Faye nichts zu sagen war mitunter wohl auch deshalb richtig, weil es Aryana zusätzlich belasten würde. Auch hier wieder – Pest oder Cholera, Irgendwem ging es mit der Wahrheit schlechter als dem anderen. Ich sollte mich mehr darauf fokussieren, was für die ältere Cooper in diesem Augenblick besser war…. Faye würde mir das Schweigen viel leichter vergeben als eine tote Schwester, die auch ohne diese zusätzliche Belastung schon am Ende war. Deswegen die Frage nach dem Waschlappen für ihr ungewöhnlich verheultes Gesicht. Ich nickte sofort und nahm Gewicht auf die Hände auf, um es mit dem Aufstehen leichter zu haben. “Ja, sicher.”, bestätigte ich, während ich aufstand. Dann hinkte ich zum Kleiderschrank. In dem kleinen Badezimmer war nicht wirklich Platz für Schränke mit tatsächlichem Stauraum, deswegen hatte ich auch Handtücher und Co. beim Rest meiner Wäsche verstaut. Ich nahm einen der beiden frisch gewaschenen Waschlappen aus dem Fach, schloss die Schranktür wieder und ging zu Aryana zurück, um ihr das Stück Stoff mit einem schwachen Lächeln zu reichen. Das Bedauern und das Mitgefühl, das ich in diesem Moment bei ihrem Anblick empfand, versuchte ich jedoch für mich zu behalten. Auch wenn es wirklich nicht meine Absicht gewesen war, sie derartig zu Tränen zu rühren, war ich mir ziemlich sicher, dass sie dafür jetzt nicht auch noch mein Mitleid wollte. Ich sah der Brünetten kurz nach, als sie im Bad verschwand und stand dann erstmal da wie bestellt und nicht abgeholt. Ein paar tiefe Atemzüge später hatte sich der lebhafte Druck auf meiner Brust minimiert und ich hatte nicht mehr das Gefühl, jeden Moment mit starken Kopfschmerzen gesegnet zu werden. Ich holte mir selbst ein Glas Wasser und kippte es mit zweimal Ansetzen ganz runter, bevor ich es an dem kleinen Küchenwaschbecken ausspülte und mir ein weiteres Mal ziemlich fest übers Gesicht rieb. Nichts davon machte die Umstände wirklich besser, aber es half vorübergehend den Kopf ansatzweise frei zu bekommen. Ich lehnte noch etwas abwesend an der kurzen Theke, als Aryana aus dem Bad kam und… naja, wie zu erwarten nicht urplötzlich völlig erholt aussah. Man sah die Spuren der Tränen zwar nicht mehr, aber ihre roten Augen waren weiterhin offensichtlich. Ihre ersten paar Worte hielten mich dazu an, über weitere mögliche Gegenmaßnahmen nachzudenken und als sie dann schon an der Tür und eigentlich auf dem Sprung war, stieß ich mich von der Küche ab. “Warte kurz.”, hielt ich sie mittels Worten auf, als ich schon auf dem Weg zu der kleinen Garderobe neben der Tür war. Über den Kleiderhaken war noch eine Hutablage in der Wand verschraubt. Da fanden sich zwei Wintermützen, aber auch eine schlichte schwarze Cap ohne jeglichen Wiedererkennungswert. Die hatte ich mir letzten Sommer spontan gekauft, als effektiven Schutz gegen Sonnenstich. Mir standen Caps nicht wirklich gut und sie war nicht teuer, also würde mir bis zum Sommer nicht mal auffallen, dass sie nicht mehr da war. Ich zog sie vom Brett, machte sie etwas enger und hielt sie Aryana hin. “Ist besser als nichts und ich werd’ sie nicht vermissen.” Wenn sie die Cap tief genug zog und den Kopf tendenziell unten hielt, dürfte man von dem verheulten Gesicht nicht mehr allzu viel sehen. “Und meine Tür steht dir weiterhin offen… jetzt, wo du sowieso weißt, wo du mich findest.”, verpackte ich die indirekte Annahme ihres Danks mit einer Prise Humor, einem schiefen Lächeln und leicht angehobenen Augenbrauen. Das Gespräch war für beide Seiten absolut unangenehm gewesen und ich pochte nicht auf eine Wiederholung, aber ich sagte es gerne noch einmal: Aryana sollte mir lieber ständig auf die Nerven gehen, als irgendwas unaussprechlich dummes und unumkehrbares zu tun.
Mehr als das überaus knappe Ok der jungen Frau konnte ich wohl nicht erwarten. Ich hab den Kopf dabei auch noch nicht wieder an, sondern nahm es still zur Kenntnis. War froh darüber, dass wir offenbar beide keine Energie mehr darauf verschwenden wollten, diese zu nichts führende Diskussion am Leben zu halten. Nach kurzer Zeit ließ ich die Hände langsam wieder auf den Tisch sinken. Ich trug die Haare inzwischen noch etwas kürzer, was vermutlich ausschlaggebend dafür war, dass sie im Anschluss nicht völlig wild zu Berge standen. Mein Blick streifte Aryana noch zwei oder dreimal kurz, während sie damit beschäftigt war, wieder runterzukommen und ich wiederum versuchte, meine eigenen Gedanken etwas zu beruhigen. Es war noch nicht zu spät, sie würde mit Mitch reden – wenn auch nur zwangsläufig – und dann hoffentlich die Kurve kriegen. Sie beide zusammen, damit wir dann mit meinem supertollen Plan hier raus spazieren konnten. Ich ging bisher zumindest nicht davon aus, dass meine eigene Position in Easterlins Armee unangetastet bleiben würde und vielleicht war das auch gut. Zwar wusste ich nach wie vor nicht so richtig, was ich wirklich vom Leben wollte, aber die Zelte hier abzubrechen war sicher ein Schritt in die richtige Richtung. Ob es hingegen richtig war, Faye diese Angelegenheit zu verschweigen, stand auf einem ganz anderen Blatt. Automatisch sah ich vom Tisch hoch in Aryanas Gesicht, als sie diese Bitte ganz explizit an mich richtete. Ein Teil von mir wollte sofort dagegen protestieren. Erstens, weil ich die jüngere Cooper schon deutlich zu oft angelogen hatte und zweitens, weil sie mir einmal ganz unmissverständlich erklärt hatte, dass sie nicht gerne geschont wurde. Dass sie es satt hatte, von allen immer behütet zu werden, als könne sie nicht selbst entscheiden, womit sie zurecht kam und womit nicht… aber Aryana hatte schon recht. Es war jetzt endlich mal soweit, dass Faye in ihrem neuen, unbeschwerten Leben angekommen war. Nach schier endlos langer Wanderung im Dunkeln, wovon wir alle hier ein Lied singen konnten. Sie konnte keine suizidgefährdete Schwester am anderen Ende der Westküste gebrauchen. Nicht jetzt, sie sollte sich endlich mal auf ihr eigenes Glück fokussieren können. Es dauerte einen kurzen Moment, dann nickte ich aber gut sichtbar. “Ich sag’ ihr nichts. Ist ja nicht grade unglaubwürdig, nachdem wir uns für gewöhnlich nicht besonders viel miteinander unterhalten…”, willigte ich zusätzlich wörtlich ein. Zumindest sagte ich Faye so lange nichts, wie ich das Gefühl hatte, Aryana und Mitch bekamen das Ruder noch alleine rumgerissen. Wenn es akut plötzlich sehr viel schlechter um ihre geistige Verfassung stand und das auch für mich offensichtlich wurde, überlegte ich mir das vielleicht noch mal. Schlimmer ging immer, wie man so schön sagte. Es war zum Glück aber auch nicht so, als hätten Faye und ich täglichen Kontakt. Ich musste sie also nicht ständig, sondern nur gelegentlich anlügen. Was es nicht wirklich besser, aber doch leichter erträglich machte. Würde sie irgendwann herausfinden müssen, dass ich gewusst hatte, was Sache war, wenn Aryana schon lachend dem Tod in die Arme gerannt war, wäre das definitiv die endgültige Beerdigung unserer Freundschaft. Was das anging wollte ich positiv bleiben, denn es war bereits mehr als ausreichend, wenn zwei von drei Leuten hier ihre Köpfe in den Sand steckten. Keine verdammten Beerdigungen mehr.
Oh doch. Viel mehr hatte ich dazu eigentlich gar nicht mehr zu sagen. Aryana machte mir die Situation noch eine Stufe unangenehmer mit ihren völlig aufgeschmissenen, dunklen Augen, die mich gefühlt unschuldiger anblinzelten als jemals zuvor. Von allen Momenten, in denen ich sie je in eine extrem unangenehme Situation hätte schubsen können, war das hier wohl der allerletzte, in dem mir danach zumute war. Doch es führte offenbar kein Weg daran vorbei, es war nötig. Deshalb zuckte ich ansatzweise mit den schweren Schultern, als sie verzweifelt nach irgendwelchen Argumenten zu suchen begann. “Vielleicht nicht… beides nicht.”, nahm ich ihre Worte einfach so hin. Natürlich ging mich die Beziehung der beiden im Grunde überhaupt nichts an. Wenn sie mir hier aber lang und breit erzählte, dass sie sich am liebsten umbringen wollte, wurde zwangsläufig ihr ganzes Leben zu meiner Sache. Schon nur deswegen, weil sie es sonst keinem gesagt zu haben schien und das wiederum mir gegenüber nicht fair war. Ich hatte nämlich kein bisschen damit gerechnet, als sie in mein Zimmer gestolpert war. “Damit ist der Einzige von uns, der noch sowas wie fair aus dieser Sache rauskommen kann, dann wohl Mitch.”, stellte ich überflüssigerweise ein bisschen aus Prinzip fest. Ich hatte das Ticket des Suizidberaters genauso unfreiwillig gezogen, wie Aryana das Ticket für das gestellte Ultimatum. Wenn sie gedacht hatte, dass ich ihr die Hand schüttelte und sie mit besten Wünschen ins Jenseits verabschiedete, oder stattdessen eine supereinfache Lösung für sie parat hatte, dann hatte sie sich geschnitten. Sie konnte sich jetzt nur noch dafür entscheiden, Mitch die fairste Version der Umstände selbst zukommen zu lassen oder weiterhin gar nichts zu unternehmen. Dann läge es an mir, irgendwelche schonenden Worte zu finden und dafür war ich nicht wirklich bekannt. Wenn ihr Partner genauso wie sie schon zu weit über dem Abgrund segelte, um sie von genau diesem wegzuziehen, waren wir ziemlich verloren. Die beiden wirkten seit jeher wie zwei Schatten, die sich ganz gleich unter welchen Witterungsumständen nicht mehr voneinander trennen ließen. Es gab sie nur im Doppelpack. Leider sowohl im Leben, als auch im Tod, wie's schien. “Naja… dann sind wir so oder so am Arsch, oder? Viel schlimmer geht's kaum, so wie ich das sehe. Du hast nichts zu verlieren in dieser Sache. Nichts, was du nicht sowieso schon willentlich durch dein Schweigen riskierst. Es wirkt auf mich nicht so, als würde er dir massiv mehr erzählen, als das umgekehrt der Fall ist.”, weigerte ich mich weiterhin konsequent, das Ultimatum zurückzunehmen. Aryana versuchte hier – verständlicherweise – Gründe zu finden, die mich zum Zurückrudern bewegen sollten. Die sie von dem entstandenen Zwang, sich ihrem Freund anzuvertrauen, doch wieder erlösen würden. Nur würde das nicht passieren. Nicht, wenn sie mir hier nicht wider Erwarten noch eine andere Möglichkeit offenbarte. “Ich… ich mach’ das wirklich nicht gerne, aber du lässt mir keine Wahl… und er wird sowieso Fragen haben.”, sprach ich stockend etwas leiser, seufzte im Abgang und senkte nun meinerseits den Kopf, um mir mit beiden Händen die Haare zu raufen und einen Moment lang die angestrengten Augen zu schließen, die Kopfhaut zu massieren. Ich würde nicht einfach tatenlos zusehen, das hatte ich ihr gesagt. Trotzdem war sie immer mehr mit der Sprache rausgerückt und hier waren wir nun. Mitch würde sehen, dass sie geheult hatte, selbst wenn sie sich jetzt innerhalb von zwei Minuten wieder halbwegs fing. Außerdem rochen Frauen anders, wenn sie geweint hatten. Anders als normalerweise. Er müsste also blind und plötzlich des Riechens unfähig werden, um nichts von diesem massiven Gefühlsausbruch mitzukriegen.
Man sollte meinen, dass es nach all den langen harten Jahren beim Militär irgendwann einfach für mich geworden war, Leute am Ende ihrer Kräfte zu sehen. War es auch, denn wenn ich mich recht entsinnte, dann hatte ich solche Gespräche gen Ende eigentlich relativ leicht führen können. Damals war mir jedenfalls nicht schlecht geworden, weil ich mein Gegenüber zu gut nachempfinden konnte. Ich hatte auch noch nicht aufgehört zu schwitzen. Aryanas Schluchzen reizte meine Ohren und führte zu einer leichten Gänsehaut in meinem Nacken. Weil ich das schlechte Gewissen etwas zu gut kannte. Weil es schrecklich zu hören war, wie sie sich ganz gezielt innerlich gegen sich selbst ausspielte. Sie wusste eigentlich ganz genau, wo sie lang gehen müsste, um ihrem Leid ein Ende zu setzen und trotz Allem weiterzuleben. Jedes Wort, das sie noch sagte, als sie die Finger wieder sinken ließ und nicht mehr nur in ihre Hände nuschelte, bestätigte mir das. Denn wenn ich sie gezielt nach den Dingen fragen konnte, die sie sich selbst fragen sollte und sie auch erkannte, was genau ich eigentlich von ihr hören wollte, dann hatte sie all die passenden Fragen und Antworten längst in ihrem eigenen Kopf gefunden. Sie hatte bloß sehr große Angst davor. Angst, die ich ihr leider nicht nehmen konnte, weil ich nicht der hässliche Dämon war, der ihren Kopf in einen klebrigen Schleier aus Rauch, Asche und Blut hüllte. Ich schluckte leise, weil meine Kehle sich rau anfühlte. “Ich bin mir absolut sicher, dass du das kannst und dass du es eigentlich auch willst.”, leitete ich langsam die nächste Messerstecherei ein, die nicht weniger als genau auf Aryanas Herz abzielte. Wenn sie es Mitch nicht sagen wollen würde, würde sie sich ja nicht noch so viel schlechter damit fühlen, es nicht zu tun. “Du hast bloß sehr große Angst davor… und das kann ich verstehen. Ich hab meiner Freundin damals sehr viele Dinge verschwiegen, die ich ihr hätte sagen sollen. Teilweise sogar wirklich simple Dinge. Aus Angst… manches vielleicht auch aus unsinniger Scham.”, musste ich mich ein weiteres Mal dazu überwinden, meinen eigenen Werdegang in Gefühlsdingen einzubringen, weil ich sicher gehen musste, dass sie mir glaubte. Dass Aryana nicht dachte, ich erzählte ihr hier nur das, was sie hören wollte. Außerdem brauchte ich es auch als Überleitung. “Aber über diesen Punkt seid ihr beide schon lange weg. Vielleicht kennt ihr euch nicht in- und auswendig, aber ihr kennt euch ziemlich sicher viel zu gut, als dass du ihm wirklich was vormachen kannst.” Aryana hatte sonst immer ein ziemlich gutes Pokerface gehabt. Wenn sie selbst mich jetzt wie aus einem offenen Buch lesen ließ, dann wusste ihr Freund wahrscheinlich längst, was Sache war. Vielleicht drückte er aber ganz fest die Augen zu, weil er es nicht wahrhaben wollte. Wenn das mit der Bar nichts wurde, sollte ich es vielleicht als Therapeut versuchen. Oder mit Selbsthilfegruppen für Veterane. “Und Mitch ist offensichtlich kein Mensch, der sich selbst eine Kugel verpasst. Zumindest nicht, solange er noch einen zu guten Grund hat, es nicht zu tun.” Ich wusste nicht, was genau in dem Tätowierten vorgegangen war, als er damals den Schuss daneben gesetzt hatte. Mehr als einmal hatte ich mir den Bericht durchgelesen, als ich ihn aus den Akten gekramt hatte. Vielleicht war es Absicht gewesen, vielleicht nicht. Aber die Schulterschmerzen konnte er sich definitiv in die Haare schmieren und obwohl ihn damals – an seinem allgemein auffälligen Verhalten offensichtlich – sehr Vieles verfolgt hatte, war er noch da. Er war schon damals in Syrien für Aryana in den vermeintlichen Tod marschiert und ich glaubte nicht, dass er sie jemals hängen lassen würde, wenn sie ihn wieder danach fragte: Nach einem Kampf, der eigentlich aussichtslos und eine Aussicht auf den Tod war. An dieser Stelle war ich Easterlin dankbar dafür, dass er sich über alle seine Soldaten Berichte von der Army einholte. “Er marschiert für dich geradewegs in den Tod, wenn es wirklich das ist, was du von ihm willst. Aber genauso wird er ziemlich sicher auch immer wieder aufstehen und weitermachen, wenn du es bist, die ihn darum bittet.” Mitch hatte so einige Probleme, das war offensichtlich. Trotzdem schien er immer genau dann, wenn er eigentlich schon breitgetreten am Boden lag und ausgerechnet dann auch noch mehr Druck von oben bekam, wieder loszukriechen. Vielleicht mit zwei gebrochenen Beinen und Blut spuckend, aber er setzte sich wieder in Bewegung. An genau dem Punkt, wo die meisten anderen Menschen erst recht liegen bleiben und einfach vor sich hin sterben würden. Weiß der Himmel wieso, vielleicht brauchte sein kranker Schädel das einfach. Ich konnte Aryana die Angst vor diesem Gespräch mit Mitch nicht nehmen, aber ich konnte Reize setzen, die stark genug waren, sie selbst in ihrem Zustand noch zum Handeln zu zwingen. Obgleich es ein Spiel mit dem Feuer sein mochte, war es die einzige Karte auf dem Tisch, die ich ziehen und auch wirklich auf eine Wirkung hoffen konnte. Ein starkes Räuspern verließ meine Kehle, bevor ich ihr ein Ultimatum auftischte: “Wenn du’s alleine nicht mehr schaffst, ist er vermutlich deine einzige Chance… und wenn du es ihm nicht sagen kannst, dann tu ich es für dich.” Ich klang noch immer völlig ruhig. Sehr viel ruhiger, als ich mich fühlte, während ich mich innerlich auf ihre Reaktion einzustellen versuchte und sich mein Unbehagen nur in meinen schimmernden Augen widerspiegelte. Aryana würde mich dafür hassen, aber das war okay. Es war im Grunde ähnlich wie damals, als ich Faye darum gebeten hatte, ihrer Schwester zu sagen, dass ich mich um eine Lösung für ihren Ausstieg aus Easterlins Armee kümmern würde – sie würde die Umstände zuerst überhaupt nicht schätzen, später aber hinter diese Aktion blicken, weil sie nicht auf den Kopf gefallen war. Mitch würde es wortwörtlich hören, so oder so. Die Brünette hatte jetzt nur noch die Option, es ihm selbst und damit deutlich schonender beizubringen, oder es ihn über mich als Umweg hören zu lassen und ihm damit nicht nur ein Messer in die Brust, sondern auch noch eins in den Rücken zu stechen. Weil sie es lieber mir sagte, einem im Grunde fremden Menschen, als es ihm zu gestehen. Vielleicht war ihr Besuch hier bei mir sogar schon der verzweifelte Ruf ihres Unterbewusstseins, weil das längst wusste, dass ich nach meinen eigenen Regeln spielte und dabei nicht immer Rücksicht auf die Gefühle anderer Menschen nahm, wenn ich es für die beste Option hielt.
Ich nickte nur ein wenig und wich Aryanas Blick gezielt aus, als sie allem voran einmal kurz auf die Sache mit Avery zu sprechen kam. Die Erinnerung an sie war noch immer schmerzhaft, weshalb wir diesen Teil des Gesprächs damit getrost zu den Akten legen konnten. Es war wichtiger, wie es Mitch ging, als in meiner Vergangenheit zu wühlen. Leider bestätigte die junge Frau mir meine unausgesprochene Vermutung. Dabei flossen noch mehr kleine Tropfen ihre Wangen hinab, was ich wissentlich in Kauf genommen hatte. Es mochte Aryana unangenehm sein, hier vor mir auf die Tränendrüse zu drücken und unserer Tarnung kam ein noch besser sichtbar verheultes Gesicht nicht zugute, aber an und für sich war es gut, wenn sie ihren Emotionen trotzdem den nötigen Raum gab. Dass sie mal raus ließ, was sich offensichtlich schon viel zu lange angestaut hatte. Ich versuchte sie nicht förmlich anzustarren, während sie erzählte, aber ich nahm den Blick dennoch nicht wirklich von ihrem Gesicht. Ich wollte sehen können, was sich darin abspielte, während Aryana weiterhin so sprach, als wäre das ganze Spiel ohnehin schon verloren – nicht nur für sie, sondern auch für ihren Freund, der vor einiger Zeit offensichtlich Auftrieb darin gefunden hatte, eben eigentlich nicht sterben zu wollen. Vor allem wahrscheinlich auch darin, dass er seine Geliebte nicht sterben sehen wollte. An dieser Stelle wäre für mich gut zu wissen, mit was für einem Teil seiner Vergangenheit er damals abgeschlossen hatte und ob das durch diesen neuen, knallharten Absturz revidiert worden war. Ob sein Schädel in demselben alten Muster nur von neuem drin hing, oder ob es sich um eine neue Stufe von Schuld und Selbsthass drehte – wie sehr er und seine Freundin tatsächlich am selben Rad drehten und worin sie sich dabei unterschieden. Doch das müsste ich Mitch fragen, nicht Aryana. Erstens war er nicht hier – wieso eigentlich nicht? – und zweitens war ich mir relativ sicher damit, dass er mir nicht antworten würde. Außer er war tatsächlich genauso am Ende wie seine Freundin und sah keinen Sinn mehr darin, mir sein kaputtes Inneres zu verschweigen. Für uns alle hoffte ich jedoch, dass er noch nicht an diesem Punkt angekommen war. Aryana trampelte hier auf ziemlich vielen meiner verbleibenden Hoffnungsfunken herum, aber alle hatte sie nicht platt gemacht. Noch nicht. “So ungerne ich das auch ausspreche…”, setzte ich nach ein paar Sekunden Stille, in denen ich nachgedacht hatte, mit einem tiefen Atemzug an. Wog den Kopf kaum sichtbar hin und her, so als müsste ich mir erst noch überlegen, ob ich das wirklich aussprechen wollte. War aber gar nicht so. Ich scheute mich nur vor noch mehr Tränen auf der Gegenseite, einem richtigen Wasserfall. “...wird euch aber wohl niemand außer euch retten können. Ihr seid selbst eure größten Feinde. Würdest du jemals so mit Mitch reden, wie du mit dir selbst redest? Oder umgekehrt? Ich denke nicht.”, machte ich erstmal eine weitere Feststellung, die selbst für mich als Außenstehenden ziemlich offensichtlich war. Wenn man sich selbst jeden Tag aufs neue mit Vorwürfen zerfleischte, dann konnte einen normalerweise nur eine Person vom Gegenteil überzeugen, die einem wirklich am Herzen lag und umgekehrt. So verschlossen, wie ich Aryana bis zum heutigen Tag erlebt hatte, würde es da nicht viele Menschen zur Auswahl geben. Außerdem war die Thematik auch schlichtweg nicht für jedermanns Ohren geschaffen. Immerhin hatte freiwillig ausgeführte, schlimme Folter zu diesem Geisteszustand geführt. “So wie ich dich einschätze, wirst du mit diesen Dingen nicht zu Faye gehen… aus guten Gründen. Sie ist aber – glaube ich mal – abgesehen von Mitch wahrscheinlich die einzige Person, die dafür infrage kommen würde.” Hätte sie Faye etwas davon erzählt, hätte die sich wiederum sicher verzweifelt bei mir gemeldet. Vermutlich nicht direkt mit der Frage danach, ob ich irgendwas für Aryanas Seelenwohl tun konnte, aber mit der Frage, wie weit ich mit meinem non-existenten Plan war. Nur um dann vielleicht auch in Tränen auszubrechen, weil sie grundsätzlich nah am Wasser gebaut war, und dann anschließend mit der Sprache rauszurücken. “Deswegen sitzt du wohl hier bei mir… weil du es Faye nicht sagen kannst und weil du Mitchs Reaktion weder hören, noch sehen willst.”, schlussfolgerte ich mir selbst, klang dabei aber absolut frei von jeglichen Vorurteilen. Ich hatte Avery damals viele Dinge verschwiegen. Sogar viele sehr banale Dinge, die absolut nichts mit Suizid zu tun hatten. Es gab wohl kaum eine schwierigere Hürde, als einer geliebten Person etwas zu beichten, von dem man ganz genau wusste, dass sie es nicht hören wollte. Dass sie verletzen oder anderweitig erschüttern würde. Trotzdem führte nicht immer ein Weg dran vorbei und so wie ich das sah, hatte Aryana schon sämtliche andere Abkürzungen erkundet – ihr blieb nur noch diese Abzweigung. “So gern ich’s auch tun würde, kann ich dich aber nicht mit irgendwelchen Ratschlägen oder Ideen retten. Vor Easterlin hoffentlich, ja, aber nicht vor dir selbst. Dafür kenne ich dich bei Weitem nicht gut genug, Aryana.” Ich faltete die Hände ineinander und knetete sie leicht, was meiner eigenen inneren Unruhe entsprang. In meinem Gesicht spiegelten sich Mitgefühl und Unbehagen wieder. Wenn Mitch sie nicht wieder hochziehen konnte, dann konnte es wahrscheinlich auch sonst Niemand. Dann konnte ich mir den ganzen Plan sparen und die beiden, wenn es auch für seine Seele tatsächlich schon völlig zu spät war, Hand in Hand von der nächstbesten Brücke springen lassen. "Warum bist du alleine hier?" Eine eigentlich rein rhetorische Frage, die ich mir quasi selbst beantworten konnte, aber ich wollte sie damit noch etwas mehr triggern. Es schmerzte mich selbst, ihr ein ums andere kleine Messer in die ohnehin schon in Sturzbächen blutenden Wunden stechen zu müssen und obwohl sie weinte, fürchtete ich mich noch immer ein winziges bisschen davor, gleich über den Tisch hinweg erwürgt zu werden. Trotzdem musste ich Aryana aber genau da treffen, wo es noch weh tat. An Stellen, die sich für sie noch nicht taub und völlig tot anfühlten. An Stellen, die sie daran erinnerten, dass sie sehr wohl noch lebte und das nicht allein. Da klebte Jemand seit ein paar Jahren sehr vehement an ihrer Seite. Jemand, der Aryana am Ende wahrscheinlich hier abholen musste und mich dann seinerseits erwürgen würde, wenn das hier so weiterging.
Gut war nicht gut genug, nicht unter diesen offensichtlich sehr prekären Umständen. Es war aber alles, was ich in dieser Sache für Aryana und Mitchell tun konnte. Ich bearbeitete meine Unterlippe kurz mit den Zähnen, als die Brünette ein weiteres Mal mit den Tränen zu kämpfen begann. Es war mir nach wie vor unangenehm, sie so zu sehen und gleichzeitig zu wissen, dass ich an einem zu großen Teil ihres Ballasts mitschuldig war. Wenn auch nur indirekt, weil ich nicht derjenige war, der Faye und Victor entführt und gefoltert hatte. Ich stellte mir diese Schuldfrage jedoch selbst noch viel zu oft von Neuem, um sofort auf die zögerlichen Fragen der jungen Frau gegenüber antworten zu können. Mit einem tiefen, offensichtlich nachdenklichen Atemzug legte ich die Hände auf dem Tisch ab und durchbohrte meine Finger einige Sekunden lang mit meinem Blick, so als hätten sie die Antwort auf diese schwierige Frage parat. “Ich glaube, dass jeder mit dieser Schuldfrage letztendlich einen anderen, eigenen Weg gehen muss… weil jeder dieses Konstrukt aus Schuld und schlechtem Gewissen anders in seinem Kopf aufbaut.”, wollte ich allem voran loswerden, dass ich ihr keine optimale Problemlösung dafür bieten konnte. Ich hob den Blick wieder an und sah Aryana an. Natürlich konnte ich ihr sagen, wie ich damit lebte – das bedeutete aber nicht, dass das für Aryana dann genauso gut funktionierte. Ich kannte sie nicht besonders gut, aber die junge Frau unterschied sich charakterlich in einigen Punkten definitiv von mir. Nur den Ehrgeiz und die meistens vorhandene Zielstrebigkeit, wenn wir uns was in den Dickschädel gesetzt hatten, schien eine Parallele zu bilden. “Aber wenn ich nicht grade bis zum Hals in Gefühlen stecke, mit denen ich schlecht umzugehen weiß, dann bin ich eigentlich ein sehr… realistisch veranlagter Mensch. Ich versuche, möglichst alles aus einer objektiven Perspektive zu betrachten. Das hilft grundsätzlich ungemein bei Problemlösungen, weil man den persönlichen Aspekt dabei ausblendet… aber das kann meiner Erfahrung nach nicht jeder Mensch.” Aryana war eine sehr viel leidenschaftlichere Person als ich. Das konnte ihr ebenso viel Auftrieb geben, wie es sie zu Fall bringen konnte. Im ersten Moment befreite sie ihre Schwester mit Feuereifer und stellte sicher, dass sie nie wieder dieselben Qualen erleiden müssen würde, doch im nächsten Moment steinigte sie sich selbst dafür. Tag für Tag, mit exakt derselben Leidenschaft. “Ich hab mir…”, setzte ich zögernd an, weil ein Teil von mir nach wie vor damit haderte, Aryana allzu persönliche Dinge über mich zu erzählen. Doch ihre jüngere Schwester hatte mir auch damit geholfen, zumindest ein bisschen unbeklemmter über mich selbst reden zu können. Jedenfalls über Dinge, die ich im Ansatz schon verarbeitet hatte. “Ich hab mir sehr lange die Schuld am Tod meiner damaligen Freundin gegeben und bin aus diesem Loch nie wirklich raus gekommen… bis Faye mir mehr oder weniger gesagt hat, dass das eigentlich völliger Blödsinn ist. Ich hatte mich bloß so sehr in der Trauer und den Schuldgefühlen verrannt, dass ich das gar nicht sehen wollte. Ich wollte Schuld daran sein, weil das für mich einfacher war als zu akzeptieren, dass das Universum einem nicht gerne in die Karten spielt. Dass die Entscheidungen, die man trifft, niemals nur einen einzigen Grund oder Auslöser haben, sondern ein Zusammenspiel aus hunderten Aspekten sind. Dass ich mich ganz sicher nicht bewusst dafür entschieden habe, sie durch ihre Versetzung damals in den Tod zu schicken. Ich hab Dinge gern unter Kontrolle, was wiederum wohl einer von vielen Gründen dafür ist, warum’s mir auch nicht besonders gut geht… gefühlt rinnt mir nur noch konstant alles durch die Finger, seit ich aus der Army geflogen bin.”, seufzte ich. Ich würde am liebsten behaupten, dass Ave mich gar nicht mehr in meinen Träumen heimsuchte, aber es war zumindest weniger geworden. Viel weniger. Dafür spukte Faye da jetzt zusätzlich rum und mir schienen sämtliche Optionen für ein gutes, erfülltes Leben ständig nur so durch die Finger zu rutschen, während ich auch noch die Leben anderer Menschen in Mitleidenschaft zog. Aber hey, immerhin hatte ich keine Suizidgedanken. Ich machte eine kurze Pause, schüttelte leicht den Kopf und sprach weiter: “Was ich damit sagen will ist, dass viele Menschen mit schlechtem Gewissen und Schuldgefühlen förmlich danach suchen, sich immer weiter selbst fertig zu machen, weil sie glauben, dass sie es nicht anders verdient hätten. Man sträubt sich mit allen Mitteln dagegen, aber man muss genau dieses Muster unterbrechen. Das macht jeder anders, aber ein mehr oder weniger nüchternen Blick von außen kann dabei oft helfen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich dir in neun von zehn Fällen sagen könnte, dass es nicht deine Schuld war… was jetzt keine direkte Aufforderung sein soll, ich meine bloß…” Ich kappte den Satz einfach, ohne ihn noch irgendwie zu beenden, atmete einmal etwas tiefer durch und ließ mich langsam nach hinten an die Stuhllehne kippen, woraufhin meine Hände nur noch an der Tischkante lagen. Ich war wohl eher nicht die richtige Person dafür, mir ihre halbe Lebensgeschichte anzuhören. “Stellt Mitch sich dieselben Fragen wie du?”, hakte ich nach, obwohl ich mir der Antwort schon ziemlich sicher war. Denn wäre dem nicht so, hätten sie sich wahrscheinlich längst gegenseitig zurück auf die Beine geholfen. Oder zumindest dafür gesorgt, nicht ganz so heftig auf die Schnauze zu fallen. “Er war ja schonmal ziemlich tief am Boden in seiner Zeit hier, soweit ich weiß… wie ist er da raus gekommen? Er war ja nie mehr auffällig, bevor…”, er wieder damit angefangen hat, ausschließlich jeden Tag auf dem Stützpunkt alle Menschen, die ihm über den Weg liefen, gedanklich mit Blicken zu töten. Aryanas Freund hatte per se schon keine besonders freundlichen Gesichtszüge, aber wenn er miese Laune hatte – weil es ihm wohl ähnlich beschissen ging – dann machte man erst recht freiwillig einen großen Bogen um ihn.
Es folgte Schweigen, das ich nicht wirklich zu interpretieren wusste, weil es mindestens drei Ursachen haben konnte. Danach ein sehr träges Nicken als erste aktive Reaktion auf all die Worte, die ich Aryana ungefragt serviert hatte… und daraufhin folgte eine weitere Danksagung, die nicht nötig gewesen wäre. Trotzdem nahm ich es diesmal gerne mit einem gut sichtbaren Nicken an, damit Aryana nicht glaubte, ihr Dank wäre mir nichts wert. Dem war nicht so, ich tat mir nur wegen der elenden Schuldgefühle schwer damit, ihn auch anzunehmen. Ich hatte grundsätzlich das Gefühl, nie mehr als das allermindeste zu tun. “Sicher, mach das… gebt mir einfach Bescheid, wenn ihr euch besprochen habt.”, segnete ich ab und meine Mundwinkel zuckten für den verzweifelten Versuch eines aufbauenden Lächelns kurz nach oben. Spätestens Aryanas noch folgende Bitte hätte das ohnehin nicht richtig vorhandene Lächeln aber wieder erstickt. Ich konnte schon etwa ahnen, woher dieses verzweifelte Anliegen kam, bevor sie mir etwas zu detailliert vor Augen führte, weshalb sie das alles nicht mehr konnte. Es tötete sie, zu töten. Immer wieder noch mehr Leben auszulöschen, als wäre das die Bestimmung ihres Lebens, nach der sie nie wirklich gefragt hatte. Es brach mir heute nicht weniger das Herz als früher, wenn einer der mir unterstellten Soldaten mit den Nerven am Ende zu mir gekommen war. Es war nie schön zu hören, nie schön zu sehen. Meistens machten sie damit aber den einen wichtigen Schritt, der sie davor bewahrte, ihr Leben schon am nächsten Tag auf dem Schlachtfeld zu geben. “Ich weiß, wie du dich fühlst… mir ging’s ähnlich, bevor die Army mich hauptsächlich hinter den Schreibtisch gesetzt hat.”, ließ ich Aryana murmelnd wissen, als sie gerade sehr offensichtlich die Folgen dieses jahrelang gefressenen Schmerzes ausbadete. Ich schluckte leise, streichelte mit der rechten Hand flüchtig über den Stoff an ihrem Oberarm und hätte sie auch jetzt eigentlich gerne umarmt, hielt das aber für eine weiterhin unausgesprochene Grenze… obwohl die Brünette mir gegenüber gerade ziemlich viele davon weggeworfen hatte. Trotzdem betrachtete ich diese weiße Fahne noch als gebrechlich und ließ die Hände lieber von ihren Armen rutschen. “Setz’ dich erstmal.”, riet ich Aryana und deutete mit einem seitlichen Nicken auf den kleinen runden Esstisch nahe der Küche, bevor ich mich von ihr abwendete. Die Meinung der anderen Soldaten interessierte sie zwar für gewöhnlich einen feuchten Dreck, aber es war für Niemanden aus unserem Team und für die noch kommende Mission von Vorteil, wenn sie gleich nach Klärung der wichtigsten Punkte erstmal verheult auf den Flur marschierte – aus meinem Zimmer. Hinkend holte ich Aryana ein Glas Wasser aus dem winzigen Küchenbereich und reichte es ihr. Dann sammelte ich noch eine angebrochene Packung Taschentücher nahe des kleinen Zweisitzer-Sofas ein, bevor ich zu ihr aufschloss. “Leben zu nehmen ist nie umsonst. Beim ersten Mal am wenigsten, aber jedes davon fordert seinen Tribut.”, redete ich ruhig weiter, als ich die Taschentücher vor ihr auf den Tisch legte. Die meisten Menschen wurden von ihrem ersten Mord – egal ob durch das Militär legal ausgeführt oder nicht – viele Tage lang verfolgt. Es wurde irgendwann leichter, immer wieder abdrücken… so lange, bis es dann wieder schwerer wurde. Mit jedem ausgelösten Tod starb ein Teil von einem selber. Zuallererst die Unschuld, dann Stück für Stück die mentale Gesundheit, bis später der eigene Lebenswille folgte. “Außer man ist ein Psychopath, dann wohl nicht.”, schob ich einen trockenen Witz hinterher. Dabei setzte ich mich auf den zweiten Stuhl am Tisch. Der Humor diente an dieser Stelle dazu, mich selbst ein bisschen zu beruhigen und Aryana außerdem zu verdeutlichen, dass sie gar nicht so kaputt war, wie sie gerade zu sein glaubte. Es gab viele längst für immer verlorene Seelen da draußen, ihre war aber noch zu retten. “Wie du dir schon denken kannst, gibt es wenig bis gar keine Aufträge ganz ohne Opfer… aber ich werde versuchen, euch hauptsächlich nur noch fürs Scouten vor der aktiven Ausführung einzuteilen. Easterlin predigt ja so gerne, wie ersetzbar seine kostbarste Ressource ist – das kann ich dann genauso gut als Argument fürs Tauschen von Positionen nutzen, falls er nachfragen sollte. Meistens hat er zum Glück sowieso Besseres zu tun, als sich die Pläne anzusehen.”, kam ich auf Aryanas ursprüngliche Bitte zurück, sah sie dabei ruhig an und zuckte ein wenig mit den Schulterm. Als Soldat einer Privatarmee gar nicht töten zu müssen, war quasi ein Ding der Unmöglichkeit. Ich konnte es aber nach bestem Gewissen auf ein Minimum reduzieren, so weit wie mir die Arten der Aufträge das ermöglichten.
Aryanas Stimme verdünnisierte sich stetig weiter, was angesichts der Emotionen, die sich mehr und mehr in ihrem Gesicht breit machten, kein Wunder war. Trotzdem willigte sie ein, mir die drei Monate zu spendieren. Noch drei Monate länger mit ihren eigenen Dämonen zu kämpfen, als wäre der Job für Easterlin mental noch nicht fordernd genug. Ich nickte nur einmal kaum sichtbar vor mich hin und hatte meinen vorherigen Worten eigentlich nichts mehr anzufügen, denn ich hatte auch ohne weitere Konversation schon mit mir selbst zu kämpfen. Aryanas aufgewühltes Hirn verfolgte jedoch einen anderen Plan: Sie dankte mir. Wofür? Für dieses Minimum an Schadensbegrenzung, das ich bieten konnte, nachdem ich den noch lebenden Teil ihrer Familie mit meinen dummen Entscheidungen nachhaltig traumatisiert hatte? Faye und Victor hätten sterben können – Aryana und Mitch hätten sterben können und sie waren noch immer nicht in Sicherheit. Ich hatte noch nichts auf ihren Dank erwidert und wollte mit angestrengter Mimik lediglich ein Kopfschütteln zum Abwimmeln andeuten, als die Brünette endgültig den Tränen verfiel. Sie fing wieder zu Reden an und es folgte ein Schwall an Worten, der meine Gesichtszüge erneut erschütterte. Schon die Tatsache, dass immer wieder eine oder zwei Tränen über ihre Wangen rollten, machte es schwierig, gleichzeitig auch noch inhaltlich ihren Worten zu folgen. Denn die hatten es in sich und sollten mir noch mal mit ordentlich Nachdruck einprügeln, dass ich mir keinen einzigen Tag zu viel Zeit lassen konnte. Egal wie unfair das sein mochte. Egal wie wenig sie das persönlich meinte. Die ganze Sache war viel zu persönlich geworden, als ich Faye da mit reingezogen hatte. Vielleicht war es nicht meine Schuld, dass die ältere der Cooper-Schwestern schon sehr lange sehr viel Schutt mit sich herum schleppte, den sie inzwischen nie mehr loszuwerden glaubte. Trotzdem würde ich mir für immer eine Teilschuld zuschreiben, wenn sie mir hier lang und breit sagte, dass Selbstmord so ziemlich der einzige Ausweg war, den sie überhaupt noch sah und ich nichts unternahm, um sie davon abzuhalten. Sie und Mitch. Aryanas Wut auf mich hatte ich nie persönlich genommen – das hier aber schon. Ich machte einen flattrigen, sehr tiefen Atemzug, ging auf Aryana zu und kramte im selben Moment irgendwo ganz tief in meinem Schädel nach einem Teil von mir, den ich nicht mehr wirklich angefasst hatte, seit ich aus der Army geflogen war. Nicht, weil ich ihn nicht gebraucht hätte, sondern weil die richtige Situation gefehlt hatte, um ihn wachzurütteln. Ich stellte mich selbst ganz hinten an, schluckte sämtliche Emotionen mitsamt Stolz runter und fokussierte mich auf das einzig wichtige im Raum - das von ihr losgelassene, wild umher schlagende Ruder der jungen Frau direkt vor mir. “Okay, hör mir zu…”, setzte ich an und legte meine Hände seitlich an ihre Oberarme, die endlos tief hängenden Schultern. “...und sieh mich an.”, forderte ich sie dazu auf, nicht mehr nur in die Leere zu starren, sondern mich ganz bewusst wahrzunehmen. Das ging auch durch den Tränenschleier, wenn sie sich ein bisschen anstrengte. “Ich nehme nichts von dem, was du mir für gewöhnlich alles an den Schädel knallst, jemals persönlich... aber das hier schon. Nicht wegen irgendeiner Schuld, sondern weil ich nicht zulassen werde, dass die einzigen zwei Soldaten, die mir in diesem Scheißladen was bedeuten, in irgendeinem sinnlosen Kugelhagel oder am nächstbesten Baum draufgehen." Wir waren nicht sowas wie Freunde – dafür fehlte seitens des Paares noch eine ganze Menge Vertrauen, das nicht aus einer Situation heraus erzwungen war. Doch ich vertraute ihnen längst. Vertraute darauf, dass meine Menschenkenntnis mich bei ihnen nicht täuschte. Ich mochte sie. Auf eine sehr schräge Art, die vermutlich darauf zurückging, dass wir allesamt völlig geschädigte, kaputte Veteranen waren. Jeder auf seine eigene und doch alle auf dieselbe Weise. "Und fair gibt’s in dieser Welt sowieso nicht… jedenfalls nicht umsonst, nicht wenn man sich’s nicht selbst nimmt. Genau deswegen müsst ihr einen Weg dafür finden, zumindest ein bisschen Energie zu tanken. Denn ganz egal, worauf der Plan am Ende genau hinausläuft – es wird definitiv kein Spaziergang, für mich nicht und für euch vermutlich noch weniger. Ihr braucht genug Kraft und auch euren Verstand, um noch diesen einen letzten Kampf durchzustehen… um Easterlin in den Arsch zu treten, weil er's nicht anders verdient hat und um euch endlich euer verdammtes Fair zu holen. Vielleicht siehst du das gerade nicht, weil dir alles zu viel geworden ist und du nicht klar denken kannst… aber ihr verdient das, alle beide.” Für einen kurzen Moment sah ich sie schweigend an, dann fuhr ich fort. “Ihr kommt gelegentlich vom Weg ab, aber eure Herzen sind rein. Sie sind so ehrlich wie kaum ein anderes… das hast du mir nie deutlicher gezeigt als jetzt und es ist mir unheimlich viel wert.” Keiner der geldgierigen Söldner in Easterlins Heer würde sich jemals hier vor mich hinstellen und wegen schlechten Gewissens an Suizid denken. Aryana und Mitch gehörten nicht hierher, all die Gewalt und die üble Moral innerhalb dieser Mauern machten sie endgültig kaputt. Zusätzlich zu allem anderen, weiß Gott was sonst noch in ihren Köpfen begraben lag… vielleicht wollte ich das lieber gar nicht wissen, weil es selbst eine unabhängige Frau wie Aryana in die Knie zwang und dazu brachte, ausgerechnet bei mir um Hilfe zu rufen. “Wenn ich also noch irgendwas tun kann, um euch mehr Luft zum Atmen zu geben, damit ihr ansatzweise zurück auf Kurs kommt, dann sag es mir bitte. Ich kann euch eine längere Schonfrist bis zum nächsten Einsatz einräumen, auch wenn ich mir dafür fünf gute Gründe aus dem Ärmel schütteln muss… ihr habt in den mehr als eineinhalb Jahren auch nicht alle erarbeiteten Urlaubstage abgebaut, die kann ich euch geben. Dafür brauch’ ich nicht mehr als eure Unterschriften auf den Urlaubszetteln. Ich greif' euch unter die Arme so gut ich kann, aber dafür muss ich wissen, womit ich euch am ehesten helfen kann, Aryana. Wir müssen auf Biegen und Brechen was von dem Wasser aus euren Fässern kriegen, sonst haben wir keine Chance da heil rauszukommen.” Ich sah die junge Frau ernst an, weil die Situation ganz genau das war – wortwörtlich todernst. Trotzdem schimmerten meine meist kühlen, graubraunen Augen ihr weich entgegen. Weil ich wusste, wie sie sich fühlte. Weil ich ihr keine Vorwürfe dafür machen würde, mit ihrer schier endlosen Kraft doch mal am Ende angekommen zu sein und das aus Verzweiflung nun alles auf mir abzuladen. Ihre Herzen waren stark, aber ganz ohne Verstand kamen sie damit nicht mehr weit. Nicht in einem Gefecht. Angesichts Aryanas Verfassung war es ein Wunder, dass sie überhaupt noch so gut funktionierten und noch nicht durchlöchert worden waren. Nur reichte blankes Überleben nicht, um sie hier rauszuboxen. Später, wenn sie aus der Armee raus waren, brauchten sie den Urlaub jedenfalls nicht mehr. Es gäbe kaum einen besseren Zeitpunkt als sofort, um ihren geschundenen Körpern und Seelen eine Pause zu gönnen. Jetzt, bevor es zu spät dafür war. Ich konnte zwar aufgrund noch nicht vorhandenen Plans nur schwer abschätzen, ob uns eine tendenziell auffällige Ausfallzeit der beiden letztendlich in die Karten oder gegen uns spielte, aber das würde am Ende keine Rolle spielen, wenn sie ohne ein paar freie Tage mehr als üblich überhaupt nicht mehr bis zu ihrer Befreiung durchhalten konnten. Letzteres hatte oberste Priorität, denn andernfalls gingen wir ohnehin alle zusammen über Bord.
Ich zuckte mit den müden Schultern. „Naja, draußen fühlt ihr euch offenbar auch scheiße und in der Hand hat er euch trotzdem. Pest oder Cholera.“, seufzte ich angestrengt. Ich fand es auch nicht unbedingt super, direkt auf der Arbeit zu wohnen. Zwar war ich das von den langen Jahren bei der Army so gewohnt, aber gerade mit einem Partner an der Seite wurde das schwierig. Hier waren Beziehungen erlaubt, aber alle Soldaten wussten, dass das nicht immer gut ging und es allgemein mit großer Vorsicht zu genießen war. Es gab hier ohnehin nicht viele Paare, was mitunter sicherlich an der niedrigen Frauenquote lag. Es war jedenfalls nicht so, dass ich nicht verstand, warum sie nicht hier unterkommen wollten. Wahrscheinlich war es am Ende auch trotzdem besser, wenn Aryana und Mitch ihren Kollegen nicht noch deutlicher unter die Nase rieben, dass etwas nicht stimmte. Nur der Aspekt der Sicherheit vor den Hernandez sprach akut für einen Einzug in einen von Easterlins Wohnkomplexen. Kurz atmete ich auf, als ich für einen Moment noch einmal Aryanas Aufmerksamkeit zu haben schien. Bis jetzt war ihr ein Ausweg aus Easterlins Armee-Zug, zusammen mit ihrem Liebsten, also wirklich noch lieber als einfach stumpf ins Gras zu beißen. Das war gut. Sehr viel weniger gut war aber die Frage, die sie mir daraufhin stellte. Einen Augenblick lang sah ich sie so an, als würde sie mich jetzt komplett verarschen wollen. „Ich kann doch nicht…“, setzte ich schnaubend an, vollendete den Satz jedoch nicht, sondern musterte ihr Gesicht. Jemandem, dem man auf irgendeiner Ebene offensichtlich nicht egal war, eine Frist für den eigenen Suizid aus der Nase ziehen zu wollen, pflichtete ein weiteres Mal ihrem Wahnsinn bei. Denn es war kein schlechter Scherz, Aryana meinte das ernst. Ihre erschöpften Augen schrien förmlich nach einem festen Datum, an dem sie nicht mehr blinzeln mussten. Ich lachte aus purer Verzweiflung leise in mich hinein, als ich mich von dem Mensch gewordenen Elend abwendete und beide Hände hob, um mir erst übers Gesicht zu reiben und dann die Haare zu raufen. Dabei machte ich ein paar wenige Schritte durch den Raum, als würde das tatsächlich den Druck von meinem Schädel und meiner Brust nehmen. Oder von meinem Magen, mir wurde übel. Nicht nur, weil ich nicht versagen und damit Aryana und Mitch von der Klippe stoßen wollte, sondern auch, weil Faye mir das Aussprechen einer solchen Frist nie verzeihen würde. Nicht, wenn dermaßen offensichtlich war, wofür es stand. Aber war dann eigentlich egal, oder? Ich würde glatt hinterher springen wollen, wenn das Paar endgültig abstürzte und Aryana würde dieses Zimmer sowieso nicht ohne eine Antwort verlassen. Oder vielleicht schon, aber dann nur um daraufhin den direkten Weg in die hässlichsten Viertel der Stadt zu suchen, um irgendwo hoffentlich auf das Rattenpack zu treffen. Es war eine halbe Minute still im Raum gewesen, abgesehen von meinen Schritten. „Du hast echt Nerven.“, grummelte ich leise, mehr in mich selbst hinein, als ich mir gerade noch das Nasenbein massierte. Daraufhin drehte ich mich schwer durchatmend zu ihr um. „Schafft ihr sechs Monate?“, fragte ich stumpf, so als würde ich damit nicht gerade den Stand der suizidalen Dinge abfragen. Ich sah ihr allerdings nur einen kurzen Moment ins Gesicht und holte mir damit selbst eine Antwort, ohne eine von der jungen Frau abzuwarten. „Gib mir drei.“ Ich klang kühler als vorher, was daran lag, dass sich langsam aber sicher kalter Schweiß auf meinem Rücken bildete und ich es nicht anders ertrug, eine tatsächliche Frist auszusprechen. Weil ich all die Schuldgefühle, den Selbsthass und die Sorge um mein erneutes Versagen für den Moment komplett runterschlucken und in den Survival-Mode schalten musste, wenn ich nicht jetzt schon einen Nervenzusammenbruch haben wollte. Noch ein bisschen durchhalten, hatte ich gesagt. Ich hätte mir selbst lieber noch ein ganzes Jahr zum Nachdenken gegeben, aber das war nicht ein bisschen. Nicht mal ein halbes Jahr war ein bisschen, wenn man schon an einem Punkt stand, an dem jeder einzelne Tag längst viel zu viel war. Drei Monate könnten zu wenig sein. Es klang nicht machbar und ich würde irgendwo ganz sicher gewaltig nachhelfen müssen, auf eigene Gefahr. “Bis dahin hab ich einen Plan, okay?” Wenn ich ihnen nach dieser Zeit zumindest eine gute Idee präsentieren konnte, dann hielten sie unter Umständen vielleicht auch noch ein paar Tage länger bis zur Umsetzung durch, weil die Freiheit dann doch wieder greifbar war, oder? Mussten sie. 90 Tage waren schon für eine lückenlose Strategie spärlich bemessen, für die Umsetzung reichte das erst recht nicht. Ich fühlte mich in die Zeit zurückversetzt, als die Mexikaner mir eine wahnsinnige, unlösbare Aufgabe für viel zu wenig Zeit auferlegt hatten. Das hier war genau dasselbe – es standen wieder Leben auf dem Spiel, die ich nicht riskieren wollte, die ein viel zu hoher Preis für mein Versagen waren. Faye indirekt inklusive, natürlich.
Natürlich waren wir nicht sicher. Das war einer von mehreren Gründen dafür, warum ich mich so konsequent innerhalb der Grundstücksgrenze des Stützpunkts verschanzte. „An dieser Stelle erinnere ich dich liebend gerne daran, dass ihr beide euch genauso hinter diesen Mauern“, ich machte eine allumfassende Handgeste in der Luft zwischen uns, „verstecken könntet, wie ich das tue und absolut Niemand irgendwen besuchen sollte.“, entgegnete ich nicht weniger trocken. Ich war mir inzwischen bewusst darüber, dass ich wahrscheinlich ebenso gegen eine Wand redete, wie Aryana das mit ihren guten Gründen bei mir tat. Trotzdem durfte ich die Versuche, zu ihr durchzudringen, auf keinen Fall einstellen. Allerspätestens die Träne, mit der ich schon wieder überhaupt nicht gerechnet hatte, machte das überdeutlich. Ich hatte Mühe, die junge Frau nicht völlig perplex anzusehen. Sie hatte sich mir gegenüber noch nie verletzlicher gezeigt, als sie das musste. Nur ihre Angst um Faye hatte diese Fassade mal minimal bröckeln lassen… und jetzt stand sie hier und war gefühlt nicht mal mehr richtig anwesend. Starrte mich aus ihren leeren Augen an, die scheinbar schon damit aufgehört hatten, ein winziges Licht am Ende des pechschwarzen Tunnels zu suchen. Als wäre längst jeder Funken Hoffnung in ihr vergiftet worden… was nachvollziehbar war gemessen an der Tatsache, dass sie und Mitch selber schon elend lange nach einer Ausflucht suchten. Erfolglos. Dennoch war es schlicht keine Option, in dem aussichtslosen Tunnel einfach tatenlos oder gar ganz bewusst zu verrecken. Es rollte noch eine zweite unscheinbare Träne über Aryanas Wange und ich spürte Druck auf der Kehle, als ich schluckte und kaum sichtbar den Kopf hin und her wog. „Ich kann dir keine Zeitspanne geben.“, musste ich die Brünette enttäuschen, aber das hatte sie ihrem Tonfall nach zu urteilen ohnehin schon erwartet. Sie ging wahrscheinlich fest davon aus, dass ich ein weiteres Mal an einer unlösbaren Aufgabe zerbrechen würde und ich musste mich selbst täglich ermahnen, nicht in genau dasselbe Denkmuster zu rutschen. Es war ja leider nicht so, als hätte ich schon eine genaue Vorstellung davon, wie genau ich das Paar befreien würde. „Und auch keinen Plan… aber ich hab Ansätze, die keine weiteren Straftaten von euch beinhalten.“, sprach ich sehr oberflächlich in Rätseln. Schon allein deswegen, weil große Teile etwaiger Pläne auch für mich noch in den Sternen standen. Ich nicht wusste, ob auch nur einer der besagten Ansätze jemals in Erfüllung enden würde. Dass Mord oder Bestechung auf amerikanischem Boden keine Option war, brauchte ich Aryana nicht zu erzählen. Egal was der Grund für ihr Ausscheiden aus der Armee sein würde, es musste woanders als in den Staaten passieren. Irgendwo, wo der Milliardär nicht genug Augen und Macht hatte. Wo er das Geschehen nur bedingt manipulieren konnte. „Es ist unmöglich, ihn hier auf US-amerikanischem Boden auszutricksen… zumindest für normal sterbliche Menschen wie uns.“ Eben solche, die nicht alle möglichen Leute mit einem riesen Haufen Kohle umpolen konnten. „Deswegen muss es auswärts passieren… und bis ich einen entscheidenden Vorteil gefunden habe, den er nicht wieder irgendwie zu seinen Gunsten umdrehen und euch einen Strick daraus drehen kann, musst du noch ein bisschen durchhalten. Ihr beide.“ Zum Ende hin wurde ich etwas leiser und obwohl ich wirklich kein sentimentaler Mensch war, machte sich das Bedürfnis in mir breit, die Brünette trösten zu wollen. Leider hatte ich im selben Moment schreckliche Gewissheit darüber, dass sie das nicht wollte. Ich erwartete nicht mehr von den beiden, als sich noch ein bisschen ans Leben zu klammern. Von mir aus nur mit dem kleinen Finger, solange sie bloß nicht endgültig losließen. Offensichtlich war das allein aber schon eine riesige Hürden für Aryana und das machte mir nicht nur heftigen Zeitdruck, sondern auch Angst.
Mich nicht weiter beelenden… sie sollte lieber weiter meine Nerven strapazieren, als ihre eigenen endgültig über Bord zu werfen und uns alle dem nächsten Racheakt der Hernandez zu weihen. Möglicherweise würde ich es nie in Aryanas Schädel reinkriegen, dass sie und auch ihr Freund mir nicht völlig am Arsch vorbei gingen. Natürlich waren sie mir nicht so ans Herz gewachsen wie Faye, aber ich schätzte sie auf einer anderen Ebene. Beide hatten schon so einige kaputte Tassen im Schrank, bevor sie die Brüder gefoltert hatten, aber sie trugen dennoch ein paar Eigenschaften mit sich herum, die heutzutage selten und umso wertvoller waren. Eine davon war, dass sie im Normalfall nicht bloß heiße Luft von sich gaben, sondern man ihre Worte für bare Münze nehmen konnte. Genau das war jetzt wiederum aber etwas, das mir Angst machen sollte. Ich war absolut nicht darauf eingestellt, dass die ältere Cooper sich mittels Handgreiflichkeit weiter in meinem Zimmer einnisten und sich dann auch noch vor die Tür schieben würde. Dafür allein erntete sie schon einen überrumpelten Blick und ich ging einen Schritt rückwärts, bevor sie mich lange einfach nur ansah – normalerweise sahen wir uns nicht länger als nötig in die Augen. Die Worte, die sie danach noch von sich gab, forderten jedoch meine primäre Aufmerksamkeit und ich wünschte mir nichts sehnlicher, als besser aus der älteren Cooper lesen zu können. Sie hatte so gar nichts mit Faye gemeinsam. Ich wusste nicht, ob sie das tatsächlich durchziehen würde, wenn ich ihr keine andere Wahl ließ. Sie machte sich nicht länger die Mühe, ihre Emotionen zu verbergen – absichtlich, um mich in die nächste Bredouille schlittern zu lassen. Ich konnte sie genauso wenig planlos nach den Hernandez suchen lassen, wie ich ihr die Nummer geben konnte. Aryana und Mitch lebend aus Easterlins Armee zu boxen war die einzige kleine Chance auf Wiedergutmachung, die ich je bekommen würde. Sie durfte jetzt nicht blind in ihr Verderben laufen, sie würde Mitch mitnehmen und ich könnte nie wieder in den Spiegel sehen. Nicht nach allem, was die beiden durchgemacht und letzten Endes auch für mich getan hatten, sei es auch nur ein Nebeneffekt von Fayes Rettung. Ich spürte leichte Panik in meinem Genick nach oben kriechen und ich verengte mit einem tiefen Atemzug die Augen. “Es wäre mir lieber, du würdest mir von jetzt an 24/7 auf die schon kaputten Nerven gehen, als völlig sinnlos in den Tod zu marschieren.”, grummelte ich. Dabei wusste ich nicht, was mich letztendlich mehr reizte: Das respektlose aus dem Weg schaffen meiner Hand oder doch ihr verzweifelter, egoistischer Wahnsinn? “Da, wo diese mexikanischen Ratten herkommen, gibt’s noch mehr. Wenn du eine umbringst, kriechen garantiert noch zwei mehr aus demselben Loch. Warum glaubst du denn, dass ich nie ernsthaft gegen sie in den Kampf gezogen bin? Du hast keine Ahnung, womit du dich da anlegst. Das ist auch mit der bescheuerten Telefonnummer nichts als Selbstmord und damit tust du Niemandem außer dir einen Gefallen.”, versuchte ich weiter, ihr ein bisschen Verstand einzutrichtern, weil davon offenbar nichts mehr übrig war. Vielleicht war das vergeudete Liebesmüh. Ich wollte nicht so denken, aber vielleicht gab es wirklich nichts, das Aryana davon abhalten könnte, ihre eigene Hinrichtung zu provozieren. Es war auch nicht so, als würde ich es nicht verstehen – sie machte mit ihrem ganzen Auftreten sehr deutlich, wie non-existent ihre Kraftreserven waren. Dass sie nicht mehr wollte, so nicht mehr weitermachen konnte und ich wünschte mir wirklich, ich hätte eine sofortige Lösung für sie. Ihr Anblick tat weh und schubste mich nur noch tiefer in die Grube aus Schuldgefühlen, in der ich irgendwas absaufen würde, wenn es so weiterging. “Egal was du vorhast, du wirst dich damit umbringen. Du wirst Faye ihre Schwester nehmen. Du wirst Mitch töten… und du wirst mir die einzige verdammte Chance nehmen, mit mir selber weiterleben zu können.” Die Worte kamen mit Nachdruck über meine Lippen und ich entließ Aryana nicht aus meinem Blick. Ich würde sie besser doch nicht wieder durch diese Tür gehen lassen, bevor sie nicht ansatzweise zurück auf dem Boden der Tatsachen saß. Nicht nachdem sie mir hier gerade so deutlich vor Augen führte, dass ihr Verstand irgendwo wie ein entgleister Zug zerschellt war. Ich wusste nur auch nicht, wie ich an etwas appellieren sollte, das aktuell scheinbar akut nicht vorhanden war. “Ich weiß, dass einfach abzuwarten und still zu hoffen ungefähr die schlimmste Tortur für euch beide sein muss und dass ihr mir wahrscheinlich noch immer keinen Meter über den Weg traut.” Schließlich kannte ich das Gefühl bestens und es machte einen nur zusätzlich kaputt… und weiter kaputtzugehen, wenn man schon in Scherben am Boden lag, überstieg irgendwann die Grenze des Erträglichen. “Aber ich zerbreche mir jeden einzelnen Tag den Schädel darüber, wie ich euch beide hier rausholen kann und ich werde nicht zulassen, dass du das kaputt machst.” Es klang so formuliert viel egoistischer, als ich es eigentlich meinte. Die beiden verdienten ihre Entlassung und damit die einzige Form eines Lebens, das sie hoffentlich noch aus dieser Misere rausholen konnte. Ein Leben ohne Mord, ohne Flucht und ohne weitere moralische Zerwürfnisse. Faye verdiente es, irgendwann wieder eine Aryana neben sich sitzen zu haben, die sich tatsächlich auch wie ihre Schwester verhielt. Die lachen konnte, statt mich so anzusehen, wie sie es gerade tat… und auch Victor verdiente es, dass diese kaputte Familie aus Veteranen irgendwann gesund und glücklich, nur noch mit absolut banalen Problemen gesegnet war. Ihn nahm das sicher auch mit und am Ende verdiente auch ich es, endlich aus der endlosen Spirale aus dummen Entscheidungen und Pech rauszukommen. Ich würde gerne von mir behaupten mental stabil zu sein, aber aus dieser sehr kurzen Phase war ich schon wieder raus. Aryana würde mit dieser dummen Idee auch mich an die nächstbeste Wand fahren und das durfte ich nicht zulassen. Zwar hatte ich Faye nur gesagt, dass ich sehen würde, ob ich etwas tun konnte, weil die Angelegenheit eine ziemlich aussichtslose war und so würde ich ihr gegenüber kein Versprechen brechen, wenn ich es nicht hinbekam, das Paar auszulösen... aber mir selbst hatte ich es versprochen. Dieses einzige verdammte Mal würde ich nicht wieder scheitern.
Ja stimmt eigentlich, es würde sie wohl keiner im Thread vermissen. x’D ______
Meine Augenbrauen wanderten zusammengezogen nach oben. Aryana machte es sich hier gerade schon sehr einfach. So als wüsste sie nicht, dass ich Fayes Wünsche dennoch befolgen würde – ganz gleich, wie weit weg sie in diesem Augenblick sein mochte und wie wenig ihre jüngere Schwester hoffentlich von diesem Gespräch, das mehr und mehr einen unschönen Verlauf zu nehmen schien, rückwirkend mitbekommen würde. Meine Meinung darüber änderte sich auch nicht, nur weil sie für Aryana irrelevant war. So funktionierte die Welt nicht. Ich mahlte mit dem Kiefer und schüttelte den Kopf, als sie ihr Ziel zu erreichen versuchte, indem sie mir Vorwürfe und ein schlechtes Gewissen machte. Für etwas, das ich genauso gerne vermieden hätte, wie sie auch. Für etwas, das ich absolut gar nicht gewollt hatte. Aryana hatte wirklich ein Händchen dafür, in längst noch nicht verheilten Wunden herumzustochern, aber wenn sie mich damit aus der Reserve zu locken glaubte, musste ich sie auch damit enttäuschen. Sie war bei Weitem nicht die erste Person in den vergangenen 20 Jahren, die mich auf diese Weise zu manipulieren versuchte. “Meine Meinung ändert sich aber nicht, nur weil sie dich nicht interessiert.”, stellte ich erstmal klar, wobei ich mich von ihrem genervten Tonfall anstecken ließ. Sie ging mir hier nämlich nicht weniger auf die Nerven, als es umgekehrt auch der Fall war. “Und ich wollte überhaupt gar nichts davon, es gab nur offensichtlich unter dem vorhandenen Zeitdruck keine andere Option.”, folgte der nächste Fakt. Es war nicht so, als hätten wir viel Zeit dafür gehabt, uns eine bessere, für alle Beteiligten bessere Idee auszudenken. Eine, bei der bestenfalls Niemand beinahe sterben und auch Niemand traumatisiert werden musste. Außerdem war von Aryana und Mitch genauso wenig ein Plan B vorgeschlagen worden, wie von meiner Seite. Sie hatten sich die eigenhändige Befreiung ja quasi schon in den Kopf gesetzt gehabt, als sie in mein Büro geplatzt waren. Ich war mir nicht sicher, ob ich schon jemals eine an mich ausgesprochene Bitte von Aryana gehört hatte. Todsicher hätte ich sie aber unter anderen Umständen sehr viel mehr geschätzt. “Und so dankbar ich auch dafür bin, dass ihr das durchgezogen habt, bringt mir meine Sicherheit ziemlich wenig, wenn das hier”, ich machte eine flüchtige Handgeste in Aryanas Richtung, “der Preis dafür war. Was zum Teufel denkst du, wird passieren, wenn du bei diesen Wahnsinnigen auf der Matte stehst?” Ich hielt mich damit zurück, es ihr ins Gesicht zu sagen, aber sie schien wirklich den Verstand verloren zu haben. Während ihrer Zeit bei der Army war sie sicherlich mal eine gute Strategin gewesen, aber das Trauma machte sie noch kaputter, als ich befürchtet hatte. Aryana war verzweifelt und das war wirklich kein Zustand, den ich bei ihr erkennen müssen wollte. Verzweifelte Menschen taten nämlich leichtsinnige, hoffnungslose Dinge. Ich war selbst ein hervorragendes Beispiel dafür und würde der Brünetten gewiss nicht dazu verhelfen, sich in eine ähnlich ausweglose Situation zu verrennen, nur um am Ende umgelegt zu werden. Egal ob sie das hier wirklich alleine durchziehen oder Mitch da mit reinziehen wollte – so oder so würde er mit ihr fallen, auf die eine oder andere Weise. “Ich werd’ dir nicht geben, wofür du hergekommen bist. Das ist nicht nur deine Entscheidung, wir hängen da nach wie vor alle drin.”, teilte ich ihr endgültig mit und schüttelte ein weiteres Mal den Kopf, bevor ich die Hand an die noch in Reichweite liegende Türklinke legte. Aryana war umsonst mit ihrer Forderung hergekommen und konnte getrost wieder gehen, statt gegen die Wand in meinem Schädel zu boxen. Das tat uns beiden nur unnötig mehr weh und wir trugen sicherlich beide schon genug Schmerz für einige Jahrzehnte in uns herum.
Ihre Blütezeit ist schon verstrichen, jep... echt ungünstig für uns Monks. x.x Mal sehen, was seine Zukunft hier abgesehen des Escapes noch so bringt, lel. x'D _________
Aber natürlich, komm doch rein, möchtest du was trinken? Eine freundliche Begrüßung wie diese würde in diesem Leben wohl niemals zwischen Aryana und mir zustande kommen. Obwohl ich das eisige Klima zwischen uns längst gewohnt war und ich mir auch nicht sowas wie ein freundschaftliches Miteinander erhoffte, war es doch ziemlich dreist, wie die Brünette sich einfach Zugang zu meinen schlichten vier Wänden verschaffte. Nur, um mir im direkten Anschluss, kaum war die Tür ins Schloss gefallen, eine Forderung vor die Füße zu knallen. Normalerweise war mir der direkte Weg der Kommunikation tatsächlich lieber, als erst unnötige Nachrichten hin und her zu schicken, aber in diesem Fall wäre mir eine Vorwarnung gelegen gekommen. Ich blickte gerade noch mit einem etwas tieferen Atemzug auf die Tür, die ich lieber hätte offen stehen lassen, um hässliche Konfrontation der Öffentlichkeit zugänglich zu machen – was offensichtlich nicht in Aryanas Sinn stand – als sie auch schon eine konkrete Frage an mich richtete, deren Antwort sie bereits kannte oder mindestens erahnte. Ich schluckte und sah das erste Mal, seit sie ungefragt den nur mehr oder weniger in verschiedene Bereiche unterteilten Raum betreten hatte, wieder in ihre Augen. In ihren gewohnt kalten Blick, der trotzdem leerer wirkte als sonst. Ich hatte ihr lange nicht mehr direkt gegenüber gesessen oder gestanden, aber von nahem sah die junge Frau noch eine gute Spur kaputter aus, als über etliche Tische hinweg am anderen Ende der Kantine. Natürlich hatte ich die Nummern der mexikanischen Brut noch. Nur für den Fall, dass sie die nicht wechselten und mich nochmal zu kontaktieren versuchten – damit ich vorgewarnt war, bevor ich den grünen Hörer drückte. Aber eigentlich musste Aryana doch klar sein, dass ich ihr die nicht guten Gewissens geben konnte, oder? “Theoretisch, ja.”, war meine erste, recht trockene Antwort. Ich musterte ihren Gesichtsausdruck noch einen kleinen Moment, bevor ich weitersprach. “Aber Faye würde nicht wollen, dass ich sie dir gebe.”, vor allem nicht in diesem Zustand. Ich konnte mir schon denken, weshalb sie die Hernandez kontaktieren wollte und ich verstand sie. Es war ein schrecklich folterndes Gefühl, nicht zu wissen, ob nicht doch noch irgendwo der nächste Racheakt lauerte. Das änderte nur nichts daran, dass ich Aryana nicht schon wieder mutwillig der nächsten Gefahr aussetzen würde. Erst recht nicht, solange kein akuter Grund bestand, der das auch nur ansatzweise rechtfertigte oder notwendig machte. “Und ganz unabhängig davon halte ich das genauso wenig für eine gute Idee.”, untermauerte ich meinen Standpunkt mit fester Stimme und klang nicht so, als würde ich mich zeitnah umstimmen lassen wollen. Ich bemühte mich trotz meiner eigenen, mäßig guten Laune um einen neutralen Gesichtsausdruck. Man stach nicht mit einem Stock in ein Hornissennest, von dem man sich nicht sicher war, obs noch bewohnt war. Wir hatten leider keine ansatzweise ungefährlich Möglichkeit dazu, besagtes Nest erst ein paar Tage vorab zu beobachten und es war viel zu riskant, einfach mal so den Kontakt zu suchen. Vielleicht nachzufragen, ob die Message denn angekommen war. Oder schlimmeres, was ich sowohl Aryana, als auch Mitch zutraute. Ich konnte der Brünetten nicht einfach die Nummer geben und ihr viel Glück bei was auch immer wünschen – das würde ich mir nie verzeihen und Faye würde es auch nicht.
Ich mach jetzt mal ‘nen größeren ZS, weil bis zum Escape ja sowieso noch einiges an Zeit vergehen sollte und Victor seine sterbende Verwandtschaft auch nicht schon morgen besuchen muss. Und ja, auch Ryatt hat nochmal neue Bilder gekriegt, auch wenn ichs mir bei ihm möglicherweise so gut wie hätte sparen können… mein Monk lässt keine sich in der Form unterscheidenden Banner zu, ich kann mir nicht helfen. XD ______
Letztendlich hatte ich nach dem Abschied von Faye, der etwa drei Monate zurücklag, wahrscheinlich kaum mehr als drei oder vier Stunden geschlafen, wobei die Hälfte davon eher unter unruhiges Dösen fiel. Die Verabschiedung mochte im Guten vonstatten gegangen sein, aber das hatte es nicht weniger schmerzhaft oder das Gedankenkarussell weniger turbulent gemacht. Ich hatte mich noch früher als geplant aus den Laken gerollt, weil ich ohnehin nicht wieder hatte einschlafen können. Als ich das Zimmer später verließ, hielt ich auf dem Flur nochmal inne und ich hätte lügen müssen, um zu sagen, dass ich Faye nicht gerne nochmal aus dem Schlaf gerissen hätte. Ganz gleich wie egoistisch und sinnlos das war, brauchte es mich viel Überwindung, mit meinem Kram stattdessen den Flur runter und zum Frühstück zu gehen. Appetit war keiner vorhanden und so stocherte ich am Ende mehr im Müsli herum, als es zu essen. Ich schindete unbewusst nur Zeit damit, obwohl ich wusste, dass Faye erst später aufstehen und dem Essbereich des Hotels nicht beiwohnen würde, bevor ich los musste. Mein Fokus für Easterlins Geschäfte ließ noch stark zu wünschen übrig, als ich das Gebäude verließ und daraufhin mittels Taxi den ersten Checkpoint meiner Liste ansteuerte. Mein Ausflug nach Portland sollte dennoch Früchte tragen. Nicht sofort, weil der Kauf des auserwählten Grundstücks hinsichtlich diverser Genehmigungen auf militärischer Ebene noch eine ganze Weile in der Luft hing, aber sobald Easterlin alles hatte, was er dafür brauchte, gehörte ihm ein Strandabschnitt nahe der Staatsgrenze zwischen Oregon und Washington. Der Bau für diese Außenstelle seines Imperiums hatte mittlerweile begonnen, die Grundstücksgrenzen wurden dicht gemacht. Die Pluspunkte, die ich mit dieser Errungenschaft bei ihm gesammelt hatte, halfen mir aber trotzdem nicht dabei, mich wieder am Leben zu erfreuen. Ganz gleich wie wichtig sein Vertrauen in meine Person war, um Aryana und Mitch bestenfalls irgendwann aus seinem Würgegriff zu befreien, vermisste ich Faye. Es dauerte lange, bis ich nicht mehr ständig daran dachte, dass ich sie vielleicht nie wiedersehen würde. Dass Aryana und Mitch sich – verständlicherweise – sehr schwer damit taten, mich auch nur ansatzweise neutral anzusehen und mich nicht quer durch die Kantine mit Blicken zu ermorden, machte die Situation nicht erträglicher. Es ging ihnen nicht gut, das konnte selbst ich deutlich sehen. Ihre Leistung im Training und auf Einsätzen fiel zwar nicht massiv ab, aber das schrieb ich der Tatsache zu, dass sie die Sache mit dem einfach weiter funktionieren schon seit ewig perfektioniert hatten und das sehr lange durchziehen konnten, bevor etwas – oder eher Jemand – zu Bruch gingen. Mitch hatte auswärts schon einmal versagt und ich wollte nicht erleben, dass das einem der beiden noch einmal passierte. Wollte vor allem nicht auch noch Schuld daran sein, wenn Easterlin endgültig die Geduld mit ihnen verlor. Die Schuldgefühle zerfraßen mich, aber bisher hatte jede meiner Ideen hinsichtlich ihrer Entlassung entweder eine unumgängliche Sackgasse oder viel zu riskante Haken, als dass die Umsetzung auch nur zu versuchen ansatzweise sinnvoll wäre. Vor allem um die Weihnachtszeit herum hingen meine Gedanken ständig bei Faye fest, obwohl ich mit dem Besuch bei meiner Familie vermeintlich gut abgelenkt hätte sein sollen. Der erste Abend im Hause meiner Eltern war extrem aufwühlend. Sie fragten nicht nach, was denn alles in der Zwischenzeit passiert war, aber das Gefühl ihrer unterschwellig fragenden Blicke erschlug mich so sehr, dass es immerhin eine sehr oberflächliche Kurzfassung von mir über die vergangene Zeit in Seattle für sie gab. Die geschockten, wenn auch bemüht verhaltenen Reaktionen darauf machten das alles nicht erträglicher, aber damit war die Vergangenheit zumindest abgehakt und wir konnten neu starten. Sie würden mich wohl nicht einmal dann aus ihrem Leben verbannen, wenn ich dauerhaft vor der Polizei flüchten und sie damit zu Beihelfern und Mitwissern machen würde. Ich wusste nicht, womit ich das verdient hatte, aber ich würde von jetzt an versuchen, das auch wirklich zu würdigen und die noch holprige Beziehung zu meinen Eltern richtig zu kitten. Als meine Mutter danach fragte, ob sie Faye irgendwann vielleicht mal kennenlernen würde – weil sie ihr danken wollte, nahm ich an – betrank ich mich als verspätete Resonanz darauf am nächsten Abend bei vollem Haus mit ein paar Cousins, deren eintönige Erzählungen mich eigentlich überhaupt nicht interessieren. Die waren trotzdem besser, als an Faye und unsere verrückte weihnachtliche Clubnacht oder das Kekse backen zu denken. Auch das Snowboarden, das ich in den Tagen danach in die Tat umsetzte, half dabei den Kopf freizukriegen. Jedenfalls so lange, bis ich Faye ein Foto von der Piste schickte, damit sie sich im besten Fall so wenig Gedanken oder gar Sorgen um mich machte, wie nur möglich war. Wieder in Seattle angekommen empfing mich der gleiche Alltag, den ich zurückgelassen hatte. Ich verließ Easterlins Stützpunkt seit Fayes Entführung nur selten, obwohl meine mentale Gesundheit nur zusätzlich darunter litt, jeden Tag die fast identischen Wege zurückzulegen. Aryana und Mitch war bis dato zwar nichts passiert und es schien wirklich so, als hätten die Hernandez stillschweigend die weiße Flagge gehisst… aber das hatte ich schon mal gedacht und mich damit geirrt. Ich konnte den beiden nicht mehr aus Easterlins Armee helfen, wenn ich gekidnappt und zu Tode gefoltert wurde. Das wollte ich nicht riskieren, den beiden und Faye zuliebe, also hatte ich auch zu Dylan überwiegend lediglich übers Handy Kontakt. Nur zwei Mal hatte ich ihn in den letzten Monaten in der Bar besucht und beide Male war ich nicht alleine hingefahren, sondern hatte mindestens einen Kollegen mitgenommen, um nirgends auch nur einen Schritt alleine im Dunkeln auf der Straße zu machen. Selbst meine Einkäufe, die dank dem Entfall von Lebensmittelkäufen nur hin und wieder mal notwendig waren, versuchte ich immer mit denen anderer Kameraden zu verbinden – einer der Vorteile davon, auf dem Stützpunkt zu wohnen war, dass Irgendwer eigentlich immer Irgendwas brauchte. Ich hatte Faye versprochen, dass ich auf mich aufpassen würde und obwohl ich nie das Gefühl hatte, tatsächlich beobachtet oder verfolgt zu werden, wenn ich denn mal außerhalb der Mauern des Stützpunkts war, hielt ich mich strikt an dieses Versprechen. Schließlich galt es noch das letzte bisschen Verstand des geschädigten Paares zu retten… wie auch immer ich das letztendlich anstellen würde. Die Frage danach raubte mir nicht selten den ohnehin schlechten, von Alpträumen gespickten Schlaf. Oder den vermeintlich entspannenden Feierabend. Ich dachte oft während der meist entspannteren Arbeitszeit am Nachmittag schon darüber nach und schleppte die kreisenden Gedanken übers offene Feld bis in mein Zimmer. Heute wars besonders schlimm. Ich hatte das Gefühl, mir würde trotz des Kaffees, der meinen Blutfluss vermeintlich optimierte, gleich der Schädel platzen, während ich am Fenster stand und von meinem Zimmer aus das nur mehr spärliche Treiben draußen auf dem Platz völlig oberflächlich studierte, während mein Kopf ganz anderes verfolgte. Doch je verbissener ich drüber nachdachte, desto mehr verrannte ich mich meistens in den immergleichen ausweglosen Szenarien. Ich stellte also letztendlich mit einem schweren Seufzen die Tasse beiseite und wandte mich vom Fenster ab. In Hausschuhen ging ich zur Garderobe nahe der Tür und wollte gerade nach meinen Sneakern greifen, als es an der Tür klopfte. Ich hielt in der Bewegung inne und verengte die Augen, weil ich meines Wissens nach keinen Besuch erwartete. Zögerlich wendete ich mich der Zimmertür zu, statt mir Schuhe anzuziehen und öffnete sie, nur um geradewegs in Aryanas Gesicht zu blicken. Mir schossen die Augenbrauen nach oben. "Was... führt dich her?", fragte ich irritiert mit unguter Vorahnung nach, ohne sie wirklich ins Zimmer zu bitten.
Hallohohooo, ich lebe noch… Arbeit und Leben allgemein war bisschen sehr viel in letzter Zeit, aber hab jetzt ein langes Wochenende wegen dem Tattoo und dachte ich versuch’ jetzt nach einem themenmäßig passenden Film zumindest mal aus meinem gegenwärtigen KreaTief rauszukriechen - gebe allerdings keine Garantie für hochwertigen Lesestoff hier, fühl mich grade als hätt ich drei Jahre am Stück gar nix geschrieben, lel. x’D Womit machen wir nach der Szene eigentlich weiter, hattest du rEiN ZuFäLLiG schon was im Sinn? _________________
Es war nicht so, als hätte ich eine klare Ansage von Ryatt erwartet, was die Situation und die entsprechende Prognose anging. Sicher wäre auch das wieder etwas zu schön gewesen, um wahr zu sein. Ich sollte mich wohl darüber freuen, dass er überhaupt so weit gegangen war, zu sagen, dass er erneute Attacken der Hernandez für relativ unwahrscheinlich hielt. Bekanntlich war mir leider alles außer absolut sicher nicht sicher genug, nicht wenn es um Faye ging. Auch nicht für Aryana und Mitch, die möglicherweise ein leichteres Ziel als gewöhnlich waren, so als psychische Wracks… ich würde mir am liebsten die schändliche Haut vom Gesicht ziehen. “Das ist wohl die beste Prognose, auf die wir hoffen konnten…”, murmelte ich angestrengt und schüttelte kurz darauf für mich selbst ein klein wenig den Kopf. Es wurde nicht besser, je länger wir darüber sprachen und Faye würde ohnehin etwas Zeit brauchen, um für sich selbst zu eruieren, was sie von meinem Geständnis nun letztendlich tatsächlich denken sollte. Ich würde das Gespräch am liebsten schlagartig auf ein ganz anderes Thema verschieben, aber die Verdrängungstaktik funktionierte nur kurzfristig und war nicht zielführend. Deshalb suchte ich einen Moment lang schweigend nach irgendeinem positiven Funken, den ich dieser Sache beizutragen hatte. Irgendetwas, das sich in den letzten Tagen zum Guten gewendet hatte und im Gegensatz zu den Hernandez nicht nur für Kopfzerbrechen und Angst sorgte. “Wenn wir schon bei Ryatt sind…”, setzte ich an und räusperte mich dann erstmal leise, weil auch bei dieser Angelegenheit ein dicker Frosch auf meiner Kehle zu sitzen vermochte. Es war mir nicht weniger unangenehm als das vorherige Geständnis, aber wahrscheinlich genauso notwendig. “...über die hirnrissige Eifersucht bin ich weg, glaube ich.”, legte ich das nächste Geständnis ab. Ich zuckte kaum sichtbar mit den Schultern und suchte im Anschluss zögerlich nach Fayes Blick. Die zierliche Brünette hatte mich immer klar priorisiert und trotzdem war die Eifersucht da gewesen, weiß der Himmel wieso. Es hatte ja nur die nächste Beinahe-Katastrophe gebraucht, die mich an den Schultern packte und wachrüttelte, um aus diesem bescheuerten Film rauszukommen. Ich war zwar trotzdem froh darüber, jetzt erstmal eine lange Auszeit von Ryatts Präsenz genießen zu können, war mir im gleichen Atemzug aber auch sicher damit, dass ich ihn nicht mehr in meinen Träumen zusammen mit den Hernandez von einer Klippe schubsen wollte. Das war ein- oder zweimal durchaus vorgekommen, worauf ich ganz und gar nicht stolz war, weil er wirklich nicht in denselben Topf wie die Teufelsbrut gehörte. "Ich hab' zwar meine Zweifel daran, dass wir sowas wie gute Freunde werden, aber er trägt an diesen Gefühlen meinerseits weniger Schuld, als ich mir stur eingeredet habe. Das war halt nur am einfachsten.", fügte ich noch ein paar weitere Worte mit einem Seufzen an. Eigentlich war der Kerl einfach nur ein verdammter Pechvogel, der ständig zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein schien. Erst bei den Hernandez, dann bei Faye. Dass er meiner Freundin überhaupt erst so nahe gekommen war, ging mitunter außerdem auch auf meine eigene Kappe, was ich mir nur ungerne eingestand. Von jetzt an würde ich meiner besseren Hälfte nicht mehr von der Seite weichen und auch dafür sorgen, dass das mit uns beiden endlich mal so richtig funktionierte... angefangen mit der Aufarbeitung meiner offensichtlich vorhandenen, eigenen Defizite auf mehr als einer Ebene. Egal wie oft mein Therapeut mir vermittelte, dass das ein langer Prozess war und ich mir nicht immer erhoffen sollte, irgendwelche Risse in meinem Schädel mit Sekundenkleber zusammenkleben zu können, wurde es auch mit der Zeit nie wirklich einfacher. Es fühlte sich schon wieder so an, als würde ich von einem Selbstheilungsprozess in den nächsten stolpern und es nervte zunehmend.
„Es ginge so einigen Menschen besser, wären sie nicht mehr da.“, stellte ich leise grummelnd das Offensichtliche fest. Allem voran vor allem ginge es uns beiden besser, natürlich. Es war ja nicht so, als wäre ich meine eigene Paranoia schon losgeworden. Viel mehr blühte sie dank jüngster Ereignisse wieder fröhlich auf. Dass wir hier sehr weit weg von dieser Pest waren, würde dagegen hoffentlich helfen. Das hatte mir bis hierhin schon alleine einzuschlafen leichter gemacht und das würde es weiterhin. „Ich bin mir eigentlich sicher, dass das, genauso wie alles andere, mit der Zeit wieder verblassen wird, wenn nicht ständig... naja, neuer Mist desselben Themas dazukommt… oder zumindest hoffe ich das noch immer.“, zeigte ich mich dessen noch relativ optimistisch. Bis die Hernandez sich Faye erneut unter den Nagel gerissen hatten, bevor sie sich wieder in unser Leben gedrängt hatten, waren die Gedanken an ausgleichende Gerechtigkeit nur noch selten in mir aufgeflammt. Meistens nur dann, wenn mir aufgefallen war, was sie für einen langfristigen Einfluss auf mich haben würden. Das konnte ich nicht vollständig ungeschehen machen und das wiederum machte mich wütend. Abgesehen davon empfand ich Wut glücklicherweise jedoch nach wie vor nicht oft. Ich hatte auch Warren zum Teufel gewünscht, was mir ohne mein Zutun erfüllt worden war. Er würde nicht nur Faye, sondern gar keine Frau jemals wieder anfassen. Das hatte ich Aryana und Mitch zu verdanken – vielleicht hatte ich mir unterbewusst gewünscht, ihnen brannte auch dieses Mal die Sicherung durch. Aber das war nicht richtig, war egoistisch. Mitch würde eine Ehrenrunde in Gefängnis nicht überleben und ich wollte auch nicht herausfinden müssen, was das mit Aryana anstellte… ein Teil von ihr würde mit ihm sterben, so wie ich jedes Mal aufs Neue ein bisschen gestorben war, wenn die jüngere Cooper auf dem Silbertablett eines Unmenschen gelegen hatte. Nichts davon hätte je passieren sollen. Ich hob eine Hand an, um mir damit durchs Haar zu fahren. „Ich hoffe wirklich, dass es den beiden bald wieder gut… oder wenigstens okay geht…“, nuschelte ich vor mich hin, während ich mir einen Augenblick lang die Kopfhaut massierte. „Hat Ryatt was dazu gesagt? Wie er die Situation einschätzt?“, hakte ich nach, kurz bevor ich die Hand wieder sinken ließ. Ich konnte nur schwer einschätzen, ob Aryana und Mitch sich unter anderem auch deswegen so schlecht fühlten, weil sie Angst vor rückwirkenden Besuchen hatten, oder ob sie das vielleicht gar nicht tangierte, weil sie mit dem Rest schon ein riesiges Problem hatten. Sicher war für mich nur, dass diese Taten sie verfolgten und ich Mitschuld daran trug. Blieb also nur noch zu hoffen übrig, dass sie sich schnell erholten und es sonst keine Folgen haben würde. Was mich und mein eigenes Dilemma betraf, hatte ich die Hoffnung jedenfalls noch nicht aufgegeben. Dessen weigerte ich mich weiterhin kontinuierlich. „Wir werden glücklich, Faye. Dafür sind wir hier und genau dafür sind wir noch immer zusammen.“, gab ich mein abschließendes Fazit dazu ab. Trotz allem, was uns zugestoßen war und uns das Leben schwer gemacht hatte, hielten wir noch aneinander fest, um genau das endlich in die Tat umzusetzen – glücklich werden. Das gemeinsame Glück war uns schon viel zu oft vor der Nase weggeschnappt worden und das würde jetzt ein Ende haben.
Wie schon zuvor folgte ich der Erklärung des blonden Engels sehr aufmerksam und nickte leicht vor mich hin. “Hmm, verstehe.”, war mein erstes, sehr kurzes und offensichtlich noch nachdenkliches Fazit dazu. Im Grunde änderte sich für mich dadurch ja aber überhaupt nichts – Riccarda war trotzdem fähig dazu, mir das Leben mit einer einzigen Berührung aus dem Körper zu pusten. Rein in der Theorie könnte ich sie sogar dazu treiben, das bei jeder x-beliebigen Person in meinem Willen zu tun, obwohl sie das eigentlich gar nicht wollte. Ein verstörender Gedanke, den ich sofort mit einem minimalen Kopfschütteln verwarf. “Ist wahrscheinlich besser so… und tut deiner Fähigkeit sowieso keinen Abbruch.”, stellte ich abschließend fest. Jedenfalls wusste ich jetzt genau um ihre Fähigkeit und das war das Ziel meiner Fragerei gewesen. “Ich finde es sieht einfach cool aus. Der Donner ist unangenehm, aber die hellen Blitze haben was an sich.”, erklärte ich Riccarda neutral, was ich an Gewittern fand. Der Krach war für mich auch nicht toll, aber man gewöhnte sich irgendwann dran. So oder so würden wir wohl eher bei Regen auf unserer zukünftigen Veranda sitzen und uns dazu Kaffee oder Tee genehmigen… ohne wölfische Engelskinder, die durch Wasserpfützen rollten, vermutlich. Die Angelegenheit rund um die kleinen Narben am Körper des Engels war nicht so schwarzweiß, wie ich sie gerne hätte. Denn ja, natürlich hatte ich die Streits von damals nicht alleine provoziert. Riccarda hatte ihren Teil dazu beigetragen und trug eine Mitschuld am Ausgang der Dinge. “Ich weiß, dass ich nicht alleine der Auslöser dafür war… trotzdem ist es nicht okay für mich, dass du als einzige einen bleibenden Schaden aus solchen Situationen ziehst.”, untermauerte ich ihr meinen Standpunkt und legte dabei auch meine zweite Hand an ihren Rücken, um sie richtig zu umarmen. Denn das war es, worum es mir hier primär ging: Nicht um den Auslöser oder die Schuldfrage dessen, sondern um die bleibenden Folgen auf nur einer Seite – bei Riccarda. “Solange du mit deiner Energie keinen Teil meines Körpers in Nichts auflöst, passiert mir überhaupt nichts. Alles, was noch in Ansätzen vorhanden ist, kann mein Körper heilen oder neu bilden. Deswegen gibt es bei fitten Werwölfen auch keine bleibenden Nervenschäden oder sowas… erst wenn ich sowieso schon steinalt bin, solltest du vielleicht besser die Finger von meinem Pelz lassen, dann lassen nämlich auch die Heilkräfte nach.”, endete ich mit einem Bild vor Augen, das automatisch einen humorvollen Unterton in meine Stimme schleuste. Alte Werwölfe verwandelten sich immer seltener. Es wurde anstrengender und schmerzhafter, wenn der ganze Körper langsam aber sicher doch mal damit anfing, Alterserscheinungen zu zeigen. Wir wurden meist älter als gewöhnliche Menschen, aber der Alterungsprozess machte selbst vor uns nicht Halt. “Ein Salamander bin ich allerdings nicht, also lass’ bitte alle Gliedmaßen dran.”, musste ich – weiterhin mit Humor wegen des ohnehin unwahrscheinlichen Szenarios – doch noch ein bisschen spezifizieren. Das mit dem neu bilden hörte bei komplett fehlenden Armen oder Beinen auf. Knochen, Muskeln, Sehnen, Nerven und Blutbahnen mussten noch im Ansatz vorhanden sein, damit mein Körper die Sache geregelt bekam. Was komplett weg war, konnte also nicht wieder aufgebaut werden. Riccardas Menschlichkeit hingegen war absolut kein Problem für mich. Immerhin hatte ich es ihrer Empathie, von der sie definitiv mehr besaß als ich, zu verdanken, jetzt hier mit ihr liegen zu dürfen. Ich ließ die Angelegenheit erstmal so stehen und war gerade dabei, etwas zu diesem kurzen, aber sehr offensichtlichen Grinsen sagen zu wollen, als die Frau des Alphas unser Gespräch unterbrach… mit einer Nachricht, die mich für meinen Teil nun zu einem breiten Grinsen verführte. Ich gönnte es ihm, weil ich bekanntlich eine überaus nachtragende Persönlichkeit hatte. Er war hochnäsig gewesen im Glauben, das leicht wegstecken zu können und ich würde ihm, bei egal welcher ersten Gelegenheit, sofort das ’Ich habs dir ja gesagt.’ unter die Alpha-Nase reiben. “Warte mal, Charlotte…”, hielt ich meine Stiefmutter durch die Tür hinweg dazu an, nicht gleich wieder zu gehen, bevor ich mich mit einem flüchtigen Blick zu dem Engel aus unserer Kuscheleinheit löste und völlig ungehetzt zur Zimmertür ging. Ich zog sie auf und sah in Charlys aufgeschmissenes Gesicht. “Worüber beklagt er sich genau?”, hakte ich nach. Aus Neugier, weil ich noch keinen anderen Werwolf nach seinen Beschwerden nach Kontakt mit Riccardas grillenden Fingern hatte fragen können. Sie seufzte und verschränkte die Arme vor der Brust. “Kopfschmerzen, Abgeschlagenheit, Appetitlosigkeit… einen gefühlt abfallenden Arm...”, erwiderte Charlotte etwas trocken. Das Grinsen auf meinen Lippen wurde zu einem süffisanten Lächeln. “Es wird eher eine Woche als eine Stunde dauern, bis das ansatzweise weg ist.”, ließ ich sie wissen, was sie wahrscheinlich längst selbst befürchtet hatte – einen Ehemann, der ihr wie ein hilfloser Welpe die ganze Zeit jaulend in den Ohren lag und das über etliche Tage hinweg. “Na das sind ja rosige Aussichten.”, jammerte sie und hob eine Hand, um sich die Schläfen zu massieren. “Er sollte liegen bleiben, Bewegung macht’s in den ersten Tagen sowieso nur schlimmer. Bring’ ihm das Essen lieber ins Zimmer, da ist er weniger Reizen ausgesetzt.”, riet ich ihr nicht ganz uneigennützig, aber sehr wahrheitsgemäß. Charlotte ließ die Hand wieder sinken und sah mir direkt ins schadenfrohe Gesicht. “Dein Mitgefühl ist wirklich maßlos, Isaac.”, ermahnte sie mich mit hochgezogener Augenbraue zu mehr Anstand, aber da war sie ein paar Jahre zu spät dran. “Ich hab ihn sogar gewarnt... er wollte es nur nicht hören, Charlotte.”, brachte ich ein und zuckte allzu unbekümmert mit den breiten, vollkommen schmerzfreien Schultern. Drei Kreuze würde ich machen, wenn Sylvan später zum Abendessen gar nicht aufkreuzen würde. Ob er sich diese Blöße tatsächlich geben würde, konnte ich noch nicht abschätzen und es hing stark davon ab, wie schlecht seine Verfassung nun tatsächlich war. Sicher war bis jetzt also nur, dass ich dann der ranghöchste Wolf am Tisch sein und es ausnahmslos genießen und in mehr oder weniger humanem Ausmaß ausnutzen würde.
Ich konnte nicht mal sagen, was mir lieber war. Es war genauso unangenehm, schweigend mit Faye in den Armen hier zu sitzen, wie über diese schrecklichen Gedanken zu sprechen. Ich würde sie wahrscheinlich gar nicht erst teilen, wären wir damit nicht in der Vergangenheit auf die Nase gefallen. Heimlichtuerei funktionierte bei uns beiden nicht, vollkommene Offenheit war jedoch nicht immer die beste Wahl. Als Faye sich übers Gesicht rieb und mich anschließend fragte, was noch in mir schlummerte, musste ich ein weiteres Mal tief durchatmen. Es war eine schwierige Frage für mich. Große Teile meiner Gedankenmuster hatten sich in ihrer gesamten Struktur verändert, weil die vorherige mit dem ständigen Sorgen machen und grundsätzlich zu viel nachdenken ungesund für mich gewesen war. Meine Gedanken unterschieden sich also per se in sehr vielen Bereichen stark von denen, die ich vor unserer Trennung gehabt hatte. Aber es war nicht so, als würde ich weitere heimliche Rachegelüste mit mir herumschleppen, also tendierte ich zu einem Nein… Bis die Brünette noch eine beziehungsweise zwei Fragen anhängte und damit erneut meine Antwort ins Wanken brachte. Ich wollte wirklich nicht weiter darüber reden, aber andererseits brachte es nun auch nichts mehr, dieses Gespräch auf irgendwann später zu vertagen. Faye jetzt noch im Unklaren darüber zu lassen, wäre nicht fair und vielleicht war es das von Anfang an nicht gewesen. “Ganz ehrlich…”, seufzte ich und ließ den Hinterkopf an der Lehne andocken, weil dieser Schädel schon wieder viel zu schwer auf meinem – unserem – Leben lastete. “...könnte ich es mir ohne jegliche Folgen aussuchen, würde ich sie tot sehen wollen. Sie verdienen’s nicht anders für das, was sie in mir zerstört haben.” Ich sprach recht leise, aber es schwang trotzdem ein verbitterter Unterton mit und meine Miene verfinsterte sich. Denn genau das war es, was über die letzten Jahre Stück für Stück mit mir passiert war – Verbitterung, die sich auf vielen Ebenen durch meine Seele fraß. Das Resultat von Angst und Schmerz. Ich hatte die Vergangenheit überstanden, aber dass sie völlig folgenlos blieb, davon träumte ich schon länger nicht mehr. Ich mochte in mancher Hinsicht auch gerne mal naiv sein, aber in diesem Fall hatte ich damit abgeschlossen. „Versteh das nicht falsch: Ich würde niemals einfach so losziehen, um das in die Tat umzusetzen. Aber ich will keinem von denen je wieder begegnen, weil ich einfach nicht wissen möchte, was dann passiert.“, rückte ich meine Worte ins rechte Licht, damit Faye sie nicht falsch interpretierte. Meine Augen waren inzwischen wieder geschlossen. Auch das war einer von vielen Gründen gewesen, sofort zu verschwinden, sobald die Hernandez wieder aufzukreuzen drohten. Würden die Geschwister einfach wieder umdrehen und flüchten, wenn sie mich sahen, würde ich vielleicht keine Anstalten dazu machen, ihnen nachzurennen. Aber ich könnte kein gefühltes hundertstes Mal dabei zusehen, wie sie Faye bedrohten. Egal ob mit einem Messer, einer Pistole oder sonst irgendwas. Ich würde mich eher erschießen lassen, als tatenlos die Hände zu heben und noch einmal Jemandem dabei zuzusehen, wie er das Zentrum meines Lebens hinzurichten versuchte. Gefühlt hatte ich die ganzen letzten Jahre über nie etwas anderes getan, als die Finger zu kreuzen und still zu hoffen, dass das reichte… und das hatte es nicht, also sträubte sich in mir jetzt absolut alles dagegen, so weiterzumachen. „Ich schätze, ich… bin allgemein etwas rücksichtsloser geworden… etwas… kühler... vielleicht egoistischer. Das war, was ich meinte, als ich dir nach meiner Rückkehr gesagt habe, dass ich anders bin, wenn du nicht da bist… deswegen fällt dir das wahrscheinlich auch nicht so auf… zu dir könnte ich so nie sein.”, murmelte ich etwas wirr und rollte im Sinnbild eines Kopfschüttelns minimal den Kopf auf der Lehne hin und her. Faye hatte genauso wie ich im Laufe unserer Beziehung Fehler gemacht. Trotzdem würde sie immer mein Engel bleiben und niemand könnte jemals ihren Platz in meinem Herzen einnehmen. Außerhalb ihrer Nähe fiel mir hingegen immer wieder auf, dass ich anders reagierte als früher. Wenn mir etwas nicht passte, dann ging ich viel schneller auf Konfrontation und wo ich früher einem Streit aus dem Weg gegangen war, weil ich heftige Auseinandersetzungen eigentlich nicht leiden konnte, suchte ich ihn jetzt sogar manchmal fast schon gezielt. Als müsste ich mir selber beweisen, dass ich das überhaupt noch konnte. Ich hieß Fremde auch nicht mehr einfach mit offenen Armen willkommen. Hier in Los Angeles war das nochmal extremer, als vorher in Vegas - danke, Ryatt. Früher oder später würde sicherlich mal eine Situation entstehen, in der Faye erkennen könnte, wovon ich gerade gesprochen hatte. „Abgesehen davon bin ich aber… derselbe wie vorher.“, schloss ich nuschelnd und wagte erst danach wieder einen kurzen Blick nach unten zu Faye, ohne den Kopf anzuheben.
“Aber könntest du… Elektrizität, die auf deinen Körper trifft, gezielt weiterleiten? Wenn vielleicht auch nicht unbedingt einen Blitz, dessen Einschlag nur sehr bedingt vorhersehbar und absolut maßlos ist… weniger starke Elektrizität?”, hakte ich noch spezifischer nach, weil Riccarda mir diese Frage nicht so richtig beantwortete oder zumindest war mir ihre Wortwahl zu undefiniert, um ganz klare Schlüsse zu ziehen. Ich wollte sicher sein, dass ich nicht mehr in ihre Worte hinein interpretierte, als sie bedeuteten. Dass sonst nicht viel passierte war schön, weil ich andernfalls nie wieder freiwillig mit dem Engel bei Gewitter im Regen stehen würde. Einmal hatten wir das gemacht, wenn auch nur mit sehr großer Überwindung seitens Riccarda, aber auf eine Wiederholung war ich jetzt nicht mehr sonderlich scharf. „Jedenfalls werde ich dich jetzt nie wieder nötigen, mit mir unter Gewitterwolken zu tanzen… begrenzen wir uns lieber auf harmlosen Regen.“ Zukünftig würde ich diesbezüglich sehr viel einsichtiger sein, schließlich wusste ich jetzt besser um den Grund für ihre Angst davor. Davor war sie mir unerklärlich gewesen. Regen hingegen würde ich weiterhin mögen. In Strömen stundenlang vor einem Zelt zu liegen war natürlich bescheiden, aber unter einem Vordach zu sitzen, den Geruch aufzusaugen und das Prasseln der vielen Tropfen zu genießen, war herrlich. Meine Finger wanderten noch immer über das feine Narbengewebe, inzwischen glich es jedoch mehr wieder einem Streicheln ihrer weichen Haut. Für ihre so oder so auslegbare Antwort auf meine Bitte nach schmerzhafter Gegenmaßnahme kassierte Riccarda eine hochgezogene Augenbraue, weil mich das nicht zufriedenstellte. Ich konnte der Blondine ansehen, wie sehr es ihr widerstrebte, mir im Ernstfall wehtun zu müssen… und es war ein weiterer guter Grund dafür, sie zu lieben. Genauso wie es einer war, frühzeitig ins Gras zu beißen. „Es ist mir lieber, wenn du mich temporär verletzt, als wenn du noch mehr Narben verbüßt, für die ich mir auf ewig die Schuld geben muss.”, stellte ich mit ruhiger Stimme fest. Natürlich war ich nicht scharf auf ein verbranntes Gesicht, auch die unsagbaren Kopfschmerzen damals waren die Hölle gewesen. Vielleicht beschränkte sie sich also bestenfalls auf ein anderes Körperteil, aber wie gesagt – mir war alles lieber, als noch mehr dieser Narben auf ihrem sonst so makellosen Körper. Optisch störten sie mich kein bisschen, aber der Grund dafür zu sein war mehr als unangenehm. Sie brauchte hier gar nicht so mit den Augen zu rollen, was war das denn für eine aus der Luft gegriffene Unterstellung? “Bin ich tatsächlich nicht. Ich kämpfe zwar hart, aber für gewöhnlich sehr fair. Außerdem wäre es keine Schlacht, wenn ich dich gar nicht erst kämpfen lasse.”, musste ich Riccarda in ihrer Annahme korrigieren, was das nächste Schmunzeln auf meine Lippen lockte. Ich musterte ihr Gesicht – ohne richtigen Grund, einfach nur weil ich sie gerne ansah. Weil selbst das Augenrollen seinen Reiz hatte und weil wir das Gespräch über mein großes Ego nicht weiter zu vertiefen brauchten. Wir wussten beide sehr gut, dass es da war, auch wenn ich es inzwischen seltener als früher zur Schau stellte. “Selbst euer Immunsystem ist erschreckend menschlich.”, stellte ich mit trockenem Sarkasmus fest. Das hatte sich mein Engelchen allerdings genauso wenig ausgesucht, wie ihre zerstörerische Fähigkeit, deshalb wollte ich durchaus etwas Mitgefühl zeigen: „Außerdem würd‘ ich mich schon um dich kümmern, sollte es wegen einer spontanen Idee so weit kommen, die definitiv auch auf meinen Mist gewachsen ist… wie in guten, so in schlechten Tagen. Damals hab ichs vielleicht nicht so gemeint, aber hier sind wir nun.“, grinste ich und neigte mich ihren Lippen für einen flüchtigen Kuss entgegen. Ich wäre vielleicht nicht sonderlich begeistert davon, das überdurchschnittlich gutaussehende Pflegepersonal zu verkörpern, aber es gab Schlimmeres.
Die Worte hatte ich irgendwie rausgekriegt. Jetzt musste ich es nur noch schaffen, Faye wieder in die Augen zu sehen. Mit der Scham und der nur halb vorhandenen Reue. Es war eigentlich überhaupt kein Wunder, dass die letzten Jahre ein paar Teile von mir zerstört oder stark verändert hatten. Vielleicht brachten sie auch nur hervor, was längst da gewesen war. Trotzdem wollte ich nicht, dass Faye das hören musste, dass sie es in meinen Augen lesen konnte. Sie nicht mehr ausnahmslos vor allem schützen zu wollen, gehörte zu den Dingen, die ich mir erst hatte beibringen müssen. Ich wollte aber um keinen Preis eines der Dinge sein, vor denen ich sie sowieso nicht schützen konnte. Nur mühsam erwiderte ich schließlich ihren Blick, mitunter auch wegen ihrer dirigierenden Hände, blinzelte aber auffällig oft und sah letztlich doch wieder nach unten weg. Ich ertrug den Ausdruck in ihren Augen nicht. Das Entsetzen, die Überforderung, während sie zu begreifen versuchte, was ich ihr gerade gesagt hatte. Das Schlimme war, dass ich das verstand. Dass ich sie nicht anders ansehen würde, wenn sie mir sowas offenbart hätte - weil ich es genauso wenig von Faye erwartete, wie sie von mir. Ich schluckte ein weiteres Mal, als die Brünette sich wieder an meiner Brust verkrümelte, weil ich nicht wusste, was ich davon halten sollte. Natürlich war ich froh darüber, dass sie nicht wie von der Tarantel gestochen aufsprang und mich verteufelte… aber sollte sie nicht wütend auf mich sein? Wenigstens ein bisschen, weil ich das einzige Mitglied ihrer Familie, das ihr geblieben war, zu dieser exzessiven Handlung animiert hatte? Alles, was Faye am Ende dazu sagte, war, dass es nicht gut war und das sagte so viel Nichts aus, dass es meine innere Unruhe ganz und gar nicht linderte. Die Umarmung fühlte sich auch nicht so an, als hätte ich sie verdient. „Ich hab gedacht, dass das verschwindet… wenn ich zurückkomme… wenn wir neu anfangen…“, murmelte ich leise vor mich hin, machte aber keine Anstalten dazu, die Umarmung meinerseits wieder zu vertiefen. Meine Arme lagen weiterhin eher locker um Fayes Körper. „Aber das ist es noch nicht. Ich fühl's noch genauso.“, gestand ich, den letzten Satz beinahe tonlos. Jetzt nur nicht mehr begleitet von derselben Wut und Hilflosigkeit wie damals im Gespräch mit Aryana. Die Rache selbst war in meinem Kopf auch nicht mehr präsent, sie war schon getan. Trotzdem wollte ich diese Teufelsbrut noch immer am liebsten tot sehen… und könnte ich es mir aussuchen, wäre es sicher kein schneller Tod. Doch vielleicht brauchte ich wirklich nur noch mehr Zeit. Einkehrende Ruhe und ein normales Leben, in dem ich wieder ich selbst sein konnte, weil keiner mehr hinter mir her war. Es blieb zu hoffen, denn ich wollte dieser Art von Dunkelheit eigentlich überhaupt keinen Platz in meinem Leben lassen. "Aber das wird schon. Ich... ich will nicht so enden.", versuchte ich ein bisschen sehr verzweifelt, noch einen Funken Optimismus in diese verlorene Konversation einzustreuen. Wie genau war eigentlich so? Wie Aryana und Mitch?