Ähm ja, das haben wir ja wieder einmal wunderbar überdacht. xDD ______
Isabella Wie hatte es uns passieren können, ein so ausschlaggebendes Detail unseres Fluchtplans zu übersehen?! Die Tür. Eigentlich das Erste, was uns in den Sinn hätte kommen müssen, aber wir hatten uns stattdessen mit allem anderen beschäftigt - nur nicht damit. Ich fror in jeglicher Bewegung ein, als durchsickerte, dass wir auf diesem Wege nicht nach draußen gelangen würden und für mich war es nun bereits fast beschlossene Sache, dass wir überhaupt nicht mehr hier heraus kommen würden. Dass wir entweder im Feuer verbrennen würden oder aber zu Shane und Lincoln zurückangekrochen kommen müssten, die uns im Endeffekt jedoch mit Strafen entgegenkämen, bei denen ich mir sowieso wünschen würde, tot zu sein. Mein panischer Blick streifte Alessia, die ebenfalls fieberhaft nachzudenken schien, als sie mich dann jedoch plötzlich am Arm nahm und in die Küche zog, wo das Feuer noch keinen Schaden angerichtet hatte. Aus einer spontanen Kurzschlussreaktion - wie ich so annahm - schlug Alessia dann auch direkt das Fenster ein, wobei natürlich ein extrem lauter Krach entstand. Mir wäre allerdings auch nichts besseres eingefallen und eigentlich war ich einfach nur froh, dass meine Freundin (mittlerweile waren wir wohl tatsächlich soetwas in der Art geworden) im Gegensatz zu mir nicht in eine Schockstarre verfiel. Nichts zu tun wäre die schlechteste Option von allen gewesen. Wir bemühten uns also so schnell es ging aus dem Fenster zu kommen, was sich besonders für mich mit meinem Bein als schwierig gestaltete, und rannten dann los - wobei ich natürlich von Alessia leicht gestützt wurde. Aber mein Bein machte sich dennoch bemerkbar und ich konnte nicht anders als automatisch das Tempo zu drosseln, weil ich eben gerade erst mit einem Stock vernünftig gehen konnte. Irgendwann hielt ich dann ruckartig an und löste Alessias Hand sachte aber bestimmt von meinem Arm: "Geh ohne mich, Alessia, alleine bist du schneller. Sie haben es ohnehin schon längst gemerkt und werden uns im Nu einholen. Wenn du jetzt losläufst, hast du eine bessere Chance." Meine Stimme war atemlos und eindringlich, während ich die Italienerin aus ernsten Augen ansah und hoffte, dass sie meiner Bitte entgegenkommen würde. Wenn sie uns beide packen würden, hätte ich zusätzlich zu meiner Verzweiflung auch noch ein schlechtes Gewissen obendrein und ich konnte nicht selbstsüchtig genug sein, um Alessia ebenfalls um ihre Freiheit zu bringen, nur weil ich nicht alleine in der Gefangenschaft leben wollte.
// Hatte jetzt keine Zeit mehr für Lincoln, aber wollte endlich antworten. Du kannst Shane ja ab dem nächsten Post wieder einbringen und ich mach Lincoln dann in meinem nächsten. ^^
Wiesoooo muss ich schon wieder zuerst mit den Jungs anfangeeeeen? .-. Ich hasse das… Darum jetzt leider kinda crappyyyy. ________
Alessia Es war verdammt anstrengend, von der langsam Feuer fangenden Hütte weg zu kommen. Viel anstrengender, als die Brünette sich das vorgestellt hatte. Nicht nur, weil Isabella nicht anständig rennen konnte, sonder auch weil sie selber kaum Kraft hatte. Lag wohl daran, dass sie die letzten Wochen kaum anständig gegessen und geschlafen hatte, Einiges an Gewicht und damit auch Muskeln abgegeben hatte. Sie fühlte sich schwach, ausgelaugt, eigentlich überhaupt nicht bereit für diese Flucht. Aber der Gedanke, dass sie die beiden Menschen, die sie zurückgelassen hatten, nochmal wiedersehen mussten, war so schlimm, dass sie gar nicht anders konnte, als angestrengt weiter zu rennen. Bis Isabella auf einmal einfach stoppte und Alessias Hand von ihrem Arm löste. Sie wollte schon protestieren, als ihre Freundin mit einer Erklärung rausrückte. „Sicher nicht, spinnst du?! Ich lass dich doch nicht zurück, würdest du das denn tun??“, fragte sie sofort, nur um gleich wieder den Arm der Brünette zu nehmen und sie weiter zu ziehen. Sie hatten keine Zeit, hier zu diskutieren und sich zu unterhalten. Es würde nicht lange dauern bis die Jungs ganz genau wissen würden, wer das Feuer gelegt hatte und jetzt weglief. War ja auch kein grosses Rätsel. Also galt es, so viel von dem lichten Wald wie möglich zwischen sich und ihre Verfolger zu bringen, so gut wie möglich abgeschirmt zu sein vor deren Augen. Klar wäre es dumm, wenn sie beide geschnappt werden würden. Aber sie konnte und wollte nicht alleine entkommen. Sie wüsste gar nicht, was sie dann tun sollte. Es würde ewig dauern, bis sie die Zivilisation erreichen würde um Hilfe zu rufen. Und dann könnten die Arschlöcher mit Isabella schon nirgendwo und überall sein. Also war das schlichtweg keine Option. Entweder sie schafften es beide oder gar nicht.
Shane Dieses Spiel war echt, echt scheisse. Nicht nur, weil seine Mannschaft einfach einen Fehler um den anderen machte, sondern auch, weil es irgendwie nicht unterhaltsam war, den Menschlein im Fernseher zuzuschauen, wie sie um einen einzigen dummen Ball kämpften. Einen Ball. Was Dümmeres konnte man doch echt nicht wollen. Und trotzdem blickte er weiter auf den Bildschirm, konnte seiner Laune förmlich dabei zuschauen, wie sie langsam aber sicher den Berg hinunter kroch. Und irgendwann reichte es ihm dann auch wirklich. Er wollte sich gerade erheben, um in der Küche ein frisches Bier zu holen und dabei auch gleich nach ihren beiden Schützlingen zu schauen, da war ein lautes Scheppern aus genau dieser Richtung zu hören. Er stöhnte sehr genervt auf, beeilte sich aber auch unmittelbar damit, zur Tür zu stürzen, die in den Flur führte. Und kaum hatte er die aufgerissen, schlug er sie auch sogleich wieder zu. Ihm kam sofort eine unerträgliche Hitze, begleitet von dem Gestank nach dichtem Rauch und jungen, lodernden Flammen entgegen. „Verdammte Scheisse!“, fluchte er sofort laut, machte die Tür erneut auf, nur um festzustellen, dass es da keinen Weg mehr durch gab. Der ganze Flur inklusive Wänden, Möbel und Türen schien im frischen Feuer zu lodern, das das alte Holz nur zu gerne zu verschlingen schien. Shane stürzte, die Tür wieder zugeschlagen, hastig zum Fenster, an dem er kurz rüttelte. Die Schlüssel waren nicht an seinem Schlüsselbund sondern in einem abgeschlossenen Schrank.. Im Flur. Also keine Schlüssel. Er schnappte sich einen Stuhl, der um den grossen Tisch im Wohnzimmer gestanden hatte, schlug damit ohne zu zögern das Fenster ein um gleich darauf nach draussen und von da ums Haus herum zu hechten. Aber sein Verdacht bestätigte sich und das Küchenfenster war ebenfalls eingeschlagen, die Mädchen nicht mehr zu sehen. Und sie mussten sich wohl schnell entscheiden, ob sie das Haus oder ihre Schätze retten wollten. Das Haus würde verbrennen, da gab es nicht mehr viel zu rütteln. Und wenn die Mädels abhauten, wären sie am Arsch. Also hatte sich diese Entscheidung relativ schnell geklärt. Shane blickte angestrengt in den Wald vor ihnen, versuchte eine Bewegung auszumachen. „Sie können unmöglich so schnell sein… Das Bein ist noch nicht mal geheilt... Es gibt also keine Entschuldigung, lass uns mal wieder jagen gehen“, meinte er mit dunklem, unheilvollem Ton in der Stimme, dazu passendem Gesichtsausdruck zu Lincoln, der mittlerweile neben ihm stand. Mit diesen Worten setzte sich der junge Mann in Bewegung. Und zwar eindeutig schneller als zwei ausgehungerte Mädchen, die noch nicht mal richtig rennen konnten.
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I'm soooo sorry, ich bin so dermaßen im Abistress ich komm zu gar nichts mehr. .______. Ich mach jetzt mal nur Lincoln, Isabella rennt ja eh nur durch den Wald, und hab keine Zeit. xD _______
Lincoln Wir hatten die zwei Weiber tatsächlich um Einiges unterschätzt, beziehungsweise uns wohl in falscher Sicherheit gewogen und ihnen bereits zu viele Freiheiten erlaubt. Nach Monaten in diesem Haus und fröhlichem Zusammenleben hätte man ja durchaus davon ausgehen können, dass man Alessia und Isabella zumindest mal ein wenig unbeaufsichtigt in der Küche herumwerkeln lassen konnte. Aber nein, eindeutiger Trugschluss, denn jetzt stand das ganze verdammte Haus in Flammen und die Mädchen waren auf und davon. Die Flucht war sowieso für die Katz', denn wir würden sie in Null komma Nichts eingeholt haben, aber mussten sie schon wieder solche Umstände machen? Sie waren durchs Küchenfenster entkommen, ich und Shane hingegen hatten keine andere Möglichkeit gehabt, als das Wohnzimmerfenster einzuschlagen. Und jetzt standen wir hier - neben uns unser trautes Heim, das gnadenlos niederbrennen würde und vor uns der weite Wald, durch den unsere Püppchen entkommen wollten. Ich stieß ein wütendes Knurren aus, während meine Hand sich beinahe automatisch um den Griff meiner Waffe, hinten an meinem Hosenbund legte. "Du sagst es. Sie werden diese beknackte Aktion mehr bereuen, als sie sich hätten denken können!", stieß ich kopfschüttelnd hervor, ehe ich Shane in einem ordentlichen Tempo in den Wald folgte. Die Mädchen hatten Spuren hinterlassen - klar, das letzte worauf sie jetzt achteten, war es möglichst unauffällig vorzugehen. Alles in Einem war es jedenfalls ziemlich einfach ihre Richtung einzuschlagen und der Spur zu folgen. Ich freute mich bereits jetzt auf die entsetzten Gesichter, die uns erwarteten. Die Verfolgungsjagd hatte trotz allem doch immer wieder ihren Reiz. Es dauerte nicht allzu lange, bis wir uns den zwei Schönheiten näherten. Man hörte ihre schleppenden Schritte, den angestrengten Atem, das Knacken, wenn ein Ast unter ihren Füßen zerbrach. Ein böses Lächeln schlich sich auf meine Lippen, als ich einen Seitenblick auf Shane warf, woraufhin wir unser Tempo relativ lautlos nochmal beschleunigten, sodass wir uns irgendwann unbemerkt fast direkt hinter den Mädchen befanden. "Wo genau wollt ihr zwei Hübschen denn hin?", fragte ich urplötzlich in die Stille hinein, ohne direkt Gebrauch von meiner Waffe zu machen. Lieber wollte ich sehen, wie den zwei Damen das Herz in die Hose rutschte. Ob Shane seine Lady auch verschonte, wusste ich allerdings nicht.
Das ist doch kein Problem, versteh ich und mach dir bloss nicht noch zusätzlichen Stress mit dem hier… Das rennt nicht weg. :3 _______
Alessia Es war so unglaublich anstrengend zu rennen, mit ihrem Herz, dass schon allein von dem ganzen Adrenalin, welches durch die Fluch in Unmengen ausgeschüttet wurde, im Takt eines Presslufthammers gegen ihre Rippen sprang. Dazu kam die Anstrengung des Laufens, was kombiniert dazu führte, dass die Brünette kaum Atmen konnte, mühsam mit Isabella zwischen den Bäumen durch huschte. Sie wollte sich weder vorstellen, wie es ihrer Freundin mit dem Bein, das noch weniger verheilt war als das von Alessia selber, ging, noch wollte sie sich vorstellen, was passierte, wenn sie es nicht schafften. Aber es musste reichen, dieses eine Mal nur. Ein Bisschen Glück nach den ganzen Wochen der Hölle! Sie hörte die Schritte hinter sich, das Atmen, das nicht von ihnen stammte, die Geräusche der Verfolgung, auch wenn sie sich kein einziges Mal umzudrehen wagte und bitter darauf hoffte, dass alles nur Einbildung war. War es aber nicht. Und viel zu bald hörte sie auf einmal Lincolns Stimme. Direkt hinter sich. Die Brünette zuckte schrecklich zusammen, wäre dadurch fast noch mit Isabella gestürzt, die sie noch immer gestützt hielt. Oder einfach voller Schrecken umklammerte. Stützen brauchte sie sie nicht mehr, denn Alessia blieb sofort stehen. Sie wagte es nicht, sich umzudrehen, sich überhaupt zu bewegen, irgendwas zu sagen oder zu tun. Schon wieder. Das konnte nicht wahr sein! Wie hatte es schon wieder nicht klappen können?? Der Plan war fast perfekt gewesen, nur die Tür hatte nicht funktioniert - wie hatten sie sie so schnell eingeholt? Wieso kümmerte sie das brennende Haus überhaupt nicht? Wieso, verdammt, schon wieder nicht? Ihr Körper war unter Hochspannung, während sie verloren in den Wald vor sich starrte, darauf wartete, seine dreckigen, verhassten Finger wieder auf ihrer zitternden, kalten Haut zu spüren. Das konnte nicht wahr sein. Würden sie es wirklich niemals schaffen? Waren sie wirklich dazu verdammt, ihr ganzes, jämmerliches Leben als Sklaven und Eigentum dieser Männer dahin zu fristen? Dann wollte sie nicht mehr leben. Alessia drehte sich langsam um, zuerst mit gesenktem Kopf. Sie sah die Waffe, die in seiner Hand lag. Wieder bereit, zu schiessen. Wäre ja nicht das erste Mal. Sie atmete bemüht ruhig ein und aus, obwohl ihr Herz sich keinen Meter beruhigt hatte. Sie hob ihren Blick dann doch und traf damit seine Augen. Er grinste. Freute sich, sie so schnell eingeholt zu haben. Triumphierte darüber, dass sie nicht entkommen konnten. Wahrscheinlich genoss er die verlorene Hoffnungslosigkeit, die in ihrem Blick lag und ihm seine Genugtuung verschuf. „Tötest du mich jetzt?“, fragte sie leise, vermied in letzter Sekunde, ein ‘Bitte’ anzuhängen. Weil sie nicht wollte, dass er verstand, dass das gerade eigentlich mehr eine Bitte als eine Befürchtung gewesen war. Er sollte nicht denken, dass er ihr damit einen Gefallen tat. Weil dann würde er es wohl aus reinem Protest dagegen nicht tun…
Shane Er war in erster Linie einfach nur verdammt wütend. Wie konnten sie ernsthaft daran glauben, hier aus eigener Kraft zu entkommen?? Das war vollkommen unmöglich, wo Isabella noch nicht mal ordentlich laufen konnte! Aus gutem Grund auch, weil er ihr eine Kugel ins Bein geknallt hatte, DAMIT SIE NICHT WEGLIEF. Und was fiel ihr ein? Weglaufen! Ja, genau, das war ihre beste Idee! Unglaublich dumm. Einfach nur unglaublich dumm. Zudem hatten sie das verdammte Haus abgefackelt, mit allem, was noch drin war. Gut, selber schuld - denn das waren auch all ihre Sachen, die sie nicht schon auf der Insel verloren hatten. Aber die würden sie jetzt ohnehin nicht mehr brauchen. Wozu auch. Gewissermassen hatte Shane doch gerade Bock drauf, seiner Prinzessin einfach den Hals umzudrehen. Aber das konnte sie vergessen, diesen Gefallen tat er ihr sicher nicht. Wenn sie durch seine Hände starb, dann langsam und qualvoll. Spätestens nach dieser Aktion. Als sie die zwei hübschen und furchtbar langsamen Brünetten schliesslich eingeholt hatten - was im Übrigen wirklich einfach gewesen war - wartete Shane regelrecht darauf, dass sie begriffen, wer gerade direkt hinter ihnen war. Taten sie auch, sobald Lincoln ihren Standort preis gab. Shane fackelte dann aber nicht lange sondern riss Isabella nach wenigen Sekunden schon aus Alessias Arm und drückte sie gegen den nächsten Baum. Er hatte wie immer ihre Füsse gesichert und seine Hände krallten sich in ihre schmalen Schultern. Sie hatte abgenommen in den letzten Wochen, weil sie nicht recht ass. Was er nebenbei bemerkt auch sinnlos fand. Sie wurde damit nicht weniger attraktiv für ihn. Denn er fühlte sich längst nicht mehr nur durch ihr Aussehen zu der Brünetten hingezogen sondern viel mehr durch den blossen Gedanken, dass sie einfach einzig und allein ihm gehörte und sein Spielzeug war. Das nun wieder dabei war, eine sehr wichtige Lektion zu lernen. „Was zur Hölle sollte das werden?“, knurrte er sie wütend an, ehe sie sich auch schon einen wutgeladene, deftige Ohrfeige einfing.
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Danke. :3 Also gerade hab ich eine einigermaßen entspannte Phase, die sollte ich zum Schreiben nutzen, weil es dann erst richtig losgeht. xD ______
Isabella Neeeeeein! Ich konnte es nicht verhindern, dass ich mordsmäßig zusammenzuckte und vor Schreck einen leisen Schrei ausstieß, als ich Lincolns Stimme urplötzlich hinter uns vernahm. Es war wie ein wahrgewordener Alptraum. Obwohl wir uns ja sowieso schon dauerhaft in einem solchen befanden. Ich starrte vollkommen regungslos auf Lincolns Waffe, als dann jedoch Shane hervorpreschte und mich grob gegen einen Baum stieß. Verdammt. Ich sah aus aufgerissenen Augen in sein Gesicht, während er seine Finger in meine knochigen Schultern krallte. Würde das hier jemals aufhören? War ich bis an mein Lebensende dazu verdammt, seine groben Hände an meinem Körper zu spüren und von ihm beherrscht und erniedrigt zu werden? Ich konnte nicht mehr. Ich würde es einfach nicht mehr lange aushalten. Es wunderte mich nicht, dass Shane ausholte und mir eine Ohrfeige verpasste, die brannte wie Hölle. Wie immer eben. Und er schrie mich an. Was genau das hier hatte werden sollen... Ich starrte ein paar Sekunden lang nur stumm zu Boden, bevor ich dann den Blick hob und plötzlich den blanken Hass in mir aufsteigen spürte. "NA WONACH SIEHT ES DENN AUS?!", brüllte ich entsprechend einer Kurzschlussreaktion zurück, die es so schon lange nicht mehr gegeben hatte. Ich war leise und mutlos geworden. Matt. Hatte nicht mehr viel von meinen ursprünglichen Wesenszügen zeigen wollen und können. Und jetzt schrie ich Shane doch tatsächlich an, das war bestimmt seit Monaten nicht mehr vorgekommen. Ich erkannte meine eigene Stimme nicht mehr wieder, war überrascht von meinem eigenen Ausbruch, der vermutlich wieder mal mit ein paar Schlägen belohnt werden würde... Genauso schnell wie ich meine Stimme erhoben hatte, war ich aber auch wieder verstummt, sagte kein Wort mehr, versuchte nicht mich zu befreien, starrte einfach leer hinter Shane in den dunklen Wald und wartete auf seine wütende Reaktion.
Lincoln Ich hatte meinen Blick vollkommen zielgerichtet auf Alessia fixiert, verfolgte jede ihrer Bewegungen und die mutlose Haltung, die sie eingenommen hatte. Da gab wohl jemand auf - kein Wunder, nachdem scheinbar jeder Plan zum Scheitern verurteilt gewesen war, den sie bis jetzt geschmiedet hatten. Der heutige war ehrlich gesagt gar nicht so schlecht gewesen, allerdings hätte ihnen beiden doch klar sein müssen, dass sie zumindest warten sollten, bis sie wieder anständig laufen konnten. Wie wollten sie denn in dem Tempo entkommen? Ich stieß ein betont langes Seufzen aus, während ich auf Alessia zutrat, den Lauf meiner Waffe fest auf die linke Seite ihres Brustkorbes gerichtet. Natürlich würde ich sie nicht töten. Falls mir jemals danach sein sollte, dann würde ich den Zeitpunkt, den Ort und die Art ihrer Todesursache bestimmen. Diesen Spaß würde ich mir um nichts in der Welt nehmen lassen. Ich trat einen weiteren Schritt auf Alessia zu, bis die Waffe gegen ihren Oberkörper drückte und heftete meinen intensiven Blick direkt auf ihre matten Augen. Sie sah nicht aus, als hätte sie noch irgendwelche Hoffnungen darauf, mir jemals zu entkommen. Stattdessen sah sie mich beinahe teilnahmslos an - als wäre es ihr egal, ob sie unter diesen Umständen lebte oder starb. Das gefiel mir nicht. Es war viel lustiger mit Alessia gewesen, als sie noch aufsässig gewesen war und ihr Temperament nicht hatte zügeln können. So matt und lustlos wie sie jetzt war, machte es viel weniger Freude sie zu quälen. Es gab einfach nicht mehr viel, was ich in ihr vernichten könnte - was ich mir zu eigen machen konnte. Ich besaß ja bereits alles, sie hasste mich mit jeder Faser ihres Körpers. Interessant wäre es zu sehen, wie sich das ganze verhielt, nachdem sie einen Moment der Freiheit geschmeckt hatte. Was wäre, wenn ich sie laufen ließ... ihr das Gefühl gab, dass sie frei war und dass sie in ihr altes Leben zurückkehren durfte. Und dann, wenn sie gerade begann das Leben wieder zu genießen würde ich sie mir zurück holen und vielleicht auch noch das, was sie am meisten liebte. Meine Augen begannen bei dieser Idee zu leuchten - für sie vermutlich unverständlich und zusammenhangslos - jetzt wusste ich allerdings nur nicht, wie ich das Ganze mit Shane besprechen sollte. "Nein Alessia... ich töte dich nicht. Wie kommst du darauf, dass ich mein eigenes Besitzeigentum auslöschen wollen würde?", schüttelte ich tadelnd den Kopf, während ich eine Hand ausstreckte, um ihr sanft durch die Haare zu fahren. Dann jedoch packte ich ein paar Strähnen und zog ihren Kopf grob in eine recht unangenehme Position, sodass ich ihr ins Ohr raunen konnte: "Aber für diese Aktion hier... wirst du bitter büßen müssen, denkst du nicht?" Ich ließ ihre Haare unvermittelt wieder los und zerrte sie stattdessen am Arm in Richtung Shane und Isabella. Den würde ich nun leider unterbrechen müssen, so leid es mir tat, aber naja. Ich machte Shane mit einem kurzen Räuspern auf mich aufmerksam und murmelte ihm dann leise meinen Plan ins Ohr, sodass die Weiber natürlich nichts davon hörten. Anschließend sah ich ihn abwartend an, neugierig, was er von dem Ganzen hielt und ob ihn die Idee genauso begeisterte wie mich.
Na dann viel Glück mit allem was noch kommt... xD ________
Shane Er verstand nicht, warum sie so geschockt schauen musste. Ja, sie brauchte gar nicht so zu tun, als hätte sie das nicht erwartet. Was glaubte sie denn?? Dass sie jetzt wegspazieren konnten? Klar. Als sie ihn anschrie wurde er eigentlich nur noch wütender. Wobei sie zu schnell auch direkt wieder resignierte und in den Wald starrte. War aber genauso unlustig. Er konnte sich echt nicht erklären, warum die beiden Mädchen schon so derart abgeschlossen hatten. Klar, sie waren eingesperrt, konnten nicht fliehen, wie man hier wieder mal so gut sah. Aber er hatte sich das alles doch etwas anders vorgestellt. Vielleicht waren sie einfach noch nicht an dem Punkt angekommen, aber er hatte sich ausgemalt, dass seine Prinzessin zwar in ein Loch fallen würde und durchdrehte, sich dann aber wieder davon erholte, sich an das gemeinsame Leben gewöhnte und sowohl ihn als auch die Umstände akzeptierte. Und jetzt? Ja jetzt tat sie beinahe so, als wäre sie vollkommen verloren, auf ewig. Dabei hatten sie doch ein ganz gutes Leben. Viele andere würden davon träumen, so leben zu können wie die beiden Brünetten! Er kam nicht dazu, weiter darüber zu sinnieren, da Lincoln offenbar irgendwas im Sinn hatte. Tatsächlich zog Shane einen Moment die Augenbrauen hoch, als er die Worte seines Kumpels vernahm. Sie einfach gehen lassen? Das war zu einfach… Oder nicht? Sie mussten es auf jeden Fall überdenken, damit keine Details dabei verloren gingen. Sie mussten sie mit Auflagen gehen lassen, sie so sehr einschüchtern, dass sie niemals auf die Idee kamen, auch nur einem einzigen Menschen davon zu erzählen, was in den letzten Wochen passiert war. Keiner sollte das je erfahren. Weder durften sie sagen, wer sie gefangen gehalten hatte, noch wo oder was passiert war. Da sie aber sicherlich in Polizeigewahrsam gelangen würden, kaum wären sie wieder zu Hause, wäre die beste Lösung wohl ein vorgetäuschter Gedächtnisschwund… Und das müssten sie vollkommen ernstzunehmend rüberbringen können. Ja und ausserdem würde Shane sich besser fühlen, wenn er seiner Prinzessin vor dem Abschied noch ein Geschenk verpassen könnte. Einen Mikrochip, den sie niemals spüren würde und von dem sie nichts wusste. Damit er sie immer wieder finden konnte. Hm. „Zum Auto. Wir bringen sie zum Auto, Lincoln, lass uns erstmal in ein Hotel fahren“, wandte er sich mit einem Nicken an seinen Kumpel, signierte ihm damit, dass er sie nicht hier mitten im Wald gehen lassen würde. Es gab vielleicht vierzig Minuten von hier ein Hotel, in dem keiner Fragen stellen würde. Da sollten sie hin fahren, sich ein Zimmer nehmen und das alles besprechen. Und so zog er seine Brünette auch schon hinter sich her zum Auto, das glücklicherweise etwas abseits vom Haus stand, somit nicht in den lodernden Flammen aufging, und verfrachtete sie auf die Rückbank. Den Schlüssel hatte er wie der Zufall es so wollte noch in der Hosentasche, weil er heute morgen schon einmal draussen gewesen war. Ein Glück, sonst würden sie nämlich endgültig hier feststecken. „Halt dich bloss still und komm nicht ein zweites Mal an diesem kurzen Tag auf behinderte Ideen!“, fauchte er Isabella noch zu, die ruhig noch gar nichts von den eventuellen Plänen mitbekommen durfte.
Alessia Sie wäre gerne zurückgewichen, als er näher kam. Aber sie sah den Sinn darin nicht. Weglaufen ging hier ja bekanntlich nicht. Also konnte sie genauso gut einfach hier stehen und darauf warten, dass er.. Keine Ahnung. Sie blieb genauso steif stehen, als der Lauf der Waffe gegen ihre Brust zu drücken begann. Auch wenn es wehtat, weil er nicht gerade schwach drückte und Brüste bekanntlich ziemlich empfindliche Stellen waren. Sie blickte ihn einfach nur an und wartete auf die Antwort, die so lange auf sich warten liess. Warum er sie so angrinste wusste sie nicht. Sie konnte keine Gedanken lesen. Und für eine Sekunde hoffte sie fast, dass es das Grinsen war, dass er seinen Opfer schenkte, bevor er sie tötete. Endlich erlöste von allem, was er mit ihnen gemacht hatte. Aber es folgte kein Schuss, keine Verabschiedung, kein Lachen. Er verneinte einfach nur ihre Frage, als wäre es die selbstverständlichste Antwort, die es gab. Und passen dazu waren auch seine Finger wieder bei ihr angekommen und er strich ihr über die dunklen Haare. Als Lincoln ihren Kopf so zur Seite riss, entlockte er ihr doch ein erschrockenes Keuchen und sie verzog gequält das Gesicht, weil sie seine Stimme so nah an ihrem Ohr spüren konnte. Doch… Natürlich dachte sie das. Sie wusste, dass er sie dafür bestrafen würde. Und ihre Ideen, wie genau das denn ablaufen würde, waren beinahe grenzenlos. Ihr Körper erzählte doch mit verschiedensten Wunden und Blessuren davon, was passierte, wenn sie sich ihm widersetzte. Und sie hatte eigentlich aufgehört, das zu tun… Aber sie hatte auch nicht gewollt, dass sie ihn noch einmal sah, noch einmal in seine Finger geriet und sich nicht befreien konnte. Sie folgte dem jungen Mann stumm zu den anderen beiden, versuchte nur kurz, das mitzuhören, was Lincoln Shane zuflüsterte. Aber es war unmöglich mit dem Wind, der zwischen den Blättern rauschte und den Vögeln, die pfiffen und dem Knarren der Bäume. So fand sie sich damit ab, nichts zu hören, weil sie sich doch sicher war, Lincolns Einfall bald selber spüren zu dürfen. Was auch immer er Shane gesagt hatte, es war sicherlich keine Besprechung gewesen, die nichts mit ihnen zu tun hatte.
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Es war so unfassbar viel passiert, dass es schwer war die Entwicklung dieses Jahres in Worte zu fassen. Zuallererst mal... Shane und Lincoln hatten uns gehen lassen. Ich hatte den Grund dafür bis heute nicht verstanden, aber ich hatte ihre Absichten nicht mehr in Frage gestellt, weil ich einfach nicht glauben hatte können, dass ich tatsächlich frei war. So einfach war es dann zwar doch nicht, weil das Erlebte wie ein Schatten an mir klebte, aber ich war zumindest zurück zuhause. Ich wachte nachts schweißgebadet und manchmal schreiend auf, war übertrieben ängstlich und vorsichtig - man könnte sagen nahezu paranoid. Und eines Tages war es dann zu dem ersten anonymen Drohbrief gekommen. Es war ein unglaublich schreckliches Gefühl gewesen, als wäre mir der Boden unter den Füßen weggerissen worden. Schon wieder. Nach allem, was ich durchgemacht hatte, hätte ich nicht mal mit dem Gedanken aufkommen können, dass der Brief nur ein schlechter Scherz war. Und so lebte ich weiterhin in Angst, bangte um meine Freiheit und um die der Menschen, die ich liebte. Was das anging, gab es ebenfalls Neuigkeiten, denn ich hatte womöglich den ersten Mann getroffen, der mir mehr positive als negative Seiten von Liebe zeigte. Ich war glücklich mit Luis und er war vermutlich auch der Grund, warum ich nicht völlig durchdrehte, sondern trotz allem wieder ein wenig die alte Isabella werden konnte. Bis zu dem Tag, an dem mir dieser Anker genommen wurde. Ich war seit gestern Abend alleine in unserer gemeinsamen Wohnung, nachdem Luis mit seinen Jungs was Trinken gegangen war. Erst war ich wütend gewesen, als er spät in der Nacht immernoch nicht zuhause gewesen war... Je länger er allerdings wegblieb und weder auf meine Anrufe noch auf meine Nachrichten reagierte, desto nervöser und besorgter wurde ich. Da stimmte etwas nicht und das wusste ich ganz genau... Ich wollte die Polizei alarmieren, das war mein erster Gedanke. Dann allerdings hielt einen Moment inne und ging stattdessen mit klopfendem Herzen zu unserem Postfach. Luis wusste nichts von den Drohbriefen, die ich immer wieder bekam, ich hatte sie vor ihm versteckt, weil ich nicht wollte, dass unsere Beziehung darunter litt. Ich nahm mit zitternden Händen die neuen Umschläge aus dem Fach heraus und begab mich zurück in die Wohnung, wo ich mit beinahe explodierender Brust die Briefe durch ging. Und da war er... das gleiche Papier wie immer, die gleiche Handschrift wie immer. "Wenn du deinen Geliebten je wiedersehen möchtest, dann kommst du zu folgendem Ort..." An der Stelle hörte ich auf zu lesen und brach in Tränen aus. Meine Kehle fühlte sich an wie zugeschnürt, ich hatte das Gefühl keine Luft mehr zu bekommen. Was sollte ich jetzt tun?! Hinfahren? Die Polizei einschalten? Nein, ich konnte nicht riskieren, dass Luis etwas passierte, also würde ich dort hinfahren. Natürlich würde ich hinfahren. Ich griff nach meinem Portemonnaie und den Autoschlüsseln und verließ ohne noch länger nachzudenken die Wohnung, setzte mich in meinen Wagen und fuhr in einem viel zu schnellen Tempo los. Wer konnte dahinter stecken? Und was wollte diese Person? Geld? Oder war es einfach ein kranker Stalker und Killer, der es auf uns abgesehen hatte? Ich fuhr wie eine Geisteskranke - es war ein Wunder, dass ich weder geblitzt noch angehalten wurde und der Weg war weit. Mehrere Stunden war ich unterwegs, bis ich schließlich von meinem Navi hörte, dass ich das Zel erreicht hatte. Ich blieb jedoch einige Meter weiter entfernt stehen und noch etwas in meinem Auto sitzen, um mir selbst Mut zuzureden. War es dumm, was ich jetzt tun würde? Ich tappte geradewegs in die Falle, aber ich sah einfach keinen anderen Ausweg.
Alessia Es war kalt. So richtig kalt und eisige Windböen liessen ihr fast die Tränen auf den Wangen gefrieren. Jedenfalls fühlte es sich so an, während sie vollkommen verloren auf dem Feld im Nirgendwo stand, direkt neben einer kleinen, verlassenen Scheune, die wohl seit einer Ewigkeit nicht mehr betreten worden war. Der Taxifahrer hatte sie ziemlich kritisch angeschaut, als sie beteuert hatte, hier raus zu wollen. Und es hatte Einiges an Überredenskunst ihrerseits gebraucht, um ihn wirklich dazu zu bringen, wieder zu verschwinden. Geschichten von wegen ihr Freund würde sie überraschen wollen und blahblahblah, obwohl man ihr wohl deutlich genug aus dem kreidebleichen Gesicht lesen konnte, dass sie keinesfalls alleine hier sein wollte. War aber nötig, da, wer auch immer sie hier haben wollte, sicher keine Freude an einem Taxifahrer als Publikum hätte. Mit ihrem Roller oder gar Fahrrad, hätte sie den Weg zu den Koordinaten auf dem Zettel aber niemals rechtzeitig geschafft, denn die Uhr an ihrem Handgelenk zeigte jetzt schon drei vor Mitternacht - der Zeit, die als Einziges zusammen mit dem Ort auf dem sonst vollkommen aussagelosen Zettel gestanden hatte. Sie blickte von dem kleinen, bedeutungsschweren Stück Papier zwischen ihren zittrigen Finger auf - das sie zur Kontrolle ein weiteres Mal betrachtet hatte, auch wenn es dieses Mal nicht mehr hergeben wollte als die letzten dreitausend Prüfblicke davor - auf, als sie ein Auto kommen hörte. Wenig später erhellten die gelblich leuchtenden Scheinwerfer die Scheune und der Motor stoppte. Alessia drückte sich instinktiv enger gegen das spröde Holz auf der Rückseite der Scheune, wo sie sich zu verstecken versuchte vor dem, was gerade angekommen war. Immerhin musste das die Person gewesen sein, die sie hierher gelockt hatte, wer sonst verirrte sich mitten in der Nacht hier hin?! Das Herz der Brünette schlug ihr bis zum Hals, während sie wartete, die Tränen nochmal wegwischte und die weichen Knie dazu zwang, stabil zu bleiben. Eine Hand hielt den Zettel, die andere lag wie ein Schraubstock um den Griff des Messers, das sie im Verschwinden noch mitgenommen hatte. Sie würde nicht zögern, es einzusetzen. Hatte immerhin genau das gelernt. Erstmal geschah aber lange nichts. Dann hielt sie es nicht mehr aus und blickte um die Ecke. Da stand das Auto, noch etwas entfernt und offenbar war die Person hinter dem Steuer noch nicht ausgestiegen. Es dauerte einen Moment, bis Alessia sie trotz der Entfernung erkennen konnte. Und dann setzte ihr rasendes Herz erstmal zwei Schläge aus. Da, im schwachen Schein des Kabinenlichtes ihres Autos, sass niemand Geringeres als Isabella. Traute sich nicht recht, hier zu sein. Sah so aus, wie die junge Italienerin sich fühlte - aufgelöst, ängstlich, unsicher, verloren. Warum war sie hier?! Sie war unmöglich die, die ihr den Brief geschickt hatte, weder diesen noch einen der Vorgehenden. Also war sie genauso hierher gelockt worden. Was bedeutete... sie konnte den Gedanken nichtmal zu Ende denken, weil ihr kotzübel wurde, sie mit weit aufgerissenen Augen wieder hinter der Scheune verschwand, weil die Vorstellung allein zu schrecklich war. Sie hatten sie vor einem Jahr gehen lassen. Ein Jahr und einen Tag war es her, dass sie ihnen das Versprechen abgenommen hatten, ihren Gedächtnisschwund vorzutäuschen, niemandem je ein Sterbenswörtchen zu verraten von allem, was passiert war. Weil sich sonst alles wiederholte. Das hatten sie getan, Alessia hatte nichts und niemanden auch nur angedeutet, die ganze Monate ihres Verschwindens unter einem Mantel des Schweigens versteckt, in eine Truhe mit sieben Siegel gesperrt. Nichtmal Hope hatte es erfahren, auch wenn sie es ihr so gerne erzählt hatte, weil sie es niemals aufarbeiten konnte, wenn sie nicht darüber redete. Sie war vollkommen paranoid seit den Ereignissen, die ihr Leben so auf den Kopf gestellt hatten, litt unter Angstzuständen, stärkerer Platzangst als je zuvor, Panikattacken aus dem Nichts heraus, Alpträumen und sie hörte Stimmen, wenn sie alleine war. Aber all das war ihr lieber, als zurück zu gehen, weshalb sie sich an die eiserne Regel gehalten hatte, immer. Hope hatte irgendwann aufgehört zu fragen, auch wenn sie verunsichert war und es nicht verstand, auch wenn sie wusste, dass Alessia sich sehr wohl erinnern konnte. Und so waren die Tage ins Land gestrichen, doch es war nie einfacher geworden. Sie hatte einen neuen Job gefunden, weil sie kein Flugzeug mehr betreten konnte, arbeitete nun ganz einfach im Service. Es war lästig, denn gerade am Anfang lief so viel mit der Polizei und die Presse projezierte ihre Gesichter gross auf die Titelseiten jeglicher Zeitungen. Sie weckten Hoffnungen darauf, die anderen Verschollenen auch wieder zu finden. Aber das würde niemals passieren. Denn sie waren alle tot. Trotzdem dauerte es ewig, bis die Allgemeinheit das akzeptiert zu haben schien und sie wieder in Ruhe gelassen wurden. Neben der Arbeit hatte Alessia unzählige Selbstverteidigungskurse besucht, wollte um jeden Preis verhindern, dass ihr jemals wieder etwas passierte. Dann hatten die Drohbriefe angefangen. Und auf einmal hatte sie nicht mehr Angst um sich, sondern um Hope. Und heute hatte sich diese Angst bestätigt, ohne, dass sie was dagegen hätte tun können. Sie war nach ihrer Schicht nach Hause gekommen, trug auch jetzt noch die schwarze Jeans und das schwarze Shirt mit dem Logo des Cafés, in dem sie arbeitete. Und die Wohnung war leer gewesen. Sie war ausgerastet, weil sie wusste, dass Hope ihr gesagt hätte, wenn sie weggegangen wäre - ihre Freundin wusste, dass sie schreckliche Angst hatte, sie zu verlieren. Sie meldete sich immer, wenn sie länger fort blieb oder noch was erledigen musste. Sie war nicht freiwillig gegangen, das hatte sie längst gewusst, als sie den Brief gefunden hatte, der nun zerknüllt in ihrer Jackentasche lag, eisern umklammert von ihren kalten Fingern. 00:00 und diese Koordinaten. Das war alles gewesen. Und jetzt stand sie hier. Das wohl Dümmste, was sie tun könnte. Aber was blieb ihr anderes übrig???
Shane Ein Jahr lang hatten sie daran gearbeitet, sie wieder zurück zu holen. Ein Jahr voller Überwachung, Drohungen, Angst und Schrecken in ganz neuen Formen. Zuerst war es ein paar Monate ruhig geblieben, sie hatten natürlich gewartet, bis die Damen sich wieder soweit ‚sicher‘ gefühlt hatten. Und dann waren die Briefe gekommen. Geschrieben von einem Mädchen der Mafia, für die sie mittlerweile arbeiteten. Sie hatten sich reingekauft, mit Informationen zu ihrem ehemaligen Arbeitgeber - ein gefährliches Geschäft, da dort Verrat natürlich auch mit dem Tod bestraft wurde. Aber die Mafia war eine gute Lebensversicherung - sofern man es sich nicht letztendlich selber mit ihnen verspielte - und keiner legte sich einfach so mit denen an. Zudem dürfte die Biowaffenorganisation, für die sie auf der Insel geschuftet hatten, relativ bald zerschlagen sein und ihr Wissen allein der Mafia gehören. Was gut war. Shane mochte seine neue Arbeit und noch mehr mochte er die damit quasi quersubventionierte Nebenbeschäftigung; Mission Isabella & Alessia. Sie hatten sich zwei Räume in einem relativ wichtigen aber sehr gut getarnten Quartier der Mafia im Industriegebiet der Stadt freigemacht. Dort würden ihre zwei Täubchen mit ihren zwei Liebsten erstmal wohnen. Das war natürlich erlaubt, es war immerhin eine der Bedingungen gewesen, dass sie sich überhaupt erst auf ihre neuesten Komplizen eingelassen hatten. Die hatten eingewilligt, dass sie mit den beiden Mädchen offiziell tun und lassen konnten, was sie wollten, solange sie nicht die Bullen ins Haus holten. Jedenfalls nicht die Nicht-Bestochenen. Heute war es nun soweit. Präzise ein Jahr und einen Tag nach ihrer Freilassung, wäre das Spässchen wieder vorbei. Diesmal wohl für immer, denn ein zweites Mal konnten sie das nicht durchziehen. Aber sie hatten ja die nötigen Mittel, um sie diesmal etwas länger brennen zu lassen. Sie konnten nicht aufgeben, wenn das Wohlergehen ihrer Schätzchen an ihrem Spielverhalten hing. Das konnte keines der zartbesaiteten Mädchen verkraften. Zugegen, Shane blickte ja nicht so ganz, was Isabella an ihrem Luis fand. Er war kein Fan ihres kleinen Freundes, der nicht halb so heiss war wie er selbst. Aber bitte, war auch egal. Denn Luis war nur Mittel zum Zweck. Und versprach doch Einiges an Spass, der Shanes sadistische Ader allein beim Gedanken wieder glühen liess. Ja, der junge Mann konnte doch ziemlich lustig werden. Nicht so lustig, wie seine Freundin allerdings, die er sich nun holte. Er sass neben Lincoln im geräumigen Chevrolet Camaro - ein Wagen mit genügend Rückbank für die zwei Süssen, die sie auf dem Heimweg begleiten würden, auf jeden Fall - und strich sich durch die dunklen Haare. Zwischen seinen zum selbstgefälligen Grinsen verzogenen Lippen steckte eine Kippe, die langsam runter geraucht wurde, während sie die Landstrasse entlang zum ausgemachten Treffpunkt bretterten. Schon von weitem konnte man die Scheune sehen. Sie stand einsam auf weiter Flur, glitzerte vielversprechend im fahlen Mondlicht. Sie hatten sie gut abgeschlossen und verriegelt, um jegliche Versteckspiele mit den Mädchen zu verhindern. Wenn sie sich wirklich wehren wollten, dann würde es ein kurzer Kampf sein. Es war genau Mitternacht, Shane konnte in seiner Fantasie beinahe den Kirchenturm hören, der die zwölfte Stunde einläutete. Was natürlich Quatsch war, sie waren mitten im Nirgendwo und Kirchen passten weder hier in die Gegend noch in die Geschichte, die sie gleich schreiben würden. Gottloser ging kaum, aber was solls. Sie waren eh alle verdammt. Und somit hatten sie auch Freipässe, alles zu tun, was verboten war. Der nagelneue Camaro stoppte hinter einem Auto, dass Shane nur zu gut kannte, eines, das ihm sofort ein noch breiteres Grinsen aufs Gesicht zauberte. Er drückte die Zigarette aus und liess sie im Aschebecher des Autos verschwinden. Zu viel DNA am Tatort musste ja nicht sein, oder. „Na dann, lass uns in die zweite Runde starten“, redete er zu Lincoln, blickte diesen aus vorfreudig funkelnden Augen an und schwang sich schliesslich aus dem Wagen. Draussen verschaffte er sich einen kurzen Überblick und entsicherte ganz offensichtlich seine Knarre, so dass es in der Totenstille der Nacht wohl jeder hier mitbekommen hatte. Auch wenn keiner zu sehen war, zumindest Isabella war sicher hier. Er trat langsam an ihr Auto heran, wusste, dass sie ihn in einem der Spiegel längst gesehen haben musste, ein Versteckspiel so mehr als unnötig war. Da aber die Möglichkeit bestand, dass sie eine Waffe hatte, liess er sich doch nicht allzu viel Zeit, war gleich darauf bei ihr angekommen, riss die Fahrertür ihres Wagens auf und hielt ihr den Lauf seiner Pistole ans Kinn, drückte dieses so unangenehm nach oben, damit er ihr in die Augen sehen konnte. „Hallo, Schätzchen“, grüsste er sie kühl, triumphierend.
Isabella Ich zitterte wie Espenlaub, während ich absolut tonlos in meinem Wagen saß und nach draußen starrte. Und je länger ich das tat, desto dümmer kam ich mir selbst vor. Ich hatte absolut keinen Plan - nichts zur Verteidigung, keine Möglichkeit zur Flucht, nichts. Klar, ich musste Luis befreien und demnach saß ich sowieso in der Falle, aber so gar nichts gegen die Bedroher in der Hand zu haben? Kurzentschlossen durchwühlte ich das Handschuhfach auf der Sache nach irgendetwas, was mir behilflich sein könnte. Das Einzige, was mir dabei in die Finger kam war jedoch ein Taschenmesser. Das war erbärmlich... und dennoch umklammerte ich es so fest, dass meine Fingerknöchel weiß hervortraten, bevor ich es in meiner Jackentasche verschwinden ließ, damit es nicht direkt gesehen wurde. Ich wusste nicht, ob ich aussteigen sollte oder ob ich mich damit noch verletzlicher machte. Oder war es sowieso vollkommen egal, weil ich alles tun würde, um Luis zu retten und mich dementsprechend wohl ausliefern musste. Mein Kopf war wie leer gefegt. Ich wusste nicht, was ich denken oder fühlen sollte - außer die Angst, die in jeder Zelle meines Körpers saß und völlig von mir Besitz ergriffen hatte. Das durfte einfach nicht wahr sein... Ich hatte gehofft, dass ich nie wieder in meinem Leben um meine Freiheit oder um die Unversehrtheit einer geliebten Person bangen müsste, und doch war ich nun hier. Und wieder im Begriff, alles zu verlieren, was ich mir das letzte Jahr über aufgebaut hatte. Ich spürte Tränen aufsteigen, die ich so gut wie möglich runterschluckte. Ich konnte nicht jetzt schon anfangen zu weinen - wie sollte ich dann alles andere aushalten, was noch kommen würde?! Mein Herz setzte einen Schlag lang aus, als ich schließlich Reifen quietschen hörte und die Scheinwerfer eines Autos in meinem Spiegel sah. Ich hielt die Luft an, als die Türen sich schließlich öffneten und zwei männliche Personen ausstiegen. Und bei genauerem Hinsehen erkannte ich den einen Kerl mehr als eindeutig, weil er mir auf bedauerliche Weise zutiefst vertraut war. "Nein", hauchte ich tonlos in den stillen Wagen hinein, wobei meine Gesichtszüge absolut entgleisten. "Nein, nein, nein, nein", wiederholte ich immer wieder, als würde Shane dadurch wieder verschwinden und nicht aufs Neue mein ganzes Leben zerstören. Ich war nicht fähig mich zu bewegen, selbst als ich sah, dass er auf meinen Wagen zusteuerte. Bevor ich mich dazu entscheiden konnte vielleicht doch irgendetwas zu unternehmen, riss Shane auch schon die Tür auf und ich spürte seine Waffe mein Kinn nach oben drücken, sodass sich unsere Blicke nach langer Zeit wieder einmal trafen. Ich starrte in seine braunen Augen, während das blanke Entsetzen in den meinen stand. "Shane", war alles was ich schockiert hervorbrachte, wobei meine Stimme nicht mehr als ein Flüstern war. Ich wusste einfach nicht, was ich sagen sollte, weil ich es wirklich nicht glaubte.
Lincoln Ich freute mich seit so langer Zeit auf diesen Tag, an dem ich mein geliebtes Püppchen wiedersehen würde und heute war es so weit! Shane und ich hatten so einiges an unserer Strategie geändert, nachdem wir die Mädchen laufen lassen hatten. Ich nahm an, dass das eine sehr schlaue Idee gewesen war, denn nun würden wir erstens andere Mittel zur Verfügung haben und zweitens die Mädchen mit frischer Lebensenergie zurück bekommen. Es war gegen Ende wirklich nicht mehr lustig gewesen mit Alessia. Dieser stumpfe Ausdruck in ihren Augen und das matte Auftreten hatten mich einfach nurnoch gelangweilt... es war einfach kein Vergleich zu ihrem ursprünglichen Wesen gewesen, das mich so erheitert hatte. Wegen dessen ich sie mir eigentlich erst zu eigen gemacht hatte. Nun waren wir jedenfalls bei der Mafia, was ein etwas sichereres Umfeld darstellte und wir hatten die liebsten Personen unserer Mädchen entführt und ebenfalls in unser hübsches Quartier gebracht. Es war alles perfekt durchdacht und jeder Versuch zu entkommen war zum Scheitern verurteilt, weil dann nämlich ein anderer Mensch zu Schaden kommen würde. Sobald Shane und ich die alte Scheune erreichten, die wir als Treffpunkt ausgewählt hatten, fiel mein Blick auf den Wagen, der dort stand. Das war Isabellas. Aber wo war Alessia? Gut, die Frage war unnötig. Alessia wäre nicht Alessia, wenn sie es mir allzu einfach machen würde. Sicherlich musste sie erst einmal wieder ein Versteck Spiel mit mir spielen, bevor wir uns dann brav einigen und zusammen nach Hause fahren konnten. Ich stieg aus dem Wagen und zückte so gleich meine Waffe, die ich demonstrativ entsicherte. Das hier würde bestimmt nicht ohne ein paar Zickereien ablaufen, das war mir schon klar. Andererseits hoffte ich, dass meine junge Dame intelligent genug war, um sich daran zu erinnern, wen genau ich in meiner Gewalt hatte. Ich ging schnurrstracks auf die Scheune zu, während ich meine Waffe bereits ausrichtete. "Hallo Alessia", fing ich ruhig und mit einem heiteren Unterton an. "Ich weiß, dass du stur und widerspenstig bist - deshalb musst du dich gerade ja auch wieder verstecken und an irgendeinem bescheuerten Plan festhalten, obwohl du ganz genau weißt, dass du keine Chance hast", fuhr ich munter fort, während ich stehen blieb. "Ich hoffe allerdings, dass du weißt, dass es dieses Mal nicht mehr nur um dich geht. Und selbst, wenn du es unwahrscheinlicherweise schaffen würdest, mir etwas anzutun, habe ich genug Leute, die deiner hübschen Hope die Hölle unterm Hintern heiß machen werden. Also komm lieber einfach direkt raus." Man hörte das Lächeln in meiner Stimme, als ich sprach - weil ich mir so verdammt siegessicher war. Sie hatte doch ernsthaft einfach keine Wahl.
Shane Sie schien vollkommen schockiert darüber, ihn hier anzutreffen. Aber was hatte sie denn erwartet? Denn Weihnachtsmann doch sicherlich nicht. Das Osterhäschen auch nicht, dafür war es draussen zu kalt und der Winter zu nahe. Also. Was blieb da noch übrig? Genau, er und so gut wie jeder andere Kerl dieser Welt. Eine Dame hätte diese Nummer kaum vollzogen, diese Möglichkeit schloss sein sexistisches Denken direkt aus. Aber hielt sie sich denn wirklich für so unglaublich interessant, dass sie überhaupt auf den Gedanken kam, jemand ausser ihm würde sich noch für die Brünette interessieren? Ausser ihrem kleinen feinen Freund natürlich, der ihm gottlos die Ohren vollgelabert hatte, als er gefesselt aufgewacht war. Aber zurück zu seiner kleinen Isabella. „Wieso bist du so überrascht, meine Liebste? Sag nicht, dass du über all die Wochen mit den Briefen kein Einziges Mal an mich als Absender gedacht hast.. Das ist doch absurd“, er sprach vollkommen ruhig mit ihr, wie immer so, als ob alles, was er sprach, die logischste Sache der Welt war. Dann hatte er aber erstmal genug geredet. Er blickte ihr noch einen Moment zufrieden in die schönen Augen, die er so lange vermisst hatte, ehe er einen Schritt zurück trat, noch immer die Waffe auf sie gerichtet. „Na komm, lass uns gehen. Und vergiss nicht, dass jeder Versuch von dir, mir zu schaden, zurückkommt. Aber nicht auf dich. Ich weiss, dass du es nicht verkraften wirst, wenn dein kleiner Schatz leidet“, meinte er lächelnd und wartete darauf, dass sie sich aus dem Auto bequemte. „Ach und dein Handy und alles, was in deinen Taschen ist, lässt du bitte hier. Das brauchst du nicht mehr“, forderte er sie weiter dazu auf, ihre Taschen zu leeren. Wenn sie es nicht tat, würde er es übernehmen. Er liess sich sicher nicht von ihr an der Nase rumführen. Das hatten sie einmal getan. Und dann hatte ihr Haus gebrannt.
Alessia Sie brauchte nicht lange zu warten. Sich nicht lange Gedanken darüber zu machen, ob sie doch die Polizei rufen wollte. Ob sie jemandem Bescheid geben wollte. Ob sie weglaufen wollte. Denn bald darauf war es zu spät. Ein weiteres Auto kam an, ziemlich rasant und mit quietschenden Reifen. Die Brünette zitterte am ganzen Körper und konnte nicht leugnen, für einen Moment sogar in Betracht gezogen zu haben, das Messer in ihrer Hand gegen ihre eigene Schlagader zu setzen. Aber diesmal war es nicht ein Spiel zwischen ihr und Lincoln. Wenn jemand Hope retten konnte, dann war sie das. Aber nicht tot. Seine Stimme riss sie aus ihren Gedanken und Alessia zuckte zusammen. Sie hatte gewusst, dass er es war und doch stellte sich jedes Häärchen an ihrem Körper auf, als sie Lincolns Worte hörte. Die Träne, die sich sofort aus ihrem Augenwinkel löste, wischte sie schnell wieder weg, zwang alle folgenden in ihre Kanäle zurück. Sie wollte an irgendeinem bescheuerten Plan festhalten, sagte er. Tja, welcher Plan? Sie hatte keinen Plan. Sie war hinter einer abgeschlossenen Scheune im Nirgendwo. Was bitte sollte ihr Plan sein?? Der einzige Grund, weshalb sich die Brünette hierher zurückgezogen hatte, war, dass sie wenigstens kommen sah, welches Übel sich anbahnte, bevor sie ihm in die Augen schauen musste. Aber als Lincoln Hope erwähnte, zog sich wieder alles in ihr zusammen und sie drückte kurz ihre geballte Faust auf ihr schmerzendes Herz, um nicht vollkommen die Nerven zu verlieren, auf ihn zu zu rennen und ihn mit dem Messer zu töten. Ihm langsam, schmerzvoll, das Leben auszutreiben, wie er es verdient hatte. Wieso hatte sie ihm jemals von ihr erzählt?! Wieso hatte sie das alles nicht einfach für sich behalten? Wieso hatte sie ihm jemals vertraut, ihn so nah an sich ran gelassen, was doch so atypisch für sie war? Alessia wusste, wie knapp seine Geduld war, dass sie bald mal handeln sollte. Und darum zwang sie ihre Beine auch dazu, sie mit schleppenden Schritten um die Ecke zu tragen, ins Licht der hellen Scheinwerfer, die die komplette Seite der Scheune in grelles Weiss tauchten. „In meiner Hand liegt ein Handy. Die Nummer der Polizei ist schon eingetippt. Wenn du mir nicht in drei Sekunden versprichst, Hope sofort freizulassen, wenn ich mitkomme, drücke ich die grüne Taste. Wenn du mir nicht schwörst, dass ihr nichts passiert, werde ich alles erzählen, hörst du?! Alles!“, ihre Stimme war laut, deutlich, auch wenn sie zitterte. Lincoln hatte jedes Wort verstanden. Und sie meinte es ernst. In der einen Hand lag das Messer mit der glänzenden, langen Klinge, die andere umklammerte das Handy, von dem sie gesprochen hatte. Sie blickte den Mann direkt an, der vor ihr stand. Ihr grösster Feind. Der Teufel.
Isabella Ich fühlte mich wie in einem grausamen Alptraum. Genau genommen wie in einem der Alpträume, die ich seit Wochen gehabt hatte. Natürlich hatte ich Shane nie vergessen - er klebte wie ein Blutegel oder was auch immer an mir, und alles, was er mir je angetan hatte verfolgte mich. Nachts war es noch viel schlimmer als tagsüber. Ich brachte nach wie vor kein Wort hervor, starrte den jungen Mann einfach nur leicht weggetreten an und erhob mich schließlich wie in Zeitlupe aus dem Wagen. "Shane, lass ihn bitte gehen. Du willst doch mich und nicht ihn. Lass ihn gehen, dann hat er wenigstens noch eine Chance ohne mich glücklich zu werden", flüsterte ich, wobei das Ende meines Satzes in einem leisen Schluchzer endete. Ich liebte Luis wirklich und ich wollte mir keine andere Frau an seiner Seite vorstellen, aber der Gedanke war trotzdem um 1000 mal besser, als zu wissen, dass er ein weiteres Spielzeug von Shane werden würde, das nur dazu benutzt wurde, um mich unter Druck zu setzen. Ich sah besagten Teufel eindringlich an und ließ den Blick anschließend flüchtig zu seiner Waffe schweifen. Wie vertraut es sich doch anfühlte, dass ihr Lauf auf mich gerichtet war... Normalerweise würde ich trotz allem versuchen zu flüchten, aber dann würde er schießen. Und ich wäre wieder komplett bewegungsunfähig. Und er würde Luis weh tun. Auf Shanes Aufforderung hin meine Taschen zu leeren, stieß ich angespannt die Luft aus, ehe ich die Hände langsam hineinschob. Ich konnte das Taschenmesser nicht hier lassen, es war meine einzige winzige Möglichkeit zur Verteidigung. Also hoffte ich einfach mal, dass Shane meine Taschen nicht kontrollieren würde, weil er hoffte ich hatte so viel Angst vor ihm, dass ich einfach alles tat, was er mir befahl. Ich holte mein Handy, mein Portemonnaie und eine Packung Kaugummis hevor, was ich alles auf den Fahrersitz fallen ließ. Das Taschenmesser war so klein, dass man es von außen nicht in meiner Tasche sehen sollte und ich betete zu Gott, dass Shane nicht nachsehen würde. "Du bist so eine scheiß verdammte Teufelsbrut", spuckte ich ihm schließlich angewidert vor die Füße, weil ich mich einfach nicht mehr zurückhalten konnte. Von meinem Temperament war aufjedenfall eine Menge wieder zurück.
Lincoln Und da war sie ja auch schon. Hätte mich auch gewundert, wenn sie sich weiterhin versteckt hätte, denn Alessia war doch gewiss nicht blöd. Nie im Leben würde sie ihre heißgeliebte, süße Hope gefährden. Die übrigens auch ein kleines Schnittchen war, aber sie interessierte mich an sich nicht sonderlich. Lediglich als Mittel, um Alessia noch mehr zu zerstören, als ich es mir je erhofft hatte, und da würde ich bestimmt so einige spaßige Sachen mit den beiden Mädels anstellen können. Ich spürte den Anflug eines Grinsens in mir aufsteigen, das ich dann allerdings unterdrückte, da es momentan nicht reinpasste. Mein Püppchen und ich befanden uns immerhin in einer ernsten *hust* Diskussion. Ich genoss jeden kleinen Bruchteil einer Sekunde, während Alessia schleppend auf mich zukam. Natürlich hatte sie ein Messer in der einen und ein Handy in der anderen Hand - es überraschte mich nicht. Aber dass sie beides ganz schnell ablegen sollte war ihr hoffentlich auch bewusst. Da hatte ich allerdings falsch gedacht, denn ehe ich etwas in die Richtung anmerken konnte, begann die Kleine doch tatsächlich mir ihre Drohungen entgegenzubringen. "Süße", seufzte ich bereits leicht genervt auf. "Hast du mir wenigstens ein bisschen zugehört? Wenn du jetzt ernsthaft Anstalten machst, die Polizei zu rufen, dann hab ich immernoch genug Zeit meine Kollegen anzurufen, damit sie deine Geliebte im Handumdrehen umlegen. Nachdem sie sich mit ihr vergnügt haben", informierte ich sie mit einem boshaften Funkeln in den Augen. "Bis die Bullen hier eintreffen bin ich über alle Berge und unser Quartier wirst du niemals finden, weil mittlerweile weitaus mehr dahinter steckt. Also mach keine Dummheiten, lass das Messer und das Handy fallen und zeig mir deine leeren Taschen, und dann kommst du hierher!" Meine Stimme hatte einen deutlich drohenden Unterton, der Alessia zeigen sollte, wie ernst es mir gerade war. Ich machte keine Faxen und das sollte ihr bewusst sein. Ebenso wie die Tatsache, dass ich sie immer wieder finden würde. Und dass ich die 'Liebe ihres Lebens' oder blablabla was auch immer in meiner Gewalt hatte.
Shane Mimimi. Eher nicht. Wieso sollte er den lieben Freund der Brünette denn jetzt schon wieder gehen lassen? Der sollte sich erstmal brav beweisen, seinen Nutzen aufzeigen. Und wenn er ihn nicht mehr brauchte, dann würde Luis sterben. Was vollkommen logisch war. Für den jungen Mann gab es keinen heilen Weg aus der Sache raus, kein Happy End. Aber Isabellas Hoffnung auf genau das, fand Shane trotzdem süss. So schüttelte er lediglich leicht tadelnd den Kopf. „Denke nicht. Wieso sollte ich ihn jetzt laufen lassen? Das Spiel hat doch gerade erst begonnen, Isabella“, erklärte er, wartete dann darauf, dass ihre langsamen Bewegungen das herbei führten, was er von ihr verlangt hatte. Ihre Taschen zu leeren. Dauerte ja seine Zeit, aber irgendwann kam sie seinem Befehl nach und setzte einen lieben kleinen Fluch nach, der ihm wohl deutlich mache sollte, wie sehr sie ihn verabscheute. Wirklich, wiiirklich überraschend. „Passt schon“, erwiderte er lediglich, steckte für den Moment seine Waffe weg. Er vertraute ihr nicht - wieso sollte er auch. Sie hatte die Taschen nicht gekehrt, konnte also noch alles Mögliche darin versteckt haben. So griff er ohne Vorwarnung in ihre Hosentaschen, die tatsächlich leer waren, und dann in ihre Jackentaschen. Die etwas weniger leer waren. Er zog das Messer kurzum raus, betrachtete es einen Moment, ehe er es achtlos auf den Beifahrersitz - oder so - des Autos warf. Sein Blick ging zurück zu der motzigrn Brünetten, die er einen Moment einfach nur musterte, ehe er ihre Schultern packte, sie in Richtung seines Autos drehte und ihr einen groben Schupser verpasste, der sie erstmal auf den dreckigen Boden beförderte. „Das mit der Teufelsbrut kann ich nur zurück geben. Aber denk mal an Luis, bevor du solche Szenen abziehst. Was wolltest du überhaupt mit diesem winzigen Messer - mir die Vene spalten? Sei nicht albern“, zischte er der jungen Frau zu, die Waffe nun wieder auf sie gerichtet. „Jetzt ab zum Auto mit dir. Rückbank, links.“
Alessia Ja, leider hatte sie zugehört. Und wusste, dass dieser Versuch zum Scheitern verurteilt war. Sie wusste, dass sie mit Worten meist sehr wenig erreichen konnte bei ihm. Dass Diskussionen und Kompromisse nie funktionierten. Aber doch versuchte sie es immer wieder, weil sie sonst nichts zur Hand hatte, weil sie sich so schwer damit tat, ihr Schicksal zu akzeptieren. Nur war diesmal alles anders. Und er hatte ihr gleich nochmal klar gemacht, dass Hope nicht einfach so raus kam. Dass das zu einfach wäre. Allein der Gedanke warf Schatten über das Gesicht der jungen Italienerin, verzog ihre Züge zum perfekten Abbild ihres Herzens, das sich zusammenzog und dann schmerzvoll weiter pochte. Das Messer fiel fast unmittelbar nachdem er zu Ende gesprochen hatte auf den unebenen Feldboden, bohrte sich surrend in die weiche Erde. Ihr Handy lag noch einen Moment auf ihrer Hand. Sie tat, als würde sie mit dem Gedanken spielen, den Anruf doch noch zu tätigen. Blickte während den wenigen Sekunden, die sie sich gab, immer wieder abwägend zu Lincoln. In Wirklichkeit hatte sie die Kamera ihres Handys geöffnet und versuchte, möglichst ohne zu zittern, sowohl sein Auto als auch Lincoln selber zu fotografieren. Dann startete sie ein Video, das weiter drehen würde, bis der Akku aufgebraucht war oder das Handy gefunden wurde. Sie hoffte natürlich auf Letzteres, aber bei ihrem Glück.. tja. Mit einem letzten Blick zu Lincoln, ging das Smartphone schliesslich zu Boden, in Wirklichkeit nur wenige Sekunden nach dem Messer. Sie hatte sogar für einen Augenblick mit dem Gedanken gespielt, doch die Polizei anzurufen und das Handy dann erst fallen zu lassen. Aber wenn Lincoln jetzt, warum auch immer, nach ihrem Telefon fischte, würde es in der grössten Katastrophe enden, falls dieses einen laufenden Anruf zeigte. Weitaus schlimmer als die Video- bzw. Tonaufnahme, die er ihr ja nicht mal ausdrücklich verboten hatte. Nun, im Grossen und Ganzen musste er sich nicht besonders lange gedulden, bis sie beide Hände geöffnet hatte und auch ihre leeren Jackentaschen zeigte. Den zerknüllten Zettel, der sie hierher gebracht hatte, wurde vom kühlen Nachtwind davon getragen, irgendwo aufs Feld und von da dann weiter in die Dunkelheit. Auch ihre Hosentaschen waren leer, wobei hier lediglich das Taschentuch zu Boden ging. Ihr Geldbeutel lag auch zu ihren Füssen und das wars dann auch schon. Alessia trat drei Schritte vor, blieb dann wieder stehen und blickte wortlos zu Lincoln, der noch immer gute fünf Meter von ihr entfernt war. Abwartend, voller Widerstreben streifte ihr Blick sein Gesicht. „Wo habt ihr Schweine sie hingebracht? Was willst du von mir, damit du sie wieder gehen lässt, Lincoln?“, fragte sie, ihre Stimme klar aber ihr Unterton voller Hass und Verabscheuung.
Isabella Ja, das glaubte ich, dass es für ihn "passte", wenn ich ihn als Teufelsbrut bezeichnete. Er genoss den Titel vermutlich sogar tief in seinem Innersten. Ich sah Shane ziemlich unbeweglich an, als er mich schließlich eingehend musterte und hielt unbewusst die Luft an, als er sich dann doch daran machte, meine Taschen zu durchsuchen. Suuper, das würde Ärger geben. Aber nicht allzu großen vermutlich - ich konnte mittlerweile ganz gut einschätzen, was Shane so richtig auf die Palme brachte, und was ihn mehr oder weniger kalt ließ. Natürlich fand er mein Messer und warf es achtlos nach hinten in meinen Wagen, nachdem er es einen Moment lang begutachtet hatte. Ich wartete schon auf die Backpfeife, die er mir so gerne gab, allerdings stieß er mich dann lieber zu Boden - auch nicht unbedingt Überraschend. Ich ballte wütend die Fäuste, bevor ich mich wieder aufrappelte und vor Shane, welcher sich gerade über mein Messer lustig machte, zum Stehen kam. "Es hätte gereicht, um dir die Augen auszustechen. Oder deinen Schwanz abzuhacken. Oder dir sonst irgendwelche Wunden zuzufügen", fauchte ich mit einem hasserfüllten Funkeln in den Augen zurück, bevor ich mich auf dem Absatz umdrehte und tatsächlich zu dem scheiß Wagen der beiden Männer rüberstiefelte. Ich hatte doch sowieso keine Wahl, wenn ich Luis einigermaßen unversehrt wiedersehen wollte. Aus dem Augenwinkel konnte ich Lincoln und Alessia sehen, wie sie ebenfalls miteinander diskutierten (oder wie auch immer man das nennen sollte). War ja klar gewesen, dass sie dasselbe Schicksal erwartete wie mich. Wir waren verdammt und würden diese zwei Drecksmenschen nie wieder loswerden. Womit hatten wir das eigentlich verdient?! Ich warf einen letzten sehnsüchtigen Blick auf mein eigenes Auto, das im Dunkeln am Waldrand stand, bevor ich die linke Hintertür des Wagens aufriss und mich auf den vorgesehenen Sitz auf der Rückbank setzte. Ich wollte wieder weinen, aber ich gönnte Shane diesen Anblick nicht. Und noch hatte ich die Situation irgendwie nicht vollständig realisiert.
Lincoln Dass diese Frau auch immer über Dinge diskutieren musste, die eigentlich komplett außer Reichweite ihres Mitentscheidungsrechtes lagen... Ich fragte mich, ob sie es irgendeines Tages verstehen würde, dass sie nichts zu melden hatte. Vermutlich nicht. Aber gut, hope dies last. Und wenn ich ehrlich war, wollte ich ja gar nicht, dass sie schon wieder völlig resignierte und abstumpfte und mich immer aus ihren leeren traurigen Rehaugen ansah. Das machte einfach keinen Spaß, wenn es auch keine Abwechslung mehr gab. Ich verfolgte aus meinen tiefgrünen Augen, wie Alessia erst das Messer und dann auch kurz danach das Handy zu Boden fallen ließ und sah sie schließlich mit einem fröhlichen Lächeln an: "Braves Mädchen, ich wusste, du bist schlauer als du gerne tust." Auf ihre wütend formulierten Fragen hin, verdrehte ich nur kurz die Augen, ehe ich mit meiner Waffe einen leichten Schlenker hinter mich machte, der in Richtung Auto ging. "Wenn du unbedingt willst, können wir das gerne besprechen, sobald wir da sind. Und jetzt hör auf mir Löcher in den Bauch zu fragen und setz dich zu Isabella auf die Rückbank", erwiderte ich genervt, während ich auf Alessia zuging, nur um sie mit einer Hand leicht in Richtung Auto zu schieben. Selbstverständlich konnte sie rein gar nichts machen, um Hope aus unserem Quartier zu befreien... sie konnte ihr höchstens ein paar Qualen ersparen, indem sie sich besonders vorbildlich verhielt. Naja, wenn sie das unbedingt hören wollte, konnte ich sie gerne nochmal darüber aufklären, sobald wir Zuhause waren. Nachdem ich Alessia jetzt jedenfalls in Richtung Wagen dirigiert hatte, blickte ich selbst auf ihr Handy hinab, das gerade anscheinend eine Videoaufzeichung durchführte. Aiaiai, sie war wirklich ganz schön riskant aufgelegt heute. Ich trat mit meiner Ferse so auf das Smartphone, dass ich es knacken hörte und blickte zufrieden auf das zersprungene Display und das allgemein kaputte Handy. Wir wollten ja nicht, dass jemand das Gerät ortete, was ihm die Suche nach den Mädchen erleichtern würde. Ich schob selbstzufrieden die Hände in die Hosentaschen und ging nun ebenfalls zum Auto hinüber, wo ich mich auf den Beifahrersitz sinken ließ und dann direkt den Kopf nach hinten zu Alessia drehte: "Netter Versuch, Kleines... Wenn du so weiter machst, geht es Hope bald schlechter, als es ihr ohne dein Zutun eigentlich gehen würde", zischte ich ihr drohend zu, bevor ich mich wieder nach vorne wandte.
Shane „Ja mein Kind, fast bereue ich es, dir das Messer nicht gelassen zu haben. Diese Versuche hätte ich doch gerne mit angeschaut“, kommentierte er ihre Worte sarkastisch, wenig beeindruckt. Dann bewegte sein Mädchen, das endlich wieder ihren Platz an seiner Seite gefunden zu haben schien, sich auch schon brav zum Auto, setzte sich auf den angewiesenen Sitz und schwieg. Wunderbar. Auch Lincoln und sein kleines Püppchen hatten sich wenig später zum Auto begeben, wo Shane sich nach einem letzten Kontrollblick auf den Fahrersitt sinken liess. Er hatte Isabellas Handy nicht zerstört. Einfach, weil er es nicht für nötig gehalten hatte. Klar, man konnte es orten. Aber es würde eh nicht lange dauern, dass jemand das Auto fand, eines der Mädchen vermisst gemeldet wurde und sowieso die ganze Polizei hier wäre. Was ihnen dann nichts mehr brachte. Weil da, wo sie die Mädchen hin brachten, würden sie niemals gefunden werden und auch niemals wieder raus kommen. Shane startete den Motor des hübschen Camaros, drückte gleich mal die Zentralverriegelung, damit hier keiner auf die Idee kam, einen Spaziergang unternehmeb zu wollen. Auch wenn das bei diesem Auto grundsätzlich schwierig wurde, da es eh nur dreitürig war. Es dauerte eine gute Stunde quer durch die ganze Stadt, bis sie im Industriegebiet ankamen. Das war so geplant, damit keiner auf die Idee kam, die Spuren des Autos verfolgen zu wollen. Das im Übrigen gleich mal alle Pneus gewechselt kriegen würde. Nein, sie gingen wirklich kein Risiko ein, schon allein, weil sie die Mafia schlecht auffliegen lassen konnten, weil sie zu dumm zur Spurenverwischung waren. In einer grossen Lagerhalle kam der mattschwarze Wagen schliesslich zu stehen. Alles sah sehr harmlos aus von hier. Die oberen Räume, die sie umgaben, wurden auch nicht für heikle Dinge genutzt, eher für Meetings. Dann war da ne Küche, ein Wohnzimmer und halt sonst noch so paar Dinge. Plus Lagerplätze für Dinge, von denen Shane nichts wusste. War ihm auch egal, denn sie waren nicht hier zugange. In den Lichter der Fenster der oberen Räume sah man Schatten von Menschen, die da wohl gerade den Tag ausklingen liessen. Sie waren eben nicht mehr alleine hier, sondern umgeben von einem Hauptquartier der Mafia. Im Untergrund fand sich nämlich ein regelrechtes Wirrwarr an Zimmer und Gängen, alle mit derselben sterilen Betonwand eingekleidet. Dort hatten die Schätzchens auch ihre Zimmer. In denen wiederum ihre Schätzchens schon warteten. „Na komm, lass uns zu deinem netten Freund gehen“, grinste Shane seiner Brünette fröhlich zu, forderte sie damit auf, auszusteigen. Sie würde eh nicht abhauen, dessen war sie sich sicher. Schliesslich war ihr Heiliger hier.
Alessia Sie verdrehte ebenfalls die Augen, ging dann aber doch sehr direkt zum Auto. Weil er sie in die Richtung geschoben hatte und sich ihre Haut an der Stelle, an der er sie berührt hatte, unter den Kleider sofort zu Brennen schien. Mit anstrengenden, widerwilligen Schritten trat sie zu dem viel zu schicken Wagen, als sie das Knacken hinter sich vernahm, das ihr sofort einen weiteren Grossteil der Hoffnung, die sie noch auf eine Rettung setzte, zerstörte. Warum?? Wie hatte er das gesehen?! Oder hatte er das Handy einfach willkürlich zerstört? Die Italienerin liess sich resigniert auf die Rückbank sinken, warf Isabella lediglich einen kurzen Blick zu. Sie fand keine Worte, die sie der Brünette sagen könnte. Es gab schlichtweg nichts, das in diesem Moment angemessen wäre. Sie waren scheinbar beide im Spiel dieser Psychos gefangen, aus dem es kein Entkommen oder frühzeitiges Aufgeben gab. Und mal wieder wünschte sie sich, damals auf der Insel einfach schon gestorben zu sein. Mit all den anderen. Das wäre kein schöner Tod gewesen, aber was interessierte sie das? Was sie jetzt hatte, war immerhin auch kein Leben. Sie lehnte müde, voller Sorge ihren Kopf an die Seitenwand des Autos, als Lincoln als Letzter zu ihnen stiess und ihren Versuch drohend mit einem Seitenhieb in Richtung Hope wegsteckte. „Du hast es mir nicht verboten, du Arschloch. Und du wirst sie nicht anrühren“, zischte sie leise gegen die kleine Scheibe, die die Rückbank zur Seite beschränkte. Sie war kurz vorm Explodieren und gleichzeitig kurz vorm Heulen. Eine ziemlich belastende Situation. Als Shane den Wagen startete, schloss die Brünette resigniert die Augen, wartete, das alles wieder vorbei ging. Wie nach jedem schlechten Traum. Die Fahrt dauerte lange, zu lange für ihren Geschmack. Sie gab sich keine Mühe, die Umgebung zu beachten. Wozu auch. Es war eh dunkel und sie mitten in der Stadt, wo Alessia keine Orientierung hatte, weil sie nicht so oft hier gewesen war. Dafür gingen ihr umso mehr bedrückende Gedanken durch den Kopf, bis sie schliesslich eine Lagerhalle erreicht hatten. Alessia stieg aus, als die Tür offen war und blickte sich um. Sie waren jedenfalls nicht allein. Aber das machte eine Flucht unter Umständen nur noch schwieriger... die anderen hier dürften nämlich nicht auf ihrer Seite stehen. Sonst wäre sie nicht hier. „Wo ist sie?“, wandte sich Alessia also nach kurzer Zeit wieder dem jungen Mann zu, der ihre Freundin irgendwo unter seinen Klauen hatte, wo sie nicht sein sollte.
Isabella Shane brachte mich mit seinen lächerlich machenden Bemerkungen beinahe auf 180, aber ich versuchte mich mit aller Macht zurückzuhalten, damit ich Luis möglichst bald unversehrt wiedersah. Nebenbei gesagt wäre es aber gar nicht so unrealistisch gewesen, dass ich Shane mit dem Messer hätte verletzen können. Ein Moment der Unachtsamkeit seinerseits und ein gezielter Schnitt oder Messerstoß meinerseits hätten doch einen extremem Schaden anrichten können. Ich erwiderte vorerst aber gar nichts, da ich mir diese unnötigen Diskussionen und Sticheleien mit Shane am liebsten ganz ersparen würde... vielleicht hatte er einen gewissen Spaß daran - ich aber nicht. Irgendwann setzte sich dann Alessia neben mich auf die Rückbank, woraufhin sich unsere Blicke trafen. Eigentlich musste man gar nichts sagen... unsere Blicke sprachen bereits Bände und es gab einfach keine passenden Worte für das, was uns diese zwei Bastarde immer wieder aufs Neue antaten. Ich stieß voller Unmut die Luft aus meinen Lungen aus und begann nun stattdessen aus dem Fenster zu starren, während Shane den Wagen startete und los fuhr. Meine Gedanken blieben die ganze Zeit über bei Luis und auch wenn es ziemlich sinnlos war, versuchte ich mir die Gegend so gut wie möglich einzuprägen. Ich konnte nicht jetzt schon resignieren, ich musste irgendwie daran festhalten, dass wir hier irgendwie rauskommen und dann ein normales Leben führen würden. Wobei es mir momentan eigentlich schon ausreichen würde, zu wissen, dass Luis frei wäre. Was mit mir geschah, war in dieser Angelegenheit wirklich zweitrangig. Wir erreichten schließlich eine Lagerhalle, die auf mich einen alles andere als gemütlichen Eindruck machte. Viel eher war die Stimmung hier ähnlich wie damals in dem Experimentslager, aber irgendwie war es so passender als in dem schön eingerichteten Häuschen, das Lincoln und Shane extra für uns vorbereitet hat. Das war nämlich einfach nur krank und bizarr gewesen. Shane forderte mich dann auch schon dazu auf ihm zu folgen, sodass er mich zu Luis bringen konnte, was ich mir natürlich nicht zwei mal sagen ließ. "Ihr... habt ihm doch nichts angetan, oder?", wollte ich vorsichtig von dem Dunkelhaarigen wissen. Naja, die beste Antwort, die ich im Moment erwarten konnte, war vermutlich "Bis jetzt nicht" und damit wäre ich schonmal fürs Erste erleichtert.
Lincoln Pff, ich hatte es ihr nicht verboten hahahaha... Der war gut gewesen. "Ich hatte angenommen, dir sei klar, dass Videos von mir und sonst was nicht gerade erwünscht sind. Und mit diesem Befehlston würde ich mal ganz vorsichtig sein", erwiderte ich kopfschüttelnd. Natürlich würde ich Hope anrühren. Das stand völlig außer Frage und Alessia sollte mich besser nicht verärgern, wenn sie nicht wollte, dass das noch schlimmer ausfiel, als sie es sich ausmalen konnte. Den Rest der Autofahrt hing ich zufrieden meinen Gedanken nach, freute mich innerlich auf all das, was jetzt kommen würde. Es könnte eigentlich nicht besser laufen - wir hatten die Mädchen, wir hatten das perfekte Druckmittel und wir hatten ein ideales Lager bzw. allgemein das perfekte Umfeld. Nach etwas mehr als einer Stunde erreichten wir dann schließlich das Hauptquartier der Mafia, der wir uns logischerweise angeschlossen hatten. Ich stieg aus dem Wagen und streckte mich einmal ausgiebig, bis ich dann Alessias stumpfe Frage vernahm und sie ernst ansah: "Jetzt entspann dich doch endlich mal, Süße, ich wollte dich gerade zu ihr bringen", tadelte ich sie mit einem kurzen Seufzer, ehe ich ihr mit einer Handbewegung bedeutete, mir zu folgen. Vorerst würde ich sie zu Hope lassen. Dann konnten die beiden Hübschen mir gleichzeitig alle süßen, unbedeutenden Fragen stellen, die sie wollten. Und dann würde ich Alessia in ihr Privatgemach bringen. Es gab da nämlich eine Verbindungstür zwischen dem Zimmer, in dem Hope untergebracht war und dem, in dem Alessia ansonsten ihre Zeit verbringen würde. "Also Schnuckelchen. Hope geht es bis jetzt soweit ganz gut, außer dass sie andauernd wissen will, wo sie ist und was das hier soll und blabla"; klärte ich die Italienerin unterwegs schonmal auf. Wir befanden uns bereits im Untergrund und ich führte sie durch die verschachtelten Gänge bis zu dem Zimmer, in dem ihre Geliebte sich befand. "So, aber bevor du sie sehen darfst, hätte ich gerne einen Kuss auf die Wange als Dankeschön dafür", lächelte ich die Brünette herzallerliebst an. Jaja, da stand ich drauf. Sie zu Dingen zu zwingen, die genau dem Gegenteil von dem entsprachen, was sie eigentlich gerne tun würde. Und das was ich gerade von ihr verlangte war dabei ja nur ein Minimum von dem, was noch kommen würde. Beinahe lachhaft, eigentlich nur, um mich zu amüsieren.
Shane Was fragte sie überhaupt so verschreckt? Sah er aus wie ein Monster? Nein, absolut nicht. „Warum hätten ich oder irgendwer sonst hier ihm etwas antun sollen? Ich steh nicht auf Kerle, auch nicht darauf, sie einfach zu verprügeln. Das macht keinen Spass und gab keinen Sinn. Bis jetzt“, erklärte er, als wäre die Frage durch und durch absurd. Trotzdem zierte nach den letzten beiden Worten wieder ein breites Grinsen sein viel zu fröhliches Gesicht. Er nahm nun das Handgelenk der Brünette - war gerade das Einfachste, da er doch annahm, dass sie ihm bald weglaufen wollen würde - und führte sie zu der Treppe in den Keller. Dort entschied er sich doch nochmal anders, stellte sich hinter sie und deckte ihre Augen mit seinen Händen, während er sie durch die Gänge schob. Safety first. Nicht, dass er erwartete, dass sie je aus dem für sie vorgesehenen Zimmer heraus kam. Das hier war mehr für die dramatische Stimmung als ernst. So kamen sie jedenfalls nach einem verwirrenden Lauf durch das unterirdische Labyrinth bei der Tür an, hinter der sich der liebe Freund der jungen Frau gerade versteckte. Shane stoppte, nahm die Hände von ihren Augen und blickte Isabella einen Moment durchdringen und mit verschränkten Armen an. „Also. hinter dieser Tür sitzt Luis. Wir werden gleich hier rein gehen. Wenn du dich näher als mit zwei Meter Abstand zu ihm hin bewegst, ihn gar berührst, dann wird er als Nächstes dabei zusehen, wie wir beide vögeln. Verstanden?“, fragte Shane ganz unverblümt, wartete dann aber ihre Reaktion nicht ab sondern schloss die Tür auf. Luis sass in der Mitte des relativ grossen Raumes auf einem Stuhl. Während seine Hand- und Fussgelenke an den Stuhl gefesselt waren, konnte er doch immerhin reden und sehen. Was Shane doch grosszügig genug fand. Er wartete, dass seine Prinzessin das Zimmer betreten hatte und schloss die dicke, schwere Tür hinter ihnen sorgfältig wieder ab.
Alessia Seit sie an diesem Ort angekommen waren, war die junge Italienerin wieder vollkommen angespannt und fühlte sich wie auf Nägel. Sie hatte Angst, vor allem, was kommen mochte - nicht um sich sondern einfach um Hope. Sie hatte ihre Freundin niemals in diesen Schlamassel verwickeln wollen, sie hatte ihr wirklich nie was davon erzählt, weil sie sie hatte schützen wollen. Und jetzt?! Jetzt hatte Lincoln ihr sogar das kaputt gemacht, er hatte sich einfach die Person geholt, die er niemals hätte anrühren dürfen. Es hätte vollkommen ausgereicht, wenn er ihr angedroht hätte, Hope auch nur anzuschauen. Schon allein um das zu verhindern, hätte sie alles getan, was er sich von ihr wünschte. Aber Lincoln hatte noch nie nach fairen Regeln gespielt, sich noch nie für ihre Meinung interessiert. So eben auch diesmal nicht und das war der Grund dafür, weshalb sie wenig später vor einer verschlossenen Tür in einem schlecht beleuchteten Flur standen. Und noch während die Italienerin sich darauf vorbereitete, was direkt hinter dieser Tür war, wie sie das jemals erklären sollte, wie sie das wieder gut machen konnte, kam Lincoln schon mit der ersten Forderung. Sie hatte gedacht, er würde die Tür einfach aufmachen, weil das, was folgen dürfte, weitaus schlimmer war. Aber da lag sie offensichtlich falsch, da das sadistische Arschloch andere Pläne hatte. Ihr Blick ging ein paar Mal zwischen der Tür und dem jungen Mann hin und her, wobei sie längst begriffen hatte, dass sie keine zweite Option hatte. Sie konnte es nur noch schlimmer machen, auch wenn es ihr gerade wie die Höchststrafe vorkam, ihm überhaupt nahe kommen zu müssen. Alessia sagte nichts, selbst ihre Augen zeigten gerade weniger Hass als einfach Unsicherheit und Nervosität, das dringende Bedürfnis, hinter diese Tür zu kommen. Sie trat einen widerstrebenden Schritt auf den Dunkelhaarigen zu, warf ihm einen letzten, undefinierbaren Blick zu und stellte sich auf die Zehenspitzen, um ihm einen winzigen Kuss auf die Wange zu hauchen. Es war wohl deutlich genug zu erkennen, dass sie das nicht wollte. Auf gar keinen Fall. Und das sich ihr Magen drehte und sie gerne gekotzt hätte. Aber sie wollte zu Hope und er hatte den Schlüssel. Und Lincoln war nicht offen für Diskussionen, wenn er Forderungen stellte.
Isabella Ja genau. Waruuum denn nur hätte Shane ihm was antun sollen? Er konnte bekanntlich ja eigentlich keiner Fliege was zu Leide tun und war überhaupt nicht sadistisch veranlagt und allgemein komplett geisteskrank. Nein, ich hatte ehrlich keine Ahnung, wie ich auf diese extrem weit her geholte Frage kam. Ironie Ende. Ich sah Shane nur vernichtend von unten an, drehte mich dann aber einfach von ihm weg und ließ mich stattdessen in Richtung Treppe dirigieren. Kurz bevor wir uns an den Abstieg machten, entschied er sich dann spontan allerdings doch dazu, dass er mir wohl lieber die Augen zuhalten wollte, während er mich zu Luis geleitete. Ich unterdrückte ein leises Seufzen und setzte stattdessen widerstandslos einen Fuß vor den Anderen, um so schnell wie möglich zu meinem Freund zu gelangen. Wenigstens würde er momentan wohl noch unversehrt sein... immerhin etwas. Wie lange das der Fall sein würde war hierbei eine andere Frage. Wir erreichten irgendwann eine Tür hinter der er sich dann höchstwahrscheinlich befand, als Shane sich mir nochmal zuwandte und mich davor warnte, Luis zu nahe zu kommen. Ansonsten dürfte er uns gleich beim Vögeln beobachten?! Mir fiel beinahe die Kinnlade herunter, denn das dieser Bastard direkt zu solchen Maßnahmen greifen würde, hätte ich nicht erwartet. Ich wollte noch etwas erwidern, als er dann jedoch die Tür öffnete und meine Konzentration sich nun stattdessen bloß auf Luis richtete. Er saß inmitten eines großen Raumes gefesselt auf einem Stuhl und sah einfach nur alarmiert auf, als er Schritte hörte. Als er mich dann erkannte, machte sich ein ungläubiger und gleichzeitig schockierter Ausdruck in seinen Augen breit. "Isabella", brachte er einfach nur atemlos hervor, woraufhin ich ihn verzweifelt ansah. Ich wollte zu ihm und war bereits auf dem Weg zu dem Stuhl, als ich mich an Shanes Warnung erinnerte und kurz davor noch anhielt. "Shane... was willst du von ihm? Was muss ich machen, damit du ihn gehen lässt?", fragte ich panisch in dessen Richtung, ohne Luis aus den Augen zu lassen. "Shane? Du kennst ihn?!", kam es in dem Moment nun auch noch vollkommen verständnislos und aufgebracht von meinem Freund, worauf ich gerade allerdings nicht reagieren konnte. Die Geschichte war zu lang.
Lincoln Natürlich gehorchte sie mir. Wie sollte es auch anders sein angesichts der Tatsache, das ich das beste Druckmittel hatte, das man sich vorstellen konnte? Und diese Gewissheit hob meine Laune gerade ungemein, denn ich wusste, dass es von nun an immer so sein würde. Dass ich meine Forderungen an Alessia stellen würde und sie ihnen Folge leisten würde, weil sie nicht wollte, dass ich Hope etwas antat. Und andersrum würde sich sicherlich auch hervorragend mit dieser Macht spielen lassen. Ich hatte ja das Glück, dass ich nun im Besitz von zwei Weibern war... damit war mir aufjedenfall noch mehr Spaß garantiert als Shane mit Isabella und dem guten Luis. Auch wenn ich Hope wohl weniger oft anfassen würde, einfach weil sie nunmal ein Druckmittel war und ich Alessia nicht bestrafen konnte, wenn sie einem Befehl von mir gehorcht hatte, damit Hope unversehrt blieb. Und ich bezweifelte, dass mein Püppchen jemals etwas verweigern würde, mit der Gewissheit, dass ich ihrem kleinen Liebling dann etwas antun würde. Naja, zurück zum Thema. Alessia stellte sich auf die Zehenspitzen und drückte mir einen recht bescheidenen Kuss auf die Wange, der mir für jetzt allerdings völlig ausreichte. Was alles noch kam, war sowieso viel besser als dieser mickrige Wangenkuss. "Braves Mädchen", lobte ich die Brünette nur grinsend, bevor ich dann ohne Weiteres die Tür aufschloss und vor Alessia eintrat. "Guten Morgen, süße Hope", flötete ich mit überaus guter Laune in die Richtung des Mädchens, das an einen Stuhl gefesselt dasaß. Ja es war gegen 2 Uhr nachts... war ja eigentlich schon morgens, von daher passte das. "Guck mal, wen ich dir mitgebracht habe", fuhr ich fröhlich lächelnd vor, während ich mich nun locker auf das große Bett am Rand sinken ließ und die beiden Frauen gespannt beobachtete. Vielleicht würde es ja sogar ein paar Tränchen geben - aufjedenfall aber großes Drama und vermutlich würde Alessia mich gleich fragen, wie es denn jetzt weitergehen sollte und wann Hope hier rauskam blablabla. 'Gar nicht' war die Antwort darauf. Denn Hope hatte hier nun einen sehr festen Platz und eine wichtige Aufgabe zu erfüllen.
Shane Offenbar war sie minimal überrumpelt von seiner direkten Ansage, aber das interessierte den Dunkelhaarigen keineswegs. Isabella sollte lieber schnell lernen, wie der Hase ab heute läuft, denn Shane würde nicht unbedingt behaupten, im Laufe des letzten Jahres verweichlicht zu sein oder gar nachgelassen zu haben. Viel mehr hatte er ein Jahr Zeit gehabt, das hier perfekt vorzubereiten und sich allerhand Gedanken dazu zu machen, wie er seine kleine Geschichte mit der hübschen Brünette weiterspinnen wollte. Kaum hatten sie die Schwelle überwunden und waren im Raum angekommen, schien die gut gemeinte Warnung allerdings fast vergessen zu werden. Erst kurz vor dem Stuhl ihres Honigbärchens hielt Isabella doch noch an, schien sich seiner Worte zu gesinnen. Das waren weitaus weniger als zwei Meter. Er hätte schon fast seine Hose aufgemacht, war aber wohl doch noch etwas zu nachsichtig gerade jetzt. Nur gerade jetzt. Daran sollte sie sich nicht gewöhnen, niemals. „Zwei. Meter. Hab ich gesagt“, zischte er also lediglich eine dunkle Erinnerung vor sich hin, trat dann gemächlich neben Isabella hervor um die beiden von der Seite etwas besser im Blick zu haben. Dann folgte auch schon das erste Geplänkel, was dem jungen Mann doch wieder ein entspanntes Lächeln in die Mundecken setzte. „Tjaaa. Gar nichts. Luis geht nirgendwo hin. Das liegt nicht in deinem Handlungsspielraum, Isabella. Alles, was du tun kannst, ist, ihm sein Leben hier erträglicher zu gestalten, okay?“, richtete er seine Antwort an sein Mädchen, ignorierte Luis erst noch, ehe er sich dann einen Moment später auch an ihn richtete. „Ja, Shane und ja, sie kennt mich. Vielleicht will sie dir ja erzählen, woher? Vielleicht will sie dir ja die brennend interessante Geschichte erzählen, wie sie mich kennen gelernt hat? Was alles passiert ist, bis ich sie wieder verloren habe? Nur, um sie mir jetzt wieder zu holen… Ach, weisst du… unsere Geschichte geht eigentlich so viel weiter zurück, als eure. Das ist fast unfair“, plauderte Shane dramatisch, trat dabei hinter Isabella und legte liebevoll seine Arme um sie, wiegte ihren schlanken Körper sanft hin und her. Weil der Blick ihres hilflosen Liebhabers dabei so wundervoll süss war.
Alessia Sie wollte seine Stimme nicht hören, seine Worte voller Hohn und Spott. Sie war kein braves Mädchen und sie wollte es auch nicht sein, schon gar nicht für ihn. Aber das behielt sie für sich, biss sich auf die Zunge während sie hinter seinem Rücken, während er die Tür aufschloss, unauffällig ihren Ärmel über ihre Lippen wischte, die gerade seine Wange geküsst hatten. So falsch. Kaum war die Tür auf, drängte sie sich nach drinnen, an Lincoln vorbei zu Hope, die steif auf dem Stuhl sass, einen Moment wütend zu dem jungen Mann blickte, ehe sie Alessia erkannte und ihr jegliche Gesichtszüge vollkommen entglitten. Sie durch und durch fassungslos zu der Brünetten starrte. „Alessia?!“, hauchte sie fast tonlos, als eben diese ihr auch schon um den Hals fiel. Alessia konnte die Tränen nicht zurückhalten, als sie Hope erblickte, als alles auf einmal wahr wurde. Als ihr klar wurde, dass Lincoln nicht geblufft hatte, dass tatsächlich die Person, die ihr am allermeisten bedeutete, hier in diesem Loch an einen unbarmherzigen Stuhl gefesselt sass. Er hatte es wirklich getan und sie hatte versagt. „Es tut mir so leid, das ist alles meine Schuld“, flüsterte sie schluchzend, erstickt ins Ohr ihrer Freundin, die sie erst gar nicht mehr los lassen wollte. Erst, als ihr klar wurde, warum ihre Umarmung nicht erwidert wurde und wie sich Hope gerade fühlen musste, kniete sie sich neben den Stuhl, begann mit zittrigen Händen damit, die Seile zu lösen, die der Brünetten die Freiheit nahmen. „Nein, hör auf zu weinen, was ist passiert?? Hat er dir was getan?!“, wollte Hope wissen, schaute verwirrt runter zu der Italienerin und dann kurz zu Lincoln, nochmal zu Alessia und zurück zu dem fremden Mann. Wieder kehrte Wut und Hass in ihre Augen zurück und sie zog an den Fesseln, die sich langsam lösten, schon ihre Hände freigaben. „Was hast du ihr getan, du Bastard?? Warum sind wir hier?! Und lass sie gefälligst sofort wieder raus!“, fauchte Hope gereizt, ihre etwas rauchige Stimme - sie hatte nie eine Zigarette angerührt - offenbarte nun deutlich ihren spanischen Akzent, der sie noch etwas wütender klingen liess. Obwohl sie tatsächlich wirklich wütend war, während Alessia wohl versuchte, sie mit einem leisen „Schschsch, bitte, mach ihn nicht wütend“ und ihrer Hand, die sich um die ihrer Freundin schloss, während sie mit der anderen weiterhin gegen die Fesseln kämpfte, zu beruhigen.
Isabella Ich riss ein wenig die Augen auf, als Shane mir diese dunkle Warnung entgegen zischte, die mich prompt dazu brachte wieder ein paar Schritte zurück zu stolpern. Das Letzte, was ich wollte war, dass Luis dabei zugucken musste, wie Shane mich vergewaltigte. Sollte er das lieber in einem anderen Zimmer tun, wo es nur uns beide gab, denn passieren würde es so oder so. Ich atmete einmal tief durch, um aufkommende Tränen zu unterdrücken und heftete meinen Blick stattdessen auf Luis' müdes und gleichzeitig fassungsloses Gesicht. "Erklär es mir bitte, Isabella", bat er seufzend, wobei er Shane einen Moment lang wütend musterte. Als er mich wieder ansah war der Ausdruck in seinen Augen jedoch wieder ruhig. Ich wollte gerade anfangen zu sprechen, als Shane dann seine Arme um mich legte und irgendwelche giftigen Säuseleien aus seinem Mund kamen, die in mir den reinen Ekel hervorriefen. Wollte er es gerade so darstellen, als wären wir durch unsere lange Geschichte miteinander verbunden und er hätte viel mehr 'Anrecht' auf mich als Luis? Vermutlich, aber dass seine Worte absolut lächerlich waren, war Shane selbst doch mit Sicherheit auch bewusst. Ich wollte mich vor Unbehagen am liebsten in seinen Armen winden, hielt mich aber stattdessen krampfhaft zurück und brachte nur zwischen zusammengebissenen Zähnen ein "Lass mich los, Shane" hervor. Ich wollte nicht, dass er mich anfasste, vorallem nicht vor meinem Freund, der sich gerade wahrscheinlich sonst was ausmalte. "Es war eine Flugzeugentführung... und er hat mich zu seinem Besitzeigentum auserkoren, weil er so verdammt krank ist, und mich dann in ein gemütlich eingerichtetes Häuschen gesperrt und...", ich stockte, weil ich nicht aussprechen wollte, was er alles mit mir gemacht hatte. "Eines Tages hat er mich gehen lassen. Und mir gesagt, wenn ich irgendjemandem etwas sage, holt er mich zurück und tut den Menschen weh, die mir am meisten bedeuten. Und jetzt sind wir hier, obwohl... obwohl ich nichts gesagt habe." Meine Stimme brach gegen Ende einfach weg und ich spürte, dass meine Wangen tränennass waren, weil ich endlich die Situation in ihrem vollen Umfang realisiert hatte. Und so auch Luis, dessen Gesicht einfach nur kreidebleich und von Entsetzen erfüllt war. "Lass mich doch bitte zu ihm", schluchzte ich verzweifelt in Shanes Richtung, während ich mir krampfhaft die Tränen von den Wangen wischen wollte. Er war ein noch viel größeres Monster geworden als er es vor einem Jahr gewesen war...
Lincoln Oh ja, das war ja ein herzallerliebstes Wiedersehen. Und die beiden waren in der Tat ein süßes Pärchen. Welch ein Glück ich doch mit ihnen gehabt hatte. Ich beobachtet schweigend wie Alessia sich dem gefesselten Mädchen um den Hals warf, von dem sie mir doch so einiges erzählt hatte und doch tatsächlich zu weinen anfing. Ja, ich musste sagen, so viele Emotionen hatte ich bei der Italienerin selten gesehen, da sie ja meistens eher die Kühl-Distanziert-Schweigsame war, wenn es um mich ging. Es sei denn ich beraubte sie irgendeiner neuen Freiheit, dann ließen sich große Emotionen der Trauer und Wut erkennen. Aber diese Seite an meinem Mädchen zu erleben würde mit Sicherheit auch ein großer Spaß werden... Ich hatte aufjedenfall meine Freude daran und an Abwechslung allgemein. Was mir dann allerdings absolut keine Freude mehr bereitete, war die Tatsache, dass Alessia begann die Fesseln ihrer kleinen Freundin zu lösen. Was ging denn bitte nur in ihr vor?! Glaubte sie allen Ernstes, dass ich damit einverstanden war, wenn sie sie befreite? Gleich kam dann wahrscheinlich wieder eine Entgegnung wie 'Du hast es mir nicht verboten'... aber dass ich ihr derart wenig grundlegende Erziehung beibringen hatte können, machte mich in dem Moment echt fertig. Ich verbot ihr solche Aktionen nicht, weil sie meiner Meinung nach selbstverständlich tabu waren! Ich erhob mich nun bedächtig von dem Bett, auf dem ich gesessen hatte und ging zu den beiden Mädchen hinüber, um mich schweigend neben Alessia zu hocken. "Sag mal, Alessia... wann genau hab ich dir erlaubt, Hopes Fesseln zu lösen?", wollte ich in einem leisen und sehr bedrohlichen Tonfall wissen, wohingegen ein aufgesetztes Lächeln meine Lippen zierte, das absolut nicht zu dem restlichen harten Ausdruck auf meinem Gesicht passte. Ich legte meine Hand an Alessias Handgelenk und zog die ihre damit langsam aus Hopes heraus. "So. Damit du aus diesem Fehler lernst, wirst du ihre Fesseln neu anbringen. Ich bin direkt hier, wenn du dir unsicher bist", fuhr ich einfach eiskalt fort, während ich Alessia das Ende des Strickes in die Hand legte, mit dem sie Hopes Hände wieder fesseln sollte. Manchmal musste diese Frau wirklich auf die harte Tour lernen... und sie konnte froh sein, dass ich noch nicht zu härteren Methoden griff, denn da gab es noch so einiges, was ich auf Lager hatte. Naja, gleich, wenn wir hier fertig waren würden Alessia und ich uns wohl erstmal ins Nebenzimmer begeben. Ich hatte sie nunmal ein Jahr vermisst und nicht mehr bei mir gehabt. Da gab es so einiges an Nachholbedarf.
Shane Natürlich liess er sie nicht los, bloss weil sie ihn dazu aufforderte. Aber das dürfte der jungen Frau gut und gerne schon vorher bewusst gewesen sein. Sie hatte hier immerhin eindeutig nicht das Sagen und das wussten alle Anwesenden, selbst der liebe Luis. Stattdessen lauschte der Dunkelhaarige ganz geduldig der Erzählung, die Isabella nun hielt und die Luis sicherlich sehr viel milder stimmen würde. Vor allem ihm gegenüber, haha. Nun gut, wie dem auch sei. Seine hübsche Brünette fing herzzerbrechend an zu weinen, als sie in einer sehr sehr kurzen Fassung alles erzählt zu haben schien, das für den Moment relevant war. Alles, was vor Luis’ Auftreten in ihrem Leben überhaupt relevant gewesen war. Musste ziemlich erschrecken sein, zu realisieren, wie wenig man seine Freundin eigentlich kannte. Wenn sie einem sogar sowas verschwieg. Tja. Shane konnte leider gerade kein Beileid aufbringen, so weich war er in dem vergangenen Jahr leider auch nicht geworden. „Du darfst zu ihm“, meinte Shane auf ihre traurige Bitte hin, liess sie aber noch nicht los, da er die Bedingung noch nicht genannt hatte. „Aber erst, nachdem du mich geküsst hast. Und er schaut zu“, sein Blick lang einen Moment auf dem Gesicht des Blonden, ehe er wieder zu Isabella ging. Ein zufriedenes, selbstgefälliges Grinsen zierte sein Gesicht, während er wartete, was sie tat. Das war ihr erster Moment zu beweisen, wie wichtig ihr der liebe Luis denn war. Wenn sie unbedingt zu ihm wollte, würde sie ihn küssen. Wenn nicht… Dann war das wohl schade. Andererseits - Luis wäre es wohl lieber, wenn sie einfach blieb wo sie war und ihn dafür nicht küsste. Aber an diesen Anblick würde der Junge sich schon noch gewöhnen. Zwangsläufig.
Alessia Sie blickte nicht auf, als Lincoln sich erhob, versuchte einfach weiter, die viel zu perfekt verknüpften Seile zu entwirren. Auch auf seine Frage antwortete sie mit nichts weiter als einem erstickten Schluchzen. Sie hatte sich nicht mal überlegt, dass er das nicht wollen würde. Ihr einziger Gedanke war gewesen, dass das alles nicht sein durfte und Hope nicht leiden sollte. Was sie zwangsläufig tat, wenn sie so eng an einen Stuhl gefesselt war. Erst als er ihr Handgelenk nahm und ihre zittrigen Finger wieder aus denen ihrer Freundin zog, blickte sie langsam auf in das uneinsichtige, harte Gesicht des jungen Mannes, der sogleich wieder eine vollkommen absurde Forderung an sie stellte. Ihre Tränen tropften auf das Seil in ihrer Hand während ihr Blick tausend Fragen auf einmal zu stellen schien. „Wieso..?“, war das Einzige, was sie dann aber wirklich fragte. Leise, vollkommen verständnislos. Hope hatte all dem schweigend zugehört, blickte mit zusammengezogenen Augenbrauen dunkel auf Lincoln hinab. Sie wollte nicht an diesen Stuhl gefesselt sein, nichts tun können, wenn dieses Scheusal ihre Freundin derart belästigte. Aber er wirkte nicht wie jemand, mit dem man besonders gut reden konnte. Und somit war dieser Versuch der Italienerin auch von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Hope war kein Mensch, der gerne aufgab. Aber sie war intelligent und sie wählte ihre Schlachten selbst im Krieg sehr sorgfältig aus. Und das hier war ein verlorener Kampf, weshalb ein lautloses, resigniertes Seufzen über ihre vollen Lippen glitt. „Es ist schon gut, Alessia, mach es einfach… Er soll weg von dir“, redete sie leise auf die Brünette ein, ignorierte Lincoln gekonnt. Sie behielt momentan noch mehrheitlich für sich, wie sehr ihr das alles missfiel. Und wie sehr sie sich um Alessia sorgte, die vollkommen aufgelöst hier auf dem Boden sass. Noch wusste Hope ja nicht einmal, dass nicht ganz zufällig genau sie beide hier waren heut Nacht. Sie konnte nicht mal erahnen, dass und woher Alessia Lincoln denn kannte. Sonst hätte sie wohl genau wie ihre Freundin noch dringlicher sofort versucht hier so schnell wie möglich weg zu kommen. Weil sie dann auch wüsste, wie schlecht es war, wenn sie an diesen Stuhl gefesselt war. Während Lincoln tun konnte, was auch immer er wollte.