Wie lange wir letztendlich hier in der Felsspalte dicht an dicht herumstanden und uns die widerwärtigen Geräusche der Kannibalen anhören mussten wusste ich nicht. Was ich allerdings ganz genau wusste war die Tatsache, dass mir mein Herz bis zum Hals klopfte und meine Finger um das Messer schon ganz steif geworden waren vor lauter Anspannung. Und selbst als die Kannibalen dann endlich ihr Mahl beendet hatten und sich nach und nach immer weiter von uns und der winzigen höhlenartigen Felsausbuchtung entfernten, blieben wir immer noch in der Felsspalte stehen. Diese Geräusche würde ich wahrscheinlich mein Leben lang nicht mehr aus dem Kopf bekommen, wie Knochen einfach so wie ein Ast zerbrochen waren und wie diese abartigen Kreaturen unseresgleichen gefressen hatten. Ehrlich gesagt war ich mehr als froh, dass es hier drin so finster war und ich es nicht hatte mitansehen müssen. Schon allein der Anblick des blutüberströmten Bodens zu unseren Füßen- als wir nach gefühlt Stunden wieder aus der Felsspalte hervorkamen und Isaac das sonderbare Licht wieder anschaltete- reichte vollkommen aus. Viel schlimmer war allerdings der Anblick des zerfetzten, leblosen Körpers, der hier drin herumlag und demnächst wahrscheinlich so sauber abgenagt sein würde wie alle anderen Knochen hier drin auch. Der Mensch wäre nur einer von vielen, der den Kannibalen zum Opfer gefallen war. Dass Isaac die Person kannte, registrierte ich in dem Augenblick noch nicht einmal, weil ich viel zu vertieft dabei war die Grausamkeiten der Kannibalen anzustarren. Erst als ich würgende Geräusche an meinen Ohren vernahm und ich meinen Blick zu dem Fremdling wandte, kam wieder Regung in mich. Wir mussten hier weg. Sofort. Ich glaubte kaum, dass hier drin nur zwei Kannibalen hausten und solange wir hier drin waren, schwebten wir und die anderen, die wir zurückgelassen hatten, in höchster Gefahr. Mal wieder. Als wären wir nicht erst vor dem Nebel geflohen. "Komm, wir müssen zurück zu den anderen und hier raus. Und wir sollten hoffen, dass die Monster hier die anderen noch nicht entdeckt haben", brachte ich mit rauer Stimme hervor, trieb Isaac zur Eile an und verfiel anschließend in einen schnellen Trab. Dass es Isaac nicht sonderlich gut ging, darum konnte ich mich in dem Augenblick nicht wirklich kümmern. In dem Moment hatten wir wirklich andere Sorgen und zwar, wie wir hier alle wieder lebendig und in einem Stück rauskamen. Was gar nicht so einfach war- denn nach nur wenigen Minuten liefen wir einer der blutrünstigen Kreaturen regelrecht in die Arme, was mich entsetzt nach Luft schnappen ließ. Der Kannibale sah aus wie ein Höhlenmensch, dreckig und mit Blutspritzern überströmt, ganz zu schweigen von seinen riesigen Pranken. Er wirkte eher wie ein Tier als wie ein Mensch und ehe ich irgendwie reagieren konnte, stieß die Kreatur ein ohrenbetäubendes Brüllen aus, das mir einen eisigen Schauer über den Rücken jagte. "Na, das hat uns ja gerade noch gefehlt", murmelte ich und spannte meinen Körper an, bereit zum Angriff, der nun wahrscheinlich unvermeidbar war. Ich hatte nicht vor verspeist zu werden. Und genau deshalb sprintete ich auch los, wich einem Schlag des Kannibalen aus und rammte ihm mein Messer in den Oberschenkel, sodass er zumindest mal halbwegs fußlahm wurde. Leider unterschätzte ich die Schnelligkeit des Monsters und zudem war es hier drin viel zu eng, um großartig ausweichen zu können, denn keine Sekunde später spürte ich einen stechenden Schmerz in meiner Schulter, als die Kreatur an meinem Arm riss und mir den Arm gefühlt halb ausriss, was mich vor Schmerz aufbrüllen ließ.
Ja, ja sie wollten wirklich zurück zu den anderen und dann so schnell wie möglich hier raus - aber was war mit dem Nebel? Ob der schon weg war? Wenn nicht, dann saßen sie hier definitiv fest.. noch während Isaac das dringende Bedürfnis verspürte Tyr anstandslos zu folgen, kam erneut der wenige Inhalt, den er noch im Magen hatte, an die Oberfläche, sodass er sich nochmals nach vorne beugte, erneut mit dem Ärmel seines Pullovers über seinen Mund wischte, angewidert das Gesicht verzog und sich dann darauf machte dem jungen Mann zu folgen. Jetzt war bestimmt kein Bisschen mehr im Magen das er hoch würgen konnte, was gut war. Er konnte sich nicht daran erinnern wann er das letzte Mal gekotzt hatte, egal ob er krank gewesen war oder aber betrunken, eigentlich behielt er seinen Mageninhalt für sich. Aber gut, bis jetzt hatte er auch noch nie die zerfetzte Leiche eines Menschen gesehen den er kannte. Es wäre wirklich schon widerlich genug wenn es ein unbekannter wäre, aber es war ein Kollege gewesen und dabei spielte es wirklich keine Rolle ob ein bekannter oder unbekannter Kollege, er hatte ihn gekannt und er würde nie mehr sein Gesicht vor Augen haben wenn er seinen Namen hörte, wenn er an ihn dachte. Er würde nur noch das viele Blut sehen, die knackenden Geräusche während er auseinander gerissen wurde. Er würde nur noch den Oberkörper und den zerfetzten Arm sehen, der ihm aus der Schulter gerissen worden war. Er würde nie mehr das Gesicht des Asiaten sehen... Gott, ihm wurde schon wieder schlecht. Er war nicht mal in der Stimmung Tyr eine Antwort zu geben, egal ob eine neutrale, eine schnippische oder provokante. Er war so in Gedanken, dass er die Worte gar nicht unbedingt wahr genommen hatte. Stattdessen rempelte er Tyr regelrecht an, als dieser abrupt gehalten hatte, riss den Blick in die Höhe und blickte in die leblos wirkenden Augen eines wirklich.... widerwärtigen Wesens. Grundsätzlich hatte dieses Teil einiges von einem Menschen. Er ging auf zwei Beinen, allerdings ein wenig gebeugt. Er war mindestens so groß wie Tyr und Isaac und muskulös. Sein Körper war behaart, nicht so, dass man seine Haut nicht mehr sehen könnte, aber er war haariger als ein normaler Mensch. Er hatte getrocknete Blutreste in den Mundwinkeln, dunkle, ja schwarze Augen und Hände, die mehr mit Pranken, Klauen zu vergleichen waren als mit Isaacs eigenen, menschlichen Händen. Bevor Isaac hätte reagieren können, rannte Tyr auch schon los um die Kreatur anzugreifen, was er zwar irgendwie auch schaffte, sich aber gleichermaßen eine einfing indem die Kreatur nach seinem Arm griff, was wirklich schmerzhaft aussah... Isaac stand wie paralysiert da, in der einen Hand das Handy das auf das Geschehen leuchtete und in der anderen noch immer das Messer das Tyr ihm vorhin in die Hand gedrückt hatte und Isaac nun daran erinnerte, dass er nicht nur nutzlos da stehen sollte. "Verdammt, wenn ich das hier überlebe, geh ich nie mehr auf irgendeine Expedition" grummelte er mehr zu sich selbst, setzte sich mit einem Kampfschrei in Bewegung und rammte dem Teil sein Messer ganz hinterhältig in den Rücken, weil es sich Tyr zu gewandt hatte. Dabei kam ihm der faulige Geruch des Wesens in die Nase, der wirklich nach übelster Verwesung stank. Ein Schmerzensschrei drang von dem Monster zu ihm, das herum wirbelte, Isaac dabei mit seinem Arm erwischte und ihn gegen die nächste Höhlenwand schleuderte. Dabei verlor er den Griff des Messers, das in dessen Rücken stecken geblieben war - wenig vorteilhaft, wenn er ehrlich war... aber passiert.. nur was jetzt? Wobei er gerade eh damit beschäftigt war die Vögelchen die um seinen Kopf herum flogen wieder los zu werden. Sein Handy hatte er bei dem Flugmanöver auch noch verloren, es lag nun einige Meter entfernt auf dem Boden, spendete aber Gott sei Dank noch immer Licht, sonst wären sie wohl wirklich aufgeschmissen.
"You can fool all of the people some of the time, and some of the people all of the time, but you can't fool all of the people all of the time."
Mein Arm fühlte sich mit einem mal an, als würde er gar nicht mehr zu meinem Körper dazugehören. Er schmerzte wie sonstwas, aber als wäre das nicht genug, war ich nicht einmal mehr im Stande ihn zu bewegen. Kein Wunder, der nach Verwesung stinkende Menschenfresser hatte mir nämlich mit Sicherheit den Arm ausgekugelt. Ganz toll. Als hätten wir nicht schon genug Probleme. Aber alles Jammern und Fluchen half jetzt nichts, denn das widerwärtige Monster wandte seine Aufmerksamkeit mir wieder schneller zu als ich es erwartet hatte. Wunderte mich eigentich, denn zu den intelligenten Spezies gehörte der Kannibale mit Sicherheit nicht und noch dazu wirkten seine Augen eher trüb, zumindest soweit ich das in dem spärlichen Licht, das von Isaac's Kästchen ausging, beurteilen konnte. Wie auch immer, gerade als ich mich aufrappeln wollte- den stechenden Schmerz in meinem ausgekugelten Arm ignorierend- und mich dem Kannibalen wieder entgegen stellen wollte, kam auf einmal Bewegung in Isaac, der das Vieh angriff und sein Messer in dessen Rücken versenkte, wofür er gleich mal eine dezente Bruchlandung hinlegen durfte. Diese Chance der Ablenkung nutzte ich, indem ich mich eilig aufrappelte, einen Satz nach vorn machte und dem Kannibalen meine frisch gewetzte Waffe ins Herz bohrte. Die Kreatur heulte brüllend auf, stolperte- einen letzten Angriff machend- auf mich zu und fiel dann Bruchteile einer Sekunde später wie ein gefällter Baum um und begrub mich krachend unter sich. Es dauerte keine zwei Sekunden, bis mir der üble Geruch aus Schweiß, Verwesung und Dreck in die Nase stieg, während der leblose Körper des Kannibalen auf mir lag und sein warmes Blut meine Kleidung tränkte. Normalerweise war ich nicht so empfindlich, aber diese Geruchswolke ließ augenblicklich das Gefühl von Übelkeit in mir aufsteigen, weshalb ich trotz der stechenden Schmerzen meines ausgekugelten Armes das Wesen irgendwie von mir runterschob, meine Messer aus dessen Rücken, als auch aus dessen Brust zog und dann erst einmal einige Meter zwischen mich und den toten Menschenfresser brachte, um tief Luft zu holen und durchzuatmen. Mein Blick wanderte kurz hinüber zu Isaac, der allen Anscheins nach okay war. "Das mit dem Messer müssen wir eindeutig mal üben.. wenn wir hier raus sind und ich nicht mehr selbst rieche wie ein Kannibale", gab ich mit kratziger Stimme von mir und verzog das Gesicht zu einer Grimasse, bevor ich Isaac wieder eines der Messer hinhielt, meines an meiner Hose abwischte und es dann zurück in die Schlaufe meines Gürtels steckte. "Und nachdem du mir jetzt noch meinen Arm wieder eingerenkt hast", fügte ich nach einigen Sekunden noch hinzu, nachdem ich meinen Arm vorsichtig mit der Hand abgetastet hatte. Gebrochen schien jedenfalls nichts zu sein, zum Glück. Und hoffentlich brachte der Fremdling es zustande mir meinen Arm wieder einzurenken, ich wollte nicht die ganze Zeit mit einem herumbaumelnden Arm herumlaufen.
Gott sei Dank schien Tyr das Monster mit seinem nächsten Hieb außer Kraft zu setzen, sodass Isaac in Ruhe Zeit dazu hatte sich wieder auf seine Beine zu rappeln, den schmerzenden Rücken ein wenig durchzudrücken. Es hatte vermutlich schlimmer ausgesehen als es gewesen war und auch wenn er mit Sicherheit blaue Flecken davon tragen würde, so war er vermutlich mit einer leichten Gehirnerschütterung und ein paar Schrammen davon gekommen - was nebenbei bemerkt echt bemerkenswert war. Immerhin hatte er hier gerade das erste Mal in seinem Leben auf ein zumindest halbwegs menschliches Wesen eingestochen um sein Leben zu retten. Seins und das eines eigentlich völlig Unbekannten mit dem er sich bis dato ja noch nicht mal wirklich verstanden hatte. Aber hey, was tat man nicht alles? Isaac rieb sich den schmerzenden Kopf, während er nur leise auf Tyrs Worte schnaubte, sich aber jegliche Worte dazu verkniff. Der Kerl sollte froh sein, dass Isaac eingegriffen hatte, sonst wäre das eventuell anders ausgegangen. Immerhin war sein erster Schlag auch nicht gerade besonders hervorzuheben und einmal davon abgesehen hatte es Tyr offensichtlich schlimmer erwischt als Isaac selbst. Aber das behielt er, wie gesagt, für sich. Er hatte keine Lust auf eine weitere Konfrontation und klaubte nun erst mal sein Handy vom Boden, dessen Display ziemlich zersprungen war - was aber nichts machte, denn es reagierte noch auf den Touch und funktionierte auch noch. Gott sei Dank, auch wenn er ja sowieso keinen Empfang hatte aber ohne Licht wären sie hier drin wohl echt aufgeschmissen und das Feuerzeug wäre vermutlich schneller leer gewesen als ihnen lieb war und Isaac wollte nachher erst mal ganz in Ruhe eine Zigarette rauchen um runter zu kommen. Nun wandte er sich aber erst einmal wieder Tyr zu, der ihn aufforderte ihm seinen Arm wieder einzurenken, was er mit Freuden tun würde, weil das echt schmerzhaft für den Kerl werden würde. Isaac nickte nur, legte sein Handy bei Seite und griff nach dessen Arm "Auf Drei" teilte er ihm mit, begann langsam zu zählen "Eins..." er griff mit beiden Händen fest um den Unterarm des eigentlich völlig Fremden "...Zwei..." zählte er weiter und mit einem Ruck brachte er den Knochen wieder in das Gelenk wo er hin gehörte.
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Oh, Faye konnte sich echt nochwas von mir anhören. Sie hatte mit Sicherheit von den Kannibalen hier drin gewusst. Klar hatte sie einerseits keine wirkliche Wahl gehabt als uns alle hier reinzuführen, damit wir vor dem tödlichen Nebel geschützt waren, aber andererseits hätte sie uns ja verdammt nochmal vorwarnen können. Wie auch immer, war jetzt vollkommen egal, wir konnten nur hoffen, dass sich der Nebel inzwischen wieder verzogen hatte und dass wir hier schleunigst wieder rausgehen konnten, um möglichst viel Abstand zwischen uns und die Kannibalen zu bringen. Diese Monster waren wirklich ein Albtraum. Immerhin funktionierte das Licht noch, was echt erstaunlich war, aber gerade war nicht sonderlich viel Zeit um sich mit dem Ding zu beschäftigen und noch dazu wollte ich mich hier auch nicht länger als nötig aufhalten. Der Kannibale hatte immerhin laut genug gebrüllt, damit seine Menschenfresserfreunde es mit Sicherheit auch mitbekommen hatten, dass da irgendwas faul war. Im wahrsten Sinne des Wortes, der Gestank hing nämlich in der Luft wie eine unsichtbare Wand und zu allem Übel roch ich nun selbst fast so. Widerlich. Einfach nur widerlich. Wenigstens war Isaac Mann's genug um mir wieder den Arm einzurenken, wobei ich ihm am liebsten entgegen gepfeffert hätte, dass er einfach machen sollte als noch dämlich bis drei herumzuzählen. Bei jedem Zahlenwort das er aussprach rutschte es mir nämlich kalt den Rücken herunter, weil ich genau wusste was mir bevorstand: verdammt üble Schmerzen. Letztendlich hatte ich meine Kiefer so fest zusammengepresst, dass sie markant in meinem Gesicht hervorstachen, während ich einen schmerzverzerrten Laut von mir gab und einen kurzen Moment das Gefühl hatte gleich den Boden unter den Füßen zu verlieren, weil der Schmerz heftig durch mich hindurch zuckte. Einen Moment lang stützte ich mich mit dem unversehrten Arm an der klammen Felswand ab, bis ich mir sicher war, dass ich meinen Körper wieder unter Kontrolle hatte, ehe ich meinen frisch eingerenkten Arm vorsichtig bewegte und mich dann Isaac zuwandte. "Danke", gab ich mit rauer Stimme von mir, schaute ihn kurz aus meinen goldbraunen Augen an und atmete dann tief durch. "Gehen wir.." Damit setzte ich mich in Bewegung, stieg über die Leiche des Kannibalen hinweg und machte mich somit mit Isaac auf den Weg in Richtung der anderen. "Hast du den Toten gekannt?" Damit meinte ich nicht den Kannibalen, sondern die Person, den die Menschenfresser regelrecht zerfetzt hatten.
Danke. Wow - Isaac hatte schon damit gerechnet keins zu bekommen und ehrlich gesagt hätte er zwar irgendwie unverschämt gefunden, es aber so hingenommen, weil sie wohl Beide einfach ziemlich unter Schock standen und das einrenken des Arms wirklich ziemlich schmerzhaft war - da hatte er bereits vor einigen Jahren selbst Erfahrung mit sammeln dürfen. So nickte er auf das 'Danke' hin nur, bevor er Tyr folgte, ebenfalls über die stinkende Leiche des Menschenfressers hinweg stieg - selbstversätndlich nachdem er sowohl das Messer das Tyr ihm wieder gegeben hatte als auch sein Handy an sich genommen hatte. Ein paar Augenblicke lief er schweigend hinter Tyr her, nicht zuletzt, weil er keine Ahnung mehr hatte wo sie lang mussten und das obwohl Isaacs Orientierungssinn eigentlich echt nicht schlecht war. Eher im Gegenteil und er gehörte wohl einem der wenigen seiner Generation an, die sogar noch hätten mit Kompass und Karte der gar nur dem Stand der Sonne den Weg finden konnten. Aber in diesen dunklen Höhlen, so ganz ohne irgendeine Art und Weise die er kannte und mit der er sich hätte orientieren können? Das war unmöglich. Er hoffte nur, dass Tyr das anders ging und er hier nicht auf gut Glück durch die Gänge wanderte und sie am Ende auch noch elendig hier drin verreckten. Verhungerten oder Verdursteten. Was auch immer. Als Tyr ihn fragte, ob er den Toten gekannt hatte, rumorte es schon wieder in Isaacs Magen. Gerade hatte er erst das Bild dieses Anblicks verscheucht, tauchte es nun wieder klar und deutlich vor Isaac auf, der das Gesicht angewidert verzog und eine Hand fest auf seinen Bauch drückte.. Genau da hin, wo sein Magen schon wieder drohte Purzelbäume zu schlagen obwohl er gar keinen Inhalt mehr haben konnte. "Es war einer von uns... einer von meinen Kollegen. Ich bin mir ziemlich sicher. Entweder er ist uns gefolgt oder er hat uns auf dem Weg zur Höhle verloren, ging ja auch alles so schnell und wirklich aufgepasst hat auch niemand." Das war keineswegs ein Vorwurf, weder an Tyr noch an sich selbst, auch wenn er bereits mit dem Aussprechen dieser Worte ein schlechtes Gewissen empfand weil er nicht sehr auf die anderen geachtet hatte. Wieso auch? Sie waren alt genug, keine Kinder mehr und konnten selbst entscheiden. Aber wenn man dann sah, was sie Beide eben gesehen hatten, dann war das nebensächlich, dann war er nicht nur ein flüchtiger Bekannter gewesen mit dem er nicht viel am Hut gehabt hatte, dann war er einer von ihnen gewesen der vermutlich schreckliche Schmerzen, riesige Ängste und qualvolle Minuten durchlebt hatte, die das letzte waren, was er hier auf diesem Gottverdammten Planeten in der absoluten Wildnis gesehen und gefühlt hatte. Sowas hatte niemand verdient, egal ob guter Freund, flüchtiger Bekannter oder größtes Arschloch.
"You can fool all of the people some of the time, and some of the people all of the time, but you can't fool all of the people all of the time."
Taluna Bist aus der Fackel endlich ein kleines Feuer entstanden war, dauerte es dann doch ein bisschen, da das wenige brennbare Material, dass ich in der Höhle gefunden hatte, genauso feucht war wie alles andere hier. Umso zufriedener war ich dann, als endlich die Flammen endlich aufloderten, wenn auch zunächst nur zaghaft. Aus meiner Tasche zog ich mein altes Wolfsfell, dass ich eigentlich zum waschen mitgenommen hatte. Jetzt war ich froh, dass ich es dabei hatte, denn selbst wenn Faye recht behielt und wir bald wieder hier raus konnten, wollte ich es mir gerne wenigstens ein bisschen gemütlich machen. Ich breitete das Fell nahe genug am Feuer aus, dass wir uns wärmen konnten, aber auch weit genug, dass es durch Funkenflug nicht beschädigt werden würde. Dann setzte ich mich im Schneideristz auf die linke Seite und bedeutete der Seherin, dass sie sich gerne neben mich setzten konnte, falls sie das denn wollte. "Dann hoffen mir mal, dass es dieses mal wieder so wie immer ist und sich der Nebel schnell verzieht. Ich hab nämlich wirklich keine Lust, hier drinnen länger als nötig zu bleiben." antwortete ich mit einem kleinen Grinsen und sah auf Frökk hinunter, die sich zum schlafen in meinem Schoß zusammen gerollt hatte. Ich strich mit meinen Fingern sanft über das bauschige, rote Fell, während ich nachdenklich in die Flammen sah. Allerdings wurde ich sehr schnell wieder aus meinen Gedanken gerissen, als eine der Fremden plötzlich hysterisch anfing, zu schreien. Relativ schnell stellte sich heraus, dass anscheinend zwei ihrer Freunde nicht mehr bei uns waren. Mein Blick glitt zu Faye, die diesen aber genauso ratlos erwiderte. "Vielleicht haben wir sie auf dem Weg hier her verloren. Oder sie sind doch mit Tyr und Isaac mitgegangen?" Ich fragte die Frau, wann sie die beiden zuletzt gesehen hatte, aber so genau konnte sie mir das auch nicht verraten. "Es gibt doch nichts gefährliches in dieser Höhle, oder Faye?" Wenn jemand von drohenden Gefahren hier drinnen wissen musste, dann ja wohl sie. Nicht nur, weil sie unsere Seherin war, sondern auch, weil sie als einzige schn mal hier gewesen war.
Zwar schmerzte mein Arm nach wie vor und es würde wohl noch einige Zeit dauern, bis ich ihn wieder voll und ohne Schmerzen bewegen konnte, aber wenigstens war er wieder eingerenkt. Und auch das Danke an Isaac war ernst gemeint gewesen- auch wenn ich den jungen Mann bisher eigentlich immer eher recht ruppig angesprochen oder mit ihm umgegangen war. Er war nun einmal ein Fremder und vieles an ihm war mir schlichtweg suspekt, sodass es wohl nur normal war, wenn man erst einmal ein wenig skeptisch war. Wobei das jetzt auch erstmal egal war, viel wichtiger war jetzt, dass wir zurück zu den anderen kamen und schleunigst aufbrachen, um wieder aus dem riesigen Höhlensystem rauszukommen. Ich wollte hier drin nicht noch mehr böse Überraschungen erleben. Dass Isaac die Person gekannt hatte, die von den Kannibalen regelrecht zerstückelt worden war, ließ mich einen kurzen Blick über die Schulter und zu ihm werfen. Man konnte ihm an der Nasenspitze ansehen, dass ihn das mitnahm, was ich durchaus verstehen konnte. Man wollte die Leute so in Erinnerung behalten, wie sie waren, gut gelaunt und lebend, nicht tot und in Fetzen zerrissen und blutüberströmt. "Dann sollten wir wohl zusehen, dass den anderen nicht dasselbe passiert", gab ich murmelnd von mir und fuhr mir kurz durch die dunklen, struppigen Haare. So langsam aber sicher wurde ich doch ein wenig müde, zumindest machten sich langsam meine müden Knochen bemerkbar. Kein Wunder, ich war schon den ganzen Tag auf den Beinen, wir hatten erst einen ewig langen Fußmarsch hinter uns, dann waren wir vor dem Nebel geflüchtet und jetzt wurden wir auch noch von Kannibalen gejagt. "Was meinst du mit Kollegen? Was seid ihr überhaupt für ein unzusammenpassender Haufen?" Vielleicht war es jetzt doch langsam mal an der Zeit herauszufinden wer die Fremdlinge überhaupt waren, wenn wir sie hier schon retteten.
Faye, das musste sie ehrlich gestehen, fand es hier drin gar nicht so schlimm. Natürlich, es war dunkel und kühl, feucht und irgendwie unheimlich, aber gerade wenn man alleine hier war, so hatte man doch seine Ruhe. Sie war zwar nur ein einziges Mal hier gewesen und damals auch nur, weil ihr Mentor sie her geführt hatte, aber immerhin hatte das ihnen Allen das Leben gerettet. Die Seherin ließ sich gerade neben Taluna auf ihr Fell sinken, als eine junge Frau hysterisch zu kreischen Begann, woraufhin die Sammlerin neben ihr sich wieder aufrichtete um diese zu beruhigen. Lane war dabei so erschrocken - klar sie hatte ungefähr ein hundert Mal besseres Gehör - dass sie aufgesprungen und die Zähne gezeigt hatte, wobei sie sich sogleich wieder beruhigte. Faye erhob sich ebenfalls, legte die schmalen Arme um ihren Körper und sah die hysterische, junge Frau an. Erst als Taluna ihre Frage an sie direkt richtete blinzelte die Seherin, deren Wissen nach hier nichts weiter lebte außer ein paar Spinnen und Fledermäuse vielleicht. Aber woher sollte sie das schon wissen? Sie war nicht allwissend. Auch wenn das immer wieder von ihr erwartet wurde. Langsam schüttelte die junge Frau den Kopf: "Nein, nein... hier gibt es nichts gefährliches..." teilte sie mit ruhiger, gar sanfter Stimme mit, nicht zuletzt einfach deswegen, weil sie die junge Frau beruhigen wollte. "...außer das Tunnelsystem in dem man sich leicht verirren kann. Aber Tyr hat einen ausgezeichneten Orientierungssinn und wird sie alle wieder unbeschadet hier her bringen, versprochen" teilte sie der jungen Frau mit, die dadurch zumindest ein wenig ruhiger zu werden schien. Und wenn man gerade vom Teufel sprach, da tauchte er bekanntlich auch auf. Tyr und Isaac kamen mit ihrem sonderbaren Licht zurück zu ihnen in die große Höhle. Allerdings nur zu Zweit und mit ihnen Beiden ein widerlich fauliger Geruch. Außerdem sahen sie Beide sehr geschafft aus, Tyr hielt sich einen Arm und Isaac ging ein wenig gebeugt. Fragend zog sie die schmalen Augenbrauen in die Höhe, neigte den Kopf forschend ein wenig zur Seite, aber bevor sie etwas sagen konnte begann das Mädchen schon wieder hysterisch zu werden "Du hast gesagt sie sind bei ihnen!" klagte sie Taluna und Faye mit lauter Stimme an, was Faye geradewegs ausblendete und die kurze Distanz zu Tyr und Isaac überbrückte. "Was ist passiert? - Ihr stinkt wie ein verwestes Tier..." ihre Stimme klang gedämpft, sie verzog das Gesicht ein wenig, sah fragend zu Tyr auf, weil sie von dem Fremdling eigentlich keine korrekte Antwort erwartete.
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Ja, das sollten sie besser und zwar schleunigst. Er hatte nicht vor noch mehr der Leute zu verlieren die er kannte - besser als den Typen vor sich zumindest auch wenn mit Sicherheit nicht jeder von sich behaupten konnte, dass er mit einem Kerl an der Seite gegen einen Kannibalen bekämpft und besiegt hatte. Aber hey, auf diese Erfahrung hätte Isaac getrost verzichten können. Er war wirklich einer der abenteuerlustigsten Kerle die es auf der lieben, weiten Welt wohl gab, aber das war wirklich zu viel für ihn gewesen. Und jemand anderem wäre es wohl ebenso gegangen. Mal abgesehen von Tyr vielleicht der das alles recht entspannt zu nehmen schien. "Das sollten wir wohl.." entgegnete er mit rauer Stimme, versuchte vergebens wieder die Bilder aus seinem Kopf zu vertreiben. Er würde sie wirklich nie wieder los werden. Nie wieder und dafür hasste er sich, das Menschliche Hirn und das Langzeitgedächtnis das seine Spezies besaß. Oder auch das Kurzzeitgedächtnis sonst hätte er es bereits jetzt schon wieder vergessen. Seufz. Isaac stapfte stumpf hinter Tyr her, seine Sinne allerdings waren alle geschärft, hatte er doch gewiss nicht vor nochmals von einer dieser Kreaturen überrascht zu werden. Erst auf die nächste Frage des Wilden konzentrierte sich Isaac wieder auf den Kerl vor ihm, zuckte erst mal nur leicht mit den Schultern, erkannte aber dann, dass das Tyr ja nicht sehen konnte, immerhin wuchsen ihm keine Augen im Hinterkopf. "Wir sind Forscher - ein wirklich wahllos zusammen gewürfelter Haufen von klugen oder eben weniger klugen Köpfen der einen Weg finden soll der verdorbenen Menschheit den Allerwertesten zu retten..." er schnaufte genervt "...obwohl die es nicht mal verdient hat, wenn ich ganz ehrlich bin. Aber was solls. Akio war Student, Biologie, Chemie... was auch immer und er war echt kein übler Kerl" teilte Isaac dem jungen Mann mit, auch wenn er sich fast sicher war, dass der diese Begrifflichkeiten wohl ebenso wenig kennen würde wie das Handy und das Feuerzeug. Wo waren sie hier nur gelandet?
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Taluna Die lodernden Flammen zu beobachten hatte eine beruhigende Wirkung auf mich. Ich mochte Feuer, es faszinierte mich irgendwie, wie etwas in kleiner Größe so überlebenswichtig sein konnte und gleichzeitig eine riesige Zerstörungskraft zeigte, wenn es sich ausbreitete. Erst vor zwei Sommern war es so heiß gewesen, dass es zu einem großen Waldbrand gekommen war. Noch Tage später hatte der Wind immer wieder kleinere Brände aus der Glut entfacht. Feuer war schwer unter Kontrolle zu bekommen und es konnte wahnsinnig gefährlich werden. Vielleicht zog es mich deshalb immer wieder so in seinen Bann. Im Gegensatz zu Faye blieb ich erst einmal sitzen, als die junge Frau weiterhin aufgeregt herumschrie. Ich konnte es ihr nicht verübeln, immerhin war gerade jemand von ihrem seltsamen Stamm verschwunden. Das war wohl für niemanden eine gute Nachricht. Aus sicherer Entfernung lauschte ich den beruhigenden Worten der Seherin und stieß ein leises Schnauben aus, als diese der Fremden versprach, das Tyr alle zurück bringen würde. Sie sollte keine Versprechungen machen, die sich vielleicht nicht erfüllten. Vor allem, wenn deren Einhaltung nicht von ihr abhing sondern wie in diesem Fall von einem unserer Jäger. Meine Vorahnung erfüllte sich dann auch nur wenig später. Die Ankunft der Männer wurde zuerst von dem seltsamen Licht angekündigt, dass bereits einige Sekunden, bevor die Beiden zu sehen waren, den Raum erhellte. Tyr hielt sich den Arm und auch Isaac sah ein wenig zugerichtet aus. Ich stand auf und ging einige Schritte auf die beiden zu, um zu sehen, ob ich helfen konnte. Allerdings wich ich beinahe sofort wieder zurück und schlug mir eine Hand vor Mund und Nase, als mir der widerliche Gestank von faulem Fleisch, Schweiß und Verwesung entgegen schlug. Ich schloss die Augen und musste mich einige Sekunden lang wirklich darauf konzentrieren, meinen Mageninhalt bei mir zu behalten. "Du riechst als wäre etwas auf dir gestorben." teilte ich Tyr mit, bereute meine Worte alerdings auch direkt, als mein Witz nicht direkt für Lacher sorgte, sondern die Blicke der Jungs nur noch ernster wurden. "Was ist passiert?" fragte ich also statt dessen und sah beiden abwechselelnd in die - vom Schock etwas bleichen - Gesichter.
Forscher. Mit dem Begriff direkt konnte ich jetzt nicht unbedingt was anfangen, aber ich schloss aus Isaac's Worten, dass er und seine Fremdlings-Kumpanen so etwas wie Erkundungen anstellten. Wenn ich ganz ehrlich war, dann fühlte ich mich gerade allerdings echt verdammt dumm, denn als der junge Mann dann noch die Worte Student, Biologie und Chemie aussprach, wusste ich erneut nicht was er damit meinte und grübelte erst einmal einige Sekunden vor mich hin, bevor ich überhaupt darauf reagierte und zu einer Antwort ansetzte. "Verdorbene Menschheit? Wie wollt ihr Fremdlinge uns Euripiden retten und vor allem vor was, wenn gerade eigentlich eher wir diejenigen sind die euch retten?" Irgendwie war das alles sehr verworren.. und umso mehr der Kerl von sich gab, umso mehr Verständnislosigkeit und damit auch Fragen kamen in mir auf. Wenig später wurde ich dann aber eh schon wieder von etwas ganz anderem abgelenkt, denn kurz darauf erreichten wir wieder die Höhle in der sich Faye, Taluna und Isaac's Forscherfreunde befanden und wo wir auch schon freudig empfangen wurden. Haha. Irgendwie schien die Stimmung hier ebenfalls angespannt zu sein, aber glücklicherweise schienen sie hier noch keine Begegnung mit einem Kannibalen gehabt zu haben. Kurz hielt ich Ausschau nach Myra, wobei Isaac und ich dann auch schon von Faye und Taluna empfangen wurden. "Wir müssen hier schleunigst raus. Am besten sofort. Außer ihr wollt auch eine freudige Bekanntschaft mit ein paar blutrünstigen Kannibalen machen", teilte ich den beiden jungen Frauen mit gesenkter, rauer Stimme mit- die anderen mussten das ja nicht gleich mitbekommen. Das Letzte was wir jetzt gebrauchen konnten war ein aufgeregter Hühnerhaufen.
Ja, Taluna traf den Nagel auf den Kopf, sie stanken wirklich nach Tod. Wortwörtlich und da die Sammlerin fragte was geschehen war musste Faye das nicht mehr tun. Wobei sie das kreischende Mädchen ignorierte, nicht zuletzt weil der, der Tyr begleitet hatte sich dieser nun zu wandte. Somit konnte Faye sich ungestört Tyr widmen und seinen Worten aufmerksam lauschen. Wobei sie bei seinen Worten ein wenig weiß um die Nase wurde "Adenko?" gab sie leise, beinahe tonlos von sich, wobei sich der Schrecken in ihren hellen, eisig blauen Augen deutlich wieder spiegelte. Wieso hatte sie die nicht gesehen? Wieso um Himmels Willen hatte sie die nicht gesehen? Klar, Faye wusste, dass sie das was sie sah nicht beeinflussen konnte. Die Bilder kamen und gingen gerade wie sie wollten, sie konnte nicht wissen wann sie kamen, was sie ihr zeigten und ob sie ihr alles zeigten was notwendig war. Sie konnte auch nicht immer alles interpretieren. Aber was sie gesehen hatte war definitiv Nebel gewesen und nicht die Dunkelheit dieser Höhle. Oder doch? War das milchige Bild einfach nur metaphorisch dafür gewesen, das einem die Sicht fehlte? War damit die Dunkelheit der Höhle gemeint gewesen? Aber der Nebel war gekommen, so wie sie es voraus gesagt hatte. Ohne es zu merken begann sie auf ihrer Unterlippe herum zu kauen, sich gleichzeitig mit dem Daumen der linken Hand am Handrücken der rechten zu kratzen, bis die Stelle rot und wund war - mit aus dem Grund, weil sie das immer tat wenn sie so sehr in Gedanken war wie gerade zu diesem Augenblick. "Ja, wir sollten gehen. Der Nebel wird mittlerweile auch sicherlich verschwunden sein... ich - ich kenne nur keinen anderen Weg hinaus wie den, den wir gekommen sind. Und aus dieser Richtung kamt ihr, oder?" wandte sie sich wieder an Tyr, sah diesen fragend an, nachdem sie die vorwurfsvollen Gedanken sich selbst gegenüber fürs erste verbannt hatte. Zumindest ansatzweise und so gut es eben möglich war.
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Isaac konnte sich ein leises Seufzen auf die Fragen des jungen Mannes vor sich nicht verkneifen. Dabei lag so viel Wahrheit in diesen, dass Isaac ihm innerlich nur mit einem Nicken zustimmen konnte. Normalerweise war er niemand, dem schnell die Worte fehlten oder der keine Antwort parat hatte - egal ob er diese wirklich kannte oder nicht - aber gerade war ihm ehrlich gesagt auch gar nicht zu Reden zu Mute. Die Bilder in seinem Kopf ließen ihm keine Ruhe, er war sich sicher, dass die nächsten Nächte für ihn schlaflos und ungemütlich werden würden. Wenn nicht sogar die nächsten Wochen. Wie dem auch sei, das Bild vom verstümmelten Forscher wollte ihm nicht mehr aus dem Sinn gehen, nicht mehr vor seinen Augen verschwinden. Egal wie sehr er es auch versuchte. Das war wie mit den rosa Elefanten - wenn man nicht an sie denken wollte, so geschah es. Man hatte den ganzen Tag nur noch die rosa Dickhäuter vor den Augen, auch wenn das nicht wirklich miteinander vergleichbar war. "Ich hab keine Ahnung..." erwiderte er daher wahrheitsgemäß und ohne jeglichen Elan in der Stimme auf die Frage von Tyr, wobei sie kurz darauf auch wieder in der größeren Höhle an kamen, wo eine der Forscherinnen ein wenig hysterisch war, weswegen er sowohl Taluna als auch die Weißhaarige schlicht ignorierte um sich zu der hysterischen Leidensgenossin zu gesellen, die er zu beruhigen versuchte. Brachte zwar nicht sonderlich viel, weil der Gestank und sein mitgenommenes Aussehen im lodernden Licht des Feuers wohl eher beängstigend auf die panische, junge Frau wirkten, aber letzten Endes schaffte er es doch sie ein wenig zur Ruhe zu stimmen und sich den restlichen seiner Freunde - oder Kollegen - zuzuwenden, ihnen so ruhig ihm möglich war mitzuteilen, dass sie wieder nach draußen gehen konnten, weil der Nebel fort war. Das tödliche Detail der Kannibalen in diesen Gängen ließ er aus, weil eine Massenpanik hier nichts als Chaos bringen würde, das sicher zu mehr Opfern führte als es ohnehin schon gab.. wobei er sich nun wieder an Tyr und seine Freunde wandte. "Wir können los."
"You can fool all of the people some of the time, and some of the people all of the time, but you can't fool all of the people all of the time."
Amélie Isabelle Dupont Sollte sie diesen ganzen verdammten Scheiß hier jemals überleben, dann wäre dies ein wahrhaftiges Wunder. Nicht das sie sich an einem völlig undefinierbaren Ort befanden, mit [durchaus ganz interessanten] Ureinwohnern und einem mysteriösen Nebel, Nein, dann musste sie auch noch unbedingt auf eigener Faust losziehen und sich die Gegend anschauen. Und gerade fluchte sie lautstark, weil sie fast hingefallen wäre. Jedenfalls kam die Rothaarige gerade aus einem Tunnel gestolpert, mitten in die große Höhle, aus der sie sich ganz still und heimlich verdrückt hatte und wo noch all die anderen hockten. "Nur gut, dass ihr mich und meine lebensmüde Neugierde habt!", trällerte sie sofort los, da sie gerade eben noch den letzten Satz der Wahrsagerin - oder was auch immer sie war, gehört hatte. Sie strahlte über beide Ohren und war sich ihres Auftretens durchaus bewusst. Sie stand nämlich in dem flackernden Licht der Flammen, welche ihre Haare nahezu selbst in Feuer verwandelten, dann noch die abenteuerlustigen funkelnden Augen plus den Umstand, dass sie gerade alleine aus irgendeinen der Tunnel hinaus gestolpert war, gaben da schon ein umfassendes Bild ihrer Persönlichkeit. Allerdings herrschte eine nicht ganz so fröhliche und ausgelassene Stimmung, wie sie erhofft hatte. Alle blickten entweder gedrückt, völlig fertig oder fassungslos drein. Jemand weinte sogar in einer Ecke. Und sofort hob Amélie kurz fragend die Augenbrauen, schaute in die Runde und stemmte ihre Hände in die Hüfte. "Ich seh schon.. die Stimmung ist wirklich auf dem Tiefpunkt.." Ihr Blick landete auf Isaacs mitgenommene Gestalt und auf dem Fremden der sich seinen Arm hielt. "Aber hey, ich habe einen Ausgang gefunden! Und ganz nebenbei sind unterwegs ganz interessante Gesteinsbrocken..", ein Wink zu einer Forscherin die sich so unfassbar für Steine interessierte. Und ja sie selber versuchte es mit einem kleinen, aufmunternden Lächeln. Wobei ihr Blick allerdings an dem scheinbar schmerzenden Arm hängen blieb. Aber den Typen kannte sie nicht, er machte einen einnehmenden Eindruck und sie wusste nicht, in wie fern er sich von einer Frau behandeln lassen würde. Denn ja sie war Ärztin [jedenfalls so gut wie], aber sie kannte diese Menschen mit ihrer Kultur nicht und bevor sie in ein Fettnäpfchen treten würde, drängte sie sich lieber nicht auf. Irgendwer würde schon den Hinweis geben, dass sie eine Ärztin war und wenn er darauf reagieren würde, wäre sie auch selbstverständlich bereit, sich den Arm anzugucken und wenn er es nicht tat, wusste sie schon mal, wo sie stand. So jedenfalls ihre Gedanken. Nur blöd, dass sie meistens schneller sprach als dachte: "Dein Arm...?", fragte sie also und machte eine leichte Handbewegung die auf ihn deutete. Tja entweder es war nun ein Fettnäpfchen oder nicht. So würde sie es jedenfalls sehr schnell erfahren.
Schattenfiguren huschten über die schroffen Felswände, die Myra immer weiter auf den Leib rückten, je weiter sie in die Höhle vordrangen, um dem tödlichen Nebel zu entrinnen. Niemand musste die Jägerin fragen, was sie von der Alternative hier hielt, sprach ihr missmutiger Blick sicherlich Bände. Da hatte das Interesse für den lichtspendenden Kasten in den Händen des Fremden nur kurzfristig für Ablenkung gesorgt, viel zu schnell kamen die sorgenvollen Gedanken zurück, schließlich lag es definitiv nicht in der Natur der vorsichtigen Euripidin, blind einer Seherin nachzugehen, in die Myra ihr Vertrauen verloren hatte. Schwierige Umstände, doch die Dringlichkeit der Situation zwangen die Einzelgängerin schlussendlich dazu, schweigend der kleinen Truppe zu folgen, wobei ihre Augen wachsam umherhuschten und ein Spiegelbild des in ihr vorherrschenden Misstrauens darstellten. Ayn schien ebenfalls nicht sonderlich begeistert zu sein, lief die kleine Füchsin in geduckter Haltung neben ihrer Gefährtin her, die feine Nase ab und an in eine andere Richtung schwenkend, aber ansonsten verhielt sich der scheue Waldbewohner weitestgehend ruhig, sodass sich auch die Braunhaarige langsam wieder zu entspannen begann. Zumindest soweit es die lauernde Dunkelheit um sie herum zuließ. Schließlich konnte niemand behaupten, dass es sonderlich entspannend wirkte, die Finsternis nur mit einer kleinen Lichtquelle in Schach halten zu können, erst recht nicht, als die kleine Ansammlung von Personen in eine ausladende Höhle samt See stießen, deren Ende jedoch nicht mit bloßem Auge auszumachen war. Automatisch verlangsamte Myra ihre Schritte, ließ ein paar der Fremden an sich vorbeiziehen und konzentrierte sich primär auf ihre neue Umgebung, die auch durch weitere Gänge erreichbar zu sein schien. Ein ungünstiger Ort, um sich im schlimmsten Fall zu verteidigen, doch wieso immer vom Unangenehmsten ausgehen? Die Jägerin bemühte sich wahrlich darum, ihre Muskeln ein wenig aufzulockern, entspannter zu werden und dennoch blieb sie es am Ende, die die Fackel weiterreichte, um Taluna das Feuermachen zu überlassen. Gemeinsam mit dem rotbraunen Fuchs an ihrer Seite begann die Euripidin kleine Kreise zu ziehen, die sich immer weiter ausdehnten, bis sie sogar das steinige Ufer des klaren Sees erreichte, in dessen kühles Nass sie probehalber die Finger steckte. Ein frischer Schauer lief über ihren Rücken und ließ die feinen Härchen auf ihrem Arm zu Berge stehen, ehe sie ihre binnen Sekunden taub gewordenen Finger wieder aus dem Wasserkörper zog und provisorisch an Fell, das Myra am Körper trug, abtrocknete. Die Anweisung, mitzukommen, erwies sich als vollkommen überflüssig, lösten sich sowohl Schutzgeist, als auch Jägerin geradezu synchron von der spiegelglatten Oberfläche, die so verlockend ruhig vor ihnen lag, um sich dem Lagerfeuer wieder zu nähern, um das sich die übrigen Wartenden versammelt hatten. Womöglich spendete das tanzende Licht nicht nur Wärme, sondern auch Trost und ein wenig Halt. Wer wusste es schon, was in diesen fremden Köpfen vorging. Erst recht, als eine Frau von ihnen wie aus dem Nichts panisch zu schreien und kreischen begann. Kein Wunder, dass Ayn sogleich erschrocken den Rückzug antrat und die junge Jägerin reflexartig ihr Messer aus der Gürtelschlaufe zog, um die kleine Truppe im Notfall nach Bestmöglichen zu verteidigen. Doch der Feind blieb aus. Nicht einmal Fledermäuse lösten sich von der fernen Höhlendecke, weshalb Myra eine unerwünschte Spinne vermutete, zumindest bis zu jenem Moment, als zwei Namen fielen und klar wurde, dass sie anscheinend jemanden verloren hatten. Nicht gut. Myra war die Einzige gewesen, die sich nicht hingesetzt hatte, sondern der inneren Unruhe hatte nachgeben müssen. Zudem war da nach wie vor der Funken Neugierde, den sie nur allzu gern abstritt, der aber dennoch stark in ihrem Verstand aufbegehrte. Lediglich ein kleines Detail am Rande, rutschte die allgemeine Aufmerksamkeit sehr schnell von der kreischenden Lady zu dem schwankenden Licht, das die Rückkehr von Tyr und dessen Begleitung ankündigte. Erwartungsvoll lagen nun wohl sämtliche Blicke an den beiden Ankommenden, doch anstatt der positiven Nachricht, zurück an die frische Luft gehen zu können, wirkte vor allem der Krieger abgekämpft und durch den Wind. Da die Frage, was vorgefallen war, längst gestellt wurde, nahm sich Myra die Freiheit heraus, die Rolle der stummen Beobachterin oder besser gesagt Zuhörerin einzunehmen, indem sie an die beiden Männer herantrat, von denen sich der Unbekannte jedoch zügig der weiterhin schluchzenden Frau annahm, die es weiterhin zu besänftigen galt. Uninteressant im Hinblick auf jene böse Überraschung, die Tyr für Faye, Taluna und Myra übrighatte. Kannibalen?! Unweigerlich glitt ein giftiger Blick hinüber zu der Seherin, die sich wohl mittlerweile einen Spaß daraus machte, dank ihrer Prophezeiungen Leute in ihr Verderben zu führen, doch für einen bissigen Kommentar blieb keine Zeit, nachdem der Krieger nachdrücklich zur Eile animiert hatte. Dass Faye natürlich nur einen Weg kannte… mehr als ein trockenes Seufzen konnte die Jägerin dazu gar nicht erst aufbringen, ließ nur die Schultern kurz sinken, bevor sie sich erneut aufraffte und mit einer Hand rasch durch die langen Strähnen fuhr. „Okay, dann schauen wir mal, dass wir hier raus kommen“, ergriff Myra nun doch das Wort, machte sich bereits drauf und dran, aus dem kleinen Kreis auszubrechen, als eine fremde Stimme unangenehm Laut durch die Höhle schallte und von den Wänden zurückgeworfen wurde. Instinktiv wirbelte die Euripidin herum und suchte mit funkelnden Augen nach dem Schreihals, der geradezu triumphierend am Rande des Lichts stand. Noch lauter ging es wohl kaum, hm? Grimmig zuckten Myras Mundwinkel eine Etage tiefer, jedoch fasste sich die Einzelgängerin bald wieder, immerhin hieß es, dass die Fremde einen anderen Ausgang gefunden hätte, der eventuell sofort und auf der Stelle genommen werden sollte, erklang plötzlich aus dem Nichts ein markerschütterndes Brüllen aus den Tiefen des Höhlensystems, das nach zwei Sekunden der Stille mehrstimmig erwidert wurde.