterte sie schweigen und war sprachlos. Das kam bei mir nur sehr selten vor. Eigentlich nie. "Möchtest du irgendwas?" was besseres war mir nicht eingefallen.
Ich legte irritiert den Kopf schief, als er mich mit diesen Worten begrüßte. Natürlich war ich hier. Der Kerl sollte mal nicht vergessen, dass er mein Chef war. "Ja...?", murmelte ich und stellte meine Tasche in der Ecke ab, bevor ich mich ein wenig umsah und meinen Blick dann auf Lewis ruhen ließ. Er schien sichtlich überrascht zu sein. Seine nächste Frage verdutzte mich dann doch etwas. Was er wartete er darauf denn für eine Antwort? "Nein...ich bin da, weil ich ein Praktikum hier mache", erinnerte ich ihn mit noch immer recht leiser Stimme und zuckte leicht die Schultern. Nur weil ich zehn Minuten zu spät war, sollte er mal nicht so tun, als hätte er mich vermisst.
Ich wendete wieder den Blick ab und wollte erstmal einfach so tun, als wäre ich beschäftigt. Doch mein Blick schweifte wieder ab und ich sah unbewusst zu Annabelle herüber. Herr Gott... ich konnte mich nicht konzentrieren, wenn die Frau da so darstand. "Hast du nichts zu tun?" fragte ich etwas provozierend und zugleich genervt. Ich würde hier nämlich zu gar nichts kommen. Ich lehnte mich in meinem Drehstuhl zurück und wiegte ihn leicht hin und her während ich sie aufmerksam ansah.
Ich hatte mich gegen die Wand gelehnt und Lewis stillschweigend beobachtet. Mir war aufgefallen, dass sein Blick immer wieder zu mi geschweift war. Ich hatte ihn stumm aus meinen hellen Augen erwidert. Doch dann fragte er, ob ich nichts zu tun hätte. Was sollte ich denn tun? Er war mein Chef, er sollte mir doch sagen, was ich zu tun hatte. "Nein", meinte ich also gleichgültig und blieb weiterhin so stehen. Ich wusste doch gar nicht, was ich machen sollte. Ich konnte auch nicht den ganzen Tag Kaffeetassen von A nach B tragen, da hatte ich erstens keine Lust zu und zweitens war mir das zu blöd.
Ich seufzte. Wieso hatte mir mein Vater bloß eine Praktikantin auf's Augen gedrückt? Ich hatte keine Ahnung was ich mit ihr anfangen sollte. Also klar, mir würde da schon was einfallen. Allerdings hätte das nichts mit ihrem Praktikantenjob zu tun. Nein, keinesfalls. Doch der Gedanke brachte mich zum Grinsen. "Setz dich..." forderte ich sie auf und lächelte sogar ein bisschen während ich auf den Stuhl vor dem Tisch deutete.
Ich hatte ihn neugierig beäugt, während er scheinbar überlegen musste, was er mit mir anfangen sollte. Erst dann kam eine Antwort von ihm. Kurz wartete ich noch, dann schritt ich auf den Stuhl zu und ließ mich vorsichtig darauf nieder, die Beine überschlug ich. Was wollte er mir jetzt sagen? Sein Grinsen machte mich jedenfalls ein wenig neugierig, aber die Situation von gestern war noch lange nicht vergessen.
Ich stützte mich mit den Ellenbogen auf dem Tisch ab und sah sie einfach schweigend an. "Wieso hast du dich eigentlich für ein Praktikum hier beworben?" Ich sah sie an. War das ein Schulpraktikum? Ich hatte eigentlich noch viel zu wenige Fragen gestellt. Weiterhin musterte ich sie und legte leicht den Kopf schief.