Riccarda Ann Die Stille legte sich wie ein Puffer auf das Zimmer, es kam einem vor, als würden auf einmal alle nervenden Geräusche abgeschaltet worden sein. Aber genau so eine Stille war noch unerträglicher, insbesondere, wenn man gerade über ein belastendes Thema gesprochen hatte und mit den Gedanken nicht alleine gelassen werden wollte. Nur war halt die elementare Frage, was man schweigend zu zweit in einem Zimmer machen sollte, wenn einem die Worte nicht mehr einfallen wollten, um die Konversation erneut in Gang zu setzen. Es schien einfach besser zu sein, wenn derzeit ein Schweigen zwischen uns ausbrach und niemand mehr etwas sagte, obwohl mir ein paar ablenkende Worte doch gut getan hatten. Irgendwie glaubte ich ja, dass Isaac genauso wenig wie ich wusste, was man nach so einem Gespräch noch groß sagen sollte, weil sich für mich – ich konnte es ja nur aus meiner Sicht sagen – doch etwas geändert hatte. Natürlich liebte ich ihn deshalb nicht abgöttisch und würde ohne ihm keine Minute mehr überleben können, aber er war mir vielleicht doch ein Stück sympathischer geworden… nein, das war nicht die richtige Beschreibung, aber ich fand kein passendes Wort dafür, was die Situation von vorhin geändert hatte. Möglicherweise ja das Verhalten, wie wir mit dem anderen ab nun umgehen würden, aber so schnell konnte man sowas doch nicht machen. Oder? Niemand stellte sich von einer Stunde auf die andere, wegen ein paar, doch recht schwerwiegenden Offenbarungen komplett um und konnte sich auf einmal perfekt an die Angewohnheiten des Gegenüber anpassen. Trotzdem sollte sich beweisen, dass bereits eine kleine Änderung eingekehrt war. Als Isaac nämlich aufstand, was ich gar nicht richtig verfolgte, sondern mehr durch die Matratze zu spüren bekam, die sich mal kurz nicht direkt verschob, sondern halt anders bewegte, und gerade auf den Weg zur Tür war, was ich dann doch wieder beobachtete, weil mich sein Abgang ein wenig interessierte – würde er mit dem altbekannten Hochmut aus dem Zimmer stolzieren oder doch ein wenig in sich gekehrt aus meinem Kämmerchen verschwinden? - bedankte er sich doch tatsächlich bei mir. Im aller ersten Moment hatte ich keinen Plan, wie ich nun darauf reagieren sollte und setzte mich doch wieder ein wenig auf. Das konnte ich im Liegen einfach nicht auf mich wirken lassen, obwohl es eigentlich keinen großen Unterschied machen sollte. Für mich eben schon, auch wenn ich so keineswegs besser verstand „Kein Problem, dafür bin ich ja auch irgendwie da“ meinte ich leise, zurückhaltend, weil ich mir sicher sein konnte, dass er meine Worte dank seines ausgezeichneten Gehörs verstehen würde. Und was sollte ich jetzt machen? Kurz hatte ich den Gedanken, dass ich ihm doch einfach anbot, dass er hier blieb, aber wie sollte ich das schon anstellen? Hey, Bock über die Nacht dazubleiben? na haha, das war mir dann doch ein Stückchen zu steil und ich blieb stumm in dem Bett sitzen, mit dem Blick auf ihn gerichtet, wie er sich aus dem Zimmer begab.
Isaac Ja, da hatte sie wohl mehr oder weniger recht. Als ich ihre Worte vernahm, sah ich nochmal einen Augenblick über meine Schulter hinweg zu der Blondine, wo mein Blick auf ein paar Sekunden noch hängen blieb. Kurz darauf nickte ich nochmal kaum merklich, gab ein eher gemurmeltes "Gute Nacht" von mir und trat dann auch schon aus dem Zimmer. Mir war jetzt grade echt nicht wohl dabei, mich dem Engel mehr oder minder offenbart zu haben. Ich meine klar, es gab noch eine ganze Menge Dinge über mich, von denen sie nach wie vor nichts wusste - was teilweise wahrscheinlich auch besser so war -, aber das, was ich ihr gerade eben alles erzählt hatte, war ja nun doch nicht so ganz unwichtig, würde ich behaupten. Vor allem dann nicht, wenn eben ein Engel die Person war, die mit den Informationen von nun an durch die Gegend lief. Aber sie hatte ja gesagt, sie würde ihrer Familie nichts weiter stecken.. ich ging einfach mal davon aus, dass das auch auf die Dinge zutraf, die erst nach dieser Aussage im Raum gestanden hatten, über die wir uns im Nachhinein noch unterhalten hatten. So schloss ich jetzt die Zimmertür wieder hinter mir und ging mit in den Hosentaschen verstauten Händen den Gang entlang bis zu meinem Zimmer, dass ein paar Türen weiter war. Dort angekommen schloss ich ebenfalls die Tür und schälte mich dann gleich aus den Klamotten - abgesehen von den Boxershorts, die würden anbleiben. Nackt schlafen war zwar auch eine sehr angenehme Sache, aber nunja.. wenn früh morgens aus welchen Gründen auch immer eines der Dienstmädchen oder eben irgendwer anderes in mein Zimmer spazieren würde - ich reagierte nie auf Anklopfen, wenn ich richtig im Tiefschlaf festsaß -, sollte derjenige nicht gleich aus allen Wolken fallen, falls die Decke unvorteilhaft lag, haha. Nunja, aber wie dem auch sei. Für ein paar Minuten verschwand ich noch im Badezimmer, machte mich eben soweit bettfertig und lag kurz darauf auch schon in dem doch schon ziemlich riesigen Doppelbett. Eben zwei auf zwei Meter, die ich in der Länge auch auf jeden Fall brauchte. In der Breite war das nur nötig, wenn ich ausnahmsweise nicht alleine schlief, aber ich hatte wie gesagt nicht oft Frauen mit hierher gebracht, sondern sie zumeist nach Hause begleitet und später einen Abgang gemacht. Jedenfalls dauerte es noch eine ganze Weile, bis ich überhaupt ein Auge zu bekam. Mir schwirrte noch so etliches im Kopf herum, was sich zu Anfang partout nicht verdrängen lassen wollte.
I miss the misery, miss the bad things, the way you hate me. I miss the screaming and the way that you blame me. --- Halestorm - I miss the Misery ---
öhm ^^" das is eine gute Frage... hast du vielleicht Bock, dass Isaac und sein herzensguter Dad mal so richtig aneinanderkrachen, dass es fast zum Kampf kommt? ________
Riccarda Ann Ich wusste noch nicht so ganz, wie ich den Blick über die Schulter von Isaac aufnehmen sollte, denn der war irgendwie alles andere als vielsagend und damit beschloss ich einfach einmal, dass ich dem nichts hineininterpretieren sollte, was dann womöglich eh vollkommener Schwachsinn war. Nur war das halt leichter gesagt als getan. Es war eigentlich fast schon als automatisch anzusehen, dass ich mir sofort Gedanken darüber machte und meine Gedanken in alle Richtungen streifen ließ, was er damit jetzt gemeint hatte. Klar, er musste mir doch ein Stück weit vertrauen, damit er mir diese geheimen Gedanken und Sorgen erzählte, denn so mir nichts dir nichts eröffnete kein normales Wesen seine Sorgen einer anunfürsich ungewollten Person und verabschiedet sich dann auch noch mit einem Dank. Obwohl ich mich trotzdem nicht als seine Verbündete sah, bedeutete es mir ein wenig. Der Blick hatte ebenfalls nicht über die Maßen dankbar oder so gewirkt, aber auch nicht verachtend oder abschätzig, was ich von ihm gewohnt wäre. Wahrscheinlich beschäftigte es mich deshalb so stark, weil ich komplett andere Verhaltensmuster von ihm kannte und das nun den Rahmen des Erwarteten gewaltig sprengte. Um mich mit einem letzten Versuch auf andere Gedanken zu bringen, raffte ich meinen Hintern noch ein einziges Mal für heute auf, damit ich das anliegende Bad irgendwie erreichte und mir dort die Zähne putze und das Gesicht noch einmal wusch. Die Haare wurden ebenfalls mit ein paar Bürstenstriche gezähmt und morgen nach dem Aufstehen würde ich eh wieder ein bisschen Arbeit mit den Locken haben, aber daran wollte ich auch wieder nicht denken. Konnte ich nicht einfach mal so auf Durchzug schalten und keine leise Stimme in meinem Kopf haben, die mich weiter zum Nachdenken anregte? War wohl alles zu viel verlangt, was ich echt nicht nachvollziehen konnte, aber ändern ließ es sich wohl auch nicht, sonst hätte irgendein kluger Mensch auf der Welt ein Patent auf die Idee und es gäbe ein x-beliebiges Mittelchen zu kaufen, damit man mal eine Ruhe vor seinen eigenen Gedanken bekam… boah, was dachte ich da eigentlich? Wie abgedreht musste man denn sein? Kopfschüttelnd sah ich in den großen, am Rand verzierten Spiegel und konnte mein eigenes Seufzen hören. Ich schaute verdammt müde aus, was hoffentlich niemanden wunderte, denn ich war heute früh aus den Federn gekrochen und hatte viel erlebt. Der Tag war startklar beendet zu werden und dafür musste ich mich nur noch in die weichen Polster im Bett sinken lassen und die Decke über die Nase ziehen. Davor zog ich mir noch schnell ein einfaches Top mit einer kurzen Stoffhose an, damit ich dann endlich bettfertig auf die Matratze fallen konnte und wer’s glaub oder nicht, ich fiel augenblicklich in einen ruhigen Schlaf, ohne mir ein einziges Mal über irgendetwas den Kopf zu zerbrechen.
Wusste nun nich ganz wo ich hinspringen soll, hoffe mal das passt einfach so ^^ __________
Isaac Seufz. Irgendwie waren die letzten zwei, drei Tage so gar nicht nach meinen Vorstellungen abgelaufen. Das einzig gute daran war jetzt wohl, dass ich diesen Mistkerl die nächsten Tage über nicht ertragen musste. Fakt war nämlich, dass ein einziger Tag mit großer Sicherheit nicht ausreichen würde, um die vorhandene Wut, die keinesfalls schon verflogen war, abzubauen und loszuwerden. Zumindest ging ich jetzt nicht gerade davon aus, dass die Anwesenheit zahlreicher Engel ideal war, um von der Aggression wegzukommen... aber es war trotz allem immer noch besser, als die nächsten Tage noch meinem Vater jeden Tag begegnen zu müssen. Die Situation spitzte sich einfach immer mehr zu und so war es doch gestern Abend beinahe eskaliert. Naja, was hieß beinahe... es war eskaliert, nur hatten mich ein paar Familienmitglieder glücklicherweise davon abhalten können, in Wolfsgestalt auf meinen Vater loszugehen. Verwandelt hatte ich mich bereits, nur war da dann eine 'Fell-Mauer' gewesen, die sich rechtzeitig zwischen meinem Alten und mir postiert hatte. War dann wirklich nur in allerletzter Sekunde noch verhindert worden, dass ich etwas richtig dummes anstellte. Wobei, nein, in meinen Augen war es nicht dumm, meinen Vater von seinem Thron zu stürzen - es war das einzig Richtige und eigentlich auch unbedingt notwendig. Problem war nur eben, dass ich abkratzen würde, wenn der Kampf nicht absolut zu meinem Vorteil ablief. Zumindest vermutete ich wie gesagt, dass mein Vater noch in Topform war, aber früher oder später würde es soweit sein, dass sch mir niemand in den Weg stellen und ich mich Aggression und Wut hingeben würde. Ob mit folgendem Sieg oder einer Niederlage, das war die unbeantwortete Frage. Und es würde wohl auch keine Antwort darauf geben, bis es so weit war. Jetzt jedenfalls ging ich mit entsprechender Gestik und Mimik - abgesunkene Mundwinkel, sehr angespannte Körperhaltung, die Finger schon zu fest um die Griffe meiner beiden großen Reisetasche gelegt, alles in allem sehr energische Schritte - neben meiner Ehefrau her, zielstrebig auf den Eingang des Schlosses. Dass es hier überall nach Engeln 'stank', machte es mir nicht grade leichter zu entspannen, aber hier würde ich wenigstens mit hunderprozentiger Sicherheit nicht meinem verhasstem Vater gegenüber treten müssen. Also hoffte ich einfach, dass ich hier ein Stück weit mehr Ruhe finden konnte, als Zuhause, auch wenn das sicherlich nicht einfach werden würde.
I look inside and can't forget the way you shot me down, just like an enemy... and that's all you are to me. It's time for you to see what this has done, what you have become. Too blind to see... you are my enemy! --- BURY TOMORROW - Abdication Of Power ---
NEIN, das is unmöglich wie du das geschrieben hast... haha ^^ __________
Riccarda Ann Es war ohne Untertreibung oder so in den letzten paar Tagen schrecklich gewesen. Ganz ohne Witz, ich dachte wirklich, dass ich mich bald mit dem Titel einer trauernden Witwe begnügen dürfte. Es war unvorstellbar, wie schnell auf einmal alles ging, als sich Isaac in den Wolf verwandelte und ein Familienmitglied nach dem anderen den Ernst der Lage verstand. Wahrscheinlich war eh ich unwissender Engel die Einzige gewesen, die null Schimmer gehabt hatte, was als Nächstes kommen würde. War auch ein ziemlicher Schock, als ich mich auf einmal inmitten von vielen behaarten Pfoten und rasiermesserscharfen Zähnen befand. Am liebsten wäre ich unsichtbar geworden oder an einem ganz anderen Platz in dem riesigen Schloss gewesen – einfach irgendwo, wo man mich nicht bemerken würde und wo ich selber auch nichts von dem Fight mitbekam, der jederzeit ausgetragen werden konnte. Gott sei Dank besann sich mein Ehemann durch die Wand der Verwandten wieder und griff seinen Vater nicht vor versammelter Mannschaft an, was sicherlich der Fehler seines Lebens gewesen wäre. Ich ging einfach einmal davon aus, dass sein Dad noch genug Kraft im Körper hatte, um einen aufbegehrenden Wolf niederzumetzeln… Kein schöner Gedanke, vor allem, wenn es Isaac war, der meine einzige Verbindung zu dem Rudel war und ich da in so einer Situation bestimmt nicht so einfach wegkam. Sollte ich schreiend von dem Anwesen rennen, oder wie sollte ich mir das vorstellen können? Aus gegebenen Anlass wurde beschlossen, dass der aufmüpfige Werwolf einfach gleich in die Mitte der Engel kommen sollte und sich dort mal über seinen Rang und all den Familienmist klar werden sollte, weil es so nicht weiter ging. Seine Mutter hätte ja beinahe zu weinen begonnen, als sie das Problem mitbekommen hatte und dennoch war ich mir absolut sicher, dass es auch genug Verwandte gab, die nun feierten, dass der schwierige Kerl vorerst aus dem Haus war und man keine großen Streitgespräche mehr zu verfolgen hatte. Traurig, aber wahr. Blöderweise war es eine unmögliche Sache für mich den Trauerklos zu schieben – nicht nur, weil sich Isaac in der Rolle des unmotivierten, reservierten und missmutigen Gasts anscheinend wohl fühlte – denn ich freute mich so unendlich auf meine Familie. Mit einem breiten Lächeln im Gesicht und meinem Koffer und der Tasche in der Hand spazierte ich unsere Auffahrt entlang und tat so, als wäre ich ein Jahr weggewesen, obwohl es nur ein paar Wochen gewesen sein mussten. Ich hatte die Tage nicht direkt gezählt, weil es mir so oder so lang vorgekommen war. Bei dem großen Eingangstor wartete dann schon mein Bruder mit demselben blonden Haarschopf auf mich und schenkte mir ein breites Grinsen, auf das ich nur antworten musste. Ein paar Bedienstete standen ebenfalls schon parat, die dann auch schon brav ausschwärmten und uns unser Gepäck abnahmen, sodass wir die Hände frei hatten. Ich nutzte die Chance direkt, dass ich meinem geliebten Brüderchen um den Hals fiel, als er die Treppen hinunter gekommen war und nun vor mir stand. Lachend schlang er seine Arme um mich und begrüßte mich, so als wäre der Werwolf vorerst gar nicht da „schön dich wiederzusehen, Kleine“ er drückte mich noch einmal und ließ mir dann auch wieder Luft zum Atmen, indem er sich meinem reizenden Ehemann zuwandte „willkommen…“ na ob man den Worten Glauben schenken konnte, aber immerhin sagte er keinen Mist von wegen Hundehütte oder so. War mal ein kleiner Anfang.
Isaac Sollte nicht allzu lange dauern, bis ich immerhin meine Sachen nicht mehr selbst tragen musste, sondern mir - was für meine Wenigkeit eigentlich aber sowieso vollkommen selbstverständlich war - das Gepäck abgenommen und ich nehme mal an in mein Zimmer getragen wurde. Wo auch immer das war, aber in diesem Moment war mir das ehrlich gesagt auch ziemlich egal. Ich hoffte nur einfach, dass mir auf Dauer der Engelsgeruch hier nicht mehr so massiv auffallen würde, sonst würde das mich der Aufenthalt hier wohl kaum entspannen, sondern viel mehr noch dafür sorgen, dass ich noch gereizter werden würde, als ich es ja ohnehin schon war. Wobei ich fand, dass gereizt noch wirklich sehr mild ausgedrückt war. Ich schätze mal, dass mich kein Engel ansehen konnte - Riccarda vielleicht mal ausgenommen, weil ich an sie inzwischen einfach gewöhnt war -, ohne dass ich es sofort als Beleidigung auffassen und irgendwas Giftiges sagen würde. Nicht, weil ich gegen speziell diesen Engel was haben würde - denn ich konnte sie ja im Grunde alle nicht leiden -, sondern einfach nur, weil er oder sie mich ansah und ich keine Engelsblicke auf mir haben wollte. Allerdings würde ich diesen wohl kaum für den ganzen Tag entkommen können, schließlich war das mein erster Tag hier und ich glaube nicht, dass man mich gerne die ganze Zeit alleine herumlaufen ließ. Mir konnte man ja nicht trauen, bla bla bla... grml. Als wir dann schließlich dem anderen Engel gegenüber traten - ich glaubte zu wissen, dass es Riccardas Bruder war, aber sicher war ich mir da jetzt nun wirklich nicht, weil man die ganzen Lockenköpfe einfach nicht auseinander halten konnte -, wurde meine Laune logischerweise nicht grade besser, aber das war ja zu erwarten gewesen. Ich entgegnete ein schlichtes, bemüht neutral klingendes "Hi", wobei man meine miese Laune wohl sicherlich noch gut raushören konnte, wenn man ein Wolf oder eben ein Engel war. Inzwischen kümmerte es mich kein Stück mehr, was Riccarda von dem Gespräch neulich an irgendwen weitergeben würde und was nicht. In meinem Kopf schwirrte fast ausschließlich der Hass auf meinem Vater herum und es war wirklich fragwürdig, mit was man den verdrängen konnte.
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Riccarda Ann Ich fühlte mich ausgezeichnet, was man von den anderen Personen in meiner unmittelbaren Umgebung nicht direkt sagen konnte. Mein ältester Bruder sah ein wenig reserviert zu dem Werwolf hinüber, der ebenfalls alles andere als begeistert aus der schwarzen Wäsche schaute. Ja alter, man konnte es eben nicht allen recht machen und nun bin ich einmal Diejenige, die das Glück hatte und alles nach ihrem Willen lief. Meine gute Laune lag wohl auch daran, dass ich endlich aus diesem erdrückenden Haus der anderen Adelsfamilie entkommen war und mir nun keine Sorgen mehr um irgendwelche Machtkämpfe oder was auch immer machen musste. Da fiel doch eine ganz schöne Last von meinen schmalen Schultern und ich war froh, dass ich nun ein wenig mehr Gesellschaft hatte, mit der ich sicherlich um Häuser mehr zu reden finden würde, als ich mit Isaacs Mutter gefunden hatte, denn mit der waren die Gespräche am angenehmsten gewesen, weil sie mit den wenigsten Vorurteilen auf mich zugegangen war. Naja, konnte mir auch wieder egal sein, denn ich hatte meinen Willen durchgesetzt… naja, direkt meine Entscheidung war es nicht, sondern die von allen, dass es besser wäre, wenn wir schon so bald wie möglich verschwinden würden und meine Eltern hatten es freudig aufgenommen, dass sie ihre einzige Tochter nicht länger beim Feind wissen mussten. Bitte, hier war ich! Aber von meinen Eltern war weit und breit nichts zu sehen, was ich nun doch irgendwie erklärt haben wollte. Als wüsste mein Bruder schon, dass ich eine Frage auf der Zunge liegen hatte, sah er mich abwartend an und überlegte dann kurz „Unsere Eltern haben gerade Besuch von unbeschreiblich wichtigen Menschlein“ der Sarkasmus war nicht zu überhören und ich konnte nur wissend grinsen. Meine Geschwister und ich machten uns gerne einen Spaß über die Besuche der normalen Bevölkerung und wie sie versuchen mit Geschenken und Angeboten die Gunst meines Vaters zu erschleimen. Nur durften wir niemals unsere Belustigung vor den besagten Menschen zeigen, denn sonst würden wir uns nicht das genervte Grinsen unseres Vaters, sondern die geballte Kraft der Politik mit all ihren Tücken gefallen lassen müssen. „Uh, hoher Besuch“ hatte ich darauf noch zu sagen und schaute mit einem Blick zu Isaac, der noch ein wenig unschlüssig war „soll ich dir dein Zimmer zeigen oder willst du gleich abhauen?“ war eine einfache Frage und nein, ich wollte ihn nicht so schnell wie möglich loswerden, aber er sah mir ganz danach aus, als sollte er sich mal für ein paar Stunden abreagieren gehen.
Isaac Die Hände hatte ich mittlerweile in die Hosentaschen geschoben. Nicht, weil ich besonders lässig oder gar cool wirken wollte, sondern einfach nur, damit hier jetzt grade niemand sah, wie ich ab und an zwischendurch die Hände zu Fäusten ballte. Ich glaube, bis ich hier zur Ruhe kam, würde es auch noch einige Zeit dauern, obwohl mein Vater hier glücklicherweise absolut nichts zu suchen hatte. Würde der hier jetzt aufkreuzen, dann... naja, wahrscheinlich wollte ich gar nicht wissen, wie das dann ausgehen würde, ganz sicherlich jedenfalls ziemlich blutig und für mich mit hundertprozentiger Sicherheit auch schmerzhaft. Wunden eines Alphas heilten wesentlich langsamer als sämtliche andere Verletzungen und ich würde sie wohl lange mit mir herum schleppen, aber im Moment war ich wohl wirklich so wütend auf meinen Vater wie noch nie. Ob sich das durch ein bisschen Jagen wenigstens ein klein wenig eindämmen ließ? Für ein paar Minuten mit Sicherheit, aber ich zweifelte ein wenig daran, dass es auf Dauer was bringen würde. Jedenfalls würde ich mich auf der nächsten Jagd wohl in sadistischer Hinsicht richtig austoben. Mir würde sehr wahrscheinlich wieder ein Reh zum Opfer fallen und ich würde wohl alles dafür tun, es vorher leiden zu lassen und anschließend kaltblütig meine Wut daran auslassen... war nur fragwürdig, ob danach überhaupt noch irgendwas richtig essbar davon war, aber notfalls wurde dann eben noch ein zweites Reh erlegt, an Kraft und Energie dafür mangelte es mir ja weiß Gott nicht. Darauf kam Riccarda ja dann auch zu sprechen - ob ich mich zuerst ein wenig verziehen oder mein Zimmer sehen wollte, hm. Eigentlich müsste Letzteres ja schnell erledigt sein, also konnte das noch zügig vorher hinter mich gebracht werden und danach hatte ich dann erstmal Narrenfreiheit, konnte mich draußen ausleben. Hatte ich auch bitter nötig, ich hatte das Gefühl, dass sich noch mehr ungenutzt Energie in mir aufgestaut hatte, als es sonst der Fall war. "Erstmal das Zimmer anschaun.." gab ich nur leicht gegrummelt von mir. Was Riccarda mit ihrem Bruder vorher bequatscht hatte, war gar nicht wirklich bis zu mir durchgedrungen. War aber sicherlich auch nichts Wichtiges gewesen, also fragte ich auch nicht nach, was die beiden nun beredet hatten. Mein Blick hing jetzt jedenfalls an keinem von beiden fest, sondern wanderte durch den Eingangsbereich.
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Riccarda Ann Fand ich auch gut. Immerhin hatte ich ihm nicht umsonst die Entscheidung gelassen, denn mir war es wirklich gleich. Keiner der Familienangehörigen würde mir groß weglaufen, weshalb die bestimmt noch ein paar Minütchen auf mich warten konnten, da es bestimmt nicht lange dauern würde und Isaac wird seine Ruhe danach haben wollen. „Gut, dann zeig ich dir das mal schnell“ also ich hatte wirklich eingeplant, dass das nicht viel Zeit in Anspruch nehmen würde, aber es konnte natürlich auch immer alles ein bisschen anders kommen, da meine Pläne im Grunde nie wirklich so aufgingen, wie ich es mir zuerst noch so gut organisiert hatte. Vielleicht lag das an meiner Unfähigkeit für Planungen oder an was auch immer… schlichtweg war zu sagen, dass man mir niemals die Verantwortung für ein großes Projekt geben sollte, denn damit würde man es direkt zum Scheitern verurteilen. Zum Glück konnte es ja nicht so schwer werden, einen Werwolf durch das Engelsschloss zu führen und in sein Zimmer zu bringen, damit ich danach zu meinem anderen Bruder schauen konnte. Der Ältere von beiden hatte sich mit einem Nicken an Isaac und ein Lächeln an mich verabschiedet, sodass er seinen Tätigkeiten bei was auch immer nachgehen konnte. Er war der Nachkomme, der in die Fußstapfen unseres Vaters treten sollte und schon ziemlich in das politische und wirtschaftliche Leben gerutscht war, weshalb er mir seit geraumer Zeit schon so richtig erwachsen vorkam und nicht mehr wie der Kerl, mit dem ich mich vor der Mutter wegen irgendwelchen Blödsinn verstecken musste. „Ich hab dir ein Zimmer nach hinten zum Garten ausgesucht, damit du im Notfall auch aus dem Fenster kannst, falls du raus willst, aber im Haus niemanden über den Weg laufen möchtest“ Jaja, ich hatte daran gedacht, dass er nicht immer die Tür bevorzugte und auch kein Problem damit hatte, mal das Fenster zu verwenden, obwohl unsere Fassade bei weitem nicht so brüchig wie die der Werwolfvilla war. Eben gut in Schuss, dafür sorgten eigentlich so ziemlich alle zusammen. Drinnen im Schlösschen kam uns ein kühler Luftzug entgegen, der sich dann aber schnell irgendwo verlor und das beschäftigte Lärmen drang von allen Seiten zu uns in die Vorhalle. In meinem Zuhause war es niemals still – höchstens mitten in der Nacht und selbst da konnte man hin und wieder ein paar Bedienstete werken hören, wenn sie gerade Überstunden schoben oder sich sonst irgendetwas durch diese Extraarbeiten erwarteten. Grinsend lief ich dann auch schon mit beschwingten Schritten die Marmortreppe auf der rechten Seite der Halle hinaus, obwohl man ebenso links die Stufen nehmen konnte. Lief aufs Selbe hinaus, der Gang dahinter war lichtdurchflutete und war nicht gerade lang, sondern teilte sich nach zirka zwanzig oder dreißig Metern in einen Flur links und einen Flur rechts. Ich schlug den rechten an, weil es dort zu den geräumigeren Schlafzimmern ging und achtete nur nebenbei darauf, ob er mir eh nachkam oder irgendwo stehen blieb, was ich aber weniger annahm.
is jetz ziemlich kurz, sorrey q.q aber krieg grade einfach nichts zusammen ^^ ___
Isaac Gut, also dann erstmal das Zimmer besichtigen gehn und dann am besten gleich einen Abgang durchs Fenster machen - Riccarda war ja so liebenswürdig gewesen, mir ein Zimmer zu arrangieren, welches sich wohl an der Hinterseite des Hauses befand. So musste ich nicht unnötig vielen Engelsgesichtern über den Weg laufen, war wohl bei meiner aktuellen Laune wirklich auch besser so. Und wer wusste schon, wann die wieder eine Kurve bergauf, anstatt weiter nur bergab machen würde? Voraus ahnen oder gar planen konnte das niemand, ja nicht mal ich, weshalb es einfach günstig war, wenn ich mich ohne viele Engel und Umwege nach draußen flüchten konnte, wenn mir das alles zu viel wurde. Ersparte nicht nur mir, sondern auch dem Rest hier weiteren Ärger, der mich nur weiter pushen würde - im negativen Sinne, versteht sich. "Sehr gut." sagte ich - allerdings mehr zu mir selbst -, während ich Riccarda die Treppen nach oben folgte und schließlich auch hinter ihr den Gang entlang ging. Alles in allem war es hier ja irgendwie schon ziemlich hell, was ungewohnt war. Ich war die düstere Atmosphäre meines Heimatschlosses gewohnt und da war das hier eine ziemlich krasse Umstellung. Konnte man auch wieder negativ sehen, andererseits aber half mir das vielleicht auch, mehr Abstand von den Gedanken an meinen Vater zu kriegen, was ich ja im Moment so dringend brauchte. Ich hoffte einfach mal, dass es mir auf Teufel komm raus irgendwie gelingen würde, nicht mehr dauerhaft im Kopf zu haben, meinem Vater das Licht auszuknipsen, ihm das Genick zu brechen, die Kehle aufzuschlitzen, das Herz rauszureißen... ja, ich dachte schon wieder zu intensiv darüber nach, wie ich ihn am besten umbringen würde. So grummelte ich ganz leise unverständliches Zeug vor mich hin, den Blick dauerhaft auf den Boden gerichtet.
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Riccarda Ann Er brauchte wirklich nicht glauben, dass ich das Zimmer allein für ihn so gewählt hatte. Mir war bewusst gewesen, dass er hier nicht gerne sein würde und niemand von meiner Familie wollte ihn eigentlich in den eigenen Reihen sehen, weshalb ich ihnen so ebenfalls den unerwünschten Anblick des missmutigen Werwolfs ersparte und allen etwas Gutes tat. Daher wohl auch meine hervorragende Laune, da ich mich wirklich als so etwas wie eine Friedensstifterin sah, die eben auf ihre eigene Mittelchen zurückgriff, damit auch alles klappte, wie sie es sich vorstellte. Zufrieden bog ich dann schon um die nächste Ecke und drückte dann schon eine weiße Holztür zu einem der großen Zimmer mit Balkon auf. „Ich hoffe dir gefällt es, weil du auch so eine Art kleine Terrasse für dich hast, wo dir bestimmt niemand auf den Nerv gehen wird, wenn du eine rauchen willst oder was auch immer. Sonst sollte ich dir vielleicht noch sagen, dass meine Eltern es nicht gerne sehen, wenn in dem Gebäude geraucht wird. Falls du dennoch das dringende Bedürfnis danach verspüren solltest, dann kannst du in den Salon runter gehen. Da treffen sich die meisten immer erst am Abend.“ Gab ich ihm noch mit auf den Weg und drehte mich einmal um die eigene Achse, damit ich genauso zügig zum Ausgang zurück kam und nach draußen schauen konnte. Mich zog es dann doch nur halb so stark zu meinen Eltern, die ja anscheinend Gäste hatten, wie zu den Pferden hinten in den weitläufigen Stallungen. Auf die hatte er übrigens auch einen netten Ausblick, wenn er die Augen ein bisschen bereit war anzustrengen. Wir wollten den gereizten Isaac aber mal nicht überfordern, weshalb ich dann schon leise den Weg zur Tür antrat und im Hinausgehen dann doch noch einmal stehen blieb, weil ich etwas vergessen hatte „Falls du etwas brauchst oder so, ich bin im Moment noch draußen, aber du kennst denn Weg in den Garten ja bereits“ ich grinste dann noch einmal leicht, auch wenn ich mir das möglicherweise hätte sparen können und schloss dann rasch, aber dennoch leise die Tür hinter mir, sodass ich wieder alleine in dem hellen Flur stand. Aufatmend und breit grinsend strich ich mir eine verirrte Haarsträhne aus dem Gesicht und suchte mir schon den schnellsten Weg hinaus zu den Pferden. Vorher blieb ich aber noch einen kurzen Augenblick auf der großen Terrasse hinterm Haus stehen und sah einfach nur auf die Parkanlage, die in all ihren Farben blühte. Schön wieder daheim zu sein. Mein Körper sprudelte nur so voller Glückshormone und Euphorie.
Isaac Ach, verdammt... ich hatte die Kippen vergessen. Ich wusste, dass ich irgendwas in dem hektischen Aufbruch Zuhause hatte liegen lassen. Irgendwas, worauf ich manchmal nur ungern verzichtete und hier, wo ich zwischen den ganzen Engeln weiß Gott nicht stressfrei leben konnte, wäre eine Kippe ab und an echt eine schöne Sache gewesen, die für ein oder zwei Minuten ganz gut ablenkte. Aber darauf musste ich wohl erstmal verzichten und mir bei Gelegenheit noch eine neue Schachtel holen gehen. Würde sich sicher irgendwo in der Nähe ein Zigarettenautomat finden lassen, ich hoffte es jetzt einfach mal. "Keine Sorge, ich wär nicht auf die Idee gekommen drinnen zu reichen. Mir hängt der Geruch sonst dauerhaft in der Nase." grummelte ich nur vor mich hin. Es war einfach eine Art unzufriedenes Gemurmel, was ich da von mir gab. Aber grade in 'meinem' Zimmer zu rauchen käme nicht in Frage. Hier würde ich mich die nächsten Tage viel aufhalten und ein dauerhafter Kippengeruch war da auch unschön, meiner Meinung nach zumindest. Einen Kettenraucher hätte das nicht gestört. Und dann war Riccarda aber auch schon weg - offensichtlich zu den Pferden verschwunden. Was auch immer sie an diesen Viechern fand... für mich waren sie nur eins: Potenzielle Beute. Wäre eine schöne Abwechslung zu den Rehen, mit denen ich mich sonst begnügte, aber ich würde hier wohl kaum auf Anklang stoßen, wenn plötzlich eines der Pferde fehlte und womöglich auch noch eine Blutspur quer durch den Stall verlief. Mal davon abgesehen, dass ich sämtliche Viecher da in Panik versetzen würde, allein durch meine bloße Anwesenheit. In Wolfsgestalt wohl mehr als in menschlicher Gestalt, aber auch wenn ich auf zwei Beinen dort auftauchen würde, wären sie mehr als nur ein wenig misstrauisch mir gegenüber. Raubtier eben, nunja. Ich beschloss, mal kurz auf den Balkon zu gehen. Tat ich dann auch ohne große Umschweife und ließ von dort aus den Blick ein wenig schweifen. So ziemlich das einzig interessante, dass ich sah, war Wald.
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Riccarda Ann Eigentlich fühlte ich mich wirklich gut, weil ich nun nach einer gefühlten Ewigkeit und mehreren angebrochenen Diskussionen später wieder daheim unter Gleichgesinnten war, die sich nicht den Tag mit Zoff verschönerten, sondern gelangweilt die Nachrichten schauten oder Karten spielten, was auch immer, sie beschäftigten sich auf jeden Fall normal. Nur konnten selbst diese alltäglichen Beschäftigungen nach einer Zeit sehr… eintönig und anstrengend werden, wenn man immer mit denselben Personen zu tun hat und nie nach draußen ausweichen kann, weil das Wetter dort einmal einen auf Weltuntergang machen wollte. Das Gewitter war nur am ersten Tag so schrecklich gewesen, dass ich mich mal bei meinem Bruder im Zimmer aufgehalten hatte und keinen Meter von seiner Seite gewichen war, dennoch war diese eine Nacht die aller schlimmste, längste und einfach unerträglichste gewesen. Zwar nicht so schlimm wie damals in den Flitterwochen, als ich mir die Panik weggetrunken hatte und einen anderen Mist dafür angezettelt hatte, aber darauf wollen wir jetzt nicht näher eingehen. Auf jeden Fall regnete es nun schon seit geschätzten zwei Tagen durch und so groß konnte das Schloss gar nicht sein, dass man sich nicht ständig über den Weg lief, wenn man nicht gerade im eigenen Zimmer vergammeln wollte. Dementsprechend gespannt war die Lage bereits den ganzen Tag und beim Mittagessen kam es dann zu der aller ersten Meinungsverschiedenheit zwischen meinem zweiten Bruder und Isaac, die etwas lauter wurde und darauf hinauslief, dass ein ziemlicher Trubel um diese unnötige Sache gemacht wurde und schlussendlich noch immer alle vollkommen aufgebracht waren. Selber hatte ich fertig gegessen und war dann aufgestanden, denn wer stritt sich denn schon wegen den Vorlieben beim Essen? Es lief eigentlich nur darauf hinaus, dass meinem Bruder es nicht gepasst hatte, wie Isaac neben mir gegessen hatte und er es als Beleidigung ansah, wenn mein Ehemann so abschätzend damit umging und was nicht alles scheiße an ihm war. Mir kam es vor, als würde der ganze gesammelte Frust einmal raus müssen und an einem Sündenbock, also dem einzigen Werwolf hier, ausgelassen werden. Zu Anfang sehr amüsant, aber danach einfach nur extrem mühsam, weshalb ich mich so schnell wie möglich auf mein Zimmer verziehen wollte. Dort konnte ich aber nur zu leicht wieder mitgerissen werden, dass ich doch etwas mit unternehmen sollte… sprich irgendwo bei einem wahnsinnig – uninteressanten – wichtigen Gespräch mithören und mir eine Meinung bilden sollte oder doch lieber von den jüngeren Engeln zum Spielen animiert werden würde, damit ich dann absichtlich verlieren müsste, damit kein Ego verletzt wurde und der nächste Streit vom Zaun brach. Wir alle waren ein wenig unrund und konnten es nicht lange aushalten, wenn wir immer und immer wieder aufeinandertrafen und es einfach keine Abwechslung gab. Mit einer verwaschenen Röhrenjeans, einem dünnen Pullover und einer leichten Regenjacke hatte ich die Flucht ergriffen und war zu dem Stall weiter hinten am Grundstück gegangen, damit ich mich dort ein wenig entspannen konnte und mir nicht immer dasselbe anhören musste, obwohl ich doch eh nie Interesse in Wirtschaft und Politik gezeigt hatte. Boah, sowas nervte mich einfach nur abgöttisch… daher einfachste Entscheidung: Gespräche vermeiden und zu den Tieren gehen, denn die sprachen für gewöhnlich nicht und waren daher nicht so extrem aufmerksamkeitssuchend unterwegs. Ich wollte einfach nur meine Ruhe haben. Das stetige Prasseln des Regens am Dach wirkte entspannend und geriet nach einer Weile in den Hintergrund, während ich gedankenverloren begann eine junge Stute zu striegeln. Eine Beschäftigung, die Wunder wirken konnte, wenn man aufgebracht und unausgeglichen war.
so viel dann zu du kriegst nichts zusammen, so viel werd ich dir jetz wahrscheinlich nich zurück geben können XD ______
Isaac Man sollte es von mir aus einfach nur Pech nennen, aber heute war alles andere als mein Tag. Ich meine, ja, eigentlich konnte bei meiner fast dauerhaft mürrischen Art und Laune auch sagen, dass nie wirklich 'mein Tag' war, aber der heutige Tag hätte wohl nicht beschissener sein können. Zuerst mal war ich wirklich so halb aus dem Bett gefallen, als mein Handy geklingelt hatte. Hatte mich im Schlaf wohl einfach zu nah an die Kante gerollt und ich hatte sowieso allgemein auch total unruhig geschlafen, war ständig zwischendurch aufgewacht. Soweit so gut, das hätte ich noch gut verkraften können, weil es nicht mal dazu kommen würde, dass sich ein blauer Fleck an meinem Hinterkopf bildete, aber als ich dann im Bad gewesen war, mir den Dreitagebart ein wenig hatte stutzen wollen, schaffte ich es tatsächlich noch irgendwie, mir dabei die sonst so makellose Haut aufzureißen - nur wenig, ein minimaler Einschnitt, der inzwischen vielleicht auch kaum mehr zu sehen war, aber sowas nervte doch einfach nur. Weil ich einfach die ganze Zeit über recht müde gewesen war - wie gesagt, mangelnder Schlaf -, stolperte ich dann noch beim anziehen meines Shirts über die noch nicht ganz ausgepackte Tasche und wär dabei fast hingefallen, gleichzeitig hatte ich mich noch schön an einer der Ecken an der Bettkante gestoßen. Alles in allem also ein eher weniger perfekter Start in den Tag. Aber als wären sämtliche Alltagsmissgeschicke nicht genug gewesen, hatte es offenbar einer von Riccardas Brüdern während des Essens auf mich abgesehen und so blieb auch diese nervige, einfach nur unnötige Diskussion nicht aus. Mein Gott, es hätte wirklich nicht mehr schiefgehen können an diesem Scheißtag. Naja, das dachte ich zumindest zum jetzigen Zeitpunkt noch. Inzwischen hatte ich mich in meinem Zimmer verbarrikadiert, wollte die Schachtel Zigaretten vom Schreibtisch nehmen, die ich mir gestern - in einer kurzen Regenpause - besorgt hatte nehmen, um mir eine Kippe zu genehmigen, aber die Schachtel musste natürlich runter fallen. So grummelte ich gereizt vor mich hin und kniete mich kurz hin, um die unter den Schreibtisch gefallene Schachtel wieder hochzuheben, aber auch das sollte nicht schmerzfrei ablaufen. So dockte ich mit dem Hinterkopf an der Tischkante an, stand anschließend auf und hätte echt am liebsten einen einzigen, aber verdammt lauten Schrei von mir gegeben. Ehrlich, da war es Zuhause fast noch angenehmer gewesen. Die letzten beiden Tage hier waren aushaltbar gewesen, aber heute lief echt nichts so, wie es sollte und so war das Maß jetzt doch gewissermaßen langsam voll. Mit einem wütenden Knurren donnerte ich die Zigarettenschachtel ein weiteres Mal - diesmal absichtlich - auf den Boden und ging dann ohne jegliche wetterfeste Kleidung nach draußen auf den Balkon, ließ die Tür hinter mir unachtsam offen und sprang einfach nach unten in den Garten. Trotz des starken Regens kam mir sofort der Pferdegeruch in die Nase, allerdings vermischt mit Riccardas' und so schwenkte ich noch kurz zu den Stallungen rüber. Ich ging nicht rein - wollte in meinem jetzigen Zustand erst recht keine Panik auslösen -, sondern sah lediglich vom Eingangstor aus mit funkelnden Augen hinein. Einige Pferdeköpfe verzogen sich rasch nach hinten in ihre Boxen, andere wiederum gaben kurz ein unruhiges Brummeln von sich. Sobald ich aber einen Blick auf den Engel erhascht hatte, zog ich weiter und nahm mir fest vor, im Wald jetzt ganz ordentlich Unruhe zu stiften. Metzeln was das Zeug hielt und alles nieder machen, was mir über den Weg lief... und sei es nur ein verdammter Hase. Tot. Alles einfach nur TOT. Sobald ich also den Waldrand erreicht hatte, wechselte ich in meine vierbeinige Version.
I look inside and can't forget the way you shot me down, just like an enemy... and that's all you are to me. It's time for you to see what this has done, what you have become. Too blind to see... you are my enemy! --- BURY TOMORROW - Abdication Of Power ---
hat mich eh ziemlich verwundert, wenn ich ehrlich bin ^^ ____________
Riccarda Ann Ich kannte jedes einzelne diese Tiere in und auswendig, weil ich speziell als junges Mädchen jede freie Minute hier verbracht hatte und mich jede Woche auf ein andere spezialisieren wollte, da ich mich nie entscheiden konnte und daher immer mal einen kleinen Streit anfangen musste, weil ich schon wieder auf einem anderen sitzen wollte. Mittlerweile waren wir ja so weit, dass mein Trainer, ein Cousin dritten Grades mütterlicher Seite, alle Widersprüche aufgegeben hatte und mich sogar darin bestärkte viele verschiedene Pferde zu bewegen, denn dann müsste er erstens weniger machen und zweitens war das eh gut, wenn ich nicht immer auf einem Tier klebte. Demnach kannte ich mich auch recht gut mit der Körpersprache dieser sensiblen Pferdchen aus und spürte selber, wie die Unruhe durch die Boxenreihen ging. Überrascht sah ich mich von einem Tier zum nächsten um, wie sie sich entweder mit der Hinterhand zum Stalleingang drehten oder einen missmutigen Blick in die Richtung schickten, sich dann aber doch nur feige zurückzogen. Das Verhalten machte mich doch ein wenig stutzig, aber bald schon konnte ich den Auslöser erkennen und es war niemand anderes als mein ach so geliebter Ehemann, wie er da mit tropfenden Haaren beim Tor reinschaute. Wegen meinem Wohlbefinden war der Typ bestimmt nicht da, weshalb ich ihn mit einer Mischung aus Misstrauen und Verwirrung ansah, aber da verschwand er auch schon wieder und augenblicklich legte sich die angespannte Atmosphäre im Stall. Bis auf ein paar ganz schreckhafte Tierchen drehten sich alle wieder richtig herum und warteten darauf, dass sich auch jemand mit ihnen beschäftigte, denn bei so einem miesen Wetter war die Bewegung zwar ausreichend, aber auch nicht das Gelbe vom Ei. Gedankenverloren striegelte ich die eine Stute auf Hochglanz und schaute mich dann nach einer weiteren Arbeit um. Auf Ausmisten hatte ich herzlichst wenig Lust, denn das konnten ruhig die Stallburschen machen. Schon klar, dass das zum Teil auch meine Tiere waren und ich mich deshalb auch mit der weniger erfreulichen Arbeit auseinandersetzen sollte, aber wozu bezahlten wir diese einfältigen Menschen, wenn sie sich darüber freuen, denn Dreck unserer Pferde tagtäglich wegzuräumen? Ich wollte ja niemanden die Freude des Tages nehmen. Als hätte jemand von den Bediensteten meine Gedanken gehört, kam auf einmal ein junger Kerl mit schokoladenbraunen Haaren, die von einer blauen Kapuze halb verdeckt wurden, und einer Scheibtruhe in den Stall gestiefelt und schien sich gerade an die Arbeit zu machen. Unschlüssig blieb ich noch vor der sorgfältig geschlossenen Box der Stute stehen und sah mir dann die alte Schrift auf der Tür an. Jaja, hier stand das Pferd, das von Isaac damals im Wald so kaltblütig zur Strecke gebracht wurde und das verzieh ich ihm bestimmt nicht mehr. Ersatz wurde schnell gefunden, aber dasselbe Tier konnte mir niemand zurückgeben. Ich stellte mich dann vor die Entscheidung, ob ich mich da drinnen weiteren Auseinandersetzungen stellen wollte oder doch lieber hier bei den ruhigen Tieren bleiben sollte. War schnell entschieden und ich verlor so jeglichen Überblick über die Zeit, als ich mich mit dem Striegel in der Hand durch ein paar Boxen durcharbeitete. Der Regen als leise Hintergrundmusik, das Schnauben der Pferde und das Schaben der Schaufel des Arbeiters als Nebengeräusche, die zwar da waren, aber nicht weiter wichtig waren.
Isaac Eigentlich ging ich von vornherein davon aus, dass mir das Jagen wenigstens für einige Minuten die dringend benötigte Entspannung bringen würde. Es war heute schon so viel schief gelaufen, dass meiner Meinung nach einfach schon gar nicht mehr ging. Es sollte mich auch eigentlich nicht wundern, dass hier im Wald doch deutlich mehr Tiere ihr Leben dahin lebten, als in dem Waldgebiet, welches unmittelbar an das Schloss meiner Familie angrenzte. Das hier war - nehme ich mal an - kein Jagdgebiet und so würde das Engelspack wahrscheinlich auch noch genauestens Acht darauf geben, dass es auch ja für jedes Tier genug Nahrung gab, dass sich alle pudelwohl fühlten... zutrauen würde ich es diesen Vollidioten auf jeden Fall, wundern würde es mich definitiv nicht. Was das anging, hätte ich mich wohl wirklich nicht mehr von ihnen unterscheiden können. Wobei ja ohnehin allgemein nur wenig Gemeinsamkeiten vorhanden waren, wie auch immer. Ich versuchte den Kopf jetzt bestmöglich abzuschalten und fühlte mich zumindest schon mal einen Hauch besser, als ich dem ersten Hasen das Leben aus dem Körper genommen hatte. Das Knacken, als wohl sämtliche Knochen brachen, war wie Musik in meinen Ohren gewesen, einfach nur angenehm. Das würde aber noch lange nicht ausreichen, um meinen Blutdurst zu stillen und die Aggressionen ein wenig zu lindern, weshalb ich - ohne das Fleisch des Hasens auch nur anzurühren - zu vollem Lauf ansetzte und mich immer tiefer in den Wald vorarbeitete. So ging das wohl ungefähr eine halbe stunde. Ich hatte nicht mitgezählt, wie viele Tiere ich denn nun erlegt hatte, aber es waren etliche und den Großteil davon hatte ich nicht angerührt, um zu fressen. So hatte ich ein paar Aasfressern, oder zum Jagen unfähig gewordenen Tieren sicherlich einen Gefallen getan. Hach, war ich nicht sozial? Haha. Ich hatte zuletzte noch einen Hirsch erlegt und das sollte auch der letzte tote Kadaver für heute sein, weshalb ich mich - zumindest ein Stück weit weniger angepisst als noch vor ein paar Minuten - über den Körper des Tieres her machte und einige große Fleischbrocken hinunter schlang. Das Blut schmeckte genauso gut wie immer und ich hätte mich eigentlich nicht darüber beschweren sollten, weil es zweifelsohne gut war, aber wie schon gesagt war es halt nunmal einfach so wie immer und nichts sonderlich Spannendes oder Unterhaltsames mehr. Es linderte zwar Wut und Aggressionen, die in mir vorgingen, und stillte meine Gier nach Blut, Tod und rohem Fleisch, aber der Blutrausch erlosch wohl doch von Mal zu mal ein wenig schlimmer. In doch eher tiefgründige Gedanken beim Fressen versunken bekam ich dann gar nicht mit, dass ich nicht mehr alleine war. Erst durch das Knacken eines morschen Astes wurde ich hellhörig und drehte den Kopf zur Seite. Sofort verfinsterte sich mein wölfischer Gesichtsausdruck ein Stück weit und ich setzte zur Vernichtung des Augenzeugens an. Jedoch hatte der gute Mann offenbar nicht vor, mich nur still schweigend zu beobachten, sondern mich als Trophäe an die Wand hängen zu wollen, denn keine drei Sekunden später traf mich die Kugel aus seinem Gewehr. So viel dann zu es konnte nicht mehr schlimmer werden... für einen Moment ließ mich das zu Boden gehen, aber es waren scheinbar weder Knochen, noch Sehen oder Organe betroffen und so riss ich dem Typen die Kehle heraus noch bevor er nachladen konnte. Menschliches Blut war besser als tierisches und dieses hier schmeckte ganz besonders süß nach Rache, aber das änderte nichts an den gottverdammten Schmerzen! Ich verwandelte mich mit verzogenem Gesicht zurück in meine menschliche Gestalt und machte mich kurz darauf daran, die Kugel aus dem Fleisch oberhalb meiner rechten Hüfte zu ziehen. Das blutverschmierte Metallstück wanderte auf den Boden, bevor ich den Heimweg antrat... naja, Heimweg war in diesem Fall nicht ganz richtig. Sicher war, dass ich mir jetzt irgendeine andere Beschäftigung suchen musste, um von der erneut aufwallenden Aggression und Wut runterzukommen, weil mir die Jagd ja nun auch gründlichst verdorben worden war und eigentlich fiel mir da auch nur eine einzige Sache ein. Entschlossen, aber dennoch durch die Fleischwunde behindert brauchte ich für den Rückweg wohl doch länger als dreißig Minuten. Als ich schließlich in der Ferne zwischen den Baumstämmen wieder eine häusliche Fassade erkennen konnte, beschleunigte ich meine Schritte aber, einfach über den Schmerz hinweg sehend.
I look inside and can't forget the way you shot me down, just like an enemy... and that's all you are to me. It's time for you to see what this has done, what you have become. Too blind to see... you are my enemy! --- BURY TOMORROW - Abdication Of Power ---
Riccarda Ann Die Zeit war rasend schnell vergangen. Ich hatte eigentlich nicht vorgehabt jedes Pferd zu putzen und die Hufe auszukratzen, aber nachdem ich die Staubpartikel aus dem weichen Fell der meisten Tiere rausbekommen hatte und dann noch immer nicht die Überwindung gehabt hatte, dass ich mich zu den anderen Familienmitgliedern gesellte, hatte ich einfach einmal mit dem Hufauskratzen begonnen und dabei immer wieder fragende Blicke des Bediensteten zu spüren bekommen. Anscheinend war er es nicht gewohnt einen Engel zu sehen, der sich freiwillig die Hände dreckig beziehungsweise staubig machte, da wir doch viele eitle Ziegen in der Verwandtschaft beherbergten, die nicht einmal im Umkreis von einem Kilometer an ein Tier herantraten ohne mit gerümpfter Nase und einer abfälligen Bemerkung aufzufallen. Nein, das war ich echt nicht und so musste ich eben die nachdenklichen Blicke auf mir ertragen können. Vielleicht sah er mich auch nur so intensiv an, weil er Angst hatte, dass ich von seinem kleinen Geheimnis wusste. Tja, schon dumm gelaufen, wenn man eine sehr redefreudige Cousine hatte, die einfach den Mund nicht halten konnte und seine Leistungen im Bett an jedes junge Mädchen im Clan weitererzählen musste. Ich war damals richtig schockiert gewesen, als sie mir von ihrem Abenteuer mit dem Stallburschen erzählt hatte. Wie sie es ihm Stroh getrieben hatten und es aber nie jemand bemerkt hatte. Ich wusste noch, dass ich ihr hoch und heilig versprechen musste, dass ich es keiner Menschenseele verraten würde und auch meine Eltern nichts davon erfahren würden, wenn nicht, musste ich wahrscheinlich bitter büßen und es noch bis heute bereuen, dass ich meine Klappe nicht halten konnte. Zum Glück war ich nun mal so verlässlich und hatte es immer brav für mich behalten, obwohl mein Verhältnis dadurch nicht gerade gestärkt wurde, ich erst einmal Abstand zu meiner Cousine wollte und nicht wusste, wie ich mit diesen Informationen umgehen sollte. Mit der Zeit kam ich aber an dem Punkt an, wo ich es einfach nur witzig fand und auch in dieser Situation musste ich mir ein wissendes Grinsen verkneifen, indem ich mir mit den Zähnen auf die Innenseite der Wangen biss und dann doch das Weite suchte. Kam mir vor, als würde der normale Mensch meine Gedanken wie vorhin lesen können, denn sein Blick wurde immer interessierter, seine Konzentration ließ demnach ebenfalls sehr zu wünschen übrig, weshalb es nicht anders kam, dass ihm die Schaufel lärmend aus der Hand fiel und ich ihm noch einen letzten triumphierenden Blick schenkte. Ha, sollte er eben wissen, dass ich über sein Vergehen Bescheid wusste. Ich war direkt in der Laune, dass ich jemand anderem die Laune verdarb. Hastig lief ich über den aufgeweichten Rasen und war froh, dass meine Schuhe wasserfest waren… genau, ich schwamm förmlich in den einfachen Turnschuhen und werde die demnächst wegschmeißen können, aber was soll’s. Zufrieden, dass ich eine gute Ablenkung bekommen hatte und dann jemand anderem den Tag ein wenig vermiesen konnte, lief ich hinauf in mein Zimmer, damit mir niemand die gewonnene, positive Stimmung nehmen konnte und warf meine Sachen nur achtlos auf einen Sessel, der direkt neben meinem Schrank stand. Jetzt noch schnell duschen gehen und dann die Zeit bis zum Abendessen mit einem guten Buch totschlagen. Irgendwann musste dieses grausame Wetter doch aufhören und bis dahin würde ich mich eben in Sachen Bildung erkundigen und in irgendwelchen Sachbüchern blättern, damit ich nicht wieder die Schmöker aus meinem Regal zum hundertsten Mal durchlesen musste. Jaja, soweit trieb mich der beständige Regen nun schon! Aber erst einmal in aller Ruhe duschen gehen. Ich suchte mir ein kurze Stoffhose und ein schlichtes Top raus, womit ich meinen Faulenzertag dann beenden würde. Schnell noch die dazu passende Weste aus dem Kasten gezogen und schon verschwand ich im Bad. Die Tür schloss ich rein aus Gewohnheit hinter mir ab und schaltete das Wasser ein, denn das brauchte eh ein wenig, bis es endlich warm wurde. In aller Ruhe bürstete ich mir durch die Haare, zog mich aus und stellte mich unter das warme Nass, nur war ich noch nie der Fan vom ewiglangen Duschen gewesen, weshalb ich da schnell wieder draußen war und mich abzutrocknen begann. Meine Haare rochen nun wieder nach einer frischen Blumenwiese, allgemein fühlte ich mich besser, nachdem ich auch im Stall war und so. Entspannt zog ich mich an und föhnte ein wenig durch meine Haare, damit sie wenigstens ansatzweise trocken wurden und wie immer in langen Wellen über meine Schultern flossen. Glücklich mit mir und der Welt verließ ich mein Zimmer und beförderte mich aufs Bett, wo ich mich begann einzurichten, damit ich dann nicht mehr viel aufstehen muss.
Isaac Ich hatte auf dem Rückweg auch innerlich versucht, ich zu beruhigen. Wirklich, ich hatte ernsthaft mit einer Menge Konzentration versucht, mich auf meine Lieblingslieder zu konzentrieren oder darauf, dass ich doch gerade seit langem mal wieder menschliches Fleisch zwischen den Zähnen gehabt hatte. Aber all das wurde jedes Mal schneller von den Aggressionen wieder verdrängt als ich selbst gucken konnte und so war es am Ende eher der Fall, dass ich mich immer weiter in mein Vorhaben hinein steigerte, ganz ohne Rücksicht auf Verluste. Ich meine, jetzt mal ernsthaft - schlimmer konnte der Tag nicht werden und manche Leute musste man eben auch zu ihrem Glück zwingen. Riccarda zum Beispiel. Da war dann mal drauf geschissen, ob sie mir wieder mit ihrem bescheuerten, scheinheilig brennenden Licht ankam oder versuchte mich mit einem Baseballschläger zu verdreschen. Mit der Wunde allerdings wieder zum Balkon nach oben zu klettern schien mir bei der alles in allem recht glatten und nur wenige Risse aufweisenden Fassade nicht klug und so nutzte ich ausnahmsweise eine der hinteren Türen, um nach drinnen zu gelangen. Ich tropfte wohl so ziemlich alles voll, meine Klamotten waren komplett nass. Nicht nur vom Regen, sondern stellenweise eben auch von meinem Blut. Auch wenn es mein eigenes war, schien mich der Geruch davon noch zusätzlich hochzupushen. Nicht grade förderlich, aber ob das überhaupt noch einen Unterschied machte? Im Endeffekt wahrscheinlich nicht. Anklopfen? Nö. Auf Höflichkeit legte ich jetzt nun wirklich keinen Wert und so marschierte ich einfach ungehalten in Riccardas Zimmer, in dem von jetzt an jegliche Ruhe verflogen sein würde. Ohne irgendwas zu sagen schloss ich die Tür hinter mir ab und noch während ich mich zu dem Bett, auf dem sich das Engelsgör niedergelassen hatte, drehte, fing ich an mir das nasse Shirt aus zu ziehen. Ein wenig umständlich wegen der Wunde, aber dennoch recht zügig zog ich mir also das Shirt über den Kopf und kurz darauf fiel das durch und durch nasse Kleidungsstück auch schon zu Boden. Mein Blick hing während ich auf sie zuging wohl so an Riccarda, als wäre sie meine Beute. War sie so gesehen ja auch, nur nicht zum Fressen, sondern zum lieb haben. Trotz der Schusswunde hielt ich eine hohe Körperspannung, hatte die Schultern gestrafft und mich zu voller Größe aufgebaut.
I look inside and can't forget the way you shot me down, just like an enemy... and that's all you are to me. It's time for you to see what this has done, what you have become. Too blind to see... you are my enemy! --- BURY TOMORROW - Abdication Of Power ---
Riccarda Ann Ich hatte mir dann ein Glas Wasser auf den kleinen Tisch neben meinem Bett gestellt, auf dem sich auch sonstiger überflüssiger Kram befand. Da lag zum Beispiel mein Wecker umgeschmissen, weil ich den am liebsten jeden Morgen gegen die Wand schmettern würde, aber schlussendlich wurde er doch nur mit einem leichten Stoß zur Ruhe gebracht. Dann befand sich dort auch noch eine halbe Tafel Nussschokolade, aber auf die hatte ich derzeit überhaupt keinen Bock, was aber sicherlich nach einer Zeit kommen würde, wenn ich mir den Wälzer so aus der Nähe ansah. Den hatte ich mir vor zirka drei Tagen in mein Zimmer geholt, weil da etwas Geschichtliches über unser kleines Imperium stand, mit allen Familiengeschichten und so einem Zeug eben. Konnte mich ja genauso gut ein wenig schlau machen, wenn ich mir schon den Kopf mit einem Wolf einschlagen musste, dann wenigstens mit einem Grund, da ich von Gewalt an sich abgeneigt war. Wenn sie jedoch gegen ganz gewisse Personen waren, hatte ich kein Problem mehr damit. Heute schien dann aber irgendwie ein ziemlich komischer Tag zu sein, denn immer wenn ich an etwas Bestimmtes dachte oder eher an eine spezielle Person, traf diese beinahe im selben Moment in meiner Nähe ein… nur, dass das hier MEIN Zimmer war und Isaac wirklich gar nichts hier drin verloren hatte. Ziemlich aus der Bahn geworfen sah ich dabei zu, wie er meine Tür mit möglichst viel Schwung aufmachte und dabei eine nasse Spur hinter sich herzog. Das Klopfen hatte er auch nicht gerade erfunden, aber was erwartete ich mir auch schon von ihm, wenn er sich heute schon das Gemecker meines anstrengenderen Bruders anhören musste und jetzt auch nicht gerade glücklich aus der Wäsche schaute. Dürfte draußen wohl doch nicht so glatt gelaufen sein, wie mir ein musternder Blick über den Blut Fleck auf seiner Kleidung zeigte. „Was soll das eigentlich?“ fragte ich nach einem kurzen Schockmoment, aber genauso schnell hatte ich mich wieder gefasst und sah ein wenig aufgeschmissen dabei zu, wie er sich das Shirt über den Kopf zog und achtlos auf den Boden warf. Dabei sah es einfach nur lächerlich aus, wie er mit hochaufgerichteten Oberkörper – ja verdammt, er sah wirklich gut aus, aber das brauchte ihm niemand zu sagen, denn so selbstverliebt wie der Typ durch die Gegend lief, würde jedes weitere lobende Wort dazu führen, dass er an seinem eigenen Ego erstickte – und dennoch leicht humpelnden Gang auf mich zukam. Misstrauisch setzte ich mich auf und sah ihm weiter dabei zu, wie er sich verbissen seinen Weg kämpfte und dabei wohl mit jedem Schritt wütender wurde. Der sollte sich echt mal abregen gehen und mir hier nicht die eigentlich gute Laune verderben! „Verzieh dich doch einfach, wenn du schlechte Laune hast“ grummelte ich ihn leise an, aber wozu auch laut reden, wenn er ein tolles Gehör hatte. Ich hatte ihm nicht umsonst ein Zimmer möglichst weit weg von meinem gegeben. War kein Zufall gewesen oder unabsichtlich passiert.