Genevieve war ihm keine Hilfe - nein, überhaupt nicht. Sie stand nur stumm da, zuckte mit den Schultern und schob den Dunkelhaarigen auch nicht in eine Richtung die vielleicht sinnvoll wäre. Aus diesem Grund wanderte sein Blick wieder langsam zu Taluna, wobei in diesem Moment weitere ihrer Leute auftauchten, ziemlich viele wenn man Isaac fragte und ehrlich gesagt verwirrte ihn diese bizarre Situation wirklich sehr. Alle redeten sie von Gefahr, von einem Nebel, von Tod und taten so, als würde in wenigen Sekunden die Welt untergehen. Isaac verstand nur Bahnhof, aber die Sorge die ihnen in die Gesichter geschrieben stand machte ihn gleichermaßen auch nervös. Er wusste einfach nicht was er glauben oder nicht glauben sollte und entschloss für sich, dass er den Schritt wagen und Vertrauen in die ihm völlig Fremden setzen würde. Was blieb ihm auch anderes übrig? Sie saßen hier ohnehin fest, keiner wusste wo sie waren oder wie sie hier wieder weg kommen sollten, war doch weit und breit nicht ein einziger Hauch von Zivilisation in Sicht. Und aus diesem Grund gab er nun auch ein "Gut, gehen wir los.." von sich, warf einen Blick in Richtung der Anderen. Einfach nur weil er auf Bestätigung hoffte, da er ungerne die Gruppe spalten wollte. Und siehe da, mittlerweile waren nicht nur alle wach, sie entschieden sich mit rauem Gemurmel dazu ihm und den Wilden beizuwohnen. Auch wenn es ein Weg ins Ungewisse war, so wollte er sein Glück nicht herausfordern und er bezweifelte, dass sie allesamt so grandiose Schauspieler waren und ihnen daher nichts vorspielten sondern deren wirre Worte der Wahrheit entsprachen, auch wenn er innerlich und als angehender Wissenschaftler darüber nur den Kopf schütteln konnte. "Verdammt, wenn ihr schon Angst und Panik verbreitet, könntet ihr wenigstens ein bisschen aufgeschlossener auf unsere Fragen reagieren..." pampte er den Jäger (Tyr) an, als dieser auf Rositas Frage mit einem 'dahin wo wir sicher sind' reagierte. Die Situation gefiel Isaac nicht, zwar war er eigentlich ein sehr ruhiger und ausgeglichener Zeitgenosse, aber wie Allen schlug ihm die aktuelle Situation eben aufs Gemüt. Außerdem hasste er es, keine anständigen Antworten zu erhalten und noch dazu kam die seltsame Stimmung die von allen Anwesenden ausging, was kein Wunder war, aber sie steckte Isaac regelrecht an.
"You can fool all of the people some of the time, and some of the people all of the time, but you can't fool all of the people all of the time."
Tja, was für eine Möglichkeit? Faye's Blick glitt zu der Jägerin, sie biss die Zähne aufeinander und schluckte einmal schwer. Sie waren keine besten Freundinnen, das stand vollkommen außer Frage, aber konnte Myra ihr nicht ausnahmsweise mal vertrauen? Nur dieses eine Mal? oder glaubte sie Faye hatte vor sie alle an weiß Gott was für einen Ort zu führen und als Opfergabe oder sonst einen Kram zu entbehren, während sie sich selbst in Sicherheit brachte? Wie sollte das funktionieren, wenn sie sie an eben jene Stelle bringen musste und Faye war gewiss nicht bereit ihr Leben zu beenden, genauso wenig wie sie vor hatte Myra, Tyr, Taluna oder irgendjemand anders der Anwesenden zu verlieren, ganz gleich ob sie sie gut kannte oder sich mit ihnen verstand - oder eben auch nicht. "Eine Höhle, okay? Ziemlich tief, der Nebel wird nicht bis hinein reichen..." quittierte sie mit leisem, fauchenden Unterton. Einfach um ihr zu signalisieren, dass sie keine andere Wahl hatte, egal ob es ihr passte oder nicht und vor allem, dass Myra ihr nicht auch noch unter die Nase reiben würde wieso sie von dieser Höhle wusste und vor allen Dingen woher sie wusste, dass der Nebel nicht bis in diese Höhle reichte. Sicher wissen tat sie es ja nicht einmal, aber sie ging davon aus und sie hoffte, dass sie damit recht hatte. Aber was hatten die Anderen denn auch schon für eine Wahl? Das war die einzige Chance, in einem anderen Fall würden sie sowieso sterben, also blieb ihnen genau genommen ohnehin nichts anders übrig - außer sie schafften es an den geraden, Meterhohen Stämmen hinauf zu klettern, ohne jegliche Hilfe und vor allen Dingen ohne ihre Schutzgeister. Zumindest was Myra und ihre Füchsin anging. Und auch Lane würde es nicht hinauf schaffen, sie war zwar eine gute Kletterin aber bei weitem nicht so gut. "Folgt mir - schnell" forderte sie nun auf, als sie sich von Myra ab- und dem Rest zu wandte, nickte ein wenig in die Richtung aus der sie gekommen war, wobei die Tigerin schon im dichten Dickicht untergetaucht war und den Weg voran zur Höhle ging, welche sie gemeinsam innerhalb von Rund 5 Minuten erreicht hatten. Auf den ersten Blick war sie kaum zu erkennen, der Eingang war nicht sonderlich groß, gerade so, dass sie aufrecht gehen konnte. Größere müssten sich ein wenig bücken, aber ging man nur weit genug hinein tat sich ein riesiger Raum auf, in dem sogar ein kleiner See zu finden war. Hinter diesem ging die Höhle weiter, allerdings war Faye niemals weiter als bis zu dem rabenschwarzen Wasser gelangt und hatte bis heute auch nie vor gehabt dies jemals zu ändern, allerdings war sie sich nicht sicher ob es bis zu dem See weit genug im inneren des Berges lag. Sie schob einige Äste von wilden Brombeeren zur Seite - mit ihrem Arm, der gut eingepackt in eine dicke Felljacke war, sodass sie die Dornen nicht spüren konnte. Damit legte sie den Eingang frei, sah die anderen auffordernd an. "Leider müssen wir uns ohne Feuer zurecht finden, dafür ist nicht mehr die Zeit.." murmelte sie leise, mehr zu sich selbst, sie mussten so schnell wie möglich und so weit wie möglich in den Berg hinein, wobei sich nun einer der Fremden zu Wort meldete, er kramte einen kleinen, grauen Kasten heraus und drückte darauf herum, wenig später leuchtete er mit dem Gegenstand in die Höhle, was Faye mit großen Augen in Richtung des bemalten Mannes mit den zerzausten Haaren blicken ließ: "Was...?"
"You can fool all of the people some of the time, and some of the people all of the time, but you can't fool all of the people all of the time."
Argwohn und Zweifel dominierten die Atmosphäre, hingen schwer in der Luft und das nicht nur seitens der dunkelhaarigen Jägerin, die weiterhin von Misstrauen erfüllt blieb. Auch die Fremden schienen nicht an die Dringlichkeit glauben zu wollen, verstanden die Gefahr des Nebels nicht, was Myra zu dem logischsten Ausgangspunkt brachte: diese Menschen hatten noch nie mit einem vergleichbaren Naturphänomen zu tun gehabt und mussten demnach wirklich von sehr weit her angereist kommen. Mit welcher Intention? Was wollten die Unbekannten hier? Vor allem aber: Waren sie wirklich derart ahnungslos, wie sie sich bisher durchaus glaubhaft, wenn auch sehr nervenaufreibend, präsentiert hatten? Kurz flackerte der wachsame Blick zu besagten Eindringlingen hinüber, die der Beobachterin gewiss nicht wichtig genug waren, um ihren eigenen Kopf dafür in die Schlinge zu halten, sodass sie sich rasch wieder an die unbeliebte Seherin wandte und ein barsches Nicken offenbarte. Eine Höhle, ein Versteck tief im Berg, die der Nebel also mied. Woher wusste Faye davon und welche höheren Mächte hatten ihr bewiesen, dass sich die toxischen Schwaden tatsächlich nicht bis in die hintersten Winkel der Dunkelheit vorwagten? Mehr als ein Stirnrunzeln ergab die Suche nach Antworten jedoch nicht, unterließ Myra es, einen Streit vom Zaun zu brechen, der nicht unnötiger hätte sein können, sondern atmete einmal tief durch, sah sich dabei gleichzeitig nach ihrer liebenswerten Füchsin um, die nervös begonnen hatte, kreuz und quer über das leicht abfallende Ufergelände zu streunen. In geduckter Haltung und aufgestellten Ohren geisterte Ayn unruhig durch das teils hohe Gras und streckte dabei hier und da die feine Schnauze in die Luft, nur um die Kreise um die Gruppe immer enger zu ziehen, ganz als stünde es in ihrer Absicht, die kleine Ansammlung dadurch zum Weitergehen zu bewegen. Myra verstand die Ungeduld, juckte es ihr ebenfalls unter den Nägel, endlich von hier zu verschwinden, weshalb kein bissiger Kommentar zu hören war, als einer der Fremden – der, der eigentlich die meiste Zeit redete – pampig auf Tyrs zugegebenermaßen recht nutzlosen Erklärung reagierte. Ein Moment des Schweigens verging, als die dunkeln Augen der Jägerin auf den beiden Männern haften blieb, ehe sie ebenfalls im Unterholz abtauchte und flinken Schrittes der Seherin folgte. Myra bemühte sich um eine ruhige Ausstrahlung, während ein Wirbelwind aus Sorge und durchaus Furcht, so ungern es sich die stolze Euripidin auch eingestand, in ihrem Kopf wütete. Es trug nicht gerade zu ihrer Freude bei, sich durch ein dichtes Feld von Brombeersträuchern durchackern zu müssen, erduldete sie die kratzenden Dornen dennoch auf ihren ungeschützten Armen, konnte sie sich darum später noch immer Gedanken machen. Als Toter juckten einen ein paar Kratzer mehr oder weniger auch nicht mehr, sodass die Devise Augen zu und durch hierbei zum Motto wurde, ehe die kleine Traube an Fliehenden vor einem riesigen Schlund Finsternis innehielten. Nur ungern gab die Jägerin es zu, doch unterirdische Tunnelsysteme oder Höhlen wie diese, die sämtliches Licht verschluckten, waren der jungen Frau nicht geheuer und ließen ihren Mut zu einem kümmerlichen Etwas zusammenstrecken, weshalb es außerordentlich viel Disziplin verlangte, nicht unangenehm berührt aus der Wäsche zu schauen. Stattdessen hob die Braunhaarige ihr Kinne in wenig an und meinte dann bereits, erneut zum Aufbruch appellieren zu müssen, als einer der Fremden einen seltsamen Kasten aus der Tasche kramte und kurz darauf ein Licht entstehen ließ, was Myras Augen schlagartig ein bisschen größer werden ließ. Faye sprach die einzig relevante Frage sehr authentisch aus, denn dieselbe Neugierde oder womöglich auch ein klein wenig Entsetzten spiegelte sich in der Jägerin wider, die unweigerlich in eine Verteidigungshaltung gewechselt war, doch egal wie lange der Mann das Ding auch hell wie einen Stern leuchten ließ, es passierte nichts und so lockerten sich die angespannten Schultern sehr bald wieder und Interesse nahm jenen Platz der vorherigen Irritation ein. „Ihr solltet gemeinsam vorgehen“, schlug Myra kurz und prägnant vor, wies dabei mit einem kurzen Kopfnicken ins Innere der Höhle, die sich wie ein gieriges Maul vor ihnen auftat. Faye schien den Weg ansatzweise zu kennen und der sonderbare Unbekannte schien irgendwie das Licht in diesem kleinen Objekt gefangen zu haben, um es sich zu Nutzen zu machen.
Was war an Dahin, wo wir sicher sind so falsch, hm? Als ob der Kerl es besser wüsste! Ohne uns wären sie sowas von aufgeschmissen, also konnten sie ruhig ein wenig dankbarer sein, dass wir ihnen hier gerade ihre Ärsche retteten. Dementsprechend warf ich ihm auch einen abschätzigen, wenig erfreuten Blick zu, bevor ich mich wieder auf den Weg vor uns konzentrierte. Jetzt war es erstmal wichtig, dass wir alle in diese Höhle kamen von der Faye sprach und das bevor der tödliche Nebel seine wabigen Finger zwischen den Bäumen nach uns ausstreckte. Kurz glitt mein Blick gen Himmel, aber wie nicht anders zu erwarten gewesen war, folgte Horus mir auf Schritt und Tritt. Auch wenn wir ein ziemlich ungleiches Gespann waren und Freya da auf jeden Fall was falsch gemacht hatte, so konnte ich mir keinen besseren Seelenpartner als den Steinadler vorstellen. Allerdings wurde meine Aufmerksamkeit wieder woanders gefordert, weshalb ich meinen Blick von meinem Gefährten abwandte und ihn auf Myra und Faye richtete. Der plötzlich aufleuchtende Lichtkegel von einem der Fremden ausgehend ließ mich blinzeln und die Augen leicht zusammenkneifen, während ich das Teil, von dem das grelle Licht ausging, misstrauisch beäugte. Was auch immer es war, es war verdammt hell und auch wenn mir gerade ziemlich danach war herauszufinden wie das Teil funktionierte, so schluckte ich den aufgekommenen Wissensdurst hinunter. "Wir folgen euch", meinte ich mit rauer Stimme und nickte Faye und dem Fremden leicht zu, bevor mein Blick nachdenklich und doch deutlich angespannt zu Myra glitt. Nicht wegen dem seltsamen Licht des Fremden, sondern weil der Nebel uns dicht auf den Fersen war. Wenn er hier in die Höhle kommen würde, wäre das unser Ende. Das Ende von uns allen. Ich knirschte mit den Zähnen, während wir weiter in die Höhle hinein gingen und dem grellen Lichtkegel folgten, der uns den Weg leuchtete. "Hoffen wir, dass wir wieder lebendig hier rauskommen."
Faye benötigte noch die ein oder andere Sekunde, um ihr Erstaunen wieder zu verbergen und den Blick von dem leuchtenden, kleinen Kasten abzuwenden. Während sie auf Myras Worte nur stumm nickte, sich wieder in Bewegung setzte und neben Isaac her lief, der für Licht sorgte, kreisten ihre Gedanken weiterhin um den leuchten Kasten den er zwischen seinen Fingern hielt und der immer wieder einen Blick der Blonden einfing. "Hier links.." wies sie an, als sie an eine Gabelung kamen, lief dann stumm weiter, wobei sie sich gerade selbst Ducken musste - dabei war sie wirklich nicht die aller Größte. Als nächstes kamen sie an eine kleine Aushölung, von welcher aus drei Wege weiter ins Innere der Höhle führten. Sie brauchte nicht lange zu überlegen, obwohl sie nur einmal in dieser Höhle gewesen war, so war sie sich sicher, dass es der mittlere Weg war, den sie wählen mussten: "Hier entlang.." murmelte sie, schob sich nun vor Isaac, da der Weg zwar wieder höher, allerdings auch Enger wurde, sodass man nicht mehr nebeneinander laufen konnte. So ging das sicherlich noch zehn Minuten, in denen sie nochmals Links und schließlich Rechts abbogen, bevor sich ihnen eine riesige Höhle offenbarte, in deren Mitte ein See lag, der dunkelblaues Wasser offenbarte. Nur wegen des falschen Sonnenlichts des kleinen Kastens war es möglich zu erkennen, welche Schönheit diese Tropfende Höhle bot, die größer war als das Dorf in dem sie lebten. "Wir sind da, hier sollten wir tief genug sein, um nicht vom Nebel erreicht zu werden..." murmelte sie leise, wandte sich somit wieder an den Rest und lehnte sich wenig später gegen eine der kalten, feuchten Wände. Lane, die weiße Tigerdame lief zum Ufer des Sees und trank einige Schlucke, während ihr Schwanz hin und her peitschte und ihre Ohren drehten sich aufmerksam hin und her, sie war angespannt, das merkte Faye sofort. Sie wollte wieder hier raus, ebenso wie die Seherin, aber wenn sie Glück hatten mussten sie nicht sehr lange hier bleiben, normalerweise ging der Nebel ebenso schnell wieder, wie er kam.
"You can fool all of the people some of the time, and some of the people all of the time, but you can't fool all of the people all of the time."
Offenbar kannten die Leute hier tatsächlich kein Handy - als er die Taschenlampenfunktion einschaltete schien allen zusammen die Augen aus dem Kopf zu fallen. Er konnte sich ein leichtes Grinsen nicht verkneifen, wandte den Blick zu dem Kerl, der ihn eigentlich am meisten angekekst hatte und der nun ein 'Hoffentlich kommen wir hier wieder lebendig raus' von sich gab, was Isaac nicht gerade voller Zuspruch und Mut diesem Abenteuer entgegen treten ließ, auch wenn er innerlich vor Neugierde und Abenteuerlust glühte. Die Situation war unheimlich, weil diese Menschen hier von einem Nebel sprachen, der sie töten würde, wenn sie ihm nicht entkamen. Und einer weißhaarigen Frau die voran ging und meinte, dass die Höhle ihre einzige Chance war. Er leuchtete den Weg voran, angewiesen durch die Blonde, deren Tiger Isaac nur noch nervöser machte. Aber nicht nur der Tiger, auch der Fuchs ließ ihn Unbehagen empfinden, nur war der eben irgendwie kleiner und wirkte daher nicht ganz so bedrohlich, obwohl der sicherlich auch fest zubeißen konnte. Alles in allem war es eine sehr seltsame Situation, die ihn einerseits beängstigte und andererseits doch abenteuerlustig werden ließ, wie er eben nun mal so war. "Na dann mal los..." murmelte er, mehr zu sich selbst, sprach sich damit ein wenig Mut zu, obwohl dazu nicht viel nötig war. Isaac war praktisch damit aufgewachsen fremdes Gebiet zu erkunden, er liebte es und auch jetzt kitzelte es ihn von der Haarspitze bis in die Zehen, einfach überall. Er wollte alles sehen, was zu sehen war und er wollte alles wissen, über die Bewohner dieses Waldes, die Tiere die sie begleiteten, den Nebel und alles andere Fremde. Was war das hier? Wo waren sie hier? Dabei verlor er fast das Unbehagen und die Angst davor, dass er wirklich keine Ahnung hatte wo sie waren und wie sie hier jemals wieder weg kommen sollten. Nach locker zwanzig Minuten - er hatte das Zeitgefühl verloren und auf die Zeit an seinem Handy konnte er sich offensichtlich nicht verlassen - erreichten sie eine riesige Höhle, in welcher er sich endlich wieder aufrecht hinstellen konnte, was sein Rücken ihm wirklich dankte... Mit einem leisen Stöhnen rieb er sich die Schultern, reckte die Arme einen Moment in die Luft um sich zu strecken und anschließend den Blick fasziniert umher gleichten zu lassen, immer unterstützt von dem Licht seines Handys.
"You can fool all of the people some of the time, and some of the people all of the time, but you can't fool all of the people all of the time."
Ich hoffte wirklich, dass Faye wusste was sie da tat. Aber letztendlich blieb uns gerade eh nichts anderes übrig als weiter in die Höhle hineinzulaufen, um dem sicheren Tod durch den Nebel zu entgehen. Falls die Höhle uns denn vor dem Nebel schützen würde. Während wir alle Faye folgten, glitt mein Blick immer wieder in jegliche erdenkliche Richtung- zumindest soweit es das helle Licht aus dem seltsamen Kasten des fremden Kerls zuließ. Nach wie vor fragte ich mich, um was genau es sich dabei handelte, aber solange wir nicht halbwegs in Sicherheit waren, war ich viel zu angespannt, um mich darum kümmern zu können. Horus war draußen geblieben, er würde in den Baumkronen Schutz gesucht haben. Zwar behagte es mir nicht sonderlich meinen Seelenpartner draußen zurückgelassen zu haben, aber wenn alles gut gehen würde, würden wir hier bald wieder draußen sein. Nach einigen Minuten erreichten wir dann endlich unser Ziel, wo sich die meisten auch auf dem Boden niederließen. Jetzt hieß es wohl abwarten und hoffen. Allerdings wäre ich wohl nicht ich, wenn ich mich jetzt stillschweigend zu den anderen setzen würde und Däumchen drehen würde. Stattdessen hing mein Blick einige Sekunden lang auf Myra und deren Füchsin, ehe ich weiter zu der weißen Tigerin schaute. Wir alle waren angespannt, auch die Fremdlinge, auch wenn die wohl nach wie vor nicht so richtig verstanden was hier eigentlich vor sich ging. Unruhig trugen mich meine Füße am Ufer des Höhlensees entlang, bevor ich beschloss wieder in die engen, niedrigen Gänge zu gehen. Nicht, weil ich lebensmüde war, vielmehr weil ich mich absichern wollte, dass der Nebel auch wirklich nicht hier reinkommen konnte. Natürlich vertraute ich auf Faye's Worte, aber ich wollte mich auch selbst davon überzeugen- und ich wollte reagieren können, sollte der Nebel doch weiter in das Höhlensystem vordringen als gedacht. Denn dann mussten wir schnell handeln und weiter ins Innere des riesigen Felsmassivs vordringen. "Faye, ich werd' ein Stück zurückgehen", teilte ich der Seherin knapp mit, unterließ es aber ein "und beobachten, wie weit der Nebel hier reinkommt" hinzuzufügen. Es wäre wohl nicht unbedingt klug die anderen zu beunruhigen, aber ich konnte hier nicht untätig herumsitzen und abwarten. Das entsprach schlichtweg nicht meiner Natur, weshalb ich aus einem hier herumliegenden langen Stück Holz- das wohl von einem Tier reingeschleppt worden war- und einem Stück Stoff eine Fackel zu basteln versuchte. Klappte auch- nur das anschließende Feuer wollte einfach nicht entfachen, völlig egal was ich versuchte. "Verflucht", brummte ich vor mir her, dann fiel mein Blick auf den Kerl mit dem leuchtenden Kästchen. "Hey, du.. wie heißt du nochmal? Kann ich mir mal das leuchtende Teil ausleihen? Alternativ kannst du auch mitkommen, wenn du das Ding nicht aus der Hand geben willst."
Die Stimmung hier war eher schlecht als recht und ganz offensichtlich zum zerreisen angespannt. Aber konnte man das jemandem verübeln? Immerhin hatten die Einwohner dieses seltsamen Ortes irgendetwas von einem tödlichen Nebel gefaselt, jetzt saßen sie im inneren einer riesigen Höhle die einem Labyrinth zu gleichen schien und noch dazu war es eisig kalt. Nicht, dass er verfroren war, aber die Luftfeuchtigkeit war hoch und die Steine gaben eben eine gewisse Kälte ab, die im Sommer sicherlich angenehm war, die jetzt gerade aber eher beklemmend auf Isaac wirkte. Wie es dem Rest dabei ging? Er vermutete recht ähnlich, wenn er so langsam den Blick umherschweifen ließ um dies zu beurteilen. Und dann waren da noch der Fuchs und der Tiger, die echt gruselig waren, wenn gleich sie auch friedlich wirkten. Es war zwar nicht so, dass Isaac noch nie Kontakt zu einem wilden Raubtier gehabt hatte - im Gegenteil - aber normalerweise sahen die ihn und seine Kumpanen als Feinde oder gar Futter an und genau aus diesem Grund waren seine Sinne enorm geschärft und er ziemlich angespannt. Aber konnte man ihm das wirklich verübeln? Erst als der Kotzbrocken sein Wort an Isaac richtete wandte er den Blick von der berauschenden, riesigen höhle ab und eben jenem jungen Mann zu, der sich das "leuchtende Teil" ausleihen wollte, was Isaac mit einem "Ein Bitte wäre vermutlich zu viel verlangt.." von sich gab. Was der konnte, konnte Isaac immerhin auch. Sein Blick senkte sich einen Moment auf das Smartphone in seinen Händen, bevor er in der Hose nach seinem Feuerzeug kramte und dieses heraus holte. "Ich komm mit, aber wir sollten den Rest wohl nicht im Dunkeln sitzen lassen" stellte er fest, hob das Feuerzeug in Richtung Tyr, wobei Isaac ganz bewusst nicht auf die Nachfrage seines Namens reagiert hatte, wie gesagt: Ein Bitte war mit Sicherheit nicht zu viel verlangt und solange der Kerl nicht ansatzweise Manier zeigte, hatte Isaac auch keine Lust dazu. So war er eben, trotzig. Manchmal zumindest. Als er allerdings feststellte, dass Tyr offenbar keine Ahnung hatte wie dieses Feuerzeug funktionierte, seufzte der Brünette, trat auf den jungen Mann zu, drückte ihm sein Handy in die Hand und nahm stattdessen die selbst gebaute Fackel und das Feuerzeug an sich, um die Fackel letzten Endes mit dem Feuerzeug anzuzünden - Gott sei Dank war er Raucher, konnte man da nur sagen. Er ließ das Feuerzeug wieder in seiner Hosentasche verschwinden, konnte sich ein "lebt ihr hinter dem Mond oder was?" aber nicht verkneifen, bevor er der Frau mit dem Fuchs die Fackel in die Hand drückte und sich anschließend wieder an den jungen Mann wandte: "Können wir los? - Und im übrigen: Wenn du mir deinen Namen verrätst, stehn' deine Chancen eventuell ein bisschen besser meinen zu erfahren."
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Normalerweise hätte ich die Fackel in ein paar wenigen Sekunden entzündet, aber hier unten war alles so feucht und klamm, dass einfach gar nichts anbrennen wollte. Hervorragend. Wirklich. Letztendlich blieb mir nichts anderes übrig als den Fremden mit seinem leuchtenden Dings darum zu bitten, es mir auszuleihen oder einfach selbst mitzukommen, wobei der dann erstmal herumnörgelte, von wegen ein Bitte würde es auch mal tun. Ignorierte ich allerdings gekonnt. Ich konnte einem echt auf die Nerven gehen, indem ich zu viel redete oder nur Blödsinn von mir gab, aber auf der anderen Seite konnte ich auch ein ziemlicher Stoffel sein- was sich gerade deutlich bemerkbar machte. Ich erwiderte nämlich rein gar nichts darauf, sondern nahm dann ein weiteres kleines Kästchen entgegen, das mir der Fremde reichte. Was bitte sollte das denn jetzt sein? Irritiert blickte ich auf das schwere, glänzende Ding in meiner Hand, konnte mir aber keinen Reim daraus machen, was ich nun damit anstellen sollte. Dass ich allerdings nachfragen würde, kam gar nicht erst in Frage. Diese Blöße würde ich mir wohl in hundert Jahren nicht geben und da hatte ich dann mit Sicherheit und hoffentlich schon das Zeitliche gesegnet. Wollte ja nicht wie eine ausgedörrte Mumie im Wald herumrennen. Nein. Bestimmt nicht. Bevor ich mir das seltsame Ding zwischen meinen Fingern jedoch genauer hätte ansehen können, hatte der nach wie vor namenlose Kerl mir das sonderbare Teil wieder weggenommen und zündete nun selbst damit die Fackel an, was mich erstaunt dabei zusehen ließ. Woher hatte dieser Fremde diese ganzen faszinierenden Gegenstände? War er eine Art.. Schamane? Zauberer? Eigentlich war ich nicht abergläubisch, aber wie erklärte ich mir dann das seltsame Feuer und das sonderbare Licht? Die provozierenden Worte des Kerls waren dann aber auch nicht gerade förderlich dafür, dass ich ihm gegenüber freundlicher wurde, was mich nur ein kehliges Brummen ausstoßen ließ, bevor ich mich an ihm vorbeischob und dann losstapfte- hinein in das felsige, verworrene Labyrinth. "Ach. Machen wir hier jetzt Tauschgeschäfte oder was?", stieß ich ein wenig ungehalten aus, blickte einen Moment zurück zu dem Kerl, der mir aber artig folgte. "Tyr. Und wie ist dein Name, Fremdling?"
Das mit dem Feuerzeug und dem Handy mit der Kamera schien den Kerl echt zu beeindrucken. Nicht beeindrucken im Sinne von er war von Isaac beeindruckt, sondern mehr im Sinne von beeindruckt von dem Kram hier, der offensichtlich etwas Besonderes und Hilfreiches war. Es war lustig zu sehen wie fremd das Zeug für ihn war, obwohl es für Isaac wirklich etwas ganz normales war. Ohne Feuerzeug leben? Konnte er sich nicht vorstellen, zwar hatte er gelernt wie man mit zwei geeigneten Steinen Feuer machen konnte, draußen in der Natur, aber das Feuerzeug erleichterte einem das Leben wirklich ungemein. Und das Handy? Davon brauchte er wohl gar nicht anfangen, das war echt Gold wert, wie man unschwer erkennen konnte. Das er hier wohl kein Netz zum Laden finden würde, dessen war er sich noch nicht wirklich bewusst und daher auch nicht auf Sparflamme mit dem Akku, der sicherlich nicht mehr allzu lange durchhalten würde. "Ein Tauschgeschäft wäre meiner Meinung nach etwas, das ich von dir bekommen würde im Gegenzug dazu, dass ich deinen Freunden hier eine funktionierende Fackel verschafft habe... oder dafür, dass ich dir den Weg leuchte, weil ihr offensichtlich nicht die Möglichkeit dazu habt. Das mit den Namen ist einfach nur... ein Höflichkeits-Ding, damit ich dich nicht mit Fremder oder Wilder ansprechen muss" teilte Isaac ihm trotzig auf dessen Worte mit, wobei dieser sich darauf das 'Fremdling' wohl nicht mehr verkneifen konnte, was dem Dunkelhaarigen ein leises Schnauben entlockte. "Isaac, die Freude ist ganz Meinerseits..." Ironie schwang in seiner Stimme mit, als er dem jungen Mann in das Labyrinth aus Gängen zurück folgte. Wobei ihn ein leichtes Schaudern durchfuhr als er irgendwo aus der Ferne seltsame, klopfende Geräusche wahr nahm. Wer oder was war hier noch in der Höhle? Logisch, vermutlich suchten hier auch Tiere oder andere Menschen Schutz vor dem angeblich tödlichen Nebel, wenn er denn wirklich so tödlich war. Aber gut, wieso sollten die alle so Panik schieben wenn es nicht so war?
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Der Fremdling war wohl der Meinung alles besser zu wissen oder was, hmm? Zumindest brachten das seine Worte ziemlich deutlich zum Ausdruck und gleichermaßen war die Provokation auch nicht mehr weit weg. Eigentlich konnte ich damit relativ gut umgehen, aber gerade pushte mich das nur noch mehr hoch und ließ meine Miene immer finsterer werden. Ja, eigentlich bereute ich es gerade sogar schon, dass ich gesagt hatte, dass er von mir aus auch mitkommen konnte. Jetzt hatte ich eine besserwisserische Labertasche an der Backe. Gott sei Dank war Myra bei den anderen geblieben, die hätte mir nämlich mit hundertprozentiger Sicherheit unter die Nase gerieben, dass ich jetzt mal merkte wie ich zu anderen war. Haha. Ich? Niemals! Zuerst schluckte ich meine unfreundliche Antwort, die mir auf der Zunge lag, herunter, aber als der Kerl sich gleichermaßen vorstellte und natürlich gleich noch ein wenig stichelte, konnte ich dann doch nicht anders als mich schwungvoll zu ihm umzudrehen. An der Größe fehlte es uns beiden nicht, wir waren da relativ gleichauf, aber ich wäre wohl nicht ich, wenn mich das davon abhalten würde meine Klappe weit aufzureißen. Ich kannte mich hier aus, das war meine Heimat und er war der fremde Eindringling. Nur weil er ein seltsam leuchtendes Kästchen in den Flossen hielt, hieß das noch lange nicht, dass er ohne uns überleben könnte. Er wäre schon längst vom Nebel dahingerafft worden. "Ich bin kein Wilder, kapiert? Kannst auch gern zurückgehen, ich komm' ganz im Gegensatz zu dir auch allein klar. Und zwar auch ohne diesen.. Kasten." Die Worte kamen gedämpft, aber wie ein kehliges Knurren aus meinem Mund, während ich die Augen leicht zusammenkniff, weil mich das sonderbare Licht leicht blendete. Allerdings verstummte ich, kaum, dass Geräusche an meine Ohren drangen, die definitiv aus der anderen Richtung kamen. Aus der Richtung, in die wir gerade gehen wollten. Ich wandte meinen Blick von Isaac ab, versuchte mich auf die Geräusche zu konzentrieren und wartete einige Sekunden, bevor ich mein Messer aus meinem Gürtel zog. Wenn wir Glück hatten, waren es nur ein paar kleinere Nagetiere, die hier Schutz gesucht hatten. Wenn wir Pech hatten, dann waren es weitere Fremde oder größere Raubtiere. Letzteres wäre nicht so gut, aber verwundern würde es mich nicht. "Dämpf' das Licht, egal wie", raunte ich Isaac zu, ehe ich mich wieder in Bewegung setzte. "Hast du eine Waffe bei dir?"
Gut, eventuell war es ein bisschen zu Viel des Guten gewesen. Eigentlich war er ja auch niemand der sich gerne mit anderen anlegte. Er provozierte zwar mal ganz gerne, aber dann war auch wieder gut, weswegen Isaac nun auch nur ein wenig beschwichtigend die Hände in die Höhe hob und nichts weiter erwiderte, bis Tyr sich wieder umdrehte um den gemeinsamen Weg fortzusetzen - Isaac folgte ihm weiter hin, leuchtete den Weg. Wobei das seltsame Klopfen immer lauter zu ihnen durchdrang, was auch Tyr mittlerweile zu beunruhigen schien. Der zückte nämlich sein Messer und wies Isaac an das Licht zu dämmen. Dieser tat wie ihm geheißen. Er schaltete die Lampe zwar nicht gänzlich aus, weil sie sonst wirklich absolut blind wären, aber er schaltete die Taschenlampe aus und leuchtete stattdessen mit der Helligkeit des Bildschirms was einem sehr viel fahleren Licht entsprach.. "Nein - da wo wir her kommen ist das strafbar" teilte er Tyr auf die Frage, ob er eine Waffe hatte, mit. War so, wer da mit einem Messer oder gar einer Schusswaffe - ob die sowas überhaupt kannten? - rum lief und erwischt wurde, der hatte ein Problem. Zumindest in der Öffentlichkeit, verständlicherweise, dann würde ja jeder jeden einfach so abmätzeln können und es würde noch mehr Kriminalität geben wie ohnehin schon. Hier lief das scheinbar alles, aber wenn er ehrlich war, dann erinnerten ihn diese Menschen hier auch mehr an moderne Höhlenmenschen als an die Leute, wie er sie aus der Stadt kannte. Denen war immerhin sogar ein Feuerzeug unbekannt, das mit dem Handy war ja vielleicht noch zu akzeptieren, aber das Feuerzeug? Nun ja, auch egal.. "Hast du eine Vermutung um was es sich handelt?" hakte Isaac mit gedämpfter Stimme nach, wobei schon bald ein gedämpftes knurren von den Wänden hallte, das nicht mal bestimmen ließ aus welchem der Gänge es kam, die kurz darauf vor ihnen auftauchten. Praktischerweise entdeckte er am Höhlenboden einen Haufen Äste - dachte er zumindest, denn kaum hob er einen von diesen auf, leuchtete den kleinen Haufen dabei genauer an, entdeckte er, dass es sich um einen kleinen, gehäuften Hauchen von Knochen handelte... Oberschenkel, Arm-knochen oder so ein Kram. Auf jeden Fall erschreckte ihn der unerwartete Anblick so sehr, dass er den Knochen sofort wieder mit einem erschrockenen, leisen Stöhnen zurück auf den Boden fallen ließ, was ebenfalls von den niedrigen Höhlenwänden wiederhallte. "Was zur Hölle?"
"You can fool all of the people some of the time, and some of the people all of the time, but you can't fool all of the people all of the time."
Wenigstens hielt der Kerl jetzt seinen Rand und war nicht noch weiter der Meinung irgendwelche oberschlauen Worte von sich geben zu müssen. Hätte mir ja grad noch gefehlt, aber so ließ ich es letztendlich einfach auf sich beruhen und drehte mich wieder um, um weiterzugehen. Ohnehin machte mir im nächsten Moment das sonderbare, immer wiederkehrende Geräusch aus den verwinkelten, engen und recht niedrigen Felsengängen mehr Sorgen. Was auch immer die klopfenden Geräusche verursachte, es bedeutete nichts Gutes. Und umso näher wir kamen, umso angespannter wurde ich. Glücklicherweise schien Isaac zu verstehen, denn keine zwei Sekunden später war das helle Licht aus seinem Kasten gedämpft und erhellte nur noch den direkten Weg vor uns minimal, sodass wir immerhin nicht ganz im Dunkeln umher tappten. „Strafbar? Warum ist das strafbar?“, erwiderte ich vollkommen verständnislos und warf einen kurzen Blick zu Isaac zurück, bevor ich ein weiteres, kleineres Messer hervorzog und es dem jungen Mann reichte. „Hoffen wir, dass wir‘s nicht brauchen.“ Um ehrlich zu sein schwand meine Hoffnung allerdings von Minute zu Minute mehr, vor allem als ein kehliges Knurren aus einer undefinierbaren Richtung kam, das definitiv nicht zu einem Wolf oder Bären gehörte. „Es ist auf jeden Fall nicht das, was ich gern hätte, dass es das ist“, teilte ich dem Fremdling mit leiser, geraunter Stimme mit und blieb in einer kleinen, recht niedrigen Höhle stehen. Ich ließ meinen Blick schweifen, versuchte irgendwas auszumachen und herauszufinden aus welcher Richtung die Geräusche kamen, als es schräg hinter mir klapperte und ich mich ruckartig und angriffsbereit umdrehte, nur um dann herauszufinden, dass Isaac etwas fallen gelassen hatte. „Nicht so..“, fing ich zischend an, unterbrach mich dann aber selbst, als ich sah, was er da fallen gelassen hatte: Knochen. Und nicht nur einer, sondern gefühlt hunderte. Große und kleine. Für einen Moment hielt ich die Luft an, warf dem jungen Mann einen besorgten Blick zu, ehe ich in die Hocke ging und mir die Knochen genauer ansah. Viele waren zertrümmert und bei genauerem Hinsehen erkannte ich, dass der ganze Boden von Knochensplittern bedeckt war. „Leucht‘ mal hierher“, wies ich Isaac an, den leuchtenden Schein auf einen etwas größeren Knochenhaufen zu richten, dessen Knochen größtenteils noch ganz waren. So sauber wie sie abgenagt waren und die schmalen Schnitte darauf.. das waren keine Tiere gewesen, die hier ihre Beute verzehrt hatten. Und das passte auch zu den eigenartigen Geräuschen. Als ich mit meinem Messer dann einige größere Knochen vorsichtig zur Seite räumte und einen Schädelknochen meinesgleichen fand, war mir klar, mit wem wir es hier zu tun hatten. Und das war alles andere als gut. Als hätten wir mit dem Nebel nicht genug Probleme. Vielleicht waren wir hier vor den Tücken der Natur geschützt, aber nicht vor denen, die einen bei lebendigem Leibe auffraßen. Einen Moment lang starrte ich den Schädelknochen noch wie erstarrt an, dann richtete ich mich wieder auf und presste die Kiefer fest aufeinander. „Kannibalen. Hier drin sind verdammte Kannibalen.“ Und als hätten diese Bestien Witterung aufgenommen, hörte ich aus irgendeinem der Gänge schwerfällige, schlurfende Schritte. Als würde etwas von etwas Großem über den Boden gezerrt werden. „Da rüber! In den Felsspalt!“, raunte ich Isaac eilig zu und setzte mich auch schon in Bewegung. Was auch immer passieren würde, wir durften auf keinen Fall zurück zu den anderen und den Kannibalen damit den Weg zu einem Festmahl zeigen. Denn dann wären mehr als genug von uns dem Tod geweiht. Myras, Faye’s und meine Waffen würden bei weitem nicht ausreichen, um gegen fresswütige, grausame Kannibalen anzukommen. Denn ein Kannibale war nie allein..
"Na, weil man damit Menschen verletzen kann? Vor allem die, die eh schon dunkle Gedanken haben? Du weißt was ich meine..." erwiderte Isaac auf die Frage des jungen Mannes, ging aber nicht davon aus, dass dieser die Antwort wirklich verstand, weil es für sie hier offensichtlich normal war, dass sie Messer mit sich herum trugen. Klar, sie jagten ja offenbar auch wie Wilde, auch wenn ihnen das Wort nicht gefiel. Aber etwas anderes forderte seine Aufmerksamkeit, als sie eine kleine Ausbuchtung erreichten, von welcher mehrere Gänge abgingen. Seine Finger brannten, als würden die Knochen in Flammen stehen, was sie natürlich nicht taten. Sie lagen hier schon eine Weile, das war klar. Als Tyr sich wegen des Lärms umdrehte, gesellte er sich recht schnell zu Isaac, wühlte mit seinem Messer - Isaac hielt das, das Tyr ihm gegeben hatte in der rechten Hand, während er mit dem Handy in der linken Hand mit dem fahlen Licht des Displays leuchtete - zwischen den Knochen, bis er einen Schädelknochen eines Menschen frei legte. Das war definitiv der eines Menschen, was Isaac scharf die Luft einziehen ließ. Wo zur Hölle waren sie hier gelandet? Das Gefühl des jungen Mannes wurde auch keineswegs besser, als Tyr ihm offenbarte, dass es hier Kannibalen gab. Kannibalen? Isaac sah den jungen Mann ihm gegenüber entgeistert und mit weit aufgerissenen Augen an. Das war ja wohl ein Scherz? Er wartete darauf, dass jemand aus dem nächsten, dunklen Eck hervor sprang, eine Kamera auf ihn gerichtet hielt, schief grinste und "Reingefallen" schrie, während er sich darüber lustig machte, dass Isaac sich hier gerade fast in die Hose machte, dass sein Herz raste, so schnell wie es noch nie gerast war. Nicht einmal, als er im Amazonas fast einem Krokodil zum Opfer gefallen war, weil ihr Kanu gekentert war. Nicht einmal da hatte er sich so grauenvoll schrecklich gefühlt wie er es hier gerade tat und es fehlte wirklich nicht mehr viel, damit er sich geradewegs übergab, so schrecklich fühlte er sich. "Okay, genug Witze gemacht, ihr könnt raus kommen...." murmelte er, mehr um sich selbst zu beruhigen, doch Tyr schien offensichtlich keine Witze zu machen. Nein, er wies Isaac monoton und bestimmt dazu an in eine Felsspalte mit zu kommen, die gerade so breit war, dass sie mit angehaltener Luft hinein passten. Trotz der absurden Situation tat Isaac wie ihm befohlen, bevor er das Licht des Handys gänzlich aus machte und die Augen einen Moment schloss, weil es gerade ohnehin so finster war, dass er seine eigene Hand vor dem Gesicht nicht erkennen können würde. Er wollte etwas sagen, doch tief in ihm drin wusste er, dass es nun wichtig war still zu sein und wenn möglich sogar den Atem anzuhalten, damit dieses Etwas sie nicht hören konnte. Isaac hatte in diesem Moment sogar das Gefühl, dass dieses etwas sein Herz rasen hören konnte, wenn er diesen Herzschlag nicht sofort in den Griff bekam. Es fühlte sich an, als bekäme er sogleich einen Herzinfarkt, während seine Finger sich so fest um den Griff des Messers von Tyr schlangen, dass seine Knöchel weiß hervor traten. Er wollte gerne einen Blick hinaus wagen, die Neugierde trieb ihn voran, aber die Angst war zu groß, zumal er in der Dunkelheit ohnehin nichts erkannt hätte. Er konnte hören, wie die Schritte immer näher kamen, das Schleifen eines leblosen Körpers über den Boden immer lauter wurde, während sie hier hilflos in einer engen Felsspalte warteten. Warteten worauf? Entdeckt und getötet zu werden? Gefressen? Gefressen von Kannibalen? Das war doch absolut lächerlich! "Und wieso nutzen wir nicht den Überraschungseffekt und wehren uns, anstatt uns zu verstecken?" hakte er nach, so leise wie es eben möglich war, das Tyr ihn hören konnte. Dem Kerl war er gerade ohnehin sehr nahe, weil hier echt nicht viel Platz war.
"You can fool all of the people some of the time, and some of the people all of the time, but you can't fool all of the people all of the time."
"Dunkle Gedanken? Die hat doch jeder.. Oder meinst du irgendwelche dunklen Fähigkeiten? Wenn du irgendwelche schrägen Voraussagungen hören willst, dann gesellst du dich am besten mal zu Faye, die sagt dir bestimmt gern voraus welchen grausamen Tod du sterben wirst." Na, hatte ja nicht mal lang gedauert, bis der Spott zurück in meinen Tonfall gekommen war, auch wenn ich nach wie vor bis zum Zerreißen angespannt war. Und wenig später mehr denn je, denn die Knochen in diesem Teil des riesigen Labyrinths unter der Erdoberfläche stammten auf jeden Fall von meinesgleichen. Von Euripiden. Ich konnte mich zwar nicht erinnern, wann einer der Dorfbewohner verschwunden sein sollte, aber möglicherweise waren das Fremdlinge wie Isaac einer war oder die Knochen gehörten zu Euripiden aus anderen Stämmen. Wie auch immer, ich wollte es eigentlich gar nicht wissen, hatte ich bis dato durchaus immer gehofft, dass das nur Schauermärchen gewesen waren, die die Ältesten den Jüngeren gern mal erzählt hatten, um ihnen einen Schrecken einzujagen. Wie man am besten Beispiel- an mir- sah, hatte es nicht wirklich was geholfen, denn selbst nach all den Jahren konnte ich es nach wie vor nicht lassen mich jeglichem Abenteuer hinzugeben. Auch wenn dieses heute eher unfreiwillig war. Ohne den aufgekommenen Nebel wären wir nämlich niemals hier drin gelandet und hätten dann auch niemals Gesellschaft von Kannibalen bekommen. Nur jetzt war es zu spät, jetzt waren wir allesamt hier drin. Und vielleicht war es auch ganz gut, dass Isaac und ich hierher gekommen waren und die vielen Knochen gefunden hatten, denn so wussten wir wenigstens, dass wir nicht allein hier drin waren. In diesem Fall nicht sonderlich zu meiner Freude, aber immerhin würden wir- hoffentlich- keine bösen Überraschungen erleben. Erst als Isaac auf einmal irgendwas von ihr könnt raus kommen quatschte, lenkte ich meine Aufmerksamkeit weg von den Knochen und auf den Fremdling, den ich ein wenig irritiert aus meinen goldbraunen Augen musterte. Was um alles in der Welt redete er da? Weitere Gedanken konnte ich mir darüber jedoch nicht mehr machen, denn als sich Schritte und ein schleifendes Geräusch immer mehr näherten, konnten wir uns gerade noch so in einer hoffentlich nicht ganz so sichtbaren Felsspalte verstecken. Verdammt unbequem und sicherlich nicht das allerbeste Versteck, aber weglaufen war jetzt nicht mehr. Und kämpfen schon gleich gar nicht. "Wenn du anschließend ein Bein ausgerissen bekommen willst, meinetwegen. Ich enthalt' mich lieber", murmelte ich und lugte aus der Felsspalte hervor. Inzwischen waren mehrere Schritte zu hören, was bedeutete, dass mindestens zwei Kannibalen kamen. Mit dem Arm stieß ich Isaac an, dass er weiter nach hinten gehen sollte, auch wenn es da gefühlt immer enger wurde, aber sicher war sicher. "Und wenn du's genau wissen willst.. ich hab' noch nie einen Kannibalen gesehen. Ich dachte immer das sind nur Geschichten, die sich die Alten ausgedacht haben.. und wenn es nach denen geht ist Angriff das schlechteste was du machen kannst. Sonderlich schlau sind sie scheinbar nicht, aber extrem brutal und schnell. Und so wie es sich anhört sind es mehrere und wir können auf keinen Fall riskieren, dass wir sie zu den anderen führen. Die kennen sich hier drin aus.. wir nicht. Wir wären ein gefundenes Fressen."
Als Tyr ihn mit einem kleinen Schubser anwies weiter in den Felsen hinein zu kriechen, gab Isaac sein Bestes, aber er war wohl zu fett - schlicht und ergreifend zu fett, denn er schaffte es ja kaum mehr sich wieder aus dem Felsen heraus zu winden, so sehr hatte er sich schon in die enge Felsspalte gezwängt, die hinter ihm nur noch enger und enger wurde. Also Platzangst durfte man hier wirklich nicht haben - hatte er aber auch nicht, Gott sei Dank, sonst wären sie jetzt wirklich aufgeschmissen. Es war nicht so, dass Tyr verängstigt klang, aber Isaac war ihm gerade wirklich nahe genug um zu spüren, dass jeder Muskel in dem Kerl angespannt war und sein Atem unruhig und flach ging. Ebenso wie der von Isaac selbst, der sich nicht nur durch die beengenden Felswände unwohl fühlte, sondern auch wegen des Knackens, der Schritte, des leisen Grummelns und des unmenschlichen Schleifens, das ihn sich vor seinem inneren Auge vorstellen ließ, wie sie einen seiner Forscherkollegen hinter sich her schleiften. Das war abartig. Abartig und widerlich, sodass er die Augen so fest zusammen kniff, dass weiße Punkte vor diesen erschienen und er das Bild wieder los wurde, fürs erste zumindest. Wobei er dabei aufmerksam den leisen, gewisperten Worten des jungen Mannes lauschte, dem er so nahe war als würden sie gleich übereinander herfallen. "Ernsthaft? Du hast sie noch nie gesehen, glaubst nicht mal wirklich das sie existieren und bist doch davon überzeugt, dass das nicht ein anderes Raubtier sein könnte? Ein Bär beispielsweise? Oder der weiße Tieger der sich einen deiner Freunde oder meiner Freunde geschnappt hat und ihn jetzt genüsslich verspeist?" murmelte Isaac, weil das für ihn einfach viel logischer klang als Kannibalen. Zumal die Teile die mittlerweile in der kleinen Höhle angelangt waren nicht klangen wie Menschen, ganz gleich ob sie solche verspeisten oder nicht. Sie sprachen kein Wort, gaben nur seltsame Laute von sich. Als dann allerdings ein Knacken ertönte, das Isaac das Blut in den Adern gefrieren ließ, als es schmatzte und die Beiden die sich dort draußen befanden sich offensichtlich um das Beste Stück stritten - so stellte er es sich zumindest vor, konnte wegen der Dunkelheit ja immerhin absolut gar nichts sehen - war ihm egal wer oder was da draußen war, er hoffte nur inständig, dass sie bald wieder verschwanden, er hier raus kam und sich so weit wie möglich von hier entfernen konnte. Lebendig mit Haut und Haaren und ohne gejagt zu werden. Egal ob von einem Gleichgesinnten Menschenfresser oder einem wilden Tier - ganz egal, im Grunde kam es ja auch auf das gleiche raus, oder nicht? Isaac wagte es nicht mehr, auch nur ein Wort zu sagen, der Streit der beiden Kreaturen schien auf jeden Fall auszuarten, sodass das Gefecht etwas lauter wurde und sie mehr und mehr aneinander gerieten, was Isaac nur hoffen ließ, dass sie bald abzischten, auch wenn er andererseits nicht scharf darauf war zu sehen, was dort draußen abging, so würde er doch am liebsten weider sein Handy einschalten und sich diese unbekannten Kreaturen genauer ansehen, schien nicht mal Tyr wirklich zu wissen um was es sich dabei handelte. Und das musste was heißen, schließlich war er hier aufgewachsen - und andererseits kannte er nicht mal ein Handy oder Feuerzeug, was Isaac gleich wieder ein wenig an Mut nahm.
"You can fool all of the people some of the time, and some of the people all of the time, but you can't fool all of the people all of the time."
Taluna Während wir immer weiter ins innere der Höhle vor drangen, versuchte ich krampfhaft, nicht daran zu denken, wie lange wir wohl im Inneren dieser Höhle verweilen würden. Ich hasste es, irgendwo eingeschlossen zu sein und dass niemand außer Faye diesen Ort zu kennen schien, wirkte auf mich auch nicht gerade vertrauenserweckend. Allerdings schien das die einzige Möglichkeit zu sein, unser aller Leben zu retten, also würde ich zur Abwechslung mal die Klappe halten und mich nicht beschweren. Je länger wir weiter gingen, desto dunkler wurde es, weil immer weniger Tageslicht in die Höhle vor Drang. Meine Augen hatten sich gerade an das dämmrige Licht gewöhnt, als die steinien Gänge plötzlich von Licht durchflutet wurden. Ich hob eine Hand vor die Augen und blinzelte einige Male verwirrt, bis ich erkannte, dass das Licht aus dem kleinen Gerät kam, das Isaac schon bei unserer ersten Begegnung bei sich getragen hatte. Dafür war es also gut. Aber wie zur Hölle funktionierte es? Am liebsten hätte ich den Fremden sofort darüber ausgefragt, hielt mich allerdings aufgrund der drohenden Gefahr des Nebels erstmal zurück. Dafür war später noch genug Zeit. Es dauerte schließlich auch nicht mehr allzu lange, bis die engen Gänge sich weiteten und wir in einer Art Raum standen, in dessen Mitte ein klarer See das Licht des Wunderkastens widerspiegelte. Am liebsten wäre ich Tyr und Isaac gefolgt, als diese wenig später beschlossen, das Innere der Höhle weiter zu erkunden. Diese Idee verwarf ich allerdings schnell wieder, als ich mich daran erinnerte, das Tyr momentan wohl nicht so gut auf mich zu sprechen war und es wohl nicht besser werden würde, wenn er herausfand, dass ich die Fremden schon seit Tagen beobachtete.Aber ich wollte einfach wissen, was es mit all ihren seltsamen Gepflogenheiten und Apparaturen auf sich hatte. Und dann machte Isaac Feuer. Einfach so, innerhalb von Sekunden. "Wie..." setzte ich an, verstummte dann aber, bevor irgendjemand merken würde, dass ich überhaupt etwas gesagt hatte. Statt dessen nahm ich Isaac die Fackel aus der Hand und sah kurz zu den beiden jungen Männern hoch. "Seid vorsichtig. Und schlagt euch nicht die Köpfe ein!" war das einzige, was ich ihnen mit auf den Weg gab, bevor ich mich auf machte, mit der Fackel ein Lagerfeuer zu entfachen, damit wir Licht und vielleicht sogar etwas Wärme hier drinne hatten. "Woher sollen wir wissen, wann der Nebel wieder weg ist?" die Frage war an Faye gerichtet, die nur wenige Meter von mir entfernt lag. "Oder hast du gesehen, wie lange er andauern wird?" Ich wusste, dass einige der Euripiden eine Abneigung gegen Faye hegten, warum wusste ich nicht und es war mir eigentlich auch egal. Ich hatte nie wirklich viel mit ihr zu tun gehabt, nicht genug um mir meine Meinung über die Seherin zu bilden. Dass ihr Leben wohl nicht gerade leicht war, konnte ich mir allerdings vorstellen.
Weiße Tigerin? Redete der Kerl hier gerade ernsthaft von Faye's Seelenpartnerin? Isaac hatte echt keinen blassen Schimmer, denn ansonsten würde er nicht so reden wie er es gerade tat. Genauso gut könnte er dann nämlich sagen, dass mein Steinadler mir die Augen auskratzen könnte. Wäre es hier drin in der Felsspalte nicht eh schon so eng, hätte ich jetzt wohl schnaubend den Kopf geschüttelt, so unterließ ich es allerdings und versuchte mich gleichermaßen auf das sich nähernde Wesen, als auch auf Isaac zu konzentrieren. "Lane ist Faye's Schutzgeist und Schutzgeister greifen niemanden unseresgleichen an, ganz zu schweigen von fressen. Und wenn du dir die Einkerbungen auf den Knochen angesehen hättest, hättest du bemerken müssen, dass die unmöglich von einem Tier kommen können. Derartige Abwetzungen und Schnitte können nur von Zähnen und Waffen wie wir sie besitzen kommen. Und da mir nicht bekannt ist, dass andere Euripidenstämme so etwas tun, bleibt nur die Möglichkeit übrig, dass die Alten die Wahrheit erzählt haben." Eine Wahrheit, die ich lieber nicht rausgefunden hätte. Genauso wenig wie ich mir zu gern das widerwärtige Knacken von brechenden Knochen erspart hätte. Inzwischen standen Isaac und ich so dicht beieinander, dass wir uns auch hätten umarmen können, auch wenn ich doch lieber ein wenig Abstand zwischen uns gebracht hätte. Aber die Situation ließ dies nunmal nicht zu, stattdessen versuchte ich so gut wie möglich mit der Felsspalte zu verschmelzen, damit die Menschenfresser uns nicht entdecken konnten. Ich sah sie nämlich nicht. Genau genommen sah ich rein gar nichts, denn es war stockfinster. Selbst Isaac konnte ich nicht ausmachen, so dunkel war es, obwohl wir dicht an dicht in der Felsspalte eingeklemmt standen und ich seinen Körper spürte, genauso wie seinen flachen Atem. Das Grunzen und Schmatzen und unverständliche Gegröle der Viecher da draußen nur wenige Meter von uns entfernt wurde immer widerlicher und schaudriger, sodass ich am liebsten aus der Felsspalte hervorgekrochen wäre und schleunigst das Weite gesucht hätte, aber dann wären wir von den Kannibalen entdeckt worden. Moment.. halt. Wenn sie in dieser Dunkelheit gut sehen konnten, so wie nachtaktive Tiere, dann hätten sie uns mit Sicherheit schon längst entdeckt. Was wiederum bedeutete, dass sie entweder gar nicht oder sehr schlecht sehen konnten. Was auch wiederum bedeutete, dass sie.. verflucht! Wenn sie nicht sehen konnten, mussten sie ja trotzdem irgendwie zu ihrer.. menschlichen Beute kommen, was nur bedeuten konnte, dass der Geruchssinn und der Gehörsinn der Kannibalen um ein Vielfaches verstärkt sein müsste. Und wenn ich mit dieser Vermutung richtig lag, dann saßen wir sowas von in der Scheiße. Nicht nur wir, sondern vielleicht auch alle anderen. Nun noch angespannter und irgendwie aber auch unruhiger geworden, atmete ich tief durch, während mein Hirn fieberhaft nach einem Ausweg suchte. Warum verflucht hatte Faye nicht sowas vorhergesehen?!
Tyr und Isaac machten sich kurz darauf auch schon auf zu untersuchen ob der Nebel schon weit in die Höhle vor gedrungen war und sie hier wirklich sicher waren. Die Seherin sah das nicht als besonders gute Idee an, ließ sie aber gehen weil sie auch kein Argument parat hatte das dagegen sprach. Einmal davon abgesehen war sie schon wieder so wahnsinnig fasziniert von dem kleinen Feuer-Macher, dass ihr im ersten Moment sowieso die Reaktion dazu fehlte und dann waren die beiden jungen Männer die sich gegenseitig mehr anschnauzten als sonst was, auch schon verschwunden. Faye sah noch einen Moment auf die Fackel, die nun Taluna an sich genommen hatte, bevor sie sich an der kalten Felswand entlang nach unten auf den Boden sinken ließ und die Beine anzog, sodass sie ihre Arme locker darum schlingen konnte. Es war kühl, das Lagerfeuer das Taluna entfachte tat in dieser großen Höhle nur einen kleinen Teil dazu bei sie aufzuwärmen, war aber definitiv besser als nichts. Sie versank in ihren Gedanken, während ihr Blick auf dem Fell der weißen Tigerin lag, die durch das lodernde Feuer orangen Schimmerte. Erst als die Euripidin sich an Faye wandte, hob diese den Blick wieder an und tauchte aus ihrer Gedankenwelt auf und zurück in die Realität. Sie benötigte eine Sekunde um deren Frage zu verarbeiten, bevor sie mit den schmalen Schultern zuckte. "Der Nebel bleibt ja nie sonderlich lange, ich gehe schwer davon aus, dass wir bald den Rückweg antreten können." teilte sie Taluna wahrheitsgemäß mit, machte damit aber auch kund, dass sie nicht gesehen hatte, wie lange er blieb. Zumeist sah Faye ohnehin nichts, was in einen zeitlichen Raum passte, sie sah einzelne Ereignisse, Fetzen davon und hatte einfach ein Gefühl dafür entwickelt ob es bald eintreten würde der erst in fernerer Zukunft, wobei sie das nie mit Sicherheit sagen konnte. Sie konnte auch nie sagen wie lange die Szenen andauerten, die vor ihren Augen auftauchten wann und wie sie wollten, es könnte sich um Sekunden, aber auch um Stunden handeln. Wobei der Nebel tatsächlich so schnell ging, wie er eben auch kam. Und das war zumeist wirklich sehr schnell und unerwartet - nur wenn man hier aufgewachsen war kannte man die Anzeichen dafür. Der Wald verstummte schlagartig, es war kein Tier mehr zu sehen, kein Insekt und plötzlich war er da. Der fahle, weiße Tod der einen einhüllte und einem die Luft zum Atmen nahm. Als Faye gerade zu weiteren Worten ansetzen wollte begann eine der jungen Frauen der Fremdlinge zu kreischen: "Wo sind Anevay und Akio?" kreischte sie, woraufhin Faye die Haare zu Berge standen, weil es so eine helle, aufgeregte Stimme war die in den Ohren schmerzte. "Sie sind weg! Wie lange sind sie schon weg?" kreischte sie weiter, selbst Lane wurde dieses Gekreische unheimlich. Die Tigerin saß geduckt am Boden neben Faye und hatte die Ohren angelegt, ihr Schwanz peitschte nervös hin und her. "Was, wer ist weg? Immer mit der Ruhe..." murmelte Faye und stand auf, sah fragend zu Taluna, in der Hoffnung sie hatte eine Ahnung um wen es sich bei den Beiden genannten handelte.
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Schutzgeist? Was zur Hölle war ein Schutzgeist und wieso versicherte ihm das, dass der Tiger keinen Hunger auf ihn bekam? Das war doch bescheuert. Wobei alles weitere zwar logisch in seinen Ohren klang, aber ihm hätte im Leben nicht auffallen können. Wie denn auch? Er kam immerhin nicht von hier und da wo er her kam; im Großstadtjungle, da gab es nun mal keine Kannibalen. Gott sei Dank. Allerdings erwiderte er fürs erste nichts mehr auf die Worte des jungen Mannes, weil das Grunzen, Knacken, Schmatzen und Schreien der Kreaturen immer widerwärtiger und lauter wurde und Isaac wollte sie bei Gott nicht aufmerksam auf sie Beide machen, ihm war sein Leben nämlich definitiv lieb und er hatte nicht vor von brutalen Kannibalen verspeist zu werden. Nicht heute, nicht morgen und überhaupt niemals, wenn er mal ehrlich mit sich selbst war. Wenn gleich ihn das auch alles sehr neugierig machte und er vor hatte das alles ein wenig genauer zu studieren, sofern er hier wieder lebendig raus kam und nicht von Kannibalen, giftigen Nebeln oder Tigern die eigentlich im Schnee lebten getötet wurde. Der Streit der beiden Kreaturen schien auszuarten, sodass sie sich schon bald zurück zogen und es leiser wurde - wobei sowohl Isaac und auch Tyr der Stille noch nicht ganz zu trauen schienen, sie beide hielten noch den Atem an, lauschten den leiser werdenden Geräuschen und bewegten sich keinen Zentimeter von der Stelle, auch wenn es wohl Beiden eher unangenehm war so dicht beim jeweils anderen zu stehen. Aber hey, was tat man nicht alles um zu überleben? Erst als einige Minuten - oder waren es nur Sekunden gewesen? - verstrichen waren in denen beklemmende Stille geherrscht hatte, rührte sich Tyr wieder, ging langsam aus der Felsspalte hinaus, Isaac tastete sich hinter ihm her, hasste es so blind zu sein wie er es gerade war. "Meinst du ich kann das Licht wieder an machen?" wisperte er leise, als er das okay hatte, tat er es und bereute es sogleich. Der Boden war überflutet von dunkelrotem, frischem Blut, neben einem aufgerissenen Oberkörper in der Mitte der kleinen Ausbuchtung von der ein paar Gänge ab gingen, lag an der Wand zur Rechten ein wahllos abgerissener Arm, ansonsten war von einem Menschen nicht mehr viel zu sehen. Das alles war schon widerwärtig genug, als Isaac allerdings bewusst wurde, dass diese Kleiderfetzen seiner Zivilisation entstammten und der Körper den hässlichen, hellrosanen Pullover entsprach den Akio getragen hatte, wurde Isaac so schlecht, dass er sich im nächsten Eck übergeben musste. So wenig er das auch wollte, er wurde von dieser Übelkeit regelrecht überfallen, sodass er gar nicht anders konnte. Er war eigentlich recht hart im nehmen, er hatte den Asiaten auch nicht sonderlich gut gekannt oder besonders viel mit ihm am Hut gehabt, aber sowas hatte er bei Gott nicht verdient und außerdem bedeutete das, dass diese Kreaturen seine Freunde entdeckt hatten, oder nicht? Waren die Beiden überhaupt mit in die Höhle gekommen? Isaac konnte sich nicht daran erinnern, während er sich den Mund abwischte, den Blick aber besser nicht mehr in Richtung der Körperteile schweifen ließ... "Das ist... oh Gott..." murmelte er, brachte den Satz aber nicht zu Ende, weil es sich unausgesprochen nicht ganz so real anhörte.
"You can fool all of the people some of the time, and some of the people all of the time, but you can't fool all of the people all of the time."