April Ich grinste ebenfalls leicht zurück, als er mich so einen Blick zuwarf, dann aber mit seinem Blick eine Etage weiter nach unten wanderte und… tatsächlich rot wurde. Ich konnte nur mit einem leichten Schmunzeln feststellen, dass ich wohl nicht die Einzige war, die gerade nicht so wusste, wie sie mit der Situation umgehen sollte, auch wenn er vorher noch ziemlich auf cool und locker gemacht hatte, so wanderte nun wieder eine andere Seite von ihm an die Oberfläche. An das musste ich mich wohl erst einmal gewöhnen, denn normalerweise kam ich ziemlich schnell auf die Persönlichkeit eines Menschen, sofern man mir eben die Zeit gab, den auch wirklich erleben zu können, was ich hier eigentlich schon dachte, denn wir waren ja ziemlich schnell recht innig geworden – nicht intim, sondern einfach von dem Verhalten her, als würden wir uns schon ziemlich lange kennen. Und trotzdem wurde ich nicht so recht schlau aus ihm, was er genau jetzt vorhatte. Frühstück klang aber schon mal nicht schlecht. Wobei ich allgemein nicht die große Esserin war, aber seitdem ich gestern den ganzen Tag über keinen Bissen hinunter bekommen hätte, war ich nun doch etwas an der Reserve, wenn man so sagen wollte. „Bin dabei“ stimmte ich ihm deshalb versucht locker, um die Situation zu überspielen, zu, zögerte dann aber doch für einen Moment „außer die Schlangenlady wartet unten schon auf mich und reißt mir den Kopf ab.“ Das konnte ich mir nicht verkneifen, denn so ungern ich es zugab, aber ich fürchtete mich wirklich vor der lodernden Wut der energischen Frau, die ich ohne es zu beabsichtigen direkt auf mich gezogen hatte. Da ich selber noch lag, setzte ich mich dann auch im Schneidersitz auf und blieb vorerst einmal so sitzen. Strich mir die Haare aus dem Gesicht, sodass sie wie ein Wasserfall hinten über den Rücken fielen und nur einzelne Strähnen den Weg über die Schultern vorne fanden.
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Viktor Gut, wenigstens schien sie heute etwas essen zu wollen. War ich ja echt froh drüber, denn wenn sie der Meinung gewesen wäre, heute das Essen mal wieder ausfallen zu lassen, dann würde ich ihr aber was erzählen. Natürlich würde ich sie nicht groß herrlich anschnauzen, aber sie doch friedvoll darum bitten, etwas zu sich zu nehmen, damit ihr Körper nicht versagte. Blieb mir aber in dem Fall jetzt erspart, scheinbar hatte der Hunger von gestern sich mit dem von heute verbunden und da konnte ich nur allzu gut verstehen, dass man förmlich ein halbes Schwein essen konnte. Ich wollte gerade aufstehen, als ich bemerkte, dass ich die Decke ja nach wie vor mit mir herum trug und wohl erst mal etwas gegen die morgendliche Erektion tun musste, um mich - ohne im Erdboden zu versinken - weiterhin im Haus bewegen zu können. Ich räusperte mich also nur schwach, wusste nicht so genau, wie ich ihr das jetzt klar machen sollte und ließ deswegen mit einem schlichten "Ich muss vorher nur noch kurz ins Bad", die Decke zurück auf mein Bett fallen. Auch, wenn es mir, wie bereits erwähnt, nun doch ein wenig unangenehm war, würde ich die Bettdecke jetzt definitiv nicht mit ins Bad schleppen, ohne Mist. Früher oder später würde April sowie erfahren, was da so unter der Boxershorts schlummerte. Und das war auch definitiv nicht zu verachten! Ich war mir deshalb so sicher, dass April mir bald verfallen würde, weil ich sie ja so schon dazu bekommen hatte, sich in meinen Armen zu entspannen und das mochte ja wohl schon was heißen. Natürlich konnte ich mir darauf auch einfach was einbilden, aber mein Gott... sie war eine Frau und eine Frau bekam man klassisch mit den ein oder anderen Handgriffen rum. Das würde hier wohl kaum anders sein.. Ohne noch ein weiteres Wort zu verlieren, schob ich meine Beine aus dem bett, um wenig später in Richtung Badezimmer zu wandern - eben das tun, was man(n) tun musste.
April Es war beinahe liebenswert, wie er da so um das Thema herum reden wollte, wobei mir das selber gerade genauso peinlich war, wie ihm selbst auch. Ich hatte wie gesagt noch nie damit wirklich was zu tun gehabt und nun wurde ich in einer ziemlich unwohlen Situation damit konfrontiert. Noch dazu war der junge Mann auf mich geprägt und… Gott… ich wusste einfach nicht, wie ich mein Unbehagen freundlich ausdrücken sollte, weshalb ich es lieber ganz ließ und stattdessen nur kurz und knapp nickte. Das sollte doch genauso passen, weil Viktor sicherlich nicht auf eine große Abschiedsrede wartete oder er wollte, dass ich ihm gutes Gelingen beziehungsweise viel Erfolg wünschte. Nein, das würde ich in dem Fall auch nicht aussprechen können. Dazu saß die Scham viel zu tief. Demnach wandte ich auch den Blick rein zufällig ab, als er aufstand und suchte meine Kleidung, die ich gestern im Zimmer abgelegt hatte. Welch Wunder: sie waren noch immer an dem Platz, an den ich sie gestern abgelegt hatte. Nachdem ich noch einen Blick zu der Zimmertür riskiert hatte, beschloss ich einfach einmal, mich umzuziehen. Das sollte eigentlich eh recht schnell gehen, wobei ich nicht wusste, wie schnell Viktor im Bad war und was genau er dort alles machen wollte oder um es nur um ein bestimmtes Bedürfnis ging. Zuerst schlüpfte ich aus der Boxershorts raus und schlüpfte wieder in meine eigene Hotpan hinein, was dann doch ein bisschen dauerte, denn der Stoff war bisschen steif von dem Salz und das musste ich erst wieder richtig hinbekommen. Danach wandte ich mich noch einmal zur Tür, um ja sicher zu gehen, dass er nicht doch auf einmal vorbei kam und schauen wollte, wo ich blieb. Als ich mich versichert hatte, dass Viktor nicht plötzlich im Türrahmen stand, zog ich mir auch das schwarze Shirt über den Kopf und legte es flott zusammen, sodass ich es zu der Boxershorts dazu legen konnte. Das Ganze machte ich natürlich mit Rücken zur Tür gewandt. Mit einem weiteren Handgriff streifte ich mir das sich ebenfalls etwas komisch anfühlende Tob über und war dann doch froh, wieder in meinen eigenen Sachen zu stecken. Jetzt erst, drehte ich mich wieder um.
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Viktor April hatte auch nichts weiter gesagt, worüber ich ehrlich gesagt auch ganz froh war und so konnte ich weiterhin wortlos auf direktem Wege ins Badezimmer gehen. Dauerte dort dann auch nur sage und schreibe fünfzehn Minuten, bis ich mit duschen, gewissen Aktivitäten und dem ganzen Schnickschnack fertig war. Zum Duschen hatte ich mich eher spontan entschieden, hatte dementsprechend auch keine Klamotten zum Anziehen dabei und musste so, nur mit einem Handtuch um die Hüften, wieder zurück ins Zimmer. Dort stand mir eine umgezogene April gegenüber, die mich leicht die Augenbrauen in die Mitte schieben ließ. "Willst du nicht lieber erst mal duschen und dir etwas anderes anziehen gehen?", fragte ich schließlich, als sich meine Gesichtszüge wieder entspannten. Natürlich fand ich sie in den Kleidern nach wie vor wirklich Klasse, aber kratzte das getrocknete Salz nicht ein wenig auf der Haut? Und andere Unterwäsche wäre mit Sicherheit auch nicht schlecht gewesen, oder? Na ja, war halt eben ein Vorschlag meinerseits gewesen, von mir aus konnte sie die Klamotten gerne anbehalten, aber wie gesagt... stellte ich mir ziemlich unangenehm vor. Wie dem auch sei. Ich trat schließlich an meinen Kleiderschrank, wo ich beiläufig frische Sachen heraus nahm, auf eine Antwort von April wartete. Von mir aus konnten wir auch gleich einfach Frühstücken... Mir war das Jacke wie Hose.
April Ich versuchte einfach nicht daran zu denken, dass ich nun schon einen ganzen Tag hier war… zumindest glaubte ich das, denn gestern war ich doch ziemlich früh auf dem Strand gefunden worden. Oder? Mein ganzes Zeitgefühl war hinüber, weshalb ich auch schwer einschätzen konnte, wie lange Viktor wirklich weg war, aber als er dann wieder da war, musterte er mich einmal prüfend, wodurch ich dazu verleitet wurde, ebenfalls mal an mir herunter zu schauen. War etwas falsch? Ich verstand seinen Blick nämlich nicht so ganz, aber bekam dann sehr schnell eine Antwort auf meine unausgesprochene Frage geliefert. Natürlich wäre duschen und anderes Gewand toll gewesen, aber irgendwie hatte er da wohl eine kleine Tatsache außen vor gelassen. „Wenn ich über Bord gehe, dann schau ich immer, dass ich meine Sachen bei mir habe, aber dieses Mal war ich schlecht vorbereitet“ erklärte ich trocken, aber dennoch mit einem Grinsen auf den Lippen, sodass man den Sarkasmus deutlich herausfiltern konnte. Es machte mich im Moment auch gar nicht so nervös, dass er nur sein Handtuch um die Hüfte geschlungen hatte und so zum Kasten hinüber spazierte. Wenn er nicht zufällig eine Schwester hatte, die meine Größe hatte und dann so freundlich wäre, mir ihre Sachen zu borgen, würde ich wohl in meinen von Salz verklebten Klamotten stecken bleiben müssen. Ich konnte mir genauso etwas Besseres oder eben Angenehmeres vorstellen, aber ich durfte wohl nicht pingelig sein, wenn man sich meine derzeitige Lage genauer anschaute. Damit musste ich mich seufzend wohl zufrieden geben. Im Moment fühlte ich mich eh nicht so wohl in meiner Haut, eben wegen dem ganzen Salz und noch dazu fragte ich mich doch, ob da überhaupt jemand nach mir suchte und wenn ja, wie die mich hier drinnen finden sollten. Wenn sie nicht direkt an jede Haustür klopften, dann würde das wohl schwer werden, mich in einem Zimmer bei einem jungen Wesen aufzuspüren.
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Viktor Vom Schrank aus vernahm ich die mehr als sarkastische Bemerkung von April. Zugegeben, auch ich musste ein klein wenig grinsen, weil sie das wohl wenigstens mit ein klein bisschen Humor nahm. War zwar irgendwo echt nicht lustig, aber man musste ja nicht immer so verbissen sein. "Ich kann dir ein paar Sachen geben. Gut, mit so Sachen wie Damenunterwäsche kann ich jetzt nicht dienen, aber eine Boxershorts tuts doch auch, damit du wenigstens erst mal was Frischen an hast... wir können deine Klamotten ja waschen!", schlug ich mit einem schwachen Schulterzucken vor, zog mir dann erst einmal mein Shirt über und versuchte dann ein wenig umständlich, meine Boxershort unter das Handtuch zu bekommen, ohne das dieses einen Abgang wagte. Klappte dann aber doch recht gut und so schmiss ich das Handtuch schließlich einfach in eine freie Ecke, lehnte dann gegen den Schrank und sah April dann fragend an. Wäre jetzt zumindest mein Angebot gewesen. So kam sie erst mal aus ihren alten Sachen raus. Bekam sie ja dann wieder, aber nun mal weniger versalzen. Ja, auch wenn man es nicht glauben konnte, aber sowas wie Waschmaschinen hatten wir auch. So ganz veraltet waren wir auch nicht, nur Handys, Plasma Fernseher und Autos hatten wir hier nicht. Wasch- wie auch Kaffeemaschinen, normale Röhrenfernseher und sowas... doch, doch, sowas hatten wir schon. Immerhin mussten wir ja irgendwo ein kleines bisschen auf dem Laufenden gehalten werden, was die Menschenwelt angeht. Na ja. Wie auch immer. War jetzt nun nicht so wichtig, wir besaßen durchaus praktische Dinge und das reichte aus. Mehr brauchte ich darüber nicht nachdenken. Nach wie vor im Umkreis des Schrankes, suchte ich dann langsam mal nach meiner Jeans, wollte ungern in Boxershorts hier herum stolpern, gerade dann nicht, wenn meine Mutter im Haus sein könnte.
April Man merkte also, dass ich mich langsam nicht mehr ganz so verklemmt war, wenn ich schon sarkastisch sein konnte und meine Misere mit Humor nehmen konnte. Naja, so wirklich lustig fand ich es noch immer nicht, aber immerhin war ich bei jemanden gelandet, der gezwungen wurde, mich zu mögen und deshalb schon ein Auge auf mich haben würde, dass ich nicht auf einmal gefressen wurde oder verloren ging. Haha. Genau. Toll, so super konnte es auch nur mich treffen. Sein Vorschlag war so verlockend, dass ich nicht dagegen ankam und dann doch noch einwilligte, obwohl ich mich gar nicht bei dem Gedanken wohl fühlte, meine Sachen hergeben zu müssen, aber schlussendlich atmete ich dann doch im Geiste tief durch und stimmte zu. „Okay, dann würde ich vielleicht doch gerne duschen gehen… aber ich will wirklich keine Umstände machen“ meinte ich noch einmal, wobei das gut gesagt war. Ich hatte mit meinem Auftreten sein Leben ein bisschen umgekrempelt und da wollte ich keine Umstände machen. Naja, ich versuchte es zumindest und konnte mir die Sachen auch selber auswaschen, wobei ich das natürlich genauso gerne die Waschmaschine machen ließ. Ich musste zugeben, dass es mich ein bisschen überraschte, dass die hier anscheinend sowas wie Maschinen hatten, aber dennoch nichts von Handys wissen wollten, wo die doch das Leben praktisch gesehen sehr vereinfachten, die Menschen aber auch fauler werden ließen. Von dem Unterschied wollte ich aber nicht wieder anfangen, sondern schaute abwartend zu Viktor zurück, denn wo nun die Dusche einmal ins Gespräch gekommen war, konnte ich mich kaum von dem Gedanken an das saubere Wasser trennen.
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Viktor "Du machst keine Umstände...", antwortete ich kopfschüttelnd, drehte mich erneut in Richtung meines Schrankes, um ihr, anders wie die Schlafklamotten, ein paar zivilisierte Kleider in die Hand zu drücken. Eine Unterhose, die mir ein wenig zu klein geworden war, dürfte ihr zumindest ein wenig eher passen, als die, die ich momentan trug. "Ich warte dann in der Küche auf dich, bring deine schmutzige Wäsche einfach mit, dann können wir die gleich Waschen und dann hast du spätestens morgen früh wieder gewohntes Terrain am Körper", stellte ich schmunzelnd fest, trat auf sie zu und sah dann das Stück, welches sie kleiner war als ich, zu ihr runter. "Du weißt ja, wo das Bad ist... ich mache schon mal Frühstück und schaue, ob die Schlangenlady da ist", fügte ich belustigt hinzu, hob meine Hand schließlich erneut, um ihr über die Wange zu streicheln. Liebend gerne hätte ich ihr in diesem Moment noch einen Kuss auf die Lippen gedrückt oder wäre wenige Minuten zuvor einfach mit ihr zusammen duschen gegangen, aber darauf durfte ich wohl noch lange, wenn nicht sogar ewig warten, was mich innerlich resigniert seufzen ließ. Statt also meiner Gier nachzugeben, wandte ich mich einfach von ihr ab - Hose hatte ich im übrigen gefunden, haha -, um mein Zimmer schließlich zu verlassen. In der Küche machte ich mich dann mehr oder weniger gekonnt daran, ein leckeres Frühstück zu zaubern. Glücklicherweise erwartete mich keine wütende Mutter mit den Hausschlappen und wenn ich so darüber nachdachte, wurde mir schnell klar, dass sie mit Sicherheit arbeiten oder einkaufen war. Den Plan ihrer Arbeitszeiten hatte ich leider nicht im Kopf, konnte das also nicht mit Sicherheit festlegen, aber Fakt war, dass sie für den Moment jedenfalls nicht hier war und somit ein ruhiges Frühstück bevor stand. Keine Angriffe, keine Vorwürfe, einfach nur eine herrliche Ruhe.
April Nun gut, wenn er sagte, dass ich keine Umstände machte, dann musste ich ihm das wohl glauben, denn anders ging das eh nicht so richtig, wenn ich mir selber nicht gleichzeitig ein schlechtes Gewissen einreden wollte, auf das ich nun wirklich alles andere als scharf war. Ich ließ mir das Gewand dann brav in die Hand drücken, schaute kurz auf die Auswahl und dann wieder zu ihm hinauf, als er an mich herangetreten war und ich den Kopf leicht in den Nacken legen musste, um wirklich zu ihm aufschauen zu können. Seine Hand wanderte über meine Wange, während er lächelte und entlockte mir dabei ebenfalls ein Lächeln, das sich sanft auf meine Lippen legte. Er kümmerte sich ja wirklich gut um mich, weshalb ich mich schon schlecht fühlen konnte, denn zurückgeben konnte ich kaum etwas beziehungsweise wollte er wahrscheinlich nur das, was ich ihm nicht geben konnte. Ich wollte nicht hier bleiben, ich wollte meiner Familie den Rücken nicht zukehren und wenn ich den Vertrag gestern richtig verstanden hatte, dann durfte ich auch gar nicht auf der Insel verweilen. „Okay, ich beeil mich“ versicherte ich ihm und watschelte dann auch schon in das Badezimmer, wo ich hinter mir erneut die Tür schloss und dann schon froh war, aus den Sachen raus zu kommen, mich unter die Dusche zu stellen und das Salz aus den Haaren und von der Haut zu bekommen. Mein Gewand hatte ich säuberlich zusammen gelegt und nachdem ich aus der Dusche rausgekommen war und mich angetrocknet hatte, schlüpfte ich in die Sachen, die mir Viktor gegeben hatte und in denen ich auch ziemlich schwamm, aber es war wirklich besser als die, die ich vorhin noch am Körper gehabt hatte. Mit meinen eigenen Klamotten gegen den Körper gedrückt kam ich dann nach unten getappt, die feuchten Haare umrahmten strähnig mein Gesicht, als ich Viktor durch die Küche wuseln sah – zum Glück weit und breit kein Anzeichen der Schlangenlady!
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Viktor Dauerte dann auch keine halbe Stunde, bis April die Dusche wieder verlassen hatte und zu mir runter in die Küche kam. Das Frühstück war auch so gut wie fertig - schien also zeitlich schon mal alles zu passen. Prompt nahm ich der jungen Dame dann auch die Kleider ab, um sie direkt in Richtung der Waschmaschine zu tragen, die nicht unweit von mir entfernt unter eine Thekenplatte eingebaut war. Vorerst schmiss ich sie aber erst einmal nur zum Rest der Wäsche, würde dann nachher dafür Sorge tragen, dass alles an geschmissen wurde und so weiter. Nun aber wollte ich wirklich erst mal frühstücken. Gemacht hatte ich ein paar Eier mit Bacon, dazu ein bisschen Obst und Jogurt, weil ich mir nicht ganz sicher war, was April denn jetzt gerne essen wollte. Ich trug Teller und Besteck zum Frühstückstisch, Schalen und das eigentliche Essen auf Untersetztern folgte anschließend. Zufrieden ließ ich mich auf den Stuhl fallen, der nun nicht mehr ganz so an den Tisch ran geschoben stand, bat meine Liebste, sich zu setzen. Würden wohl gleich erst mal besprechen, was wir den Tag über so machen würden, denn ich war ehrlich, ich hoffte ja nicht darauf, dass hier jetzt noch ein Boot vorbei geschlittert kam, nur um April abzuholen, weil die Insel hier schlichtweg einfach mitten im Nichts lag. Und na ja, wenn sie dann schon hier auf der Insel verweilen musste - ohne Eltern, Familie, und so weiter - dann wollte ich ihr den Gedanken nur so schmackhaft wie möglich machen. Eine kleine Stadtbesichtigung oder sowas... ihr mal die Denkmäler der Insel zeigen, das Haus, was worüber ich sie gestern aufgeklärt hatte, dass es wohl noch stand. Sowas eben, es würde sich bestimmt was finden lassen, womit man sie ein klein wenig begeistern konnte.
April Kaum war ich in der Küche angelangt, hatte mich mit eigenen Augen noch einmal davon überzeugt, dass die Schlangenlady nicht auf einmal aus einer dunklen Ecke gesprungen kam und traute mich dann endlich weiter in den Raum hinein, nachdem meine Vorsicht ihr Okay gegeben hatte. Ja, ich war in der Tat komplett eingeschüchtert worden und musste da erst einmal schauen, wie ich dieser Frau jemals entgegen treten konnte, ohne einen Kopf kürzer zu werden beziehungsweise mich einfach kleiner zu fühlen, als ich war – denn so klein war ich nun wirklich nicht, wenn man mich nicht gerade neben Viktor stellte, sondern neben andere gleichaltrige Mädchen aus meiner Klasse. Nachdem ich zu Viktor gegangen war, hatte ich prompt meine Sachen nicht mehr in der Hand, sondern schaute dabei zu, wie er sie in der Waschmaschine verschwinden ließ und mir damit schon mal ein kleiner Stein vom Herzen gefallen war. Zwar war ich wirklich froh, wenn ich andere Sachen anziehen konnte, die nicht nach Meer rochen und salzig waren, aber im eigenen Gewand fühlte ich mich halt am besten. Auf seine Aufforderung hin, mich ebenfalls zu setzen, ließ ich mich auf den Platz neben ihn fallen und bestaunte seine Auswahl, die er mir hier auf dem Tisch unterbreitet hatte. „Du hättest dir wirklich nicht so viel Mühe machen müssen“ erklärte ich ihm lächelnd und schenkte ihm dabei einen vielsagenden Blick. Ich kam auch mit weitaus weniger zurecht, immerhin schaffte ich das bei mir zuhause auch. Vor der Schule bekam ich meistens nur ein trockenes Stück Brot hinunter und ein Glas Wasser, also von dem her, war ich wirklich nicht wählerisch. Natürlich schmeichelte es mir dafür umso mehr, wenn er sich dann anscheinend extra an den Herd stellte und Eier mit Bacon machte. Kochen konnte er also… haha. Naja, ein bisschen zumindest. Er wusste, wie man Frühstück machte, was über viele Fähigkeiten meiner Freunde hinaus ging.
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Viktor "Für das Lächeln meiner Liebsten ist mir nichts zu aufwendig", stellte ich nach wie vor leicht lächelnd fest, zuckte dann kurz mit den Schultern. Und sowas wie Essen zubereiten war wohl noch das Mindeste, was ich leisten konnte. Sicherlich gab es auch noch ein, zwei andere Dinge, die ich gut konnte, aber darüber wollte ich jetzt lieber nicht reden - haha. Na ja, auch mal nicht zweideutig gesehen hatte ich doch schon einiges drauf, immerhin hatte ich ja genug Zeit gehabt, so ziemlich alles zu lernen und zu perfektionieren. Sollte nicht heißen, dass ich wirklich alles perfekt konnte, aber doch vieles. But whatever. War im Moment nicht weiter gefragt, ich widmete mich also wieder voll und ganz April, wollte jetzt das Thema mit dem Herumführen ansprechen. "Was hältst du davon, wenn wir nachher mal einen Rundgang über die Insel machen? Ich kann dir hier alles zeigen... auch wenn du nicht für immer bleibst, aber wer weiß... vielleicht kommst du mich ja mal besuchen." Ein erneutes Schulterzucken. Glaubte ich ja irgendwo nicht so dran, dass sie das auf sich nahm, mich mal besuchen zu kommen und das tat in gewisser Hinsicht schon alleine beim dran denken echt weh. Immerhin... na ja, brauchte ich sie doch so sehr. Zum Glücklichsein, zum lachen ... zum Leben, verdammt. Ich hatte nun schon mehrfach erwähnt, dass es nahezu unmöglich für mich war, weiterhin ein normales Leben zu führen, wenn sie nicht mehr da war. Und... ach man, nein, lassen wir das einfach. Ein schüchternes Lächeln legte sich auf meine Lippen, während ich langsam anfing, mir etwas von den Eiern und dem Bacon auf den Teller zu tun, meine Schüssel mit Jogurt zu füllen.
April Nun war ich es, die leicht rot im Gesicht wurde, denn ich konnte förmlich spüren, wie mir die zarte Röte auf die Wangen stieg und sich dort erst mal für einen Moment einnistete, bis sie wieder verschwand und ich getrost weiterleben konnte. Viktor stellte einfach so einen mega starken Kontrast zu allen Jungs aus meinem Jahrgang oder dem drüber dar, dass es noch mehr klar wurde, dass man hier von zwei verschiedenen Welten sprach. Ich bezweifelte nämlich, dass jemand von meinen männlichen Freunden jemals sowas zu mir sagen würde, selbst wenn sie mich wirklich gern hatten. Nur war ich eben nicht der Mensch, der viele Jungs in seinem Freundeskreis hatte, da ich mir mit denen immer schon ein bisschen schwer getan hatte… nicht wusste, was genau jetzt ihre Hintergedanken waren und da machte mich doch zunehmen fertig, wo mich doch die Gedanken eines Jungen besonders interessieren würden… aber nein. An das wollte ich im Moment nicht denken, sondern suchte mir etwas von dem Obst aus, mit dem ich anfing. Immer was Gesundes, damit sich später niemand aufregen konnte, wenn ich ins Ungesunde umschlug. Bei seinem Vorschlag zögerte ich im ersten Moment, weil ich nicht einschätzen konnte, wie das so war, wenn ich da auf einmal über die Insel neben Viktor schlenderte und dann auf einmal aus dem Nichts ein besagter Höllenhund kam, von dem gestern kurz die Rede war. Wäre echt nicht meine erste Wahl… warum gab es denn keine süßen, knuffigen Wesen der griechischen Mythologie… mhm? Wollte mir das vielleicht jemand verraten? Dennoch war meine Neugier geweckt, sodass ich nach einem kurzen Abwiegen der Möglichkeiten doch zugab, dass es mich interessieren würde. „Klar, ich schau mir gerne alles ein bisschen an. Und das mit dem Besuch werden wir ja noch sehen… dazu müsste ich ja erst einmal von der Insel weg und noch bin ich da“ meinte ich zuversichtlich und wollte nicht, dass er in trüben Gedankengängen versank. Das würde nur auf die Stimmung drücken und dazu war ich im Grunde ein viel zu optimistischer Mensch, selbst wenn man mir das auf den ersten Blick nicht ansah.
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Viktor Alleine dieses kleine Wörtchen noch tat mir im tiefsten Inneren meines Herzens weh. Aber großartig was dagegen sagen, mich dagegen auflehnen konnte ich ja nun wirklich nicht - ich wollte April nicht schon wieder ein solche schlechtes Gewissen machen wie am Tage zuvor. So schwieg ich also einfach still vor mich hin, versuchte mich auf mein Frühstück zu konzentrieren. Klappte auch so mehr oder weniger, aber komplett nun mal auch nicht. Reichte schon aus, um mir die Mundwinkel ein kleines Stück nach unten zu ziehen. "Klasse, dann würde ich sagen... dass wir nach dem Frühstück los gehen. In der Früh sind noch nicht so viele Wesen unterwegs. Also.. nicht, dass dir irgendjemand näher kommen würde, als du es möchtest - du weißt ja -, aber man muss es ja nicht unbedingt drauf anlegen, oder?" Nein, ich war gerade alles andere als schwer beeindruckt, versuchte aber schon irgendwo, die Stimmung nicht so mit Füßen zu treten. Gestern hatte es doch auch geklappt. Zwar auch erst mit dem Zubett gehen, aber mein Gott, April konnte mir nun mal nicht immer so verdammt nah sein. Auch wenn ich es mir wirklich wünschte. Man konnte nun mal nicht alles haben, aber das Objekt seiner Begierde nicht bei sich haben zu können, das war doch wirklich das Schmerzhafteste, was man sich so vorstellen konnte. Aber nun ja, jetzt aber wirklich Schluss mit dem Thema, ich brauchte etwas, was mich wieder aufheiterte. Und dafür brauchte ich schlichtweg nur den Kopf zu heben. Der Anblick dieser schönen Frau, die sich mir bot ... ja, da zuckten die Mundwinkel wieder ein wenig in die Höhe. Nachdenklich in meinem Essen rumstochernd - blind, weil mich der Anblick der nassen Haare, die so zaghaft das Gesicht umschmeichelten, wirklich fesselte - überlegte ich, wie es mit einem Gespräch weiter gehen konnte. Schließlich legte ich die Gabel beiseite, stützte meinen Kopf auf der Hand ab. "Weißt du eigentlich, dass du eine wirklich hübsche junge Frau bist?", fragte ich leise, konnte es wohl einfach nicht lassen mit den Schmeicheleien, aber... vielleicht konnte ich sie ja noch irgendwie ... überzeugen?
April Ich war feinfühlig genug, um zu erkennen, dass meine Worte nicht gewünschten Effekt erzielt hatten, sondern eher das Gegenteil hervorgerufen hatten, was ich in dem Fall lieber vermieden hätte, aber gut. Es schien wohl gerade nicht anders zu gehen und viel helfen konnte ich ihm auch nicht, wenn er sich durchgehend von dem Gedanken ablenken ließ, dass ich bald nicht mehr hier war. Wahrscheinlich war es selbstsüchtig von mir, aber ich freute mich einfach auf zuhause, egal wie gut er sich hier um mich kümmerte – meine Eltern, meine Freunde und meine Heimat konnte er dennoch nicht ersetzen, selbst wenn er sich das wünschen würde. Es war eine unfaire Sache, dass er hier so ungewollte auf mich geprägt worden war und ich diese Gefühle nicht erwidern konnte, seine Gefühle nicht einmal im Ansatz nachempfinden konnte. Es funktionierte einfach nicht, denn mir fehlen die Erfahrungen dafür und ich bezweifelte mal, dass ich das auf einmal so einschalten konnte, dass ich ebenfalls hoffnungslos in ihn verliebt war. Ging einfach nicht. Still futterte ich weiter meine Weintrauben und nahm mir dann doch noch etwas von dem Bacon-Ei-Gemisch, das wirklich herrlich roch und mich schon die ganze Zeit zu locken begann. Ich hatte keine Hast, sondern widmete mich mit meinen Gedanken hauptsächlich ihn, wo er doch gerade dabei war, den heutigen Tag zu gestalten. Er schien also davon auszugehen, dass an diesem Tag kein Boot kommen würde, dass mich hier wegbrachte, aber so schlimm war es doch gar nicht, also konnte ich diese Verzögerung wohl auch noch verkraften. Sagen konnte ich das nicht, dafür hatte ich viel zu viele Sorgen, dass sich Viktor etwas darauf einbildete, weshalb es bei einem zustimmenden Lächeln blieb. „Wäre mir wirklich lieber, wenn die anderen Wesen hier einen Bogen um mich machen“ gab ich zu, denn so geheuer war mir das echt nicht. Vielleicht konnte ich ihn dann ja sogar noch dazu überreden, dass er sich einmal verwandelte, damit ich mir seine zweite Gestalt ein zweites Mal anschauen konnte, dieses Mal etwas gefasster, denn da wusste ich ja schon, was auf mich zukam. Von seinen Worten aus den Gedanken gerissen, blinzelte ich erst einmal verdattert und legte den Kopf leicht schief, bevor ich verlegen mit der Gabel in der Hand zu spielen begann, nicht so recht wusste, wo ich hinschauen sollte und mich dann aber doch dazu entschied, ihn anzusehen und dabei zu riskieren, dass er merkte, wie mir erneut die Wärme ins Gesicht geschossen war. „Danke schön…“ Aus meiner Stimme war heraus zu hören, dass ich das eher nicht wusste oder zumindest anders als er wahrnahm.
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Viktor Ganz ehrlich, bei so einem amüsanten Anblick, wie den, der sich mir gerade eben bot, konnte ich mir nicht mal das kleinste Schmunzeln verkneifen. Es war einfach so herrlich mit anzusehen, wie sie nicht wusste, was sie mit sich anfangen sollte nach einem Kompliment wie diesen. Weil ich aber wusste, dass es wirklich unangenehm war, wenn man auf solch einer Reaktion dann auch noch herum ritt, beschloss ich, einfach zu schweigen. Ich musste sie nicht noch mehr in Verlegenheit bringen. Stattdessen drehte ich mich wieder meinem Essen zu, schob mir die letzten paar Gabeln auch noch in den Mund, sodass mein Teller wenige Minuten später dann auch leer war. Sonderlich großen Hunger, dass ich mir jetzt unbedingt noch etwas auftun musste, hatte ich nicht und so stellte ich das Geschirr zusammen um dann noch auf April zu warten. Als auch sie fertig zu sein schien, nahm ich mir auch ihr Geschirr, um alles in die Spüle zu stellen. Muttern würde das später schon wegräumen, konnte sie ja mal machen, ehrlich. Ich wollte jetzt erst mal raus gehen, nickte so also meiner Liebsten zu. "Wollen wir dann?", fragte ich lächelnd und streckte ihr meine Hand entgegen, ihr aufhelfen. Nicht, dass das wirklich nötig war, aber ich wollte ihr wieder einmal ein bisschen näher kommen. Wie so ziemlich immer halt... Ein zartes Lächeln schmeichelte wieder meine Lippen, als ich zu ihr herunter sah. Wie gesagt, ich wollte jetzt nicht unbedingt stundenlang 'ne Fresse ziehen und wenn ich mir April so ansah, fiel mir das auch gar nicht schwer, weiter zu lächeln. "Ich würde dir als erstes das Haus Napoleons zeigen", fügte ich hinzu, nickte in Richtung Tür. Ein stummes Zeichen dafür, dass wir von mir aus gerne los konnten. Nachdem wir eben die Schuhe angezogen hatten.
April Frühstück machen gehörte also schon mal zu seinen Fähigkeiten, wenn ich das hier richtig einschätzen konnte. Genauso war er taktvoll genug, um mir nicht noch etwas unter die Nase zu binden, von dem ich nicht wusste, wie ich es nehmen sollte. Mir wurden noch nicht oft solche direkten Komplimente gemacht, weshalb ich noch weniger wusste, wie ich darauf reagieren sollte. Nicht, dass ich sowas nicht gerne hörte, aber ein bisschen ungewohnt war es ja doch, weshalb ich froh war, wenn wir das so schnell wie möglich übergehen konnten und ich mich einfach innerlich über die netten Worte freute. Das passte mir eindeutig besser, weshalb das Essen dann wieder meine Hauptaufmerksamkeit bekam, bis ich fertig war und mich schon zusammenpacken wollte, um ihm ein bisschen zu helfen, aber Viktor kam mir in diesem Fall zuvor, sodass ich einfach nur sitzen bleiben konnte und dabei zusah, wie er alles in die Spüle räumte. Anschließend hielt er mir die Hand hin, nachdem er mir ein Lächeln schenkte, die ich ebenfalls zaghaft grinsend annahm und mich mehr oder minder aufziehen ließ, selbst wenn ich das selber auch ganz gut geschafft hätte. „Mein Geschichtelehrer würde auszucken, wenn er das sehen könnte…“ meinte ich leise so vor mir her, damit ich mich halt zu dieser Aussage äußern konnte. Selber interessierte ich mich ebenfalls extrem für Geschichte, fand es toll, wenn mir der Lehrer da vorne etwas zum Besten geben wollte und ich dem Geplätscher seiner Stimme zuhören konnte, aber merken tat ich mir die wenigsten Fakten. Es interessierte mich, aber gut war ich deshalb noch lange nicht in Geschichte. „Ich schätze mal, dass ich meinen kleinen Ausflug hierher so oder so nicht an die große Glocke hängen sollte, oder?“ fragte ich nach, hatte aber schon so eine Vermutung, wie die Antwort lauten würde. So eine Insel mit Monster, von der niemand wusste, sollte sicherlich nicht in die Klatschzeitung kommen, sodass es hier bald nur so wimmelte. Damit kam ich ganz gut klar, denn umso leichter würde es mir fallen, die Dinge – Viktor – hier hinter mir zu lassen. Bei dem Gedanken überkam mich doch ein etwas schwermütiges Gefühl, das ich entschlossen beiseite drängte, als ich in meine Schuhe schlüpfte.
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Viktor Grinsend zog ich sie mit in Richtung Tür, wo auch ich mir dann so langsam meine Schuhe anzog, gespannt Aprils Worten lauschte. "Kann ich mir vorstellen", antwortete ich auf ihre erste Feststellung hin. War mir wohl klar gewesen, denn nicht nur ihr Geschichtslehrer würde das gerne mal zu Gesicht bekommen. Würde man so einen Besuch verlosen mit einer Absicherung, dass dieses Haus wirklich das ist, was vor zig Jahren Napoleon bewohnt hatte, dann würde es wohl unter anderem Tote Geschichtslehrer geben, weil sich so viele darum kloppten. Aber gut, das würde wohl nicht passieren, denn wie sie den Nagel mit ihrem zweiten Satz auf den Punkt getroffen hatte, sollte eigentlich niemand weiter von der Insel hier erfahren. Im Grunde genommen konnte man sich das dann so vorstellen, dass die ganzen Menschen, die sowas nicht glaubten, dann doch hier her kommen würden, um sich von ihrem Recht - oder eben Unrecht - zu überzeugen. Na ja, nur würde es dann definitiv zu einem Krieg kommen, wo die Chancen nicht gerade groß für die Menschen standen. Denn auch wenn sich kaum einer mehr für den Vertrag interessierte - außer eben die Wesen, dieser Insel - bestand er dennoch und die Götter könnten prinzipiell, wenn sie das wollen würden, alle Privilegien, die sie in verschiedenen Paragraphen festgelegt hatten, einfach so stornieren. Dabei würde das für die Menschenwelt wirklich erhebliche Auswirkungen haben, denn so genannte Naturkatastrophen konnten dann kommen und gehen, wann immer es den Wettergöttern beliebte. Keiner würde sie mehr dafür anschnauzen, dass sie sich nicht an den Vertrag gehalten haben, einfach weil eine breite Masse an Menschen - vielleicht sogar samt Aprils Geschichtslehrer - zuerst gegen die Auflagen verstoßen hatten. Somit war Geschriebenes nichtig. Um ihr meine Gedanken aber noch einmal kund zugeben, nickte ich leicht, unterstrich das Ganze mit einem simplen "Solltest du besser nicht". Was ansonsten passieren könnte ... na ja, dass wollte ich ihr jetzt ungerne auch noch auf die Nase binden. Es würde einfach nicht gut Enden, punkt.
April Mir war es klar gewesen, dass ich mit beiden Annahmen sehr richtig lag, weshalb mich keine der Antworten sonderlich wunderte. Ich nickte kurz, weil ich mir bildlich die Freude in den Augen meines Lehrers vorstellen konnte und wie er voller Tatendrang versuchte, alles in sich wie ein Schwämmchen aufzunehmen, damit ja keiner von den wertvollen Eindrücken verloren ging. So ein Freak musste man mal sein… okay ja, ich interessierte mich auch und fand es toll, das Privileg zu bekommen, mir das berühmt berüchtigte Haus einmal anzusehen, aber an die Decke sprang ich deshalb auch nicht. Ich nahm es nach außen hin eher neutral auf, dass ich gleich über eine Insel voller Monster schlendern würde, um das ehemalige Heim Napoleons zu bestaunen und keiner Menschenseele etwas davon erzählen zu dürfen. Nicht umsonst lebten diese Wesen hier so lange unbehelligt und ehrlich gesagt wollte ich nicht der Auslöser für eine Fehde zwischen den beiden Rassen sein, nur weil ich meinen Schlapfen nicht halten konnte. Das Geheimnis war bei mir sicher. „Waren hier eigentlich früher Menschen, denn so ein Vertrag wird ja nicht ohne Grund aufgestellt? Ich schätze mal stark, dass es eine Zeit lang recht gut lief, dann aber die ersten Differenzen aufkamen und deshalb eine Linie auf der Karte gezogen werden musste“ fragte ich weiter, denn dieser Hintergrund interessierte mich schon. Genau genommen galt meine Neugier ganz der Reaktion, falls ich hier auf einmal solch einem besagten Höllenhund über den Weg lief. Wie der dann auf mich reagieren würde, wenn ich auf einmal vor seiner Nase stand. Eine freudige Begrüßung erwartete ich mit Sicherheit nicht, aber würde ich mich mit weiteren vernichtenden, todbringenden Blicken abfinden oder eher arroganten Verhalten, als wäre ich gar nicht vorhanden. Auf sowas stellte ich mich recht gerne im Vorhinein ein, damit ich dann passend darauf reagieren konnte und nicht voll auflief. Diese Angst blieb aber hoffentlich gut kaschiert von der Frage, die er mir gefälligst so beantworten sollte, dass die versteckte Frage ebenfalls beantwortet wurde – wünschen durfte man es sich ja.
I hate people who steal my ideas before I think of them ~
Viktor Wenig später verließen wir beide dann die Wohnung und traten an die frische Luft. Tat gut, nach einer solch langen Nacht im Zimmer. War doch gut warm gewesen, auch wenn ich diese Wärme nicht missen wollte. War es aber doch wirklich ein netter Ausgleich, wenn einem eine frische Brise Meeresluft um die Nase wehte. Aprils Hand hatte ich schon längst wieder los gelassen, wollte ihr wenigstens heute den Freiraum geben, den sie brauchte, ohne das sie darum bitten musste. Immerhin... keine Ahnung, ich hoffte einfach, dass sie doch hier blieb, wenn sie sah, dass ich durchaus auch mal nicht aufdringlich sein konnte. Hm. Na ja, wie auch immer, mir blieb nach wie vor nichts weiter übrig, als abzuwarten. Nachdem ich die Tür hinter uns beiden zugezogen hatte, widmete ich mich voll und ganz ihrer Frage. So ganz unrecht hatte sie damit im Grunde genommen nicht gehabt - was ihre Vermutung anging, meine ich, wobei es doch ein bisschen anders war. "Na ja, fast... Früher haben Menschen und die Wesen zusammen gelebt. Götter und andere mächtige und einflussreiche Gestalten haben das Wetter kontrolliert, die Ernten, die Fruchtbarkeit der Menschen, all das, was man in deiner Welt vermutlich als Zufall oder Schicksal abtut, wird hier quasi geregelt... als im frühen Mittelalter heraus kam, dass beispielsweise Unwetter oder Missernten kein Zufall waren, machte man jagt auf unsereins und drei Mal darfst du raten, wer wohl stärker war?" Schmunzelnd sah ich zu ihr rüber. War alles andere als lustig, aber die Zeit war vorbei und mich amüsierte die Entstehungsgeschichte doch irgendwie ein bisschen. "Na ja und als die Menschen eingesehen hatten, dass sie gegen uns keine Chance hatten, wollten sie diesen Vertrag. Weil auch Zeus und die anderen langsam erschöpft waren, weil sie aus keinerlei Opfergaben mehr Kraft schöpfen konnten, legten sie den Krieg nieder und lebten fortan in Frieden, unter der Bedingung, dass die Wesen allein auf St. Helena wohnen und die Menschen keinen Fuß auf diese Insel setzen dürfen. Hinzu kam, dass jährliche Opfergaben stattfinden sollten... und ja, das war wohl so das Gröbste", klärte ich April also auf, während ich mich langsam aber sicher auf den Weg machte, sie zum Hause Napoleons zu führen.